EPaper-HalloBildung-Sommer2017
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Hallo Bildung!<br />
VORWORT<br />
Bist Du Dir sicher?<br />
Aktivierung von Geflüchteten<br />
bei der WBS TRAINING AG 2016<br />
„Bist Du Dir sicher?“ fragte mich eine Kollegin.<br />
„Bist Du Dir sicher, dass wir diese Menschen bei uns<br />
haben wollen? Wir haben viele blonde Frauen bei<br />
uns am Standort!“<br />
Ich schaute meine Kollegin ein wenig verwirrt an<br />
und musste mir über diese Aussage erst einmal<br />
Gedanken machen…<br />
Wir haben viele grausame Bilder aus den Kriegsund<br />
Krisengebieten gesehen.<br />
Ja, wir wollen helfen! Aber wem helfen wir hier<br />
eigentlich? Sprache und Kultur scheinen sehr<br />
fremd, die Unsicherheit ist hoch. Doch die WBS<br />
TRAINING AG hat ein Herz für Bildung – für alle<br />
Menschen! Daher war meine Antwort: „Ich bin mir<br />
sicher!“<br />
Was haben wir erlebt? Wir haben unglaublich viele<br />
engagierte und liebenswürdige Menschen<br />
kennengelernt. Mein Kollege Maik Schneider saß<br />
mit 6 wilddiskutierenden Männern in der Beratung<br />
und versuchte mit Händen und Füßen zu erklären,<br />
wie unser Kurs „Fit für den deutschen<br />
Arbeitsmarkt“ abläuft. Ich hatte ein junges Paar mit<br />
deren wenige Wochen alter Tochter bei mir am<br />
Tisch. Teilnehmer brachten ihre Freunde zu uns und<br />
erklärten, die sollten bei unserem Kurs jetzt auch<br />
mitmachen. Wir hatten wöchentliche Telefonate<br />
mit der Agentur für Arbeit, um ein bisschen Struktur<br />
in das gemeinsame Arbeiten zu bringen.<br />
Es wurde in der Pause gekocht und wir aßen<br />
Gemüse, wo ich beim besten Willen nicht weiß, was<br />
es war. Aber es war lecker.<br />
Was haben wir erfahren? Als die Maßnahme zu<br />
Ende war, schaute mich ein Teilnehmer traurig an<br />
und meinte: „Was mach ich jetzt? Im Heim ist es<br />
langweilig…“.<br />
Ein anderer Teilnehmer kam müde zu mir und<br />
berichtete, dass er in seiner Unterkunft keine<br />
Möglichkeit hat, für sich zu sein und er<br />
Schwierigkeiten hat damit umzugehen.<br />
Wir erfuhren, dass unsere Teilnehmer in Fitness-<br />
Studios abgelehnt wurden: „Wir nehmen keine<br />
Ausländer.“ Auch nach der Asylbestätigung sie<br />
keine Möglichkeiten hatten, eine kleine Wohnung<br />
zu finden und ihnen in einem Heim Spenden der<br />
Bevölkerung für viel Geld verkauft wurden (der<br />
Heimleiter wurde suspendiert).<br />
Und wir erfuhren, dass Umdenken so einfach geht,<br />
wenn man sich für seinen gegenüber aufrichtig<br />
interessiert. Auf beiden Seiten.<br />
Was ist geblieben? Ein Analphabet konnte sich die<br />
Grundlagen der deutschen Sprache aneignen und<br />
fand eine Festanstellung bei einem<br />
Bauunternehmen. Ein zertifizierter Fitnesstrainer<br />
wurde mit offenen Armen in einem Fitness-Studio<br />
in Bautzen eingestellt. Unsere Teilnehmer fanden<br />
Anschluss in hier ansässigen Sportvereinen. Der<br />
MSV Bautzen gründete in der Tat einen Cricket-<br />
Verein, welcher international spielt und vom BBC<br />
begleitet wurde. Ein Teilnehmer nahm sogar ein<br />
Studium auf. Vier Teilnehmer konnten in<br />
Hoyerswerda eine Ausbildung starten. Ein anderer<br />
Teilnehmer fand im Kurs seine große Liebe und<br />
heiratete. Zu jedem Menschen gibt es eine<br />
Geschichte zu erzählen…<br />
Ich denke gerne an unsere Arbeit mit den<br />
Geflüchteten letztes Jahr zurück. Es war stressig, es<br />
war kaum planbar und es war eine Bereicherung.<br />
Jeden Tag.<br />
Herzlichst Ihre<br />
Romy Kopsch<br />
Standortleiterin Bautzen/Hoyerswerda