SGB V " Gesetzliche Krankenversicherung - Becker / Kingreen / Axer ...
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§ 15 Ärztliche Behandlung, Krankenversichertenkarte<br />
1. Vorlage von <strong>Krankenversicherung</strong>skarte bzw. -schein<br />
Die <strong>Krankenversicherung</strong>skarte, die den „klassischen“ Krankenschein abgelöst<br />
hat, dient einerseits dem schnellen und leicht handhabbaren Nachweis der<br />
Anspruchsberechtigung (Noftz, H/N, § 15 Rn. 18), soll aber gleichzeitig durch<br />
einen schnellen Datentransport in den Praxen den Verwaltungsaufwand reduzieren<br />
(zum Inhalt der Karte vgl. § 291 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 9). Die <strong>Krankenversicherung</strong>skarte<br />
ist für den höchstpersönlichen Gebrauch bestimmt und nicht übertragbar;<br />
im Rahmen des § 10 mitversicherte Kinder erhalten ebenfalls eine eigene<br />
Karte. Ziel der im Jahre 1995 eingeführten Karte soll die Verhinderung von<br />
sog. Ärzte-Hopping und Krankenkartentourismus sein, wobei allerdings die<br />
Problemwahrnehmung des Gesetzgebers nicht unstrittig ist.<br />
Bei Missbrauch der Karte kann der jeweiligen Krankenkasse unter Umständen<br />
ein Schadensersatzanspruch gegen den Karteninhaber zustehen. Zugleich<br />
bewirkt die Karte einen Vertrauensschutz zugunsten des Arztes (Noftz, H/N,<br />
§ 15 Rn. 18 a), dessen Honoraranspruch gegen die KV also grundsätzlich bestehen<br />
bleibt (BSG v. 12. 6. 2008, B 3 KR 19/07 R, Rn. 30, BeckRS 2008, 54976),<br />
der allerdings erschüttert wird, wenn der Vertragsarzt einen offensichtlichen Kartenmissbrauch<br />
hätte erkennen können (BSG, NZS 1997, 76/77 f.; BSG, NZS<br />
2004, 590/592 f.), etwa weil er sich nicht über die Identität des Karteninhabers<br />
beispielsweise durch Unterschriftenvergleich vergewissert hat (BSG, SozR 4-<br />
2500, § 112 Nr. 2). Ein solcher Vertrauensschutz kommt einem Krankenhaus bei<br />
stationären Behandlungen nicht zu; die Funktion der Karte als Versicherungsnachweis<br />
gilt gemäß § 15 Abs. 2 nur für die ambulante Behandlung (BSG v.<br />
12. 6. 2008, B 3 KR 19/07 R, Rn. 33, BeckRS 2008, 54976).<br />
2. Berechtigungsscheine<br />
Die Ausstellung sog. Berechtigungsscheine nach § 15 Abs. 3 erfolgt nach<br />
Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten bei sog. anderen Leistungen, dh. solchen, die<br />
nicht ärztliche oder zahnärztliche Behandlung sind, also nicht bereits von Abs. 2<br />
erfasst sind (vgl. auch Noftz, H/N, § 15 Rn. 27). Berechtigungsscheine werden<br />
auch bei Auslandsreisen gesetzlich Krankenversicherter ausgestellt, beinhalten mit<br />
Blick auf die Kostenerstattung allerdings Risiken.<br />
3. Notbehandlung<br />
Zum Begriff der Notfallbehandlung vgl. zunächst § 76 Rn. 18. Nach Abs. 5<br />
können die an sich erforderlichen Berechtigungsnachweise in dringenden Fällen<br />
nachgereicht werden. Das Gesetz konkretisiert das Tatbestandsmerkmal „dringend“<br />
weder in inhaltlicher noch zeitlicher Hinsicht, entscheidend sind damit<br />
ganz die Umstände des Einzelfalles. Um Kollisionen mit dem Sachleistungsgrundsatz<br />
zu vermeiden, gehen untergesetzliche Rechtsnormen von einer Zehntagesfrist<br />
aus. Werden die erforderlichen Berechtigungsnachweise nicht vorgelegt,<br />
können privatrechtliche Rechtsbeziehungen zwischen behandelndem Arzt und<br />
einem an sich gesetzlich versicherten Patienten entstehen.<br />
4. Gebührenregelungen<br />
Gemäß § 64 <strong>SGB</strong> X, § 37 Abs. 1 S. 1 <strong>SGB</strong> I besteht an sich Gebührenfreiheit<br />
für alle Sozialleistungsbereiche; sie soll garantieren, dass ein Bürger nicht wegen<br />
der Kosten von der Beantragung einer Sozialleistung abgehalten wird (Timme,<br />
LPK-<strong>SGB</strong> X, § 64 Rn. 2). Die letztlich aus dem Sozialstaatsgebot resultierenden<br />
Regelungen finden in Abs. 1 eine Ausnahme, die ungeachtet der verwandten<br />
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