beck-shop.de - Advoplus & Lammert
beck-shop.de - Advoplus & Lammert
beck-shop.de - Advoplus & Lammert
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
eck-<strong>shop</strong>.<strong>de</strong><br />
§ 25. Die Mitgliedschaft 139<br />
§ 24. Die Verfassung <strong>de</strong>r Partnerschaft<br />
Für die Organisation <strong>de</strong>r PartG gilt:<br />
– in erster Linie <strong>de</strong>r Gesellschaftsvertrag;<br />
– in zweiter Linie die §§ 110 bis 119 HGB (§ 6 Abs. 3 PartGG; von<br />
<strong>de</strong>r Verweisung ist lediglich § 116 Abs. 3 HGB ausgenommen, da<br />
eine Partnerschaft keine Prokuristen bestellt);<br />
– in dritter Linie die §§ 705 ff. BGB (§ 1 Abs. 4 PartGG).<br />
§ 6 Abs. 1 und 2 PartGG regeln, dass je<strong>de</strong>r Partner seine beruflichen<br />
Leistungen unter Beachtung <strong>de</strong>s für ihn gelten<strong>de</strong>n Berufsrechts<br />
erbringt und von <strong>de</strong>r Geschäftsführung nur insoweit ausgeschlossen<br />
wer<strong>de</strong>n kann, wie sie nicht <strong>de</strong>n von ihm ausgeübten Beruf betrifft.<br />
Für die Vertretung <strong>de</strong>r Partnerschaft erklärt § 7 Abs. 3 PartGG die<br />
§§ 125 Abs. 1, 2; 126; 127 HGB für entsprechend anwendbar.<br />
1<br />
2<br />
§ 25. Die Mitgliedschaft in <strong>de</strong>r Partnerschaft<br />
Für die Mitgliedschaft in <strong>de</strong>r Partnerschaft gelten nur wenige Abweichungen<br />
von <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Personengesellschaften.<br />
Für <strong>de</strong>n Eintritt neuer Partner gelten keine Beson<strong>de</strong>rheiten; er ist<br />
je<strong>de</strong>rzeit durch Aufnahmevertrag möglich.<br />
Für das Ausschei<strong>de</strong>n eines Partners verweist § 9 Abs. 1 PartGG auf<br />
die Vorschriften für die OHG. Ein beson<strong>de</strong>rer Grund für das Ausschei<strong>de</strong>n<br />
ist <strong>de</strong>r Verlust <strong>de</strong>r Zulassung für <strong>de</strong>n jeweils ausgeübten<br />
freien Beruf, § 9 Abs. 3 PartGG.<br />
Die Übertragung <strong>de</strong>r Mitgliedschaft kann im Gesellschaftsvertrag<br />
zugelassen wer<strong>de</strong>n. Allerdings kann die Mitgliedschaft nur an Personen<br />
übertragen wer<strong>de</strong>n, die als Partner i. S. d. § 1 Abs. 1, 2 PartGG in<br />
Betracht kommen; an<strong>de</strong>rnfalls ist die Übertragung <strong>de</strong>r Mitgliedschaft<br />
gem. § 134 BGB nichtig. 1<br />
Die Mitgliedschaft in <strong>de</strong>r Partnerschaft ist gem. § 9 Abs. 4 S. 1<br />
PartGG nicht vererblich. Der Gesellschaftsvertrag kann davon<br />
zwar abweichen; allerdings kann die Mitgliedschaft nur an Personen<br />
vererbt wer<strong>de</strong>n, die als Freiberufler Partner sein können.<br />
1<br />
2<br />
1 MünchKomm-BGB/Schäfer, § 9 PartGG Rn. 33 m. w. N.
eck-<strong>shop</strong>.<strong>de</strong><br />
140 Das Recht <strong>de</strong>r Partnerschaft<br />
1<br />
§ 26. Auflösung und Liquidation <strong>de</strong>r Partnerschaft<br />
Für Auflösung und Liquidation <strong>de</strong>r Partnerschaft verweisen §§ 9<br />
Abs. 1, 10 Abs. 1 PartGG auf die entsprechen<strong>de</strong>n Normen im Recht<br />
<strong>de</strong>r OHG.
eck-<strong>shop</strong>.<strong>de</strong><br />
5. Kapitel. Das Recht <strong>de</strong>r stillen Gesellschaft<br />
§ 27. Grundlagen<br />
Die stille Gesellschaft ist in <strong>de</strong>n §§ 230 ff. HGB geregelt. Es han<strong>de</strong>lt<br />
sich dabei um eine Gesellschaft, bei <strong>de</strong>r sich ein sog. stiller Gesellschafter<br />
(auch „Stiller“ genannt) am Han<strong>de</strong>lsgewerbe eines Kaufmanns<br />
beteiligt. Dazu leistet <strong>de</strong>r stille Gesellschafter eine Vermögenseinlage,<br />
die in das Vermögen <strong>de</strong>s Kaufmanns übergeht und erhält<br />
dafür eine Gewinnbeteiligung.<br />
Die stille Gesellschaft ist eine Innengesellschaft; nach außen tritt<br />
nur <strong>de</strong>r Kaufmann in Erscheinung und es wird auch kein Gesellschaftsvermögen<br />
gebil<strong>de</strong>t (näher sogleich, § 28 Rn. 5). 1 An<strong>de</strong>rs als im<br />
Recht <strong>de</strong>r GbR, wo die §§ 705 ff. BGB im Prinzip sowohl auf Innenals<br />
auch Außengesellschaften anwendbar sind, was aber für je<strong>de</strong><br />
Norm beson<strong>de</strong>rs zu prüfen ist, spaltet das Han<strong>de</strong>lsrecht Außenund<br />
Innengesellschaften in je eigene Rechtsformen (OHG/KG einerseits,<br />
stille Gesellschaft an<strong>de</strong>rerseits) auf, was die Übersichtlichkeit<br />
<strong>de</strong>utlich erhöht und die Rechtsanwendung erleichtert.<br />
Die historischen Wurzeln <strong>de</strong>r stillen Gesellschaft reichen bis ins<br />
Mittelalter zurück. Eine klare Unterscheidung <strong>de</strong>r stillen Gesellschaft<br />
von <strong>de</strong>r KG wur<strong>de</strong> im <strong>de</strong>utschen Recht aber erstmals im ADHGB<br />
von 1861 verwirklicht. Diese Regelung wur<strong>de</strong> 1897 in <strong>de</strong>n §§ 335 bis<br />
342 HGB fortgeschrieben. Durch das BilRiLiG wur<strong>de</strong>n diese Normen<br />
im Jahr 1986 nahezu wortgleich in die §§ 230 bis 237 HGB verpflanzt.<br />
2<br />
1<br />
2<br />
§ 28. Begriff und Entstehung <strong>de</strong>r stillen Gesellschaft<br />
I. Grundlagen<br />
Die stille Gesellschaft entsteht durch <strong>de</strong>n Abschluss eines Gesellschaftsvertrages.<br />
1 Welche Merkmale dieser Vertrag aufweisen muss,<br />
1 Röhricht/Graf von Westphalen/von Gerkan/Mock, § 230 Rn. 5; MünchKomm-HGB/<br />
K. Schmidt, § 230 Rn. 7.<br />
2 Näher zur Geschichte <strong>de</strong>r stillen Gesellschaft Bezzenberger/Keul, in: MünchHdbGesR<br />
II, § 72 Rn. 3ff.<br />
1 E/B/J/S/Gehrlein, § 230 Rn. 20.<br />
1
eck-<strong>shop</strong>.<strong>de</strong><br />
142 Das Recht <strong>de</strong>r stillen Gesellschaft<br />
<strong>de</strong>finiert das Gesetz nicht. Aus <strong>de</strong>n §§ 230 ff. HGB ergibt sich, dass<br />
eine stille Gesellschaft unter <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Voraussetzungen vorliegt:<br />
– Vertraglicher Zusammenschluss eines Kaufmanns und eines<br />
stillen Gesellschafters: Wie je<strong>de</strong> Gesellschaft setzt die stille Gesellschaft<br />
einen vertraglichen Zusammenschluss mehrerer Personen<br />
voraus. Bei <strong>de</strong>r stillen Gesellschaft muss eine <strong>de</strong>r Parteien Kaufmann<br />
i. S. d. §§ 1 bis 6 HGB sein. Die Rechtsform <strong>de</strong>r Parteien ist<br />
unbeachtlich; es muss sich nicht notwendig um natürliche Personen<br />
han<strong>de</strong>ln. 2 Typischerweise besteht eine stille Gesellschaft aus<br />
zwei Gesellschaftern; die Bildung mehrgliedriger stiller Gesellschaften<br />
ist zwar ebenfalls möglich, 3 doch besteht die Einlagepflicht<br />
immer nur gegenüber <strong>de</strong>m einen Kaufmann (s. noch unten<br />
§ 29 Rn. 2).<br />
2 – Gemeinsamer Zweck, <strong>de</strong>r im Betrieb eines Han<strong>de</strong>lsgewerbes<br />
durch <strong>de</strong>n Geschäftsinhaber besteht: Der gemeinsame Zweck <strong>de</strong>r<br />
stillen Gesellschaft besteht im Betrieb eines Han<strong>de</strong>lsgewerbes. Dieses<br />
wird allerdings nicht von allen Gesellschaftern gemeinsam betrieben,<br />
son<strong>de</strong>rn nur von <strong>de</strong>m Geschäftsinhaber, <strong>de</strong>r nach außen<br />
allein in Erscheinung tritt. 4 Die stille Gesellschaft ist eben Innengesellschaft<br />
und tritt daher <strong>de</strong>finitionsgemäß nicht nach außen als<br />
solche auf.<br />
3 – För<strong>de</strong>rungspflicht durch Beiträge: Der stille Gesellschafter muss<br />
<strong>de</strong>n gemeinsamen Zweck durch Leistung einer Einlage för<strong>de</strong>rn.<br />
Die Einlage kann nur in das Vermögen <strong>de</strong>s Geschäftsinhabers geleistet<br />
wer<strong>de</strong>n; es wird kein Gesellschaftsvermögen gebil<strong>de</strong>t. Ob<br />
es sich bei <strong>de</strong>r Leistung einer Vermögenseinlage durch <strong>de</strong>n stillen<br />
Gesellschafter um ein konstitutives Merkmal <strong>de</strong>r stillen Gesellschaft<br />
han<strong>de</strong>lt, o<strong>de</strong>r ob auch die Leistung eines an<strong>de</strong>ren Beitrags<br />
genügt, ist umstritten. 5 Der Beitrag <strong>de</strong>s Geschäftsinhabers besteht<br />
in <strong>de</strong>r Führung <strong>de</strong>s Unternehmens für gemeinsame Rechnung. 6<br />
– Gewinnbeteiligung: Der stille Gesellschafter muss am Gewinn <strong>de</strong>s<br />
Unternehmens beteiligt wer<strong>de</strong>n; an<strong>de</strong>rnfalls liegt keine stille Gesellschaft<br />
vor. Er kann zusätzlich auch am Verlust beteiligt wer<strong>de</strong>n;<br />
notwendig ist dies aber nicht. 7 Bei reinen Gewinnbeteiligungen ist<br />
2 Baumbach/Hopt/Hopt, § 230 Rn. 5 f.; E/B/J/S/Gehrlein, § 230 Rn. 5 ff., 10.<br />
3 Baumbach/Hopt/Hopt, § 230 Rn. 7; K. Schmidt, § 62 II 2 c cc (S. 1847 f.).<br />
4 E/B/J/S/Gehrlein, § 230 Rn. 3.<br />
5 Näher E/B/J/S/Gehrlein, § 230 Rn. 14ff.; vgl. auch Röhricht/Graf von Westphalen/<br />
von Gerkan/Mock, § 230 Rn. 30.<br />
6 K. Schmidt, § 62 III 2 b (S. 1854).<br />
7 K. Schmidt, § 62 II 1 e (S. 1844 f.).
eck-<strong>shop</strong>.<strong>de</strong><br />
§ 28. Begriff und Entstehung 143<br />
allerdings die Abgrenzung zu <strong>de</strong>n partiarischen Rechtsverhältnissen<br />
(dazu Rn. 7) nicht immer einfach (s. noch unten Rn. 7).<br />
II. Rechtliche Qualifikation<br />
Nach <strong>de</strong>m Gesagten ist die stille Gesellschaft eine Gesellschaft<br />
i. S. d. § 705 BGB, <strong>de</strong>nn es schließen sich mehrere Personen durch<br />
Vertrag zusammen, um einen gemeinsamen Zweck durch ihre Beiträge<br />
för<strong>de</strong>rn.<br />
Nach außen tritt nicht die stille Gesellschaft selbst, son<strong>de</strong>rn stets<br />
nur <strong>de</strong>r Inhaber <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lsgewerbes in Erscheinung. Er allein wird<br />
aus <strong>de</strong>n beim Geschäftsbetrieb geschlossenen Geschäften verpflichtet,<br />
§ 230 Abs. 2 HGB. Die stille Gesellschaft ist daher keine Außengesellschaft,<br />
son<strong>de</strong>rn eine Innengesellschaft. Sie kann keine eigenen<br />
Rechte und Pflichten haben o<strong>de</strong>r ein Gesellschaftsvermögen erwerben;<br />
sie wird nicht rechtsgeschäftlich vertreten und ist we<strong>de</strong>r <strong>de</strong>liktsnoch<br />
partei- o<strong>de</strong>r insolvenzfähig. 8<br />
Ob die Lehre vom fehlerhaften Verband auf die stille Gesellschaft anzuwen<strong>de</strong>n<br />
ist, ist umstritten. Die Anwendung wür<strong>de</strong> dazu führen, dass Fehler<br />
beim Abschluss <strong>de</strong>s Gesellschaftsvertrages, die im Normalfall die Nichtigkeit<br />
<strong>de</strong>s Vertrages zur Folge hätten, nach Invollzugsetzung <strong>de</strong>r Gesellschaft nur<br />
noch mit Wirkung ex nunc geltend gemacht wer<strong>de</strong>n könnten (Grundlagen<br />
s. o., § 5 Rn. 18).<br />
– Nach Ansicht <strong>de</strong>s BGH 9 und eines Teils <strong>de</strong>r Literatur 10 soll die Lehre<br />
vom fehlerhaften Verband auch auf stille Gesellschaften anwendbar sein.<br />
Begrün<strong>de</strong>t wird dies mit <strong>de</strong>m pragmatischen Argument, dass die vollständige<br />
Rückabwicklung einer stillen Gesellschaft in ähnlichem Maße mit<br />
Schwierigkeiten behaftet sei wie die Rückabwicklung an<strong>de</strong>rer Gesellschaftstypen.<br />
Zu<strong>de</strong>m bestehe zwischen <strong>de</strong>n Gesellschaftern einer stillen<br />
Gesellschaft eine Risikogemeinschaft, die nicht durch die starre Rückabwicklung<br />
<strong>de</strong>s Gesellschaftsverhältnisses ex tunc beseitigt wer<strong>de</strong>n dürfe.<br />
– Nach <strong>de</strong>r vorzugswürdigen Gegenansicht 11 ist die Lehre vom fehlerhaften<br />
Verband nicht auf stille Gesellschaften anwendbar. Bei <strong>de</strong>r stillen Gesellschaft<br />
han<strong>de</strong>lt es nämlich – wie oben gesehen – um eine bloße Innengesellschaft,<br />
<strong>de</strong>r keine eigene Rechtssubjektivität zukommt. Die Entstehung eines<br />
Rechtssubjekts und die gera<strong>de</strong> damit verbun<strong>de</strong>nen spezifischen<br />
Rückabwicklungsschwierigkeiten sind aber das entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Argument<br />
8 E/B/J/S/Gehrlein, § 230 Rn. 4; MünchKomm-HGB/K. Schmidt, § 230 Rn. 8f.<br />
9 BGH NZG 2006, 57 mit zahlreichen weiteren Nachweisen.<br />
10 E/B/J/S/Gehrlein, § 230 Rn. 31; Röhricht/Graf von Westphalen/von Gerkan/Mock,<br />
§ 230 Rn. 14 ff. Differenzierend Armbrüster/Joos, ZIP 2004, 187, 192 ff., 194; Münch-<br />
Komm-HGB/K. Schmidt, § 230 Rn. 131.<br />
11 Schäfer, ZHR 170 (2006), 373, 375, 391 ff., 375 ff.; MünchKomm-BGB/Schäfer, § 705<br />
Rn. 359.<br />
4<br />
5<br />
6
eck-<strong>shop</strong>.<strong>de</strong><br />
144 Das Recht <strong>de</strong>r stillen Gesellschaft<br />
für die Anwendung <strong>de</strong>r Lehre vom fehlerhaften Verband. Da dieses tragen<strong>de</strong><br />
Argument bei <strong>de</strong>r stillen Gesellschaft wegfällt, ist die Lehre vom fehlerhaften<br />
Verband nicht anwendbar.<br />
7<br />
Schließlich ist auf die Abgrenzung <strong>de</strong>r stillen Gesellschaft von <strong>de</strong>n<br />
sog. partiarischen Rechtsverhältnissen einzugehen. Dabei han<strong>de</strong>lt<br />
es sich um Austauschverträge, bei <strong>de</strong>nen eine Partei eine Leistung<br />
(z. B. ein Darlehen) erbringt und dafür statt o<strong>de</strong>r neben einer Vergütung<br />
eine Beteiligung am Gewinn o<strong>de</strong>r am Umsatz <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Partei<br />
erhält. Abgrenzungsmerkmal zur stillen Gesellschaft ist <strong>de</strong>r gemeinsame<br />
Zweck, <strong>de</strong>r bei partiarischen Rechtsverhältnissen fehlt. 12 Die<br />
Abgrenzung kann im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten und erfor<strong>de</strong>rt<br />
eine Gesamtwürdigung <strong>de</strong>s Vertrages und <strong>de</strong>r wirtschaftlichen<br />
Ziele <strong>de</strong>r Beteiligten. Wichtiges Kriterium ist dabei, ob <strong>de</strong>m „Stillen“<br />
sonstige Rechte eingeräumt wer<strong>de</strong>n, wie sie in <strong>de</strong>n §§ 230 ff. HGB geregelt<br />
sind<br />
1<br />
2<br />
§ 29. Die Rechtsverhältnisse in <strong>de</strong>r stillen Gesellschaft<br />
im Überblick<br />
Die Rechtsverhältnisse in <strong>de</strong>r stillen Gesellschaft richten sich<br />
– in erste Linie nach <strong>de</strong>m Gesellschaftsvertrag;<br />
– in zweiter Linie nach <strong>de</strong>n §§ 230 ff. HGB;<br />
– in dritter Linie nach <strong>de</strong>n §§ 705 ff. BGB.<br />
Der stille Gesellschafter hat die folgen<strong>de</strong>n wesentlichen Rechte<br />
und Pflichten:<br />
– Der stille Gesellschafter ist zur Leistung <strong>de</strong>r Vermögenseinlage an<br />
<strong>de</strong>n Geschäftsinhaber verpflichtet. Weitere Leistungspflichten können<br />
sich aus <strong>de</strong>m Vertrag o<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Treupflicht ergeben. 1<br />
– Der stille Gesellschafter muss am Gewinn beteiligt wer<strong>de</strong>n; die<br />
Gewinnbeteiligung kann nicht ganz ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n (§ 231<br />
Abs. 2 HGB). Er kann auch am Verlust beteiligt wer<strong>de</strong>n; dies ist<br />
jedoch nicht zwingend.<br />
– Der stille Gesellschafter ist nicht verpflichtet, seine durch Verluste<br />
vermin<strong>de</strong>rte Einlage zu ergänzen; er darf Gewinne aber erst nach<br />
<strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rauffüllung <strong>de</strong>r Einlage beziehen (§ 232 Abs. 2 HGB).<br />
12 Baumbach/Hopt/Hopt, § 230 Rn. 4.<br />
1 MünchKomm-HGB/K. Schmidt, § 230 Rn. 154; Baumbach/Hopt/Hopt, § 230 Rn. 23.
eck-<strong>shop</strong>.<strong>de</strong><br />
§ 30. Atypische Gestaltungen 145<br />
Die Kontrollrechte <strong>de</strong>s stillen Gesellschafters ergeben sich aus<br />
§ 233 HGB.<br />
Der Geschäftsinhaber hat die folgen<strong>de</strong>n wesentlichen Rechte und<br />
Pflichten:<br />
– Der Geschäftsinhaber ist berechtigt und verpflichtet, das Han<strong>de</strong>lsgeschäft<br />
für gemeinsame Rechnung zu führen. Dabei hat er einen<br />
großen unternehmerischen Handlungsspielraum, auch hinsichtlich<br />
<strong>de</strong>r Aus<strong>de</strong>hnung und Einschränkung <strong>de</strong>s Geschäftsbetriebs. Wesentliche<br />
Verän<strong>de</strong>rungen, Veräußerung und Einstellung bedürfen<br />
aber <strong>de</strong>r Zustimmung <strong>de</strong>s stillen Gesellschafters. 2<br />
– Der Geschäftsinhaber haftet für die Verletzung seiner Pflichten bei<br />
<strong>de</strong>r Geschäftsführung (Verschul<strong>de</strong>nsmaßstab: §§ 708, 277 BGB). 3<br />
– Zu<strong>de</strong>m ist <strong>de</strong>r Geschäftsinhaber im Verhältnis zum stillen Gesellschafter<br />
an die Treupflicht gebun<strong>de</strong>n.<br />
3<br />
§ 30. Atypische Gestaltungen<br />
Die gesetzestypische stille Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus,<br />
dass nur ein stiller Gesellschafter und ein Unternehmensträger vorhan<strong>de</strong>n<br />
sind. Zu<strong>de</strong>m ist <strong>de</strong>r stille Gesellschafter nicht an <strong>de</strong>r Geschäftsführung<br />
beteiligt und hat auch nicht an <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>s<br />
Vermögens <strong>de</strong>s Unternehmensträgers teil. Von dieser gesetzlichen<br />
Regelung können die Parteien aber abweichen. Entsprechen<strong>de</strong> Abweichungen<br />
wirken schuldrechtlich für das Innenverhältnis zwischen<br />
<strong>de</strong>n Parteien. Dabei kommen insbeson<strong>de</strong>re die folgen<strong>de</strong>n Gestaltungen<br />
in Betracht:<br />
Möglich ist zunächst die Beteiligung <strong>de</strong>s stillen Gesellschafters an<br />
<strong>de</strong>r Geschäftsführung. Die Ausgestaltung <strong>de</strong>r Mitwirkungsbefugnisse<br />
ist weitgehend <strong>de</strong>n Parteien überlassen. In Frage kommen beispielsweise<br />
Wi<strong>de</strong>rspruchsrechte, Zustimmungsvorbehalte, Stimmrechte<br />
o<strong>de</strong>r Weisungsbefugnisse für <strong>de</strong>n stillen Gesellschafter. 1<br />
Darüber hinaus kann ihm auch die Geschäftsführungsbefugnis im eigentlichen<br />
Sinne verliehen wer<strong>de</strong>n. Selbst mit <strong>de</strong>r Alleingeschäftsführung<br />
kann <strong>de</strong>r stille Gesellschafter betraut wer<strong>de</strong>n. 2 Umgekehrt kann<br />
2 Baumbach/Hopt/Hopt, § 230 Rn. 13; Röhricht/Graf von Westphalen/von Gerkan/<br />
Mock, § 230 Rn. 78.<br />
3 Röhricht/Graf von Westphalen/von Gerkan/Mock, § 230 Rn. 79.<br />
1 MünchKomm-HGB/K. Schmidt, § 230 Rn. 77.<br />
2 E/B/J/S/Gehrlein, § 230 Rn. 66; Röhricht/Graf von Westphalen/von Gerkan/Mock,<br />
§ 230 Rn. 68.<br />
1<br />
2
eck-<strong>shop</strong>.<strong>de</strong><br />
146 Das Recht <strong>de</strong>r stillen Gesellschaft<br />
die Geschäftsführungsbefugnis <strong>de</strong>m stillen Gesellschafter aus wichtigem<br />
Grund gem. § 712 BGB wie<strong>de</strong>r entzogen wer<strong>de</strong>n. 3<br />
Solche Vereinbarungen wirken aber stets nur schuldrechtlich für<br />
das Innenverhältnis zwischen <strong>de</strong>n Parteien; die Verfügungsbefugnisse<br />
<strong>de</strong>s Geschäftsinhabers wer<strong>de</strong>n durch sie nicht berührt. 4 Deshalb ist es<br />
sinnvoll, einen stillen Gesellschafter, <strong>de</strong>r über eine weit reichen<strong>de</strong> Geschäftsführungsbefugnis<br />
verfügt, mit einer darauf abgestimmten Vertretungsmacht<br />
(z. B. Prokura o<strong>de</strong>r Handlungsvollmacht) auszustatten.<br />
5 Dann hat er die Möglichkeit, <strong>de</strong>n Unternehmensträger (nicht:<br />
die stille Gesellschaft!) auch nach außen wirksam zu verpflichten.<br />
3 Eine weitere Gestaltungsmöglichkeit stellt die Beteiligung <strong>de</strong>s stillen<br />
Gesellschafters an <strong>de</strong>m zum Unternehmen gehören<strong>de</strong>n Vermögen<br />
dar. Nach <strong>de</strong>m gesetzlichen Regelungsmo<strong>de</strong>ll partizipiert <strong>de</strong>r<br />
stille Gesellschafter nur an <strong>de</strong>m Gewinn <strong>de</strong>s Unternehmensträgers.<br />
Durch eine entsprechen<strong>de</strong> vertragliche Regelung ist es jedoch möglich,<br />
ihn im Innenverhältnis so zu stellen, als wür<strong>de</strong> das Unternehmen<br />
ihm und <strong>de</strong>m Geschäftsinhaber gemeinschaftlich gehören. 6 In <strong>de</strong>r<br />
Praxis kommen <strong>de</strong>rartige Konstruktionen häufig vor. 7 Sie sollen bewirken,<br />
dass <strong>de</strong>r stille Gesellschafter auch an solchen Wertverän<strong>de</strong>rungen<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens beteiligt wird, die nicht zu Gewinnen<br />
führen (z. B. Wertschwankungen von stillen Reserven). Im Auseinan<strong>de</strong>rsetzungsfall<br />
wird er schuldrechtlich so gestellt, als sei er ein Gesamthän<strong>de</strong>r.<br />
8<br />
Abre<strong>de</strong>n, durch die <strong>de</strong>r stille Gesellschafter eine Beteiligung am<br />
Unternehmensvermögen erhält, sind allerdings nur schuldrechtlicher<br />
Natur. 9 Die dingliche Vermögenszuordnung wird nicht berührt.<br />
Das Vermögen bleibt Eigentum <strong>de</strong>s Geschäftsinhabers; ein davon<br />
dinglich getrenntes Gesellschaftsvermögen wird nicht gebil<strong>de</strong>t.<br />
Durch Vereinbarungen, die <strong>de</strong>n stillen Gesellschafter am Unternehmensvermögen<br />
beteiligen, wird <strong>de</strong>ssen Stellung <strong>de</strong>rjenigen eines<br />
Kommanditisten angenähert. Ob ihm infolge<strong>de</strong>ssen auch bestimmte<br />
Rechte eines Kommanditisten zuzuerkennen sind (z. B. Wi<strong>de</strong>r-<br />
3 MünchKomm-HGB/K. Schmidt, § 712 Rn. 77 a. E.<br />
4 E/B/J/S/Gehrlein, § 230 Rn. 66.<br />
5 K. Schmidt, § 62 II 2 c bb (S. 1847); Röhricht/Graf von Westphalen/von Gerkan/Mock,<br />
§ 230 Rn. 69.<br />
6 Baumbach/Hopt/Hopt, § 230 Rn. 21.<br />
7 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II 2 c aa (S. 1846).<br />
8 MünchKomm-HGB/K. Schmidt, § 230 Rn. 79; E/B/J/S/Gehrlein, § 230 Rn. 65.<br />
9 E/B/J/S/Gehrlein, § 230 Rn. 65; Röhricht/Graf von Westphalen/von Gerkan/Mock,<br />
§ 230 Rn. 67.