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Krimfahrt_Leseprobe (6)

Nach 20 Jahren Fassade und unglücklicher Ehe fährt das Ehepaar Seidlitz zum ersten Mal wieder in Urlaub. Alle Reisevorschläge, die Erika zunächst macht, lehnt Wilhelm Seidlitz mit fadenscheinigen Begründungen ab. Schließlich überredet sie ihn zu einer Zugfahrt auf die Krim. Die Reise beginnt harmonisch, wird aber bald durch die Eigenheiten der Mitreisenden getrübt. Durch Zufall entdeckt Wilhelm, dass die Reise nicht zur Erholung gedacht ist, sondern ihrer beider Schicksal entscheiden wird. Schließlich bricht sich in der abgelegenen Schönheit der russischen Landschaft die aufgestaute Frustration von 20 Jahren Ehe Bahn. Für einen der beiden wird dieser Ausbruch den Untergang bedeuten, für den anderen vielleicht eine neue Lebensblüte und späte Zukunft.

Nach 20 Jahren Fassade und unglücklicher Ehe fährt das Ehepaar Seidlitz zum ersten Mal wieder in Urlaub. Alle Reisevorschläge, die Erika zunächst macht, lehnt Wilhelm Seidlitz mit fadenscheinigen Begründungen ab. Schließlich überredet sie ihn zu einer Zugfahrt auf die Krim. Die Reise beginnt harmonisch, wird aber bald durch die Eigenheiten der Mitreisenden getrübt. Durch Zufall entdeckt Wilhelm, dass die Reise nicht zur Erholung gedacht ist, sondern ihrer beider Schicksal entscheiden wird. Schließlich bricht sich in der abgelegenen Schönheit der russischen Landschaft die aufgestaute Frustration von 20 Jahren Ehe Bahn. Für einen der beiden wird dieser Ausbruch den Untergang bedeuten, für den anderen vielleicht eine neue Lebensblüte und späte Zukunft.

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Tage später beim Personalleiter vorstellig, der sich die<br />

Akte Seidlitz kommen ließ, kopfschüttelnd<br />

durchblätterte und entschied, dass Wilhelm Seidlitz<br />

im August einen ganzen Monat Resturlaub abfeiern<br />

musste.<br />

Der Sommer kam, bange hörte Seidlitz<br />

Schulkinder die verbleibenden wenigen Wochen bis<br />

zum Beginn der Schulferien zählen, aus ihrem eigenen<br />

Haus verschwanden ganze Familien nach Italien und<br />

ließen nur Schlüssel zum Balkongießen zurück. Der<br />

August näherte sich, Woche um Woche, Tag für Tag<br />

baute er sich wie eine Gewitterfront größer und<br />

bedrohlicher vor ihm auf.<br />

Auf ein gemeinsames Urlaubsziel hatten sie sich<br />

immer noch nicht einigen können, auch wenn Erika<br />

bereits demonstrativ die verstaubten Koffer vom<br />

Dachboden geholt und zum Durchlüften auf dem<br />

Balkon platziert hatte. Je mehr Seidlitz nachdachte<br />

und überlegte, umso fragwürdiger wurde ihm die Idee<br />

des Verreisens überhaupt. Wegfahren im Urlaub, wer<br />

hatte nur als Erster diese Schnapsidee gehabt?<br />

Könnte er sich nur vier Wochen auf dem Balkon<br />

zurücklehnen, die Füße hochlegen und abends ein<br />

Bier trinken. Das wäre ihm Erholung genug.<br />

Dabei war er aber Realist genug einzusehen, dass<br />

er diesmal keinen Ausweg mehr finden würde. Er<br />

hatte zu spät reagiert. Das zarte Pflänzchen von<br />

Erikas Urlaubserwartung, das er lange Jahre geschickt<br />

klein zu halten wusste, war, er wusste nicht wie, in<br />

kürzester Zeit zum undurchdringlichen Gestrüpp<br />

gewuchert, aus dem er keinen Ausweg mehr fand.<br />

Hund, Katze oder wertvolle Pflanzen, die die<br />

immerwährende Anwesenheit einer vertrauten Hand<br />

unbedingt erforderlich gemacht hätten, gab es nicht.<br />

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