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Inhalt<br />

...der Festschrift 25 Jahre <strong>Freie</strong> <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong><br />

04<br />

Was will die <strong>Waldorfschule</strong>?<br />

„Die Kinder in Ehrfurcht empfangen, in Liebe erziehen,<br />

in Freiheit entlassen“<br />

05 Beginn der Waldorfschulbewegung – Rudolf Steiner<br />

06 Ansprache Udo Weidenhammer vom 17. Oktober 2007<br />

12<br />

Grußworte<br />

12 Dr. Eckard Würzner, Oberbürgermeister<br />

13 Helmut Rau, MdL, Minister für Kultur, Jugend und Sport<br />

14 Hartwig Schiller, Vorstand, Bund der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong>n<br />

15 Theresia Bauer, Bündnis 90 – die Grünen, MdB<br />

16 Klaus Billing, für den Waldorfkindergarten <strong>Heidelberg</strong> e.V.<br />

17 Lothar Binding, SPD, MdB, früher im Gemeinderat <strong>Heidelberg</strong><br />

18 Thomas Demele, Pfarrer der Christengemeinschaft<br />

19 Joachim Gerner, Bürgermeister für Familie, Soziales und Kultur<br />

20 Michael Therapeutikum<br />

21 Dr. Ursula Lorenz,Vorsitzende der FWV <strong>Heidelberg</strong><br />

22 Roland Marsch, Bürgermeister Edingen-Neckarhausen<br />

23 Werner Pfi sterer, Landtagsabgeordneter des Wahlkreises <strong>Heidelberg</strong><br />

24 Albert Schmelzer, <strong>Freie</strong> Hochschule für anthropos. Pädagogik Mannheim<br />

26 Dr. Anke Schuster, SPD, Vorsitzende der Gemeinderatsfraktion<br />

27 Günther Trapp, 1. Vorsitzender Stadtteilverein Wieblingen<br />

28 Partnerschule <strong>Freie</strong> <strong>Waldorfschule</strong> Russland<br />

29 Olja Lewkowets, ehemalige Austauschschülerin<br />

30 Christof Wiechert, für die Anthroposophische Gesellschaft Dornach<br />

32<br />

Anfänge<br />

„Ein Einzelner hilft nicht, sondern wer sich mit vielen<br />

zur rechten Stunde vereinigt“<br />

32 Gründung, Interview mit Angelika Sauer<br />

36 Schulgeschichte, Walter Schlegel


38<br />

Leben und Lernen<br />

„Keine Erziehung ohne Beziehung“<br />

38 Schulabgänger, Christian Majenz<br />

40 Schulabgänger, Johannes Steudle<br />

42 “Wege zum Bildungsglück”, Matthias Fechner<br />

48 “<strong>Waldorfschule</strong> und Religion”, Thomas Demele<br />

50 Jahresarbeiten 8. und 12. Klasse<br />

54 Bas<strong>als</strong>tufe, Sabine Zund<br />

56 Kunsttherapie, Ellen Fischer<br />

58 Eurythmie, Helene Kilders<br />

60 Betriebspraktikum 10. Klasse, Sonja Hecht-Jäckel<br />

62 Freundeskreis, Gildard Huppmann<br />

64 Kindertagesstätte, Doris Weidenhammer<br />

66 Neuer Sportplatz, Thomas Diener<br />

67 Shakespeare‘s Best<br />

68 „Das Tier <strong>als</strong> guter Lehrer“, Alph Lehmann<br />

70 Bibliothek<br />

72<br />

Ausblicke: <strong>Waldorfschule</strong> aktueller denn je<br />

„Wir brauchen die Authentizität der Erziehungskunst“<br />

72 Ganztagsschule heute und in Zukunft, Antje Frohmuth<br />

76 Schulträgerorgan (STO), Matthias Optiz<br />

78 Toleranz und globales Lernen, Albert Schmelzer<br />

82 Vortrag Christof Wiechert<br />

85 Schule in der Presse und ihre Öffentlichkeitsarbeit<br />

88<br />

Zahlen, Daten, Fakten, Impressum<br />

88 Liste Klassenspiele<br />

90 Abiturstatistik<br />

92 Buchempfehlungen Bibliothek<br />

93 Impressum


Wie alles begann<br />

Zeitgemäße Erziehung in der Zigarettenfabrik<br />

Die erste <strong>Waldorfschule</strong> wurde am 7. September<br />

1919 in Stuttgart für die Arbeiterkinder der Waldorf-Astoria<br />

Zigarettenfabrik er öff net. Emil Molt<br />

(1876 - 1936), Inhaber der Zigarettenfabrik, war davon<br />

überzeugt, dass vor allem Kinder seiner Mitarbeiter<br />

eine zeitgemäße Erziehung erhalten sollten.<br />

Im März 1919 brachte er bei einer Betriebsratssitzung,<br />

an der auch Rudolf Steiner teilnahm, seine<br />

Idee vor. Er forderte daraufhin Rudolf Steiner auf,<br />

die Leitung dieser neu zu gründenden Schule zu<br />

übernehmen.<br />

Vorwort 5<br />

Rudolf Steiner (1861 - 1925)<br />

… hatte in Wien vor allem Naturwissenschaften,<br />

aber auch Philo sophie, Geschichte und deutsche<br />

Literatur studiert. Er hatte jahrelang die He-<br />

rausgabe der naturwissenschaftlichen Schriften<br />

Goethes betreut. Nach dem verlorenen Weltkrieg<br />

setzte er sich für eine neue soziale Ordnung ein.<br />

Im Rahmen der Schulgründung befasste er sich<br />

mit einer ganzheitlichen Menschenkunde und<br />

Pädagogik. Seine erweiterte Sicht vom Menschen<br />

bestimmte viele Lebensbereiche, so die anthroposophisch<br />

orientierte Medizin, die biologischdynamische<br />

Landwirtschaft, die Eurythmie,<br />

Sprachgestaltung und auch ein erneuertes Bankwesen.


6<br />

Vorwort<br />

Kenntnisreich, aber erfahrungsarm:<br />

Macht Schule unsere Kinder krank?<br />

Vortrag Udo Weidenhammers anlässlich der 25-Jahr-Feier am 17.10.2007<br />

Liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Gäste,<br />

Eltern, Kolleginnen und Kollegen,<br />

Schulen werden in erster Linie für junge Menschen<br />

gebaut, denn in euch, liebe Schülerinnen<br />

und Schüler, liegt die Zukunft. Wir wissen, dass<br />

Zukunft ohne Vergangenheit und Gegenwart<br />

nicht denkbar ist, denn nur aus dem Verstehen<br />

der Vergangenheit lässt sich unsere Gegenwart<br />

erklären… aus der von Vergangenheit gebildeten<br />

Gegenwart ist Zukunft gestaltbar. Ich gehe<br />

zurück zu dem Ausgangsgedanken: Schulen<br />

werden für euch erbaut.<br />

Ich habe Schülerinnen und Schüler verschiedener<br />

Altersstufen unserer Schule befragt, was sie<br />

hier an dieser Stelle – hätten sie Gelegenheit<br />

dazu – zu den Menschen sagen wollten, die<br />

die <strong>Waldorfschule</strong> nicht kennen.<br />

Einige dieser Aussagen lese ich Ihnen, liebe An-<br />

wesende, vor, beginnend mit den Äußerungen der<br />

6. Klasse.<br />

Die Sechstklässler formulieren:<br />

„Vieles, was über uns gesagt wird, stimmt nicht…“<br />

„Wir haben ganz andere Ziele…“<br />

„Wir lernen noch mehr…“<br />

„Probleme kann man mit den Lehrern<br />

besprechen…“<br />

„Wir werden nicht vollgestopft…“<br />

„Alle dürfen das Gleiche machen…“<br />

„Man kann sich <strong>Waldorfschule</strong> nicht vorstellen,<br />

wenn man sie nicht kennt.“ (Aussage eines frisch<br />

übergewechselten Schülers)…<br />

„Alle sitzen zusammen… Eltern helfen mit…“<br />

Aussagen der 7. Klasse:<br />

„… ganz normale Schule, normale Kinder…“<br />

„…keine „Baumschule“…“<br />

„Es gibt keine „Guten“ und „Schlechten“ (achten<br />

Sie aber darauf, dass man nicht meint, wir wären<br />

alle nur Durchschnitt!)<br />

„Man muss keine Angst haben …“<br />

Eigentlich ist jetzt ja schon alles gesagt – einige<br />

Gedanken möchte ich dennoch hinzufügen.<br />

Zwei Aussagen stelle ich dem voran:<br />

Ich bin mir – erstens – sicher, dass es gelingen<br />

kann, Überlegungen über Schule anzustellen,<br />

ohne den Begriff „PISA-Studie“ zum wesentlichen<br />

Gesichtspunkt der Ausführungen zu<br />

machen, denn ich denke, dass „PISA“ uns nur in<br />

Einzeldisziplinen weiterhelfen kann. Darüber<br />

hinaus bin ich – zweitens – davon überzeugt,<br />

dass eine hohe Übertrittsrate in die Gymnasien<br />

nicht wirklich ein Qualitätsmerkmal für erfolgreiche<br />

Bildungspolitik darstellt.<br />

Und so möchte ich damit beginnen, zunächst<br />

einen Gedanken in diesen Raum hineinzustellen,<br />

den ich im Besonderen auch an die Schülerinnen<br />

und Schüler der Oberstufe richten will, den Ge-<br />

danken, dass unsere Gesellschaft noch selten so<br />

intelligent war wie heute – und doch war sie<br />

selten so wenig gesund wie heute.<br />

Die Gesundheit gerade der Kinder macht uns<br />

heute große Sorgen.<br />

Wenige Beispiele nur möchte ich benennen:<br />

■ Mangelnde Bewegung, veränderte Essgewohnheiten,<br />

fehlender Rhythmus und vieles mehr,<br />

führen mehr denn je zu Stoffwechselstörungen.


■ Kreislauferkrankungen nehmen zu.<br />

■ Aus neurophysiologischer Sicht wissen wir von<br />

zunehmenden Aufmerksamkeitsstörungen…<br />

usw., usw.<br />

Und wie gesund sind unsere Kinder, wie gesund<br />

ist unsere Gesellschaft hinsichtlich der sozialen<br />

Fähigkeiten? … Macht Schule krank?<br />

Nun wissen nicht nur wir um die Schwächen<br />

im deutschen Bildungssystem. In der Republik<br />

stellt man vielfache Untersuchungen an, ge-<br />

winnt Erkenntnisse – und die Konsequenz? Den<br />

Erzieherinnen in den Kindergärten – gottlob<br />

nicht in Baden-Württemberg – werden Lernprogramme<br />

offeriert, ich bin auch gewillt zu sagen:<br />

diktiert, was zur Folge haben wird, dass die<br />

Vorwort 7<br />

Kinder noch früher intellektualisiert werden.<br />

Kinder werden immer früher eingeschult, und<br />

wir wissen um die Hilferufe von Grundschullehrerinnen<br />

und -lehrern, die mit einem Großteil<br />

dieser Kinder wenig anzufangen wissen.<br />

Noch mehr Lernstoff wird in verkürzter Schulzeit<br />

vermittelt werden, u.v.m<br />

Die Folgen …? Was stimmt da im Denken der<br />

Bildungsexperten nicht? Ist da eine Ahnung von<br />

dem, was es bedeuten könnte, Schule völlig neu<br />

zu denken, wie dies Hartmut v. Hentig 2003<br />

forderte? Der Untertitel seines Buches lautet:<br />

„Eine Übung in pädagogischer Vernunft“. Er stellt<br />

fest, dass „Die Schule von heute … weit davon<br />

entfernt (ist), Lebens- und Erfahrungsraum für<br />

lernende und sich bewährende Kinder zu sein.


8<br />

Vorwort<br />

Sie entlässt die jungen Menschen manchmal<br />

kenntnisreich, aber in jedem Fall erfahrungsarm,<br />

erwartungsvoll, aber orientierungslos, ungebunden,<br />

aber auch unselbständig.“ (1)<br />

Frage ich Sie nach dem 1., 2., 3. Potenzsatz, können<br />

Sie diese jetzt sofort benennen, wissen Sie die<br />

Einwohnerzahl Schwedens, kennen Sie die Länge<br />

der Donau, die Hauptstadt Ghanas, wissen Sie,<br />

was im Jahre 1027 geschah? … Sie können nicht<br />

antworten?! – Ist es dieses „Nichtwissen“, das<br />

man mit dem Begriff „Bildung“ belegt? Ein jeder<br />

wird einräumen, dass dies nicht gemeint sein<br />

kann! Welche Grundüberlegungen steckten<br />

nun aber in der Waldorfpädagogik? Geht es hier<br />

nicht auch um Wissen und Wissensvermittlung?<br />

Mit Sicherheit, ja! – Aber da ist noch etwas, das –<br />

zumindest – gleichwertig neben diesem steht!<br />

Einer dieser grundlegenden Gedanken ist der,<br />

dass ein junger Mensch die Möglichkeit haben<br />

sollte, ich sage hier bewusst, mindestens 18 Jahre<br />

lang Bildung an sich erleben zu können, 18 Jahre<br />

Zeit zu haben, sich ausbilden zu können, sich<br />

ausbilden zu können entsprechend den Gesetzmäßigkeiten<br />

seiner Individualität. Nicht er muss<br />

in ein vorgegebenes System passen, das zum<br />

Beispiel früh aussondert, wenn das Lerntempo<br />

nicht mitgehalten werden kann, sondern das<br />

System, wenn man das jetzt noch so nennen darf,<br />

schafft Räume für individuelle Entwicklungen!<br />

Es gibt keinen größeren pädagogischen Irrtum,<br />

<strong>als</strong> zu meinen, man müsse alle Schüler gleich<br />

behandeln! Gerade in dieser Erkenntnis liegt die<br />

Chance für die Entwicklung eines jeden Einzelnen!<br />

Hinter einer solchen Grundüberlegung steht<br />

natürlich ein spezieller Gedanke, der sich in<br />

Kurzform so benennen ließe: Die Kinder in<br />

Ehrfurcht empfangen, in Liebe erziehen,<br />

in Freiheit entlassen.<br />

Hinter solch einer Pädagogik steht aber auch<br />

ein besonderes Menschenbild. Zunächst sei<br />

der Grundgedanke formuliert: Im Mittelpunkt<br />

aller Betrachtungen steht die Individualität!<br />

(1) Hartmut v. Hentig: Die Schule neu denken, BELTZ Taschenbuch 119, Weinheim 2003, … letzte Seite<br />

Mit der Anschauung vom Menschen, die Rudolf<br />

Steiner ins Zentrum der anthroposophischen<br />

Geisteswissenschaft gestellt hat, sieht die<br />

Waldorfpädagogik in jedem Kind eine unantastbare<br />

Individualität, die schon vor der Geburt und<br />

Konzeption existiert hat und die aus ihrer Ver-<br />

gangenheit ein ganz persönliches Schicksal in<br />

das jetzige Erdenleben mitbringt, verbunden<br />

mit zunächst noch verborgenen Impulsen für<br />

die Zukunft, die nach und nach <strong>als</strong> ein leitendes<br />

Lebensmotiv oder Ideal hervortreten können.<br />

In dem Maße, in dem es dem Menschen gelingt,<br />

in Übereinstimmung mit der eigenen „Anlage<br />

und Bestimmung“ zu leben und zu handeln, ist<br />

er frei. Die Sehnsucht nach dieser Freiheit ist es,<br />

die alle Menschen verbindet; sie ist allgemeinmenschlich<br />

und individuell zugleich. Somit haben<br />

Erziehung und Bildung die Aufgabe, den jungen<br />

Menschen auf dem Wege dorthin zu unterstützen<br />

und zu begleiten.<br />

Bleibe ich bei dem anfangs geäußerten Gedanken,<br />

die Welt war selten so intelligent wie zu dem<br />

jetzigen Zeitpunkt und ist dennoch nicht in der<br />

Lage, die zentralen und brennenden Problemfelder<br />

in den Griff zu bekommen, geschweige<br />

denn zu lösen, so muss ich fragen, welches denn<br />

die Kompetenzen und Fähigkeiten sind, die eine<br />

in die Zukunft weisende Pädagogik heute<br />

vermitteln muss?<br />

Mit Sicherheit gilt es, Basiskompetenzen zu<br />

vermitteln, die den späteren Jugendlichen bzw.<br />

Erwachsenen in die Lage versetzen, die Anforderungen<br />

des täglichen Lebens möglichst gut zu<br />

meistern, das erst schafft die erforderlichen<br />

Fundamente für weitere Spezialisierungen.<br />

Wie zeichnet sich dieser mit Basiskompetenzen<br />

ausgestattete Mensch aus?<br />

Leo Nefi odow (2000) beschreibt in Anknüpfung<br />

an den humanistischen Psychologen Abraham<br />

Maslow (1999), dass sich gesunde Menschen


durch die folgenden gemeinsamen Merkmale<br />

auszeichnen:<br />

■ Sie besitzen eine bessere Wahrnehmung der<br />

Realität, die Fähigkeit, Menschen und Sachver-<br />

halte richtig zu beurteilen.<br />

■ Sie können sich selbst, andere und die Natur<br />

akzeptieren.<br />

■ Sie besitzen Natürlichkeit, Spontaneität<br />

und Einfachheit und lassen sich durch<br />

Konvention von wichtigen Aufgaben nicht<br />

abhalten.<br />

■ Sie sind problemorientiert, nicht ich-orientiert.<br />

■ Sie haben ein Bedürfnis nach Privatheit, das<br />

heißt, sie können ohne Unbehagen einsam sein.<br />

■ Sie sind autonom, aktiv und wachstums-<br />

orientiert.<br />

■ Sie besitzen eine unverbrauchte Wertschät-<br />

zung, grundlegende Lebensgüter werden mit<br />

Ehrfurcht, Freude, Staunen geschätzt.<br />

■ Sie wurden von mystischen Erfahrungen<br />

geprägt.<br />

■ Sie besitzen Gemeinschaftsgefühl, ein tiefes<br />

Gefühl der Identifi kation, Sympathie und<br />

Zuneigung.<br />

■ Sie können die Ich–Grenze überschreiten,<br />

haben intensive interpersonelle Beziehungen.<br />

■ Sie haben eine demokratische Charakterstruk-<br />

tur und freundlichen Umgang mit Menschen,<br />

ungeachtet der Klasse, Rasse, Erziehung und<br />

des Glaubens.<br />

■ Sie besitzen eine starke ethische Veranlagung,<br />

feste moralische Werte, eine chronische<br />

Unsicherheit hinsichtlich des Unterschiedes<br />

zwischen Richtig und F<strong>als</strong>ch.<br />

■ Ihr Humor ist philosophisch, nicht feindselig,<br />

sie lachen nicht über feindselige, verletzende<br />

oder Überlegenheitswitze.<br />

■ Gesunde Menschen sind ohne Ausnahme<br />

kreativ, sie leisten Widerstand gegen Anpas-<br />

sungsdruck.<br />

Spricht man heute von einer die Kinder krank<br />

machenden Schule, so stellt sich die Frage nach<br />

der Gesundheit doch auch hier! Und da wir bei<br />

Vorwort Vo V rw r or ort 9<br />

Schuleintritt nachweislich schon sehr viele Kinder<br />

haben, die in oben genanntem Sinne nicht mehr<br />

gesund sind, dann muss doch alles darauf aus-<br />

gerichtet sein, Antworten zu geben darauf, wie<br />

Schule dazu beitragen kann, dass diese Kinder<br />

wieder gesund werden können oder doch<br />

wenigstens nicht noch kränker werden!<br />

Was sind das für Kinder, die uns heute bei den<br />

Schulaufnahmeuntersuchungen begegnen?<br />

Tatsächlich ist gegenwärtig immer häufi ger zu<br />

beobachten, dass manche Kinder bereits vor dem<br />

traditionellen Einschulungsalter eine beachtliche<br />

intellektuelle Wachheit und Leistungsbereitschaft<br />

zeigen, die zum Beispiel auch einen<br />

vorzeitigen Schulbesuch zu rechtfertigen<br />

scheinen. Untersucht man solche Kinder aber<br />

näher, so zeigt sich nicht selten eine Dissoziation,<br />

<strong>als</strong>o ein Auseinanderklaffen der verschiedenen<br />

Entwicklungsebenen:<br />

Intellektuell sind sie so gut wie schulreif, physiologisch,<br />

seelisch, sozial aber noch längst nicht.<br />

In jedem Fall ist ein vorliegendes Auseinanderklaffen<br />

der verschiedenen Entwicklungsebenen<br />

<strong>als</strong> ein sicheres Zeichen zu werten, dass die<br />

Entwicklungsgrundlagen noch zu wenig<br />

gefestigt sind, um den vielfältigen Anforderungen<br />

der Schule auf Dauer gewachsen zu sein.<br />

Die intellektuellen, kognitiven Fähigkeiten<br />

können sich auch nur dann gesund entfalten,<br />

wenn sie nicht auf Kosten der Schaffenskraft,<br />

Kreativität und Sozialkompetenz gedeihen,<br />

sondern Hand in Hand mit ihnen gehen.<br />

Auch die Waldorfpädagogik muss sich neuen<br />

Herausforderungen stellen. Es stellt sich heute<br />

die Frage, wie wird Waldorfpädagogik – im Wissen<br />

um ihre Wurzeln – im Jahre 2040 aussehen<br />

müssen, aussehen können?<br />

Heute schon besteht eine große Nachfrage nach<br />

Ganztagesplätzen. Eine weitere Herausforderung<br />

stellt sich in der Betreuung von Kleinst- und<br />

Kleinkindern, Krippenplätze sind gefragt.


10<br />

Vorwort<br />

Und es stellt sich auch die Frage: Stimmt der alte<br />

Grundsatz in Zukunft noch, Schule müsse die<br />

Welt in das Klassenzimmer holen? Könnte es<br />

nicht ebenso lauten: Die Kinder und Jugendlichen<br />

müssen – natürlich unter altersspezifi schen<br />

Gesichtspunkten – hinaus in die Welt?! Brauchen<br />

wir diese Schulräume noch, müssen<br />

wir nicht ganz andere Räume erschließen?<br />

Einige Steiner-Schulen in der Schweiz gehen<br />

hier schon seit etwa 15 Jahren ganz neue Wege,<br />

indem sie ihre Schüler in der 11. und 12. Klasse 3<br />

bzw. 2 Tage in der Woche in Betrieben verbringen<br />

lassen – und man sollte es nicht vermuten,<br />

weniger Unterricht führt zu höherer Kompetenz,<br />

führt zu – nachweislich – besseren Ergebnissen<br />

bei der Matura!<br />

Die <strong>Heidelberg</strong>er <strong>Waldorfschule</strong> steht in ihrem<br />

25. Jahr, deshalb sind wir hier versammelt, um<br />

dies zu feiern. 25 Jahre Vergangenheit lassen<br />

uns unsere Gegenwart verstehen – sie geben<br />

uns aber auch die Möglichkeit, aus ihr heraus<br />

Zukunft zu gestalten.<br />

Die <strong>Waldorfschule</strong> ist – gemessen an ihren<br />

Entwicklungszielen – ein junges Projekt. Sie ist<br />

perspektivisch angelegt und Rudolf Steiner<br />

sah ihre Aufgabe in einer gesamtgesellschaftlichen<br />

Neuorientierung. Somit soll Waldorfpädagogik<br />

reformierend auf das ganze Schulwesen<br />

wirken. Sie will, ihrem Ursprungsimpuls nach, den<br />

öffentlichen Raum mitprägen, ja sogar Öffentlichkeit<br />

hervorbringen. Hier stehen wir erst am<br />

Anfang.<br />

Ich bitte alle, helfen Sie mit, dass sich diese<br />

Zukunft entwickeln kann, ihr <strong>als</strong> die Schüler und<br />

Schülerinnen dieser Schule, Sie <strong>als</strong> Eltern dieser<br />

Kinder, wir, die Lehrer, Sie, die Freunde und<br />

wohlwollende Gönner und Sie, die Politiker, die in<br />

der Verantwortung dieser Zukunft stehen. Helfen<br />

Sie mit, dass diese zukunftsweisende Pädagogik<br />

ihren Platz in der Bildungslandschaft bewahren<br />

kann und fragen Sie – bitte – nach, wenn wieder<br />

einmal mehr Kampagnen, gleich welcher Art,<br />

über uns hinweg rollen – wir geben Ihnen gerne<br />

Antwort auf Ihre Fragen.<br />

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit<br />

Udo Weidenhammer (Lehrer und Vorstand)


Vorwort Vorwor<br />

11


Die <strong>Freie</strong> <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong> feiert in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bestehen.<br />

Zu diesem Jubiläum gratuliere ich allen ganz herzlich, die ihren Teil zu der Erfolgsgeschichte<br />

dieser Schule beigetragen haben.<br />

Eine Schule wie die <strong>Freie</strong> <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong> verfolgt naturgemäß eine eigene<br />

pädagogische Zielsetzung. Die Angebote sind vielfältig: ein umfangreicher Fächerkanon,<br />

in dem bereits ab der ersten Klasse die Fremdsprachen Englisch und Russisch<br />

angeboten werden, Theaterprojekte im Rahmen der Klassenspiele, musikpädagogische<br />

Aktivitäten, Sozial-, Forst- und Landwirtschaftspraktikum und die seit 2005/06<br />

eingeführte teilgebundene Ganztagesschule sind nur einige Beispiele des pädagogischen<br />

Gesamtkonzepts. Der Erfolg dieses Ansatzes äußert sich in dem regen Zuspruch,<br />

den die Schule fi ndet. Seit ihrer Gründung ist die <strong>Freie</strong> <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong><br />

zu einem wichtigen Baustein in der <strong>Heidelberg</strong>er Bildungslandschaft geworden.<br />

Ich danke allen, die in den vergangenen Jahren mit großem Engagement die Schulgemeinde<br />

mitgetragen und ihre Verantwortung für die junge Generation ernst genommen<br />

haben. Der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong> wünsche ich auch in Zukunft<br />

viel Glück und Erfolg.<br />

Helmut Rau<br />

Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg,<br />

Minister für Kultur, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg<br />

Grußworte 13


Eine helle Pädagogik auf dichtem Grund<br />

Als Ernst Weißert, der legendäre Nestor der Waldorfschulbewegung<br />

Michaeli 1980 in Stuttgart die kleine Initiativgruppe aus <strong>Heidelberg</strong><br />

verabschiedete, welche zu einer Waldorfschulgründung aufgebrochen<br />

war, da gab er ihr ein bedeutungsvolles Wort mit auf den Weg: „In der<br />

Stadt <strong>Heidelberg</strong> haben Sie es wahrhaftig mit einem dichten Boden zu<br />

tun, den es mit viel Geduld und Beharrlichkeit zu beackern gilt.“<br />

Dieser Satz war durch reiche Erfahrung gedeckt. Denn überall in der Welt, wo Tradition, ein natürlich<br />

schönes Umfeld und Wohlstand die dramatischen Fragen der Gegenwart zu relativieren scheinen, da<br />

ist der Acker für den pädagogischen Landmann häufi g wie verdichtet und versiegelt. Da scheint das<br />

Leben auch ohne neue Saat und frische Keimkräfte weiter möglich zu sein. An solchen Orten wird die<br />

Gründung einer <strong>Waldorfschule</strong> erfahrungsgemäß schwer. Da braucht es besondere Treuetugenden<br />

wie Geduld und Beharrlichkeit, um die <strong>als</strong> richtig und notwendig erkannten Ziele zu erreichen.<br />

Das war in <strong>Heidelberg</strong> nicht anders. Denn in einer der schönsten Städte Deutschlands mit der ältesten<br />

Universität und einer über 800-jährigen Geschichte brauchte es die Mischung einer geistig konturierten,<br />

initiativkräftigen Gründergruppe, die sowohl den intellektuellen Ansprüchen der städtischen Tradition<br />

entsprach <strong>als</strong> auch die seelisch-geistige Tragekraft entwickelte, welche für eine Waldorfschulgründung<br />

notwendig ist. Angelika Sauer, Karl-Martin Dietz und Thomas Kracht stehen stellvertretend für eine rasch<br />

wachsende Gruppe junger, pädagogisch engagierter Menschen, der es bereits im August 1982 gelang,<br />

den Unterrichtsbeginn der neuen Schule in der Blumenstraße zu feiern.<br />

Seitdem sind in bisher sechs Bauabschnitten Schritt für Schritt die notwendigen Schritte unternommen<br />

worden, um eine moderne, an den Zeitforderungen und Entwicklungsbedingungen junger Menschen<br />

abgelesene Pädagogik zu verwirklichen. So steht der Neubau eines Stallgebäudes für Tiere und Gartenbau-Unterricht<br />

gleichberechtigt neben dem Neubau des Werkhauses, des Mensagebäudes oder des<br />

Oberstufengebäudes. Staatlich anerkannte Abschlüsse sind für die Zukunft der Schüler ebenso wichtig<br />

wie eine ganzheitliche Erziehung, eine harmonische Seelenentwicklung und eine verlässliche Betreuung<br />

in einer teilgebundenen Ganztagesschule.<br />

<strong>Heidelberg</strong> hat sich <strong>als</strong> ein Ort zahlreicher Anregungen und geistigen Aufbruchs für die deutsche<br />

Waldorfschulbewegung erwiesen. Im Rückblick auf 25 Jahre erfolgreiche Schulgeschichte lässt sich feststellen,<br />

dass der Segen Ernst Weißerts unverkennbar wirksam mit der <strong>Heidelberg</strong>er Schule verbunden<br />

ist. Dass er es bleiben möge, ist Wunsch und Zuversicht aller ihrer Freunde.<br />

Hartwig Schiller<br />

Vorstand, Bund der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong>n


Die <strong>Heidelberg</strong>er <strong>Waldorfschule</strong> ist seit 25 Jahren ein nicht mehr wegzudenkendes Juwel in der<br />

<strong>Heidelberg</strong>er Schullandschaft. Dazu mein herzlicher Glückwunsch.<br />

Schulen in freier Trägerschaft gehören für mich unverzichtbar zu einer Zivilgesellschaft, in der Bürgerinnen<br />

und Bürger Initiative ergreifen und Verantwortung übernehmen. Darüber hinaus erfüllen diese Schulen<br />

eine wichtige Aufgabe in unserem Bildungssystem. Sie ermöglichen eine wünschenswerte Vielfalt an<br />

Bildungsangeboten. Sie sind innovativ – zum Nutzen des gesamten Bildungswesens, denn viele an freien<br />

Schulen begonnene Entwicklungen wurden später von staatlichen Schulen aufgegriffen.<br />

Die <strong>Heidelberg</strong>er <strong>Waldorfschule</strong> ist seit 25 Jahren ein Beweis dafür, dass Selbstständigkeit und Eigenverantwortung<br />

die Qualität von Unterricht und den Schulerfolg aller Schülerinnen und Schüler fördert. Sie<br />

zeigt tagtäglich, dass Schülerinnen und Schüler auch – oder besser gerade – ohne Ziffernoten, Sitzenbleiben<br />

und Selektion erfolgreich lernen und alle Schulabschlüsse erwerben können. Sowohl bei meinen Besuchen<br />

der <strong>Heidelberg</strong>er <strong>Waldorfschule</strong> wie auch in Gesprächen mit LehrerInnen, Eltern und SchülerInnen<br />

beeindruckt mich immer besonders der erzieherische Ethos, dem alle verpfl ichtet sind und dass diese<br />

Schule sich ein pädagogisches Programm gegeben hat, das eine Orientierung bietet für die Arbeit in den<br />

Klassenzimmern, wie auch in den Werkstätten, ja für das gesamte Schulleben bis zur Schularchitektur.<br />

Sie wissen mich wie auch meine Landtagsfraktion auf Ihrer Seite, weil für uns Grüne das öffentliche Schulwesen<br />

sowohl aus Schulen in staatlicher Trägerschaft wie auch aus Schulen in freier Trägerschaft besteht.<br />

Das bedeutet, dass alle Schulen einen gesellschaftlichen Auftrag erfüllen und dies gilt gerade für Ihre<br />

Schule. Ich weiß, dass Ihnen die individuelle Förderung aller Kinder am Herzen liegt und dass Sie auch <strong>als</strong><br />

freie Schule dem Wert sozialer Gerechtigkeit verpfl ichtet sind.<br />

Im Grundgesetz wird das Verbot der sozialen Sonderung nach Besitzverhältnissen der Eltern ausdrücklich<br />

betont. Dies heißt aber, dass die Mittel des Landes an die freien Schulen so bemessen sein müssen, dass<br />

die Elternbeiträge für die Familien zu schultern sind. Seit Jahren jedoch reichen die Zuschüsse nicht aus.<br />

Mit dem sog. Bruttokostenmodell ist nun eine von Land und Schulträgern gemeinsam entwickelte<br />

und akzeptierte Berechnungsgrundlage für diese Zuschüsse im Gesetz festgeschrieben worden. Jedoch<br />

gibt es deshalb nicht mehr Geld für die Schulen. Es soll erst kommen, wenn die Schülerzahlen bei den<br />

Schulen in freier Trägerschaft zurückgehen. Dies ist absurd, da ein Rückgang der Schülerzahlen u.a. auch<br />

wegen der steigenden Beliebtheit der freien Schulen nicht absehbar ist. Deshalb hat sich die Fraktion<br />

Grüne seit Jahren für den Einstieg in das Stufenmodell zur besseren Finanzierung der Schulen in freier<br />

Trägerschaft ausgesprochen und Anträge zur Erhöhung der Zuwendungen an die Schulen gestellt. Diese<br />

Anträge sind von der Regierungsmehrheit abgelehnt worden.<br />

Wir werden aber in unserem Bemühen für bessere Rahmenbedingungen für die <strong>Waldorfschule</strong>n nicht<br />

nachlassen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen für die weitere Gestaltung Ihrer Schule und für die<br />

Zukunft alles Gute.<br />

Theresia Bauer<br />

Bündnis 90 - Die Grünen, Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg


16 1 Grußworte<br />

Gr G uß u wo wort rt rte<br />

Liebe Freunde der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> in <strong>Heidelberg</strong> Wieblingen !<br />

Zum 25- jährigen Bestehen der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> in <strong>Heidelberg</strong>-<br />

Wieblingen gratulieren wir Ihnen ganz herzlich <strong>als</strong> damaliger Impulsgeber<br />

der Schulinitiative.<br />

Der Waldorfkindergarten <strong>Heidelberg</strong> in der Wielandstr. 33 wurde 1976<br />

gegründet und hat 1979 seine pädagogische Arbeit aufgenommen. Es<br />

war schon bald klar, dass es in <strong>Heidelberg</strong> eine <strong>Waldorfschule</strong> geben<br />

muss. Herr Dr. Wolfgang Raeschke hat am 6. März 1979 einen Arbeitskreis<br />

zur Gründung einer <strong>Waldorfschule</strong> in <strong>Heidelberg</strong>, in den Räumen<br />

des Waldorfkindergartens in der Wielandstr. 33 ins Leben gerufen – den<br />

Donnerstagskreis. Bereits im November 1980 erfolgte die Gründung des<br />

„Waldorfschulverein <strong>Heidelberg</strong> e.V.“. Die pädagogische Arbeit wurde<br />

vor 25 Jahren – 1982 – in der Blumenstraße in <strong>Heidelberg</strong> begonnen.<br />

Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Einrichtungen war hervorragend,<br />

da zwei Persönlichkeiten – Angelika Sauer und Peter Meinhardt –<br />

sowohl im Vorstand des Kindergartens <strong>als</strong> auch im Schulvorstand waren.<br />

Der Kindergarten konnte so immer regen Anteil, auch durch die Teilnahme<br />

an den pädagogischen Konferenzen an dem Geschehen in<br />

Wieblingen nehmen. Der Waldorfkindergarten in der Wielandstraße<br />

unterstützte auch tatkräftig die Initiative zur Gründung des Waldorfkindergartens<br />

an der Schule, der heutigen Kindertagesstätte.<br />

Der Waldorfkindergarten <strong>Heidelberg</strong> in der Wielandstraße wünscht<br />

der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> in <strong>Heidelberg</strong> - Wieblingen für die Zukunft viel<br />

Kraft, gute Impulse und ein Umfeld, das die Schule stützt und trägt.<br />

Klaus Billing<br />

Für den Waldorfkindergarten <strong>Heidelberg</strong> e.V.


Verehrtes Kollegium, geschätzte Eltern, liebe Schülerinnen und Schüler,<br />

gestatten Sie mir, Ihnen allen die herzlichsten Glückwünsche zum 25-jährigen<br />

Jubiläum der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong> zu übermitteln.<br />

Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, in der die <strong>Waldorfschule</strong> gebaut wurde. Es<br />

war ein ungewöhnlicher Bauprozess unter spezieller Beteiligung der Eltern, der<br />

schon ahnen ließ, dass es hier um besondere pädagogische Konzepte gehen würde.<br />

Die <strong>Waldorfschule</strong> steht für lebendigen und abwechslungsreichen Unterricht, sie<br />

steht für Kreativität, Teamfähigkeit, Leistung und Motivation der Schülerinnen<br />

und Schüler, sie steht für sprachliche und naturwissenschaftliche Fächer ebenso<br />

wie für handwerklichen bzw. künstlerisch-praktischen Unterricht.<br />

Solche Lehrmethoden sind nur mit viel Engagement und Geduld denkbar. Hierfür<br />

möchte ich dem Kollegium und der Schulleitung sehr herzlich danken – eine große<br />

Bereicherung der <strong>Heidelberg</strong>er Schullandschaft. Diese Leidenschaft zahlt sich aus:<br />

diejenigen, die in den 25 Jahren die <strong>Freie</strong> <strong>Waldorfschule</strong> besucht haben, welche nicht<br />

nur ihre intellektuellen Begabungen gefördert, sondern auch Schlüsselqualitäten wie<br />

soziale Kompetenz, Wahrnehmungsfähigkeit sowie die Befähigung, prozessual zu<br />

denken, gebildet hat, studieren und arbeiten erfolgreich in verschiedenen Bereichen.<br />

Gratulieren und danken möchte ich auch Ihnen, den Eltern und Schülern, die sich<br />

gemeinsam für den Besuch der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> entschieden haben, denn<br />

erst damit entsteht ein Raum in unserer Gesellschaft für die Anwendung des<br />

Waldorfkonzepts.<br />

Ich wünsche der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong><br />

weiterhin viel Erfolg!<br />

Viele Grüße<br />

Lothar Binding<br />

SPD, Mitglied des Deutschen Bundestags,<br />

früher im Gemeinderat <strong>Heidelberg</strong><br />

Grußworte 17


18<br />

Grußworte<br />

Herzliche Glückwünsche zu den ersten 25 Jahren<br />

und viele gute Wünsche für die nächsten 25 Jahre<br />

sendet der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong> die Christengemeinschaft <strong>Heidelberg</strong>,<br />

verbunden mit einem großen Dank für die Ermöglichung aller Religionsunterrichte<br />

und die Zusammenarbeit besonders mit den Lehrern und anderen<br />

Mitarbeitern der <strong>Waldorfschule</strong>.<br />

Die freilassende Atmosphäre der <strong>Heidelberg</strong>er <strong>Waldorfschule</strong> ermöglicht<br />

Schülern und Eltern sowie den Mitarbeitern der Schule das Zusammenwirken<br />

der verschiedensten individuellen (auch religiösen) Impulse in einer sich immer<br />

wieder erneuernden Schulgemeinschaft.<br />

Die christliche Grundstimmung der <strong>Waldorfschule</strong> zeigt sich darin, dass die<br />

pädagogische Arbeit getragen wird durch die Liebe zum Kind, zum Jugendlichen.<br />

„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“ Wer ist im Schulalltag mein<br />

Nächster? Ist es nicht der, der mich gerade braucht, der durch mein Mithelfen<br />

„werden“ kann, durch den ich selbst „werden“ kann?<br />

Die menschlichen Begegnungen innerhalb dieser <strong>Waldorfschule</strong> sind deshalb<br />

der kostbarste Beitrag zum Unterricht wie zum ganzen Schulalltag; nicht,<br />

weil die Begegnungen immer ideal verlaufen, nicht weil alles harmonisch ist,<br />

sondern weil es eine Grundbereitschaft zum Lernen am Anderen gibt – auch<br />

bei den Erwachsenen.<br />

Die Christengemeinschaft <strong>Heidelberg</strong> wünscht der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong><br />

<strong>Heidelberg</strong>, dass sie nicht nachlässt darin, freilassend – christlich – menschlich<br />

zu wirken, und dass sie dies <strong>als</strong> ein Werden ausstrahle in die Stadt, in das<br />

Umland.<br />

Auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit<br />

Ihr Thomas Demele<br />

Pfarrer der Christengemeinschaft


Anlässlich der Bundeselternratstagung im Rahmen des 25-jährigen Bestehens der<br />

<strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong> übermittle ich Ihnen im Namen von Herrn Oberbürgermeister<br />

Dr. Würzner die Grüße der Stadt <strong>Heidelberg</strong>.<br />

Insgesamt 11 allgemeinbildende Schulen in privater Trägerschaft setzen einen besonderen<br />

Akzent in unserer Stadt. Rund 4.600 Schülerinnen und Schüler besuchen<br />

diese Einrichtungen.<br />

Die <strong>Freie</strong> <strong>Waldorfschule</strong> mit ihren rund 470 Schülerinnen und Schülern ist ein Zentrum<br />

der Kreativität, das die <strong>Heidelberg</strong>er Schul- und Bildungslandschaft bereichert.<br />

Das Besondere an ihr: die tragende Rolle, die gerade den Eltern im Schulkonzept<br />

zukommt. Gründungen von <strong>Waldorfschule</strong>n gehen aus Elterninitiativen hervor.<br />

Darüber hinaus begleiten Eltern die Entwicklung der Schule und das in größerem<br />

Ausmaß <strong>als</strong> das bei Regelschulen gewöhnlich der Fall ist. In den regelmäßigen<br />

Eltern abenden, die in den unteren Klassen teilweise im monatlichen Rhythmus<br />

stattfi nden, nehmen die Eltern an der Entwicklung der Schulklasse und ihrer Kinder<br />

Anteil. Die Eltern sind auch aufgefordert sich mit pädagogischen, organisatorischen<br />

und rechtlichen Belangen der Schule auseinanderzusetzen. Kurzum: Eltern und<br />

Lehrer tragen gemeinsam Verantwortung für das Leben und Arbeiten an der<br />

Schule.<br />

Die Stadt <strong>Heidelberg</strong> fördert die Arbeit der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong>. So hat sie beim<br />

Neubau am jetzigen Standort Mittelgewannweg den Waldorfschulverein mit rund<br />

395.000 DM unterstützt. Im Jahr 2006 kamen nochm<strong>als</strong> ca. 43.000 Euro <strong>als</strong> städtischer<br />

Zuschuss für die beiden neuen Schulgebäude, Werkhaus und Mensabau,<br />

hinzu. Seit 1997 erhält die <strong>Freie</strong> <strong>Waldorfschule</strong> laufende Zuschüsse zum Schulbetrieb<br />

in Höhe von jährlich durchschnittlich 20.000 Euro.<br />

Der 73. Bundeselternratstagung 2008 wünsche ich<br />

einen erfolgreichen und harmonischen Verlauf.<br />

Dr. Joachim Gerner<br />

Bürgermeister für Familie, Soziales und Kultur<br />

der Stadt <strong>Heidelberg</strong><br />

Grußworte 19


20<br />

Grußworte<br />

Im Begegnungsfeld von Schülern, Lehrern und Eltern entwickelt<br />

sich ein Schulorganismus und fi ndet seine sich wandelnde<br />

Gestalt. Zum 25-jährigen Bestehen wünschen wir der <strong>Freie</strong>n<br />

<strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong>, dass dieses Begegnungsfeld weiterhin<br />

voller schöpferischer Bewegung sein möge. So können in<br />

wacher Wahrnehmung an den Fragen der Zeit Wege zur Fähigkeitsbildung<br />

entdeckt und entwickelt werden. Die Offenheit<br />

der Kinder und ihre Nähe zum Werdenden kann dazu immer<br />

neu ermutigen.<br />

Mit Blick auf diese Zukunftskräfte schenken wir der Schule<br />

etwas Lebendiges, Mitwachsendes für ihren Garten.*<br />

Mit herzlichen Wünschen<br />

Die MitarbeiterInnen des<br />

Michael Therapeutikum in <strong>Heidelberg</strong><br />

* Der Schule wurde anlässlich dieses Jubiläums ein Baum gespendet.


Zum 25 jährigen Bestehen möchte ich im<br />

Namen der <strong>Freie</strong>n Wähler <strong>Heidelberg</strong> sehr<br />

herzlich gratulieren.<br />

Was dam<strong>als</strong> <strong>als</strong> erste Heimat für diese Schule<br />

unter besonderem Vorzeichen bescheiden<br />

für zunächst wenige Kinder entstand, hat sich<br />

organisch wachsend zu einer sehr spezifi schen<br />

Schullandschaft entwickelt. Sie waren eine der ersten privaten Schulen in <strong>Heidelberg</strong> –<br />

inzwischen fi nden Sie sich in der Gesellschaft von vier weiteren Gymnasien und einer<br />

ständig wachsenden Zahl von Grundschulen in privater Trägerschaft. Im Schuljahr<br />

2005/2006 besuchten in <strong>Heidelberg</strong> 18.774 Kinder öffentliche Schulen, 2940 private<br />

Gymnasien! Ihre Schule zählte 469 Schüler, davon 188 aus <strong>Heidelberg</strong>. (Zahlen aus<br />

dem Schulbericht der Stadt <strong>Heidelberg</strong>).<br />

Ihr ganzheitliches Fördern der jungen Menschen zu selbstständigen und verantwortungsvollen<br />

Mitgliedern der Gesellschaft hat gerade heute einen ganz besonderen<br />

Wert. Wie wesentlich die Förderung, Erziehung und Bildung unserer Kinder für uns alle<br />

ist, wird nun auch zunehmend in der Öffentlichkeit und in der Politik diskutiert und<br />

erkannt. Wir bewegen uns damit auf den Spuren von Wilhelm von Humboldt, der 1809<br />

<strong>als</strong> neues Unterrichtsideal „Lernen lernen“ im Rahmen seiner Reformen forderte.<br />

Die Bildung sollte lebenslang und allumfassend sein und dem Einzelnen zur Entfaltung<br />

seiner Kräfte verhelfen.<br />

<strong>Heidelberg</strong> verfügt über eine äußerst vielseitige und reiche Schullandschaft, aus<br />

der gerade Einrichtungen wie die Ihre nicht mehr wegzudenken sind. Für jedes Kind<br />

gelingt es, einen Lernort nach eigenen Fähigkeiten und Neigungen zu fi nden. Der<br />

musische Schwerpunkt und die Ausrichtung nach den Ideen von Rudolf Steiner ist<br />

für zahlreiche Familien <strong>als</strong> Kontrapunkt in unserer zunehmend materialistischen<br />

Welt ein gutes Erziehungsangebot.<br />

Ich wünsche Ihnen allen weiter eine harmonische Entwicklung. Bleiben Sie eine<br />

lebenslange Heimat für Ihre Schüler und Schülerinnen!<br />

Dr. Ursula Lorenz<br />

Fraktionsvorsitzende der FWV <strong>Heidelberg</strong><br />

Grußworte 21


22<br />

Grußworte<br />

Zum 25jährigen Jubiläum der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong> gratuliere ich<br />

den Verantwortlichen des Waldorfschulvereins e.V. namens des Gemeinderats,<br />

der Gemeindeverwaltung und persönlich sehr herzlich.<br />

Unmittelbar an der Gemarkungsgrenze zu Edingen-Neckarhausen hat sich<br />

die <strong>Waldorfschule</strong> nun schon seit Jahren zu einer anerkannten und allseits<br />

geschätzten Bildungseinrichtung entwickelt. Sicher trägt neben der gelungenen<br />

baulichen Konzeption und der individuellen Betreuungsform auch<br />

die Nähe zu unserer Gemeinde dazu bei, dass verhältnismäßig viele Kinder<br />

auch aus Edingen-Neckarhausen gerne die Waldorfpädagogik nutzen.<br />

Erwähnen will ich dabei nicht nur das Bildungsangebot, sondern auch die Kindertagesstätte<br />

mit ihrem vielfältigen Betreuungsangebot. Lange vor den heute<br />

ganz aktuellen Ausbaukonzepten der Kleinkinderbetreuung hat sich der Waldorfschulverein<br />

dieser Herausforderung für unsere Gesellschaft angenommen.<br />

Die Resonanz und inzwischen gewährte Unterstützungen sind eindrucksvolle<br />

Beweise und Bekenntnisse zur Betreuungs- und Bildungsvielfalt unserer Gesellschaft.<br />

Ich wünsche der <strong>Waldorfschule</strong> eine weiterhin gute Entwicklung, stets verantwortliche,<br />

weitsichtige und dem Wohle unserer künftigen Generationen<br />

verpfl ichtete Persönlichkeiten.<br />

Roland Marsch<br />

Bürgermeister von Edingen-Neckarhausen


25 Jahre <strong>Freie</strong> <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong><br />

Herzlichen Glückwunsch!<br />

Zum 25-jährigen Bestehen der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong> im Schuljahr 2007/2008<br />

gratuliere ich allen Schülerinnen und Schülern, allen Eltern, der Schulleitung, dem gesamten<br />

Lehrerkollegium sowie allen Freunden und Förderern sehr herzlich.<br />

Ich freue mich mit Ihnen über diesen wichtigen Meilenstein im Leben Ihrer Schule.<br />

„Eine Investition in Wissen bringt immer noch die besten Zinsen“ hat einmal<br />

Benjamin Franklin gesagt.<br />

Bildung beginnt bereits im Kindergarten. Der große Wissensdrang und die große Freude<br />

am Lernen von Kindern darf nicht erst in der Schule genutzt und gestärkt werden.<br />

Die Schule selbst ist nicht nur ein Ort der Wissensvermittlung, sondern auch ein Ort des<br />

Miteinanderlernens und des Miteinanderlebens: Hier werden die jungen Menschen auf<br />

die tatsächlichen Anforderungen des Lebens vorbereitet.<br />

Die Erwartungen, die mittlerweile an die Schülerinnen und Schüler – aber auch an die<br />

Lehrerinnen und Lehrer und die Eltern – gestellt werden, sind enorm gewachsen. Die<br />

<strong>Freie</strong> <strong>Waldorfschule</strong> begegnet diesen Herausforderungen mit einem ganz eigenen und<br />

besonderen pädagogischen Profi l und ist hierbei erfolgreich.<br />

Das Ziel ist klar defi niert: „Die vielen praktisch-künstlerischen Fächer ermöglichen es, die<br />

Schüler zu sozial kompetenten, lebens- und handlungsfähigen Zeitgenossen zu erziehen,<br />

die gestellte Aufgaben verantwortungsbewusst ergreifen und kreativ lösen.“<br />

Ich wünsche der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong>, die eine Bereicherung des vielfältigen<br />

Bildungssystems unseres Landes Baden-Württemberg darstellt, eine weiterhin positive<br />

Entwicklung. Wie bisher werde ich für Sie in meinen Funktionen <strong>als</strong> Mitglied des Landtags<br />

von Baden-Württemberg und <strong>als</strong> <strong>Heidelberg</strong>er Stadtrat für Ihre Anliegen stets ein<br />

offenes Ohr haben.<br />

Mit herzlichen Grüßen<br />

Ihr<br />

Werner Pfi sterer<br />

CDU-Fraktion, Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg,<br />

<strong>Heidelberg</strong>er Stadtrat<br />

Grußworte 23


24<br />

Grußworte<br />

Wer die gegenwärtige bildungspolitische Diskussion verfolgt, kann den Eindruck<br />

gewinnen, dass <strong>Waldorfschule</strong>n aktueller sind denn je. Denn immer deutlicher<br />

wird, wie kindgemäß die dort praktizierte Pädagogik ist: die Möglichkeit, ohne<br />

Sitzenbleiben und Noten angstfrei zu lernen, die enge persönliche Beziehung zu<br />

einem Klassen lehrer in den ersten sechs oder acht Schuljahren, der Epochenunterricht,<br />

der es erlaubt, sich über drei oder vier Wochen täglich in ein Weltgebiet zu<br />

vertiefen, das frühe Sprachenlernen, die phänomenologische Unterrichtsmethode,<br />

die zu einem reichen Welterleben führt und anderes mehr.<br />

All diese Strukturen und Methoden sind wichtig und sinnvoll, reichen aber nicht<br />

aus. Denn wie gut eine Schule ist, hängt vor allem ab von der Qualität der Lehrenden.<br />

Wenn man versucht, die Anforderungen, die sich einem Waldorfl ehrer<br />

stellen, zu umreißen, wird man auf drei Qualitäten blicken müssen: eine pädagogische,<br />

eine künstlerische und eine soziale.<br />

Zunächst ist sicherlich das Bemühen entscheidend, Kinder immer besser verstehen<br />

und lieben zu lernen. Wer sich auf Kinder einlässt, wird bemerken, dass sie<br />

sich in einer stetigen Entwicklung befi nden. Während das Vorschulkind seelisch<br />

völlig mit der Umgebung verbunden ist und sie nachahmt, hat das Schulkind<br />

Freude daran, einen Reichtum innerer Vorstellungen aufzunehmen. Jetzt wirkt<br />

der Erzieher weniger über das sinnvolle Tun <strong>als</strong> über die künstlerisch geformte<br />

Sprache: Wer Tiere, Pfl anzen und Steine lebendig schildern kann und die Kinder<br />

zu einer inneren Anschauung hinführt, wird Vorbild und geliebte Autorität.<br />

Wiederum anders stellt sich die Aufgabe für die Oberstufenlehrer/innen dar:<br />

Auf dem Hintergrund einer profunden Kenntnis des studierten Fachgebiets<br />

sind die Schülerinnen und Schüler zur eigenständigen Urteilsbildung anzuregen.<br />

Zu der skizzierten pädagogischen gesellt sich eine künstlerische Herausforderung.<br />

Es gilt, durch den rhythmischen Wechsel von An- und Entspannung, Konzentration<br />

und Loslassen „atmend“ unterrichten zu lernen, es gilt zudem, zum<br />

Gestalter der eigenen Ausdrucksmöglichkeiten zu werden: Wie der Lehrende<br />

spricht und sich bewegt, ist für den Erziehungsprozess von eminenter Bedeutung.<br />

Eine dritte Aufgabenstellung ist die soziale. <strong>Waldorfschule</strong>n sind Einrichtungen<br />

ohne Rektor und mit kollegialer Selbstverwaltung. Initiative ist gefragt, aber auch<br />

Hinhören auf die Impulse der anderen – <strong>Waldorfschule</strong> ist ein tägliches Feld<br />

sozialen Übens.<br />

Angesichts dieser Herausforderungen stellt die Anthroposophie eine unerlässliche<br />

Hilfe dar. Dabei meint das Wort weniger „Weisheit vom Menschen“ <strong>als</strong><br />

„Bewusstsein des eigenen Menschentums“ – Anthroposophie ist ein Weg, die<br />

im eigenen Selbst noch schlummernden Möglichkeiten kennen zu lernen und<br />

zu wecken. Insofern ist das Lehrerwerden und das Lehrersein immer auch ein<br />

Übungsweg biografi scher Entwicklung.


Wenn man sich <strong>als</strong> verantwortliches Kollegium für die Ausbildung von WaldorflehrerInnen<br />

fragt, wie all diese Qualitäten anzuregen sind, wird sofort deutlich,<br />

dass ein Lehrerseminar allein damit hoffnungslos überfordert wäre. Unsere<br />

Studierenden sind darauf angewiesen, dass es erfahrene Lehrerinnen und Lehrer<br />

an den Schulen gibt, die bereit sind, sie in die Praxis einzuführen. Seit Jahren übernehmen<br />

Kolleginnen der <strong>Heidelberg</strong>er <strong>Waldorfschule</strong> diese Aufgabe in den jährlichen<br />

Praktika, und wir möchten uns dafür sehr herzlich bedanken. Darüber<br />

hinaus gehen vom <strong>Heidelberg</strong>er Kollegium immer wieder Impulse für die Weiterentwicklung<br />

der Waldorfpädagogik aus – die konzeptionelle Arbeit an einer<br />

„Bas<strong>als</strong>tufe“ im Übergang vom Kindergarten zur Schule sowie die Bemühungen<br />

um die Gestaltung der Schule <strong>als</strong> Ganztagsschule sind dafür aktuelle Beispiele.<br />

Auch für diese Initiativen sind wir ausgesprochen dankbar, bilden sie doch ein<br />

anregendes Umfeld für unsere Ausbildung.<br />

In diesem Sinne möchten wir die <strong>Heidelberg</strong>er Schulgemeinschaft sehr herzlich<br />

zum 25-jährigen Jubiläum beglückwünschen, wir hoffen weiterhin auf gute<br />

Zusammenarbeit!<br />

Dr. Albert Schmelzer<br />

Für das Kollegium der <strong>Freie</strong>n Hochschule für<br />

anthroposophische Pädagogik Mannheim<br />

Grußworte 25


Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Eltern, liebe Schülerinnen und Schüler,<br />

zum 25-jährigen Jubiläum der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong> gratuliere ich im Namen der<br />

SPD-Gemeinderatsfraktion ganz herzlich.<br />

Bildung heißt, in Kindern ein Feuer entfachen – dieses Bild erscheint mir am treffendsten,<br />

um die Arbeit der Schulleitung, Lehrerschaft und Eltern der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong><br />

der letzten 25 Jahre zu beschreiben.<br />

Jeden Tag stets aufs Neue die Neugierde und das Interesse der Kinder zu wecken mittels<br />

eines lebendigen Unterrichts, der „Lernen durch Tun“ in den Mittelpunkt stellt, das war und<br />

ist der Anspruch der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong>. Die Freude und der Eifer mit dem die Kinder<br />

bei der Sache sind, machen deutlich, dass dieses Ziel auch erreicht wird.<br />

Vielfältige Möglichkeiten zum Experimentieren, Improvisieren oder Musizieren stehen den<br />

Kindern zur Verfügung. Unterrichtsinhalte und -formen werden auf die Prozesse kindlichen<br />

Lernens abgestimmt. So wird jeder Schüler und jede Schülerin entsprechend seiner/ihrer<br />

Fähigkeiten mitgenommen. Gemeinsames miteinander und voneinander Lernen stärkt<br />

leistungsschwache wie leistungsstarke Schülerinnen und Schüler und lässt sie soziale<br />

Kompetenzen entwickeln, die über den Schulalltag hinaus prägend sind.<br />

Der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> wünsche ich weiterhin viel Erfolg bei diesem Engagement für<br />

eine Bildung, die die Interessen und Fähigkeiten der Kinder in den Mittelpunkt stellt, denn:<br />

Jeder Mensch ist dazu bestimmt, ein Erfolg zu sein, und die Welt ist dazu bestimmt, diesen<br />

Erfolg zu ermöglichen.<br />

Dr. Anke Schuster<br />

SPD, Vorsitzende der Gemeinderatsfraktion


Der Stadtteil Wieblingen gratuliert der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> zu ihrem 25jährigen<br />

Jubiläum sehr herzlich.<br />

Zusammen mit der städtischen Fröbelschule, der privaten Thadden-Schule und den<br />

städtischen Berufsschulen trägt die <strong>Freie</strong> <strong>Waldorfschule</strong> dazu bei, dass Wieblingen<br />

der schulreichste Stadtteil <strong>Heidelberg</strong>s geworden ist. Als die ersten Schulgebäude errichtet<br />

wurden, lagen sie noch draußen im Feld, zwischen Wieblingen und Edingen.<br />

Heute liegen sie durch die Entstehung des Gewerbegebietes Nord schon am nördlichen<br />

Wieblinger Ortsrand. Aber immer noch stellen sie durch ihre auffällige Bauweise einen<br />

Blickfang dar für alle, die die Verbindungswege zwischen Wieblingen und Edingen benutzen<br />

und setzen einen architektonischen Akzent für unseren Stadtteil.<br />

Wichtiger ist freilich, was in dieser Schule geschieht. Wenn auch die große Mehrheit<br />

der Schüler aus anderen Stadtteilen und Gemeinden kommt, so sind es doch auch nicht<br />

wenige Wieblinger, die ihre Kinder bewusst dem anthroposophischen Erziehungs- und<br />

Bildungskonzept der <strong>Waldorfschule</strong> anvertrauen, zumal auch der relativ kurze Schulweg<br />

einlädt. Die Konzerte und Theateraufführungen der Schule sind eine Bereicherung des<br />

Wieblinger Kulturlebens und die Einladungen zu den Schulfesten richten sich immer<br />

auch an die Wieblinger Bevölkerung. Dass der Waldorfkindergarten sich am diesjährigen<br />

Wieblinger Straßenfest beteiligte, ist ein Zeichen der Verbundenheit mit unserem Stadtteil.<br />

Was Waldorf-Schulgelände ist in intensiver Selbsthilfe und Eigeninitiative der Schulgemeinschaft<br />

entstanden.<br />

Der Stadtteilverein spricht dem Schulverein <strong>als</strong> Träger der Schule und vor allem den<br />

engagierten Eltern seine Anerkennung für die geleistete Arbeit aus und wünscht der<br />

immer größer gewordenen Schar der Schüler, dass sie die hier vermittelte spezifi sche<br />

Ausbildung <strong>als</strong> hilfreichen Weg ins Leben erfahren kann.<br />

Ich persönlich wünsche dem Schulverein, allen Verantwortlichen, allen Lehrern und<br />

Erziehern, aber auch allen Eltern, weiterhin Kraft, damit sie die an sie gestellten, nicht<br />

leichten Aufgaben im Sinne der Tradition im Einklang mit der Wirklichkeit erfüllen<br />

können.<br />

Gerade angesichts der derzeitigen Diskussionen<br />

über die Bildung unserer Kinder ist eine gemeinsame<br />

Anstrengung von allen Verantwortlichen zwingend<br />

erforderlich.<br />

Günter Trapp<br />

1. Vorsitzender Stadtteilverein Wieblingen<br />

Grußworte 27


!<br />

<br />

658<br />

-<br />

198216, , -, , 12<br />

E-mail: sc658@kirov.spb.ru; : 377-60-03; 377-94-98<br />

25- . , <br />

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Schule Nr. 658, <strong>Waldorfschule</strong> St. Petersburg, Russland (Partnerschule)


Liebes Kollegium der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong>!<br />

Ich möchte Ihnen herzlich dafür danken, dass Sie meinen Aufenthalt in Deutschland<br />

vor anderthalb Jahren möglich gemacht haben. Ich bin immer noch von der wunderschönen<br />

Stadt <strong>Heidelberg</strong> und von eurer Schule sehr begeistert! Ich hatte doch die<br />

Möglichkeit, mich mit einer richtigen deutschen <strong>Waldorfschule</strong> bekannt zu machen<br />

und mich voll in ihrem Lernprozess zu befi nden.<br />

Schon mit der ersten Faust-Epoche bin ich in die Welt der deutschen Sprache und der<br />

deutschen Poesie eingetaucht. Das Werk hat auf mich einen sehr großen Eindruck<br />

gemacht, und, obwohl es für mich von der Sprache her immer noch schwer ist, habe<br />

ich es schon zweimal mit Entzücken gelesen. Es hat mir auch viel Spaß gemacht,<br />

im Russischunterricht zu sein und ich hoffe, dass ich wenigstens ein bisschen dazu<br />

beitragen konnte. Auf jeden Fall haben wir manchmal mit einigen Schülern auch außer<br />

Rahmen des Unterrichts Russisch gesprochen. Mit Englisch und Französisch war es für<br />

mich ein wenig schwierig, weil das Niveau der Sprache sehr hoch war, aber das half mir,<br />

meine Kenntnisse zu erfrischen und gab mir einen Anstoß, mich weiter auch mit diesen<br />

Sprachen zu beschäftigen. Was mir aber sehr Leid tat, dass unser Eurythmieunterricht<br />

nicht weiter stattfi nden konnte. So etwas wie die Eurythmie in eurer Schule konnte ich<br />

leider in der Schule in Russland kaum erleben.<br />

Besonders gern erinnere ich mich aber auch jetzt noch an das Theaterstück. Obwohl<br />

mein Beitrag dazu nicht besonders groß war, waren die Proben und die Aufführung<br />

selbst eine große Freude für mich. Das war eine lustige Zeit, weil ich mich dam<strong>als</strong> viel<br />

mit vielen in der Klasse unterhalten habe.<br />

Vielen herzlichen Dank auch an die Familie Mantei, bei der ich viel Liebe, Sorge und<br />

Verständlichkeit gefunden habe. Wenn ich Schwierigkeiten hatte, konnte ich<br />

mich immer an sie wenden und ihr freundliches Verhalten zu mir war für mich eine<br />

große Unterstützung. Noch wollte ich meinen besten Dank an Frau Huppmann,<br />

Frau Hecht-Jäckel und Frau Nikolajewski wenden, weil sie mir zu dieser Reise verholfen<br />

und während meines Aufenthalts sehr viel geholfen haben.<br />

Und das Wichtigste möchte ich noch zum Schluss hinzufügen. Natürlich hat diese Reise<br />

sehr viel zu meinen Deutschkenntnissen beigetragen und half mir, den Entschluss zu<br />

fassen, dass ich sicher Deutsch studieren möchte. Ich studiere zurzeit an der Fakultät für<br />

Fremdsprachen und will mein Leben noch weiter mit der deutschen Sprache verbinden.<br />

Und ich will auch dazu beitragen können, dass die Beziehungen zwischen Deutschland<br />

und Russland immer fester werden!<br />

Noch mal herzlichen Dank!<br />

Olja Lewkowets<br />

Ehemalige Austauschschülerin der <strong>Waldorfschule</strong> St. Petersburg<br />

Grußworte 29


Die Pädagogische Sektion der <strong>Freie</strong>n Hochschule für Geisteswissenschaft am Goethe anum in Dornach<br />

gratuliert der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong> von ganzem Herzen zum 25-jährigen Geburtstag! Den<br />

Eltern, Schülern, Lehrern, Vorständen und Mitarbeitern sei gratuliert!<br />

Wer heute über den Campus der Schule mit dem vielen Grün, den schönen Gebäuden, dem großen<br />

Garten läuft, sollte einen Moment innehalten und bedenken, was in weniger <strong>als</strong> einer Generation hier<br />

an Arbeit, an Realisierungswillen geleistet worden ist! Hinter dem Gebäude fl iesst der Neckar meist<br />

ruhig die letzten Kilometer bis zur Einmündung in den Rhein, kommend aus <strong>Heidelberg</strong>, der Stadt der<br />

Romantiker und Denker. Aber auch der Stadt, wo keltische und germanische Kultur auf frühe christliche<br />

wie römische Siedlungen stießen. Dieses Zusammentreffen zeigt sich auch in der geografi schen Beschaffenheit.<br />

Der sagenumwobene Odenwald endet und die steilen Berge kommen zu einem fast<br />

schroffen Einhalt, um der weiten Rheinebene Platz zu machen. An diesem Übergang steht die Schule:<br />

an der einen Flanke die Bergwelt, an der anderen die Weite des Flusstales. Eine Gegend <strong>als</strong>o, in der<br />

viel zusammenkommt.<br />

So war es wohl auch in der Schulgeschichte. Aus verschiedenen Richtungen kamen viele Strömungen<br />

zusammen. Strömungen in den Impulsen der dort Arbeitenden. Oft gelang es ihnen, zusammen zu wirken,<br />

aber nicht immer. Die Schule wurde auch erschüttert durch heftige, auch persönliche Gegensätze,<br />

obwohl jeder aus seiner Sicht dem Kulturimpuls der Erziehungskunst dienen wollte. So standen der<br />

Berg und das die Weite suchende Tal sich manchmal verständnislos gegenüber.<br />

Doch die Zeit steht nicht still und sie heilt alle Wunden. Es darf berechtigt klingen, dass für diese<br />

wunderbare Schule ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Wer einen Tag lang die Gelegenheit hat, die<br />

Schüler von „ganz unten“ bis „ganz oben“ mit zu erleben, fühlt sich gestärkt in diesem Gedanken: voller<br />

Leben, Lernwillen und Offenheit erlebt man die Schüler der Schule. Sie zeigen uns durch die Art, wie sie<br />

im Leben stehen, dass dieses die Erziehung ist, die wir unserer Jugend vermitteln wollen. Im Gespräch<br />

mit den älteren Schülern auf die schöne Ausstellung plastischer Arbeit in der Eingangshalle blickend,<br />

sieht man, wie gleichsam Wissenschaft und Kunst sich zu entfalten beginnen. Schaut man im Klassenzimmer<br />

der ersten Klasse den Kindern zu, wie sie mit der Lehrerin üben, sieht man, was da bereits<br />

Schönes an den Wänden hängt. Hört man aber auch, wie die Schule um ihren „Anfang“ hat kämpfen<br />

müssen, dann erfüllt einen das in den Klassen Erlebte mit großer Zuversicht. Zuversicht auf die Kraft der<br />

Idee der Erziehungskunst für die Zukunft der Schule und Dankbarkeit für das schon Erreichte prägen so<br />

das Gesamtbild. Möge die Schule immer mehr ein Beispiel werden für menschengerechte Erziehung,<br />

Berg und Tal werden sich versöhnen.<br />

Hier ist dann ein Dank an Eltern, Vorstände und Lehrer am Platz, die die Schule in ihren neuen Lebensabschnitt<br />

hineinführen, damit die Jugend den Ort fi nde, wo sie Kräfte und Wissen für ihr Leben aufnehmen<br />

kann.<br />

In herzlicher Verbundenheit<br />

Ihr<br />

Christof Wiechert<br />

für die Anthroposophische Gesellschaft Dornach, Leiter der Pädagogischen Sektion


32 3 Anfänge An Anfä fä fäng ng nge<br />

„Das war schon eine große Aufgabe“<br />

Interview mit Angelika Sauer, Unternehmerin und Förderin der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong><br />

Angelika Sauer gehört zu den Pionieren der Waldorfpädagogik in <strong>Heidelberg</strong>. Sie hat den Waldorfschulverein<br />

mitgegründet und war bis 2007 im Vorstand tätig. Anlässlich des 25-jährigen Schulbestehens schildert<br />

sie, wie alles begann und was in ihren Augen die <strong>Waldorfschule</strong> so besonders macht. Frau Sauer ist mit Leib<br />

und Seele Unternehmerin: Sie hat einen eigenen Verlag geleitet und berät zahlreiche Unternehmen.<br />

Frau Sauer, was bewegte Sie persönlich, dieses<br />

Projekt mit aller Kraft zu unterstützen?<br />

Ich gehörte der anthroprosophischen Gesellschaft<br />

hier in <strong>Heidelberg</strong> an. In diesem Kreis fanden sich<br />

einige, die sich für <strong>Heidelberg</strong> eine <strong>Waldorfschule</strong><br />

wünschten und mit denen ich ins Gespräch kam.<br />

Außerdem habe ich selber ab 1947 für sechs Jahre<br />

die <strong>Waldorfschule</strong> in Stuttgart besucht. So war es<br />

für mich ganz selbstverständlich, mich für eine<br />

Schule in <strong>Heidelberg</strong> einzusetzen. In <strong>Heidelberg</strong><br />

hatte es ja bereits mehrere Gründungsinitiativen<br />

gegeben, die aus unterschiedlichen Gründen nicht<br />

durchgehalten wurden. Als wir Mitte der 70er den<br />

Waldorf-Kindergartenverein ins Leben riefen, bewegte<br />

uns deshalb vor allem die Frage, wie es gelingen<br />

kann, eine Dichte im sozialen Miteinander<br />

herzustellen. Ich persönlich habe das Projekt vor<br />

allem <strong>als</strong> kulturelle und gesellschaftliche Aufgabe<br />

verstanden. Das hängt wohl damit zusammen,<br />

dass ich in meiner ursprünglichen Ausbildung Sozialarbeiterin<br />

bin. Ich habe in diesem Beruf auch<br />

einige Zeit gearbeitet, bevor ich Verlegerin wurde.<br />

Wie sahen die ersten konkreten Schritte aus?<br />

Das Ehepaar Raeschke hatte in Karlsruhe bereits<br />

einen Waldorfkindergarten gegründet und wurde<br />

zusammen mit einigen andern schnell zum Kristallisationspunkt<br />

für die <strong>Heidelberg</strong>er Initiative.<br />

1978 haben wir mit dem Waldorfkindergarten in<br />

der Wielandstraße begonnen. Schnell kam die Frage<br />

nach einer Schule auf. Viele Eltern hatten zum<br />

damaligen Zeitpunkt Kinder, die die <strong>Waldorfschule</strong><br />

Mannheim besuchten. Obwohl sie wussten, ihre<br />

Kinder würden wohl nicht mehr hier auf die Schule<br />

kommen, haben sie sich sehr eingesetzt für <strong>Heidelberg</strong>.<br />

Wir verspürten eine starke inhaltliche Verbundenheit<br />

mit der Waldorfpädagogik. Und so lag<br />

von Anfang an ein Schwerpunkt auf der inhaltlichen<br />

Arbeit. Uns ging es vor allem darum, die<br />

Lehren Steiners so zu vermitteln, dass das Wirken<br />

des Geistes in der Welt unmittelbar erfahren werden<br />

kann.<br />

Es entstand dann auch der Wunsch, ein Jahr lang<br />

sehr intensiv die Waldorfpädagogik hier in der<br />

Stadt bekannt zu machen. Wir haben eine regelrechte<br />

Kampagne gestartet mit Vortragsreihen<br />

und pädagogischen Wochenenden, beispielsweise<br />

zur „Philosophie der Freiheit“ – mit großer Resonanz.<br />

Was macht die <strong>Waldorfschule</strong> besonders?<br />

Das hängt natürlich mit dem Menschenbild zusammen.<br />

Heute basiert Schule stark auf kognitiver<br />

Wissensvermittlung, während die Waldorfpädagogik<br />

den Menschen ganzheitlich bilden will. Es ist<br />

ein fortwährendes Bemühen, Wissen lebendig<br />

werden zu lassen. Durch den Epochenunterricht<br />

leben die Kinder über längere Zeit in dem gleichen<br />

Inhalt und der Inhalt kann in ihnen wachsen. Nach<br />

2 oder 3 Jahren wird das Wissen wieder aufgegriffen.<br />

Allerdings dann auf einer neuen Ebene. Der


Geschichtsunterricht nimmt beispielsweise Bezug<br />

auf die Pyramiden, die die Kinder bereits in Mythen<br />

und Sagen kennen gelernt haben. In der Oberstufe<br />

steht dann die Frage im Vordergrund, warum die<br />

Pyramiden mathematisch so exakt sind. Die Kinder<br />

und Jugendlichen fi nden so immer wieder<br />

Entsprechungen in ihrer jeweiligen Entwicklungsphase.<br />

Was war denn das Schwierigste in der Phase der<br />

Gründung?<br />

Da sind mindestens zwei Dinge zu nennen. Wir<br />

hatten sehr spät einen Gründungslehrer und waren<br />

froh, <strong>als</strong> mit Herrn Meißner, der in Mannheim<br />

unterrichtete, Ende 1981 ein erfahrener Mann gefunden<br />

wurde. Der Gründungslehrer muss mindestens<br />

einen achtjährigen Klassenzyklus durch-<br />

laufen haben, so die Aufl age des Bundes der<br />

<strong>Waldorfschule</strong>n. Nun hatten wir aber noch keine<br />

Klassenräume. Bei der Suche begegneten uns einige<br />

Widerstände. Für viele war es schwer nachzuvollziehen,<br />

warum <strong>Heidelberg</strong> noch eine fünfte<br />

Privatschule brauchte. Die Stadt bot uns verschiedene<br />

Räumlichkeiten an, unter anderem den Karlstorbahnhof,<br />

der dam<strong>als</strong> in einem Zustand war,<br />

dass wir uns schwer vorstellen konnten, dort zu<br />

unterrichten. Mit viel Diplomatie lehnten wir <strong>als</strong>o<br />

ab. Schließlich ergab sich die Möglichkeit, Räume<br />

in der Landhausschule in der Blumenstraße zu<br />

nutzen. Die Eröffnungsfeier fand in einem Saal in<br />

der Christuskirche statt mit rund 55 Erst- und<br />

Zweitklässlern. Im zweiten Jahr kam dann eine<br />

dritte Klasse dazu, die wir in den Räumen einer<br />

stillgelegten Bäckerei unterbringen konnten. Für die<br />

dritte Klasse hatten wir bereits 108 Anmeldungen<br />

aus denen 38 Kinder aufgenommen wurden.<br />

Anfänge An Anfä fä fäng ng n e 33 3<br />

Wie kamen Sie dann nach Wieblingen?<br />

Kurz darauf bekamen wir von der katholischen Kirchenschaffnei<br />

(Bistum Freiburg) das Gelände in<br />

Wieblingen angeboten – eine Fläche von 3 Hektar.<br />

Es war nun alles möglich. Angefangen haben wir<br />

allerdings mit einer einzigen Baracke. Das war eine<br />

abenteuerliche Geschichte. Ein Vater hatte in der<br />

Zeitung gelesen, dass die Firma Teroson eine<br />

Baracke verkauft – allerdings mit der Aufl age, dass<br />

innerhalb von kürzester Zeit die ganze Baracke –<br />

das waren immerhin 700 Quadratmeter Fläche –<br />

abgebaut werden musste. Geld hatten wir eigentlich<br />

auch nicht genügend. In einem enormen<br />

Kraftakt haben wir es dann doch geschafft. Jedes<br />

Wochenende war Bauwochenende von 7 bis 22 Uhr.<br />

Wir haben die Baracke dann geteilt und einen<br />

Zwischenbau für das Lehrerzimmer eingezogen.<br />

Dafür hat jedes Schulkind einen Backstein eingesetzt.<br />

Die Ausgestaltung der Baracke war relativ<br />

einfach. Durch gestalterische Elemente in Holz<br />

und mit Farbe bekam sie eine ansprechende, gute<br />

Atmosphäre. Dies war einer <strong>Waldorfschule</strong> angemessen.<br />

Als wir Anfang 1984 mit dem Unterricht<br />

in Wieblingen begannen, waren damit die Kräfte<br />

erst einmal erschöpft.<br />

Waren Sie in der Stadt dann schnell etabliert?<br />

Ja, wir hatten in den ersten Jahren enormen Zulauf.<br />

Wir haben nach wie vor Vortragsreihen auch<br />

in der Schule angeboten. Wir gingen dann recht<br />

bald an den zweiten Bauabschnitt und begannen,<br />

das ganze Gelände einzuplanen. Die Frage war:<br />

„Wie ist es eigentlich für die Kinder, wenn wir einen<br />

großen Block auf das Gelände setzen“, und so<br />

haben wir nach anderen Modellen gesucht, damit<br />

die Kinder sich nicht verloren fühlen. Daraus wurde


34<br />

Anfänge<br />

Frau Sauer 1. Bauabschnitt 1983 2. Bauabschnitt 1984/85<br />

die Idee mit den Schulinnenhöfen geboren.<br />

Der Aufbau des zweiten und dritten Bauabschnitts<br />

war schon eine ganz große Sache. Im<br />

Lauf von zehn Jahren haben wir über das Oberschulamt<br />

Karlsruhe dreieinhalb Millionen Mark<br />

bekommen. Eine Zeit lang gab es auch das so genannte<br />

Waldorfsparen. Zusätzlich ist sehr viel an<br />

Eigenleistung eingefl ossen. Die ganze Verwandtschaft<br />

und der gesamte Freundeskreis wurde<br />

mobilisiert, um notwendige Gelder aufzubringen.<br />

Wie immer in Aufbauphasen gab es einen<br />

starken Zusammenhalt zwischen allen Beteiligten.<br />

Spätestens mit der Einführung der Oberstufe<br />

waren jedoch andere Strukturen gefragt.<br />

Die Zuständigkeiten haben sich zwangsläufi g im<br />

Laufe der Zeit weiter aufgegliedert. Abgeschlossen<br />

ist so ein Projekt ja nie, das wissen Sie aus<br />

eigener Erfahrung.<br />

Sie selber haben eine <strong>Waldorfschule</strong> besucht. Was<br />

hat Ihnen die Schule mitgegeben für Ihr Leben?<br />

Die Selbständigkeit ist stark geweckt worden und<br />

der Mut, etwas zu beginnen. Gleichzeitig sah der<br />

Unterrichtsplan schon auch sehr praktische Anregungen<br />

vor. So wurden an der <strong>Waldorfschule</strong> von<br />

jeher Fähigkeiten eingeübt, die für einen erfolgreichen<br />

Start in den Beruf notwendig sind. Vor<br />

allem aber habe ich gelernt, meine schöpferische<br />

Seite zu erfassen. Das halte ich für sehr wertvoll.<br />

Man kann sich fragen, wo sind denn heute eigentlich<br />

unsere genialen Leute in der Gesellschaft.<br />

Warum kommen die nicht so durch? Ich denke, in<br />

der heutigen Gesellschaft üben wir uns immer<br />

noch zu sehr in einer rein kognitiven Förderung<br />

unserer Kinder, es wird weniger ihre Kreativität<br />

und ihr Gestaltungswille geweckt.<br />

Das Gespräch führte Annette Wallmeyer.


3. Bauabschnitt 1986<br />

3. Bauabschnitt 1986<br />

4. Bauabschnitt 1991/92<br />

Oberstufen- und<br />

Mensagebäude 2004<br />

Anfänge 35


36<br />

Anfänge<br />

Schulgeschichte<br />

... im Zeitraffer<br />

5<br />

… erste Bauvisionen und Raumpläne<br />

erarbeitet, ein erster Neubauschnitt<br />

entsteht: die „Kathedrale“, neue<br />

Lehrer eingestellt, neue Kinder auf -<br />

genommen, Schule gehalten. Weitere<br />

Bauabschnitte entstehen: Haupthaus,<br />

„Dreierhaus“, Turnhalle und<br />

Oberstufenhaus. Damit ist erst mal<br />

das Bauen zu Ende. Alle Sorgfalt galt<br />

der Oberstufe, die aufgebaut und<br />

gestaltet wird.<br />

6<br />

… die Schule ist nach zehn Jahren<br />

vollständig mit 13 Klassen, erste<br />

Abi tur prüfungen, die Pionierphase<br />

ist abgeschlossen.<br />

4<br />

… weitere Sondierungen und Gespräche<br />

vorgenommen, das Gelände<br />

am Mittelgewannweg 16 auf 99 Jahre<br />

angepachtet, und zwei gespendete<br />

bauten an einem anderen Ort abgebaut,<br />

transportiert und in kürzester<br />

Zeit wieder aufgebaut. Die Schule zog<br />

in die Pavillons um. Sie bieten Platz<br />

für 6 Klassenräume.<br />

1985<br />

7<br />

… ein Kindergarten entsteht auf<br />

dem Schulgelände (1996), jetzt folgen<br />

innerer Umbau und Weiterentwicklung.<br />

Vor


3<br />

…. verschiedene Gebäude in <strong>Heidelberg</strong><br />

gesucht, mit der Stadt verhandelt,<br />

die Schule in der Blumenstraße<br />

in <strong>Heidelberg</strong> mit 52 Kindern in zwei<br />

Klassen und 6 Lehrern pünktlich zum<br />

Schuljahresbeginn 1982/83 eröffnet.<br />

Zwei Klassenräume, ein Hinterhof<br />

und eine ehemalige Bäckerei sind<br />

die erste Hülle der neuen Schule.<br />

25 und mehr Jahren …<br />

da wurden …<br />

8<br />

… die Ursprungs-Pavillons werden<br />

durch ein neues Werkhaus ersetzt<br />

(2003), die neue Schulmensa wird<br />

ge baut (2004) und nimmt Küche<br />

und neue Klassenräume auf, der<br />

Gartenbau-Unterricht erhält einen<br />

Stallbau für Tiere und Unterricht,<br />

die neue Ganztagesschule wird<br />

gegründet (2005).<br />

1<br />

… ein erster Waldorfkindergarten<br />

in <strong>Heidelberg</strong> eröffnet (1978), wurde<br />

der Waldorfschulverein <strong>Heidelberg</strong><br />

gegründet (1980), und nahm ein<br />

initiativer und reger Vorstand die<br />

Arbeit auf …<br />

2<br />

… Ulrich Meißner <strong>als</strong> Gründungslehrer<br />

gefunden, wurde das Anfangskollegium<br />

zusammengestellt:<br />

Marianne Vogt, Ute Kracht, Hermann<br />

Höffl in, Jürgen Paul, Elisabeth Paul,<br />

Carola Schwarte-Krämer, Christa King<br />

und Dorothea Berthold.<br />

Anfänge 37<br />

… und jetzt das 25-jährige Jubiläum.


38<br />

Leben und Lernen<br />

Die runde Ecke<br />

Warum die <strong>Freie</strong> <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong> gut für mich war<br />

Diesen Sommer ging meine Schulzeit an der <strong>Freie</strong>n<br />

<strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong> zu Ende – mit einem<br />

sehr guten Abitur. Doch den Erfolg oder Misserfolg<br />

von 13 Jahren aufgrund einer Zahl bewerten<br />

zu wollen, würde weder dem Bildungsauftrag<br />

einer Schule gerecht, noch berücksichtigte ein<br />

solcher Bewertungsversuch, dass die Schule<br />

Menschen auch und vor allem im Umgang miteinander,<br />

<strong>als</strong>o im Bereich sozialer Kompetenzen,<br />

auf ein friedliches und rücksichtsvolles Leben in<br />

Gesellschaft und Umwelt vorbereiten soll. Deshalb<br />

arbeiten ja an einer Schule keine Wissenschaftler,<br />

sondern Pädagogen. Oder mit den Worten,<br />

die Goethe in seinem „Faust“ einem Schüler<br />

in den Mund legt, überspitzt ausgedrückt: „Denn<br />

was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost<br />

nachhause tragen.“ – oder zur ZVS.<br />

Um wirklich herauszufi nden, was mir die Schulzeit<br />

gebracht hat, ist es interessant und notwendig,<br />

die Ausgangssituation zu betrachten, in der<br />

ich mich befand, <strong>als</strong> ich eingeschult wurde. Ich interessierte<br />

mich schon früh für dieses und jenes,<br />

für die Natur und ihre Gesetze, für Technik. Als andere<br />

Kinder Karl May und Enid Blyton verschlangen,<br />

vertiefte ich mich in meinen nagelneuen<br />

Dumont-Atlas, und eines Tages entdeckte ich auch<br />

das Fremdwörterlexikon <strong>als</strong> Bettlektüre.<br />

Andererseits malte ich nicht besonders gerne Bilder,<br />

und wenn ich es tat, so hatten meine gemalten<br />

Menschen eigentlich nie Arme! Hier lässt sich<br />

eine geradezu krasse Einseitigkeit erkennen. Oder<br />

eine besondere Begabung? Talent? Hätte man<br />

mich nicht lieber auf eine Staatsschule schicken<br />

sollen? Ich hätte sicher noch deutlich mehr Wis-<br />

sen anhäufen können. Doch Wissen ist, wie schon<br />

gesagt, nur die halbe Miete.<br />

Besonders die Erfahrungen sind wichtig, und die<br />

habe ich in besonderem Maße dem Waldorf-<br />

system zu verdanken. Andere Schüler wissen wie<br />

man ein Haus baut, kennen vielleicht sogar die<br />

chemischen Vorgänge beim Festwerden von Zement.<br />

Ich jedoch habe ein Haus mitgebaut, gezimmert,<br />

Richtfest gefeiert und ein Dach gedeckt.<br />

Gerade diese praktischen Erfahrungen bleiben,<br />

selbst wenn man keine einzige Formel der Physik<br />

mehr im Kopf hat. Und nicht nur ein Haus haben<br />

wir gebaut, wir haben einen Acker gepfl ügt, gesät<br />

und geerntet, Gemüse gezogen, wir haben Küs-<br />

tenschutz auf Langeoog betrieben, in Tschechien<br />

einen noch unvermessenen Waldweg vermessen<br />

und kartiert. Auch wenn’s mal kalt wird und die<br />

Chinesen beim Nähen schlapp machen – kein<br />

Problem für einen Waldorfschüler, denn Stricken<br />

ist wie Fahrradfahren, das verlernt man nicht<br />

mehr.<br />

Und dann kommt noch die Kunst hinzu: Plastizieren,<br />

Malen, Steinhauen, Musizieren, Theater spielen.<br />

All dies ist viel beständiger <strong>als</strong> bloßes, ja in der<br />

Luft hängendes Wissen. Und hinzu kommen die<br />

„Nebenwirkungen“ – rhetorische Fähigkeiten zum<br />

Beispiel, die sicher zu großen Teilen aus dem Theaterspielen,<br />

aber auch aus anderen Präsentationen<br />

erwachsen sind. Außerdem sind auch die intellektuellen<br />

und fremdsprachlichen Fähigkeiten nicht<br />

etwa, wie die lange Liste von Praktischem vermuten<br />

lassen könnte, zu kurz gekommen.


So fühle ich mich bestens gerüstet<br />

für die vielen Herausforderungen,<br />

die da kommen mögen,<br />

und die einseitige Betonung der<br />

intellektuellen, kopfbetonten<br />

Fähigkeiten ist, zumindest ein<br />

Stück weit, ausgeglichen.<br />

Ich wünsche mir, dass diese<br />

Schule, die dieses Jahr ihr 25-jähriges<br />

Bestehen feiert, sich beständig<br />

weiterentwickelnd noch<br />

vielen Generationen von Schülern<br />

zur Verfügung steht!<br />

Christian Majenz<br />

Abiturient des Jahrgangs 2007<br />

Leben und Lernen 39


40<br />

Leben und Lernen<br />

Offen und lernfähig<br />

Hochs und Tiefs einer Schulzeit<br />

Zu meiner Schulzeit kann ich sagen, dass sie mit<br />

all ihren Hoch- und Tiefpunkten für mich sowohl<br />

körperlich <strong>als</strong> auch geistig sehr lehrreich war. Und<br />

das trotz der auf der <strong>Waldorfschule</strong> genauso vertretenen<br />

Einstellung, nicht gerne zur Schule zu<br />

gehen. So gut es mir auch gefi el, vor allem mit<br />

dem sonst nur bei <strong>Waldorfschule</strong>n vertretenen<br />

großangelegten parkartigen Gelände, muss ich<br />

sagen, das ein Wechsel für mich nicht nur aus<br />

positiven Gründen nicht in Frage kam. Aufgrund<br />

anderer Lehrplaneinteilungen hätte ich auf einer<br />

anderen Schule erst Mal ein Jahr wiederholen<br />

müssen. Dies heißt natürlich nicht, dass man<br />

auf der <strong>Waldorfschule</strong> hinterherhinkt, immerhin<br />

konnte ich ebenso wie Schüler von anderen Schulen,<br />

nach 13 Jahren Schule mein Abitur machen.<br />

Skulpturen der Fachhochschulreifegruppe 2007/08<br />

Von Vorteil fi nde ich jetzt im Nachhinein z.B. , dass<br />

einem der Fremdsprachenunterricht schon ab der<br />

ersten Klasse nahegeführt wird, da man <strong>als</strong> Kind<br />

ja wesentlich offener und lernfähiger gegenüber<br />

anderen Sprachen ist, deswegen aber auch wichtig,<br />

dass dies in den ersten Jahren mehr spielerisch<br />

geschieht. An der <strong>Waldorfschule</strong> ist man stets<br />

dazu aufgefordert, das Lernen etwas selbstständiger<br />

zu tun und nicht durch den ständigen Notendruck<br />

und dass man sitzenbleiben könnte.<br />

Letzteres zeigt ganz deutlich einen Vorteil der<br />

<strong>Waldorfschule</strong>: dadurch, dass man nicht sitzenbleiben<br />

kann, bleibt man in einer Klassenge-<br />

meinschaft und damit auch unter Gleichaltrigen,<br />

was sich bewiesenermaßen positiv auf das Lern-<br />

verhalten auswirkt. Meiner Meinung nach ein<br />

Aspekt der Erziehung zum vergleichsweise sozialeren<br />

Menschen. Was natürlich nicht gewisse<br />

Rangeleien untereinander ausschloss, bis hin zum<br />

Alle-gegen-Einen...<br />

Aber auch, dass sehr viel Wert auf künstlerische<br />

Fähigkeiten und damit auf Kreativität gelegt wird,<br />

war sehr positiv für mich. Das ging von künstlerischer<br />

Gestaltung mit verschiedenen Materialien,<br />

über Zeichnen, Musik, bis hin zur <strong>als</strong> sehr kritisch<br />

gesehenen Eurythmie, deren Sinn für mich darin<br />

Bestand, ebenso wie der Sport, körperliche Entspannung<br />

zwischen der geistigen Arbeit zu fi nden,<br />

sei es nun Mathematik oder Deutsch. Ob dies<br />

dann letztendlich auch der Fall war, kam auf den<br />

unterrichtenden Lehrer an.<br />

Ein ebenso großer Kritikpunkt, wie der Lehrplan<br />

sind auch die Noten, die eigentlich in der <strong>Waldorfschule</strong><br />

nicht vorgesehen sind, weil man z.B. den<br />

Notendruck vermeiden möchte, die aber trotzdem


Leben und Lernen 41<br />

früher oder später zum Einsatz kommen – meistens<br />

in der Oberstufe. Dies fand ich persönlich am<br />

sinnvollsten. Klar, man konnte sich so vorher nicht<br />

mit anderen Schulen vergleichen, da man ein<br />

Textzeugnis bekam. Aber da die Noten sowieso<br />

nicht in den Abschluss miteinfl ießen und nur die<br />

Prüfungsnote zählt, ist das eigentlich nicht sonderlich<br />

tragisch.<br />

Aus der Waldorfschulzeit kann man auf jeden Fall<br />

eine starke Eigenständigkeit und Kreativität mitnehmen,<br />

ein selbstbewusstes Denken und soziale<br />

Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Auf<br />

den Einen trifft davon vielleicht das eine mehr zu<br />

und das andere weniger, bei einem Anderen ist es<br />

dafür umgekehrt, ebenso wie bei mir. Da mein<br />

Freundeskreis hauptsächlich auf andere Schulen<br />

ging, habe ich durchaus einiges von anderen<br />

Schulen mitbekommen und würde jetzt im Nachhinein<br />

durchaus behaupten, dass ich die Prägung<br />

in oben genannten Eigenschaften auf einer Nicht-<br />

<strong>Waldorfschule</strong> wahrscheinlich nicht in dem Sinne<br />

erhalten hätte.<br />

Johannes Steudle<br />

Abiturient des Jahrgangs 2007


42<br />

Leben und Lernen<br />

Wege zum Bildungsglück<br />

Bewegung, christliche Spiritualität und Lebenstüchtigkeit <strong>als</strong> Eckpfeiler gelungener Erziehung<br />

Frühling ließ der Blüten Düfte wieder streifen<br />

durch die Lüfte, <strong>als</strong> sich Eltern und Lehrer zur pädagogischen<br />

Arbeit an unserer Schule trafen. Just<br />

am Vortage der Walpurgisnacht, die bereits Heinrich<br />

Faust inspirierte, den wahrscheinlich berühmtesten<br />

Kritiker des deutschen Bildungssystems.<br />

Habe nun, lamentiert jener, Philosophie,<br />

Juristerei und Medizin, und leider auch Theologie<br />

durchaus studiert, mit heißem Bemühn. Und doch<br />

fühlt sich der Gelehrte schon dam<strong>als</strong> wie ein<br />

Schüler nach den Sommerferien, „Da steh’ ich nun,<br />

ich armer Tor, Und bin so klug <strong>als</strong> wie zuvor!“<br />

Grund genug, sagten wir uns, die ewige Misere<br />

nun endlich einmal ordentlich zu hinterfragen<br />

und Lösungen zu erarbeiten, damit künftige Generationen<br />

ihr Leben besser meistern können, <strong>als</strong><br />

der verschrobene Privatgelehrte, den eine allzu<br />

kognitive Erziehung bekanntlich nur ungenügend<br />

auf die sozialen Fährnisse des Lebens vorbereitet<br />

hatte (1) .<br />

Dabei beschäftigte uns die Frage, welche Fähigkeiten,<br />

Kenntnisse, Qualitäten ein Waldorfschüler<br />

nach zwölf Jahren Schulbesuch eigentlich erworben<br />

haben sollte? Anstöße lieferten uns dabei zunächst<br />

die medialen Denker Dietrich Schwanitz<br />

und Ernst-Peter Fischer. Während Schwanitz im<br />

klassisch geisteswissenschaftlichen Kanon singt (2) ,<br />

erweitert Fischer diese Vorstellung von Bildung in<br />

den Bereich der Naturwissenschaften hinein (3) .<br />

Beide bleiben mit ihrem Bildungsbegriff im Bereich<br />

der kognitiven Rezeption. Das heißt, alleine<br />

die Lektüre des Faust ist, nach Schwanitz, Bildung.<br />

Der Entwurf eines eigenen Dramas oder Gedichtes,<br />

mit allen damit verbundenen Entwicklungsmöglichkeiten,<br />

jedoch nicht. Selbst wenn<br />

davor der Faust gelesen wurde. Ein derart beschränkter<br />

Bildungsbegriff eignet sich zwar zur<br />

Lektüre in Stadtbahnen, nicht aber für eine Schule,<br />

die menschliche Fähigkeiten entwickeln sollte.<br />

Der Blick auf Hartmut von Hentigs Essay zur Bildung<br />

(4) führte uns in eine weitere und freundlichere<br />

Landschaft. Hentig entwickelte darin sechs<br />

Kriterien. Zuerst die Abscheu und Abwehr von Unmenschlichkeit,<br />

dann die Wahrnehmung von<br />

Glück, die Fähigkeit und den Willen, sich zu verständigen,<br />

das Bewusstsein von der Geschichtlichkeit<br />

der eigenen Existenz, die Wachheit für<br />

Foto: Günter Vahlkampf


letzte Fragen, sowie die Bereitschaft zur Selbstverantwortung<br />

und zur Verantwortung im Gemeinwesen.<br />

Diese Gesichtspunkte ließen sich für uns<br />

relativ exakt mit dem Konzept einer <strong>Waldorfschule</strong><br />

vereinbaren (5) . Allerdings spazierte, wie so oft,<br />

die Frage nach der konkreten Umsetzung durch<br />

den Raum. Hier galt es einerseits den Rekurs auf<br />

lieb gewordene Traditionen (Klassenspiel, Praktika,<br />

Epochenunterricht usf.) zu vermeiden. Andererseits<br />

musste auch das allzu aufwändige Verschrauben<br />

scheinbar innovativer Konzepte, wie<br />

der Bau von Solaranlagen, vermieden werden. Was<br />

Leben und Lernen 43<br />

wurde <strong>als</strong>o, über bereits Bestehendes hinaus, noch<br />

<strong>als</strong> wünschenswert erkannt? Wo wurde ein Entwicklungsbedarf<br />

ausgemacht? Im Gespräch wurden<br />

dabei drei Schwerpunkte gesehen: Bewegung,<br />

christliche Spiritualität und Lebenstüchtigkeit.<br />

Letzteres wird natürlich nicht durch Zahlen im<br />

Abiturzeugnis wiedergegeben, sondern entspricht<br />

der Fähigkeit, sein Leben glücklich zu meistern.<br />

Dabei wurden neben den ohnehin im Waldorfunterricht<br />

angelegten Fähigkeiten weitere,<br />

grundsätzliche Fertigkeiten und Kenntnisse gefordert.<br />

Beispielsweise gesunde Ernährung und die<br />

damit verbundenen Kochkenntnisse. So wurde<br />

eben nicht nur die gesunde Kost in der Mensa <strong>als</strong><br />

kräftige Zutat einer guten Schule gewürdigt, sondern<br />

auch angemahnt, dass Schüler wenigstens<br />

in Kochkursen, wie schon in den Projekttagen<br />

punktuell geschehen, hauswirtschaftliche Fähigkeiten<br />

anlegen sollten.<br />

Soziale Fähigkeiten (hier: das passende Auftreten<br />

am richtigen Ort), elementare medizinische<br />

Kenntnisse (<strong>als</strong>o nicht nur die schnellen Handgriffe<br />

der Ersten Hilfe), eine juristische und fi nanzielle<br />

Basisbildung (Mietrecht, Arbeitsrecht etc.)<br />

gehören sicher auch in den Bereich der life skills.<br />

Ansätze dazu sind im wirtschaftlichen Bereich bereits<br />

an unserer Schule vorhanden. „Profi “, eine<br />

Firma, die von Schülern geführt wird, vertreibt<br />

nicht nur Schulmaterial, sondern legt auch praktische<br />

Fähigkeiten an, die bei einer späteren Unternehmensgründung<br />

hilfreich sein könnten (6) .<br />

Wünschenswert wäre es hier, gerade auch im<br />

juristischen Bereich, ähnliche Möglichkeiten zu<br />

schaffen.


44<br />

Leben und Lernen<br />

Als relevant erschien auch die überlegte Studien-<br />

oder Berufswahl. Nicht jeder Schüler zeigt sich fähig,<br />

die Fach- oder Berufswahl nach rationalen<br />

Kriterien vorzunehmen und bricht stattdessen die<br />

Ausbildung ab. Wie viele in Frustration vergeudete<br />

Monate oder Jahre könnten auf diese Weise einem<br />

erfüllten Studium, einer fruchtbaren Tätigkeit gewidmet<br />

werden? In Zeiten starker Konkurrenz auf<br />

dem Arbeitsmarkt erweist sich darüber hinaus die<br />

größtmögliche Unterstützung der Schüler im Bewerbungsprozess<br />

<strong>als</strong> angebracht, wie dies antizipierend<br />

im Berufspraktikum der 10. Klasse geschieht.<br />

So ist gerade dieses Praktikum nicht nur der Ausbildung<br />

berufsspezifi scher Fähigkeiten gewidmet.<br />

Die materielle Dokumentation vollbrachter Taten<br />

stellt eine Einführung in die Portfolioarbeit dar (7) .<br />

Diese Technik der Leistungsdarstellung hilft jedoch<br />

auch, mögliche Spezialisierungen frühzeitig<br />

zu refl ektieren und könnte später <strong>als</strong> Eintrittskarte<br />

zum Studium genutzt werden, wie das an<br />

Kunstakademien bereits geschieht. Der Versuch<br />

einer täglichen, objektiven Selbsteinschätzung eigener,<br />

differenzierter Fähigkeiten bedeutet darüber<br />

hinaus einen wichtigen Schritt auf der Entwicklung<br />

zu echter Selbständigkeit.<br />

Ebenfalls wurde angeregt, weitere, bestehende<br />

Praktika auszubauen (8) . Dies könnte vor Ort in <strong>Heidelberg</strong><br />

geschehen, aber auch mit einer weiteren<br />

Reise verbunden werden. So wäre es wohl möglich,<br />

das schon bestehende Sozialpraktikum der 11.<br />

Klasse in Russland zu verlängern, und daran anschließend<br />

eine Reise durch den asiatischen Teil<br />

Russlands, die Mongolei und China durchführen.<br />

Bereits das Sozialpraktikum in Russland könnte<br />

<strong>als</strong> Resilienzübung (9) bezeichnet werden; eine längere<br />

Reise ohne Sternekomfort kann dagegen<br />

zum Initiationserlebnis werden (10) .<br />

Bewegung muss freilich nicht immer großräumig<br />

verlaufen. Werkunterricht, Gartenbau, aber auch<br />

die Eurythmie und der Sport stärken die Grundlage<br />

für das leibliche Ich. Und gerade in diesen Bereichen<br />

kann auch das soziale Element in besonders<br />

feiner Weise entwickelt werden, leichter <strong>als</strong><br />

beim Berechnen von Differentialen, oder beim


Eintrommeln von Russischvokabeln. Aus diesem<br />

Grunde war es wichtig, bei der baulichen Schulentwicklung<br />

Freiräume für die gemeinsame, soziale<br />

Bewegung einzuplanen. Eng an diesen Gedanken<br />

orientiert wurden von den Architekten Schäfer<br />

und Loebner großzügige Sportanlagen für das<br />

Schulgelände entworfen, die genau diese Belange<br />

berücksichtigen.<br />

Selbstverständlich in allen Bereichen des Schulwesens<br />

sollte christliche Spiritualität gelebt werden.<br />

Dabei darf das Christliche nicht im Munde<br />

geführt werden, sondern sollte <strong>als</strong> Haltung vielmehr<br />

den Blick der Lehrer auf das zur Entwicklung<br />

Drängende schärfen, um in einer positiven und<br />

wertschätzenden Atmosphäre individuell richtige<br />

und gute Entscheidungen zu treffen. Reiner Formalismus<br />

(d.h. die Beschränkung alleine auf eine<br />

Art von christlichem, möglicherweise benotetem<br />

Religionsunterricht) führt genau in diesem Bereich<br />

in eine Sackgasse.<br />

Andere wichtige Religionen werden daher auch<br />

nicht ignoriert, wie dies beispielsweise an manchen<br />

konfessionellen Schulen geschehen kann. Im<br />

Gegensatz auch zum positivistischen Laizismus<br />

staatlicher Schulen sollte die Gestaltung des<br />

Unterrichts mit Offenheit betrachtet werden (11) .<br />

Offenheit gegenüber den Lehrenden, aber auch<br />

Offenheit in der Lehre selbst ermöglichen wiederum<br />

ein pädagogisch wirksames Mittel, um das<br />

Abgleiten in die engen Winkel des Sektierertums<br />

zu verhindern. Das ritualisierte Feiern der Feste<br />

im Jahreslauf (Michaeli, Johanni, die Weihnachtsspiele)<br />

fördert nicht nur eine feine Form des Gemeinschaftssinnes,<br />

sondern stärkt durch Wiederholung<br />

auch die Erinnerungen (12) .<br />

Neben diesen inhaltlichen Aspekten wurden interessanterweise<br />

auch allgemeinere Wünsche arti-<br />

Leben Le Lebe be ben n un uund d Le Lern Lernen rn rnen en 45<br />

kuliert. Die Lehrer sollten mehr wagen, hieß es auf<br />

Seiten der Eltern. Von den Lehrern wurde dagegen<br />

für die Schulgemeinschaft mehr Realitätsnähe,<br />

ein stärker ausgeprägter Sinn für das tatsächlich<br />

Machbare angemahnt. Es stellte sich dabei rasch<br />

heraus, dass wirklich entscheidende Veränderungen<br />

nicht von einzelnen Schulen durchgeführt<br />

werden können. Eine Anpassung an international<br />

vergleichbare Strukturen, die den Waldorfansatz<br />

rein formal begünstigen würden, geschieht ausserhalb<br />

des Schulzaunes, im politischen Prozess.<br />

Die Abschaffung des Zentralabiturs (13) in Baden-<br />

Württemberg, die Verbesserung der Waldorfl ehrerausbildung<br />

(und folglich die Verbesserung der<br />

Unterrichtsqualität), die Erhöhung der Personalkapazität<br />

mit allen damit verbundenen Vorteilen<br />

(breiteres Fächerspektrum, kleinere Klassen, gezieltere<br />

Förderung) lassen sich nicht einfach durch<br />

Beschluss des Kollegiums oder des Schulträgerorganes<br />

herbeiführen (14) .<br />

Derartige Ziele mögen weit entfernt erscheinen.<br />

Doch jedes gute Buch, das nicht nur gelesen,<br />

sondern auch verstanden wird, jede Skulptur, die<br />

nicht alleine analysiert, sondern schaffend erlebt<br />

ist, jedes Lied, das die Seele in Schwingung versetzt,<br />

bedeutet schon einen weiteren Schritt auf<br />

diesem langen Weg ins Bildungsparadies. Möge<br />

auch diese Festschrift ein kleiner Weiser dazu<br />

sein.<br />

Matthias Fechner


46<br />

Ausblicke<br />

(1)<br />

Damit befi ndet sich Heinrich Faust in einer recht traumatisierten Gesellschaft.<br />

Schule wird in der Belletristik stets negativ dargestellt. Sadistische<br />

Lehrer und brutale Schüler terrorisieren die zumeist empfi<br />

ndsamen Protagonisten, die wenig Erbauliches und noch weniger<br />

echte Bildung in ihr Erwachsenendasein tragen (falls sie die Schule<br />

überleben). Eine knappe Einführung in das Genre des Schulromans<br />

liefert Matthias Luserke, Schule erzählt. Literarische Spiegelbilder im<br />

19. und 20. Jahrhundert (Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht,<br />

1999).<br />

(2)<br />

Dietrich Schwanitz, Bildung. Alles was man wissen muss (Frankfurt<br />

am Main: Eichborn, 1999). Schwanitz erweitert diesen Ansatz allerdings<br />

im zweiten Teil seiner Monographie, wo er auch die Entwicklung<br />

menschlicher Fähigkeiten fordert.<br />

(3)<br />

Ernst Peter Fischer, Die andere Bildung. Was man von den Naturwissenschaften<br />

wissen muss (Berlin: Ullstein,2004).<br />

(4)<br />

Hartmut von Hentig, Bildung. Ein Essay (Weinheim: Beltz, 2004).<br />

(5)<br />

Letztendlich ist jeder Band der Gesamtausgabe der Werke Rudolf<br />

Steiners unterschiedlichsten Bildungsaspekten gewidmet.<br />

(6)<br />

Vgl. dazu ein ähnliches, allerdings zeitlich und formal begrenztes Projekt<br />

(Fahrradverkauf) in Patrick Boneberg, Gymnasiasten managen<br />

erfolgreich ein Fahrradunternehmen, in Magazin Schule Herbst Winter<br />

2007, S. 36/7.<br />

(7)<br />

Das gängigste Konzept der Portfolio-Methode entspricht der Fertigung,<br />

Dokumentation und Präsentation eines häufi g thematisch klar<br />

umrissenen Projektes. Es ist der Jahresarbeit damit nicht unähnlich,<br />

kann allerdings erweitert werden, würde sich dann eher an den Zulassungsmappen<br />

für Kunstakademien orientieren. Vgl. Bochumer<br />

Modell, auf www.rss-bochum.de, sowie das Potsdamer Modell, entwickelt<br />

von Thilo Koch, näher beschrieben in seinem Artikel Abitur<br />

mit Portfolio, in Erziehungskunst 9/2005. Vergleichbare Ansätze vertreten<br />

Thomas Wiedenhorn, Das Portfolio-Konzept in der Sekundarstufe<br />

(Mülheim: Verlag an der Ruhr, 2006), Thomas Häcker, Portfolio,<br />

ein Entwicklungsinstrument für selbstbestimmtes Lernen (Hohengehren:<br />

Schneider, 2007) und Silvia Pfeifer et al., Lernen mit Portfolios.<br />

Neue Wege des selbstgesteuerten Arbeitens in der Schule (Göttingen:<br />

Vandehoeck und Ruprecht, 2007)<br />

(8)<br />

Vgl. dazu auch das Jurasüdfußmodell, wo Waldorfschüler neben dem<br />

Unterricht einige Tage pro Woche in einem Betrieb arbeiten. Genauer<br />

erklärt in Thomas Stöckli/Rudolf Wepfer, Die Schule am Wildbach<br />

(Stuttgart: <strong>Freie</strong>s Geistesleben, 1997). Auch Rüdiger Ivan möchte das<br />

„Erfolgsmodell <strong>Waldorfschule</strong>“ mit Werkzeug aus der Portfoliomappe<br />

renovieren. Vgl. Rüdiger Iwan, Die Neue <strong>Waldorfschule</strong>. Ein Erfolgsmodell<br />

wird renoviert (Reinbek: Rowohlt, 2007). Ein verwandter, allerdings<br />

eher theoretischer Ansatz fi ndet sich bei Hentig, Bewährung.<br />

Von der nützlichen Erfahrung, nützlich zu sein (München/Wien: Hanser,<br />

2006).<br />

(9)<br />

Wissenschaftlichere Ansätze zeigen Gunther Opp (Hrsg.), Was Kinder<br />

stärkt. Erziehung zwischen Risiko und Resilienz (München: Ernst<br />

Reinhardt Verlag, 2007) und Rosemarie Welter-Enderlin (Hrsg.), Resilienz<br />

- Gedeihen trotz widriger Umstände (<strong>Heidelberg</strong>: Carl Auer,<br />

2006).<br />

(10)<br />

Als ein Beispiel mag hier nur die Reise ehemaliger <strong>Heidelberg</strong>er Waldorfschüler<br />

dienen, die mit zwei Enten (Citroen 2CV) nach Sibirien<br />

(und zurück) fuhren. Daniel Demele, Daniel Schmelzer et al., Eine Reise<br />

mit zwei Enten nach Russland, in ka-news, 27.12.2005.<br />

(11)<br />

Manchen mag es überraschen, aber selbst Christus hatte weder das<br />

baden-württembergische Staatsexamen abgelegt, noch besaß er die<br />

deutsche Staatsangehörigkeit. Somit wäre er grundsätzlich formal<br />

nicht qualifi ziert, Religionsunterricht an einer staatlichen Schule zu<br />

erteilen. Ebensowenig wie Mohammed, Buddha oder, noch etwas realistischer,<br />

der Dalai Lama. An <strong>Waldorfschule</strong>n entscheidet dagegen<br />

der Personalkreis bzw. das Kollegium über die Einstellung neuer Religionslehrer.<br />

(12)<br />

Wichtig ist daher eben nicht, dass man die Zeit der Abende um Weihnachten<br />

mit Gebäck, Glühwein, Glöckchengedudel und Geschenken<br />

vertreibt, sondern durch das festliche Miterleben der Geburt Christi<br />

ein Bild in der Seele zeichnet, das in der Wiederholung vertrauter<br />

wird, zu leuchten beginnt und später, viel später sogar die Einsamkeit<br />

kalter und fi nsterer Winternächte mit dem warmen Glanz der Kindheit<br />

zu füllen vermag. Dies ist, wie man häufi g von ehemaligen Waldorfschülern<br />

hört, ein ganz besonderes Geschenk, das manchmal bis<br />

ans Lebensende bewahrt wird.<br />

(13)<br />

Schweden, Belgien und die Vereinigten Staaten führen überhaupt<br />

keine Abschlussprüfungen durch, was in diesen Ländern nicht <strong>als</strong><br />

problematisch empfunden wird. Die punktuelle Prüfungsleistung<br />

wird in den USA und Schweden durch das Sammeln von credit points<br />

ersetzt.<br />

(14)<br />

Ein Gefühl für die Aufgabe verschafft bereits die Tatsache, dass es<br />

selbst einer engagierten Schulreformerin wie Enja Riegel nicht gelungen<br />

ist, in jahrzehntelanger Tätigkeit eine Personalautonomie, die<br />

Abschaffung von, in Hessen allerdings dezentralen, Prüfungen oder<br />

eine echte, im besten Sinne akademische Freiheit der Lehre durchzusetzen.<br />

Vor diesem Hintergrund erscheint Enja Riegels medial inszenierter<br />

Erfolg doch <strong>als</strong> recht bescheiden. Vgl. Riegel, Schule kann gelingen!<br />

Wie unsere Kinder wirklich fürs Leben lernen (Frankfurt a.M.:<br />

Fischer Verlag, 2005) Möglichkeiten, die allgemeine Krise politisch zu<br />

überwinden, zeigt beispielsweise der Unternehmer Götz Werner in<br />

seiner Publikation Ein Grund für die Zukunft: das Grundeinkommen<br />

(Stuttgart: <strong>Freie</strong>s Geistesleben, 2006). Ein Grundeinkommen könnte<br />

das Gehalt von Assistenzlehrern, Bibliothekaren, Sozialarbeitern, Verwaltungsfachleuten<br />

und Lehrern mit geringem Deputat ersetzen. Die<br />

positiven pädagogischen Möglichkeiten auf diesem Gebiet sind leider<br />

noch nicht erforscht.


Ausblicke 47


48<br />

Leben und Lernen<br />

„Religion kann so heilsam sein“<br />

Interview mit Thomas Demele zur christlichen Spiritualität<br />

Thomas Demele ist Pfarrer der Christengemeinschaft und Religionslehrer an der <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong>.<br />

Im Gespräch erklärt er, wie ein gelungenes Miteinander von Religion und Schule aussehen kann.<br />

Religion ist ein Begriff, der sehr unterschiedliche<br />

Gefühle und Erwartungen wachruft. Was heißt Religion<br />

eigentlich in seiner wörtlichen Bedeutung?<br />

Religion heißt wörtlich Wiederverbindung. Gemeint<br />

ist die Wiederverbindung mit dem Göttlichen,<br />

von dem jeder Mensch auf die Welt gesandt<br />

wird. Religion ausüben, heißt diese Wiederverbindung<br />

auch leben.<br />

Religion ausüben: Wie sieht das im Schulalltag<br />

aus?<br />

Wir sprechen vom Christusimpuls, der den Schulalltag<br />

durchdringt: Das heißt nichts anderes, <strong>als</strong><br />

das eine verstehende-liebevolle Grundhaltung unsere<br />

Arbeit bestimmt. Jeder von uns versucht, jedes<br />

Kind in seiner Besonderheit und in seinem individuellen<br />

Schicksal anzunehmen. Andererseits<br />

bemühen wir uns darum, dass, was das Kind an<br />

Liebe und Gottesnähe mitbringt, weiter zu stärken.<br />

Nicht immer erfahren die Kinder diese Liebe <strong>als</strong> etwas<br />

spontan Erfreuliches. Manchmal braucht es<br />

Zeit, zu verstehen, dass auch Strenge im richtigen<br />

Augenblick ein Ausdruck von Liebe sein kann. Weil<br />

sie hilft, zu wachsen. Wichtig ist allerdings, dass<br />

Strenge niem<strong>als</strong> zum Selbstzweck wird.<br />

Diese verstehende, liebevolle Grundhaltung, die<br />

wir den Kindern entgegenbringen, bestimmt auch<br />

den Umgang der Lehrer untereinander. Das gelingt<br />

immer so gut, wie die Menschen es gerade schaffen.<br />

Was die Eltern angeht, die ja auch Teil der<br />

Schulgemeinschaft sind, ist die Begegnung mit<br />

dem Religionsunterricht in der <strong>Waldorfschule</strong> oft<br />

auch eine Begegnung mit der Frage, was es heißt,<br />

christlich zu leben.<br />

Unsere Kinder wachsen in einer Welt auf, die einerseits<br />

mit Religion gebrochen hat und andererseits<br />

religiösen Fanatismus hervorbringt. Wie kann religiöse<br />

Erziehung heute gelingen?<br />

Die Kinder bringen Glauben mit, wenn sie zu uns<br />

kommen. Diesen Glauben stärken wir in ihnen und<br />

wir begleiten sie darin, einen eigenständigen<br />

Glauben zu entwickeln. Gerade die Kleinen haben<br />

eine große Offenheit für Religion. Den Schülern in<br />

der Mittelstufe kann Religionsunterricht mit auf<br />

den Weg geben, Schicksale zu verstehen und das<br />

Christuswirken im Schicksal wahrzunehmen. So<br />

lernen sie, ihren eigenen Weg zu fi nden. In der<br />

Oberstufe lernen die Schüler, Verständnis zu entwickeln<br />

für unterschiedliche Wege und so anderen<br />

Menschen mit Toleranz zu begegnen.<br />

Welche Rolle spielt denn das Beten?<br />

Wir pfl egen das Gebet mit den Kindern. Dann ist<br />

es wichtig, dass auch die Lehrer beten. Das wirkt<br />

sich positiv aus auf ihre pädagogische Arbeit mit<br />

den Kindern.<br />

Was macht beten so kraftvoll?<br />

Zum einen entwickelt es eine innere Haltung der<br />

Dankbarkeit. Im Gebet habe ich außerdem die<br />

Möglichkeit, auch für andere Menschen und für<br />

die Erde etwas zu tun. Es gibt <strong>als</strong>o eine Innen- und<br />

eine Außenwirkung. Es ist gesund, zu beten.


Wird Religion in Zukunft wieder wichtiger werden?<br />

Ja. Es ist eine starke Sehnsucht nach Anbindung<br />

und eine zunehmende Offenheit für religiöse Fragen<br />

spürbar. Sie hilft uns, das, was wir auf der Erde<br />

tun, in Verbindung zu bringen mit dem Geistigen.<br />

Und andererseits unsere eigenen geistigen Ideale<br />

wirklich auf die Erde zu bringen. Überall dort, wo<br />

Religion getan wird, hat das eine positive Wirkung<br />

auf das gesamte Umfeld. So sind beispielsweise die<br />

religiösen Feiern der <strong>Waldorfschule</strong> ein geistiger<br />

Quell für die gesamte Schule, auch wenn nur einige<br />

wenige sie mitfeiern.<br />

Schauen wir über <strong>Heidelberg</strong> hinaus auf die gesamte<br />

Waldorfbewegung? Wie sehen Sie die Rolle<br />

von <strong>Waldorfschule</strong>n auf dem religiös-spirituellen<br />

Leben und Lernen 49<br />

Gebiet? Kann die <strong>Waldorfschule</strong><br />

ein Zukunftsmodell sein?<br />

<strong>Waldorfschule</strong>n sind Orte, wo<br />

sich verschiedene Menschen<br />

begegnen und verstehen lernen<br />

können. Allein von daher<br />

sind sie Orte , die Strahlkraft<br />

entwickeln – auch für ein Verständnis<br />

der Religionen untereinander<br />

und für die Frage,<br />

wo können wir zusammen-<br />

arbeiten. Orte, die angesichts der<br />

Auseinandersetzungen, die heute<br />

an Schulen geführt werden –<br />

nehmen Sie beispielsweise den<br />

Kopftuchstreit – eine wunderbare<br />

Voraussetzung schaffen,<br />

mit solchen Themen besonnen<br />

umzugehen.<br />

Aber auch an den <strong>Waldorfschule</strong>n<br />

ist Religion noch ein<br />

ausbaufähiges Thema. Religion<br />

hilft uns, uns <strong>als</strong> ganze Menschen<br />

mit Leib, Seele und Geist<br />

zu begreifen und zu erleben.<br />

Ich wünsche mir, dass das Bewusstsein,<br />

wie heilsam Religion<br />

wirken kann, weiter wächst!<br />

Das Gespräch führte<br />

Annette Wallmeyer


50<br />

Leben und Lernen<br />

Jahresarbeiten der 8. und 12. Klasse<br />

Individuellen Gestaltungswillen fördern in einer Welt voller Möglichkeiten<br />

Bildbeispiele, Arbeiten der 8. Klasse<br />

Die praktischen Fächer müssen unbedingt in den<br />

Schulunterricht nach der Geschlechtsreife eintreten.<br />

Der Mensch muss den Sinn des modernen<br />

technischen Zeitalters kennen lernen. In der Schule,<br />

nicht in der Fabrik.<br />

Aufzeichnungen Rudolf Steiners auf einem Notizblatt<br />

Nun arbeiten wir nicht mehr alle in der Fabrik.<br />

Und die Technisierung hat für viele den initialen<br />

Schock verloren, den eventuell Steiner und seine<br />

Zeitgenossen empfunden haben mögen, <strong>als</strong> diese<br />

Überlegungen zu Anfang des letzten Jahrhunderts<br />

zu Papier gebracht wurden. Die Frage nach<br />

dem Sinn ist geblieben. Sie ist noch lauter geworden<br />

in den letzten Jahren, in einer Zeit, wo so viele<br />

Wege offen stehen, und sich Dinge in einem rasanten<br />

Tempo verändern.<br />

Was <strong>als</strong>o bleibt? Was können wir Kindern mitgeben?<br />

Mit der Jahresarbeit erproben die Schüler<br />

Fähigkeiten, die Bestand haben: Die Vielfältigkeit<br />

des Gelernten – eventuell auch neue Inhalte –<br />

wird durch selbständiges Erforschen zu einer individuellen<br />

Bildungsgestalt gebracht und öffentlich<br />

dargestellt. Die Jahresarbeit kann <strong>als</strong> Abschlussarbeit<br />

aus einem schriftlichen, einem mündlichen<br />

und einem praktisch-künstlerischen Teil bestehen.<br />

Eigene Forschungsarbeit in Form von exakten<br />

Beobachtungen und Wahrnehmungen, Befragungen,<br />

Versuchen, Gesprächen bildet die Grundlage,<br />

die durch das Literaturstudium und andere<br />

Informationsquellen ergänzt wird. Vom Schüler<br />

wird erwartet, dass er Sachverhalte in ihrem Kern<br />

erkennt, Ursachen und Zusammenhänge auf-<br />

decken kann, und eigenständig Lösungen auf<br />

seine eingangs formulierte Frage fi ndet.<br />

Kurzum – nichts ist so lehrreich wie die eigene Erfahrung.<br />

Sich selbst zu motivieren und zu organisieren<br />

und über einen langen Zeitraum sinnvoll<br />

einzelne Arbeitsschritte zu planen, lässt bei den<br />

Schülern ein tiefes Verständnis heranreifen, was<br />

es heißt, das Leben selbst in die Hand zu nehmen.<br />

Und immer, wenn dies gelingt, stellt sich der Sinn<br />

wie von selbst ein.<br />

Maximilian Wagner „Bau eines Seekajaks“


Frederik Wangelik „Mein eigener Erkundungsroboter“<br />

Leben und Lernen 51


52<br />

Leben und Lernen<br />

Moritz Henkel<br />

„Bau eines Kaufl adens“<br />

Frans Hügel<br />

„Das neue <strong>Heidelberg</strong>-Monopoly“


Colin Märker<br />

„Bau eines Backhäuschens“<br />

Leben und Lernen 53


54<br />

Leben und Lernen<br />

Mehr Raum für Beziehung und Bewegung<br />

Die neu eingerichtete Bas<strong>als</strong>tufe zeigt Erfolg<br />

Grund für die Überlegungen<br />

und die neue Konzipierung der<br />

ersten beiden Schuljahre waren<br />

die Erfahrungen der vergan-<br />

genen Jahre. So war in den Einschulungsuntersuchungen<br />

der<br />

letzten Jahre den beteiligten<br />

Personen eine deutliche Veränderung<br />

der Entwicklungssituationen<br />

der Kinder aufgefallen.<br />

Untermauert wurden die eigenen Beobachtungen<br />

durch Umfragen an den <strong>Waldorfschule</strong>n in<br />

Deutschland, die ähnliche Ergebnisse offenbarten.<br />

Außerdem verändern sich die staatlichen Bestimmungen<br />

zur Einschulung und dem Einschulungsalter<br />

nach der PISA-Studie in immer kürzeren Abständen.<br />

So haben wir uns entschlossen, den Erkenntnissen<br />

und Erfahrungen Rechnung zu tragen, und<br />

den Schultag für die Kinder der ersten und zweiten<br />

Klasse neu zu gestalten. Eine zentrale Rolle<br />

spielt dabei in noch stärkerem Maße <strong>als</strong> bisher<br />

der Klassenlehrer/die Klassenlehrerin. Er begleitet<br />

seine Klasse den gesamten Morgen hindurch. Er<br />

begrüßt sie am Morgen, ist eine halbe Stunde vor<br />

offi ziellem Schulbeginn im Klassenzimmer präsent,<br />

und bleibt präsent, bis die Kinder um 12.15<br />

Uhr die Schule verlassen. Dadurch gibt er den Kindern<br />

den nötigen Halt und ist die feste Bezugsperson,<br />

bzw. Ansprechpartner für alle Sorgen und<br />

Probleme. Außerdem wurde das recht feste und<br />

starre Korsett des Stundenplanes gelockert. Der<br />

Klassenlehrer soll möglichst viele Fachunterrichte<br />

selbst geben und dadurch kann er auf die Erfordernisse<br />

der Klassensituation fl exibel reagieren.<br />

Für die hinzukommenden Fachlehrer gibt es feste<br />

Zeitfenster, die dem Wochenplan Struktur geben.<br />

So kann beispielsweise der Montag der Handarbeitstag<br />

sein.<br />

Ein besonderer Schwerpunkt wird in der ersten<br />

Schulzeit auf die Nachreifung der so genannten<br />

basalen Sinne, <strong>als</strong>o des Lebenssinnes, des Gleichgewichts-,<br />

des Tast- und des Eigenbewegungssinnes<br />

gelegt. Heute weiß man, welch wichtige<br />

Voraussetzung diese Sinne für das Lernen bilden.<br />

Hier fi ndet Lernen nicht nur im Kopf statt, sondern<br />

<strong>als</strong> sinnliches Erfahrungsfeld, wenn z.B. die Buchstaben<br />

geknetet oder aus Teig gebacken werden,<br />

oder wenn die Zahlen auf vielfältige Weise gehüpft,<br />

gelegt, gelaufen, gehört u.v.m. werden.<br />

Es zeigt sich auch, dass das Anknüpfen an die


Kindergartenzeit für die Kinder eine hilfreiche<br />

Stütze ist. Eine sinnvolle Ergänzung unseres Konzeptes<br />

schien uns das Mobiliar des „bewegten<br />

Klassenzimmers“ zu sein. Statt der gewohnten<br />

Tische und Stühle gibt es Bänke, die verschieden<br />

eingesetzt werden können. Sie dienen <strong>als</strong> Sitzbank,<br />

<strong>als</strong> Schreibtisch, aber auch <strong>als</strong> Bauteil oder<br />

Balancierbalken. Sie schaffen Platz im Klassenzimmer<br />

und bieten bessere Wahrnehmungsmöglichkeiten<br />

durch das Arbeiten im Kreis.<br />

Nun ist die Bas<strong>als</strong>tufe im zweiten Jahr und erste<br />

Erfahrungen zeigen, dass für Eltern und Kinder<br />

bestimmte Elemente aus dem Alltag gar nicht<br />

mehr wegzudenken sind. Besonders das Greifen<br />

des gesamten Schultages und das Abrunden des<br />

Morgens mit Besprechung und Erzählen am Ende<br />

des Unterrichtstages durch den Klassenlehrer hat<br />

sich sehr bewährt. Sichtbar wurde aber auch, dass<br />

diese Aufgabe gerade für neue Kolleginnen und<br />

Kollegen eine große Herausforderung und auch<br />

Belastung darstellt. Eine Zweitkraft soll hier im ersten<br />

Jahr Entlastung schaffen. Doch auch erfahrene<br />

Lehrer werden vor die Aufgabe gestellt, sich<br />

Leben und Lernen 55<br />

von liebgewonnenen Gewohnheiten zu verabschieden<br />

und mit einem neuen Griff auf die Bedürfnisse<br />

der Kinder in der Bas<strong>als</strong>tufe einzugehen.<br />

Die Zukunft wird zeigen, ob die veränderte Schuleingangsstufe<br />

mit dem dritten Schuljahr in den<br />

gewohnten Ablauf übergeht, oder ob die Kinder<br />

uns nicht auch weiterhin zum Nachdenken und<br />

Überdenken unserer bestehenden Strukturen anregen.<br />

Sabine Zund


56 5 Leben Le Lebe be b n un und<br />

d Le LLernen rn rnen en e<br />

Kunsttherapie an der Schule<br />

In der Begegnung mit Material, Bild und Farbe unbekannte Ressourcen entdecken<br />

In einer Welt der „emotionalen Kältezonen“ (wie<br />

Henning Köhler die heute oftm<strong>als</strong> vorherrschende<br />

Atmosphäre unserer Gesellschaft beschreibt)<br />

brauchen Kinder verstärkt Menschen,<br />

die sich ihnen mit Wärme, Ruhe und intensivem<br />

Interesse zuwenden. Menschen, die ihnen helfen<br />

wollen, mehr bei sich selbst und bei den anderen<br />

anzukommen, um so ihr eigenes Wesen entdecken,<br />

entfalten und verwirklichen zu können. So<br />

stellte sich die Frage: Brauchen wir neben dem<br />

Lernen und Leben in der Klassengemeinschaft<br />

zusätzliche Beziehungsräume, die eine noch intensivere<br />

Individualförderung möglich machen?<br />

Der neue Kunsttherapieraum will vor allem<br />

eines sein: Ein geschützter und bewertungsfreier<br />

„Wärme-, Beziehungs- und Vertrauensraum“<br />

für jedermann, ein Raum, der Freude und Begegnung,<br />

ein Raum der Entwicklung, des aktiven,<br />

tätigen Interesses, ein Raum, in welchem<br />

seelisches Berührt-werden zugelassen und zaghafte<br />

„Schritte-zu-sich-selbst“ gegangen werden<br />

können. Dabei ist Therapie immer ein Geschenk<br />

des Augenblicks – sie ist das Dritte zwischen Ich<br />

und Du. Das Dritte: das rechte Wort, die richtige<br />

Bewegung, die passende Farbe zur rechten Zeit.<br />

Die eigentliche Therapie und der Ansatzpunkt<br />

für alle wirkungsvollen Maßnahmen basieren<br />

<strong>als</strong>o auf der Beziehung selbst – ganz im Sinne<br />

Christof Wiecherts, Leiter der Pädagogischen<br />

Sektion, Dornach), der seinen Vortrag anlässlich<br />

der Eröffnung unserer Jubiläumsveranstaltungen<br />

am 11. Oktober 2007 in den Satz münden<br />

ließ: „Keine Erziehung ohne Beziehung!“<br />

In der kunsttherapeutischen Begegnung mit<br />

dem Material, dem Bild, dem Wort, dem Anderen<br />

und sich selbst können Kinder, Jugendliche<br />

und Erwachsene schöpferisch-kreative Fähigkeiten<br />

und bisher unbekannte Ressourcen entdecken.<br />

So kann Kunsttherapie nicht nur dem so<br />

genannten „schwierigen Kind“ dazu verhelfen,<br />

Selbstvertrauen zu entwickeln und aus der neu<br />

gewonnenen Stärke erste Schritte der Veränderung<br />

zu gehen, sondern auch bei allen Formen<br />

des „psychischen Ungleichgewichtes“ wie etwa<br />

depressive Verstimmungen, Essstörungen oder<br />

Suchtfragen kann der kunsttherapeutische Prozess<br />

hilfreich sein, ebenso wie in der Auseinandersetzung<br />

mit einem chronischen Krankheitsbild,<br />

wie etwa Rheuma, Asthma u.ä. Und obendrein<br />

darf der Ausdruck der eigenen Kreativität einfach<br />

nur Freude machen!<br />

„In der Kunsttherapie stehen die Bilder <strong>als</strong> Zeichen<br />

für die Welt, in der ein Mensch lebt. Wenn<br />

sich die Bilder verändern, verändert sich auch der<br />

eigene Platz in der Welt.“<br />

Ellen Fischer<br />

(Kunsttherapeutin an der<br />

<strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong>)


Leben Le Lebe be b n un uund d Le LLernen rn rnen en 57 5


58<br />

Leben und Lernen<br />

In der Bewegung<br />

wird der menschliche Wille wirksam<br />

Mit Eurythmie die Verbindung zur Seele stärken und eins sein mit der Welt<br />

Eurythmie ist eine Bewegungskunst, welche<br />

Rudolf Steiner 1912 entwickelte. Sie wurde 1919 <strong>als</strong><br />

zentrales Fach im Lehrplan der ersten <strong>Waldorfschule</strong><br />

aufgenommen. Sowohl der Lehrplan, <strong>als</strong><br />

auch die Art des Unterrichts in den <strong>Waldorfschule</strong>n<br />

fördern die Entwicklung des Kindes und<br />

Jugendlichen darin, ein freier und verantwortungsvoll<br />

handelnder Mensch zu werden.<br />

Welche Aufgabe hat dabei die Eurythmie? In der<br />

Bewegung wird der menschliche Wille wirksam.<br />

Wenn ich etwas will – beispielsweise ein Buch aus<br />

dem Regal nehmen – muss ich mich dabei in Bewegung<br />

setzen, sonst bleibt mein Vorhaben<br />

Wunsch oder Absicht.<br />

Heute ist das Bewegen auf ein Minimum reduziert,<br />

wir verarmen diesbezüglich mit wachsendem<br />

technologischem Fortschritt. Man kann die<br />

Frage haben, welche Folgen und Auswirkungen<br />

abzusehen sind in der Gegenwart und in der Zukunft.<br />

Eine Willensschwäche, ja sogar Willenslähmung<br />

durchzieht mehr und mehr unsere hoch zivilisierte<br />

Welt.<br />

Die Eurythmie ist nicht nur Bewegung, sondern<br />

eine darstellende Kunst. Jede Kunst – im Gegensatz<br />

zum Handwerk – ist zweckfrei; ich kann es<br />

auch lassen. Zum einen heißt das, dass ich dort<br />

noch viel mehr Willen aufbringen muss, um etwas<br />

darzustellen, zu üben oder zum Erklingen zu bringen.<br />

Zum anderen ist diese Kunst materiell nicht<br />

messbar oder greifbar und steht nicht in einem lebensnotwendigen<br />

Verhältnis zum Menschen. Die<br />

Kunst vermittelt Schönheit, mit der sie unsere Seele<br />

nährt. Seelennahrung ist es, was wir heute im<br />

höchsten Maße brauchen! Nicht der Gewinn, der<br />

Erfolg, der Ehrgeiz regen mich in der Eurythmie<br />

zum Bewegen an – kein äußerer Anlass zwingt<br />

mich in der Kunst zum Handeln. Ein Willenseinsatz<br />

aus innerster Seele wird Handlungsimpuls.<br />

Die Elemente der Sprache und Musik – Konsonanten,<br />

Vokale, Takt, Versmaß, Rhythmus, Melos<br />

und vieles mehr – erscheinen durch Eurythmie<br />

<strong>als</strong> sichtbare Sprache und sichtbarer Gesang in


Bewe gungen mit Menschen und in Menschengruppen.<br />

Musik und Sprache sind urmenschliche<br />

Tätigkeiten und tief inner-seelischer Ausdruck,<br />

welcher durch die eurythmische Bewegung in die<br />

Sichtbarkeit übergeführt wird. Bei jedem Zuhören<br />

und selber Sprechen und Singen sind im gesamten<br />

Organismus feine Bewegungen stets vorhanden,<br />

die bestimmten Gesetzmäßigkeiten unterliegen.<br />

Jeder Ton, jeder Laut hat eine andere<br />

Schwingung und somit in der Eurythmie auch<br />

jeweils eine andere Bewegung. Wir greifen mit<br />

unserem physischen Leib etwas auf und setzen es<br />

in der Bewegung, in Zeit und Raum um, was universeller<br />

Herkunft ist, so wie wir letztlich auch.<br />

Leben und Lernen 59<br />

Dieses unbewusste – uns später mehr und mehr<br />

wachbewusste – Erleben “im eurythmischen Bewegen<br />

bin ich authentisch mit mir und der Welt”,<br />

stärkt und kräftig mein Menschsein und selbstverständlich<br />

den Willen, meine Urteilsfähigkeit,<br />

mein Gespür für Wahres. In diesem Sinne ist es<br />

ein zentrales Fach an der <strong>Waldorfschule</strong>, das den<br />

ganzen Menschen berührt, bewegt und erzieht.<br />

Helene Kilders


60 Leben Le L be ben n un uund d Le Lern Lernen rn rnen en<br />

Alles eine Frage der Selbstorganisation<br />

Betriebspraktikum – Hinaustreten aus dem Schutzraum des Schulalltags<br />

Der Nutzen eines Betriebspraktikums lässt sich<br />

doch leicht begründen, sollte man meinen. Angefangen<br />

damit, dass wir „ vom Leben lernen“ bis zu<br />

Fragen der Selbstorganisation „ Wie schaffe ich es,<br />

drei Wochen lang jeden Morgen um 5 Uhr aufzustehen<br />

und dann acht Stunden stehend Bleche in<br />

einer Bäckerei zu säubern“, enthält ein Betriebspraktikum<br />

alles, was einen jungen Menschen zu<br />

einer ersten ernsthaften Begegnung mit der<br />

Arbeitswelt und dem Arbeitsalltag von Erwachsenen<br />

führt. Kein Wunder <strong>als</strong>o, dass diese Praktika<br />

schon lange Bestandteil von Lehrplänen für die<br />

9. und 10. Klasse an Staatsschulen sind. Sie sind<br />

vor allem in der Haupt- und Re<strong>als</strong>chule nicht mehr<br />

wegzudenken, weil hier Schülern, die bald eine<br />

Ausbildung machen oder einen Arbeitsplatz<br />

suchen, Möglichkeiten der Information und<br />

Praxiserprobung geboten werden.<br />

All das gilt natürlich auch für Waldorfschüler.<br />

Auch sie werden bald oder doch in absehbarer<br />

Zeit Auszubildende sein, auch in einigen von ihnen<br />

leben Fragen danach, welchen Beruf, ja welche<br />

Berufsrichtung für sie wohl die richtige sei.<br />

Einige machen sich darüber Gedanken schon in<br />

der 9., öfter in der 10. Klasse, beispielsweise wenn<br />

Fragen nach Haupt- oder Re<strong>als</strong>chulabschluss<br />

Schüler und Eltern bewegen. Für viele unserer<br />

Schüler aber ist durch die zwölfjährige Waldorfschulzeit<br />

diese Frage noch lange nicht auf der Tagesordnung<br />

und die Auseinandersetzung mit<br />

Ausbildung, Beruf, Arbeitswelt, Leistung und Motivation<br />

in Hinblick auf einen bestimmten Abschluss<br />

noch völlig zweitrangig. Das ist gut so,<br />

könnte man sagen, denn die Schüler sollen noch<br />

frei von Einschränkung lernen und im geschützten<br />

Rahmen der Schule Bildung und ihrer Entwicklung<br />

angemessenes und förderliches Wissen erwerben.<br />

Warum <strong>als</strong>o Schulzeit opfern für eine Zeit im Betrieb,<br />

in der Schüler nur die Einschränkungen und<br />

Verengungen des spezialisierten Arbeitsvorgangs<br />

erleben, Pseudoalltagserfahrungen machen und<br />

dann ins sichere Nest (hinter die Schulbank) zurückkehren?<br />

Was kann ein Betriebspraktikum über<br />

dieses Hineinschnuppern hinaus leisten? Warum<br />

ist es gerade in der 9. Klasse, besser 10. Klasse ein<br />

großer Gewinn, der weit über die üblichen positiven<br />

Aspekte des Kennenlernens von Arbeitswelt<br />

hinausgeht?<br />

Das Hinaustreten aus dem Schutzraum des Schulalltages,<br />

das Abstreifen des Gewohnten im Tagesablauf,<br />

im Verhalten in der Gemeinschaft und das<br />

sich Bewähren in einer neuen Kommunikationssituation<br />

über einen Zeitraum von mehreren<br />

Wochen stellt in diesem Alter für manchen eine<br />

große Herausforderung dar.<br />

„Werde ich den Anforderungen gerecht werden?<br />

Nehmen mich die Kollegen freundlich auf? Werde<br />

ich mich zurechtfi nden? Werde ich pünktlich sein<br />

können? Was geschieht, wenn ich versage?<br />

Diese Fragen wecken auf, beunruhigen, machen<br />

wach in einer Zeit, in der man manches verschläft,<br />

weil man auf die soziale Hülle des Schulorganismus<br />

vertraut und auf die Nachsicht von Mitschülern,<br />

Lehrern und Eltern baut.


Was ist aber, wenn der neue Ort Leistungen,<br />

Wachheit, Teamfähigkeit, Umsicht selbstverständlich<br />

voraussetzt? In vorbereitenden Klassengesprächen<br />

wurden Fragen nach Anforderungen,<br />

Beurteilungskriterien für gute Mitarbeit, Bedeutung<br />

von Pünktlichkeit usw. besprochen und mit<br />

den Schülern Bewertungskriterien entwickelt, mit<br />

deren Hilfe sie sich selbst und ihre Arbeit einschätzen<br />

sollten und Bewertungsbögen für die<br />

Arbeitgeber entwickelt, die von der „anderen<br />

Seite“ den Schülern eine Rückmeldung über<br />

Fähigkeiten und Leistungen geben sollten. Ein<br />

solcher Spiegel weckt auf, fördert Selbsterkenntnis,<br />

Selbsteinschätzung, wache Auseinandersetzung<br />

mit Urteilen anderer.<br />

Darüber hinaus bekam jeder Schüler die Aufgabe,<br />

aus seinem Arbeitsbereich ein Thema auszuwählen<br />

und sich mit diesem im täglichen Arbeitsprozess<br />

,aber auch theoretisch auseinanderzusetzen<br />

und darüber zunächst eine schriftliche, dann eine<br />

mündliche Präsentation zu erarbeiten. Die Beschäftigung<br />

mit einem Thema, neben den bloßen<br />

Wahrnehmungen am Arbeitsplatz, intensiviert<br />

sowohl die Beziehung zur Arbeit – die Nutzung<br />

von Möglichkeiten, den Blick fürs Wesentliche –<br />

kurz sie macht wach für das, was geschieht, verhindert<br />

ein Überrolltwerden oder stumpfes Absitzen<br />

eines neuen Erfahrungszeitraums.<br />

Im Anschluss an das Praktikum wurde im zweiwöchigen<br />

PKE-Unterricht eine Mappe angelegt,<br />

die die Tätigkeit und das Spezialthema dokumentierte.<br />

Zum Schluss präsentierte jeder Schüler mit<br />

eigener Schwerpunktsetzung sein Gebiet und<br />

Thema vor der Schulöffentlichkeit: Mitschüler,<br />

Lehrer und Eltern wohnten einer<br />

Präsentation bei, bei der es<br />

auf Originalität, Verständlichkeit<br />

und Geistesgegenwart ankam,<br />

kurz auf Wachheit, Selbstkontrolle,<br />

Überwindung von<br />

Scheu usw..<br />

Die Schüler der 10. Klasse haben<br />

die Herausforderung angenommen,<br />

sie haben Erfahrungen gemacht<br />

mit anderen und mit<br />

sich. Sie sind wacher geworden,<br />

nicht zuletzt in ihrer Selbstwahrnehmung.<br />

Manche haben<br />

Ziele ins Auge gefasst. Wie es<br />

weitergeht, darauf darf man gespannt<br />

sein.<br />

Sonja Hecht-Jäckel<br />

„Ich habe einen Einblick in die Arbeit bei<br />

der GefaÖ in Walldorf gewonnen und<br />

nun einen konkreten Überblick, was das<br />

Berufsbild Landschafts- und Umweltplaner/in<br />

angeht“<br />

Bildmaterial zu dem Betriebspraktikum<br />

von Luisa Gester<br />

Leben und Lernen 61


62<br />

Leben und Lernen<br />

„Erfahrung wieder in die Schule tragen“<br />

Interview mit Gildard Huppmann zum Freundeskreis der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong><br />

Herr Huppmann, es gibt bereits den Waldorfschulverein.<br />

Darüber hinaus engagieren sich Eltern und<br />

Freunde der Schule in zahlreichen Projekten und<br />

haben <strong>als</strong> Schulgemeinschaft in den letzten 25 Jahren<br />

Beachtliches geleistet. Wozu brauchen wir einen<br />

weiteren Verein?<br />

Huppmann: Das ist richtig. Unsere Schule zeichnet<br />

sich durch ein hohes Maß an Eigeninitiative<br />

für die gemeinsame Sache aus. Menschen, die davon<br />

überzeugt waren, dass unsere Kinder eine andere<br />

Art der Förderung und Begleitung brauchen,<br />

haben die <strong>Freie</strong> <strong>Waldorfschule</strong> in <strong>Heidelberg</strong> gegründet.<br />

Und dieses Engagement hat sich über<br />

alle Elterngenerationen fortgesetzt – es ist ein<br />

ganz wesentliches Element der Waldorfschulbewegung.<br />

Doch warum soll diese Unterstützung<br />

enden nur weil die eigenen Kinder die Schule verlassen?<br />

Mit dem Freundeskreis wollen wir das Gefühl<br />

der Zusammengehörigkeit von ehemaligen<br />

Schülern und Eltern fördern. Wir wollen die Bindung<br />

zu unserer Schule erhalten. Sie sehen, der<br />

Waldorfschulverein <strong>als</strong> Schulträger und der Freundeskreis<br />

<strong>als</strong> Förderkreis können gut nebeneinander<br />

bestehen und sich in ihrer Arbeit ergänzen.<br />

Eine <strong>Waldorfschule</strong> lebt von der Initiative vieler<br />

Menschen.<br />

Wie kann diese Zusammenarbeit aussehen?<br />

Der Freundeskreis kann eine Plattform sein für<br />

Ehemalige – Eltern wie Schüler – die sich weiter<br />

einsetzen wollen für ihre Schule. Weil sie vielleicht<br />

gerade rückblickend anerkennen, was sie empfangen<br />

durften. Schüler erwerben besondere Fähigkeiten<br />

im sozialen Miteinander, ebenso fördert die<br />

Schule ihr kreatives Potenzial. Menschen, die diese<br />

Fertigkeiten ausbilden konnten, sind innerlich<br />

gefestigt. Sie gehen eher neue Wege und fi nden<br />

ungewöhnliche Lösungen in einer Zeit, die keine<br />

einfachen Sicherheiten mehr bietet. Jedes Jahr<br />

verlassen junge Menschen die Schule, lernen unterschiedliche<br />

Berufe, leben überall auf der Welt<br />

und machen ihre ganz individuellen Erfahrungen,<br />

wie sie das Gelernte in ihrem Leben unterstützen<br />

kann. Vielleicht spüren sie irgendwann den Impuls,<br />

zurückzugeben, etwas von ihrer Lebenserfahrung<br />

in die Schule zu tragen und weiterzugeben<br />

an heutige Schüler. Schule und Lernen ist ein<br />

lebendiger Austausch – auf allen Ebenen, nicht<br />

nur im Klassenzimmer und nicht nur während<br />

der 12-jährigen Zeit <strong>als</strong> Schüler. Im angelsächsischem<br />

Raum ist dieser Gedanke der gegen-<br />

seitigen, lebenslangen Förderung viel stärker<br />

verankert <strong>als</strong> bei uns. Denken Sie an die extrem<br />

machtvollen Netzwerke Ehemaliger an allen<br />

großen Universitäten, der so genannten Alumni.<br />

Alumni kommt aus dem Lateinischen und heißt<br />

Zögling, der Wortstamm ist alere, was nähren<br />

oder aufziehen bedeutet. Wer genährt wurde,<br />

kann die nach ihm Kommenden nähren – das ist<br />

das Prinzip. Auf der Basis von Geben und Nehmen<br />

können Netzwerke entstehen, die eine<br />

Dynamik entwickeln, die wir uns vielleicht jetzt<br />

noch gar nicht vorstellen können.<br />

Welche Projekte könnten das ganz konkret sein?<br />

Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, sich helfend<br />

einzubringen: Patenschaften, Sponsoring,<br />

Sachspenden mit Geräten und Materialien für<br />

den Unterricht, handwerkliche Arbeiten, Knowhow<br />

zu bestimmten Themen, Arbeitszeit und<br />

vieles mehr. Der Freundeskreis will mit seinen Aktivitäten<br />

zum einen den Erfahrungsaustausch,


zum anderen die waldorfpädagogische Arbeit<br />

fördern. Darunter fallen ganz unterschiedliche<br />

Aufgaben: wie Adressverwaltung aller Ehemaligen,<br />

regelmäßige Rundbriefe mit aktuellen Informationen,<br />

Tauschbörsen, Betriebspraktika bei Ehemaligen,<br />

Vorträge, Seminare und Workshops. An anderen<br />

<strong>Waldorfschule</strong>n gibt es beispielsweise auch<br />

Berufsorientierungstage, an denen Ehemalige den<br />

künftigen Schulabgängern verschiedenste Berufsprofi<br />

le lebensnah und praxisorientiert vorstellen.<br />

Es wurden außerdem Jahresarbeiten in der 12. Klasse<br />

von Ehemaligen begleitet. Weiterhin könnten<br />

größere Unter richts projekte, Exkursionen, Seminare<br />

etc. gefördert werden.<br />

Können nur Ehemalige Mitglied werden?<br />

Nein. Wir wollen nicht nur ein Freundeskreis von<br />

ehemaligen Schülern und Eltern sein, sondern<br />

sind offen für alle Personen und Institutionen, die<br />

unsere Ziele unterstützen und vielleicht sogar aktiv<br />

bei uns mitarbeiten wollen. Wir stehen außerhalb<br />

des alltäglichen Schulbetriebs und möchten –<br />

uns nach außen wendend – möglichst viele<br />

Menschen ansprechen. Wir freuen uns über jedes<br />

neue Mitglied, egal ob Lehrer, Mitarbeiter, Eltern,<br />

Freunde oder Förderer, egal ob aktuell an der Schule<br />

oder ehemalig oder einfach der Schule nahestehend.<br />

Denn naturgemäß steigt die Möglichkeit,<br />

Leben und Lernen 63<br />

etwas zu bewegen, mit der Zahl der Mitglieder.<br />

Der Freundeskreis kann rein passiv fi nanziell unterstützt<br />

werden oder aber durch aktive Mitarbeit<br />

bei der Ausgestaltung einzelner Aktivitäten wie<br />

Kontakt- und Verteilerpfl ege, Rundschreiben,<br />

Veranstaltungsorganisation, Mitgliederverwaltung<br />

oder der Betreuung einzelner Projekte. Menschen,<br />

die ein wenig Zeit mitbringen, um weiter<br />

beim Aufbau zu helfen, sind sehr willkommen.<br />

Wer Interesse hat für den Freundeskreis ehrenamtlich<br />

tätig zu sein oder andere Anregungen,<br />

wende sich direkt an mich.<br />

Das Gespräch führte Annette Wallmeyer.<br />

Freundeskreis der <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong> e.V.<br />

Gildard Huppmann<br />

freundeskreis@waldorfschule-hd.de<br />

+49 (0) 160 96081127<br />

Bankverbindung: Sparkasse <strong>Heidelberg</strong><br />

Kto Nr. 9094415 · BLZ 672 500 20


64 Leben und Lernen n<br />

Menschliche Entwicklung<br />

<strong>als</strong> Kontinuum begreifen<br />

Die Kindertagesstätte: Basisfähigkeiten entwickeln und individuelles Wachstum fördern<br />

1988 wurde im Waldorfschulverein <strong>Heidelberg</strong><br />

e.V. zu der Schule ein Kindergarten eingerichtet;<br />

1995 entstand das Konzept einer Kindertagesstätte,<br />

die den Aufgaben der Zeit und den Bedürfnissen<br />

der Eltern entsprach. So sind wir heute<br />

eine Einrichtung für 120 Kinder im Alter von<br />

3-12 Jahren in 3 Kindergartengruppen, einer Ganztagesgruppe<br />

und zwei Schulkindergruppen, die<br />

<strong>als</strong> Fortführung dieser familienergänzenden<br />

Nachmittagsbetreuung für 40 Kinder im Schulalter<br />

eingerichtet wurden. Die Kindertagesstätte<br />

ist von 7 bis 17 Uhr geöffnet; in 5 Wochen der<br />

Schulferien können die Kinder zu der Ferienbetreuung<br />

kommen.<br />

16 KollegInnen teilen sich die Arbeit, für die<br />

Gruppenleitung ist eine waldorfpädagogische<br />

Ausbildung mit staatlicher Anerkennung obligatorisch.<br />

Geleitet wird die Kindertagesstätte von<br />

einem Leitungsteam („Interne Konferenz“: alle<br />

Gruppenleitungen und die von der pädagogischen<br />

Arbeit freigestellte Leiterin).<br />

Eltern und Pädagogen arbeiten gemeinsam in<br />

Elternabenden und/oder Gesprächen an Fragen<br />

der Erziehung, um den Kindern eine gesunde<br />

Lebensbasis zu ermöglichen. Im Eltern-Erzieher-<br />

Kreis stehen die Belange der Trägerschaft im Vordergrund.<br />

Wichtige Begegnungspunkte sind<br />

auch die so genannten Gartentage, das Elternfrühstück<br />

oder die gemeinsamen Feste.<br />

Es gehört zum Konzept der Waldorfpädagogik,<br />

dass Waldorfkindergarten und <strong>Waldorfschule</strong> sich<br />

<strong>als</strong> Einheit verstehen und in der bestmöglichsten<br />

Weise zusammenarbeiten. Denn die menschliche<br />

Entwicklung ist ein Kontinuum; sie kennt keine<br />

Grenzen zwischen Elementar- und Primarstufe,<br />

zwischen Vorschulzeit, Schulzeit und Jugend. Je<br />

ganzheitlicher die Entwicklungsjahre in den Blick<br />

genommen werden, desto mehr entspricht dies<br />

dem heranreifenden Menschen.<br />

Die ersten sechs bis sieben Jahre bilden das Fundament<br />

für das spätere Leben. Waldorfpädagogik<br />

möchte umfassende Gesundheitskräfte veranlagen,<br />

so dass dem jungen Menschen das volle Potential<br />

seiner leiblichen, seelischen und geistigen<br />

Entfaltungsmöglichkeiten zur Verfügung steht.<br />

Für die Pädagogik dieses Alters heißt dies: Die Lebenswelt<br />

der Kinder muss so gestaltet werden,<br />

dass mindestens drei Hauptkomponenten die Erziehung<br />

prägen (1) :<br />

1. Kinder sollen – und wollen – die Welt in ihren<br />

Zusammenhängen erkennen und verstehen lernen,<br />

wobei der methodische Weg hierbei vom<br />

Erfassen einfacher und gut durchschaubarer<br />

Zusammenhänge ausgeht und zu immer kom-<br />

plexeren hinführt (Verstehbarkeit).<br />

2. Kinder gewinnen Vertrauen in die eigenen<br />

wachsenden Kräfte und Fähigkeiten in erster Linie<br />

dadurch, dass sie viele Gelegenheiten bekommen,<br />

Dinge selber zu tun und Aufgaben zu meistern.<br />

Wo Hilfe nötig ist, soll sie selbstverständlich erfolgen<br />

(Handhabbarkeit).<br />

3. Kinder sollen sich die Sinnhaftigkeit des eigenen<br />

Handelns, Fühlens und Denkens Schritt für<br />

Schritt erschließen; dazu bedarf es in der Kindheit<br />

und Jugendzeit qualifi zierter Vorbilder <strong>als</strong> Orien-


tierung und Wegbegleitung (Bedeutsamkeit). Die<br />

Kindergartenzeit ist frei von schulischem (explizitem)<br />

Lernen, es sollen so genannte Basiskompetenzen<br />

(2) entwickelt werden auf denen später die<br />

schulische Erziehung und Bildung aufbauen kann,<br />

nicht jedoch „auf die Schule vorbereiten“. Mit diesen<br />

Basiskompetenzen sollen die jungen Menschen<br />

befähigt werden, die Anforderungen des<br />

täglichen Lebens möglichst gut zu meistern. Kindergartenspezifi<br />

sch ist das implizite Lernen, eine<br />

indirekte Lernweise, beispielsweise Vorbild und<br />

Nachahmung., Tätigkeit und Wahrnehmung.<br />

Dazu gehört auch die große Aufgabe der Selbsterziehung<br />

des Erziehers. Wichtig ist uns auch die<br />

pädagogische Gestaltung der Umgebung, die<br />

sich für das Kind in Ordnung und Verlässlichkeit<br />

und rhythmischer Tagesgliederung zeigt. Frühe<br />

Kindheit, Kindergarten- und Schulzeit werden<br />

von der Waldorfpädagogik <strong>als</strong> Stationen eines<br />

durchgehenden Bildungsprozesses gesehen. Seit<br />

1999 arbeiten Eltern und Pädagogen an der großen<br />

zeitnotwendigen Herausforderung, für die<br />

unter 3-jährigen Kinder eine Betreuungsmöglichkeit<br />

zu schaffen. Mit der gesellschaftspolitischen<br />

Akzeptanz und den gegenwärtigen fi nanzpolitischen<br />

Veränderungen können wir nun diese<br />

wichtige Aufgabe angehen und an der konkreten<br />

Planung für eine Krippenbetreuung für anfänglich<br />

10 (später 20) Kinder arbeiten.<br />

Und so wird in absehbarer Zeit hier auf dem Gelände<br />

die Möglichkeit von „Waldorfpädagogik von<br />

0-18 Jahren“ gegeben sein!<br />

Doris Weidenhammer<br />

Leben und Lernen 65<br />

(1) P. Lang, Erziehung und Bildung<br />

für Kinder bis zur Schulfähigkeit,<br />

Int. Vereinigung d. Waldorfkindergärten<br />

e.V.<br />

(2) P. Lang, ebd.


66<br />

Leben und Lernen<br />

Gegen Bewegungsarmut und Körperferne<br />

Ein neuer Sportplatz schafft neuen Bewegungsraum<br />

Sitzstufe<br />

Baugrenze<br />

Tor<br />

„Wir müssen die Gesamtwesenheit des Menschen ins Auge fassen und werden darauf Rücksicht<br />

nehmen müssen, dass das Leibliche, das Seelische, das Geistige in der gleichen Weise zu seinem Recht<br />

kommt.“ (Rudolf Steiner, Die gesunde Entwicklung des Menschenwesens, 15. Vortrag)<br />

Seit 1984 steht der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong><br />

das 30 000 qm große Gelände im Mittelgewannweg<br />

für den Schulbetrieb zur Verfügung. Die<br />

gesunde körperliche Entwicklung ist ein wesentliches<br />

Anliegen der Waldorfpädagogik und so<br />

wurde bereits 1986/87 die Turnhalle errichtet, welche<br />

zudem <strong>als</strong> Versammlungs- und Veranstaltungsort<br />

dient.<br />

Schon dam<strong>als</strong> wurde auf dem Gelände hinter der<br />

Halle ein Sportplatz geplant, der jedoch bisher zugunsten<br />

der Schaffung weiteren Schulraumes zurückgestellt<br />

wurde. Im Zuge der anstehenden<br />

Sitzstufe<br />

1. BA<br />

Sportplatz<br />

Feuerwehrzufahrt<br />

Sitzstufe<br />

Weg zu Schulgarten<br />

Baugrenze<br />

Steinsetzung<br />

Festwiese<br />

Spielfläche<br />

Kita<br />

2. BA<br />

Kita<br />

Kindergar<br />

baulichen Maßnahmen soll der Sportplatz nun<br />

endlich verwirklicht werden.<br />

Es zeigt sich in zunehmendem Umfang, dass viele<br />

Kinder und Jugendliche unter Bewegungsarmut<br />

leiden und ihren Körper nicht mehr selbstverständlich<br />

handhaben können. Daher wächst die<br />

Verantwortung der Schule, sinnvolle Bewegungsangebote<br />

auszuweiten.<br />

Für unsere Schülerinnen und Schüler benötigen<br />

wir daher Übungsfl ächen für Leichtathletik und<br />

große Sportspiele. So soll ein Kleinspielfeld für<br />

Volley-, Basket- und Handball sowie eine Laufbahn<br />

und eine Sprunggrube entstehen. Für die Wurfdisziplinen<br />

Diskus und Speer wird dank der angrenzenden<br />

Wiese weiterhin ausreichend Fläche<br />

zur Verfügung stehen. Auf vielfachen Wunsch der<br />

Oberstufenschüler möge auch ein Beachvolleyballfeld<br />

entstehen. Die gesamte Anlage wird künftig<br />

auch Ausweichraum sein, wenn in der Turnhalle<br />

für die herausragenden Theateraufführungen<br />

geprobt wird.<br />

Für die kleineren Kinder ist es wesentlich, Anregungen<br />

zum Balancieren und Klettern sowie Platz<br />

zum Ballspiel zu schaffen.<br />

Wir freuen uns, dass der Sportplatz nach nun 20<br />

Jahren Wirklichkeit wird.<br />

Thomas Diener


Aus Freude am Spiel<br />

Die Theatergruppe Shakespeare‘s Best bereichert die Kulturlandschaft der Schule<br />

Die Theatergruppe „Shakespeare‘s Best“ hat sich<br />

im Jahr 2000 zusammengefunden und seitdem<br />

nahezu jährlich ein großes Theaterstück auf die<br />

Bühne gebracht. Das Drama „King Lear“ (Shakespeare<br />

2000), die Romanze „Das Wintermärchen“<br />

(Shakespeare 2002), die Komödie „Die gelehrten<br />

Frauen“ (Moliere 2003), Shakesperae‘s Drama<br />

„Macbeth“ (2004) sowie zuletzt „Romeo und Julia“<br />

(Shakespeare 2006). Nach „Bernarda Albas<br />

Haus“ (Federico Garcia Lorca 2007) soll im Januar<br />

2008 wieder eine Komödie folgen: Shakespeare‘s<br />

„Was ihr wollt“.<br />

Unter der Regie von Karin Munser erarbeitet unsere<br />

Gruppe, die sich aus Theaterfreunden aus<br />

dem Umkreis der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong><br />

zusammensetzt, mit viel Spaß und Engagement<br />

die Stücke, um sie dann traditionell in zwei<br />

Aufführungen an der Schule sowie einer weiteren<br />

an einem anderen Ort zu präsentieren.<br />

Diese Aufführungen an einem anderen Ort –<br />

zum Beispiel im Bistro oder in der Backhalle der<br />

Bäckerei Mantei – ist dabei immer eine besondere<br />

Herausforderung für das Improvisationstalent<br />

der Schauspieler, die Flexibilität unserer Beleuchter<br />

sowie der Nerven der Regie, da sie unter<br />

völlig anderen Bedingungen – beispielsweise<br />

ohne Bühne – und immer ohne zusätzliche vorherige<br />

Probe stattfi ndet.<br />

Das Markenzeichen der Gruppe „Shakespeare‘s<br />

Best“ ist die „schwarze Bühne“. Wir versuchen,<br />

mit möglichst reduziertem Kulissenaufwand<br />

auszukommen; nicht auf Bühnenschmuck und<br />

Ausstattung soll das Gewicht gelegt werden,<br />

sondern auf das Schauspiel selbst, auf die dar-<br />

Leben und Lernen 67<br />

stellerische Leistung. Dadurch wird die Anforderung<br />

an die Schauspieler – übrigens fast allesamt<br />

Laien, die die Freude am Theaterspielen ver-<br />

bindet – noch einmal gesteigert, und so mancher<br />

fragt sich während der Proben, warum er das<br />

alles neben der Examensprüfung oder der Arbeit<br />

sich noch zusätzlich aufgeladen hat. Doch<br />

spätestens nach der Aufführung wusste es jeder<br />

wieder: aus Freude am Theaterspiel.<br />

Karin Munser<br />

Die gelehrten Damen, 2003


68<br />

Leben und Lernen<br />

Das Tier <strong>als</strong> guter Lehrer<br />

Der Schulbauernhof: Begegnen - Erleben - Erstaunen - Erwachen<br />

Als eine Zeitnotwendigkeit und natürlich auch <strong>als</strong><br />

Teil eines lebendigen Gartenorganismus gibt es<br />

an unserer Schule seit nunmehr 7 Jahren einen<br />

kleinen Schulbauernhof mit ein paar Nutztieren.<br />

Durch die immer größer werdende Entfremdung<br />

der Kinder von Pfl anzen und Tieren sowie von<br />

natürlichen Vorgängen wie Geburt und Tod werden<br />

ganze Lebensbereiche der Anteilnahme ent-<br />

zogen. Hochspezialisierte Methoden lassen das<br />

Dasein unserer Nutztiere außerhalb unserer<br />

Wahrnehmung stattfi nden.<br />

Eben dieser Entwicklung wollen auch wir ent-<br />

gegen arbeiten und uns in die immer stärker<br />

gefragte „Schulbauernhofbewegung“ einreihen.<br />

Gerade zum Haustier besitzt der Mensch doch ein<br />

besonderes seelisches Verhältnis, und bei Kindern<br />

werden die Wahrnehmung, die Erlebnisfähigkeit<br />

und die Fantasie angeregt. Durch den direkten<br />

Kontakt erlangt das Kind Kenntnisse über das jeweilige<br />

Tier und lernt dessen Bedürfnisse kennen.<br />

Ist es nicht ein großes Erlebnis, bei der Geburt von<br />

Ferkeln oder Lämmern dabei zu sein?<br />

Der selbst geschorenen Wolle der eigenen Schafe<br />

kommt eine ganz besondere Bedeutung zu.<br />

Neben all den positiven Erfahrungen, die Schülern<br />

im Zusammenhang mit der Tierhaltung vermittelt<br />

werden können, wie z.B. Verantwortung und<br />

Zuverlässigkeit, Sauberkeit und Ordnung, Sinnesschulung,<br />

Begreifen von Naturzusammenhängen<br />

sowie die liebevolle Hingabe über das Lustprinzip<br />

hinaus, soll die Tierhaltung noch mehr in das Unterrichtsgeschehen<br />

einbezogen werden.<br />

Darüber hinaus können Tiere Trost spenden, sich<br />

positiv auf die Psyche der Kinder auswirken; so<br />

kann der Mensch sich so angenommen fühlen<br />

wie er ist, denn Tiere be- oder verurteilen nicht.<br />

Die tägliche Stallarbeit nimmt eine zentrale Stellung<br />

im Fachbereich Gartenbau ein. Die Versorgung<br />

am Wochenende und in den Ferien wird<br />

größtenteils von Freiwilligen (Schülern und Eltern)<br />

übernommen.<br />

Wir sind Mitglied in der „Gesellschaft zur Erhaltung<br />

alter und gefährdeter Haustiere e.V.“ undhoffen<br />

auf baldige Anerkennung <strong>als</strong> „Arche Hof“.<br />

Zurzeit halten wir 6 Schafe, 2 Muttersauen,<br />

2 Zwergziegen, 2 Enten, 15 Hühner und 2 Hähne<br />

sowie 2 Katzen und 9 Bienenvölker.<br />

Ein „Tierkreis“, bestehend aus derzeit 4 Eltern und<br />

dem Gartenbaulehrer <strong>als</strong> Mitglieder, trägt gemein<br />

sam Verantwortung für alle Belange der<br />

Tiere.<br />

Alph Lehmann<br />

Fotos: Günter Vahlkampf


Unsere Vision:<br />

Intensivierung der Tierhaltung, stärkere Integration in den Schulalltag und<br />

... eines Tages eine Kuh mit Kalb.<br />

Leben und Lernen 69


70 Leben und d Lernen<br />

Schule <strong>als</strong> Lebensraum<br />

Die Schulbibliothek fördert Lesekultur und Gemeinschaft<br />

Die Lesekultur an unserer Schule zu fördern, das<br />

war das Anliegen vieler Eltern. Es entstand eine<br />

Initiative zum Aufbau einer neuen, modernen Bibliothek<br />

im Rahmen des Mensaumzuges, die<br />

rasch auch die Unterstützung des Kollegiums<br />

fand. Es folgten Wochen aufwendiger Renovierungsarbeiten,<br />

um die ehemalige Mensa mit Hilfe<br />

großzügiger Spenden in die heutige Schulbibliothek<br />

umzubauen. Ein eigens erstelltes Computerprogramm<br />

erleichterte die Aufnahme und Verwaltung<br />

von anfangs 2000 Büchern, die aus<br />

zahlreichen Spenden sorgfältig ausgewählt wurden.<br />

Im September 2005 konnte die Bibliothek eröffnet<br />

werden und steht der Schulgemeinschaft seitdem<br />

durch freiwillige Dienste durch engagierte Eltern<br />

regelmäßig zur Verfügung. Hier soll für die jüngeren<br />

Schüler die Freude am Lesen gefördert und<br />

der Umgang mit Büchern vertraut gemacht werden.<br />

Für die älteren Schüler wird ein Raum angeboten,<br />

der mit Fachliteratur und Nachschlagewerken<br />

ein ruhiges Arbeiten ermöglicht.<br />

Atmosphäre und Einrichtung laden zum Verweilen<br />

und Schmökern ein. Die Besucher sollen gerne<br />

kommen, neugierig stöbern, selbstvergessen lesen,<br />

konzentriert arbeiten oder die Ruhe genießen.<br />

Die Bedürfnisse der Schüler wurden dabei besonders<br />

berücksichtigt. Der Lesebereich für die jüngeren<br />

Kinder bietet die Möglichkeit zum Vorlesen<br />

und Selberlesen und wird von den Kindern besonders<br />

gern genutzt, um Wartezeiten auszufüllen<br />

oder im abgetrennten Küchenbereich ein Pausen-<br />

schwätzchen zu halten. Die Kinder- und Jugendbuchsammlung<br />

umfasst inzwischen insgesamt<br />

ca. 1800 Bücher.<br />

Den Bedürfnissen der älteren Schüler, der Lehrer<br />

sowie der Eltern sollen die vielfältigen Angebote<br />

an Belletristik, Nachschlagewerken und Lexika,<br />

Zeitungen und Magazinen entgegenkommen. Ruhige<br />

Arbeitsbereiche werden in Freistunden gerne<br />

genutzt und stehen am Abend für unterschiedliche<br />

Arbeitsgemeinschaften aus der Schule zur<br />

Verfügung.


Bei der Auswahl des Buchangebotes wurden insbesondere<br />

die Fachbereiche des Unterrichts berücksichtigt.<br />

Der Bestand von anfänglich 2000<br />

Büchern konnte durch vielfältige Spenden inzwischen<br />

auf 6.300 erhöht werden. Hier fi ndet man<br />

beispielsweise im Bereich Literatur über 2000, in<br />

der Pädagogik ca. 400, in den Fremdsprachen ca.<br />

500 Bücher.<br />

Ein weiterer Beitrag der Bibliothek zum Lebensraum<br />

Schule ist das Angebot an unterschiedlichsten<br />

Veranstaltungen rund ums Lesen und<br />

Leben und Lernen 71<br />

das Buch. So konnten in den vergangenen zwei<br />

Jahren bereits einige Vorträge, mehrere Rezitationen,<br />

teilweise mit musikalischer Untermalung,<br />

Matineen, Autorenlesungen, Lesenächte und Konzerte<br />

organisiert und durchgeführt werden. In<br />

regelmäßigen Treffen bereitet das Bibliotheksteam<br />

diese Veranstaltungen vor, immer mit dem<br />

Bewusstsein, dass die Bibliothek für Schüler,<br />

Eltern und Lehrer Anregungen bieten soll, die<br />

das soziale Miteinander, sei es durch Zuhören,<br />

Vorlesen, Diskussionen oder gemeinsames Arbeiten<br />

konstruktiv fördern.


72<br />

Ausblicke<br />

Den ganzen Tag Zuhause: aus der Lernschule<br />

eine Lebensschule machen<br />

Ganztagsschule heute und in Zukunft<br />

…. es stimmt tatsächlich, dass in der <strong>Heidelberg</strong>er <strong>Waldorfschule</strong> den ganzen Tag über etwas los ist.<br />

Nach dem Unterricht steht den Kindern und Jugendlichen<br />

eine Vielfalt von Freizeitangeboten zur<br />

Verfügung. Geht man mit etwas Muße über das<br />

Schulgelände, kann man spielende Kindergruppen<br />

erleben; aus dem Eurythmiesaal erklingt<br />

Klaviermusik; Erwachsene begegnen sich, sprechen<br />

miteinander; im Werkraum arbeitet ein 8.-Klässler<br />

an seinem Kanu; nebenan in der Schneiderei näht<br />

eine Oberstufenschülerin einen Vorhang; ein<br />

Grüppchen unserer Kleinen führt junge Ziegen<br />

spazieren und lockt mit einem Brotkanten ein<br />

zahmes Hängebauchschwein hinter sich her.<br />

Wenn man Glück hat, sind die Fenster der „Kathedrale“<br />

offen und der ganze Schulhof ist erfüllt von<br />

der Musik des Schulorchesters. Einige kostümierte<br />

Mädchen eilen kichernd zur nächsten Theaterprobe.<br />

Vor der Turnhalle wird Basketball gespielt; aus<br />

dem Oberstufenhaus hört man Lachen und das<br />

Klack-Klack des Kickers.<br />

Nach 17 Uhr, wenn der letzte Schulbus abgefahren<br />

ist, wird die Schule geputzt. Während des Spätnachmittags<br />

und am Abend fi nden Konferenzen<br />

statt, treffen sich Arbeitsgruppen, und es werden<br />

Kurse für Erwachsene angeboten.<br />

In einer guten Schule wird gearbeitet und gelebt.<br />

Aus diesem Anliegen heraus beschloss die Schulgemeinschaft<br />

nach langjährigen Erfahrungen im<br />

Betreuungs- und Initiativbereich im Jahre 2005<br />

eine teilgebundene Ganztagesschule zu werden.<br />

Das heißt, dass alle Betreuungsangebote für die<br />

Klassen 1 - 10 verlässlich und verbindlich sind, die<br />

Kinder und Jugendlichen aber frei wählen können,


ob und welches Angebot sie nutzen möchten.<br />

Ganz besonders beliebt sind alle Sport- und Bewegungsangebote,<br />

Sprachkurse, die Theater-AG<br />

und bei den Jüngsten die Tierpfl egegruppe.<br />

Ein Gewinn für die Schulgemeinschaft ist es, dass<br />

nicht nur Erwachsene (LehrerInnen, Eltern Übungsleiter<br />

aus Sportvereinen) das Kursprogramm gestalten,<br />

sondern auch OberstufenschülerInnen<br />

ihre Kompetenzen einbringen, Arbeitsgemeinschaften<br />

leiten, Nachhilfe geben und die Erst- und<br />

Zweitklässler zum Mittagstisch begleiten.<br />

Neben den Freizeitangeboten liegt ein zweiter<br />

Schwerpunkt der Ganztages-Schularbeit in der<br />

gezielten Unterstützung und Förderung der schulischen<br />

Leistungen unserer Kinder und Jugendlichen.<br />

Zwischen Mittagspause und Kursbeginn<br />

wird die Arbeit an den Hausaufgaben durch LehrerInnen<br />

betreut. Ab der Mittelstufe gibt es fachspezifi<br />

sche Hausaufgabengruppen in Russisch<br />

oder Englisch und Mathematik und ab dem kommenden<br />

Schuljahr beginnt einer Kleingruppe mit<br />

der Förderung von Legasthenikern.<br />

Das Spielen, Lernen und Arbeiten mit den Kindern<br />

macht Freude und gibt ein „Zuhause-Gefühl“ in<br />

der Schule den ganzen Tag.<br />

Ausblicke 73


74<br />

Ausblicke<br />

In 10 Jahren wird es in der Schule vielleicht ein<br />

„Nachmittagshaus“ geben, welches umgeben von<br />

Sport-, Spiel- und Klettergelände verschiedene Arbeits-<br />

und Ruheräume, Werkstätten, ein Bistro,<br />

eine Galerie, Medienräume und eine Bib liothek<br />

beherbergt. Das Dachgeschoss ist mit Wohnungen<br />

ausgebaut. Einige Mitarbeiter, vor allem<br />

aber Jugendliche im Abschlussjahr leben in WG´s<br />

der Schule.<br />

Die Unterrichtstage sind in ihrem zeitlichen Ablauf<br />

so gestaltet, dass konzentriertes Arbeiten und<br />

gelöste Pausen sich rhythmisch beleben. Deshalb<br />

wird das „Nachmittagshaus“ mit seinen Freizeit-<br />

und Rückzugsmöglichkeiten, den Plätzen für<br />

kreatives Gestalten und stilles selbstständiges<br />

Arbeiten auch schon vormittags genutzt. Neben<br />

den bekannten Unterrichtsfächern sind viele<br />

lebenspraktische Tätigkeiten wie Backen, Kochen,<br />

Putzen, Umgang mit Kleidung in den Schulalltag<br />

integriert.<br />

Hierbei sind OberstufenschülerInnen fest eingebunden<br />

in die Anleitung und Betreuung der jüngeren<br />

Kinder. Sie spielen in den Pausen mit ihnen,<br />

kochen Spaghetti mit Tomatensauce für sie, zeigen<br />

ihnen wie man einen Knopf annäht. Das 1 x 1<br />

wird geübt, wie man auf russisch nach dem<br />

Schwimmbad fragt oder in Frankreich ein Brot<br />

kauft.<br />

Die Betreuungsarbeit der Jugendlichen wird am<br />

Ende des Schuljahres beurteilt und zertifi ziert. Sie<br />

fi ndet neben den Unterrichtsergebnissen, sozial-<br />

und betriebspraktischen Erfahrungen Eingang in<br />

ihre waldorfeigenen Abschlüsse.<br />

Kaufmännische und fi rmentechnische Kenntnisse<br />

können beim Führen des Bistros, des Schulbedarfs-<br />

oder Secondhandladens erworben werden.<br />

Organisatorische Fähigkeiten werden geschult,<br />

indem SchülerInnen mitwirken bei der Gestaltung<br />

von Theateraufführungen und Jahresfesten. Natürlich<br />

wird Mathe gelernt, Chemie praktiziert,<br />

Deutsch studiert, gesungen, musiziert, gemalt,<br />

geschmiedet, getanzt und geforscht.<br />

Das Leben ist spannend und die Welt voller Geheimnisse.<br />

Vielleicht ist aus der Lernschule eine<br />

Lebensschule geworden. Wie wird die Zukunft<br />

Schule machen ?<br />

Antje Frohmuth


Ausblicke 75


76<br />

Ausblicke<br />

Neue Formen der Zusammenarbeit<br />

Schulträgerorgan (STO) oder wie Eltern und Lehrer gemeinsam Lösungen fi nden für eine sich wandelnde Umwelt<br />

Die Suche nach einer geeigneten Form der Eltern-Lehrer-Zusammenarbeit<br />

hat in der <strong>Freie</strong>n<br />

<strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong> eine lange Tradition.<br />

Einige Initiativen zu dieser Zusammenarbeit, wie<br />

zuletzt das SELF (Schüler-Eltern-Lehrer-Forum)<br />

waren über längere Zeit beständig. Jedoch entstand<br />

in den Jahren 2004 und 2005 ein Defi zit in<br />

der Zusammenarbeit, welches sowohl von Eltern<br />

<strong>als</strong> auch von Lehrern bemerkt und beanstandet<br />

wurde. Angeregt durch die Vorträge von Hans<br />

Wilhelm Colsmann und seinen Beispielen der<br />

Schulparlamente in Lübeck und Essen wurde ein<br />

Eltern-Lehrer-Wochenende im November 2005<br />

durchgeführt, an dem Visionen entworfen und<br />

die Aufgaben an ein neues Organ der Eltern-Lehrer-Zusammenarbeit<br />

skizziert wurden.<br />

Obwohl schon an diesem Wochenende deutlich<br />

wurde, dass eine neue Form der Zusammenarbeit<br />

von allen Seiten gewünscht wurde, konnte<br />

doch zunächst nur ein Auftrag an eine Arbeitsgruppe<br />

formuliert werden, den skizzierten Entwurf<br />

weiter auszuarbeiten. Nach etwa einem<br />

halben Jahr wurde eine neue Organbeschreibung<br />

für das Schulträgerorgan (STO) vorgestellt.<br />

Es bedurfte jedoch noch weiterer 6 Monate des<br />

Austausches und der Vertrauensbildung, um sowohl<br />

im Kollegium <strong>als</strong> auch in der Schulversammlung<br />

die Entscheidung zur Bildung des<br />

STO zu treffen.<br />

Hierin zeigt sich bereits ein großer Unterschied<br />

zu den Schulparlamenten, die in den Anfängen<br />

<strong>als</strong> Vorbild für dieses neue Organ dienten. In <strong>Heidelberg</strong><br />

wurde das neue Organ im Kollegium<br />

und in der Schulversammlung bestätigt. Die<br />

Form der Zusammenarbeit ist in einer Form beschrieben,<br />

die einer Satzung ähnelt, ohne jedoch<br />

in der Satzung des Schulvereins verankert zu<br />

sein. Somit beruht die Zusammenarbeit im STO<br />

auf einer gemeinsamen, freiwilligen Entscheidung<br />

und ist durch die Wahl der delegierten Eltern<br />

und Lehrer legitimiert. Die Organbeschreibung<br />

beschreibt die Bildung und Aufgaben des<br />

Organs und erlegt den Delegierten Regeln für<br />

eine kontinuierliche Zusammenarbeit, einen<br />

strukturierten Ablauf der Versammlungen und<br />

einen transparenten Prozess für Beschlussfassungen<br />

auf. Das muss geübt werden, aber nach<br />

einem Jahr der Zusammenarbeit können wir<br />

schon auf die ersten Erfolge zurückschauen.<br />

So wurde bereits in der ersten Sitzung nach der<br />

feierlichen Bildung des Organs beschlossen, im<br />

Februar 2008 die Bundeselternratstagung (BERT)<br />

in unserer Schule auszurichten und eine Delegation<br />

gebildet, die dieses große Ereignis seither<br />

vorbereitet. Es wurden zentrale Themen wie der<br />

neue Sportplatz, der Etat der Schule und eine Anpassung<br />

der Elternbeiträge diskutiert und beschlossen.<br />

Aktuelle Probleme und Aufgaben werden<br />

in jeder Sitzung direkt behandelt. Ebenso ist<br />

die möglichst weite Verbreitung von Informationen<br />

in der Schulgemeinschaft ein wichtiger<br />

Aspekt. Aktuell befasst sich das STO unter anderem<br />

mit der Bildung von zwei neuen Delegationen.<br />

In der Delegation „Medienkompetenz“<br />

sollen Hilfen für Eltern und Lehrer erarbeitet<br />

werden, um die Schüler im Umgang mit den<br />

neuen Medien verantwortungsvoll begleiten zu<br />

können. Auch die Wiederbelebung bzw. sinnvolle<br />

Einbindung der Computerkurse für Schüler und


Bild 11. Klasse<br />

damit die Nutzung der bereits vorhandenen Infrastruktur<br />

sind ein Ziel dieser Delegation.<br />

Die Delegation „Schulprofi l“ will sich mit den Herausforderungen<br />

der Zukunft befassen, die aus<br />

verschiedenen Richtungen an uns herange-<br />

tragen werden. Die Bas<strong>als</strong>tufe, das Abitur in der<br />

12. Klasse oder ein Waldorfabitur, Portfolioarbeit<br />

und Industriepraktika sind anstehende Themen.<br />

Jedoch beschäftigen uns auch interne Fragestellungen:<br />

Entsprechen die inhaltlichen Schwerpunkte<br />

unserer Schule weiterhin den Anforderungen,<br />

soll es mehr Ganztagesschule geben,<br />

wie wird die Bas<strong>als</strong>tufe weiter ausgestaltet, wie<br />

gewinnt die Schule mehr Gestaltungsspielraum,<br />

zeigen nur beispielhaft die Vielfalt der Themen.<br />

Ausblicke 77<br />

Die neue Delegation soll Impulse erarbeiten und<br />

diese gemeinsam mit den anderen Organen der<br />

Schule weiter bearbeiten und umsetzen. Dies<br />

wird die Schule nicht in einer Nacht verändern,<br />

über die Zeit soll die Schule jedoch Antworten<br />

auf die im Wandel befi ndliche Umwelt fi nden,<br />

mit einem überlegt angepassten Profi l attraktive<br />

Alternativen aufzeigen und so den Fortbestand<br />

unserer Schule sichern helfen.<br />

Matthias Opitz


78<br />

Ausblicke<br />

Toleranz und globales Lernen<br />

Interview mit Albert Schmelzer zur interkulturellen <strong>Waldorfschule</strong><br />

Welche Aufgaben hat die Waldorfschulbewegung<br />

heute?<br />

Die Schulbewegung umfasst inzwischen über<br />

200 Schulen in Deutschland und etwa 1000 Schulen<br />

weltweit, von ihr gehen vielfältige Impulse in<br />

der Bildungslandschaft aus: der Nachweis, dass<br />

die Schülerinnen und Schüler ohne den Druck des<br />

Sitzenbleibens zu Leistungen kommen, der Hinweis<br />

auf die Möglichkeit, schon ab der ersten<br />

Klasse in mehrere Fremdsprachen nachahmend<br />

hineinwachsen zu können, das Herausstellen der<br />

Bedeutung des Künstlerischen im Erziehungsprozess.<br />

Darüber hinaus sehe ich die Aufgabe, gesellschaftliche<br />

Problemfelder aufzugreifen und zu<br />

zeigen, welche Impulse in diesem Zusammenhang<br />

von der Waldorfpädagogik ausgehen können.<br />

Eines der zentralen pädagogischen Probleme<br />

ist dabei die systematische Benachteiligung der<br />

Migrantenkinder im dreigliedrigen Schulsystem:<br />

im Vergleich mit den Migrantenkindern verließen<br />

im Jahre 2004 dreimal so viele Deutsche die Schule<br />

mit Abitur, hingegen blieben doppelt so viele<br />

Migrantenkinder ohne Abschluss wie deutsche<br />

Schüler. Mit einigen Kolleginnen und Kollegen<br />

habe ich daher im Jahre 2003 eine erste interkulturelle<br />

<strong>Waldorfschule</strong> in Mannheim-Neckarstadt,<br />

einem sozialen Brennpunkt, begründet; die Hälfte<br />

der Kinder sind Deutsche, die andere Hälfte Migrantenkinder<br />

aus 11 Nationen.<br />

Nach welchem Konzept arbeitet diese Schule?<br />

Die pädagogische Grundlage der Schule ist die<br />

Waldorfpädagogik, in der Ausgestaltung hat sie<br />

einige Besonderheiten. Sie ist eine Ganztagsschule<br />

mit Unterricht bis 15 bzw. 16 Uhr, so dass die<br />

Möglichkeit besteht, in den frühen Nachmittags-<br />

stunden einen „Projektunterricht“ anzubieten.<br />

Dabei arbeiten die Schülerinnen und Schüler zumeist<br />

in Gruppen von etwa 12 Teilnehmern, in<br />

Epochen von etwa 4 Wochen an vielfältigen Aufgaben:<br />

Da wird ein Kräutergärtchen angelegt, der<br />

Schulhof gestaltet, ein Theaterstück eingeübt<br />

oder Bogenschießen geübt. Was im Einzelnen<br />

unternommen wird, suchen die unterrichtenden<br />

Lehrerinnen und Lehrer – manchmal auch Eltern –<br />

im Blick auf die Bedürfnisse der Klasse aus. Eines<br />

aber haben die Projekte gemeinsam: Sie zielen darauf,<br />

die oft vorhandenen Defi zite in der Entwicklung<br />

der Feinmotorik, des Tast- und Gleichgewichtssinns<br />

zu beheben, ist doch – wie die neuere<br />

Wissenschaft gezeigt hat – eine gesunde Entwicklung<br />

der Körperlichkeit Grundlage auch des kognitiven<br />

Lernens. Darüber hinaus bieten wir – eine<br />

Erfi ndung der Interkulturellen <strong>Waldorfschule</strong> –<br />

Foto: Günter Vahlkampf<br />

Bilder zum Theaterstück „Besuch der altenDame“ 11. Klasse


Ausblicke 79<br />

das Fach „Begegnungssprache“ an: In jahrgangsübergreifenden<br />

Gruppen von der 1. bis zur 3. Klasse<br />

bekommen die Migrantenkinder Unterricht in<br />

ihrer Muttersprache, die deutschen Kinder können<br />

sich einer Gruppe ihrer Wahl anschließen. Augenblicklich<br />

gibt es Sprachgruppen in Türkisch,<br />

Russisch, Polnisch, Serbo-Kroatisch und Spanisch.<br />

Dabei wird die Sprache in künstlerischer Weise<br />

durch Rollenspiele, Lieder und Gedichte den Kindern<br />

nahe gebracht.<br />

Welche Erfahrungen hat das Kollegium mit diesem<br />

Konzept gemacht?<br />

Das Fach „Begegnungssprache“ ist sehr beliebt;<br />

den Migrantenkindern gibt es die Möglichkeit,<br />

ihre deutschen Mitschülerinnen und -schüler anleiten<br />

zu können, die deutschen Kinder haben die<br />

Chance, zumindest ein wenig sich mit einer ungewöhnlichen<br />

Sprache anfreunden zu können, bevor<br />

dann in der 4. Klasse der Französischunterricht<br />

beginnt; Englisch wird für alle Kinder ab der<br />

1. Klasse unterrichtet. Darüber hinaus zeigt sich,<br />

wie wertvoll die Einrichtung des Klassenlehrers<br />

ist, den die Kinder zumindest bis zum Mittag, oft<br />

noch darüber hinaus, in der Schule erleben: bei<br />

allen Unsicherheiten, den sprachlichen Defi ziten,<br />

den Verunsicherungen, die mit dem Wahrnehmen<br />

der eigenen kulturellen Differenz zusammenhängen,<br />

manchmal dem Zerbrechen der Familien, ist<br />

der Klassenlehrer, der dem Kind morgens bei der<br />

Begrüßung in die Augen schaut und ihm die Hand<br />

gibt, so etwas wie ein Fels in der Brandung. Er<br />

kennt das Kind seit der Aufnahmesprechstunde,<br />

er hat die Eltern mehrfach besucht, er weiß um<br />

die Lebensumstände, Schwierigkeiten und Begabungen<br />

des Kindes. Das gibt ihm die Möglichkeit,


80<br />

Ausblicke<br />

Foto: Günter Vahlkampf<br />

allmählich ein Vertrauensverhältnis zu den Kindern<br />

zu entwickeln, und genau dieses Vertrauen<br />

öffnet die Seelen und schafft die Atmosphäre, in<br />

der die Kinder offen genug sind, ihre Schwächen zu<br />

zeigen und mutig genug, sich etwas zuzutrauen.<br />

Im Übrigen gibt es immer wieder Überraschungen,<br />

etwa wenn ein muslimisches Kind,<br />

begeisterter Besucher einer Koranschule, einem<br />

christlichen Freund und seiner Mutter mit tiefem<br />

Bedauern sagt: „Ihr werdet alle im ewigen Feuer<br />

enden, weil ihr Schweinefl eisch esst.“ In einer<br />

solchen Situation ist viel Fingerspitzengefühl gefordert:<br />

Einerseits sollte eine solche Aussage<br />

nicht unkommentiert stehen bleiben, anderer-<br />

seits wäre es schlecht, das Kind durch Zurückweisung<br />

einfach vor den Kopf zu stoßen. Hilfreich<br />

kann es sein, ein glattes Entweder-Oder zu vermeiden<br />

und erweiternde Gesichtspunkte ins<br />

Spiel zu bringen, im konkreten Falle etwa so:<br />

Glaubst du nicht, dass für Allah nicht noch anderes<br />

wichtig ist <strong>als</strong> die Frage, ob einer gelegentlich<br />

Schweinefl eisch isst? Allerdings ist bei einem<br />

solchen Gespräch der Ton wichtig: Jedes Gefühl<br />

aufgeklärter Überlegenheit sollte vermieden<br />

werden, es geht darum, in die Welt des Kindes<br />

einzutauchen und aus dieser Weltsicht heraus<br />

nach Auswegen zu suchen. Interkulturalität ist<br />

mehr <strong>als</strong> bloße Toleranz, es ist ein aktives Be-<br />

mühen um das Wahrnehmen des Anderen.


Die Interkulturelle <strong>Waldorfschule</strong> ist wissenschaftlich<br />

evaluiert worden. Zu welchen Ergebnissen sind<br />

die Wissenschaftler gekommen?<br />

Nach einer auf zwei Jahre angelegten Unter-<br />

suchung heißt es in dem zusammenfassenden<br />

Bericht: „Die Schule entspricht <strong>als</strong> Gesamtschule,<br />

<strong>als</strong> Ganztagsschule, <strong>als</strong> stadtteilorientierte Schule,<br />

<strong>als</strong> Schule mit einem international zusammengesetzten<br />

und interkulturell kompetenten Kollegium<br />

sowie <strong>als</strong> Schule mit handlungs- und<br />

erfassungsorientierten pädagogischen Konzepten<br />

in hohem Maße den nach aktuellem wissenschaftlichen<br />

Stand erforderlichen Vorstellungen<br />

von einer interkulturell und sozial-integrativ arbeitenden<br />

pädagogischen Einrichtung.“<br />

Ein weiteres wichtiges Ergebnis liegt auf sprachlichem<br />

Felde: Nach Ablauf der ersten zwei Jahre<br />

sind die sprachlichen Defi zite, mit denen zahlreiche<br />

Migrantenkinder in die Schule kamen, nicht<br />

mehr signifi kant! Das zeigt, dass auch ohne aufwendige<br />

Einzelförderung oder gesonderte Kurse<br />

eine sprachliche Integration möglich ist, wenn die<br />

Substanz ausgeschöpft wird, die in der Waldorfpädagogik<br />

liegt: eine tägliche Sprachpfl ege durch<br />

die Sprachübungen, Lieder und Gedichte im sog.<br />

„rhythmischen Teil“ des Hauptunterrichts und das<br />

Aufnehmen einer anspruchsvollen, künstlerischen<br />

Sprache im Erzählteil des Klassenlehrers mit den<br />

Märchen, Legenden, Sagen und Biografi en.<br />

Welches ist das Ziel der Schule?<br />

Augenblicklich hat die Schule 7 Klassen mit insgesamt<br />

etwa 180 Schülern; wir möchten die Schule<br />

zu einer 12jährigen interkulturellen <strong>Waldorfschule</strong><br />

ausbauen und dann auch die verschiedenen Abschlüsse:<br />

Hauptschul- und Re<strong>als</strong>chulabschluss, die<br />

Fachhochschulreife und das Abitur anbieten. Dabei<br />

denken wir daran, in der Oberstufe berufsausbildende<br />

Elemente zu integrieren – etwa durch<br />

Ausblicke 81<br />

ausgedehnte Praktika – so dass der Übergang in<br />

eine Berufsausbildung erleichtert wird.<br />

Welche Fähigkeiten sollten am Ende der Schulzeit<br />

ausgebildet sein?<br />

Wir hoffen, dass es für die Schülerinnen und Schüler,<br />

die die Interkulturelle <strong>Waldorfschule</strong> verlassen,<br />

selbstverständlich geworden ist, in einer interkulturellen<br />

Welt zu leben und dass sie ein aktives Interesse<br />

aufbringen für ungewohnte Sichtweisen<br />

und Lebensstile, auch für zunächst fremde religiöse<br />

Haltungen und Überzeugungen. Damit das<br />

erreicht werden kann, werden wir in der Oberstufe<br />

besondere Anstrengungen machen müssen,<br />

ein „globales Lernen“ zu veranlagen: Im Literatur-,<br />

Geschichts-, Geographie- und Religionsunterricht<br />

wird aufzuzeigen sein, welchen Beitrag die verschiedenen<br />

Kulturen und Religionen zur Entwicklung<br />

der Menschheit geleistet haben, wie in der<br />

Moderne die Menschheit durch die Transport- und<br />

Kommunikationsmittel zu einer Welt zusammengewachsen<br />

ist und in welchem Maße wir wirtschaftlich,<br />

aber auch kulturell auf einander angewiesen<br />

sind, um die Herausforderungen der<br />

Gegenwart und Zukunft zu bewältigen. Es zeichnet<br />

sich ab, dass für die Entwicklung solcher<br />

Fähigkeiten die traditionelle Trennung der Fächer<br />

wenig hilfreich ist. Von daher wird die Aufgabe<br />

sein, neue Formen interdisziplinären Lernens zu<br />

entwickeln.<br />

Albert Schmelzer


82<br />

Ausblicke<br />

Wissenschaftlicher Bestätigungsstrom:<br />

Hirnforscher belegen Steiners Menschenkunde<br />

Auszüge aus einem Vortrag Christof Wiecherts im Rahmen der 25-Jahr-Feierlichkeiten<br />

Schauen wir uns die Situation der <strong>Waldorfschule</strong>n<br />

heute an, können wir zwei Dinge feststellen.<br />

Zum einen wird gegen die Schulen aus bestimmten<br />

Richtungen heiße Luft geblasen: Mit steigender<br />

Intensität ziehen dunkle Wolken auf am Bildungshorizont,<br />

geschwängert mit Rassismus – oder<br />

Okkultismusvorwürfen. Diese heiße Luft wird irgendwie<br />

orchestriert. Das muss man sehen.<br />

Die <strong>Waldorfschule</strong>n gehen unterdessen weiter ihrer<br />

Arbeit nach. Was sollen sie auch sonst tun.<br />

Gleichzeitig passiert jedoch etwas sehr Interessantes<br />

und auch Neues: Die Waldorfpädagogik<br />

erhält Rückenwind aus unverhoffter Richtung.<br />

Augenblicklich werden laufend, in immer schnellerer<br />

Kadenz, aus den Neurowissenschaften Fakten<br />

zu Tage gefördert, die den ganzen Korpus der<br />

Erziehungskunst Rudolf Steiners naturwissenschaftlich<br />

unterstützen. Dieser Strom, der verborgene,<br />

wird eigentlich nicht wahrgenommen,<br />

er verhallt.<br />

Es ist <strong>als</strong>o etwas ganz Merkwürdiges zu beobachten:<br />

Einerseits ist da ein sehr starker wissenschaftlicher<br />

Bestätigungsstrom, der verborgen wirkt.<br />

Man muss diese Texte suchen und kann sie fi nden,<br />

aber die Zeitungen schreiben nicht darüber! Andererseits<br />

fi nden wir einen öffentlichen, lauten<br />

Bekämpfungsstrom!<br />

Wie sich diese beiden Bewegungen künftig zueinander<br />

verhalten werden, wissen wir nicht. Mit<br />

dem Thema „Aktueller denn je“, meine ich, es<br />

könnte eine Zukunft geben, wo dieser verborgene<br />

Strom öffentlich wird und schulstiftend wirkt –<br />

und wir ein gesundes Schulwesen haben. Haben<br />

die <strong>Waldorfschule</strong>n dann ihre Mission erfüllt und<br />

sich selbst überfl üssig gemacht? Ich hoffe nicht.<br />

Eventuell nimmt auch der Gegenwind so an Fahrt<br />

auf und negative Zuschreibungen durchtränken<br />

die öffentliche Meinung in einem Maß, dass tatsächlich<br />

eines Tages die Idee <strong>Waldorfschule</strong> politisch<br />

nicht mehr tragbar sein wird.<br />

Es könnte <strong>als</strong>o sein, dass Eltern und Vorstände<br />

aufgerufen sind, aktiv zu werden. Besonders seit<br />

der letzte Bundeskanzler die Lehrer <strong>als</strong> faule Säcke<br />

charakterisierte, ist der Berufsstand eigentlich<br />

zum Abschuss freigegeben. Nur Eltern können etwas<br />

erreichen: Wenn Bürger auftreten, die berufslos<br />

sind in der Sache, in der sie auftreten, dafür<br />

gibt es in der Politik noch Respekt.<br />

Was den Strom der zunehmenden Bestätigungen<br />

angeht, möchte ich einige nennen, um zu zeigen<br />

wie einschneidend, teilweise radikal die jüngsten<br />

wissenschaftlichen Ergebnisse der Hirnforschung<br />

klassische Schulmodelle in Frage stellen. Ein kanadischer<br />

Wissenschaftler, er heißt Albert Bandura,<br />

hat vor gut 15 Jahren entdeckt, dass es im Gehirn<br />

einen vollkommen autonom wirkenden Teil gibt,<br />

der das, was er wahrnimmt, betrachtet und nachahmt.<br />

Er hat dafür einen Namen gefunden: Spiegelneuronen.<br />

Und er hat darüber ein Buch „Lernen<br />

am Modell“ geschrieben, indem er die Meinung<br />

vertritt, dass ein Kind bis zum 10., 12. Lebensjahr<br />

durch Nachahmung lernt. Eine These, die schon<br />

Steiner formuliert hat, und die ganz wesentlich ist<br />

für die Waldorfpädagogik.


Die neuesten Forschungen, beispielsweise von<br />

Joachim Bauer (“Warum fühle ich, was du fühlst”),<br />

haben darüber hinaus gezeigt, dass nicht nur das<br />

Vorbild im Kinde auf seine Entfaltungsmöglichkeiten<br />

wirkt, sondern, dass sogar die Intentionen<br />

– in den Gesten des Vorbilds – wirken. Kurzum:<br />

Das Kind nimmt die Motivlage der Bezugsperson<br />

war, und schliesst daraus, wie es ist. Und diese<br />

Schlussfolgerung entscheidet darüber, ob Motivation<br />

oder Abwehr geweckt werden. Neurophysiologen<br />

sagen darum heute öffentlich mit lauter<br />

Stimme: Lehrer, die sich nur mit ihrem Lehrgegenstand<br />

beschäftigen, werden immer verlieren. Es<br />

gibt keine Erziehung ohne Beziehung! Bauer sagt:<br />

„Im ersten Kontakt am Morgen entscheidet sich<br />

die ganze Schulstunde! “ Weil die Schüler Experten<br />

sind in der Wahrnehmung der Seelenlage der<br />

Lehrer anhand ihrer Körpersprache, in der Art ihrer<br />

Stimmhandhabung. Ein Lehrer muss die Fähigkeit<br />

haben, diese Transparenz auszuhalten und durch<br />

diese Transparenz hindurch auch noch ein authentisches<br />

Wesen zu sein. Das ist gar nicht so<br />

einfach!<br />

Bauer fordert, der Staat soll Lehrern Gelegenheit<br />

geben, Schülern zu begegnen. Stundenpläne müssen<br />

entzerrt werden, sonst ist Lernen nicht möglich.<br />

Die jüngste Forschung sagt auch, dass für ein<br />

soziales Miteinander in einer Lerngemeinschaft<br />

Musik <strong>als</strong> Fach unerlässlich ist! Und da kommt einer<br />

von diesen Forschern zu dem Ergebnis, dass<br />

unbedingt Ganztagsschulen gebraucht werden –<br />

allerdings nicht, um die Kinder mit noch mehr<br />

Kopfwissen zu füllen. Unterrichtet wird nur bis<br />

um ein Uhr und danach gibt es Kunst und Tanz.<br />

Steiner hat bereits vor Gründung der Waldorf-<br />

Ausblicke 83<br />

schule in „Erziehungsfrage <strong>als</strong> soziale Frage“ einen<br />

Stundenplan vorgeschlagen, der genau so aussieht.<br />

Und die heutigen Neurologen bestätigen:<br />

Das ist gesund, alles andere ist schädlich! In der<br />

Umsetzung dieser Ergebnisse liegt die eigentliche<br />

Aktualität der <strong>Waldorfschule</strong>.<br />

Wenn die heutigen Politiker und die Bildungsministerien<br />

sich mehr von solchen Ausführungen<br />

und Quellen inspirieren lassen würden, würde es<br />

in der Schullandschaft ganz anders aussehen. Und<br />

es stört mich überhaupt nicht, dass es Menschen<br />

sind, die nichts über die <strong>Waldorfschule</strong> schreiben.<br />

Wichtig ist, dass solche Forschung stattfi ndet und<br />

öffentlich gemacht wird. Es wurde festgestellt,<br />

dass das sich Ausdrücken durch Bewegung eine<br />

Programmierung des neurologischen Motivationssystems<br />

ist: <strong>als</strong>o von ganz großer Bedeutung! Und<br />

die Forscher sagen: Neben Musik müsste in jeder<br />

Schule der Tanzunterricht obligatorisch sein, weil<br />

es zur psychischen Gesundheit des Menschen gehört.<br />

Und wir leisten uns einen Kleinkrieg nach<br />

dem anderen gegen die Eurythmie. Und nun bekommen<br />

wir die positive Wirkung von außen bestätigt.<br />

Oder Max Moser, der in einer Langzeitstudie<br />

an der Grazer Universität, mit Baufachleuten<br />

Eurythmie gemacht hat: Es stellte sich heraus, dass<br />

die Eurythmie-Gruppe 30 Prozent weniger Unfälle<br />

machte am Bau <strong>als</strong> die Kontrollgruppe, weil sie<br />

eine stärkere geistig-seelische Präsenz in ihrem<br />

Leib hatten.<br />

Derselbe Moser hat zudem zusammen mit<br />

Züricher Ärzten eine hochinteressante Forschung<br />

gemacht. Steiner sagte ja, dass in der<br />

5. und 6. Klasse das Sprechen von griechischen


84<br />

Ausblicke<br />

Rhythmen gesundend auf das Herz-Kreislauf-<br />

system wirken würde. Was macht nun Moser?<br />

Er hat nun frisch operierten Herzpatienten über<br />

Monate hinweg Sprachtherapie gegeben, in der in<br />

Hexametern gesprochen wurden. Und es stellte<br />

sich heraus, dass das Sprechen von den Hexametern<br />

eine stärkere Heilungswirkung auf das Herz<br />

hatte <strong>als</strong> bei der Kontrollgruppe, die nach der OP<br />

nur mit Medikamenten behandelt wurde.<br />

Soweit die Außensicht auf unsere Schule. Nun<br />

möchte ich die Innensicht schildern – welche Prozesse<br />

fi nden innerhalb der Waldorfschulbewegung<br />

statt – müssen stattfi nden, damit die Erziehungskunst<br />

den Sprung ins 21. Jahrhundert wie<br />

verjüngt machen kann? Wir stehen hier vor der<br />

paradoxen Situation, uns neu erfi nden zu müssen<br />

und zwar derart, dass wir nur das tun, was wir<br />

echt verstehen, oder was wir selber gefunden haben,<br />

oder was ich mir selber erarbeitet habe. Dass<br />

wir Dinge so machen, weil es sich so gehört, wird<br />

der moderne Zeitgeist nicht mehr akzeptieren.<br />

Hier ist ein ganz einfaches Beispiel: Nehmen wir<br />

Bezug auf die wissenschaftlichen Ergebnisse, die<br />

ich vorgestellt habe über das Freisetzen des Motivationssystems<br />

durch Wahrnehmen der Bezugsperson.<br />

Rudolf Steiner sagte, das Allerwichtigste<br />

am Pädagogen ist das, was er an Gedanken und<br />

Gesinnung hineinträgt in die Klasse. Ich hab das<br />

nie verstehen können. Ahnen – man kann das ahnen!<br />

Und jetzt kommt diese Naturwissenschaft mit<br />

solchen Erkenntnissen – die kann man sofort begreifen.<br />

Ist es das, was Steiner meinte? Solche Ab-<br />

wägungsprozesse stehen jetzt an. Dazu brauchen<br />

wir die Authentizität der Erziehungskunst an uns<br />

selbst.<br />

Und dann kann etwas geschehen, was ich an<br />

einem Beispiel deutlich machen möchte: Ich habe<br />

mal jemanden gekannt – es war einer meiner Vorgänger<br />

– der hatte das Authentische ganz stark.<br />

Wenn er einen pädagogischen Gegenstand bearbeitete,<br />

war er ganz von diesem geisteswissenschaftlichen<br />

Inhalt aufgesogen. Man merkte: Das<br />

ist Wahrheit! Man hatte das Erlebnis der unmittelbaren<br />

Evidenz erfahren. Welche Erinnerung<br />

bleibt? Die Erinnerung der Persönlichkeit, die das<br />

kann: Durch den Inhalt <strong>als</strong> Persönlichkeit zurückzutreten<br />

und dadurch in ihrer eigentlichen Wahrheit<br />

zum Vorschein kommen. Eben nicht <strong>als</strong> individuelle<br />

Person, sondern in dem Sinne von „So ist<br />

der Mensch gemeint“. Solche Prozesse müssen<br />

wir durchmachen, wenn wir diesen Kosmos der<br />

Waldorfpädagogik neu beleben wollen – aus uns<br />

selbst! Wir müssen uns ganz tief verlieren in dem<br />

Inhalt, um dadurch uns zu fi nden.<br />

Und wir hoffen so, dass wir trotzdem unsere<br />

Sachen noch so gut machen, dass sich auch in<br />

der Zukunft Eltern voller Sympathie und Freude<br />

engagieren an dieser Schule.<br />

Christof Wiechert


GLS Regiotag, Oktober 2005 · Fotos Sabine Lippert<br />

Die <strong>Freie</strong> <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong><br />

Beispiele ihrer Öffentlichkeitsarbeit und Presseausschnitte ...<br />

Waldorfaktionswoche, September 2004, <strong>Heidelberg</strong>er Hauptsraße<br />

Ausblicke 85


Presseausschnitte der Rhein-Neckar-Zeitung, unterschiedlichen Datums ...


88<br />

Zahlen, Daten, Fakten<br />

Klassenspiele an der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong><br />

1989<br />

Klasse 8 „Die Lichtflamme“ (nach einer Legende von<br />

Selma Lagerlöf) ; Höfflin/Paulus<br />

..............................................................................................................................................<br />

Klasse 6 „Wovon der Mensch lebt“ (Leo Tolstoi) ; Diener<br />

Klasse 8 „Einen Jux will er sich machen“<br />

(Johann v. Nestroy) ; Paul/Paulus<br />

..............................................................................................................................................<br />

1990<br />

Klasse 8 „Die Sendung des Mädchens Jeanne d‘Arc“<br />

(eine dramatische Chronik v. Ulrich Meißner);<br />

Meißner/Paulus<br />

..............................................................................................................................................<br />

1991<br />

Klasse 8 „Der böse Geist Lumpazivagabundus“<br />

(Johann v. Nestroy) ; Th. Diener/Schünemann<br />

Klasse 12 „Des Teufels General“ (Carl Zuckmayer) ;<br />

Rüttinger<br />

..............................................................................................................................................<br />

1992<br />

Klasse 8 „Das Tagebuch der Anne Frank“<br />

(Ulrich Meißner) ; Meißner<br />

Klasse 10 „Die Welle“ (Ereignisse an einer Highschool<br />

in einer amerikanischen Kleinstadt von<br />

Morton Rhue) ; Davis<br />

Klasse 11 „Le Bourgeois Gentilhomme“ (Der Bürger<br />

<strong>als</strong> Edelmann von Moliere) Aufführung in<br />

französischer Sprache ; Munser<br />

..............................................................................................................................................<br />

1993<br />

Klasse 8 „Der kaukasische Kreidekreis“<br />

(nach Bertolt Brecht) ; Schedlbauer/Paulus<br />

Klasse 8 „Turandot“ (Friedrich Schiller) ; Stangier/<br />

Schünemann<br />

Klasse 12 „Die Gauneroper“ (Vaclav Havel) ; Rüttinger<br />

..............................................................................................................................................<br />

1994<br />

Klasse 8 „Ein Sommernachtstraum“<br />

(William Shakespeare) ; Wolff<br />

Klasse 12 „Der Sarkophag“<br />

(Wladimir Gubarew) ; Wälz-Brink<br />

..............................................................................................................................................<br />

1995<br />

Klasse 6 „Das kalte Herz“ (nach Wilhelm Hauff) ; Paul<br />

Klasse 8 „Das Gauklermärchen“ (Michael Ende) ;<br />

Fischer/Paulus<br />

Klasse 12 „Cyrano de Bergerac“ (Edmond Rostand);<br />

Hecht-Jäckel/Paulus<br />

..............................................................................................................................................<br />

1996<br />

Klasse 8 „Das Haus der Temperamente“<br />

(Johann v. Nestroy) ; Faßold<br />

Klasse 11 „Das Jubiläum“, „Der Bär“, „Der Heiratsantrag“<br />

(Anton Tschechow) Aufführungen in<br />

russischer Sprache ; Munser<br />

Klasse 12 „Der Gesang im Feuerofen“<br />

(Carl Zuckmayer) ; Wälz-Brink<br />

Klasse 12 „Unsere kleine Stadt“(Thornton Wilder) ; Brandauer<br />

..............................................................................................................................................<br />

1997<br />

1998<br />

Klasse 7 „Der Meisterdieb“ (Helga Latanowitz) ; Diener<br />

Klasse 8 „Wilhelm Tell“ (Friedrich Schiller); Paul/Paulus<br />

Theater-AG „An Inspector calls“ (John B. Priestley)<br />

Aufführung in englischer Sprache ; Linder<br />

Klasse 6 „Die Hand im Feuer“ (Fischer); Fischer<br />

Klasse 8 „Der Lügner“ (Carlo Goldoni); Diener<br />

Klasse 12 „Die Ratten“ (Gerhard Hauptmann); Rüttinger<br />

Klasse 12 „Der blaue Vogel“(Maurice Maeterlinck); Linder<br />

Oberstufen-Chor<br />

„Dido und Aeneas“ (Oper v. Henry Purcell)<br />

Aufführung in englischer Sprache; M. Rüttinger<br />

..............................................................................................................................................<br />

1999<br />

Klasse 8 „Figaro lässt sich scheiden“(Ödön v. Horváth)<br />

Meißer/Paulus<br />

Klasse 12 „Des Teufels General“ (Carl Zuckmayer); Linder<br />

Theater-AG „The Mousetrap“ (Agatha Christie)<br />

Aufführung in englischer Sprache; Gieffers<br />

..............................................................................................................................................<br />

2000<br />

Klasse 8 „Robert der Teufel“ (Johann v. Nestroy);<br />

Fischer/Paulus<br />

Klasse 12 „Warum bist du Romeo“ (Anton Tschechow);<br />

Fischer/Paulus<br />

..............................................................................................................................................<br />

2001<br />

Klasse 8 „Das Fräulein von Scuderi“ (nach E.T.A. Hoffmann);<br />

Fischer/Paulus<br />

Klasse 12 „Die chinesische Mauer“ (Max Frisch);<br />

Hecht-Jäckel/Paulus<br />

..............................................................................................................................................<br />

2002<br />

Klasse 7 „Ronja Räubertochter“ (nach Astrid Lindgren);<br />

Weimar<br />

Klasse 8 „Der kaukasische Kreidekreis“ (nach Bertolt<br />

Brecht); Paulus/Weimar<br />

Klasse 12 „Der Belagerungszustand“ (Albert Camus);<br />

Fischer/Paulus/Munser<br />

..............................................................................................................................................<br />

2003<br />

Klasse 8 „Don Gil von den grünen Hosen“ (Tirso de Molina);<br />

Weimar/Paulus<br />

Klasse 12 „Kaspar Hauser in Treblinka“ (Bernd Lampe);<br />

Linder/Paulus<br />

..............................................................................................................................................<br />

2004<br />

Klasse 9 „Die rote Zora“ (nach Kurt Held); Weimar/Paulus<br />

Klasse 12 „Viel Lärm um nichts“ (William Shakespeare);<br />

Munser/Paulus<br />

..............................................................................................................................................<br />

2005<br />

Klasse 7 „Die schwarze Galeere“ (Wilhelm Raabe); Paul<br />

Klasse 8 „Am Grund des Teiches“ (nach dem Film „Die Kinder<br />

des Monsieur Mathieu“) für die Bühne eingerichtet<br />

von den Schülern Gala, Anna-Lena, Thomas, Leo<br />

sowie Udo Weidenhammer;<br />

Weidenhammer/Antrobus-Thorweihe/Paulus/Mall<br />

Klasse 12 „Die Dreigroschenoper“ (Bertolt Brecht/<br />

Kurt Weill); Linder/Justus-Roth<br />

..............................................................................................................................................<br />

2006<br />

2007<br />

Klasse 8 „Die kluge Närrin“ (nach Lope de Vega);<br />

Fischer/Paulus<br />

Theater AG „Rot wie Blut“ (Ein Märchenkrimi von Ursula<br />

Ullrich); Arnold<br />

Klasse 11 „Der Besuch der alten Dame“ (Friedrich<br />

Dürrenmatt); Munser/Paulus


Besuch der alten Dame<br />

11.Klasse · 20003<br />

Zahlen, Daten, Fakten 89


90<br />

Zahlen, Daten, Fakten<br />

Abiturstatistik<br />

Waldorfschüler werden Ingenieure<br />

Die Ergebnisse der Studie von Barz / Randol (Herausgeber)<br />

Absolventen von <strong>Waldorfschule</strong>n –<br />

Eine empirische Studie zu Bildung und Lebensgestaltung<br />

Wiesbaden 2007 :<br />

Im Zeitraum Mitte 2003 bis Anfang 2005 wurden<br />

24 Personen in Einzelinterviews und weitere<br />

Personen in 6 Gruppen befragt. Aus den Antworten<br />

wurde ein Fragebogen erstellt und an 3500<br />

Absolventen der Geburtsjahrgänge 1938 bis<br />

1942, 1945 bis 1954 und 1967 bis 1974 verschickt.<br />

1124 Personen haben ihn zurückgegeben.<br />

Zu den Motiven für die Wahl der <strong>Waldorfschule</strong><br />

gaben 50% aller Befragten an, dass man im Elternhaus<br />

das besondere pädagogische Konzept<br />

favorisiert habe. 20% nannten die Unzufriedenheit<br />

mit den Angeboten der staatlichen Schulen.<br />

11% schätzten die anthroposophische Ausrichtung.<br />

61% dieser ehemaligen Waldorfschüler erreichten<br />

das Abitur, weitere 10,7% die Fachhochschulreife<br />

oder die fachgebundene Hochschulreife.<br />

(Zum Vergleich: 2004 im Bundesdurchschnitt<br />

zusammen 24%). Dabei werden in beachtlichem<br />

Umfang Aufstiegschancen eröffnet. Kinder von<br />

Vätern mit Hauptschulabschluss erwarben zu<br />

41% , solche von Vätern mit Re<strong>als</strong>chulabschluss<br />

zu 59% das Abitur.<br />

Die weitere Verteilung:<br />

21% Re<strong>als</strong>chul-, 2% Hauptschulabschluss.<br />

Die hohe Zahl der Absolventen mit Hochschul-<br />

reife spiegelt sich in der Quote der Akademiker<br />

wider. 46,8% der Befragten schlossen eine akademische<br />

Ausbildung ab (Zum Vergleich: 2004<br />

im Bundesdurchschnitt 12%). Bei den Abiturienten<br />

steigt diese Zahl auf 67% (Bundesdurchschnitt:<br />

33%).<br />

Interessant ist, dass ein bedeutsames Maß an<br />

Berufsvererbung stattfand.<br />

Zunächst der Blick auf die Berufe der Eltern:<br />

15,5% der Mütter und 14,2% der Väter übten den<br />

Lehrerberuf aus, allerdings nur zu einem ge-<br />

ringen Teil an <strong>Waldorfschule</strong>n (1,5% bzw. 1,4%).<br />

Überraschenderweise sind 12% der Väter Ingenieure;<br />

sie bilden die zweitstärkste Gruppe der Berufe<br />

und widerlegen damit das gängige Vorurteil,<br />

dass technisch geprägte Menschen von der<br />

<strong>Waldorfschule</strong> nichts hielten.<br />

Die Berufe auf den nächsten Rängen:<br />

11,4% Warenkaufl eute, 9,8% Unternehmer und<br />

Organisatoren sowie 7,7% Ärzte und Apotheker.<br />

Bei den Müttern bildet die Gruppe der Hausfrauen<br />

mit 16,8% den stärksten Teil. Nach den<br />

Lehrerinnen rangieren die Bürofachkräfte und<br />

Warenkaufl eute mit 11,3% bzw. 10,4% Anteil.<br />

Bei den Absolventen ergibt sich ein ähnliches<br />

Bild:<br />

14,6% ergriffen den Lehrerberuf, 9,8% wurden<br />

Ingenieure und 7,7% wurden Ärzte oder Apotheker.<br />

Dazwischen liegen hier die Gruppe der<br />

geistes- und naturwissenschaftlichen Berufe<br />

und die übrigen Gesundheitsdienstberufe mit<br />

9,5 und 8,6%.


Überraschen mag, dass nur 0,6% der Lehrerinnen<br />

und Lehrer an eine <strong>Waldorfschule</strong> gingen. Überhaupt<br />

ist die Zahl derjenigen, die eine anthroposophische<br />

Berufsausbildung gewählt haben, mit<br />

2,4% erstaunlich gering. Offensichtlich betreiben<br />

die <strong>Waldorfschule</strong>n damit nicht die gelegentlich<br />

behauptete Selbstrekrutierung.<br />

Im Vergleich zur Berufswahl der Gesamtbevölkerung<br />

fällt auf, dass die Absolventen fast 5mal so<br />

häufi g den Lehrerberuf oder den Beruf des Ingenieurs<br />

ergreifen. Bei den geistes- und naturwissenschaftlichen<br />

Berufen sowie bei den Ärzten<br />

und Apothekern sind die Werte noch höher<br />

(mehr <strong>als</strong> 12mal bzw. fast 7mal mehr).<br />

In den Interviews zeigte sich, dass die Ab-<br />

solventen mehr auf Berufszufriedenheit und<br />

Identifi kation achten. Weit weniger ist ihnen an<br />

äußeren Anreizen wie Einkommen, Prestige und<br />

Freizeit gelegen.<br />

In der Rückschau auf die Schulzeit betonen sie<br />

den Erwerb einer sehr guten Grundausstattung,<br />

einer positiven Lebenseinstellung, eines starken<br />

Gespürs für soziales Miteinander, Selbstvertrauen<br />

– und fehlende Autoritätsfurcht.<br />

Insgesamt darf <strong>als</strong>o gesagt werden, dass die<br />

<strong>Waldorfschule</strong> ihre Schülerinnen und Schüler<br />

nicht nur zu Persönlichkeiten formt; sie vermittelt<br />

ihnen die Essentiale für ein erfolgreiches Berufsleben<br />

und behauptet sich eindrucksvoll in<br />

der Bildungslandschaft des 21. Jahrhunderts.<br />

Zahlen, Daten, Fakten 91


92<br />

Zahlen, Daten, Fakten<br />

Buchempfehlungen des Bibliothekteams<br />

Anregende Lektüre für wache Köpfe<br />

Jubiläumsausgaben des Verlages <strong>Freie</strong>s Geistesleben<br />

rund um die Themen Pädagogik und Anthroposophie<br />

zum Kennenlernen:<br />

Kiersch: Die Waldorfpädagogik – Eine Einführung<br />

Belli: Zwölf Wege die Welt zu verstehen<br />

Soesman: Die zwölf Sinne – Tore der Seele<br />

Köhler: Schwierige Kinder gibt es nicht<br />

Köhler: Ursprung der Sehnsucht – Plädoyer für<br />

eine Umwandlung des pädagogischen Denkens<br />

Esterl: Die Märchenleiter – Welches Märchen<br />

erzähle ich meinem Kind?<br />

Jede Ausgabe farblich schön gestaltet, gebunden<br />

10,- Euro<br />

Matthiessen, J.: KUNST WERK ERDE – Landschaften<br />

gestalten, beleben, heilen Erdheilungsprojekte<br />

mit Jugend lichen in aller Welt, darin<br />

enthalten: Die Entstehung des Schulparks an<br />

der <strong>Heidelberg</strong>er <strong>Waldorfschule</strong><br />

Sammler Verlag, 24,90 Euro<br />

Ravagli, Lorenzo: Die geheime Botschaft der<br />

Joane K. Rowling, Ein Schlüssel zu Harry Potter<br />

(Ein Buch zur Diskussion der Qualität des<br />

Phänomens Harry Potter)<br />

Verlag Urachhaus, 16,50 Euro<br />

Schopf-Beige, M.: Bestanden – Lebenswege<br />

ehe maliger Waldorfschüler (19 Gespräche, die<br />

auf individuelle Weise deutlich machen, welche<br />

Bedeutung die <strong>Waldorfschule</strong> hatte)<br />

Verlag <strong>Freie</strong>s Geistesleben, 12,50 Euro<br />

Köhler, Henning: Von ängstlichen, traurigen<br />

und unruhigen Kindern – Grundlagen einer<br />

spirituellen Erziehungspraxis<br />

(Ein wesentliches Buch zum tieferen Verständnis<br />

der kindlichen Seele)<br />

Verlag <strong>Freie</strong>s Geistesleben, 17,50 Euro<br />

Goebel/Glöckler: Kindersprechstunde<br />

(Ein Standardwerk unter den medizinisch-pädagogischen<br />

Ratgebern und seit 2006 in neuer<br />

Aufl age!)<br />

Urachhaus Verlag, 32,- Euro<br />

Buermann, U: Künstliche Welten – Wirkliche<br />

Bilder (Über die Bilderwelten von Computerspielen<br />

und Filmen; ein praxisnaher Leitfaden<br />

durch die Medienwelt)<br />

Menon Verlag, 6,50 Euro<br />

Marti, Thomas: Wie kann Schule die Gesundheit<br />

fördern? (Erziehungskunst und Salutogenese <strong>als</strong><br />

medizinisch-pädagogisches Anliegen der<br />

<strong>Waldorfschule</strong>n)<br />

Verlag <strong>Freie</strong>s Geistesleben, 18,50 Euro<br />

Cordes/Miller: Die pädagogische Illusion<br />

(Ein kritischer Blick auf die Bedeutung des<br />

Computers für die kindliche Entwicklung)<br />

Verlag <strong>Freie</strong>s Geistesleben, 12,50 Euro<br />

Steiner, Rudolf: Die Erziehung des Kindes...<br />

(Steiners grundlegende Vorträge stellen in<br />

kompakter, leicht verständlicher Darstellung<br />

die geistigen Grundlagen der Waldorfschulpädagogik<br />

dar)<br />

Rudolf Steiner Verlag, 9,- Euro<br />

Werner, Götz W: Einkommen für alle<br />

(In seinem aktuellen Buch beschreibt der<br />

dm-Gründer die Notwendigkeit eines bedingungslosen<br />

Grundeinkommens.)<br />

Verlag Kiepenheuer & Witsch, 16,90 Euro


Anzeigen<br />

Sponsor:<br />

Freundeskreis der <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Heidelberg</strong> e.V.<br />

Gildard Huppmann, +49 (0) 160 96081127<br />

freundeskreis@waldorfschule-hd.de<br />

Bankverbindung: Sparkasse <strong>Heidelberg</strong><br />

Kto Nr. 9094415 · BLZ 672 500 20<br />

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Tel./Fax: 06223 86 59 06 · E-Mail: stephhd@web.de<br />

Impressum<br />

Zahlen, Daten, Fakten 93<br />

... den vielen Helfern, herzlichen Dank, ohne<br />

ihre Hilfe wäre diese Festschrift nicht möglich<br />

gewesen!<br />

Redaktion:<br />

Gildard Huppmann (Freundeskreis, ehem. E),<br />

Walter Schlegel (GF), Annette Wallmeyer (E),<br />

Susanne Wierzimok (E)<br />

Gestaltung:<br />

sw grafi k, Susanne Wierzimok,<br />

68535 Edingen<br />

Fotografi e:<br />

Antje Bieneck, Leimen · Peter Gerking,<br />

Edingen · Sabine Lippert, Frankfurt<br />

Günter Vahlkampf, Eitorf · Archivbilder<br />

der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> HD<br />

... auch den vielen uns namentlich unbekannten<br />

Fotografen herzlichen Dank.<br />

Druck:<br />

Druckhaus Diesbach GmbH,<br />

69469 Weinheim


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