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Dezember 2012 / Januar 2013 - Evangelische Kirchengemeinde ...

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4<br />

„Wir haben hier keine bleibende Stadt“<br />

Interview mit der neuen Jahreslosung<br />

Alle Jahre wieder kommt sie: eine<br />

neue Jahreslosung, so etwas wie das<br />

christliche Leitwort für das neue Jahr.<br />

<strong>2013</strong> stammt die Jahreslosung aus dem<br />

Brief an die Hebräer und heißt: „Wir haben<br />

hier keine bleibende Stadt, sondern<br />

die zukünftige suchen wir.“ (Hebr 13,14)<br />

Thora Weintz hat sich aufgemacht, die<br />

neue Amtsinhaberin zu befragen.<br />

TW: Wie kommt man denn eigentlich zu<br />

der Ehre, Jahreslosung zu sein?<br />

JL: Nun, man wird natürlich ausgesucht.<br />

Von einem Komitee, genauer gesagt, der<br />

Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft<br />

für das Bibellesen. Es gibt eine richtige<br />

Abstimmung über insgesamt 48 Vorschläge.<br />

Tja, und für das Jahr <strong>2013</strong> hat<br />

man mich nun ausgewählt. Das schafft<br />

nicht jeder biblische Satz, das muss man<br />

schon sagen!<br />

TW: Wenn ich fragen darf: Wie alt sind<br />

Sie denn?<br />

JL: Inzwischen schon gut 1900 Jahre. Da<br />

wurde ich im Hebräerbrief zum ersten<br />

Mal aufgeschrieben. Ich finde ja, man<br />

merkt mir mein Alter nicht an…<br />

TW: Können Sie uns noch einige Worte zu<br />

Ihrem biblischen Hintergrund sagen?<br />

JL: Der Hebräerbrief, aus dem ich komme,<br />

hat einen etwas anderen Charakter<br />

als die übrigen Briefe des Neuen Testaments<br />

– einige meinen, er sei auch eigentlich<br />

gar kein Brief. Auf jeden Fall hat<br />

er eine ganz eigene Perspektive. Er fühlt<br />

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sich eng mit dem Judentum verbunden.<br />

Bilder vom Tempel spielen eine große<br />

Rolle, auch da, wo es darum geht, was<br />

Jesus Christus für uns bedeutet.<br />

In dem Vertrauen auf Gott sahen die<br />

Menschen, die den Brief verfasst haben,<br />

sich in der Tradition einer Wolke<br />

von Zeugen, großen Gestalten der<br />

Glaubensgeschichte. Aber sie wussten<br />

auch, dass man als Christ oft nicht ganz<br />

zum innersten Kreis der Macht gehört,<br />

sondern außen vor bleibt: draußen vor<br />

dem Tor. Darum beschreibt der Hebräerbrief<br />

auch das Gefühl, hier in dieser<br />

Welt nicht ganz und gar angekommen,<br />

sondern weiter unterwegs zu sein, zu<br />

einem anderen Ort.<br />

TW: Manche Leute meinen darum, Sie<br />

wirken ein bisschen düster…<br />

JL: Weil ich sage, dass wir hier keine<br />

bleibende Stadt haben? Das ist nur realistisch:<br />

Es ist nun einmal so, dass wir<br />

Menschen vergänglich sind. Es ist auch<br />

natürlich, dass wir lieber nicht darüber<br />

nachdenken und gerne hätten, dass alles<br />

so weiter geht, wie wir es kennen, jedenfalls,<br />

so lange es uns gut geht. Wenn das<br />

Leben schwer ist, dann kann der Gedanke<br />

„Das ist noch nicht alles, es wird noch anders“<br />

auch eine große Erleichterung sein.<br />

Also, düster finde ich diese Perspektive<br />

ganz und gar nicht. Es kommt doch ganz<br />

darauf an, was noch kommt.<br />

TW: Wie kann man sich denn diese zukünftige<br />

Stadt – oder Stätte –, die wir Christen<br />

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suchen, vorstellen?<br />

JL: Oh, da möchte ich gar keine fertigen<br />

Antworten darauf geben. Es gibt natürlich<br />

Kollegen in der Bibel, die sich das<br />

genauer ausgemalt haben – in der Offenbarung<br />

zum Beispiel. Aber letztendlich<br />

fände ich es schön, wenn Sie sich auch<br />

eigene Gedanken und eigene Bilder dazu<br />

machen.<br />

TW: Glauben Sie, dass Sie an die Erfahrungen<br />

der Menschen anknüpfen können?<br />

JL: Ich denke schon. Viele Menschen<br />

kennen das Gefühl der Heimatlosigkeit.<br />

Nach dem letzten großen Krieg mussten<br />

viele Menschen der älteren Generation<br />

ihre Heimat verlassen. Flüchtlinge<br />

suchen ein Leben ohne Not und Unterdrückung.<br />

Andere ziehen häufig wegen<br />

der Arbeit und des Studiums um. Aber<br />

selbst wer sein Leben lang an einem Ort<br />

wohnt, kann das kennen: das Gefühl,<br />

nicht ganz zu Hause zu sein, das Gefühl,<br />

dass nicht schon alles in Ordnung ist. Die<br />

Sehnsucht nach einem Zuhause, das wir<br />

noch gar nicht kennen – daran möchte<br />

ich erinnern.<br />

TW: Noch eine letzte Frage: Es gibt bei uns<br />

heute ein großes Einrichtungshaus, das mit<br />

dem Spruch wirbt: Wohnst du noch oder<br />

lebst du schon? Fühlen Sie da eine innere<br />

Verwandtschaft?<br />

JL: Mmh, interessant. Von dieser gewissen<br />

Vorläufigkeit, die da mitschwingt,<br />

fühle ich mich schon angesprochen:<br />

davon, dass man nie fertig eingerichtet<br />

ist an einem Ort, sondern dass es weitergeht.<br />

Aber ein Einrichtungshaus, sagen<br />

Sie? Seltsam… die wollen doch eigentlich<br />

davon überzeugen, Möbel zu kaufen.<br />

Darüber muss ich noch mal nachdenken.<br />

TW: Liebe Jahreslosung, vielen Dank für<br />

dieses Gespräch!<br />

JL: Aber gerne. Dafür bin ich ja unter anderem<br />

da – also, damit man mit mir ins<br />

Gespräch kommt. Und möglichst auch<br />

untereinander.<br />

| Thora Weintz, Pfarrerin

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