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Zukunft schaffen – hier wie dort<br />
Seit sechs Jahren herrscht in Syrien<br />
Krieg. Die Menschen versuchen<br />
inmitten von Gewalt und Not am Leben<br />
zu bleiben. Fünf Millionen SyrerInnen<br />
suchen in Nachbarländern Schutz,<br />
viele von ihnen in der Türkei und dem<br />
Libanon.<br />
Mit 2,5 Millionen Menschen ist die<br />
Türkei das größte Aufnahmeland,<br />
in Relation zur eigenen<br />
Bevölkerungsgröße beherbergt<br />
der Libanon die höchste Zahl an<br />
Geflüchteten. Doch auch dort müssen<br />
sie jeden Tag ums Überleben kämpfen,<br />
denn legale Arbeit ist nicht möglich.<br />
Die Geschichte des Libanon ist geprägt<br />
von zahlreichen Auseinandersetzungen<br />
und Bürgerkriegen. Massive<br />
Zuwanderung, Attentate und Anschläge<br />
drohen das Land erneut im Chaos zu<br />
versenken.<br />
Fair Trade Lebanon<br />
Die 2006 von LibanesInnen gegründete<br />
Organisation Fair Trade Lebanon (FTL)<br />
hat es sich zur Aufgabe gemacht,<br />
die Menschen dort zu unterstützen.<br />
Ausgangspunkt ist das beträchtliche<br />
landwirtschaftliche Potential und die<br />
besonderen Techniken der Verarbeitung<br />
von Lebensmitteln, die in der Region<br />
genutzt werden können.<br />
Über fairen Handel werden neue<br />
Exportmöglichkeiten geschaffen und<br />
Gewinne in Projekte von FTL investiert.<br />
Fair Trade Lebanon unterstützt<br />
und fördert marginalisierte<br />
KleinproduzentInnen, indem es eine<br />
wirtschaftliche Alternative schafft,<br />
zur Umsatzsteigerung beiträgt und<br />
traditionelle libanesische Produkte<br />
vermarktet.<br />
Ziel der Organisation ist der Kampf<br />
gegen Armut, Hoffnungslosigkeit und<br />
Landflucht. Daneben geht es um die<br />
Förderung von Bildungsprogrammen<br />
und Bewusstseinsbildung zu Fairem<br />
Handel, Kommunikations- und<br />
Netzwerkarbeit. Seit 2<strong>01</strong>0 ist FTL<br />
Mitglied der WFTO (World Fair Trade<br />
Organization) und dort aktuell auch im<br />
Vorstand vertreten.<br />
Schulungen für syrische Frauen<br />
Neben den Projekten mit lokalen<br />
Genossenschaften stehen auch<br />
syrische Schutzsuchende im Fokus<br />
von FTL. Die Integration und das<br />
Verständnis zwischen einheimischer<br />
Bevölkerung und SyrerInnen<br />
soll gefördert und Spannungen<br />
abgebaut werden. Gemeinsam mit<br />
UN Women rief FTL ein Programm<br />
ins Leben, an dem LibanesInnen<br />
und SyrerInnen gemeinsam beteiligt<br />
sind. In Schulungen werden<br />
Fähigkeiten und Kenntnisse in<br />
der Lebensmittelverarbeitung, im<br />
Marketing und dem Fairen Handel<br />
erworben.<br />
So kann mit der Zeit ein Wirtschaftskreislauf<br />
entstehen, von dem alle<br />
profitieren und der auch syrischen<br />
Geflüchteten ein selbstbestimmtes<br />
Leben im Libanon ermöglicht. Das<br />
2<strong>01</strong>5 gestartete Projekt besteht aus<br />
drei Ausbildungszentren, von denen<br />
sich eines in Beirut und zwei an der<br />
nördlichen Grenze des Landes zu<br />
Syrien befinden.<br />
320<br />
syrischen Frauen<br />
konnte bisher geholfen<br />
werden, theoretische<br />
und praktische<br />
Fähigkeiten zu<br />
erwerben.<br />
FTL Partner Khalil Wehbe<br />
Rural Woman Cooperative in Fourzoul<br />
Das Dorf Fourzoul befindet sich im Herzen der Bekaa im<br />
Libanon und ist umgeben von zahlreichen Obst und Gemüsesorten<br />
- insbesondere von Reben, die durch die trockene<br />
Luft zum Blühen kommen.<br />
Die Kooperative wurde 1997 von dreizehn Frauen gegründet,<br />
um lokale Produkte aus traditionellen Rezepten zu<br />
vermarkten. Das Ziel ist es, den Überschuss der landwirtschaftlichen<br />
Produktion im Dorf zu nutzen und die Produktion<br />
zu professionalisieren. Trauben, Apfelesseig, gefüllte<br />
Auberginen, Hummus, Baba Ganoush und viele andere<br />
Produkte werden jetzt in europäischen und libanesischen<br />
Lebensmittelgeschäften verkauft.<br />
Wenn die Anfragen besonders hoch sind, helfen auch<br />
syrische Frauen aus dem Flüchtlingslager in der Nähe in<br />
der Fabrik aus. Dadurch sind bereits interessante neue<br />
Kreationen entstanden. Die Frauen verfeinern ihre Rezepte<br />
stetig und schaffen durch die Verbindung von Tradition und<br />
Moderne wertvolle Produkte, die auch im europäischen<br />
Raum immer mehr Anklang finden. Sie hoffen dadurch ihre<br />
Arbeit auszuweiten und später ihren Kindern übergeben<br />
zu können, sodass diese weiterhin im Dorf leben und das<br />
Wissen von Generation zu Generation weitergegeben wird.<br />
Mitarbeiterin von FTL<br />
Schulung für geflüchtete Frauen<br />
Drop earrings not bombs<br />
Ein weiteres Projekt, das Geflüchtete<br />
durch Fairen Handel<br />
unterstützt, befindet sich<br />
in der Türkei, dem weltweit<br />
größten Aufnahmeland.<br />
2,5 Millionen Geflüchtete<br />
sind hier registriert. Viele<br />
suchen seit Kriegsausbruch<br />
2<strong>01</strong>1, vor den Gräueltaten in<br />
Syrien fliehend, hinter der<br />
Grenze Schutz.<br />
Doch die Schritte zur Integration<br />
sind schwierig - Geflüchtete haben kein Zugang zu<br />
Sozialhilfegeldern des Staates und die Mieten sind ohne<br />
geregeltes Einkommen nicht zu bezahlen.<br />
Das Projekt „Drop Earrings not Bombs“ setzt hier an. Denn<br />
es gibt syrischen Geflüchteten in der Türkei eine Möglichkeit<br />
zur Ausbildung und Beschäftigung. In Istanbul, der<br />
bevölkerungsreichsten Stadt der Türkei, stellen geflüchtete<br />
syrische Frauen Ohrringe her. Der Erlös geht zu 100 Prozent<br />
in die Arbeit der Trägerorganisation Small Projects Istanbul<br />
und damit in die Ausbildung und Integration von Geflüchteten<br />
in der Türkei.<br />
Garn in leuchtenden Farben wird um einen tränenförmigen<br />
Rahmen geschlungen und wunderschöne Ohrringe<br />
entstehen. Jedes hergestellte Ohrringpaar ist einzigartig.<br />
Das Projekt bietet den Frauen Raum für Gemeinschaft und<br />
künstlerische Kreativität. Sie können so finanziell unabhängig<br />
werden und erhalten gleichzeitig emotionalen und<br />
sozialen Rückhalt. So wird das von Restriktionen geprägte<br />
Leben der Geflüchteten durch eine nützliche und interessante<br />
Tätigkeit bereichert und der Weg in eine bessere<br />
Zukunft geebnet.