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Weltladen-Magazin_01_2017_doppelt_klein

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Zukunft schaffen – hier wie dort<br />

Seit sechs Jahren herrscht in Syrien<br />

Krieg. Die Menschen versuchen<br />

inmitten von Gewalt und Not am Leben<br />

zu bleiben. Fünf Millionen SyrerInnen<br />

suchen in Nachbarländern Schutz,<br />

viele von ihnen in der Türkei und dem<br />

Libanon.<br />

Mit 2,5 Millionen Menschen ist die<br />

Türkei das größte Aufnahmeland,<br />

in Relation zur eigenen<br />

Bevölkerungsgröße beherbergt<br />

der Libanon die höchste Zahl an<br />

Geflüchteten. Doch auch dort müssen<br />

sie jeden Tag ums Überleben kämpfen,<br />

denn legale Arbeit ist nicht möglich.<br />

Die Geschichte des Libanon ist geprägt<br />

von zahlreichen Auseinandersetzungen<br />

und Bürgerkriegen. Massive<br />

Zuwanderung, Attentate und Anschläge<br />

drohen das Land erneut im Chaos zu<br />

versenken.<br />

Fair Trade Lebanon<br />

Die 2006 von LibanesInnen gegründete<br />

Organisation Fair Trade Lebanon (FTL)<br />

hat es sich zur Aufgabe gemacht,<br />

die Menschen dort zu unterstützen.<br />

Ausgangspunkt ist das beträchtliche<br />

landwirtschaftliche Potential und die<br />

besonderen Techniken der Verarbeitung<br />

von Lebensmitteln, die in der Region<br />

genutzt werden können.<br />

Über fairen Handel werden neue<br />

Exportmöglichkeiten geschaffen und<br />

Gewinne in Projekte von FTL investiert.<br />

Fair Trade Lebanon unterstützt<br />

und fördert marginalisierte<br />

KleinproduzentInnen, indem es eine<br />

wirtschaftliche Alternative schafft,<br />

zur Umsatzsteigerung beiträgt und<br />

traditionelle libanesische Produkte<br />

vermarktet.<br />

Ziel der Organisation ist der Kampf<br />

gegen Armut, Hoffnungslosigkeit und<br />

Landflucht. Daneben geht es um die<br />

Förderung von Bildungsprogrammen<br />

und Bewusstseinsbildung zu Fairem<br />

Handel, Kommunikations- und<br />

Netzwerkarbeit. Seit 2<strong>01</strong>0 ist FTL<br />

Mitglied der WFTO (World Fair Trade<br />

Organization) und dort aktuell auch im<br />

Vorstand vertreten.<br />

Schulungen für syrische Frauen<br />

Neben den Projekten mit lokalen<br />

Genossenschaften stehen auch<br />

syrische Schutzsuchende im Fokus<br />

von FTL. Die Integration und das<br />

Verständnis zwischen einheimischer<br />

Bevölkerung und SyrerInnen<br />

soll gefördert und Spannungen<br />

abgebaut werden. Gemeinsam mit<br />

UN Women rief FTL ein Programm<br />

ins Leben, an dem LibanesInnen<br />

und SyrerInnen gemeinsam beteiligt<br />

sind. In Schulungen werden<br />

Fähigkeiten und Kenntnisse in<br />

der Lebensmittelverarbeitung, im<br />

Marketing und dem Fairen Handel<br />

erworben.<br />

So kann mit der Zeit ein Wirtschaftskreislauf<br />

entstehen, von dem alle<br />

profitieren und der auch syrischen<br />

Geflüchteten ein selbstbestimmtes<br />

Leben im Libanon ermöglicht. Das<br />

2<strong>01</strong>5 gestartete Projekt besteht aus<br />

drei Ausbildungszentren, von denen<br />

sich eines in Beirut und zwei an der<br />

nördlichen Grenze des Landes zu<br />

Syrien befinden.<br />

320<br />

syrischen Frauen<br />

konnte bisher geholfen<br />

werden, theoretische<br />

und praktische<br />

Fähigkeiten zu<br />

erwerben.<br />

FTL Partner Khalil Wehbe<br />

Rural Woman Cooperative in Fourzoul<br />

Das Dorf Fourzoul befindet sich im Herzen der Bekaa im<br />

Libanon und ist umgeben von zahlreichen Obst und Gemüsesorten<br />

- insbesondere von Reben, die durch die trockene<br />

Luft zum Blühen kommen.<br />

Die Kooperative wurde 1997 von dreizehn Frauen gegründet,<br />

um lokale Produkte aus traditionellen Rezepten zu<br />

vermarkten. Das Ziel ist es, den Überschuss der landwirtschaftlichen<br />

Produktion im Dorf zu nutzen und die Produktion<br />

zu professionalisieren. Trauben, Apfelesseig, gefüllte<br />

Auberginen, Hummus, Baba Ganoush und viele andere<br />

Produkte werden jetzt in europäischen und libanesischen<br />

Lebensmittelgeschäften verkauft.<br />

Wenn die Anfragen besonders hoch sind, helfen auch<br />

syrische Frauen aus dem Flüchtlingslager in der Nähe in<br />

der Fabrik aus. Dadurch sind bereits interessante neue<br />

Kreationen entstanden. Die Frauen verfeinern ihre Rezepte<br />

stetig und schaffen durch die Verbindung von Tradition und<br />

Moderne wertvolle Produkte, die auch im europäischen<br />

Raum immer mehr Anklang finden. Sie hoffen dadurch ihre<br />

Arbeit auszuweiten und später ihren Kindern übergeben<br />

zu können, sodass diese weiterhin im Dorf leben und das<br />

Wissen von Generation zu Generation weitergegeben wird.<br />

Mitarbeiterin von FTL<br />

Schulung für geflüchtete Frauen<br />

Drop earrings not bombs<br />

Ein weiteres Projekt, das Geflüchtete<br />

durch Fairen Handel<br />

unterstützt, befindet sich<br />

in der Türkei, dem weltweit<br />

größten Aufnahmeland.<br />

2,5 Millionen Geflüchtete<br />

sind hier registriert. Viele<br />

suchen seit Kriegsausbruch<br />

2<strong>01</strong>1, vor den Gräueltaten in<br />

Syrien fliehend, hinter der<br />

Grenze Schutz.<br />

Doch die Schritte zur Integration<br />

sind schwierig - Geflüchtete haben kein Zugang zu<br />

Sozialhilfegeldern des Staates und die Mieten sind ohne<br />

geregeltes Einkommen nicht zu bezahlen.<br />

Das Projekt „Drop Earrings not Bombs“ setzt hier an. Denn<br />

es gibt syrischen Geflüchteten in der Türkei eine Möglichkeit<br />

zur Ausbildung und Beschäftigung. In Istanbul, der<br />

bevölkerungsreichsten Stadt der Türkei, stellen geflüchtete<br />

syrische Frauen Ohrringe her. Der Erlös geht zu 100 Prozent<br />

in die Arbeit der Trägerorganisation Small Projects Istanbul<br />

und damit in die Ausbildung und Integration von Geflüchteten<br />

in der Türkei.<br />

Garn in leuchtenden Farben wird um einen tränenförmigen<br />

Rahmen geschlungen und wunderschöne Ohrringe<br />

entstehen. Jedes hergestellte Ohrringpaar ist einzigartig.<br />

Das Projekt bietet den Frauen Raum für Gemeinschaft und<br />

künstlerische Kreativität. Sie können so finanziell unabhängig<br />

werden und erhalten gleichzeitig emotionalen und<br />

sozialen Rückhalt. So wird das von Restriktionen geprägte<br />

Leben der Geflüchteten durch eine nützliche und interessante<br />

Tätigkeit bereichert und der Weg in eine bessere<br />

Zukunft geebnet.

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