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Krimfahrt_Leseprobe (6)

Nach 20 Jahren Fassade und unglücklicher Ehe fährt das Ehepaar Seidlitz zum ersten Mal wieder in Urlaub. Alle Reisevorschläge, die Erika zunächst macht, lehnt Wilhelm Seidlitz mit fadenscheinigen Begründungen ab. Schließlich überredet sie ihn zu einer Zugfahrt auf die Krim. Die Reise beginnt harmonisch, wird aber bald durch die Eigenheiten der Mitreisenden getrübt. Durch Zufall entdeckt Wilhelm, dass die Reise nicht zur Erholung gedacht ist, sondern ihrer beider Schicksal entscheiden wird. Schließlich bricht sich in der abgelegenen Schönheit der russischen Landschaft die aufgestaute Frustration von 20 Jahren Ehe Bahn. Für einen der beiden wird dieser Ausbruch den Untergang bedeuten, für den anderen vielleicht eine neue Lebensblüte und späte Zukunft.

Nach 20 Jahren Fassade und unglücklicher Ehe fährt das Ehepaar Seidlitz zum ersten Mal wieder in Urlaub. Alle Reisevorschläge, die Erika zunächst macht, lehnt Wilhelm Seidlitz mit fadenscheinigen Begründungen ab. Schließlich überredet sie ihn zu einer Zugfahrt auf die Krim. Die Reise beginnt harmonisch, wird aber bald durch die Eigenheiten der Mitreisenden getrübt. Durch Zufall entdeckt Wilhelm, dass die Reise nicht zur Erholung gedacht ist, sondern ihrer beider Schicksal entscheiden wird. Schließlich bricht sich in der abgelegenen Schönheit der russischen Landschaft die aufgestaute Frustration von 20 Jahren Ehe Bahn. Für einen der beiden wird dieser Ausbruch den Untergang bedeuten, für den anderen vielleicht eine neue Lebensblüte und späte Zukunft.

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uhig.“ Obwohl ihn ansonsten jede Veränderung, die<br />

im Haus vorging, brennend interessierte, versäumte er<br />

zu fragen, was mit dem Laden nach der Abreise der<br />

Werners geschehen würde. Vielleicht meinte er<br />

insgeheim, dass ein Anderer, ein Jüngerer Werners<br />

Farbhandel fortführen werde. Bald darauf wurde das<br />

kleine Schaufenster wirklich verhängt, es blieb aber<br />

lange ruhig, nur einmal, nach Wochen, waren<br />

Handwerker zu hören. Eines Tages, am späten<br />

Nachmittag, als Seidlitz nach Feierabend mit einem<br />

Bildband am Balkon saß, kam ein Lieferwagen um die<br />

Ecke, aus dem Regale und Stühle geladen wurden.<br />

Die letzte Juliwoche kam mit ungewöhnlicher<br />

Hitze, überall auf den Straßen waren Sprengwagen<br />

unterwegs, und sogar in der Seidlitz’schen Wohnung,<br />

obwohl nach Norden gelegen, wurde es in den<br />

Nachmittagsstunden jetzt unerträglich heiß. Infolge<br />

der drückenden Zustände in der Wohnung ließ sich<br />

Wilhelm Seidlitz nun öfter nach Feierabend von Erika<br />

zu einem ziellosen Stadtbummel verleiten, was ihm<br />

mehr gefiel, als er zugeben mochte, weil er<br />

andererseits befürchtete, dass Erika seine Neigung zur<br />

Bummelei sofort mit Begriffen wie Seebad und<br />

Strandpromenade in Verbindung bringen würde.<br />

Am letzten Montag im Juli, als sie beide, Erika<br />

locker im Arm ihres Gatten eingehängt, nach Hause<br />

zurückschlenderten, waren die Schaufenster des<br />

ehemaligen Farbladens nicht mehr verhängt, ohne<br />

dass man aber gegen die blendende Sonne hätte<br />

erkennen können, um welche Art von Gewerbe es<br />

sich jetzt handelte. Jedenfalls stand die Türe des<br />

Ladens geöffnet und im Rahmen lehnte ein Mann<br />

südländischen Aussehens im weißen Sommeranzug.<br />

„Windige Gestalt“, war Seidlitz’ erster Gedanke.<br />

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