gangart_7_Träumen
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© Jure Vukadin<br />
wichtig. Er zeigt dir, dass du<br />
nicht ewig Zeit hast, deine<br />
Träume zu verwirklichen.<br />
Und der Weihnachtsmann<br />
schenkt dir dieses kindliche<br />
Vertrauen in die transformative<br />
Kraft deiner Bilder.“ Ich<br />
hole tief Luft und übersetze<br />
für mich: Egal, was du tust<br />
im Leben – du brauchst das<br />
Bild des Gelingens in dir,<br />
damit die Welt weiß, wohin<br />
sie zu gehen hat.<br />
Im Weltraumanzug<br />
durch die Wirklichkeit –<br />
Harald Katzenschläger<br />
vom Dreamicon Valley<br />
Historische Spuren II<br />
Anfang des 20. Jahrhunderts,<br />
sorgt Sigmund Freud<br />
für eine erste Renaissance<br />
der Träume, indem er sie<br />
ordnet und als Ausdruck unserer<br />
geheimsten Wünsche<br />
beschreibt. Allerdings war er<br />
davon überzeugt, dass viele<br />
Fantasien nur in maskierter<br />
Form in Träumen auftauchten.<br />
Nur in der Verfremdung<br />
gelinge es dem Unbewussten,<br />
sie am „inneren Zensor“,<br />
an unserer Kontrollinstanz<br />
im Kopf, vorbeizuschleusen.<br />
Doch damit der Schwierigkeiten<br />
nicht genug: Denn das<br />
Material seiner Psychoanalyse<br />
sind ja nicht die Träume<br />
selbst, sondern die Traumberichte<br />
der Klienten, die Rückerinnerung<br />
an das Träumen<br />
nach dem Aufwachen.<br />
Ausfahrt Dreamicon Valley<br />
Dass Träumer landläufig als Taugenichtse gelten, davon weiß<br />
Harald Katzenschläger, der Gründer des Dreamicon Valley, ein Lied<br />
zu singen. Er sitzt im 9. Stock eines blauen Glaszylinders, der wie<br />
ein Leuchtturm in der pannonischen Landschaft an der Grenze zu<br />
Ungarn steht. Man könnte ihn als Traumflüsterer bezeichnen, der<br />
Menschen dabei hilft, ihre Träume zu benennen, zu befreien und in<br />
die Welt zu begleiten. „Viele Menschen trauen sich nicht zu träumen,<br />
weil die Angst, ihren Status zu verlieren, größer ist als die Sehnsucht,<br />
das, was in ihnen brennt, zu verwirklichen. Das hat auch damit zu tun,<br />
dass in unserer Gesellschaft ein Träumer als Nichtsnutz gilt, der auf<br />
einer Bank sitzt und wartet, dass sich alles von alleine erfüllt.“<br />
Diesem Mythos setzt Katzenschläger seinen Slogan "Your dream<br />
works" entgegen. „Wir fragen alle Menschen, die zu uns kommen,<br />
konsequent, was ihr Traum ist, wie er funktionieren könnte und was sie<br />
für den nächsten Schritt benötigen. Zum Träumen gehört eine gewisse<br />
Naivität, zweifellos, aber man muss auch bereit sein, etwas dafür zu<br />
tun.“ Katzenschlägers Gefährten in diesen Flüstersitzungen sind<br />
vorzugsweise der Weihnachtsmann und der Tod: „Der Tod ist ganz<br />
Wir alle wissen, wie schwierig<br />
es ist, einen guten Traum gut zu erzählen.<br />
Die Wörter lassen uns im Stich. Die Reihenfolge<br />
wird auf den Kopf gestellt. Man kündigt<br />
etwas Wunderbares an, und am Ende bleiben<br />
ein schaler Geschmack und die Frustration,<br />
dass der Traum beim Erzählen seinen Glanz<br />
verloren hat. Folgerichtig beschreibt Walter<br />
Benjamin den Traum als einen unscheinbaren<br />
Mantel, den man nicht wenden kann. Außen die<br />
graue Langeweile des Schlafes und innen mit<br />
einem wunderbaren und schillernden Seidenfutter<br />
ausgestattet: „Wenn wir träumen, sind wir<br />
in den Arabesken dieses Futters zu Hause.“<br />
Auch wenn Freuds Theorie die Resonanz in der<br />
Wissenschaft versagt blieb, ist die Zeit vorbei,<br />
in der die Verachtung der Träume als sinnloses<br />
Synapsengeflimmer ihr kleinster gemeinsamer<br />
Nenner war. Heute sind Neurobiologen in der<br />
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