HAGEL AKTUELL Journal - Vereinigte Hagelversicherung VVaG
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<strong>HAGEL</strong> <strong>AKTUELL</strong> JOURNAL<br />
2<br />
3<br />
4<br />
7<br />
12<br />
14<br />
Kommentar<br />
Geschäftsbericht – Wachstum in Krisenzeiten<br />
Witterungsreport und Schadensbilanz 2011<br />
Zur Marktlage 2011/2012<br />
Finanziell stabil in unruhiger Zeit<br />
Weinbau – Frühe Lese, späte Hagelunwetter<br />
MITGLIEDERINFORMATIONEN<br />
Wetterkapriolen mahnen<br />
zum Risikomanagement<br />
INHALT<br />
15<br />
16<br />
18<br />
19<br />
20<br />
23<br />
November 2011<br />
Selbstvorsorge gegen steuerlichen Widerstand<br />
Betriebsreportage Reutershof in Altentreptow<br />
Kartoffelversuche mit Starkregen<br />
Forschung und Entwicklung<br />
Länderberichte Luxemburg, Litauen, Niederlande<br />
Ergebnisse AIAG-Tagung und Expertenseminar<br />
© H. Dietrich Habbe
2<br />
Kommentar zu den Hochs und Tiefs des Jahres 2011<br />
Wenn der Fiskus die Risikovorsorge untergräbt<br />
Alle reden übers Wetter, wir auch. Wer im<br />
letzten Jahr glaubte, schlimmer könne<br />
es nicht werden, der irrte. Es gibt noch Steigerungsmöglichkeiten,<br />
wie die diesjährige<br />
Vegetationsperiode uns leidvoll unter Beweis<br />
stellte: Der schneereiche starke Winter<br />
ließ nicht nur erneut das Streusalz knapp<br />
werden und die Heizkosten explodieren,<br />
er sorgte auch dafür, dass die Winterkulturen<br />
unter der Schneedecke nach Wasser<br />
lechzten. Nach dem Schnee machten Spätfröste<br />
den Kulturen zu schaffen, neben den<br />
Wein- und Obstbaukulturen vor allem dem<br />
Winterraps. Der hatte schon im Herbst unter<br />
der nassen Bestellung gelitten und darauf<br />
mit zu kurzem Wurzelwachstum reagiert.<br />
Ein Jahr voller Wetterüberraschungen<br />
Was der Kälte widerstand, wurde im Frühjahr<br />
von einer nicht enden wollenden Trockenheit<br />
und ungewöhnlich hohen Temperaturen gepeinigt.<br />
Was keinen ausreichenden Ertrag<br />
mehr versprach, wurde umgebrochen, doch<br />
die Folgesaaten - genau wie Rüben und Mais<br />
- hatten kaum genug Feuchte zum Keimen.<br />
Schon im Mai war erkennbar, dass kommende<br />
Regenfälle den Vegetationsrückstand nicht<br />
mehr aufholen konnten. Als endlich der<br />
Regen kam, wurde er von Hagel und Sturm<br />
begleitet. Vielerorts schüttete es ohne Unterlass,<br />
oft in plötzlichen, sehr kräftigen Schauern.<br />
Was den Unwettern widerstand, zwang<br />
der Starkregen in die Knie. Ob Raps, Getreide<br />
oder Kartoffeln, die Ernte wurde extrem erschwert,<br />
im hohen Norden sogar unmöglich.<br />
Die Erträge brachen witterungsbedingt ein.<br />
Während der nördliche Teil Deutschlands<br />
im Wasser zu ersticken drohte, ächzte der<br />
Süden unter einer Sommerhitze, die sich<br />
in Gewittern entlud. Die Winzer begannen<br />
bereits im August mit der Lese, in einer Zeit,<br />
in der Hagelunwetter eigentlich kaum noch<br />
zu befürchten sind. Weit gefehlt, auch hier<br />
wurden wir alle eines Besseren belehrt.<br />
Zukunftsweisende Zeichen der Politik<br />
Die Politik in Rheinland-Pfalz hat erkannt,<br />
dass es Sinn macht, Winzer in ihrer Risiko-<br />
vorsorge gegen Hagelschäden zu unterstützen,<br />
statt sie im Katastrophenfall nur<br />
unzureichend entschädigen zu können oder<br />
gar zum Sozialfall werden zu lassen. Die Prämienstützung<br />
von 75 EUR pro Hektar hat den<br />
Schlüsselreiz für diejenigen ausgemacht, die<br />
bisher auf eine Versicherung verzichtet haben,<br />
und sicherlich einige davor bewahrt, in<br />
Existenznot zu geraten. Allein in diesem Jahr<br />
erhöhte sich die versicherte Weinbaufläche in<br />
Rheinland-Pfalz um 15% ! Dies ist ein gutes<br />
Beispiel für eine konzertierte Aktion von<br />
Politik, Praxis und Versicherungswirtschaft!<br />
„Die <strong>Vereinigte</strong> Hagel als Versicherungsverein<br />
auf Gegenseitigkeit ist sich ihrer Vorreiterrolle<br />
bewusst, wenn es angesichts des<br />
Klimawandels um verantwortungsvolle<br />
Versicherungskonzepte für ihre Mitglieder<br />
geht. Wir möchten die Eigenvorsorge im<br />
landwirtschaftlichen Risikomanagement<br />
mit nachhaltigen Produkten stärken, die<br />
die individuelle Gefahrensituation real<br />
abbilden. Doch wenn der Fiskus dies untergräbt,<br />
indem er Versicherungen gegen<br />
zunehmende Wettergefahren mit einer<br />
hohen Versicherungssteuer belegt, dann<br />
hemmt er jede Eigenverantwortung und<br />
-initiative!“<br />
Dr. Rainer Langner<br />
Richtige Konzepte zur rechten Zeit<br />
Viele Landwirte, Winzer, Obst- und Gemüsebauer<br />
richten sich auf die zunehmenden<br />
Wettergefahren ein, indem sie Risikovorsorge<br />
betreiben und ihre Bestände verantwortungsvoll<br />
versichern. Mit unserer Secufarm®-<br />
Produktreihe, die seit 2008 auf dem Markt ist,<br />
haben wir eine privatwirtschaftliche Lösung<br />
geschaffen, um der Landwirtschaft angesichts<br />
zunehmender Wettergefahren ein individuell<br />
einsetzbares Risikoinstrument an die<br />
Hand zu geben. Die Landwirtschaft zeigt sich<br />
an Secufarm® sehr interessiert, besonders in<br />
diesem Jahr, das an Mehrgefahrenschäden<br />
seinesgleichen sucht.<br />
Entscheidung über Höhe der Versicherungssteuer<br />
steht noch aus<br />
Der umfassendere Versicherungsschutz hat<br />
seinen Preis und wird leider durch die höhere<br />
Verssicherungssteuer zusätzlich verteuert.<br />
Dies bremst die Nachfrage und behindert<br />
die Eigeninitiative im landwirtschaftlichen<br />
Berufsstand! Mit der Steuer von 19% erhöht<br />
der Staat, anders als bei Hagel, die Prämie<br />
für Mehrgefahren, statt sie zu senken und<br />
Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, wie es die<br />
europäischen Nachbarstaaten längst – und<br />
mit sehr großem Erfolg – tun. Was Brüssel<br />
aus EU-Töpfen bezuschusst, wird zu zwei<br />
Dritteln wieder in den deutschen Staatssäckl<br />
zurückgeführt. Macht das Sinn? Unsere Mitglieder<br />
und auch die, die es werden wollen,<br />
nehmen ihre Wetterrisiken gerne eigenverantwortlich<br />
selbst in die Hand, aber eben<br />
nur dann, wenn sie keine zusätzliche Steuer<br />
befürchten müssen. Was für Hagel richtig<br />
ist, kann für Sturm, Starkregen, Frost und<br />
Auswinterung nicht falsch sein. Dieses Jahr<br />
mit seinen unberechenbaren Wetterkapriolen<br />
hat gezeigt: Es ist höchste Zeit für eine<br />
schnelle Entscheidung!
Geschäftsjahr 2011<br />
Wachstum in Krisenzeiten<br />
Die Vorzeichen für die Entwicklung des<br />
Geschäftsjahres 2011 waren zumindest<br />
auf der Marktpreisseite positiv. Die<br />
Ende 2010 anziehenden Agrarpreise ließen<br />
aufgrund der weltweit geringeren Gesamtproduktion<br />
stabilere Preise auch für 2011<br />
erwarten. Leider führten die schwierigen<br />
Aussaatbedingungen im Herbst 2010 zu<br />
schlechten Beständen, die so zum Teil nicht<br />
optimal in den Winter gingen. Der Winter<br />
des Jahres 2010 war kalt und schneereich.<br />
Dennoch, besonders in Osteuropa, in Polen<br />
und in Litauen, verzeichneten wir erhebliche<br />
Auswinterungsschäden, die in diesen Ländern<br />
versicherbar sind. Auch in Deutschland<br />
waren deutliche Auswinterungsschäden zu<br />
sehen.<br />
Geringere Hektarwerte als erwartet<br />
Vom Winter ging es dann direkt über in sommerliche<br />
Temperaturen. Der April und der<br />
Mai waren hochsommerlich. Niederschlag<br />
blieb allerdings in großen Teilen nahezu<br />
komplett aus. Die frühe Sommertrockenheit<br />
hinterließ ihre Spuren. Stark dezimierte<br />
Getreide- und Rapsbestände ließen keine<br />
optimalen Erträge erwarten.<br />
Die Hektarwerte als Ergebnis von Menge<br />
und Preis pro Hektar stiegen zwar generell<br />
an, aber nicht so stark, wie zu Jahresbeginn<br />
zu erwarten war. Getreide und Ölfrüchte<br />
wurden rd. 20% höher versichert, der bereits<br />
auf höherem Niveau liegende Mais nur um<br />
durchschnittlich 12%. Der Flächenzuwachs<br />
bei Mais und Rüben überraschte nicht.<br />
Die Versicherungsfläche von Getreide blieb<br />
konstant, die Rapsfläche war rückläufig.<br />
Gute Zuwachsraten verzeichneten wir im<br />
Weinbau. Hier schlägt sich die Förderung<br />
der <strong>Hagelversicherung</strong> im Weinbau in Rheinland-Pfalz<br />
deutlich nieder.<br />
Gute Flächenzuwächse im In- und Ausland<br />
Insgesamt hat die <strong>Vereinigte</strong> Hagel im Inland<br />
rd. 89.000 Hektar gegenüber dem Vorjahr<br />
mehr versichern können. Mit der Ausdehnung<br />
des Versicherungsumfangs stieg<br />
parallel der Versicherungsbeitrag um rd.<br />
14%. Auch die Auslandsaktivitäten der <strong>Vereinigte</strong>n<br />
Hagel waren von guten Zuwachsraten<br />
geprägt. Mittlerweile verzeichnet die<br />
<strong>Vereinigte</strong> Hagel im Auslandsgeschäft einen<br />
Gesamtbeitrag von rd. 40 Mio. Euro. Dies ist<br />
gegenüber dem Vorjahr ein Zuwachs von rd.<br />
50%, wobei der Hauptzuwachs aus Italien,<br />
Litauen und den Niederlanden kommt. Der<br />
Aufbau der Organisationsstruktur in den<br />
Auslandsmärkten läuft parallel dazu weiter,<br />
um auch zukünftig in den Auslandsmärkten<br />
Wachstumschancen nutzen zu können, zum<br />
Risikoausgleich über die Regionen als strategische<br />
Ausrichtung.<br />
Extreme lange Schadenssaison mit vielen<br />
Schadentagen<br />
Starke Auswinterungsschäden in Osteuropa,<br />
vor allem in Polen und Litauen, prägten den<br />
Beginn der Schadensaison. In Deutschland<br />
startete die Hagelsaison früh. Bereits am<br />
28. April registrierte die Bezirksdirektion<br />
Münster den nahezu schwersten Schadentag.<br />
Dann folgte eine überdurchschnittliche<br />
Schadenaktivität. Die Anzahl der Schadentage<br />
ist rekordverdächtig. Der Schwerpunkt<br />
der Schäden lag im Zeitraum Ende Mai, 6.<br />
und 22. Juni, am 7. Juli und am 13. Juli. Von<br />
diesen wenigen Tagen erreichte uns eine<br />
Entschädigungsleistung von rd. 40 Mio. Euro.<br />
Schwerpunkt des Schadengeschehens war<br />
in diesem Jahr Süddeutschland. Vor allem<br />
Baden-Württemberg und Bayern wurden erheblich<br />
von Hagelunwettern heimgesucht.<br />
Die Schadenbilanz war entsprechend.<br />
Ab Mitte Juli ließ die Hageltätigkeit nach<br />
und Mitte August war die Hoffnung auf ein<br />
ausgeglichenes oder leicht positives Ergebnis<br />
durchaus realistisch. In den vergangenen<br />
25 Jahren gab es nach dem 15. August keine<br />
außergewöhnlichen Schadereignisse mehr,<br />
die das Jahresergebnis noch grundsätzlich<br />
hätten beeinflussen können.<br />
Außergewöhnliches Schadenjahr<br />
Anders in diesem Jahr. Am 24. und 26. August<br />
– in dieser Woche waren nahezu täglich<br />
bei hochsommerlichen, schwül-warmen<br />
Temperaturen Unwetterwarnungen über<br />
den Deutschen Wetterdienst gemeldet –<br />
erreichten uns noch über 2.000 Schadenmeldungen,<br />
die eine Gesamtentschädigung<br />
von über 8 Mio. Euro nach sich zogen. Der 11.<br />
und der 17. September waren zwei weitere<br />
schwere Schadentage mit einer Gesamtentschädigungsleistung<br />
von rund 4 Mio. Euro.<br />
Alleine aus dem September datieren 20 Tage<br />
mit Schadenmeldungen. Ein außergewöhnliches<br />
Schadenjahr. Diese außergewöhnliche<br />
Wettersituation war in diesem Jahr auch<br />
in Italien zu spüren. Ein relativ moderater<br />
Schadenverlauf bis Ende August und mit<br />
der Hoffnung auf ein mehr als gutes Ergebnis<br />
führte durch die Schäden am 11. und<br />
17. September zu deutlichen Änderungen<br />
in der Schadenlast. Italien und Luxemburg<br />
werden ein nahezu ausgeglichenes Ergebnis<br />
ausweisen, die Niederlande ein positives<br />
Ergebnis und Litauen ein Überschadenjahr.<br />
Erhebliche Ertragseinbußen in der Land-<br />
wirtschaft<br />
Der deutschen Landwirtschaft wird der<br />
Witterungsverlauf mit den erheblichen<br />
Ertragseinbußen durch unterschiedlichste<br />
Wetterextreme in Erinnerung bleiben. Einen<br />
Teil der Schäden durch Starkregen und<br />
Sturm, aber auch durch Auswinterung und<br />
Frost waren von Landwirten versichert. Sollten<br />
die Wetterextreme des Jahres 2011 keine<br />
Ausnahme bleiben, wird die Nachfrage nach<br />
Secufarm® 3 - Produkten deutlich ansteigen.<br />
Die Bereitschaft der Sachverständigen, in<br />
diesem außergewöhnlichen Jahr unermüdlich<br />
für eine reibungslose Schadenfeststellung<br />
zu sorgen, verdient hohes Lob. Wenige<br />
Probleme im Schadenfall zeugen für eine<br />
gute und qualifizierte Arbeit. Den Sachverständigen<br />
und allen Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern sei herzlich gedankt für die<br />
Mitarbeit und Unterstützung im abgelaufenen<br />
Geschäftsjahr.<br />
Dr. Rainer Langner<br />
3
4<br />
Witterungsreport 2011 – Wetterkapriolen von der Herbstaussaat bis zur Ernte<br />
Am Anfang zu trocken, am Ende zu nass<br />
Auf einen nassen Vorjahresherbst folgte<br />
ein früher Wintereinbruch mit viel<br />
Schnee und eisiger Kälte. Es war das trockenste<br />
und zugleich sonnigste Frühjahr seit<br />
Jahren, während der Juli mit extremen Dauerregen<br />
im Norden und Osten Deutschlands<br />
aufwartete. Nach einer Hitzewelle Mitte<br />
August über fast ganz Deutschland ging<br />
der Sommer nach schweren Unwettern mit<br />
Sturm, Starkregen und Hagel dem Ende zu,<br />
als erneut schwere Unwetter Anfang September<br />
über Ostdeutschland erheblichen<br />
Schaden anrichteten.<br />
Überschwemmungen und Auswinterungen<br />
Nach dem Jahreswechsel ließ mildes Tauwetter<br />
abrupt den Schnee schmelzen. Dadurch<br />
erreichten die Wasserstände an Elbe<br />
und Oder neue Rekordpegel, etliche Polder<br />
an der Elbe wurden geflutet. In Sachsen-<br />
Anhalt und Brandenburg standen 150.000<br />
ha Wintersaaten über Wochen im Wasser.<br />
Dabei erlebte Deutschland einen um 1,5 °K<br />
wärmeren Januar als im langjährigen Mittel.<br />
Im Februar verursachten Wechselfröste im<br />
Nordosten Deutschlands erhebliche Auswinterungsschäden<br />
bei Winterraps und -gerste.<br />
Über 80.000 ha der Winterrapsfläche wurden<br />
umgebrochen. Mecklenburg-Vorpommern<br />
hatte rund 13 % und Brandenburg 11 % Umbruchschäden<br />
beim Raps. Dies erklärte die<br />
ungewöhnlich starke Anbauausdehnung von<br />
fast 22 % bei Sommergerste. Der Februar war<br />
kälter, trockener und sonniger als der Vormonat.<br />
Trockenheit kappt Ertragserwartungen<br />
Im März, April und Mai stiegen die Temperaturen<br />
rapide an und brachten das zweitwärmste<br />
und mit 705 Sonnenstunden – ein<br />
Plus von 50 % - das sonnigste Frühjahr überhaupt.<br />
Dadurch nahm die Verdunstung stark<br />
zu. Gleichzeitig fielen die Niederschläge mit<br />
89 mm auf mehr als der Hälfte des sonst<br />
üblichen Niederschlags zurück. Wegen der<br />
nassen Witterung im Vorherbst und -winter<br />
wurzelte Raps und Getreide weniger tief<br />
und zeigten im Mai auf leichten Standorten<br />
extrem niedrige Wuchshöhen, verminderte<br />
Schotenanssätze und Bestandesdichten und<br />
blühte nur verhalten. Weniger trocken war es<br />
südlich der Donau, wo sich hervorragende<br />
Saatenstände zeigten.<br />
Eisheilige führten zur hohen Frostschäden<br />
Starke Spätfröste Anfang Mai von -5 °C<br />
in Rheinhessen, der Pfalz, Südbaden und<br />
Franken führten zu erheblichen Schäden bei<br />
den frostempfindlicheren Rebsorten Dornfelder,<br />
Portugieser und auch Müller Thurgau.<br />
Spät gedrillte Bestände von Winterraps und<br />
-gerste verzögerten ihr Wachstum, nachdem<br />
sie durch die Trockenheit teils stark<br />
geschwächt waren. Frosteinbrüche führten<br />
regional zu Schäden im Mais-, Kartoffel und<br />
Erdbeeranbau.<br />
Regnerischer Juni<br />
Im Juni setzte sich die trockenwarme Witterung<br />
fort, nur im Nordosten und Osten sowie<br />
im äußersten Süden Deutschlands wurde die<br />
Witterung unbeständiger mit teils extremen<br />
Unwettern. Der Juni war mit 16,5 °C in Deutschland<br />
um 1,2 °K wärmer als der Durchschnitt und<br />
auch insgesamt niederschlagsreicher als die<br />
Vormonate. Ingesamt zeigte sich ein ausgeprägtes<br />
Niederschlagsgefälle vom Nordosten<br />
Deutschlands mit höchsten Regenmengen<br />
bis nach Südhessen und Unterfranken mit den<br />
geringsten Niederschlägen. Die Niederschläge<br />
setzten bei Zuckerrüben, spätem Weizen und<br />
Mais noch positive Impulse.<br />
Bis zu fünffache Niederschlagsmenge<br />
Während in Süddeutschland jedes Sonnenfenster<br />
zum Raps- und Getreidedrusch<br />
genutzt werden konnte, standen im Norden<br />
und Nordosten Deutschlands Mitte August<br />
noch über die Hälfte der Getreide- und Rapsbestände<br />
auf dem Halm. Im nahezu zweitägigen<br />
Turnus blockierte Dauerregen vor<br />
allem im Norden jegliche Druscharbeiten.<br />
Mit weiterer Verzögerung der Erntemaßnahmen<br />
stieg auch die Auswuchsgefahr,<br />
Kartoffelbestände reagierten mit Nassfäule.<br />
Nach einer Hitzewelle Mitte August über<br />
ganz Deutschland ging der Sommer nach<br />
schweren Unwettern mit Sturm, Starkregen<br />
schon zu Ende, als erneut schwere Unwetter<br />
Anfang September Schäden anrichteten.<br />
Septemberunwetter mit Tornado<br />
Am 11. September wütete ein mit Hagelschlag<br />
einhergehender Tornado der Stärke<br />
F1-F2 in Elsnigk im Landkreis Anhalt Bitterfeld<br />
und auch im Raum Bernburg. Am<br />
gleichen Tag verwüstete in Südhessen ein<br />
Tornado Gebiete südlich von Frankfurt. Mitte<br />
September konnte endlich auch das letzte<br />
Wintergetreide im Nordosten Deutschlands<br />
gedroschen werden. Die Wetterkapriolen<br />
ließen Ernteinbußen bis zu 80 % entstehen.<br />
Schäden durch Staunnässe und Bodenerosion<br />
zeigen erneut die Notwendigkeit, die<br />
Mehrgefahrenversicherung stärker als bisher<br />
ins Risikomanagement einzubeziehen.<br />
Volker Lindloff
Schadensbilanz 2011 – Winterfröste, Hochwasser, Spätfröste, Trockenheit, Starkregen und später Hagel<br />
Späte Schäden wie nie<br />
Den Auftakt zur Schadensaison 2011 lieferten<br />
starke Wechselfroste im Nordosten<br />
Deutschlands mit massiven Auswinterungsschäden<br />
bei Winterraps. Die Frühjahrstrockenheit<br />
von Mitte März bis Anfang Juni<br />
verursachte bei Getreide und Raps irreversible<br />
Ertrags- und Qualitätsverluste in zweistelliger<br />
Höhe. Die Eisheiligen leisteten diesmal<br />
ganze Arbeit, von Rheinhessen bis nach<br />
Südbaden erfror ein Großteil der Weinreben.<br />
Auch Feldkulturen erlitten Frostschäden. Diverse<br />
Sturmtiefs prägten die Schadensaison<br />
2011. Eine Vielzahl extremer Witterungsereignisse<br />
und ungewöhnlich späte und<br />
schwere Unwetterschäden beeinträchtigten<br />
die Getreideernte, Weinlese und Obstpflücke.<br />
Hier die markantesten Schadenereignisse im<br />
Überblick:<br />
7. bis 11. Januar: Elbe und Oder verzeichneten<br />
neue Rekordpegel beim Hochwasser. In<br />
Sachsen-Anhalt und Brandenburg standen<br />
mehr als 150.000 ha Wintergetreide und Raps<br />
mehrere Wochen im Wasser.<br />
03. bis 25. Februar: Starke Wechselfröste<br />
im Februar machten später im März/April<br />
den Umbruch von rund 80.000 ha Raps besonders<br />
in Mecklenburg-Vorpommern und<br />
Brandenburg.<br />
März: Höhere Umbrüche von Winterweizen<br />
verzeichnete Ostfriesland im März, nachdem<br />
Starkregen zu erheblichen Auflaufschäden<br />
bei nach dem 3. Oktober 2010 bestellten<br />
Weizen geführt hatte.<br />
April : Im Rheinland kam es bei Zuckerrüben<br />
zu den ersten Hagelschäden der Saison 2011.<br />
3. und 4. Mai: Starke Nachfröste ließen in<br />
den Weinbaugebieten Rheinhessen, Pfalz,<br />
an der Nahe sowie in Franken die Austriebe<br />
erfrieren. Unter Frostschäden litten ebenso<br />
Kern-, Stein- und Beerenobst sowie Mais und<br />
Wintergerste.<br />
22. Mai: Der erste markante Schaden in Süddeutschland<br />
traf mit 362 Schadenmeldungen<br />
den Südosten Baden-Württembergs mit<br />
schweren Schäden bei Getreide, Raps, Mais<br />
und Wein. Nahezu das gesamte Bodenseegebiet<br />
war mit Obstschäden betroffen.<br />
24. und 26. Mai: Im Alten und Kehdinger Land<br />
verhagelte Kernobst im Stadium der frühen<br />
Fruchtentwicklung in einem Schadenstrich<br />
von Jork bis nördlich in die Region Balje/<br />
Freiburg a.d.Elbe.<br />
6. Juni: Sturmtief „Balthasar“ führte über<br />
Pfingsten in Bayern mit über 2.000 Schadenmeldungen<br />
zu millionenschwerem Hagelschaden.<br />
In Baden-Württemberg richtete<br />
der Hagel in einem Strich von Fellbach-Ost<br />
über Stetten nach Remshalden auf 20 km<br />
Länge und 2 km Breite schwere Schäden bei<br />
Feldkulturen, Obst, Gemüse und Weinreben<br />
an. Zudem führte Starkregen bei Gemüse<br />
zu Erosionsschäden. Die Bezirksdirektion in<br />
Tamm erhielt rund 190 Schadenmeldungen.<br />
In Rheinland-Pfalz verhagelten vor allem<br />
Wein, Obst und Zwiebeln. An der Mittelmosel<br />
Wein traf es die bekannten Anbauregionen<br />
Brauneberg und Maring-Noviand.<br />
1. Juli: Das Tief „Jörg“ verursachte in ganz<br />
Baden-Württemberg heftige Gewitter. Der<br />
Bezirksdirektion in Stuttgart wurden 796<br />
Schäden gemeldet. Neben landwirtschaftlichen<br />
Kulturen mussten zahlreiche Weinschäden<br />
im Raum Öhringen und Teilen des<br />
Bottwartals reguliert werden. Ein bisher<br />
untypischer Schadenstrich erstreckte sich in<br />
Bayern vom fränkischen Weinbaugebiet mit<br />
Unterbrechungen bis in die Hallertau, wo<br />
erneut Hopfenreben verhagelten.<br />
7. und 9. Juli: Das Tief „Leon“ fegte über das<br />
Donau-Ries und die bayrische Oberpfalz<br />
hinweg und verhagelte Mais, Getreide und<br />
Winterraps. Am 9. Juli zog erneut eine Gewitterfront<br />
mit Hagelschlag über die Gebiete<br />
Dillingen und Donau-Ries in Richtung<br />
Oberpfalz und führte zu schwersten Schäden<br />
bei Getreide, Raps und Mais. In Baden-Württemberg<br />
zog eine 100 km lange Hagelwalze<br />
vom Raum Tuttlingen über Sigmaringen bis<br />
nach Illertissen quer über die Schwäbische<br />
Alb hinweg und brachte 1.000 Schadenmeldungen<br />
mit z.T. Totalschäden an Winterraps<br />
und Wintergerste, 535 Schadenmeldungen<br />
Außendienstmitarbeiter Anton Esch Thomas Bach (li.) und Sachverständiger v.l. Revisoren Hans Ammer und Josef Rengstl<br />
Dieter Bollig<br />
sowie AD-Mitarbeiter Karl-Alois Berner<br />
5
6<br />
kamen allein aus den verhagelten Gebieten<br />
um Heidenheim.<br />
13. Juli: Das Orkantief „Meikel“ (3.500 Schadenmeldungen)<br />
richtete in Baden-Württemberg<br />
mit fast 12 Mio. EUR den höchsten<br />
Schaden der Saison 2011 an. Bis zu 170<br />
Sachverständige waren im Einsatz. In Bayern<br />
sorgte das Sturmtief „Meikel“ erneut für<br />
schwerste Hagelschäden in Unterschwaben.<br />
Dabei war wiederum das Unterallgäu in<br />
einem Strich nördlich des Schadengebietes<br />
vom 6. Juni von Hagelschäden betroffen.<br />
Getreide und Mais verhagelten im vormals<br />
geschädigten Gebiet – im Ostallgäu traf es<br />
die zweite Generation Mais.<br />
6. und 8. August: Das Sturmtief „Sven“ trieb<br />
mit Hagel- und Starkniederschlägen im<br />
Landkreis Nordwest-Mecklenburg sein Unwesen.<br />
An druschreifem Winterraps entstanden<br />
Schäden von 75 bis 80 %, an Winterweizen<br />
von bis zu 40 %. Geringer waren die<br />
Schäden an Mais und Rüben. Ergiebige und<br />
lang anhaltenden Niederschläge förderten<br />
im Osten Mecklenburg-Vorpommerns das<br />
Risiko von Getreideauswuchs und Nassfäule<br />
bei Kartoffen.<br />
18. und 24. August: Die beiden Sturmtiefs<br />
„Zion“ und „Bert“ verursachten erhebliche<br />
Hagelschäden beim Wein an der Mittelmosel,<br />
an der Rheinfront in Rheinhessen und im<br />
Nordosten der Pfalz. In Hessen führte ein<br />
Hagelstrich am 18. August von Medebach bis<br />
nach Kassel zu mittelschweren Hagelschäden<br />
an Getreide und Mais. Am 24. August verhagelten<br />
ein Gebiet von Bad Camberg über den<br />
Taunus nach Grävenwiesbach, Grünberg bis<br />
nach Alsfeld sowie der Raum Büdingen bis<br />
nach Wächtersbach. Auch die Großräume<br />
Oppenheim und Frankenthal verhagelten<br />
mit Schäden bei Wein und Gemüse. In Niedersachsen<br />
verhagelten am 24. August in<br />
einem Gebiet zwischen Diepholz und Sulingen<br />
südlich von Bremen nebst Restbeständen<br />
an Wintergetreide und Winterraps vor allem<br />
Mais. Am selben Tag verhagelten in den nordöstlichen<br />
Landkreisen Baden-Württembergs<br />
nebst landwirtschaftlicher Kulturen auch<br />
Kernobst und Gemüse. Ein weiteres Schadengebiet<br />
betraf den Raum Südbaden. Das<br />
Zentrum mit Totalschäden im Weinbau lag<br />
zum zweiten Mal in der Gemeinde Durbach,<br />
wo der Hagel die fast reifen Trauben kurz vor<br />
der Lese traf.<br />
26. August: Kurz vor der Lese trafen Hagelun-<br />
wetter das Weinbaugebiet Mosel zwischen<br />
Cochem und Wittlich. Das Epizentrum des<br />
Hagelsturms mit bis zu 700 Gramm schweren<br />
Schloßen umfasste die Moselgemeinden<br />
Veldenz, Mühlheim und Brauneberg. Zu sehr<br />
schweren Schäden kam es auch in den Gebieten<br />
Andernach, Simmern und bei Groß-<br />
Gerau im Hessischen Ried. Hagel richtete<br />
in Niedersachsen in einem Gebiet zwischen<br />
Harburg und Rotenburg a. d. Wümme teils<br />
beträchtliche Schäden bei Mais und Kartoffeln<br />
an. Vielerorts wurden Kartoffeldämme<br />
durch Starkregen freigespült. Im Harz verzeichneten<br />
Mais und Zuckerrüben bis zu 80<br />
% Blattverlust. Erneut verhagelte Kernobst im<br />
Alten Land. Südöstlich von Hamburg traf es<br />
50 Kernobstbetriebe mit Schadenquoten zwischen<br />
30 und 40 %. In Baden-Württemberg<br />
verhagelte Wein und Obst im Markgräflerland.<br />
Im Raum Oberkirch kam es zu schweren<br />
Hagelschäden bei Kernobst.<br />
11. September: Eine Kalfront verursachte im<br />
Südosten Sachsen-Anhalts schwerste Hagelund<br />
Sturmschäden (Schadenmeldungen von<br />
91 Betrieben). Vor allem die Kreise Salzland<br />
und Anhalt-Bitterfeld, aber auch in den Landkreisen<br />
Dahme-Spreewald, Teltow-Fläming,<br />
Wittenberg, Dessau-Roßlau, Saalekreis, Leipziger<br />
Land, in Nordsachsen, in Meißen und im<br />
Kreis Oder-Spree verhagelten Zuckerrüben,<br />
Mais und Raps sowie auch Gemüse und<br />
Kernobst. Regional verhagelte neugedrillter<br />
Winterraps derart stark, dass Freigaben zum<br />
Umbruch erforderlich wurden. Ein Tornado<br />
der Stärke F1/F2 und Hagelkörner bis 8 cm<br />
Durchmesser richteten in Elsnigk im Landkreis<br />
Anhalt Bitterfeld und auch um Bernburg<br />
schwerste Schäden an.<br />
Volker Lindloff
Zur Marktlage 2011/2012<br />
Agrarpreise zwischen Nachfrageboom und Konjunkturknick<br />
Die Erntepreise 2010/11 wurden sowohl<br />
durch extreme Wetterkapriolen als<br />
auch durch eine boomende Weltmarktnachfrage<br />
kräftig angeheizt. Die künftige<br />
Marktlage wird neben den konjunkturellen<br />
Schwankungen am Weltmarkt auch davon<br />
beeinflusst werden, wie die Staatsverschuldungen<br />
in den Griff zu bekommen ist.<br />
Eine Hitzewelle im Süden der USA brachte<br />
heftige Ernteeinbrüche. Die USA nehmen<br />
durch kleinere Weizen- und Sojabohnenexporte<br />
einigen Druck vom Weltmarkt.<br />
Auch der Nordwesten Europas erlebte<br />
zweistellige Ernteeinbußen bei Ölsaaten<br />
und Getreide, das geringere Qualitäten<br />
aufwies. Südeuropa, mit ausreichenden<br />
Frühjahrsniederschlägen und beständigerer<br />
Witterung gesegnet, wartet mit einer<br />
guten Ernte auf. In Deutschland reichte<br />
es nur für eine schwache Ernte von 41 Mio.<br />
t Getreide, die Rapsernte fiel mit 3,9 Mio. t<br />
sogar um 31 % kleiner aus als 2010 – so<br />
niedrig wie kaum zuvor. Die EU-27 rechnet<br />
witterungsbedingt mit einem hohen<br />
Futtergetreideaufkommen zu Lasten von<br />
Qualitätsweizen. Dagegen war die Maisernte<br />
noch nie so hoch wie 2011.<br />
Schwarzmeerländer ernten normal, hohe<br />
Ernteprognosen auf der Südhalbkugel<br />
Russland und der Schwarzmeerraum profitierten<br />
von reichlich Regen und guten Erntebedingungen.<br />
Die FSU-12 Staaten werden<br />
insgesamt 46 Mio. t mehr Getreide ernten<br />
als im Dürrejahr 2010 und füllen die leergefegten<br />
Getreidelager Russlands. Sie werden<br />
verlorenes Terrain auf den Absatzmärkten<br />
in Nahost und Nordafrika wieder gut machen.<br />
Der Weizenexport der Schwarzmeerländer,<br />
der überwiegend aus Futter- und<br />
proteinschwachen Brotweizen besteht, soll<br />
um das Doppelte zulegen. Ukrainische<br />
Gerste ist exportseitig kaum verfügbar zum<br />
Nutzen der EU-27-Gerstenexporte nach<br />
Nahost. In Argentinien soll die kommende<br />
Maisernte wegen Flächenausdehnung um<br />
knapp ein Viertel steigen, die Weizenernte<br />
dagegen um 14 % sinken. In Brasilien wird<br />
eine um 7 % höhere Sojaernte und 3 %<br />
größere Maisernte erwartet. Australien hat<br />
den Gersteanbau zugunsten von Weizen<br />
und Raps leicht eingeschränkt. Typische La<br />
Niña Bedingungen im äquatorialen Pazifik<br />
deuten auf eine erntemindernde Verstärkung<br />
des Wetterphänomens im Winter<br />
2011/12 auf der Südhalbkugel hin.<br />
Sinkende Getreide- und Ölsaatenvorräte<br />
Normale Ernten in Russland und am<br />
Schwarzmeer und hohe Ernteprognosen<br />
in Südamerika sprechen für ein vorläufig<br />
höheres Getreideangebot bei gleichzeitig<br />
steigendem globalen Verbrauch. Die Weizenvorräte<br />
mit 28 % des Weltverbrauchs<br />
stehen für eine komfortable Versorgungssituation.<br />
Dennoch sinken die Lagervorräte<br />
von Getreide (bis auf Weizen) und Ölsaaten<br />
weiter, sollte die große Nachfrage weiter<br />
anhalten. Wesentlichen Auftrieb erhielten<br />
die Agrarpreise durch die boomende<br />
Lebensmittelnachfrage in Asien und dem<br />
weltweit gestiegenen Bedarf an Biotreibstoffen.<br />
Im November 2011 leben sieben<br />
Milliarden Menschen auf der Erde, pro Jahr<br />
wächst die Weltbevölkerung um 80 Mio.<br />
Menschen, vor allem in Afrika und Asien.<br />
Etwa gleich stark um 1,1 % auf 294 Mio. t<br />
stieg laut FAO die weltweite Fleischerzeugung.<br />
Die prosperierende Nachfrage Asiens<br />
soll 2011 zu einem weltweit um 2,4 % höheren<br />
Fleischhandel führen. Pro Kopf und<br />
Jahr werden weltweit knapp 42 kg Fleisch<br />
verzehrt, in Industrieländern 78,4 kg und in<br />
den Entwicklungsländern 32 kg.<br />
Wachsender Markt Bioethanol und -diesel<br />
Hohe Rohölpreise von 100-125 US-$ machten<br />
die Bioethanol- und Biodieselerzeugung<br />
profitabel. 137 Mio. t Mais oder 16 % der<br />
Maisernte werden zur Bioethanolherstellung<br />
herangezogen. In den USA erreichte<br />
der Anteil mit 129 Mio. t sogar 40 % der<br />
US-Maisernte. 2011/12 könnte die Ethanolherstellung<br />
einen Dämpfer erhalten,<br />
weil das Konjunkturprogramm „Green Re-<br />
covery“ im US-Kongress umstritten ist<br />
und Biotreibstoffe der zweiten Generation<br />
stärker forciert werden. In der EU-27 stieg<br />
der Biokraftstoffabsatz 2010/2011 durch<br />
verstärkten Beimischungszwang um knapp<br />
14% auf fast 11 Mio. t.<br />
Die Schieflage an den Finanzmärkten über-<br />
schattet auch die Agrarmärkte<br />
Die an sich stabile Marktlage für Getreide,<br />
Mais und Raps wurde im Herbst überschattet<br />
durch Kurseinbrüche an den Weltbörsen.<br />
Die von den Schuldenproblemen der<br />
Regierungen ausgehende Vertrauenskrise<br />
ergreift die Banken, weil die Finanzpolitik<br />
nicht mehr die Kraft hat, das Bankensystem<br />
zu stützen. Zweifel an der finanziellen Stabilität<br />
mündeten darin, die Bonität der USA<br />
und auch Italiens herabzustufen. Wohin die<br />
Reise führt, bleibt ein Geheimnis. Werden<br />
Geldmengen aufgebläht, droht Inflation.<br />
Müssen Staatsanleihen von Banken abgeschrieben<br />
werden, weil Staaten insolvent<br />
gehen, ist die Entwicklung deflationär.<br />
China bleibt Konjunkturmotor<br />
Positiv ist zu bewerten, das China auch<br />
2012 der Konjunkturmotor bleibt. Das ist<br />
auch für die Landwirtschaft wichtig, denn<br />
als weltgrößter Verbraucher von Nahrungsmitteln<br />
sorgt China für eine immense<br />
Nachfrage. Der IWF hat im Herbstausblick<br />
die Wachstumsprognose für China zwar<br />
leicht nach unten korrigiert. Er lässt aber<br />
keinen Zweifel daran, dass Chinas Wachstum<br />
der wichtigste Impulsgeber der Weltwirtschaft<br />
bleibt. Weltweit soll danach das<br />
Realeinkommen um 4 % zunehmen. China<br />
wird 2012 mit 9 % Wachstum die Länderliga<br />
anführen, vergleichsweise gut behaupten<br />
können sich auch Osteuropa und Lateinamerika<br />
mit 4 bis 4,5 % Wachstum. Schwächer<br />
wachsen die Industrieländer USA und<br />
die EU-27 mit 1,8 % bzw. 1,1 %. Dem gegenüber<br />
steht ein Zuwachs von 2,3 % in Japan.<br />
Volker Lindloff<br />
7
8<br />
Hektarwerte oftmals zu niedrig wegen fehlendem Frachtkostenansatz<br />
Mais-Ausfallrisiko richtig einschätzen!<br />
Zahlreiche Hagelschäden an Mais haben<br />
die Gefahr schwerer Schadenstriche<br />
von etlichen Quadratkilometern Ausmaß<br />
erneut vor Augen geführt. Mit teilweise<br />
Totalausfällen verknappten sie das Angebot<br />
in Teilen Süddeutschlands dramatisch.<br />
Vielerorts wurden Silomaisbestände fast<br />
völlig zerstört. Diese Lücke mit Körnermais zu<br />
füllen, war in den am stärksten betroffenen<br />
Regionen, wie beispielsweise der Ostalb,<br />
nicht möglich. Viehstarke Betriebe konnten<br />
ihren Futterbedarf zum Teil nur noch durch<br />
Getreide-Ganzpflanzensilage abdecken, was<br />
angesichts der diesjährigen Getreidepreise<br />
alles andere als eine optimale Lösung war.<br />
Alternativen zu Energiemais unrentabel<br />
Selbst wenn Betreiber von Biogasanlagen auf<br />
diese Alternativen hätten zurückgreifen können,<br />
aufgrund der geringeren Gasausbeute<br />
wäre es unrentabel. Sie waren gezwungen,<br />
© MT-Energie<br />
das notwendige Substrat zuzukaufen. Neben<br />
den reinen Silagekosten schlugen auch<br />
Frachtkosten zu Buche, die bei den festgelegten<br />
Hektarwertes oftmals vernachlässigt<br />
wurden.<br />
Frachtkosten unterschätzt<br />
Bei einem durchschnittlichen Maisertrag<br />
von 40-50 Tonnen Frischmasse pro Hektar<br />
und einer Entfernung von 30 km betrugen<br />
die anfallenden Frachtkosten rund 8 Euro/t,<br />
also über 300 Euro pro Hektar – Kosten, die im<br />
Risikomanagement in keinster Weise berücksichtigt<br />
waren. Bezirksdirektor Ulrich Eppler<br />
empfiehlt daher, im kommenden Jahr kein<br />
Risiko einzugehen und die möglichen Frachtkosten<br />
durch ausreichend hohe Hektarwerte<br />
abzudecken. Für eine individuelle Beratung<br />
steht sein Team gerne zur Verfügung.<br />
Daniel Rittershaus<br />
Hektarwerte 2012:<br />
Niedrige Läger, hohe Preise!<br />
Die Bilanz der Welternte 2011/12 zeigt<br />
deutlich, dass Angebot und Nachfrage<br />
gut ausgeglichen sind und es in der<br />
laufenden Saison eher zu einem leichten<br />
Abbau von Lagervorräten kommen<br />
wird. Niedrige Lagervorräte bedeuten<br />
prinzipiell höhere Preise.<br />
Als Folge der späten Weizenernte in<br />
Nordmitteleuropa zeigt sich bereits,<br />
dass Winterraps nicht überall termingerecht<br />
ausgesät werden konnte. Auch<br />
die in Teilen Südosteuropas herrschende<br />
Herbsttrockenheit könnte bei Raps<br />
und Gerste zu Auflaufschäden geführt<br />
haben, bei früh einsetzendem Wintereinbruch<br />
mit Frösten ist mit höheren<br />
Auswinterungsrisiken zu rechnen. Dies<br />
hat bereits am Markt weitreichende<br />
Folgen, denn die Preise für Raps sind zur<br />
neuen Ernte deutlich gestiegen.<br />
An den Märkten für Getreide, Mais,<br />
Ölsaaten, Hülsenfrüchte und Kartoffeln<br />
bleibt die Preisvolatilität weiterhin<br />
hoch. Risiken durch das abklingende<br />
Klimaphänomen La Niña für die Ernten<br />
auf der Südhalbkugel sind keineswegs<br />
gebannt. Auch die Dimension einer zunehmenden<br />
Inflation infolge ausufernder<br />
Staatsverschuldung ist ungewiss.<br />
Umso wichtiger wird es 2011/12 sein,<br />
die Bestände ausreichend hoch gegen<br />
Naturgefahren wie Hagel, Sturm, Starkregen,<br />
Spätfrost und Auswinterung<br />
abzusichern. Kommt es zu witterungsbedingten<br />
Ausfällen, kann eine Unterversicherung<br />
den Betrieb wertvolle<br />
Liquidität kosten. Deshalb ist es ratsam,<br />
den zunehmenden volatilen Markt im<br />
Auge zu halten und die Hektarwerte<br />
rechtzeitig an die veränderte Lage anzupassen.<br />
Volker Lindloff
Betriebsreportagen aus Bayern<br />
Großes Dilemma für Viehhalter und Biogaserzeuger<br />
Am 6. Juni gegen 15:30 h versetzte ein<br />
extrem dichter Hagelsturm mit Sturmböen<br />
und Starkregen das Ostallgäu gebietsweise<br />
in weniger als zwanzig Minuten in<br />
eine Winterlandschaft. „Das Schadengebiet<br />
begann in Marktoberdorf und reichte bis<br />
Buchloe – dort lag der Schadenschwerpunkt.<br />
Dann ging es herüber nach Landsberg, Fürstenfeldbruck<br />
und weiter in Richtung Hallertau<br />
bis nach Regensburg“, so Peter Pfänder,<br />
zuständiger Außendienstmitarbeiter der<br />
<strong>Vereinigte</strong>n <strong>Hagelversicherung</strong> für Schwaben.<br />
In Richtung Landsberg und Fürstenfeldbruck<br />
waren die Schäden weniger intensiv<br />
und nahmen bis Freising weiter ab, um sich<br />
in der „Hallertau“ erneut zu verstärken. Der<br />
Hagelschlag war so massiv und dicht, dass<br />
tags darauf immer noch viele Äcker ein Bild<br />
der Verwüstung boten.<br />
Mais und Getreide durch Hagel einfach<br />
abgefräst – Bestellarbeiten im Juni<br />
Vier Tage nach dem Hagelsturm bestanden<br />
keinerlei Zweifel mehr über das gewaltige<br />
Schadenausmaß. „Zwischen Buchloe und<br />
Marktoberdorf haben wir flächendeckend<br />
Totalschäden bei Mais und Getreide. Der<br />
Mais befand sich am Schadentag gerade im<br />
5- bis 6- Blattstadium. Wir mussten bereits<br />
sehr viel Bestände zum Umbruch freigeben“,<br />
so Pfänder. Gebietsweise war der Weizen bis<br />
auf 5 cm gemulcht – die Pflanzenreste waren<br />
hell ausgeblichen, wie im Herbst. Bei Mais<br />
waren vielfach nur noch kurze Stümpfe zu<br />
sehen, Kartoffelstauden und Rübenpflanzen<br />
zeigten sich entlaubt - die Felder dadurch<br />
aschgrau gefärbt. Dieser triste Farbkontrast<br />
prägte im Juni weite Teile des Ostallgäus und<br />
nördliche Gebiete Oberbayerns. Vielerorts<br />
waren Pflüge und Sämaschinen mitten im<br />
Sommer unterwegs. Wegen der fortgeschrittenen<br />
Jahreszeit - fast Mitte Juni - wurde<br />
der Mais, soweit die Äcker wieder befahrbar<br />
waren, unter Minimalaufwand und oft ohne<br />
Bodenbearbeitung direkt zwischen die alten<br />
Reihen gedrillt. Die Richtigkeit der Beratung<br />
zur Versicherung dieses Maisnachbaues bewies<br />
der 19. Juli, als diese Bestände – wieder<br />
im 5- bis 6- Blattstadium – erneut durch<br />
Totalschäden vernichtet wurden.<br />
Hohe Maiszukäufe erforderlich<br />
Mitten im schwersten Hagelschadengebiet<br />
bewirtschaftet Hermann Fischer in Untergemmeringen<br />
einen 70 ha-Betrieb mit<br />
Milchvieh und Biogas. „Von insgesamt 30<br />
ha Maisanbau wurden 7 ha nicht verhagelt“,<br />
so der Betriebsleiter. „Wir sind geschockt<br />
vom Ausmaß der Hagelschäden und jetzt<br />
auch gezwungen, über Maschinenringe<br />
übergebietlich Mais zuzukaufen“, so Fischer.<br />
„Dabei rechnen wir für unseren Betrieb<br />
mit um 30 % höheren Zukaufspreisen für<br />
Mais, bedingt durch Frachtkosten sowie der<br />
Teuerung durch Angebotsverkappung“, so<br />
der Landwirt. „Unsere zweite Überlegung<br />
geht dahin, Betriebe anzusprechen, die<br />
Totalschäden haben und keinen weiteren<br />
Anbau bis zur Ernte beabsichtigen. Die 20<br />
% Differenz zur normalen Entschädigung<br />
bei der <strong>Hagelversicherung</strong> würden wir als<br />
aufnehmender Betrieb übernehmen und auf<br />
der Fläche Mais auf eigene Kosten anbauen“,<br />
so Fischer. In diesem Zusammenhang sind<br />
die Meldefristen bei den Landwirtschaftsämtern<br />
in Sachen Betriebsprämie zu beachten.<br />
Es kommt erschwerend hinzu, dass auch<br />
Fischer generell auf zusätzliche Maiskäufe<br />
aus der Region angewiesen ist, die wegen<br />
der Hagelschäden entfallen – er muss auch<br />
diesen Anteil überregional zukaufen. Um<br />
diese zusätzlichen Kosten zukünftig aufzufangen,<br />
wäre eine Anhebung des ha-Wertes<br />
für Frachtkosten und zusätzliche Teuerung<br />
sinnvoll.<br />
Auf 60 % der Betriebsfläche Totalschäden –<br />
20 Jahre nicht versichert<br />
Auch Herbert Böckeler, der in Jengen einen<br />
50 ha Betrieb mit Biogaserzeugung bewirt-<br />
9
10<br />
v.l. Landwirt Andreas Steinhuber, Sachverständige Werner Mayr und Martin Schorer sowie<br />
AD-Mitarbeiter Peter Pfänder sind sich einig: Der Getreideschlag ist nicht mehr zu retten.<br />
schaftet, erlitt schwerste Hagelschäden an<br />
seinen Feldbeständen, 60 % seiner Flächen<br />
sogar mit Totalschäden. Trotzdem hatte<br />
Böckeler unverschämtes Glück: „Wir haben<br />
unseren Betrieb nach 20 Jahren erstmals<br />
wieder gegen Hagel versichert und gleich im<br />
ersten Jahr einen extremen Hagelschaden<br />
bekommen“, so Böckler. „Wir sind heilfroh<br />
darüber, denn den Schaden hätten wir<br />
ohne Versicherung kaum verkraftet. Den<br />
Ausschlag für die <strong>Hagelversicherung</strong> gab<br />
der Rapsanbau, dabei wurde gleich Mais<br />
und Getreide mitversichert“, so der gelernte<br />
Landmaschinentechniker.<br />
Maisengpass bei Biogas<br />
Böckler betreibt mit acht anderen Landwirten<br />
eine Biogasanlage, dazu wurde eine<br />
GmbH gegründet. Die Biogasanlage wird<br />
mit Mais beschickt. Mit von der Partie sind<br />
drei Milchviehbetriebe, die auf Mais auch<br />
als Futtergrundlage angewiesen sind. „Aufgrund<br />
der Situation, dass der Hagel unseren<br />
Mais und die Ganzpflanzensilage vernichtet<br />
hat, sind die wir allesamt auf Maiszukäufe<br />
angewiesen“, so Böckeler. Dennoch hat die<br />
Maisverfütterung an das Milchvieh Priorität<br />
vor der Stromerzeugung. Sollte nicht<br />
genügend Mais zugekauft werden können,<br />
würde eine verringerte oder andersartige<br />
Beschickung der Biogasanlage in Erwägung<br />
gezogen. Künftig will der Landwirt beim<br />
Hagel kein Risiko mehr eingehen und bei der<br />
Höhe der Hektarwerte auch die Kosten für<br />
Fracht und Teuerung mit einbeziehen:„Ich<br />
habe in der Vergangenheit sehr viel Glück<br />
gehabt, dass mein Betrieb nicht verhagelte.<br />
Man sollte das Glück nicht herausfordern.“<br />
<strong>Hagelversicherung</strong> unverzichtbar<br />
Ganz anders stellt sich die Lage in Marktfruchtbetrieben<br />
ohne oder mit nur geringem<br />
Viehbestand dar. Ob ausreichend Liquidität<br />
nach einem extremen Hagelschaden vorhanden<br />
ist, hängt von der Höhe der Versicherungssumme<br />
ab. Der Betrieb Andreas Steinheber<br />
aus Oberostendorf bewirtschaftet 190<br />
ha Fläche, wobei Mais, Weizen, Raps und<br />
Kartoffeln angebaut werden. „Nach Stand<br />
der Dinge sind 70 % meiner Betriebsflächen<br />
von Hagelschäden betroffen, dabei erlitten<br />
15 % der Fläche Totalschäden“, so Betriebsleiter<br />
Andreas Steinheber. Der Marktfruchtbetrieb,<br />
der für Mastbullen nur etwa 10 %<br />
der Fläche als Futtergrundlage benötigt, ist<br />
auf die physische Ernte nicht angewiesen.<br />
Wegen ausreichend hoher ha-Werte befindet<br />
sich der Betrieb in einer komfortablen<br />
Lage und braucht sich wegen der Schäden<br />
keine großen Gedanken machen. Steinheber<br />
beabsichtigt, die Weizen- und Maisflächen<br />
bis zur Endregulierung stehen zu lassen, um<br />
gemäß der Schadenhöhe die volle Entschädigung<br />
zu nutzen. Für Steinheber gehört die<br />
<strong>Hagelversicherung</strong> mit ausreichend hohen<br />
ha-Werten zu einem unverzichtbaren Instrument<br />
zur Risikovorsorge im Betrieb.<br />
Volker Lindloff<br />
Hier kann nur noch umgebrochen werden: Peter Pfänder ist entsetzt über die Wucht des<br />
Hagelschlags, der das Getreide bis auf 5 cm abgehäckselt hat.
Gastbeitrag zum Thema Risikomanagement<br />
Was braucht der unternehmerische Landwirt heute und 2020?<br />
Anlässlich des diesjährigen AIAG-Kongresses<br />
in Athen (siehe auch S.23)<br />
hielt der Geschäftsbereichsleiter Agro der<br />
Munich Re, Karl Murr, einen Vortrag darüber,<br />
wie sinnvoll eine Einkommens- bzw.<br />
Erlösversicherung für die landwirtschaftliche<br />
Produktion innerhalb des Risikomanagements<br />
ist. Aufgrund der Aktualität<br />
des Themas, das EU-weit in der Diskussion<br />
steht und in Athen lebhaft, aber auch<br />
kontrovers erörtert wurde, werden im<br />
Folgenden die wesentlichen Aussagen<br />
wiedergegeben.<br />
Risiken richtig managen<br />
Das Management der landwirtschaftlichen<br />
Ertrags- und Preisrisiken ist die<br />
zentrale Herausforderung für den professionell<br />
wirtschaftenden Agrarbetrieb,<br />
denn in den letzten Jahren haben sich<br />
sowohl die Wetterextreme als auch die<br />
Preisschwankungen dramatisch erhöht.<br />
Schon 2003 hat Europas Agrarproduktion<br />
eine große Trockenheit verkraften müssen.<br />
2011 haben neben der frühsommerlichen<br />
Trockenheit auch landesweit ungünstige<br />
Witterungsverhältnisse zu starken Produktionsrückgängen<br />
geführt. Eine derartige<br />
Volatilität der Ergebnisse kann eine Landwirtschaft<br />
der Zukunft nicht verkraften.<br />
Keine andere Industrie ist einer derartig<br />
großen Schwankung ausgesetzt.<br />
Einkommensverluste kompensieren<br />
Eine unter Loss of Revenue Insurance (Einkommensverlustversicherung)<br />
bekannte<br />
Einnahmen- bzw. Erlösversicherung ist das<br />
passende Risikomanagement-Werkzeug:<br />
Sie deckt sowohl die Preis- als auch die<br />
Ertragsvolatilität der Agrarproduktion ab<br />
und zwar genau dann, wenn der natürliche<br />
Ausgleich, einen geringen Ernteertrag<br />
durch hohe Preise zu kompensieren, ausgehebelt<br />
wurde. Dieses Phänomen ist in<br />
den stets globaler werdenden Agrarproduktemärkten<br />
leider immer häufiger zu<br />
beobachten. Wichtig ist für den Landwirt,<br />
die individuelle Risikosituation abzusi-<br />
chern. Denn die Versicherungssumme und<br />
damit die Entschädigung nach Schadenereignissen<br />
müssen am individuellen Durchschnittsertrag<br />
der letzten Jahre gemessen<br />
werden. Weltweit funktioniert diese Art der<br />
Risikoabsicherung bereits für über 100 Millionen<br />
Hektar, hauptsächlich angeboten und<br />
nachgefragt in den USA. Aber auch andere<br />
große Agrarnationen wie Spanien, Kanada,<br />
China und Brasilien streben eine Revenue-<br />
Versicherung an. Die unabdingbare Voraussetzung<br />
für diese Preis-/Ertragsabsicherung<br />
ist ein funktionierendes, staatlich gestütztes<br />
Ernteversicherungssystem.<br />
Staatliche Kofinanzierung nötig<br />
Grundvoraussetzung dafür sind gesetzliche<br />
Rahmenbedingungen, die ein Absicherungssystem<br />
ermöglichen, das allen Landwirten<br />
offensteht. Eine rein privatwirtschaftliche<br />
Lösung wäre für den einzelnen Landwirt viel<br />
zu teuer und kommt deshalb nicht zustande.<br />
Der Staat muss die Beiträge kofinanzieren.<br />
Dazu kommt, dass selbst katastrophale Schäden<br />
wie großflächige Dürren eine relativ<br />
häufige Wiederkehrperiode haben und die<br />
Stabilität des gesamten Agrarsektors gefährden<br />
können. Um das zu verhindern, ist<br />
in diesen Fällen die finanzielle Unterstützung<br />
des Staates insbesondere in der Entwicklungsphase<br />
des Systems notwendig.<br />
Politische Unterstützung fehlt<br />
Erfahrungen mit einem umfangreichen<br />
Ernteversicherungssystem und eine ausrei-<br />
Karl Murr, Leiter des Geschäftsbereichs<br />
Agro bei Munich Re<br />
chende Marktdurchdringung fehlen in den<br />
anderen Ländern, so auch in Deutschland und<br />
weiten Teilen der EU. Der Bedarf für eine Revenue-Versicherung<br />
wird auf der politischen<br />
Seite zunehmend erkannt, noch fehlt aber die<br />
durchschlagende politische Unterstützung.<br />
Die Impulse aus der jüngsten Vorstellung<br />
der EU-Kommissionsvorschläge sind offen,<br />
denn sie befürwortet „staatlich unterstützte<br />
Versicherungssysteme für Ernteversicherungen.“<br />
Deren Vorteile zeigen Systeme wie die<br />
in den USA und Kanada deutlich: Mit rund<br />
5 Mrd. Euro Subventionen wird für 120 Mrd.<br />
Euro Produktion gehaftet.<br />
Gesamter Agrarsektor gewinnt<br />
Dabei profitiert nicht nur die Landwirtschaft,<br />
sondern auch die vor- und nachgelagerte<br />
Produktion. Die Landwirtschaft ist und bleibt<br />
ein verlässlicher Partner und die ländlichen<br />
Räume bleiben stabil. China etwa nutzt sein<br />
Ernteversicherungssystem speziell zur Regionalentwicklung.<br />
Auch fremdfinanzierte<br />
Investitionen gewinnen an Planungssicherheit,<br />
wenn die Kredite durch die geschützten<br />
Einnahmen zuverlässig bedient werden<br />
können. Und der Landwirt kann, abgesichert<br />
mit einer Revenue-Versicherung, seine Ernte<br />
vorwärts verkaufen, um so die sich bietenden<br />
Marktchancen optimal zu nutzen.<br />
11
12<br />
<strong>Vereinigte</strong> Hagel zwischen Sicherheitsanspruch und Risikoerwartung<br />
Finanziell stabil in unruhiger Zeit<br />
Die elf individuellen Risikogebiete der acht Bezirksdirektionen sowie vier Auslandsnieder-<br />
lassungen Niederlande, Luxemburg (in Zusammenarbeit mit BD Alzey), Italien und Litauen<br />
sind jeweils mit einer eigenen Rückversicherung ausgestattet. Das Gesamtgeschäft der<br />
<strong>Vereinigte</strong>n <strong>Hagelversicherung</strong> hat darüber hinaus eine weitere Absicherungsebene.<br />
Seit der Insolvenz der Investmentbank<br />
Lehmann Brothers im September 2008<br />
lebt die Öffentlichkeit in einer gefühlten<br />
Dauerkrise. Deutschland hat diesen Finanzkollaps<br />
konjunkturell gut bewältigt, ist aber<br />
– wie alle EURO-Länder – in den Strudel der<br />
Staatsschuldenkrise geraten. Deren Ausgang<br />
ist ungewiss.<br />
Die <strong>Vereinigte</strong> Hagel hat entsprechend der<br />
eingegangenen Gesamtversicherungssumme<br />
Kapitalunterlegung nachzuweisen. Unser<br />
Naturgefahren-Versicherungsverein hat in<br />
den EU-Ländern Risiken im Wert von annä-<br />
hernd 10 Mrd. Euro gezeichnet. Dem steht ein<br />
Jahresbeitragsaufkommen von rund 150 Mio.<br />
Euro gegenüber. Die aus der Vergangenheit<br />
bekannten Jahresschadenverläufe und die aus<br />
Modellrechnungen entwickelten Schadenhöchstwerte<br />
lassen Jahresschadensummen<br />
von bis zum 1,5 fachen eines Jahresbeitrages<br />
erwarten.<br />
Wie geht die <strong>Vereinigte</strong> Hagel finanztechnisch<br />
mit extremen Risikoerwartungen um?<br />
Im Prinzip nicht anders als ein landwirtschaftliches<br />
Unternehmen auch. Allerdings unter<br />
der Maßgabe, dass die staatliche Finanzauf-<br />
sicht ein schlüssiges Sicherheitskonzept vom<br />
Versicherer erwartet, damit die Ansprüche der<br />
Versicherten im Versicherungsjahr erfüllbar<br />
sind.<br />
Welche Risikopuffer stehen im Konzern der<br />
<strong>Vereinigte</strong>n Hagel zur Verfügung?<br />
Da sind zunächst das Eigenkapital und die stillen<br />
Reserven in der Größenordnung von rund<br />
50 Mio. Euro zu nennen. Diese Finanzmittel<br />
sollten zum Ausgleich extremer Schadenverläufe<br />
möglichst nicht angetastet werden,<br />
um auch für die Zukunft ausreichend hohe<br />
Eigenkapitalquoten ausweisen zu können.<br />
Was leistet die Schwankungsrückstellung?<br />
Um die in der Zeit schwankenden Schadenverläufe<br />
auszugleichen, wird die sogenannte<br />
Schwankungsrückstellung herangezogen. Sie<br />
kann nach strengen gesetzlichen Vorschriften<br />
in gewisser Höhe in der Bilanz steuerunschädlich<br />
gebildet werden. In dieser Rückstellungsposition<br />
befinden sich zurzeit rund 30 Mio.<br />
Euro. In Überschadenjahren werden hieraus<br />
Mittel entnommen, um ein ausgeglichenes<br />
versicherungstechnisches Ergebnis herstellen<br />
zu können.<br />
Was passiert, wenn die Entschädigungen<br />
das Prämienaufkommen übersteigen?<br />
Nähert sich das Versicherungsunternehmen<br />
in einem Jahr der Schadenquote von 100 %,<br />
müssen also sämtliche Beitragseinnahmen<br />
für die Schadenregulierung verwendet werden,<br />
dann reicht die Schwankungsrückstellung<br />
des Unternehmens unter Umständen<br />
nicht aus. Deshalb kauft das Unternehmen,<br />
wie die Kunden der Versicherung auch, eben<br />
eine Versicherung. Im Fall der <strong>Vereinigte</strong>n<br />
Hagel eine sogenannte Rückversicherung.<br />
Was verbirgt sich hinter der sogenannten<br />
Rückversicherung?<br />
Das ist eine Risikofinanzierung mit einem<br />
Haftungsvolumen der Rückversicherer von<br />
bis zu 100 Mio. Euro, die in einem Jahr mit<br />
einer Schadenquote bis zu 180 % abgerufen<br />
werden müssten. Das hat selbstverständlich
Risikowert gesamt<br />
10 Mrd.EUR europaweit gezeichnete Risiken<br />
150 Mio. EUR Jahresbeitragsaufkommen<br />
Kapitalunterlegung<br />
225 Mio. EUR erwarteter Schadenhöchstwert<br />
50 Mio. EUR Eigenkapital und stille Reserven<br />
30 Mio. EUR Schwankungsrückstellung<br />
100 Mio. EUR Rückversicherungskapazität<br />
seinen Preis. Dabei ist darauf zu achten, nicht<br />
unnötig hohe Haftungssummen zu kaufen<br />
und über Schadenzahlungen der Rückversicherer<br />
Rückflüsse zu erzielen. Letztlich gilt,<br />
gut versichert bzw. gut rückversichert zu sein.<br />
Wie gestaltet sich die Rückversicherung des<br />
direkten Geschäftes der <strong>Vereinigte</strong>n Hagel?<br />
Der obere Schutzschirm für die <strong>Vereinigte</strong><br />
Hagel insgesamt beginnt ab einer Schadenquote<br />
von 95% (Priorität) und gewährleistet<br />
Zahlungen (Haftung) durch die Rückversicherer<br />
von bis zu 85% der Beitragseinnahmen.<br />
Sollte die Schadenquote insgesamt unterhalb<br />
der Priorität bleiben, so ist doch ein Zahlungsrückfluss<br />
von den Rückversicherern möglich.<br />
Für Bezirksdirektionen und Auslandsniederlassungen<br />
besteht nämlich eine jeweils individuelle<br />
Rückversicherung für das jeweilige<br />
Geschäftsgebiet. Die jeweiligen Prioritäten,<br />
also die für die Rückversicherung relevanten<br />
Schadenquoten, liegen aber deutlich höher<br />
als für die <strong>Vereinigte</strong> Hagel insgesamt. Die jeweiligen<br />
Haftungsvolumina der Einzel-Rückversicherung<br />
entsprechen im Durchschnitt<br />
den jeweiligen Beitragseinnahmen.<br />
Wann kommt es zu möglichen Rückflüssen<br />
durch die Rückversicherer?<br />
Durch die Sub-Rückversicherung kann es also<br />
auch in einem weniger heftigen Schadenjahr<br />
des Gesamtunternehmens zu Rückflüssen<br />
von Rückversicherern kommen. So wurde<br />
zum Beispiel 2009 für die Bezirksdirektion<br />
in Bayern eine Zahlung in Höhe von rund 6<br />
Mio. Euro an die <strong>Vereinigte</strong> Hagel geleistet,<br />
was in etwa der Summe entsprach, die in<br />
diesem Jahr für die Rückversicherungnahme<br />
insgesamt aufgewendet wurde. In 2011 wird<br />
eine Schadenzahlung der Rückversicherer für<br />
das Schadenaufkommen der Niederlassung<br />
in Litauen und der Bezirksdirektion Stuttgart<br />
fällig.<br />
Wie sind Rückversicherungen finanztechnisch<br />
einzuordnen?<br />
Letztlich ist die Rückversicherung ein Äquivalent<br />
für Eigenmittel. Die <strong>Vereinigte</strong> Hagel<br />
weist im Konzern eine Bilanzsumme von<br />
rund 77 Mio. Euro aus. Die darin enthaltenen<br />
Kapitalanlagen sind am Kapitalmarkt nach<br />
strengen Vorschriften hinsichtlich Mischung<br />
und Streuung anzulegen. Das künstlich niedrig<br />
gehaltene Zinsniveau erlaubt zurzeit keine<br />
befriedigenden Renditen. Dadurch ist eine<br />
weitere Eigenkapitalbildung erschwert.<br />
Ist eine Kreditaufnahme möglich?<br />
Einerseits die Finanzstärke der <strong>Vereinigte</strong>n<br />
Hagel aufrecht zu erhalten und andererseits<br />
ihren Ausbau innerhalb wachsender Märkte<br />
voran zu treiben, stellt große Herausforderungen<br />
dar. Die Rechtsform des Versicherungsvereins<br />
auf Gegenseitigkeit erlaubt<br />
keine Kapitalaufnahme am Kapitalmarkt.<br />
Dementsprechend bestehen aber auch keine<br />
Erwartungen an Dividenden, die nur aus<br />
dem Versicherungsgeschäft erwirtschaftet<br />
werden könnten. Im Verein gilt die ganze<br />
Aufmerksamkeit der guten Dienstleistung.<br />
Dieser Aufgabe fühlt sich die <strong>Vereinigte</strong><br />
Hagel verpflichtet und dafür setzen sich alle<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit voller<br />
Kraft ein.<br />
Dr. Dietrich Heine<br />
Am 11. September hat sich die Hagelsaison<br />
mit einem heftigen Unwetter beim Vorstand<br />
zuhause in Gießen verabschiedet.<br />
13
14<br />
Frühe Weinlese, späte Hagelunwetter<br />
„Da läuft der Most aus den Weinbergen!“<br />
Dr. Heinzbert Hurtmanns, Bezirksdirektor<br />
aus Alzey , hat sich soeben<br />
vom Sachverständigenteam in Oppenheim<br />
verabschiedet. Gemeinsam haben sie in<br />
Rheinhessen bei unsäglich schwüler Hitze<br />
von 34°C – trotz bewölktem Himmel –<br />
Hagelschäden im Weinbau aus dem Juni<br />
endreguliert, eine Fehleinschätzung, wie<br />
sich später zeigen soll. Ein anstrengender<br />
Tag liegt hinter ihm. Er sitzt im Auto, als<br />
plötzlich wie von Geisterhand von Westen<br />
eine Unwetterfront aufzieht, die den Tag<br />
zur Nacht werden lässt und dennoch eine<br />
unbeschreiblich eindrucksvolle Fernsicht<br />
bietet. Wenige Augenblicke der Stille, dann<br />
setzt lautstark ein kräftiges Gewitter ein.<br />
Die unsagbar klare Landschaftskulisse wird<br />
in Sekundenschnelle durch einen dichten<br />
Vorhang aus Starkregen und Hagel verhüllt,<br />
der erbarmungslos auf die erntereifen Trauben<br />
niederprasselt.<br />
Zügige Ernte gegen Fäulnisdruck<br />
Die prallen Trauben platzen, der Regen spült<br />
den Saft heraus. „Wenn jetzt nicht sofort<br />
geerntet wird, dann fault der Wein am<br />
Rebstock!“ denkt Hurtmanns, der Weinbauspezialist<br />
der <strong>Vereinigte</strong>n Hagel. Es ist der<br />
24. August 2011. Nur zwei Tage später zieht<br />
eine weitere Hagelfront übers Land, diesmal<br />
trifft es die Weinbaugebiete an der Mosel.<br />
Rund 900 Schadenmeldungen erreichen<br />
die Bezirksdirektion in den Folgetagen. Die<br />
hatte bisher ungewöhnlich wenig Schäden<br />
zu bearbeiten. Nun steht das Telefon kaum<br />
still und das Büro ist selbst am Wochenende<br />
besetzt. Da werden die 40 Sachverständigen<br />
kräftig zu tun haben! Wichtig ist, dass sie<br />
einen Blick auf den Schaden werfen können,<br />
bevor die hagelgeschädigten Trauben<br />
gelesen sind. Am besten, die Winzer lassen<br />
Probestöcke stehen! Jetzt zählt jede Stunde,<br />
damit gerecht geschätzt wird, ohne die Ernte<br />
zu behindern.<br />
Unglaubliche Wetterkapriolen<br />
Dass die Weinlese schon im August beginnt<br />
und es Ende August noch zu solch hoher Hitze<br />
und starken Hagelgewittern kommt – da<br />
staunt der Laie und der Fachmann wundert<br />
sich – so etwas hat Hurtmanns in seinen 28<br />
Berufsjahren noch nicht erlebt: „Ein absolutes<br />
Phänomen - später Hagel zur frühen<br />
Weinlese! Da läuft quasi der Most aus den<br />
Weinbergen, unglaublich!“ Das Wetter war<br />
schon das ganze Jahr über außergewöhnlich<br />
und stellte alles bisher Erfahrene in den<br />
Schatten: Starke Frost- und Auswinterungsschäden,<br />
lange Frühjahrstrockenheit, dann<br />
die anhaltende Sommernässe und nun noch<br />
Hagelunwetter im Spätsommer!<br />
Mehr Versicherte dank Prämienstützung<br />
Verkehrte Welt – sie steht nicht nur wettertechnisch<br />
Kopf. Seitdem das Land Rheinland-<br />
Pfalz die Prämie für die <strong>Hagelversicherung</strong><br />
finanziell erst mit 50 EUR und derzeit mit 75<br />
EUR pro Hektar unterstützt, erlebt die Bezirksdirektion<br />
Alzey einen in diesem Umfang<br />
nie dagewesenen Zulauf an Winzern, die<br />
ihren Beitritt erklären möchten. Dafür hat<br />
Hurtmanns mit seinem Team gute Vorarbeit<br />
geleistet, die Winzer aktiv angesprochen<br />
und das Ministerium fachlich beraten, wie<br />
das Prämienstützungsprogramm praktisch<br />
umzusetzen ist. Die Abwicklung der Prämienanträge<br />
klappte im letzten Jahr so hervorragend,<br />
dass die Bezirksdirektion in diesem<br />
Jahr 3.500 ha Rebfläche neu versichern<br />
konnte, ein Plus von 15 %, davon sind rund<br />
1000 ha durch nicht versicherte Frostschäden<br />
herausgefallen. Die Quintessenz: Wenn<br />
in der Risikovorsorge Politik, Weinbauer und<br />
Versicherer Hand in Hand zusammenwirken,<br />
gewinnen alle!<br />
Dr. Bärbel Bischoff
Secufarm® – Mehrgefahrenversicherung im Zeichen des Klimawandels<br />
Selbstvorsorge gegen steuerlichen Widerstand<br />
Grundabsicherung gegen Hagel Grundabsicherung gegen Hagel, Sturm<br />
und Starkregen<br />
Wetterextreme werden zukünftig immer<br />
öfter und heftiger auftreten. Zu<br />
diesem Ergebnis kommt die neueste Klimastudie<br />
der Deutschen Versicherungswirtschaft<br />
GDV. Noch in diesem Jahrhundert wird unsere<br />
Kinder- und Enkelgeneration schwerste<br />
Hochwasser doppelt so häufig erleben wie<br />
wir. Flussüberschwemmungen, Sturzfluten<br />
und extreme Stürme werden sogar dreimal so<br />
häufig vorkommen. Dieses Jahr, so scheint es,<br />
hat uns einen kleinen Vorgeschmack darauf<br />
geliefert.<br />
Mehr Wärme, mehr Regen, mehr Sturm<br />
Klimamodellprojektionen lassen zunehmende<br />
sommerliche Hitze- und Dürreperioden<br />
erwarten, die die Erträge in ganz Deutschland<br />
stark beeinträchtigen. Schon heute nehmen<br />
Schwergewitter mit Hagel zu, nicht nur im<br />
Südwesten Deutschlands. Bis 2040 erwartet<br />
der GDV ein Viertel höhere Gewittersachschäden<br />
als heute. Die neuen Bundesländer<br />
werden im Sommer mit weniger Niederschlägen<br />
rechnen müssen und mit dürrebedingten<br />
Ernteausfällen. Weil die Vegetationsperiode<br />
früher startet, steigt die Spätfrostgefahr. Aufgrund<br />
der ansteigenden Jahresmitteltemperaturen<br />
nimmt der Druck von wärmeliebenden<br />
Pflanzenschädlingen zu. Man mag sich kaum<br />
ausmalen, was an Wetterfolgen, auf die einzelnen<br />
Regionen heruntergebrochen, auf uns<br />
zukommt.<br />
Staatliche Entscheidung ist überfällig<br />
Die Rückversicherung Munich Re hält eine<br />
agrarische Absicherungen gegen Wettergefahren<br />
künftig für noch wichtiger als bisher.<br />
Gemeinsam mit dem GDV hat sie bereits vor<br />
Jahren eine umfassende Mehrgefahrenversicherung<br />
für die deutsche Landwirtschaft<br />
vorgeschlagen, die eine öffentlich-private Partnerschaft<br />
vorsieht und eine staatliche Prämienförderung<br />
beinhaltet, wie sie in anderen<br />
Ländern lange Realität ist. Umgesetzt wurden<br />
diese Empfehlungen bisher nicht.<br />
Risikovorsorge selbst in die Hand nehmen<br />
Bis die Politik entscheidet, braucht es privatwirtschaftliche<br />
Lösungen. Mit den Secufarm®-<br />
Produkten können die Mitglieder der <strong>Vereinigte</strong>n<br />
Hagel bereits seit 2008 individuell<br />
entscheiden, welche Gefahren sie versichern.<br />
Neben Hagel (Secufarm®1) ist die Ergänzung<br />
Sturm und Starkregen (Secufarm®3) und deren<br />
Erweiterung auf Frost und Auswinterung<br />
(Secufarm®5) möglich. Jede Fruchtgattung<br />
lässt sich so individuell an die jeweilige Gefahrenlage<br />
anpassen mit nur einem Vertrag pro<br />
Fruchtgattung , weniger Verwaltungsaufwand<br />
und optimaler Absicherung. Knapp 38 % des<br />
Gesamtbeitrages fallen inzwischen auf die<br />
Hagelvariante, mit den vier weiteren Gefahren<br />
sind es rund 42 %. Dieses Jahr mit seinen<br />
Spätfrost- und Starkregenschäden wird erneut<br />
einen Nachfrageschub auslösen. Er könnte<br />
Grundabsicherung gegen Hagel, Sturm,<br />
Starkregen, Frost und Auswinterung<br />
größer sein, wie das große Interesse gerade<br />
bei Sonderkulturanbauern unter Beweis stellt.<br />
Ohne Prämiensteuer mehr Nachfrage<br />
Viele Landwirte halten die Absicherung gegen<br />
Mehrgefahren für richtig, aber noch für<br />
zu teuer. Die Prämie wäre rund ein Fünftel<br />
günstiger, wenn der Fiskus die Mehrgefahren<br />
wie Hagel behandelte und statt einer<br />
Prämiensteuer die Versicherungssummensteuer<br />
heranzöge. Seit zwei Jahren steht die<br />
Entscheidung im Bundesfinanzministerium<br />
an. Sie ist mehr als überfällig!<br />
Heiner Wolff<br />
Heiner Wolff, Prokurist und Leiter der Versicherungsabteilung<br />
der <strong>Vereinigte</strong>n Hagel<br />
15
16<br />
Betriebsreportage Reutershof, Mecklenburg-Vorpommern<br />
170 Hektar Kartoffeln – zum Glück starkregenversichert<br />
Bestes Wetter am 26. September in<br />
Altentreptow an der Tollense in Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Es wird auch höchste<br />
Zeit, dass sich die Sonne wieder zeigt, nachdem<br />
im Juli und August über 700 mm an<br />
Regen gefallen sind, soviel wie sonst im ganzen<br />
Jahr nicht! Auf dem Reutershof herrscht<br />
große Betriebsamkeit: Kontinuierlich fahren<br />
die schweren Transportlaster auf den Hof,<br />
um die frisch geernteten Industriekartoffeln<br />
der Sorte Karlena für das Pfanni-Werk in<br />
die Sortieranlage zu kippen. Der Betrieb<br />
erzeugt auf 140 ha 4.000 t Veredlungskartoffeln<br />
und 1.400 t Stärkekartoffeln pro<br />
Jahr, dazu vermehrt er Kartoffelpflanzgut<br />
auf 30 ha Anbaufläche. Der 56-jährige<br />
Betriebsinhaber Hans-Jürgen Rienitz führt<br />
den 1.520 ha großen Familienbetrieb seit 20<br />
Jahren, inzwischen gemeinsam mit seiner<br />
Tochter, einer studierten Agraringenieurin.<br />
Im Oktober 1990 kam er in die damalige<br />
LPG (P) Grapzow. Nach vier Wochen musste<br />
er den Vorstandsvorsitz übernehmen, da<br />
der Vorgänger in Vorruhestand ging. Die<br />
Zwangsumwandlung zum 31. Dezember 1991<br />
bereitete große Sorgen. 500 der Mitglieder<br />
waren noch auf dem Betrieb beschäftigt. Zuerst<br />
wurde der Inventarbeitrag ausgezahlt.<br />
Unter Abwägung aller Betriebsformen blieb<br />
nur die Privatisierung, da die Mitglieder weder<br />
Verantwortung tragen noch das Risiko<br />
übernehmen wollten. So wurde die LPG am<br />
1. Juli 1991 voll privatisiert, als solche aufgelöst<br />
und liquidiert.<br />
Voll ins Risiko gegangen<br />
Rienitz, ein Mann voller Tatkraft und Entscheidungsfreude,<br />
nahm die Herausforderung<br />
an. Er scheute auch das Risiko nicht,<br />
sich hoch zu verschulden, um den Reu-<br />
tershof in der Privatisierungsphase am 1. Juli<br />
1991 in Eigenregie zu führen und zu kaufen,<br />
nachdem alle Alteigentümer der Genossenschaft<br />
abgewunken hatten, ihren Anteil in<br />
der LPG zu belassen. Er hat den früheren Gemischtbetrieb<br />
mit Milchviehhaltung – zur<br />
Betriebsfläche zählen 350 ha Grünland – zu<br />
einem vielseitigen Ackerbauunternehmen<br />
ausgebaut, das 23 Vollzeitkräfte ganzjährig<br />
beschäftigt. 40% der rund 1.200 ha großen<br />
Ackerfläche entfallen auf Wintergetreide,<br />
20% auf Winterraps, 10% auf Zuckerrüben<br />
und 20% auf Kartoffeln – mit sinkender<br />
Tendenz. Der Rest wird mit Mais bestellt,<br />
auch für die Biogasanlage, die zudem mit<br />
Gras und Zuckerrüben gefüttert werden<br />
soll und gerade ihrer baulichen Vollendung<br />
entgegen sieht. Ab Oktober wird die eigens<br />
gegründete 50/50-Gesellschaft zwischen<br />
ENVITEC Biogas AG und dem Reutershof
Hans-Jürgen Rienitz und Bezirksdirektor<br />
Dr. Wilfried Schlott im Gespräch.<br />
als Energieanbieter an den Markt gehen<br />
und die Stadt Altentreptow mit Fernwärme<br />
versorgen. „Wir Landwirte müssen nicht<br />
alles lernen und wissen, es reicht, sich die<br />
richtigen Partner ins Boot zu holen!“, so Rienitz.<br />
Er kümmere sich um die Landwirtschaft,<br />
ENVITEC um die Energie, das sei sinnmachende<br />
Arbeitsteilung unter Partnern auf<br />
Augenhöhe. Während Rienitz uns über den<br />
Hof führt, klingelt häufig sein Handy oder<br />
Mitarbeiter wenden sich an ihn. Er fragt kurz<br />
und präzise nach, entscheidet zügig ohne<br />
Hast und vermittelt den Eindruck, dass er<br />
nichts, was auf dem Hof vor sich geht, dem<br />
Zufall überlässt.<br />
Jährliche Investitionen in Meliorationsmaßnahmen<br />
zur Be- und Entwässerung<br />
Das gilt auch für Bodenverbesserungsmaßnahmen,<br />
vor allem, um Wasserschäden abzuwehren.<br />
Seit 1993 werden die Flächen<br />
jährlich für rund 100.000 EUR melioriert,<br />
Flächen, die z.T. vorher nicht befahrbar waren<br />
und nicht bestellt werden konnten. 80% der<br />
Ackerfläche lassen sich heute beregnen und<br />
sind drainiert, was im trockenen Frühjahr und<br />
im nassen Sommer 2011 ein Segen gewesen<br />
ist, der Methode hat: Über Winter sind bis<br />
zu vier Mitarbeiter damit beschäftigt, die<br />
Drainagen und Vorfluter freizuhalten. Als<br />
ehrenamtlicher Vorstand im Wasser- und<br />
Bodenverband macht Rienitz seinen Einfluss<br />
geltend, der Verkrautung und Versandung<br />
Unermüdlich laufen die Förderbänder<br />
und erfordern volle Konzentration.<br />
der Flüsse und Gräben durch kontinuierlich<br />
durchgeführte Reinigungsmaßnahmen zu<br />
begegnen, damit sie ihrer Entwässerungsaufgabe<br />
nachkommen können. Dabei ist es<br />
das Staatliche Amt für Landwirtschaft und<br />
Umwelt als oberste Wasserbehörde, das die<br />
Stauziele festsetzt, und mit den praxisgerechten<br />
landwirtschaftlichen Vorstellungen<br />
oft nicht konform geht. Diese Diskrepanzen<br />
können in Jahren wie diesem verheerende<br />
Folgen haben, wie die Politik inzwischen<br />
auch erkannt habe, so Rienitz. Er erinnert<br />
sich an ein Unwetter am 10. Juli 2007, als<br />
ein 5 km breites Sturmtief mit Starkregen in<br />
Süd-Nord-Richtung über die Region hinweg<br />
gefegt war. „Es herrschte Weltuntergangsstimmung<br />
bei schwarzem Himmel und alles<br />
war hinterher platt!“ erklärt Rienitz. 30 Liter<br />
Wasser fielen innerhalb einer Viertelstunde<br />
pro Quadratmeter, 67 Bäume wurden<br />
entwurzelt und alle Niederungen standen<br />
einen Meter unter Wasser. In dieser Saison<br />
gab es zweimal Starkregenfälle von 50 bis<br />
100 mm innerhalb von 24 Stunden. Rienitz<br />
schätzt, dass ihm über 1 Mio. EUR an Schaden<br />
erspart geblieben seien, weil er der Wasserwirtschaft<br />
auf seinem Betrieb eine so hohe<br />
Priorität einräume.<br />
Wetterrisiko abfedern mit Secufarm®<br />
Während er die Meliorationsmaßnahmen<br />
selbst in die Hand nimmt, vertraut er in der<br />
Risikovorsorge auf die Secufarm®-Produkte<br />
Nach der Feinsortierung gehen die Kartoffeln<br />
bis Mai ins hofeigene Winterlager.<br />
gegen Hagel, Sturm und Starkregen, bei<br />
Getreide und Kartoffeln sogar auch gegen<br />
Frost und Auswinterung. Rienitz ist von Beginn<br />
an bei der <strong>Vereinigte</strong>n Hagel über die<br />
Friedländer Agentur von Jürgen Gundlach<br />
versichert. “Aus heutiger Sicht eine goldrichtige<br />
Entscheidung. Ich fühle mich gut<br />
aufgestellt und partnerschaftlich betreut! “<br />
Auf seinem Betrieb sei es immer mal wieder<br />
zu Schäden gekommen, aber derzeit häuften<br />
sich die Unwetterereignisse.<br />
Produktionssicherheiten schaffen<br />
Er möchte die Versicherung nicht missen: Secufarm®3<br />
und 5 seien eine gute Absicherung<br />
gegen massive Schäden. Dieses Jahr habe<br />
die Kartoffelerzeugung 4.ooo bis 5.000 EUR<br />
pro ha gekostet und brächte viele Betriebe in<br />
Existenznöte. „Man muss Sicherheit schaffen<br />
für Produktion und Ökonomie, wenn es<br />
am Anfang auch viel Geld kostet. Das ist gut<br />
angelegt!“ Rienitz weiß, wovon er spricht:<br />
Die Starkregenfälle haben auch den Reutershof<br />
schwer in Mitleidenschaft gezogen.<br />
Die Entschädigungsleistungen nach Sturm<br />
und Starkregen werden einigen ökonomischen<br />
Druck aus dem „Kessel“ nehmen, zumal<br />
die Kartoffeln auf den nassen Sommer<br />
mit Krautfäule reagiert haben, die (noch)<br />
nicht versicherbar ist.<br />
Dr. Bärbel Bischoff<br />
17
18<br />
Wissenschaftliche Versuche unterstützen nachhaltig die Sachverständigentätigkeit<br />
Starkregenschäden an Kartoffeln praxisnah simuliert<br />
Die Technik des Beregners kann auf dem Foto gut erkannt werden.<br />
Im Jahre 2008 hat die <strong>Vereinigte</strong> Hagel das<br />
innovative Versicherungsprodukt Secufarm®3<br />
gegen die Gefahren Hagel, Sturm und<br />
Starkregen in den Markt eingeführt, das sich<br />
mittlerweile in Deutschland gut etabliert<br />
hat. Das gilt auch für das europäische Ausland,<br />
insbesondere für den niederländischen<br />
Markt, wo der Kartoffelanbau eine große<br />
Rolle spielt. Hier ist unter Praktikern die<br />
Starkregenproblematik auf schweren Böden<br />
ein ständiges Thema.<br />
Knollen sind nur mittelbar betroffen<br />
Starkregenereignisse führen deshalb zu<br />
hohen Ertragsverlusten, weil sie die Dammanlagen<br />
schwer beschädigen. Die direkte<br />
Beschädigung an den Knollen unterbleibt<br />
vorerst. Sie tritt erst als Folge von Starkregen<br />
auf, wenn es zu Dammerosionen<br />
und zu einem mangelnden Gasaustausch<br />
im Damm gekommen ist.<br />
Exaktversuche mit der Wissenschaft<br />
Die Erfahrungen aus der Regulierungspraxis<br />
haben die <strong>Vereinigte</strong> Hagel veranlasst,<br />
im Jahr 2011 in Zusammenarbeit mit dem<br />
Institut für Landtechnik der Rheinischen<br />
Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn einen<br />
Exaktversuch für Kartoffeln durchzuführen.<br />
Dabei wurden fest definierte Niederschlagsmengen<br />
für die Beregnung vorgegeben. Die<br />
Versuchsanlage unfasste acht Parzellen,<br />
davon vier mit einer Niederschlagsmenge<br />
von 25 Liter pro qm und einer zweiten Variante<br />
mit 50 Liter pro qm. Die übrigen vier<br />
Parzellen dienten lediglich als sogenannte<br />
Null-Parzellen. Für die Auswertung wurde<br />
das Erntegut bonitiert. Lasertechnik kam<br />
zum Einsatz, die die Dämme auf mögliche<br />
Beschädigungen hin abgetastet hat, um<br />
daraus anschließend ein Dammprofil in<br />
3-D-Format anzulegen.<br />
Praxisgerechte Versuchsanlagen unter<br />
natürlichen Verhältnissen<br />
Die Bepflanzung der Versuchsparzellen erfolgte<br />
am 23. März, die Dämme wurden am<br />
Folgetag angehäufelt. Die Versuchsfläche<br />
hat eine Bodenzahl von 85 Bodenpunkten.<br />
Die natürlichen Niederschläge am Versuchsstandort<br />
variierten in den Jahren 2008 bis<br />
2010 zwischen 600 und 750 mm pro Jahr.<br />
Wachstumsschub durch Beregner<br />
Das Bonner Institut hat einen speziellen Beregner<br />
entwickelt, der während der extremen<br />
Frühjahrstrockenheit mit seinen künstlichen<br />
Niederschlägen zunächst einen positiven<br />
Wachstumsschub bei den Kartoffeln auslöste.<br />
Allerdings traten insbesondere bei der<br />
50- Liter- Variante Dammrisse auf. In die<br />
Auswertung flossen der Anteil von grünen<br />
und faulen Knollen ein und auch, wie die Knollen<br />
hinsichtlich ihres Stärkegehaltes auf die<br />
Regenmengen reagiert haben. Die Versuche<br />
zielen darauf ab, einen gesicherten Zusammenhang<br />
zwischen Niederschlagsmengen<br />
und beerntbarem Kartoffelertrag herzustellen,<br />
wobei auch Qualitätskriterien wie die<br />
Handelsklassen oder Vertragsstandards einbezogen<br />
werden.<br />
Weitere Versuchsstandorte geplant<br />
Um die erlangten Erkenntnisse zu erweitern,<br />
wird derzeit über Wiederholungen mit noch<br />
höheren Niederschlagsmengen auch auf<br />
anderen Standorten nachgedacht.Die <strong>Vereinigte</strong><br />
Hagel geht davon aus, dass extreme<br />
Niederschlagsereignisse zukünftig weiter<br />
zunehmen werden. Dafür ist eine wissenschaftlich<br />
basierte Herangehensweise an<br />
die Schadenregulierung unabdingbar. Die<br />
Ergebnisse der Versuchsreihen wird die<br />
<strong>Vereinigte</strong> Hagel in den kommenden Jahren<br />
sukzessive in die Regulierungsberichte für<br />
Sachverständige einbeziehen.<br />
Vorreiterrolle auch im Versuchswesen<br />
Die <strong>Vereinigte</strong> Hagel leistet damit erneut<br />
wichtige Grundlagenarbeit. Dies ist ganz<br />
und gar im Sinne des Gegenseitigkeitsgedankens.<br />
Denn um auch zukünftig einen<br />
finanzierbaren Versicherungsschutz für alle<br />
Mitglieder zu gewährleisten, wenn die Wetterrisiken<br />
weiter steigen, bedarf es heute<br />
gesicherter Datengrundlagen für die Landwirtschaft<br />
. Vorsicht und Weitsicht sind die<br />
Grundtugenden kaufmännischen Handelns<br />
im Sinne der Versicherungsvereins.<br />
Bernd Edeler
Das Team Forschung und Entwicklung stellt sich vor<br />
Schnittstelle für Wissenschaft und Praxis<br />
Kompetenz und Zuverlässigkeit haben die<br />
<strong>Vereinigte</strong> Hagel zum größten landwirtschaftlichen<br />
<strong>Hagelversicherung</strong>sunternehmen<br />
in Deutschland gemacht. 150 Jahre Erfahrung<br />
fließen in die Versicherungsprodukte und Schadenregulierung<br />
ein. Gleichzeitig gilt es, aktuelle<br />
und zukünftige Entwicklungen im Agrarsektor<br />
zu beobachten. Angesichts einer sich rasant ändernden<br />
Agrarstruktur, dem Zusammenwachsen<br />
des europäischen Binnenmarktes und den<br />
viel diskutierten Folgen des Klimawandels ist zu<br />
prüfen, inwieweit diese Veränderungen einen<br />
Einfluss auf die Risikovorsorge unserer Mitglieder<br />
haben werden.<br />
Schlagkräftiges Team für Innovationen<br />
Um diesen Entwicklungen gerecht zu werden,<br />
wurde innerhalb der Versicherungsabteilung<br />
das Team Forschung und Entwicklung gegründet.<br />
Veränderungen im Agrarsektor sollen rechtzeitig<br />
identifiziert und analysiert werden, damit<br />
die <strong>Vereinigte</strong> Hagel gezielt darauf reagieren<br />
kann. Das fünfköpfige Team ist interdisziplinär<br />
aufgestellt und setzt sich aus Agrar- und Gartenbauingenieuren<br />
zusammen, die langjährige Er-<br />
fahrungen aus folgenden Bereichen mitbringen:<br />
• Produktentwicklung<br />
• Schadenregulierung<br />
• Landwirtschaft und Sonderkulturen<br />
• Hagel- und Mehrgefahrenversicherung<br />
• Risikobewertung und -tarifierung<br />
• Business Intelligence und<br />
• neue Technologien<br />
Fachunterstützung für das gesamte Unternehmen<br />
leisten<br />
Der Arbeitsschwerpunkt des Teams liegt im<br />
Ausbau der Secufarm®-Produktfamilie sowohl<br />
in Deutschland wie im europäischen Ausland.<br />
Es geht darum, den Deckungsumfang um zusätzliche<br />
Elementarrisiken zu erweitern und<br />
neue Technologien in den Bereichen der Geodatenverarbeitung,<br />
der Fernerkundung sowie<br />
der Klima- und Wetterdatenanalyse voranzutreiben.<br />
Mit engen Kontakten zur Wissenschaft<br />
sollen innovative, wissenschaftlich fundierte<br />
Versicherungs- und Schadenregulierungskonzepte<br />
erarbeitet werden, die praxisorientierte<br />
Versicherungslösungen mit der gewohnt hohen<br />
Qualität in der Schadenregulierung gewähr-<br />
Versuchswesen –<br />
filmisch festgehalten<br />
Um die Fachwelt über ihr Versuchswesen, die Philosophie dahinter sowie die Herangehensweise zu<br />
informieren, hat die <strong>Vereinigte</strong> Hagel ausgewählte Versuche in einem Film festgehalten. Die Magdeburger<br />
Filmproduktionsfirma „blende39“ hat die Versuchsdurchführung in Kartoffelbeständen von<br />
der Hagelsimulation, über die Schadenbegutachtung bis hin zur Ernte dokumentiert und aufbereitet.<br />
Teamleiterin Dr. Ingrid Nöhles<br />
leisten. Das Team Forschung und Entwicklung<br />
steht zukünftig den Fachabteilungen sowie den<br />
Bezirksdirektionen und Niederlassungen zur<br />
Seite, um bei Analyse und Bewertung neueste<br />
Erkenntnisse schnell umzusetzen und neue Versicherungslösungen<br />
zu erarbeiten und einzuführen.<br />
Das gilt auch für technische Innovationen<br />
in Datenverwaltung und Schadenregulierung.<br />
Dr. Ingrid Nöhles<br />
Bestellen Sie die DVD<br />
kostenlos unter<br />
Tel. 0641/7968-300<br />
oder schauen sie unter<br />
www.vereinigte-hagel.de<br />
19
20<br />
Irreversible frühe Trockenschäden in Luxemburg<br />
Trockenschäden - eine Herausforderung für die Gutachter<br />
Die Luxemburger Landwirte haben 2011<br />
ein trockenes Frühjahr erlebt wie selten<br />
zuvor. Im März fiel nur ein Fünftel der<br />
üblichen Regenmenge, im April knapp die<br />
Hälfte. Im Wachstumsmonat Mai blieb der<br />
so dringend benötigte Regen weitestgehend<br />
aus. So kam es bereits früh in der Vegetationsperiode<br />
zu irreversiblen Trockenschäden<br />
bei allen Ackerfrüchten. Drastische Ernteeinbußen<br />
waren die unabdingbare Folge. Die<br />
Ackerbauern ernteten ein Drittel weniger<br />
als im Durchschnitt.<br />
Staat fördert Versicherung<br />
Von den insgesamt 48.000 ha landwirtschaftlich<br />
genutzter Fläche sind rund 65<br />
Prozent gegen Hagelschäden versichert.<br />
Rund 8.000 ha davon deckt eine Mehrgefahrenversicherung<br />
ab, die Schäden durch<br />
Sturm, Starkregen, Frost, Auswinterung,<br />
Auswuchs und Trockenheit beinhaltet. Die<br />
Prämien der Hagel - und Mehrgefahrenversicherung<br />
- letztere wurde 2004 eingeführt<br />
- werden zur Hälfte vom Staat bezuschusst.<br />
Dessen Rechnung ist aufgegangen: Der<br />
Berufsstand sorgt verstärkt vor und übernimmt<br />
Eigenverantwortung, statt wie zuvor<br />
im Katastrophenfall unfreiwillig am Tropf<br />
des Staates zu hängen.<br />
Schadenausmaß per Monitoring<br />
Um das Ausmaß der diesjährigen Schäden zu<br />
ermitteln, wurde bereits in der 22. Kalenderwoche<br />
ein landesweites Monitoring für die<br />
Hauptgetreidearten vorgenommen. Darin<br />
sind die Niederschlagsmengen der Kantone<br />
von Februar bis Ende Mai eingeflossen, was<br />
in Luxemburg aufgrund des engen Netzes<br />
der Wetterstationen problemlos möglich ist.<br />
So stand die Schadendichte nach Regionen<br />
frühzeitig fest. Die Sachverständigen haben<br />
mit Zählrahmen die Bestandsdichte in Ähren<br />
pro qm ermittelt, indem sie von einer<br />
durchschnittlichen Anzahl ährentragender<br />
Halmen ausgegingen und so die Verlustquote<br />
für jede Getreideart schnell aufzeigen<br />
konnten. Um mögliche Auswinterungsschäden<br />
zu eliminieren, wurden Konterproben<br />
genommen, d.h. an 50 Pflanzen mit Nebentrieben<br />
aus dem Bestand wurden die bereits<br />
angelegten, aber reduzierten Nebentriebe<br />
gezählt. Beide Verfahren führten zu exakten,<br />
weitestgehend übereinstimmenden Ergeb-<br />
Sachverständige Jean Berns (li) und Pierre Theisen<br />
(re) gemeinsam mit Toni Esch vor Ort.<br />
nissen. Die so ermittelte Schadenquote in<br />
Prozent zum Ertragsverlust wird dann wie<br />
folgt ausgezahlt: Bei einer Quote von 33 bis<br />
66 % werden für die geschädigter Parzelle 20<br />
% der Versicherungssumme, bei einer Quote<br />
von über 67 % werden 40 % ausbezahlt. Die<br />
Einteilung in diese beiden Schadenklassen<br />
hat sich als hervorragend geeignet erwiesen.<br />
Trockenschäden schwierig zu quantifizieren<br />
Wenn irgend möglich, sollten Trockenschäden<br />
erst kurz vor dem Mähdrusch reguliert<br />
werden. Dies bedingt zwangsläufig, dass<br />
die Sachverständigen die Betriebe mehrfach<br />
aufsuchen müssen. Hagel tritt meist nur<br />
strichweise auf. Trockenschäden dagegen<br />
betreffen meist Riesengebiete und sind<br />
daher deutlich aufwendiger zu regulieren<br />
als Hagelschäden.<br />
Die Zusammenarbeit zwischen dem Generalbevollmächtigen<br />
der <strong>Vereinigte</strong>n Hagel<br />
in Luxemburg, Toni Esch, und der zuständigen<br />
Bezirksdirektion Alzey lief reibungslos<br />
und äußerst kooperativ. Trotz intensiver<br />
Abstimmung war nicht zu vermeiden, dass<br />
eine Kommission kurzfristig für einige wenige<br />
Parzellen ausrücken musste. Oft waren<br />
drei Kommissionen über mehrere Tage viele<br />
Stunden täglich im Einsatz. Dank an alle<br />
Beteiligten für ihre Flexibilität!<br />
Dr. Heinzbert Hurtmanns<br />
Ein unverzichtbares Hilfsmittel: der Zählrahmen<br />
, der 0.2 Quadratmeter abdeckt.
Litauen 2011 – ein Jahr der Extreme<br />
Hohe Zuwachsraten und hohe Schäden<br />
Nach den ersten nahezu schadenfreien<br />
Jahren haben die beiden letzten Vegetationsperioden<br />
in Litauen hohe Schäden<br />
durch Auswinterung, Hagel und Starkregen<br />
zu verzeichnen. So haben sich mittlerweile<br />
auch die größeren landwirtschaftlichen<br />
Betriebe dazu entschlossen, ihren Anbau<br />
zu versichern. Im Vergleich zum Vorjahr<br />
haben sich 2011 doppelt soviel Landwirte<br />
versichert, die versicherte Fläche stieg um<br />
das Sechsfache. Die Marktsituation ließ<br />
die Hektarwerte so stark ansteigen, dass<br />
unterm Strich das Prämienaufkommen um<br />
rund 700 % auf mittlerweile 4,5 Mio. EUR für<br />
die Winterungen angestiegen ist.<br />
Extremer Witterungsverlauf im Winter 2011<br />
Obwohl die Wintersaaten lange durch eine<br />
dicke Schneeschicht geschützt waren,<br />
schmolz nach einer Wärmeperiode Ende<br />
Januar der Schnee und legte gut entwickelten<br />
Pflanzen frei. Ende Februar zerstörten<br />
außergewöhnliche Niederschläge und anschließend<br />
plötzlich einbrechende Kälte<br />
mit bis zu -20 °C die Pflanzen. Starke Winde<br />
gaben den letzten, noch überlebenden<br />
Pflanzen den Rest: Sie vertrockneten. Nicht<br />
nur westliche Getreidesorten winterten aus,<br />
sondern auch die seit Jahrzehnten in Litauen<br />
angebauten und kälteresistenten Sorten wie<br />
Ada, Sirvinta und Zentos.<br />
Gut eingespieltes Team in Kaunas<br />
Rund 1.000 Meldungen wegen Auswinterungsschäden<br />
erreichten die Niederlassung<br />
der VH Lietuva in Kaunas. Das stellte deren<br />
Leiter Algimantas Navickas und seine Mitarbeiter<br />
vor ungeahnte Herausforderungen.<br />
Das Team von Sachverständigen ist mittlerweile<br />
gut aufgestellt. Unterstützt von den<br />
Fachkollegen aus den Bezirksdirektionen<br />
Berlin und Hannover konnten sie die Schäden<br />
schnell und fachkompetent regulieren.<br />
Versicherungsprämie staatlich bezuschusst<br />
Das Frühjahr 2011 brachte deutlich mehr Ver-<br />
Erhebliche Starkregen- und Auswinterungsschäden<br />
forderten das litauische<br />
Sachverständigenteam.<br />
sicherungsabschlüsse als in den Vorjahren.<br />
In der abgelaufenen Periode lag das Prämienvolumen<br />
bei insgesamt rund 9,4 Mio. EUR<br />
und die Versicherungssumme bei 230 Mio.<br />
EUR. Nach intensiven Gesprächen mit den<br />
litauischen Obst- und Gemüsebauern sowie<br />
Vertretern des Landwirtschaftsministeriums<br />
bietet die <strong>Vereinigte</strong> Hagel inzwischen auch<br />
für diese Sonderkulturen Versicherungsprodukte<br />
an, deren Prämien – wie bei landwirtschaftlichen<br />
Kulturen auch – vom Staat mit<br />
bis zu 50 % aus dem nationalen Haushalt<br />
bezuschusst werden.<br />
Orkane und Starkregen im Sommer<br />
Mitte Juli tobten heftige Orkane, teils begleitet<br />
von sinflutartigen Regenfällen, die<br />
vielerorts nicht nur erhebliche Schäden an<br />
Gebäuden und landwirtschaftlichen Maschinen<br />
verursachten, sondern auch an den<br />
Feldkulturen. Binnen zwei Wochen gingen<br />
400 Schadenmeldungen ein, insbesondere<br />
bei Sommerraps, die mit Unterstützung von<br />
erfahrenen Sachverständigen aus Deutschland<br />
zeitnah bearbeitet wurden.<br />
Rückversicherung wird überprüft<br />
Nach zwei Überschadenjahren in Folge ist<br />
die <strong>Vereinigte</strong> Hagel mit dem litauischen<br />
Landwirtschaftsministerium im Gespräch,<br />
um die staatliche Rückversicherung für die<br />
Pflanzenversicherung an die neuen Herausforderungen<br />
anzupassen. Da keine kurzfristige<br />
Änderung für die bereits laufende<br />
Versicherungsperiode zu erwarten ist, wird<br />
sich der Schadenverlauf der letzten zwei<br />
Jahre in deutlich höheren Versicherungsprämien<br />
für die Landwirte niederschlagen<br />
müssen. Die litauischen Landwirte haben<br />
durch die aktuellen Schadenereignisse die<br />
Notwendigkeit einer Risikoabsicherung gegen<br />
die Wetterextreme erkannt und die VH<br />
Lietuva als zuverlässigen Partner an ihrer<br />
Seite schätzen gelernt.<br />
Thomas Gehrke<br />
21
22<br />
Fünf Jahre <strong>Vereinigte</strong> Hagel in den Niederlanden<br />
Mehrgefahrenversicherung weiter auf Expansionskurs<br />
Tulpen aus Amsterdam – Blumenzwiebeln sind in den Niederlanden eine wichtige Kulturart.<br />
Fünf Jahre ist die <strong>Vereinigte</strong> Hagel im<br />
niederländischen <strong>Hagelversicherung</strong>smarkt<br />
aktiv. In dieser Zeit konnte sie ihre<br />
Marktposition stetig ausbauen. Im Jahr<br />
2011 steigerte sie das Prämienaufkommen<br />
nochmals deutlich auf rund 5 Mio. EUR. Die<br />
Versicherungssumme liegt jetzt bei 260 Mio.<br />
EUR. Ein beachtlicher Erfolg von Jan Schreuder<br />
und seinem Team von der Niederlassung<br />
in Smilde. Das Portefeuille beinhaltet alle<br />
klassischen landwirtschaftlichen Kulturen<br />
mit Schwerpunkt Kartoffelanbau sowie Gemüse,<br />
Kernobst und Blumenzwiebeln. Die<br />
Vielfalt der Kulturen in den Niederlanden<br />
erfordert viel Sachkompetenz in der Schadenregulierung,<br />
die von erfahrenen Praktikern<br />
durchgeführt wird. Besonders hier zeigt<br />
sich die Qualität der <strong>Vereinigte</strong>n Hagel in der<br />
Pflanzenversicherung.<br />
Alle Wettergefahren versicherbar<br />
Steigende Wettergefahren haben die Politik<br />
in den Niederlanden veranlasst, ein<br />
Projekt zwischen Staat, Versicherern und<br />
Landwirtschaft ins Leben zu rufen. Dabei<br />
sollten alle witterungsbedingten Risiken<br />
für landwirtschaftliche Kulturen abgedeckt<br />
werden. In diesem Projekt zahlt das Landwirtschaftsministerium<br />
maximal 60% der<br />
zu zahlenden Versicherungsprämie. Die Fördermittel<br />
stammen überwiegend aus dem<br />
EU-Haushalt und zu einem geringen Teil aus<br />
nationalen Töpfen. Diese Förderregelung ist<br />
WTO-konform und wird auch von anderen<br />
Mitgliedsstaaten in der Europäischen Union<br />
angewandt. Aus Katastrophenfonds werden<br />
in den Niederlanden keine Haushaltsmittel<br />
mehr zur Verfügung gestellt. In den kommenden<br />
Jahren soll die Regelung fortgesetzt<br />
werden.<br />
Bezuschusste Prämie mit Schadenschwelle<br />
Das niederländische Modell sieht vor, dass<br />
die Prämienförderung erst ab einer Schadenschwelle<br />
von 30 % je geschädigter Schlag<br />
einsetzt. Die bei der <strong>Vereinigte</strong>n Hagel versicherten<br />
Betriebe können gegen einen Prämienzuschlag<br />
den Selbstbehalt reduzieren.<br />
Dieser Prämienanteil wird nicht staatlich<br />
unterstützt. Ein gewisser Selbstbehalt in<br />
der Mehrgefahrenversicherung gewährleistet,<br />
dass die gute fachliche Praxis durch<br />
den Anbauer eingehalten wird. Damit die<br />
Landwirte und Baumschulbetriebe in den<br />
Genuss der Prämienförderung kommen,<br />
muss die Jahresprämie jeweils Anfang Oktober<br />
des laufenden Versicherungsjahres<br />
gezahlt werden. Die Anbauer erhalten dann<br />
die Förderung vor dem 1. Februar des darauf<br />
folgenden Jahres ausgezahlt.<br />
Secufarm® als ideales Produkt<br />
Die <strong>Vereinigte</strong> Hagel bietet mit dem Produkt<br />
Secufarm®7 eine auf die Bedürfnisse der<br />
niederländischen Landwirte zugeschnittene<br />
Lösung einer Mehrgefahrenversicherung.<br />
Dies beweist die hohe Zahl an Neuanträgen<br />
im Jahre 2011. Sollten in den nächsten Jahren<br />
größere Wetterkalamitäten auftreten, sind<br />
die Mitglieder auch in den Niederlanden in<br />
besten Händen: Sie können sich auf die jahrelange<br />
Erfahrung ihres Spezialversicherers<br />
in der fachkompetenten Schadenregulierung<br />
– auch bei der Mehrgefahrenversicherung<br />
– verlassen!<br />
Thomas Gehrke
31. AIAG-Kongress vom 2. bis 5. Oktober in Athen<br />
Antworten auf große Herausforderungen gesucht<br />
Wie stellen sich die globalen Entwicklungen<br />
der Ernte- und Einkommensversicherungen<br />
dar? Was dürfen die Versicherer<br />
zukünftig erwarten? Was müssen sie<br />
tun und wie sehen ihre Antworten für die<br />
Landwirtschaft aus? Dies waren die Kernfragen,<br />
die sich den Teilnehmern des diesjährigen<br />
AIAG-Kongresses stellten. Es wurde<br />
viel diskutiert und ausgetauscht, einige<br />
Antworten blieb der Kongress schuldig, zu<br />
groß sind ihre Herausforderungen auf Grund<br />
von Preisvolatilitäten und Finanzkrisen.<br />
Schwierige Rahmenbedingungen aufgrund<br />
der Finanzturbulenzen<br />
Nach dem letzten Kongress in Rom 2009<br />
führte der diesjährige wiederum in eine<br />
Stadt, in der die Antike noch heute erlebbar<br />
ist: Athen. Rund 7.500 Jahre alt ist die erste<br />
Kulturhauptstadt Europas im Zentrum<br />
Griechenlands. Die Organisatoren der AIAG<br />
haben trotz der sich abzeichnenden Turbulenzen<br />
innerhalb der europäischen Währungsunion<br />
am Kongress-Standort Athen<br />
festgehalten und wurden nicht enttäuscht.<br />
In seiner Eröffnungsrede dankte der Präsident<br />
der AIAG, Dr. Rainer Langner, den<br />
griechischen Kollegen für deren wichtige<br />
Unterstützung und sorgsame Vorbereitung.<br />
Er richtete seinen Dank auch an die Mitarbeitenden<br />
des Züricher AIAG-Büros, die sich<br />
von den schwierigen Rahmenbedingungen<br />
nicht beeinträchtigen ließen und mehr als<br />
sonst gefordert waren. Dr.Langner begrüßte<br />
die rund 300 Teilnehmer aus 30 Nationen,<br />
deren Mitgliederkreis sich seit 2009 um die<br />
Tierversicherer erweitert hat. In dieser wichtigen<br />
Versicherungssparte gibt es erhebliche<br />
Unterschiede zwischen den einzelnen<br />
Ländern, sowohl in der Grundversorgung<br />
an Tierseuchenvorsorge als auch in der<br />
Tierseuchenbekämpfung und -versicherung.<br />
Wachsende Bedeutung der AIAG<br />
Die Vereinigung hat in den letzten Jahren an<br />
Aufmerksamkeit gewonnen. Die Mitglieder<br />
der AIAG repräsentieren mittlerweile einen<br />
Großteil der weltweiten Versicherer. Der<br />
Bedarf an Versicherungsschutz wächst, was<br />
die Zuwachsraten in den einzelnen Ländern<br />
unterstreichen. Neben den versicherungstechnischen<br />
Herausforderungen, die sich<br />
aus Strukturwandel in der Landwirtschaft,<br />
Klimawandel und globaleren Märkten ergeben,<br />
sieht sich die Versicherungswirtschaft<br />
in Europa mit Solvency II neuen Herausforderungen<br />
gegenüber. Die Regulierungsvielfalt<br />
der Aufsicht ist zum Teil erheblich<br />
und fordert ganz besonders die Spezialversicherer.<br />
Die krisengeschüttelten Finanzmärkte<br />
und die volatilen Agrarpreise tun<br />
das Ihre dazu. Ein besonderer Schwerpunkt<br />
des Kongresses war der Themenkomplex<br />
der Einkommensversicherung. Je stärker<br />
die Marktpreise schwanken, umso größer<br />
wird der Wunsch der Landwirte nach einer<br />
derartigen Versicherung, die es in einzelnen<br />
Ländern bereits gibt. Die Voraussetzungen,<br />
Rahmenbedingungen, aber auch Grenzen<br />
einer solchen Versicherung wurden intensiv<br />
diskutiert.<br />
Neuer Präsident gewählt<br />
Nach AIAG-Statuten stand auch die Neuwahl<br />
für das Präsidentenamt an. Nach zwei<br />
Amtsperioden schied Dr. Langner turnusgemäß<br />
aus. Als Nachfolger bestimmte die Mitgliederversammlung<br />
Dr. Kurt Weinberger,<br />
Vorstandsvorsitzender der Österreichischen<br />
<strong>Hagelversicherung</strong>. Dr. Weinberger wurde<br />
am 14. 2. 1961 in Lambach, Oberösterreich,<br />
geboren, ist verheiratet und Vater dreier Kinder.<br />
1994 wurde er zum Vorstandsassistent<br />
bei der Österreichischen <strong>Hagelversicherung</strong><br />
bestellt, zwei Jahre darauf in den Vorstand<br />
berufen, seit 2000 als dessen Vorsitzender<br />
und ist seit März 2006 Generaldirektor der<br />
Österreichischen <strong>Hagelversicherung</strong>.<br />
Dr. Bärbel Bischoff<br />
Dr. Rainer Langner (re.) gratuliert Dr. Kurt Weinberger zur Nachfolge im Präsidentenamt.<br />
23
24<br />
Internationales Expertenseminar der AIAG<br />
Regulierung von Hagelschäden an Süßkirschen in Bursa, Türkei<br />
Die Internationale Vereinigung der Versicherer<br />
pflanzlicher Produktion (AIAG)<br />
hatte vom 22. bis 24. Juni 2011 nach Bursa,<br />
dem bekannten türkischen Obstbaugebiet ca.<br />
100 km südlich von Istanbul, zu ihrem jährlich<br />
stattfindenden Expertenseminar eingeladen.<br />
Schwerpunkt der Fachtagung war die Regulierung<br />
von Hagelschäden an Süßkirschen.<br />
Nahezu 100 Experten aus 11 Ländern hatten<br />
sich zu dem von den türkischen Kollegen<br />
der TARSIM perfekt ausgerichteten Seminar<br />
angemeldet.<br />
Leserforum<br />
Haben sie Anregungen, Fragen oder Wünsche an uns?<br />
Dann lassen Sie uns das gerne wissen!<br />
Unsere E-Mail-Adresse: leserforum@vereinigte-hagel.de<br />
www.vereinigte-hagel.de<br />
Die Türkei ist Weltmarktführer im Export von<br />
Nüssen, Aprikosen, Feigen und Süßkirschen.<br />
Aufgrund der unterschiedlichen klimatischen<br />
Verhältnisse kann die Türkei über einen langen<br />
Vegetationszeitraum den Weltmarkt mit<br />
Kirschen versorgen. Die am türkischen Markt<br />
tätigen Versicherer haben sich in einem Versicherungspool<br />
zusammengeschlossen. Aufgabe<br />
der TARSIM ist es, als Dienstleister die<br />
Agrarversicherung zwischen dem Türkischen<br />
Staat, den Versicherungsgesellschaften und<br />
dem Bauernverband zu organisieren.<br />
Auch wenn in der Türkei im Bereich der Obstversicherung<br />
die Risiken Frost und Sturm versicherbar<br />
sind, lag der Schwerpunkt des Seminars<br />
auf der Regulierung der Hagelschäden,<br />
die sich sehr eng an den in Europa bekannten<br />
Parametern orientiert. Dabei werden die<br />
angeschlagenen Früchte in unterschiedliche<br />
Klassen eingeteilt, ihre Verwertbarkeit festgestellt<br />
und der quantitative und qualitative<br />
Ertragsverlust ersetzt.<br />
Für das Jahr 2011 waren zum Zeitpunkt des<br />
Seminars bereits über 100.000 Schadenmeldungen<br />
bei TARSIM eingegangen. Auch die<br />
Süßkirschen-Region um Bursa war betroffen.<br />
Damit waren ideale Voraussetzungen für die<br />
Sachverständigen geschaffen, die Schäden<br />
praxisgerecht und hautnah zu regulieren.<br />
Zum Abschluss des Seminars wurden in alt-<br />
bekannter Weise die Ergebnisse der Gruppen<br />
diskutiert und die Erfahrungen der einzelnen<br />
Länder vorgestellt. Das Experten-Seminar<br />
in Bursa hat wertvolle Impulse gesetzt, die<br />
Versicherungsbedingungen im Bereich der<br />
Sonderkulturen auch für die <strong>Vereinigte</strong> Hagel<br />
weiter zu entwickeln.<br />
Herausgeber: <strong>Vereinigte</strong> <strong>Hagelversicherung</strong> <strong>VVaG</strong>,<br />
Wilhelmstraße 25, 35392 Gießen,<br />
Telefon 0641 7968 0, Fax: 0641 7968 222<br />
E-Mail: direktion@vereinigte-hagel.de<br />
Internet: www.vereinigte-hagel.de<br />
Konzept: Dr. Bischoff PR, Kiel-Molfsee<br />
Redaktion: Dr. Bärbel Bischoff (Leitung)<br />
Volker Lindloff, Freier Argrarjounalist<br />
Koordination: Daniel Rittershaus, <strong>Vereinigte</strong> Hagel<br />
Layout: Dr. Bischoff PR<br />
Titelbild: H.D. Dietrich Habbe, Bovenau<br />
Fotos: Archiv <strong>Vereinigte</strong> Hagel ; MT Energie<br />
Druck: Schott Druck, Kiel<br />
Michael Lösche