ASADI-Ausgabe-20-Mai-2017-2
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Wir Jemeniten sind gefangen in einem vergessen Krieg<br />
Mein Name ist Mohammed Al<br />
Osimi. Ich lebe in Sanaa der<br />
Hauptstadt des Jemen. Vor mehr<br />
als zwei Jahren begann der Krieg<br />
in meinem Land. Es herrschte bereits<br />
vor Beginn des Krieges zunehmend<br />
mehr Arbeitslosigkeit.<br />
Ein wichtiger Wirtschaftszweig<br />
war der Tourismus. Ich selbst arbeitete<br />
seit 1997 im Tourismusgeschäft.<br />
Seit der Wiedervereinigung<br />
des Jemen bis zum Jahr<br />
<strong>20</strong>03 erlebte unser Land einen<br />
Zustrom an Touristen. Es entstanden<br />
viele Arbeitsplätze und dem<br />
Land ging es relativ gut. Nach<br />
dem 11. September gab es viele<br />
Falsche Informationen über den<br />
Jemen. Der Tourismus wurde<br />
rückläufig, da unser Land ständig<br />
in Negativschlagzeilen für Terroristische<br />
Anschläge benannt wurde.<br />
Jedoch gingen diese sehr selten<br />
vom Jemen direkt aus.<br />
Ich war somit seit einigen Jahren<br />
arbeitslos. Bemühte mich um andersartige<br />
Arbeit, jedoch erfolglos.<br />
Mit Beginn des arabischen<br />
Frühlings hoffte ich auf positive<br />
Veränderungen im Land. Später<br />
mussten wir erkennen dass bereits<br />
hier der Grundstein für den späteren<br />
Beginn des Krieges gegen den<br />
Jemen gelegt wurde. Saudi Arabien<br />
benutze dieses um Machtanspruch<br />
auf unser Land und seiner<br />
wichtigen geologischen Lage zu<br />
erheben.<br />
Der Angriff der Saudischen Koalition<br />
auf uns (das einfache Volk)<br />
hatte katastrophale Folgen. Seither<br />
sind Schulbesuche unserer<br />
Kinder seltenmöglich. Die Ursachen<br />
sind Bombardierung der<br />
Wohngebiete, somit öffentlicher<br />
ziviler Einrichtungen. Unsere<br />
Städte sind teilweise mehr als<br />
<strong>20</strong>00 Jahre alt. Die Häuser und<br />
öffentliche Einrichtungen stehen<br />
dicht beieinander. Unser Land<br />
war über mehrere Monate am<br />
Stück ohne Elektrik. Krankenhäuser,<br />
Büros und Schulen arbeiteten<br />
teilweise mit Stromaggregaten<br />
unter sehr schwierigen Umständen.<br />
Das Leben wurde für mich<br />
und meine Kinder sehr schnell<br />
unerträglich. Tee und Brot waren<br />
wochenlang unsere einzige Nahrung.<br />
Durch die Blockaden der<br />
Flughäfen und Seehäfen kamen<br />
keine Exportgüter mehr ins Land.<br />
Die Preise stiegen um das fünffache.<br />
An manchen Tagen weiß ich<br />
am Morgen nicht, wie ich meine<br />
Familie über den Tag bringen<br />
soll.<br />
Das allergrößte Problem ist der<br />
Wassermangel in unserem Land.<br />
Speziell das Sanaà Becken hat<br />
kaum Grundwasser. Wasserleitungen<br />
arbeiten schon lange<br />
nicht mehr. Überall in der Stadt<br />
wurden Wasserstellen errichtet.<br />
Wir selbst können uns seit mehr<br />
als einem Jahr kein Gas zum Kochen<br />
leisten. Die Frauen meiner<br />
Familie kochen gemeinsam auf<br />
einer Feuerstelle im Hof. Jedoch<br />
ist auch dieses nicht immer möglich,<br />
denn manchmal fehlt auch<br />
das Geld für Brennholz.<br />
Wir haben das Glück alle in einem<br />
Haus zu wohnen, denn wir<br />
sind auf gegenseitige Unterstützung<br />
angewiesen. Einige um uns<br />
herum können nicht mehr in ihren<br />
Häusern leben, da diese durch die<br />
Druckwellen der Bombenangriffe<br />
stark beschädigt wurden. Dieses<br />
betrifft den größten Teil der<br />
Bewohner in unserer Stadt. Deröffentliche<br />
Dienst arbeitet nicht<br />
mehr. Müllhalden in der gesamten<br />
Stadt breiteten sich aus, Cholera<br />
breitete sich aus. Geschäfte<br />
sind vielerorts geschlossen. Als<br />
meine Tochter aufgrund verunreinigten<br />
Trinkwassers an einem<br />
Lebervirus erkrankte mussten wir<br />
das letzte was ich hatte verkaufen,<br />
um die Rechnungen für den<br />
Arzt zu begleichen. Ältere Familienmitglieder<br />
können nicht zum<br />
Arzt gehen, da kein Geld vorhanden<br />
ist. Die Ärzte sind seit Monaten<br />
ohne Bezahlung, so dass ein<br />
großer Teil unserer Krankenhäuser<br />
geschlossen wurden. Ebenso<br />
wie die Schulen unserer Kinder.<br />
Ich bin am Endemeiner Kraft, ich<br />
weiß nicht wie ich und meine<br />
Kinder noch länger am Existenzminimum<br />
leben können. Wir<br />
sind gefangen in unserer Not.<br />
Für Nachbarn, welche Familien<br />
im Ausland haben, besteht keine<br />
Möglichkeit das Land zu verlassen.<br />
Auch umgekehrt gibt es<br />
keine Möglichkeit von Außerhalb<br />
zu uns zu gelangen. Die Grenzen,<br />
Flughäfen und Seehäfen<br />
wurden durch Saudi Arabien und<br />
Ihrer Koalition zerstört oder blockiert.<br />
Wir fühlen uns verlassen<br />
und hilflos. Es mangelt an allem.<br />
Ich kann auch nicht ohne Hilfe<br />
meiner Freunde in Deutschland<br />
auf unsere Not hinweisen.<br />
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