Oboe_01_2017_druck
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Ergänzend wurde uns vom Fagottisten der Bläservereinigung<br />
Berlin, Dieter Hähnchen, ein Mitschnitt dieser<br />
Bearbeitungen alter Musik für moderne Instrumente<br />
zur Verfügung gestellt. Es erübrigt sich zu sagen, dass<br />
die vier Berliner Musiker meisterlich, hoch virtuos und<br />
mit größer Delikatesse musizieren. Es entsteht ein homogenes,<br />
ausgewogenes Klangbild, die Musik kommt<br />
leichtfüßig daher. Nur fehlt es dieser geglätteten Wiedergabe<br />
an der gewissen Ruppigkeit, die dieser Musik<br />
eignet, wenn sie auf originalen „period“-Instrumenten<br />
gespielt wird. Aber das ist ein ganz anderes Thema.<br />
Villem Kapp (1913-1964)<br />
Dietrich und Brigitte Hilkenbach<br />
Zwei Stücke für <strong>Oboe</strong> und Klavier (1957):<br />
Herbst (Oktober)<br />
Largo<br />
Eres 3245, € 8,20<br />
Etude für <strong>Oboe</strong><br />
Eres 3246, € 4,10<br />
Herausgeber:<br />
Eres Edition Musikverlag<br />
In der Eres Estonia Edition ist Musik aus Estland zu finden,<br />
darunter Stücke von Jaan Koha und Villem Kapp.<br />
Letzterer wurde 1913 im estnischen Suure-Jaani in<br />
eine musikalische Familie geboren. Sein Großvater<br />
und sein Vater waren Musiker und sein Onkel, ein<br />
Schüler Rimski-Korsakows, ein bekannter Komponist.<br />
Von seinem Vater erlernte Villem Kapp das Orgelspiel<br />
und während seiner Schulzeit beschäftigte er sich mit<br />
Musiktheorie und dem Klavier. Ab 1933 studierte er<br />
am Konservatorium zu Tallin, wo er im Fach Orgel<br />
1938 und in Komposition 1944 absolvierte. Obzwar<br />
er schon während seiner Studienzeit kompositorisch<br />
tätig war, begann seine hauptsächliche Schaffensperiode<br />
in der Nachkriegszeit. Neben seiner musikalischen<br />
Tätigkeit engagierte er sich im künstlerischen und sozialen<br />
Leben des Landes. Ab 1944 lehrte Kapp an seiner<br />
ehemaligen Studienstätte die Fächer Komposition und<br />
Musiktheorie.<br />
Sein Interesse galt der zeitgenössischen Musik, der<br />
westlichen Musiktradition und vornehmlich der russischen<br />
Musik; ebenso verwendete er gerne traditionelle<br />
estnische Themen.<br />
Herbst ist das erste der beiden Stücke überschrieben.<br />
Über Viertelbewegungen im Klavier legt die <strong>Oboe</strong> eine<br />
elegische, gleichsam der Jahreszeit nachspürende Melodie.<br />
Baltische Weite, stille Wälder und Seen erscheinen<br />
dem Hörer. Am Schluss des insgesamt kurzen (ca.<br />
1 ½ min.) Stückes hält die <strong>Oboe</strong> ein zweigestrichenes C<br />
aus, während das Klavier die Folge Cm-F-Cm unterlegt.<br />
Das ebenfalls kurze Largo zeigt anfangs schwermütigen<br />
Charakter, gestaltet in einer schlicht wirkenden<br />
Melodie über Vierteln, später Sechzehntelbewegungen<br />
im Klavier. Nach dem Wechsel von Moll zu Dur erklingt<br />
eine mehr tänzerische Weise; der Mollteil wird<br />
anschließend wiederholt.<br />
In frischem 6/8-Takt auf dorischem Modus, später in<br />
Dur, kommt die Etude für <strong>Oboe</strong>, die Kapp ebenfalls<br />
1957 geschrieben hat. Die Achtelketten erfordern<br />
durchgehend staccato und alternieren mit weit ausschwingenden<br />
gebundenen Melodien. Das Stück geht<br />
gut in die Finger, zeigt keine großen Intervallsprünge<br />
und hat lediglich zwei Oktaven Umfang.<br />
Neben dem Genießen für den Hörer (und die Interpreten)<br />
sollten die nicht übermäßig schwierigen Texte zur<br />
Aufführung anregen. Die Titel sind durchaus von Studenten<br />
oder engagierten Amateuren zu bewältigen.<br />
Eine faszinierende Musik, wie sie hierzulande nicht<br />
sehr bekannt ist (obgleich eine Änderung durchaus zu<br />
erwünschen wäre). Lob an den Verlag für die Betreuung<br />
der Werke estnischer Komponisten. Druck und<br />
Verarbeitung sind vorbildlich.<br />
Claus Raumberger<br />
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<strong>Oboe</strong>-Fagott Nr. 126<br />
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