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Das INFORS Kochbuch: Grundwissen, Rezepte und Strategien für mikrobielle Prozesse

Dieser Leitfaden liefert Ihnen eine Orientierung und begleitet Sie Schritt für Schritt an den Bioprozess heran

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M<br />

Maillardreaktion<br />

Als nichtenzymatische Bräunungsreaktion entstehen aus Aminosäuren<br />

oder Peptiden <strong>und</strong> reduzierenden Verbindungen wie<br />

Zuckern neue, meist wohlriechende Verbindungen. Von grosser<br />

Relevanz ist diese Reaktion beim Kochen <strong>und</strong> in der Lebensmittelindustrie,<br />

da daher das Aroma <strong>und</strong> die Färbung von Geröstetem,<br />

Gebackenen oder Gebratenen stammen. Auch bei der Vorbereitung<br />

eines Bioprozesses findet diese Reaktion beim Autoklavieren<br />

von protein- <strong>und</strong> zuckerhaltiger Nährlösung statt, weshalb diese<br />

Komponenten separat autoklaviert werden sollten.<br />

Massendurchflussregler (Mass Flow Controller, MFC)<br />

Ein Gerät, welches den Gasvolumenstrom präzise misst <strong>und</strong> regelt,<br />

den aktuellen Gasvolumenstrom elektronisch an den Bioreaktor<br />

meldet, <strong>und</strong> vom Bioreaktor Sollwerte beziehen kann. Sind am<br />

Bioreaktor mehrere Gaseingänge vorhanden, so können diese entweder<br />

über getaktete Magnetventile mit einem einzigen Massendurchflussregler<br />

verb<strong>und</strong>en werden oder jeweils mit einem eigenen<br />

Massendurchflussregler ausgestattet werden, um verschiedene<br />

Gasgemische herzustellen. Massendurchflussregler sind somit ideal<br />

zur Regelung der Gelöstsauerstoffkonzentration geeignet.<br />

P<br />

Parallel-Bioreaktor<br />

Zwei oder mehr Bioreaktoren, welche mit einem gemeinsamen<br />

Mess- <strong>und</strong> Kontrollsystem ausgestattet sind <strong>und</strong> in Gruppen angesteuert<br />

werden, bilden einen Parallel-Bioreaktor. Je nach Modell<br />

handelt es sich um vereinfachte, stark miniaturisierte Rührkesselreaktoren,<br />

die nur die absoluten Standardfunktionen eines (meist<br />

Rührkessel-) Bioreaktors wie pH-Messung <strong>und</strong> Durchmischung<br />

beherrschen. Andere Modelle wie der Multifors 2 verwenden<br />

trotz des verkleinerten Arbeitsvolumens dieselbe Technologie,<br />

wie sie in grossen Bioreaktoren anzutreffen ist, <strong>und</strong> lassen sich<br />

ebenso durch leistungsstarke Optionen wie zusätzliche Sensorik<br />

erweitern. Generelle Schlüsselpunkte sind die Einfachheit der<br />

Bedienung <strong>und</strong> somit die Geschwindigkeit, mit der Bioprozesse<br />

durchgeführt werden können. Anwendungen von Parallel-Bioreaktoren<br />

beinhalten Prozessoptimierung, statistische Analyse,<br />

Scale-Down von grösseren Massstäben sowie die Erforschung des<br />

Einflusses einzelner Parameter, die variiert werden.<br />

Peristaltikpumpe<br />

Eine Pumpe, die über einen Schrittmotor angetrieben wird <strong>und</strong><br />

einen Walzenkopf in einem festen Gehäuse besitzt. Geeignete<br />

Schläuche werden zwischen den Walzen <strong>und</strong> dem Gehäuse hindurchgeführt,<br />

sodass mit der peristaltischen Bewegung Flüssigkeit<br />

durch den Schlauch z.B. aus einem Vorratsgefäss in den Bioreaktor<br />

gefördert wird.<br />

Phototroph<br />

Geschieht die Energiegewinnung mithilfe des Sonnenlichts, so<br />

sind die Organismen phototroph.<br />

PID-Regler<br />

Ein Regler, der aus einem Proportional-, Integral- <strong>und</strong> Differentialteil<br />

besteht, um möglichst schnell <strong>und</strong> ohne Überschiessen den Sollwert<br />

einzustellen. Dies wird zum Beispiel in Kaskaden eingesetzt.<br />

Pilot-Massstab<br />

Typische Arbeitsvolumina im Pilot-Massstab reichen von 20 l bis<br />

500 l. Im Pilotmassstab wird das Scale-Up von Produktionsprozessen<br />

getestet <strong>und</strong> optimiert.<br />

pO 2<br />

S. Gelöstsauerstoffkonzentration.<br />

Port<br />

Dies ist eine Öffnung im Bioreaktor (auf dem Deckel, an der Seite<br />

oder manchmal sogar im Boden), in welche Elektroden, Gasanschlüsse,<br />

Probenahmesysteme, Sparger oder weitere Zubehörteile<br />

angeschlossen werden können. Ein Dichtungsring oder eine flache<br />

Membran dichtet den Port ab. Wenn ein Port nicht in Benutzung<br />

ist, muss dieser mit einem Blindstopfen verschlossen werden, um<br />

Kontaminationen auszuschliessen. Die Anzahl <strong>und</strong> Grösse der<br />

Ports sind wichtige Faktoren <strong>für</strong> das Design von Bioreaktoren, da<br />

sich dadurch entscheidet, welche Extras hinzugefügt werden können.<br />

Gängige Port-Grössen sind 10 mm, 12 mm mit Pg13.5-Gewinde,<br />

19 mm <strong>und</strong> 25 mm.<br />

Probenahmegerät/-system<br />

S. Super Safe Sampler<br />

Produktionsmassstab<br />

Dies bezieht sich im Regelfall auf Bioreaktoren grösser als 500 L,<br />

wobei die grössten Exemplare auch einige Kubikmeter umfassen<br />

können. Mit dem Einzug wertschöpfungsintensiver rekombinanter<br />

Proteine können allerdings auch schon 10 L Bioreaktoren in den<br />

Produktionsmassstab gezählt werden.<br />

Pt100(-Sensor)<br />

S. Temperatursensor.<br />

Q<br />

Qualifizierung<br />

Eine Sammlung von Dokumenten <strong>und</strong> Testergebnissen, welche<br />

belegen, dass der Bioreaktor entsprechend der gegebenen<br />

Standards produziert <strong>und</strong> getestet wurde. Dies ist häufig Teil eines<br />

umfassenderen Validierungsprozesses.<br />

R<br />

Rekombinante Proteine<br />

Ein Protein, welches mittels tierischer oder Bakterienzellen durch<br />

gezielte genetische Veränderung dieser Zellen exprimiert wird.<br />

Je nachdem, wo das Protein exprimiert wird, entscheidet sich<br />

dadurch die Extraktions- <strong>und</strong> Aufreinigungsstrategie. Sind mehrere<br />

Kopien des zu exprimierenden Genes vorhanden oder den<br />

Zellmetabolismus störende Gene entfernt, kann die Produktion<br />

des rekombinanten Proteins weiter angekurbelt werden.<br />

Respiratorischer Quotient (RQ)<br />

Der RQ wird aus dem Verhältnis des Sauerstoffverbrauchs zum<br />

Kohlenstoffdioxidausstoss berechnet <strong>und</strong> lässt Rückschlüsse auf<br />

den Stoffwechselzustand einer Kultur zu. Er wird herangezogen,<br />

um die Feedrate <strong>für</strong> die Kohlenstoffquelle zu kontrollieren oder<br />

eine bessere Balance zwischen Biomasseproduktion <strong>und</strong> der<br />

Metabolitbildung zu erzielen. Moderne Bioprozess-Software bietet<br />

standardmässig Soft-Sensoren, die die Berechnung des RQ in<br />

Echtzeit ermöglichen.<br />

Rotameter<br />

Ein Nadelventil zur manuellen Steuerung des Gasvolumenstroms.<br />

Als Anzeige dient eine Stahl- oder Kunststoffkugel, die entsprechend<br />

des Gasvolumenstroms in einer konisch nach unten<br />

zulaufenden Röhre mit Kalibrationsskala schwebt. Anhand der<br />

Skalierung kann der Gasvolumenstrom abgelesen wird, wobei<br />

Messfehler bis zu 10 % typisch sind, insbesondere bei niedrigen<br />

Flussraten. Gase mit verschiedener Dichte benötigen eine andere<br />

Kalibrationsskala. Die Messwerte können nicht an den Controller<br />

weitergegeben werden <strong>und</strong> eine Änderung der eingestellten<br />

Gasvolumenstroms ist ausschliesslich händisch möglich, sodass<br />

Gasstrecken mit Rotametern nicht zur automatischen Regelung<br />

der Gelöstsauerstoffkonzentration verwendet werden können.<br />

Rührkesselreaktor<br />

Ein Rührkesselreaktor (auch Stirred Tank Reactor, STR) ist ein<br />

spezieller Bioreaktorentyp mit einem Rührwerk <strong>und</strong> Impellern zum<br />

Mischen der flüssigen Phase. Dieses «traditionelle» Design wurde<br />

<strong>für</strong> die ersten Kulturen zur Antbiotikaproduktion in den 1940er<br />

Jahren eingesetzt.<br />

Rushton-Impeller<br />

S. Impeller<br />

S<br />

SCADA<br />

Steht <strong>für</strong> Supervisory Control and Data Acquisition. Allgemein<br />

gesproichen handelt es um ein Computersystem <strong>für</strong> das Sammeln<br />

<strong>und</strong> Analysieren von Echtzeitdaten. Im Bereich der Biotechnologie<br />

sind SCADA mittlerweile Standard zur Optimierung <strong>und</strong> Überwachung<br />

von Bioprozessen.<br />

Sauerstoffanreicherung<br />

Dieser Vorgang kann genutzt werden, um eine weitere Erhöhung<br />

der Zellzahl herbeizuführen, indem der prozentuale Sauerstoffgehalt<br />

der zum Bioreaktor zugeführten Luft durch reinen Sauerstoff<br />

erhöht wird. Dies kann beispielsweise durch eine zweite, mit<br />

einem Massendurchflussregler versehene Gasstrecke realisiert<br />

werden.<br />

Sauerstofftransportrate<br />

(auch Oxygen Transfer Rate, OTR) beschreibt, wie effizient der<br />

Sauerstoffübergang aus den Gasblasen in das Medium des Bioreaktors<br />

übergeht. Die Grösse der Gasblasen, die Verweildauer<br />

im Reaktor sowie die Sauerstoffsättigung bei einer bestimmten<br />

Temperatur sind massgebliche Faktoren <strong>für</strong> die Sauerstofftransportrate.<br />

Eine mathematische Definition erfolgt über den k L<br />

a, den<br />

volumetrischen Stoffübergangskoeffizienten, <strong>und</strong> die Sauerstoffkonzentration<br />

im eingetragenen Gasgemisch sowie der Gleichgewichtskonzentration.<br />

Typische OTR <strong>für</strong> einen Rührkesselreaktor<br />

liegen zwischen 50–100 mmol l –1 h –1 .<br />

Scale-Down<br />

Dies erlaubt, die Schlüsselparameter eines Bioprozesses im grossen<br />

Massstab auf kleine Gefässe zu übertragen, indem die erhaltenen<br />

Informationen extrapoliert werden.<br />

Scale-Up<br />

<strong>Das</strong> Aufskalieren eines <strong>Prozesse</strong>s vom Labor- in den Produktionsmassstab<br />

erfolgt in mehreren Schritten. Während jeder Etappe<br />

werden Faktoren wie die Handhabbarkeit, Leistungseintrag, Begasung,<br />

Mischzeit, Rührerdrehzahl <strong>und</strong> Temperaturkontrolle beurteilt<br />

<strong>und</strong> anhand der Grösse angepasst.<br />

Schaum<br />

An die Oberfläche tretende Gasbläschen aus dem Sparger als<br />

auch im Kulturmedium gelöste Proteine können während des<br />

Bioprozesses zur Schaumbildung führen. Die Zudosierung flüssigen<br />

Antischaummittels <strong>und</strong>/oder Nutzung eines mechanischen<br />

Schaumbrechers schaffen dort Abhilfe.<br />

Schaumsensor<br />

Ein Leitfähigkeitssensor, der zur Detektion von Schaum oberhalb<br />

der flüssigen Phase einer Kultur genutzt wird. Die Sonde ist mit<br />

einem nicht-leitenden Mantel versehen, aus dem lediglich die<br />

unbedeckte Spitze zur Schaumdetektion herausragt. Wird Schaum<br />

erkannt, wird meist ein Antischaummittel über eine Peristaltikpumpe<br />

mit einer programmierten zeitlichen Verzögerung hinzudosiert.<br />

Die zeitliche Verzögerung wird verwendet, um einer<br />

etwaigen Überdosierung entgegenzuwirken.<br />

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