Unser tägliches Brot - Kirchenbezirk Geislingen
Unser tägliches Brot - Kirchenbezirk Geislingen
Unser tägliches Brot - Kirchenbezirk Geislingen
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Evangelische<br />
Nachrichten aus dem Filstal und dem Helfensteiner Land<br />
2009/2010<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong>s-Zeitung <strong>Geislingen</strong><br />
<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong>...<br />
” Über <strong>Brot</strong> –<br />
Nahrung für<br />
Leib und Seele<br />
” Neues aus<br />
Bezirk und<br />
Gemeinden<br />
” Aktuelle<br />
Informationen
Inhalt<br />
2<br />
Impressum<br />
Zeitung des<br />
Evangelischen <strong>Kirchenbezirk</strong>s<br />
<strong>Geislingen</strong> (Steige)<br />
Nr. 12 – 2009/2010<br />
vom 1. Juli 2009<br />
Herausgeber:<br />
Evangelischer <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
<strong>Geislingen</strong><br />
Hansengasse 2,<br />
73312 <strong>Geislingen</strong> (Steige),<br />
Tel. (0 73 31) 4 17 61<br />
Email:<br />
Ev.Dekanat.<strong>Geislingen</strong>@t-online.de<br />
www.kirchenbezirk-geislingen.de<br />
Redaktion:<br />
Anita Gröh, Daniela Hartmann,<br />
Susanne Jutz, Markus Laidig,<br />
Friederike Maier,<br />
Gertraude Reich-Bochtler<br />
Druck:<br />
C. Maurer, Druck und Verlag,<br />
<strong>Geislingen</strong> (Steige)<br />
Layout, Repro, Satz:<br />
Typografie + Medienwerkstatt<br />
Hermann, Schlat<br />
Auflage: 20.000<br />
Vertrieb:<br />
Evangelischer <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
<strong>Geislingen</strong><br />
Titelbild:<br />
Quo vadis?<br />
Rüdiger Kircher, <strong>Geislingen</strong><br />
Rückseite:<br />
Erntedank<br />
Zwischentexte:<br />
Tischgebete aus<br />
verschiedenen Ländern<br />
Fotos:<br />
Anita Gröh: 3, 10, 19, 20, 24,<br />
27, 31, 42, 45, 46, 47<br />
Markus Laidig: 12, 14, 15, 18, 23<br />
Privat: 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 13, 16,<br />
17, 18, 20, 22, 25, 26, 27,<br />
28, 29, 30, 31, 32, 33,<br />
34, 35, 36, 37, 38, 39, 40,<br />
41, 42, 44, 45, 46, 47<br />
V.i.S.d.P.:<br />
Dekanin Gerlinde Hühn,<br />
Hansengasse 2,<br />
73312 <strong>Geislingen</strong> (Steige)<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
3 Editorial<br />
Gerlinde Hühn<br />
4 Impuls<br />
Markus Laidig<br />
42 Wo finde ich Information und Hilfe<br />
43 Von Menschen, Begegnungen und Jubiläen<br />
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
5 Portrait<br />
Simon Wittlinger<br />
Anita Gröh, Daniela Hartmann<br />
8 Aus der Landessynode<br />
Anita Gröh, <strong>Geislingen</strong><br />
Beate Keller, Süßen<br />
10 Ernste Sorgen um das tägliche <strong>Brot</strong><br />
Karlheinz Bauer<br />
12 Was wächst auf dem Acker:<br />
Food – Feed – Fuel?<br />
Dr. Clemens Dirscherl<br />
13 Die Vesperkirche gibt das tägliche <strong>Brot</strong><br />
Anita Gröh<br />
15 Erntebitte<br />
Markus Laidig<br />
16 Was man braucht,<br />
um das <strong>Brot</strong> des Lebens zu backen<br />
Martina Rupp<br />
17 Tu den Mund auf für die Armen<br />
Klaus Rieth<br />
18 Umfrage unter SchülerInnen:<br />
Hast du ein Pausenbrot dabei?<br />
19 Kirchentag in Bremen<br />
Anita Gröh<br />
20 Der grüne Gockel bewahrt vor<br />
Schäden an Kirchen<br />
Hans Schaal<br />
21 Der grüne Gockel kräht auf dem Kirchturm<br />
Gerlinde Hühn<br />
22 Gott im Maschinensaal<br />
Dr. Karl-Heinz Drescher-Pfeiffer<br />
23 Hartes <strong>Brot</strong><br />
Markus Laidig<br />
24 Kuhäugig mit Kornmühle<br />
Anita Gröh<br />
25 „<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> gib uns heute“ –<br />
in Krankheit und im Krankenhaus<br />
Klaus Hoof<br />
Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
26 Die Gesundheitspiraten in Aktion<br />
Gertraude Reich-Bochtler<br />
27 Süßener Tafel<br />
Petra Krieg<br />
28 Wenn meine Trauer Worte findet<br />
Gertraude Reich-Bochtler<br />
30 Gemeinsam Gemeinde gestalten<br />
Georg Braunmüller<br />
32 Sizilien – Licht und Schatten<br />
Gerlinde Hühn<br />
34 Diakonischer Einsatz in Sizilien<br />
Jakob Leube<br />
Aus den Distrikten<br />
DISTRIKT ALB<br />
36 Aus Dankbarkeit einen Posaunenchor<br />
gegründet<br />
36 Der Orgelbauer lächelt<br />
37 100 Jahre evangelisches Gemeindehaus<br />
Schalkstetten<br />
DISTRIKT GEISLINGEN<br />
37 Stadtkirche und Pauluskirche<br />
fusionieren 2012<br />
37 Auf Luthers Spuren<br />
38 Erste Goldene Konfirmation in der<br />
Pauluskirche<br />
38 Neue Kirchengemeinde<br />
<strong>Geislingen</strong>-Altenstadt<br />
DISTRIKT OBERE FILS<br />
39 Ökumenischer Gesprächskreis<br />
feiert Geburtstag<br />
DISTRIKT UNTERES FILSTAL<br />
40 Sommerpredigtreihe 2009<br />
40 Neuzugezogene willkommen heißen<br />
40 Jugendarbeit im Bergwerk?<br />
41 Reise ins südliche Afrika<br />
41 Fest und Adieu in Donzdorf<br />
41 Jakobusdinner in Kuchen
E d i t o r i a l<br />
Liebe Leserinnen und Leser<br />
der 12. Ausgabe<br />
unserer <strong>Kirchenbezirk</strong>szeitung,<br />
ein Weltereignis wird im kommenden Jahr<br />
in Stuttgart stattfinden: vom 20. bis 27. Juli<br />
2010 tagt die elfte Vollversammlung des<br />
Lutherischen Weltbundes in unserer Landeshauptstadt,<br />
das heißt die VertreterInnen<br />
aller lutherischen Kirchen der Welt finden<br />
sich ganz in unserer Nähe ein. Das Thema<br />
der Vollversammlung ist: „<strong>Unser</strong> täglich<br />
<strong>Brot</strong> gib uns heute“. Vorausschauend hat<br />
das Redaktionsteam dieses Thema aufgegriffen.<br />
<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> – das hat viele Aspekte:<br />
vom täglichen Pausenbrot und wie<br />
SchülerInnen damit umgehen, bis zur<br />
großen Aktion gegen den Hunger „<strong>Brot</strong><br />
für die Welt“. Aber <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> ist nicht<br />
nur auf der physisch-natürlichen Ebene<br />
zu verstehen. Tägliches <strong>Brot</strong> umfasst viel<br />
mehr: alles was wir zum Leben notwendig<br />
brauchen, wie schon Luther im Kleinen<br />
Katechismus sagt, „Freunde, getreue Nachbarn<br />
und desgleichen“. Heute würde man<br />
vielleicht hinzufügen: Frieden, gute Luft,<br />
nachhaltiges Wirtschaften, Klimaverbesserung.<br />
Tägliches <strong>Brot</strong> hat auch einen deutlich<br />
religiösen Aspekt. In jeder Religion ist das<br />
Essen nicht einfach ein körperlicher Lebensvollzug,<br />
sondern wird religiös-spirituell<br />
bedacht.<br />
Es gibt Speisen, die man nicht essen darf,<br />
es gibt Zeiten, in denen man sich des Essens<br />
enthalten muss (Fasten), und Festzeiten,<br />
in denen man Besonderes oder etwas<br />
besonders Gutes essen soll.<br />
Ein mir besonders liebes Tischgebet stellt<br />
den Zusammenhang her zwischen dem<br />
täglichen <strong>Brot</strong>, das wir zu „unseres Leibes<br />
Notdurft“ essen, und dem innersten Ritual<br />
unseres Glaubens, dem Abendmahl:<br />
„Du hast das <strong>Brot</strong> erkoren und den Wein,<br />
um dich in ihnen zu gestalten.<br />
Von daher fällt geheimnisvoll ein Schein<br />
auf jede Mahlzeit, die wir halten.“<br />
Das Titelbild des Künstlers Rüdiger Kircher<br />
aus <strong>Geislingen</strong> erinnert an die Jünger auf<br />
dem Gang nach Emmaus. Sie sind traurig<br />
und resigniert. Jesus ist tot. Alles scheint zu<br />
Ende, von Auferstehung keine Spur. Dann<br />
bricht ein Fremder mit ihnen und für sie das<br />
<strong>Brot</strong>. „Da wurden ihre Augen geöffnet und<br />
sie erkannten ihn. Und er verschwand vor<br />
ihnen“. Im <strong>Brot</strong>brechen kann die Gegenwart<br />
Jesu Christi erfahren werden.<br />
Wieder einmal hat das Redaktionsteam das<br />
sich selbst gestellte Thema auf die unterschiedlichste<br />
Weise angepackt und Artikel,<br />
Bilder und Umfragen zusammengetragen.<br />
Die Ideen gehen diesem Team nicht aus,<br />
auch nach zwölf Jahren nicht. Das ist schön.<br />
Danken möchte ich wieder den zahllosen<br />
Helfern und Helferinnen aus den Gemeindediensten,<br />
die dafür sorgen, dass die <strong>Kirchenbezirk</strong>szeitung<br />
alle evangelischen Haushalte<br />
des Dekanats <strong>Geislingen</strong> erreicht.<br />
Gerlinde Hühn<br />
Dekanin<br />
Rüdiger Kircher, Quo vadis?<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
3
impuls<br />
4 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
<strong>Brot</strong> ist Leben<br />
MARKUS LAIDIG<br />
<strong>Brot</strong> ist Leben – wohl kaum ein anderes Lebensmittel<br />
ist so wichtig für unsere tägliche<br />
Ernährung, ja, in so manchen Zeiten sogar<br />
überlebenswichtig. Schon seit jeher wussten<br />
Menschen den Wert des <strong>Brot</strong>es zu schätzen.<br />
Und tatsächlich: Wer einmal den Duft frisch<br />
gebackenen <strong>Brot</strong>es gerochen und einen Bissen<br />
davon geschmeckt hat, der möchte diese wunderbare<br />
Gabe von seinem Einkaufszettel nicht<br />
mehr streichen. Gabe? Ja, aber nicht nur! Denn:<br />
<strong>Brot</strong> ist kein Manna und fällt auch nicht vom<br />
Himmel (Manna übrigens auch nicht!). Ganz<br />
schön abrackern muss der Mensch sich um sein<br />
<strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong>. Da muss geackert und gepflügt<br />
und gesät und gewässert und geerntet und<br />
gedroschen und gemahlen und geknetet und<br />
gebacken und gekauft und schließlich auch<br />
noch gekaut werden, will der Mensch in den<br />
Genuss dieses wunderbaren Lebensmittels<br />
kommen.<br />
Und das geht nun schon seit über zehntausend<br />
Jahren so. Alle Jahre wieder erfährt der Mensch<br />
den Einklang von Saat und Ernte. Und immer<br />
wieder haben Menschen in dieser langen<br />
Geschichte die Erfahrung gemacht: <strong>Brot</strong> ist<br />
Leben. <strong>Brot</strong> ist etwas Wunderbares. „Alle gute<br />
Gabe kommt her von Gott dem Herrn, drum<br />
dankt ihm dankt, drum dankt ihm dankt und<br />
hofft auf ihn“, heißt es in einem Lied im Evangelischen<br />
Gesangbuch. Das tägliche <strong>Brot</strong> –<br />
wirklich eine Gabe Gottes! Eine Gabe, um die<br />
gläubige Menschen in ihren Gebeten bitten<br />
(vgl. die <strong>Brot</strong>bitte im Vaterunser). Die Bettler<br />
zu Jesu Zeiten ebenso wie die im Mittelalter<br />
wussten um die stärkende Kraft eines Stückchen<br />
<strong>Brot</strong>s, als milde Gabe gereicht, ebenso wie<br />
die SchülerInnen ihre Pausenbrote schätzen.<br />
Und wer bei Wasser und <strong>Brot</strong> gefangen war,<br />
weiß, dass nicht nur frisches, gut duftendes<br />
<strong>Brot</strong>, sondern auch altes, hartes und vielleicht<br />
schimmeliges <strong>Brot</strong> seine Kraft nicht verliert,<br />
sondern Menschen am Leben hält.<br />
Dies lassen auch Zeiten des Krieges oder allgemeiner<br />
Not besonders erfahren. „Ich bin<br />
das <strong>Brot</strong> des Lebens“ – so spricht nicht ohne<br />
Grund der von sich, durch den und von dem<br />
wir leben und unser Leben haben: Jesus<br />
Christus. Und Menschen halten sich oft, gerade<br />
in den Notsituationen ihres Lebens, an dieses<br />
Wort.<br />
<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> – das ist nicht selbstverständlich,<br />
sondern Grund zum Denken und<br />
Danken.<br />
Markus Laidig<br />
Pfarrer an der Stadtkirche<br />
<strong>Geislingen</strong>
P O R T R A I T Landwirt<br />
Simon Wittlinger<br />
ANITA GRÖH · DANIELA HARTMANN<br />
Simon Wittlinger jagt nach dem erfüllten Leben. Er ist<br />
Landwirt, er ist Christ und in seinem aktuellen Leben<br />
Missionar in Liberia.<br />
1973 geboren wuchs Simon Wittlinger auf der schwäbischen<br />
Alb, auf dem Lindenhof bei <strong>Geislingen</strong>-Weiler, auf.<br />
Die Schule besuchte er in Rechberghausen, in Eybach und<br />
in <strong>Geislingen</strong>, wo er 1993 im Helfenstein-Gymnasium die<br />
Abitursprüfung absolvierte. Sein Studium zum Agrarbiologen<br />
mit Diplom in Pflanzenphysiologie machte er an der<br />
Universität in Hohenheim. Nach der Vorbereitung zum<br />
Missionarsdienst ist er seit Januar 2007 als Missionar in<br />
Liberia in West Afrika unterwegs. Simon Wittlinger ist<br />
einer, der es nicht liebt, Gegebenes einfach hinzunehmen.<br />
Er ist am ständigen, geistigen Wachstum interessiert.<br />
Suche nach der Wahrheit<br />
Mit 19 Jahren ist er von Jesus gefunden worden, erzählt<br />
Simon Wittlinger. Dies sei auch mit ein Grund, warum er<br />
nach Liberia gegangen ist. „Ich wollte wissen, ob der<br />
Glaube an Jesus Christus wirklich trägt. Tiefe Kerben in<br />
meinem Leben haben mich resignieren lassen. So habe ich<br />
mich in die Flucht geschlagen; aber nach vorne. Ich wollte<br />
nicht resignieren und nur noch funktionieren. So ist es<br />
manchmal gut, sich exorbitant aus dem System heraus<br />
zu nehmen und das Problem aus der Ferne zu bearbeiten.“<br />
Die Gnade und Behütung Gottes könne er am<br />
besten in Extremsituationen erkennen, meint Simon Wittlinger.<br />
„Ich wollte meinem Herrn Jesus mehr dienen.“<br />
Zur Frage, warum er in Deutschland alles aufgegeben<br />
habe, um nach Liberia zu gehen, antwortet er: „Ich habe<br />
Christ<br />
Missionar<br />
zu Hause nicht alles aufgegeben, sondern es ruht<br />
nur.“ Er habe sich als starrköpfig und feige empfunden<br />
und dies wollte er ändern. So durfte er in Liberia lernen,<br />
damit umzugehen und zu lernen, dass Jesus Sieger ist.<br />
Mit Jesus im Herzen könne auch ein feiger Simon einer<br />
Kobraschlange mit der Machete den Kopf abschlagen.<br />
Und mit Ihm im Herzen könne er sogar für ihn widerspenstige<br />
Situationen wie Korruption ertragen. Die Liebe<br />
Christi allen und in jeder Situation zu bezeugen, das<br />
sei sein Ziel. Seine Heimat sei die Alb, denn sie und vor<br />
allem die Menschen dort lägen ihm am Herzen.<br />
Noch bis zum Januar 2010 dauert sein Projekt in Liberia.<br />
In Kooperation mit einer lokalen, evangelikalen, kirchlichen<br />
Organisation namens ECUL (Evangelical Church<br />
Union of Liberia) lautet sein Auftrag, in acht Distrikten<br />
von Liberia die Pfarrer von ECUL in der Landwirtschaft<br />
zu lehren. Aber da diese zu wenige sind, unterrichtet er<br />
immer interessierte Bauern mit. Eine gute Chance auch,<br />
ihnen von Jesus zu erzählen, sagt Simon Wittlinger.<br />
Als Ausrüstung steht ihm ein Toyota Landcruiser Geländewagen<br />
und ein Geländemotorrad zur Verfügung.<br />
Seinen Standort hat Simon Wittlinger in der Hauptstadt<br />
Monrovia. Monrovia wird noch oft von bewaffneten<br />
Überfällen heimgesucht, speziell nachts. Das Land Liberia<br />
ist größtenteils sicher.<br />
Der Alltag<br />
Meistens ist Simon Wittlinger im Landcruiser unterwegs.<br />
Er nutzt ihn auch als Haus, was sich gut eingespielt habe.<br />
Egal, ob der Landcruiser im Norden oder Osten Liberias<br />
steht, stets sei er zu Hause. Er genießt das liberianische<br />
Essen mit den Leuten vor Ort und nimmt auch manche<br />
Unannehmlichkeiten gern in Kauf. Damit ehrt er die Leute<br />
und kann sie viel besser erreichen. Am Abend schreibt er<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
5
dann im Landcruiser für das nächste Seminar auf seinem<br />
Laptop, der mit 300 Amperestunden und einem 800 Watt<br />
Inverter bestens für diese Arbeit gewappnet ist. Am<br />
Wochenende ist er dann zurück in Monrovia, wo er ein<br />
nettes Plätzchen bei einer ihm sehr liebgewordenen<br />
Familie hat.<br />
Simon Wittlinger erlebt die Menschen als sehr dankbar.<br />
Sie wollten aber immer gleich mehr haben. Der lange<br />
Krieg habe ihre Werte verschoben und die Missionare vor<br />
dem Krieg seien sehr großzügig gewesen. So könne es<br />
schon vorkommen, dass er unterwegs anhalte um einen<br />
Passanten mitzunehmen. Der bedanke sich auch, schreibe<br />
dann aber flugs einen Brief, ob er nicht das Auto noch<br />
mit sechs anderen Leuten laden könne, die dann von dem<br />
Briefeschreiber abkassiert werden würden. So kann Simon<br />
Wittlinger manchmal nur staunen und in sich hinein<br />
lachen, wenn es nicht gerade die Polizei wäre, die einen<br />
dann gleich für Stunden festsetzt wegen nichts und<br />
erhofft, dass die erweichte „Weißhaut“ ihnen etwas zukommen<br />
lässt. Im Busch erlebt er sehr dankbare und<br />
wohl verhaltene Menschen. Wenn er ankomme, bieten sie<br />
Essen und Trinken an, was er gerne annimmt. Sie sprechen<br />
dann lange miteinander auf sehr freundlicher Ebene,<br />
aber Simon Wittlingers Ohren sind immer sehr gespitzt,<br />
was sie eigentlich meinen mit dem vielen Gesagten. Einmal<br />
schenkte er einem Lehrer eine Uhr, damit er pünktlich<br />
seine Schule anfangen und beenden könne. Beim nächsten<br />
Besuch wollten viele auch eine solche Uhr haben.<br />
Das tägliche <strong>Brot</strong><br />
In Simon Wittlingers Dienst gibt es fast keine Routine.<br />
Jeder Tag ist verschieden. Das „tägliche <strong>Brot</strong>“ stellt für ihn<br />
Sicherheit und Geborgenheit dar im Sinne von „versorgt<br />
sein“. Ob er im entlegendsten Ort im Busch ist, stets ist<br />
für ihn gesorgt. So kann er gelassen seiner Wege gehen<br />
und braucht sich nicht aufreiben mit Sorgen, die keine<br />
sind; denn „das tägliche <strong>Brot</strong>“, alles was er für heute<br />
brauche, sei bereitet.<br />
Für die Menschen in Liberia ist das tägliche <strong>Brot</strong> nichts<br />
Besonderes. So sagen sie, dass sie nach dem Essen bei der<br />
„Weißhaut“ noch einmal essen gehen müssten. Sie lieben<br />
6 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Reis über alles. Der Tag fängt schon mit einer richtigen<br />
Mahlzeit an, die selbst für die meisten Schwerarbeiter bei<br />
uns zu heftig wäre. Aber wenn ihnen gesagt würde, „ihr<br />
täglich Reis“, dann würden sie sofort an eine „gefüllte<br />
Küche“ denken. Denn die meisten seien zufrieden, wenn<br />
sie sich jeden Tag satt essen können.<br />
Was bleiben wird, wenn Simon Wittlinger nicht mehr da<br />
ist, fragen wir. Nichts und hoffentlich viel, antwortet er.<br />
Unmittelbar bleiben von ihm nur viele verschiedene Lernhefte<br />
wie Medizinpflanzen und Gartenbau in den Tropen,<br />
Pestizidbekämpfung ohne kommerzielle Spritzmittel,<br />
Kompostierung, Ziegen-, Schweine-, Schaf- und Milchviehhaltung<br />
in den Tropen etc. Simon Wittlinger hofft,<br />
dass viele erlernt haben, dass der Dung der Kuh in den<br />
Garten kommt. Damit wächst mehr Kraut, was wiederum<br />
mehr Einkommen ergibt. So können Spurenelemente für<br />
die Kuh gekauft werden, und sie kann wiederum besser<br />
und gesünder produzieren. Damit wäre ein besseres und<br />
gesünderes Leben möglich.<br />
Und dann hofft er natürlich, dass die Liberianer in ein<br />
paar Jahren wirklich den Schweinestall über den Teich<br />
bauen, und der Garten tiefer liegt als der Teich, damit sie<br />
das „doppelt“ an Nährstoff angereicherte Wasser zum<br />
Gießen nehmen können und letztendlich neben Fisch und<br />
Fleisch auf dem Teller gutes Gemüse und Früchte und<br />
selbst gemachte Medizin verzehren können.<br />
Bäume allerdings pflanzt er viele mit ihnen. Denn in den<br />
Bäumen liegt die Zukunft. So werden hoffentlich auch ein<br />
paar Bäume aus Simon Wittlingers Zeit übrig bleiben.<br />
Aber für ihn ist sehr wichtig, dass die Wahrheit von Gott<br />
bleibt und dass sie durchbricht, dass viele Lügen, die<br />
diese Gesellschaft hier knechtet, ihre Kraft verlieren.<br />
Bewahrung der Schöpfung<br />
Umweltschutz gibt es nicht. Die Autos werden gefahren<br />
bis sie wirklich auseinander brechen. Ob sie mehr rauchen<br />
als früher eine Dampflok, interessiert keinen. Desgleichen<br />
ist es mit Generatoren. Abwasser wird generell schnellst<br />
möglichst entsorgt; im Busch hinterm Haus; in der Stadt
an der Ecke. Brandrodung hat den Urwald leergefegt. Die<br />
meiste Zeit ist Simon Wittlinger gar nicht mehr im Busch<br />
nach unserer Vorstellung unterwegs, sondern er nennt<br />
diese Bereiche alte Farmen. In diesen alten Farmen sind<br />
nur noch wenige Pflanzenarten übrig geblieben. Heftige<br />
Erosionsprobleme kennzeichnen das Land. Liberia zeigt<br />
ganz deutlich, dass die Welt, diese Schöpfung, untergeht.<br />
Angesprochen auf seinen Glauben erwidert Simon Wittlinger,<br />
dass er nicht in Liberia arbeiten würde, wenn er<br />
nicht Christ wäre. Die Unsicherheit und die Kulturlosigkeit<br />
seien so groß, dass sie nicht so leicht aufzuwiegen<br />
wären mit anderen Dingen. Aber dadurch, dass<br />
er Christ ist, liebt er die Menschen hier auf ihre Weise,<br />
kann sie stehen lassen, trotz ihrer boshaften Intrigen und<br />
Lügen. Er kann sich frei bewegen und viele Menschen<br />
besuchen, die er als Nichtgläubiger aus „Sicherheitsgründen“<br />
nie besuchen würde. Auch würde er als Nichtgläubiger<br />
die vielen Demütigungen nicht über sich ergehen<br />
lassen. Wenn er nicht die Hoffnung auf Jesus hätte und<br />
auf seine schützende Hand vertrauen würde, dann wäre<br />
er leichtsinnig mit seinem Leben.<br />
Die Kirche in Liberia sei oft sehr doppelbödig. Sie hätte<br />
viele Pastoren, die mehrere Frauen oder Freundinnen mit<br />
Kindern im anderen Dorf hätten und es nicht einmal<br />
zugeben würden. Hier stehe für ihn die Frage im Raum,<br />
ob sie wirklich Jesus als ihren Heiland erkannt hätten.<br />
Geld werde eigentlich fast immer „vervespert“, was auch<br />
seinen Dienst schwer mache. Aber Gott sei Dank dürfe er<br />
auch Ausnahmen erleben, was ihn sehr positiv stimmt.<br />
TISCHGEBET AUS TANSANIA:<br />
All ihr großen Dinge, lobet Gott.<br />
Kilimandscharo und der Viktoriasee,<br />
du, großer Grabenbruch,<br />
und die Ebene der Serengeti,<br />
dicke Affenbrotbäume<br />
und schattige Mangobäume,<br />
alle Eukalyptus- und Tamarindbäume,<br />
preiset den Herrn.<br />
Lobet und rühmet ihn auf ewig.<br />
All ihr kleinen Dinge, lobet Gott.<br />
Emsige schwarze Ameisen<br />
und springende Flöhe,<br />
zappelnde Kaulquappen und Moskitolarven,<br />
fliegende Heuschrecken und Wassertropfen,<br />
Pollenstaub und Tsetsefliegen,<br />
Hirsesamen und getrocknete Dagaa (kleine Sardinenfische),<br />
preiset den Herrn.<br />
Lobet und rühmet ihn auf ewig.<br />
Was sagt<br />
Simon Wittlinger<br />
zu...<br />
Meine Stärken<br />
Improvisieren und Flexibilität.<br />
Meine Schwächen<br />
Ungeduld und zu schnelles Urteil.<br />
Mein Vorbild<br />
Ich habe kein Vorbild, denn ich bin ich,<br />
und wie Jesus kann ich nicht werden.<br />
Mein Lieblingsbuch<br />
Der Kolosserbrief im Neuen Testament.<br />
Mein Lieblingsessen<br />
Generell: Rote Wurst mit Linsen und<br />
Spätzle; lokal: Jollove Reis (Gemüsereis mit<br />
Huhn).<br />
Mein Traum von Kirche<br />
Eine Denomination mit Jesus im Zentrum.<br />
Das ärgert mich<br />
Einbrecher, die den Opfern Batteriesäure ins<br />
Gesicht sprühen.<br />
Was würde ich mit einem Lottogewinn<br />
machen<br />
10-10-80-Prinzip: 10 % guter Zweck,<br />
10 % sparen und 80 % verleben, wobei mein<br />
Berufsfeld, also Investitionen, hier dazu<br />
gehören. Ich würde, glaube ich, eine „crossslot-Direktsaatmaschine“<br />
kaufen.<br />
Lieblingsstelle in der Bibel<br />
Die Austreibung der Geister aus dem Gerasener<br />
in die Schweine. Diese Stelle zeigt, dass Jesus<br />
der einzige Herrscher ist, und alles beugt<br />
seine Knie vor ihm; selbst die Dämonen, die<br />
hier den Leuten starke Angst einjagen.<br />
Mein Wunsch für Liberia<br />
Ich wünsche ihnen, dass sie ihre hoffnungslose<br />
Korruption erkennen und endlich zur Wahrheit<br />
umkehren.<br />
Bewahrung der Schöpfung<br />
Die ist schon verloren. Aber wir bauen auf die<br />
neue, die viel schöner sein wird.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
7
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
ANITA GRÖH<br />
„Vielfältig und umfangreich sind die Themen, mit denen<br />
sich die Landessynode im letzten Jahr beschäftigt hat:<br />
Einheitliche Ordnung zur Notfallseelsorge; Stärkung des<br />
Fachs „Interkulturelle Theologie/Missionswissenschaft“ an<br />
der Evangelisch-theologischen Fakultät Tübingen; Arbeit<br />
an Citykirchen; Arbeitshilfe mit biblischen Texten für Kinder<br />
im Vorschulalter; Gemeinsame Initiative evangelischer<br />
Missionswerke, Verbände und Kirchen „Mission.de – um<br />
Gottes Willen – der Welt zuliebe“; Resolution für Frieden<br />
im Kongo und vieles mehr. Hinzu kommt der jährlich zu<br />
beratende Haushaltsplan und die Diskussion um die Bildungskonzeption<br />
der Landeskirche. Hier geht es um Geld,<br />
um Bildungseinrichtungen, um Stellen und inhaltliche<br />
Schwerpunkte. Mit der konkreten Arbeit dieser einzelnen<br />
Themen beauftragt die Landessynode die verschiedenen<br />
Ausschüsse.<br />
Im Ausschuss für Mission, Ökumene und Entwicklung,<br />
in dem ich Mitglied bin, war im vergangenen Jahr die<br />
Mission Schwerpunkt. So ist zu der Imagekampagne<br />
„Mission.de – um Gottes Willen – der Welt zuliebe“, die<br />
vom Evangelischen Missionswerk in Deutschland getragen<br />
wird, von der Landessynode der Auftrag an den Ausschuss<br />
ergangen, zu prüfen, welche Beispiele des Engagements<br />
für Mission und kirchlichen Entwicklungsdienst aus<br />
Württemberg in die Kampagne der EKD einfließen sollten<br />
und wie die Kampagne auf allen Ebenen in den Gemeinden,<br />
Einrichtungen und Werken unterstützt werden kann.<br />
Weiter wurden im Bereich Mission Stellen geschaffen für<br />
die Fortsetzung der Arbeit des Kongresses „Wachsende<br />
Kirche“ und für das Zentrum für Mission in der Region,<br />
das in Zusammenarbeit mit der EKD in Württemberg eine<br />
Außenstelle erhält.<br />
Blick in die Welt<br />
A U S D E R L A<br />
Doch auch der Blick über die Grenzen der eigenen Landeskirche<br />
hinaus ist gegeben:<br />
Die Landessynode beschloss eine Resolution zum Schutz<br />
für die Menschen im Kongo. „Wir wissen durch unsere<br />
Partnerkirchen im Kongo von den ungezählten Leiden der<br />
8 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Mission, Ökumene und<br />
Entwicklung gehören zusammen<br />
Zivilbevölkerung, besonders der Mädchen und Frauen“,<br />
berichtete Harald Kretschmer, der Vorsitzende des Ausschusses<br />
für Mission, Ökumene und Entwicklung. Der<br />
verheerende Krieg im Osten der Demokratischen Republik<br />
Kongo müsse bald beendet werden.<br />
„<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> gib uns heute“ ist auch das Thema<br />
der elften Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes,<br />
die von 20. bis 27. Juli 2010 in Stuttgart stattfinden wird.<br />
400 Delegierte und rund 1500 Gäste werden erwartet.<br />
Sie werden über die verschiedenen Aspekte von „<strong>Unser</strong><br />
<strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> gib uns heute“ nachdenken und ihre Schlüsse<br />
für die weitere Praxis des Glaubens und christlichen und<br />
kirchlichen Lebens daraus ziehen. Dies soll in so genannten<br />
„Village-Groups“ geschehen. Das heißt, Delegierte aus<br />
allen Erdteilen werden in gemischten Gruppen miteinander<br />
arbeiten. Der Ausschuss für Mission, Ökumene und<br />
Entwicklung ist hier bei der Vorbereitung beteiligt.<br />
Sehr zeitintensiv ist die Arbeit im Landeskirchenausschuss,<br />
dessen Mitglied ich ebenfalls bin. Dieser Ausschuss ist<br />
zuständig für die Besetzung von Leitungsstellen in der<br />
Landeskirche. Unter Vorsitz von Landesbischof Frank<br />
Otfried July werden die Bewerbungen für Dekanatsstellen,<br />
Schuldekansstellen, Oberkirchenratsstellen und sonstige<br />
Leitungsstellen in der Landeskirche verhandelt. So ist die<br />
Wiederbesetzung der Oberkirchenratsstelle für Personal auf<br />
der Tagesordnung, nachdem die seither dafür zuständige<br />
Oberkirchenrätin Ilse Junkermann zur Bischöfin in der<br />
Evangelisch-Mitteldeutschen Kirche gewählt wurde.<br />
Gerne informiere und diskutiere ich über die Arbeit unserer<br />
Landessynode und die Themen, die unsere Gemeinden<br />
betreffen. Laden Sie mich ein in Ihren Kirchengemeinderat<br />
oder in interessierte Kreise.<br />
Anita Gröh<br />
Landessynodale
N D E S S Y N O D E<br />
BEATE KELLER<br />
Diese Bitte des „Vaterunser“ möchte ich unter<br />
vier Gesichtspunkten bedenken:<br />
1. „UNSER <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> gib uns heute“<br />
Nicht um mein oder dein sondern um unser<br />
<strong>Brot</strong> dürfen oder sollen wir Gott bitten. Gott<br />
gibt uns <strong>Brot</strong> und unsere Aufgabe ist es, dieses<br />
<strong>Brot</strong> zu verteilen, zu schauen, dass jeder das<br />
bekommt, was er zum Leben braucht. Dass das<br />
leichter gesagt ist als getan, zeigt die Realität<br />
auf unserer Erde. Menschen verhungern, nicht<br />
weil es zu wenig <strong>Brot</strong> gäbe, sondern weil durch<br />
Krieg und Gewalt, Misswirtschaft und Profitgier<br />
wir das <strong>Brot</strong>, das Gott uns gibt, vernichten oder<br />
es nicht schaffen, alle Menschen daran teilhaben<br />
zu lassen. Wo können wir in unserem Alltag<br />
dazu beitragen, dass das <strong>Brot</strong> unter uns besser<br />
verteilt wird?<br />
2. „<strong>Unser</strong> TÄGLICHES <strong>Brot</strong> gib uns heute“<br />
Handelt es sich hier um einen Dauerauftrag<br />
Gottes oder eher um eine Tagesration? Ich<br />
meine letzteres. „Tägliches <strong>Brot</strong>“ ist nicht gleich<br />
„<strong>Brot</strong> täglich“. Aber wir hätten doch lieber<br />
gleich <strong>Brot</strong> für die nächsten Wochen oder Jahre.<br />
Wir fordern Sicherheiten an unserem Arbeitsplatz,<br />
von Banken und Versicherungen. Wir<br />
wollen, dass unsere Zukunft abgesichert ist. Das<br />
ist unsere Grundhaltung. Jesus fordert uns aber<br />
mit dieser Bitte auf, für die Tagesration zu bitten.<br />
Wir können und dürfen uns ja mit dieser<br />
Bitte täglich an Gott wenden. Ist dies nicht<br />
genug?<br />
<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong><br />
gib uns heute<br />
3. „<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> BROT gib uns heute“<br />
Mit dieser Bitte im „Vater unser“ zeigt uns Gott<br />
ganz deutlich, dass es ihm nicht nur um unseren<br />
Glauben oder unser geistliches Leben geht,<br />
sondern um unseren Leib. Gott will dass wir<br />
leben und er weiß, dass wir dafür handfeste<br />
Nahrung brauchen; von frommen Sprüchen<br />
wird niemand satt. Wir brauchen <strong>Brot</strong>: Mehl,<br />
Wasser, Sauerteig und etwas Salz, mehr nicht.<br />
Mehr nicht? Reicht uns das? Schwingt bei uns<br />
nicht beim Beten dieser Bitte gedanklich der<br />
Arbeitsplatz mit, das entsprechende Einkommen,<br />
das Haus, der Urlaub, den wir verdient<br />
haben, all unser Wohlstand? Vielleicht führt uns<br />
diese Bitte dazu, innezuhalten und darüber<br />
nachzudenken, was wir wirklich zum Leben<br />
brauchen und auf was wir verzichten können,<br />
ohne dabei gleich zu verhungern.<br />
4. „<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> gib uns HEUTE“<br />
Ich habe den Eindruck, wir leben manchmal<br />
mehr in der Zukunft als in der Gegenwart. Wir<br />
sehen Dinge auf uns zukommen, rechnen mit<br />
Veränderungen, die real noch gar nicht existieren<br />
und setzen dabei viel Zeit, Kraft und Energie<br />
ein, all diese Prognosen zu verarbeiten und uns<br />
darauf vorzubereiten, so dass für das eigentliche<br />
Leben heute nichts mehr übrig bleibt. Lohnt<br />
sich das? In die Zukunft blicken, aber im Heute<br />
leben, das müssen wir wieder lernen: im Heute<br />
leben, es bewusst wahrnehmen und Gott dafür<br />
dankbar sein.<br />
„<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> gib uns heute“ –<br />
Gott gibt es uns.<br />
Beate Keller<br />
Landessynodale<br />
T I S C H G E B E T A U S D E U T S C H L A N D :<br />
Aller Augen warten auf Dich, o Herr, und Du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.<br />
Du tust Deine milde Hand auf und erfüllst alles, was da lebet, mit Wohlgefallen. Amen.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
9
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
Ernste Sorgen um das tägliche <strong>Brot</strong><br />
Das Hungerjahr 1816/17 im Oberamt <strong>Geislingen</strong><br />
KARLHEINZ BAUER<br />
In der Zeit vor der Industrialisierung bildete die heimische<br />
Landwirtschaft noch die ausschließliche Ernährungsgrundlage<br />
für die Bevölkerung. Gerieten einmal die Feldfrüchte<br />
durch zu nasse Witterung nicht, so war man allein auf<br />
den geringen Vorrat im Land angewiesen. Doch dieser<br />
reichte nur kurze Zeit. Vom Ausland etwas zu bekommen,<br />
war wegen der unzureichenden Verkehrsmittel und<br />
der verhängten Ausfuhrverbote sehr schwierig. Folgten<br />
bei einer solchen Witterungsabhängigkeit einmal mehrere<br />
nasse Sommer und Missernten aufeinander, so rief die<br />
alsbaldige Lebensmittelverknappung allgemeine Hungersnot<br />
und Teuerung hervor. Auf die Menschen kam unsägliches<br />
Elend zu.<br />
Blättert man in den Geschichtsbüchern, so wird immer<br />
wieder von Wetterkapriolen berichtet, die schlechte Ernten<br />
verursachten und damit ernste Sorgen um das tägliche<br />
<strong>Brot</strong> nach sich zogen. Die Hungersnot von 1816/17<br />
traf das Volk besonders schwer. Sie ist geradezu zu einem<br />
Schulbeispiel geworden, wie üble Zeiten das Leben und<br />
die Existenz der Menschen beeinflussen und welche<br />
Folgen sie haben.<br />
Ursachen und Hintergründe<br />
Eine ganze Reihe unglücklicher Umstände führte zu diesen<br />
Hungerjahren. Die napoleonischen Kriege, Einquartierungen<br />
und Truppendurchzüge hatten überall im Land die<br />
Vorräte stark vermindert und mit Abgaben und Dienstleistungen<br />
für die Militärmächte das Volk stark belastet. In<br />
den Kriegszeiten waren aber nicht allein die materiellen<br />
Vorräte aufgezehrt worden, sie hatten auch überall die<br />
öffentlichen und privaten Kassen überbeansprucht. Deshalb<br />
hatten Privatleute und die Gemeinden weniger<br />
Getreide aufgekauft, als sie es unter normalen Umständen<br />
getan hätten. Denn weshalb sollte man das ohnehin<br />
knappe Geld für Vorräte verwenden, solange man noch<br />
auf eine günstige Ernte im neuen Jahr hoffen konnte!<br />
Schnee bis in den Frühsommer<br />
Doch zu den Kriegszeiten kam eine ungünstige Witterung.<br />
Schon seit 1811 folgte ein Regensommer dem<br />
andern. Ernten fielen spärlich aus. Getreide gedieh nicht.<br />
Korn und Gras faulten auf den Feldern. Verdorbenes Gras<br />
machte das Vieh krank, Viehseuchen gingen um. Kartoffeln<br />
besaßen nur noch geringen Nährwert. Kälte kam<br />
hinzu, und aus Regen wurde Schnee. In all diesen Jahren<br />
lag Mitte Mai an vielen Orten noch tiefer Schnee. Auch<br />
die Sommer blieben kalt und nass; Gewitter mit Hagelschlägen<br />
und Wolkenbrüchen vergrößerten das Unglück.<br />
Die Erntezeit wurde vielerorts um Wochen verzögert. Sie<br />
dauerte zum Teil bis Mitte Oktober. Oft fielen noch Scharen<br />
von Mäusen über die Kornfelder her und fraßen die<br />
geringen Erträge.<br />
Nach Berichten aus dem Jahr 1816 war es auf der Alb vor<br />
Michaelis (29. September) nicht möglich, mit dem Getreideschnitt<br />
zu beginnen. Noch im November versuchte<br />
man dort, den Hafer unter dem Schnee hervorzuholen.<br />
10 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Die Nässe begünstigte allerlei Schädlinge und Krankheiten:<br />
Getreiderost und Mutterkorn, Kornmaden, Schnecken<br />
und Würmer. Doch nun war es zu spät. Kaum irgendwo<br />
in den benachbarten Ländern konnte mehr Getreide aufgekauft<br />
werden, weil sich die Not inzwischen auch über<br />
weite Teile Europas erstreckte. Überall waren Unwetter<br />
und starke Regenfälle niedergegangen, überall war es kalt<br />
und unwirtlich gewesen, und die Bevölkerung litt landauf,<br />
landab unter der beginnenden Lebensmittelknappheit.<br />
Auch unsere engere Heimat hatte unter der ungünstigen<br />
Witterung jener Jahre sehr zu leiden. Am stärksten wurden<br />
die Markungen Altenstadt, Kuchen, Hausen, Stötten<br />
und Aufhausen von den Unwettern betroffen. Schadensfeststellungen<br />
ergeben ein ernstes Bild. Der größte Teil der<br />
Ernte war vernichtet.<br />
Ein <strong>Brot</strong> für 5 Tageslöhne<br />
Der verheerende Misswachs von 1816 verursachte eine<br />
erhebliche Teuerung aller Lebensmittel und führte Anfang<br />
des Jahres 1817 zu einer allgemeinen Hungersnot. Von<br />
Woche zu Woche stiegen die Lebensmittel im Preis.<br />
Zuletzt war fast nichts mehr in Geld zu bezahlen. Der<br />
<strong>Brot</strong>preis stieg um das Viereinhalbfache. Ein achtpfündiger<br />
Laib <strong>Brot</strong> kostete ein Gulden 36 Kreuzer, das entsprach<br />
etwa fünf Tagelöhnen eines Arbeiters. Die Masse der<br />
Bevölkerung besaß natürlich nicht die Mittel, um diese<br />
Preise bezahlen zu können. Um den <strong>Brot</strong>preis optisch zu<br />
senken, verringerten die Bäcker das Gewicht der <strong>Brot</strong>e. Für<br />
einen Kreuzer bekam man in normalen Zeiten 120<br />
Gramm <strong>Brot</strong>, auf dem Höhepunkt der Hungersnot aber<br />
nur noch 25 Gramm.<br />
<strong>Brot</strong> und alle aus Getreidemehl zubereiteten Speisen bildeten<br />
damals – weitaus mehr als heute – die Grundlage<br />
der Ernährung. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts machte<br />
allein das <strong>Brot</strong> 80 Prozent aller Grundnahrungsmittel aus;<br />
heute beträgt der Anteil des <strong>Brot</strong>es höchstens noch 20<br />
Prozent. Fleisch und Fett spielten eine geringe Rolle,<br />
Gemüse und Obst fielen überhaupt nicht ins Gewicht.<br />
Sich etwa von Pflanzen zu ernähren, war den Menschen<br />
kaum geläufig. In den Essgewohnheiten hat sich bis heute<br />
ein deutlicher Geschmackswandel vollzogen, und die<br />
modernen Erkenntnisse über gesunde Ernährung sind<br />
nahezu Allgemeingut geworden. Dies macht deutlich,<br />
welch katastrophale Folgen damals Missernte und Teuerung,<br />
also eine restlose Abhängigkeit der Volksernährung<br />
von der jährlichen Getreideernte, haben musste.<br />
<strong>Brot</strong> aus Baumrinde und Sägespänen<br />
Die Menschen wussten sich vor Hunger fast nicht mehr<br />
zu helfen. Es kam oft vor, dass Kinder, die tagelang nichts<br />
genossen hatten, in der Schule ohnmächtig zu Boden fielen.<br />
Man ersann neue Wege, sich Nahrung zu verschaffen,<br />
und was man dem <strong>Brot</strong>teig beimischen könnte, um<br />
ihn zu strecken. Viele aßen Gemüse aus Gras, Klee,<br />
Disteln, Wurzeln, Wicken, Brennnesseln, Vogelbeeren<br />
und Sägemehl. Aus Heublumen, Kleie und Rüben, aus<br />
abgesottenem Biermalz, aus gemahlenem Stroh, aus
Baumrinde und Sägespänen wurde <strong>Brot</strong> gebacken. Der<br />
Altenstädter Lehrer Melchior Lamparter schrieb, neben<br />
allerhand Kräutern und Wurzeln habe man auch<br />
Schnecken gegessen, so dass man zuletzt Krankheit oder<br />
gar den Hungertod befürchtete, wenn der Allmächtige<br />
nicht bald durch eine gute Ernte half.<br />
Die Regierung hielt es zunächst nicht für nötig, angesichts<br />
des entsetzlichen Übels Maßnahmen zur Linderung der<br />
Hungersnot einzuleiten. Im Juni 1816, als sich die<br />
Missernte abzeichnete, erwiderte König Friedrich I. von<br />
Württemberg: „Wir zweifeln nicht, dass bei der herannahenden<br />
Ernte die Besorgnisse wegen eines später<br />
eintretenden Mangels nach und nach von selber wieder<br />
verschwinden werden.“ Die Antwort erregte Aufsehen<br />
im ganzen Land. Das Geschäft der Kornwucherer blühte;<br />
die Nachbarstaaten Bayern und Österreich hatten längst<br />
Ausfuhrsperren verhängt.<br />
Hilfe in Not<br />
Sein Sohn und Nachfolger, Wilhelm I., und dessen junge<br />
Gemahlin Katharina hatten dagegen offene Augen und<br />
Ohren für die Not der Bevölkerung. Schon wenige Tage<br />
nach seiner Thronbesteigung erhöhte er die Ausfuhrzölle<br />
für Getreide, hob die Einfuhrzölle auf, verbot den Getreideverkauf<br />
ins „Ausland“, d. h. in die benachbarten deutschen<br />
Staaten, und verbot den Händlern den Getreideeinkauf<br />
in Privathäusern und Mühlen. Zugleich bemühte er<br />
sich, Getreide einzuführen, vor allem aus Russland, der<br />
Heimat der Königin. Doch dieses Getreide konnten sich<br />
zu diesem Zeitpunkt nur noch die Wohlhabenden leisten;<br />
die Armen litten weiterhin Not. In <strong>Geislingen</strong> wurde am<br />
3. Mai 1817 zum ersten Mal <strong>Brot</strong> aus russischem Getreide<br />
unter polizeilicher Aufsicht im Spital ausgeteilt. Jeder Bürger<br />
erhielt je nach Größe und Bedürftigkeit seiner Familie<br />
zweimal in der Woche zwei bis vier Pfund <strong>Brot</strong>.<br />
Im Januar 1817 schlug der König vor, Speiseanstalten zu<br />
gründen. Die Armen und Bedürftigen sollten dort eine<br />
warme Mahlzeit bekommen, oftmals nachdem sie sich<br />
vorher durch Arbeit beim Wegebau oder in der Forstwirtschaft<br />
ihr Essen verdient hatten. In <strong>Geislingen</strong> wurde<br />
darauf von der Stadtverwaltung eine Suppenanstalt<br />
eingerichtet, in der täglich 200 Portionen unentgeltlich<br />
ausgegeben wurden.<br />
Der König regte außerdem an, Wohltätigkeitsvereine einzurichten.<br />
Überall sollten Beschäftigungsanstalten entstehen,<br />
um den vielen Arbeitslosen, die sich bettelnd im<br />
Land herumtrieben, Chancen zu bieten, durch eigene<br />
Arbeit ihr <strong>Brot</strong> zu verdienen. In Altenstadt wurde ein Verein<br />
gegründet, der wöchentliche Sammlungen veranstaltete,<br />
um die Notleidenden mit Geld und Nahrung (<strong>Brot</strong>,<br />
Mehl) zu unterstützen.<br />
Im Oberamt <strong>Geislingen</strong> wurde ein „Arbeitsinstitut“ zur<br />
Beschäftigung der Arbeitslosen eingerichtet. Die Stadt ließ<br />
die Straßen und Wege auf ihre Kosten instandsetzen, um<br />
den Armen Unterhalt in dieser enormen Teuerung zu verschaffen.<br />
Hergestellt wurden die Straßen nach Amstetten,<br />
Eybach, Weiler, Türkheim und Überkingen. Beschäftigt<br />
waren Männer und Frauen. Ein Mann erhielt 30, eine Frau<br />
20 Kreuzer als Tagelohn.<br />
Einbringung des ersten Erntewagens in der Geislinger<br />
Hauptstraße nach zwei Teuerungsjahren am 23. Juli 1817.<br />
Glocken läuten zur ersten Ernte<br />
Die Witterung zeigte sich im Frühjahr 1817 genauso traurig,<br />
wie sie das ganze Jahr 1816 über war. Bis Ende April<br />
regnete es fast täglich. Im Mai fiel ein beispielloses<br />
Unwetter ein, das große Überschwemmungen verursachte<br />
und einer wahren Sintflut glich. An mehreren Stellen<br />
rutschten die Hänge der Albberge, vor allem zwischen<br />
Überkingen und Hausen. Doch damit hörte auch schlagartig<br />
die nasskalte Witterung auf. Die Bevölkerung konnte<br />
aufatmen. Die Feldfrüchte wuchsen jetzt prächtig heran<br />
und gerieten gut. In <strong>Geislingen</strong> konnte am 23. Juli der<br />
erste Wagen mit Wintergerste eingeführt werden. Es mag<br />
eine herzerhebende Feierlichkeit gewesen sein, als der<br />
Fruchtwagen nachmittags um 14 Uhr vor dem Stadttor<br />
ankam. Dort wurde er, prächtig mit Blumenkränzen<br />
geschmückt, von der Schuljugend empfangen. Als der<br />
Erntewagen in die Stadt einfuhr, läuteten alle Glocken,<br />
und die Schuljugend sang unter den Klängen der Musikkapelle<br />
das Lied „Die Ernt’ ist da, es winkt der Halm dem<br />
Schnitter in das Feld; laut schalle unser Freudenpsalm<br />
dem großen Herrn der Welt!“ So ging der festliche Zug<br />
bis vor das Alte Rathaus, wo die ganze Bürgerschaft<br />
versammelt war, und wohl selten stimmte eine Menge<br />
mit solcher Inbrunst in den mächtigen Choral ein „Nun<br />
danket alle Gott“.<br />
Karlheinz Bauer war<br />
Stadtoberarchivrat<br />
und Leiter des<br />
Geislinger Kulturamtes<br />
von 1965 bis 1977<br />
Aquarell von Jacob Früholz<br />
Nach heutigen Erkenntnissen ist das „Jahr ohne Sommer“ 1816<br />
und die folgende Hungersnot von 1816/17 auf den Ausbruch<br />
des Vulkans Tambora/Indonesien im Jahr 1815 zurückzuführen.<br />
Feinste Bestandteile (Aerosole) seines Auswurfmaterials<br />
verteilten sich rund um die Erdkugel und bewirkten<br />
globale Klimaveränderungen in Nordamerika und Europa.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
11
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
Was wächst auf dem Acker:<br />
Food – Feed – Fuel?<br />
DR. CLEMENS DIRSCHERL<br />
Laut Bericht der Welternährungsorganisation leben heute<br />
rund sieben Milliarden Menschen auf der Erde. Prognosen<br />
sprechen von acht bis neun Milliarden Menschen, welche<br />
bis zum Jahr 2050 weltweit zu ernähren sind. Angesichts<br />
der Klimaerwärmung ist zugleich mit einer Verschiebung<br />
der agrarischen Nutzungszonen zu rechnen, so dass<br />
damit eine Reduzierung der heute verfügbaren Anbauflächen<br />
einhergeht. Auch wenn bisher noch nicht agrarisch<br />
genutzte Reservepotentiale erschlossen werden können,<br />
stellt sich die Steigerung landwirtschaftlicher Produktivität<br />
als große Herausforderung dar.<br />
Die Endlichkeit der Vorräte<br />
Seit längerem ist bekannt, dass die Vorräte an Erdöl,<br />
Erdgas und Kohle begrenzt sind. Darüber hinaus gilt es,<br />
sich unabhängig von Energieimporten zu machen, wie<br />
der Stopp der russischen Gaslieferungen gezeigt hat. Die<br />
Landwirtschaft bietet sich als Energielieferant an. Was<br />
vom Acker der Bauern kommt, kann einen Beitrag dazu<br />
leisten, die fossilen Energieträger Öl, Gas und Kohle zu<br />
schonen bzw. langfristig sogar zu ersetzen. Darüber hinaus<br />
gilt Biomasse als „grüne Energie“, nämlich als regenerative,<br />
in der die Sonnenenergie gespeichert ist. Dadurch<br />
bekommt der biblische Spruch „so lange die Erde steht,<br />
soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze“ im<br />
Zeitalter der Erderwärmung eine ganz neue inhaltliche<br />
Dimension.<br />
Tatsächlich stellt der Agrarsektor bereits heute Biomasse<br />
zur energetischen Nutzung bereit: Feststoffe zur thermischen<br />
Verwertung, in flüssiger Form als Treibstoff und<br />
gasförmig zur Einspeisung ins Energienetz. Die Folgen<br />
sind erkennbar. Immer mehr Biogasanlagen breiten sich in<br />
Deutschland aus, mit einer deutlichen Verschiebung der<br />
Anbaustruktur und Fruchtfolge. Die Äcker werden immer<br />
gelber. Mais und Raps greifen um sich, um die wachsende<br />
Nachfrage nach Energiepflanzen zu befriedigen. Ob dabei<br />
die Kriterien der Nachhaltigkeit im Anbau, was die Fruchtfolge<br />
betrifft, sowie innerhalb der Energie- und Klimabilanzen<br />
immer stimmig Anwendung finden, rückt angesichts<br />
der Euphorie oftmals in den Hintergrund. Die<br />
Auswirkungen auf den Pachtmarkt zeichnen sich ebenfalls<br />
längst ab – zum Leid der Vieh haltenden Betriebe und<br />
womöglich zum Nachteil von regionalen Agrarstrukturen<br />
vor Ort.<br />
Nahrung oder Treibstoff<br />
Auch aus globaler Sicht muss die gute Stimmung in Folge<br />
des Agrar-Energie-Booms hinterfragt werden. International<br />
bahnt sich eine Flächenkonkurrenz zwischen „food“<br />
(Nahrung), „feed“ (Futter) und „fuel" (Treibstoff) an. Die<br />
weltweite Bevölkerung muss ernährt werden – das hat<br />
12 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
eindeutig Vorrang!<br />
Zugleich verlangt<br />
die nachholende<br />
Entwicklung in<br />
Schwellenländern<br />
wie Brasilien, Indien<br />
und vor allem China<br />
nach Futtergetreide,<br />
um dem „modern<br />
lifestyle“ zu huldigen<br />
– auch beim Fleischkonsum.<br />
Dazu<br />
braucht es Energie in<br />
Form von Kalorien<br />
als Futter, zunächst<br />
einmal für die<br />
Schweine, Rinder<br />
und das Geflügel,<br />
bevor das Schnitzel,<br />
Ährenfeld bei Weiler<br />
die Keule oder der<br />
Milchshake auf dem Essenstisch landen. Zusätzlich soll<br />
nun auch noch von der begrenzt verfügbaren Agrarfläche<br />
weltweit mehr Energie erzeugt werden. Das überfordert<br />
unter den heutigen Konstellationen die agrarische Tragfähigkeit<br />
des Planeten Erde.<br />
Die Wertigkeit von Lebensmitteln<br />
Der Genusswert umfasst die Eigenschaften, die<br />
man beim Verzehr mit seinen Sinnen wahrnimmt,<br />
also Aussehen, Geruch, Geschmack, Konsistenz und<br />
Temperatur.<br />
Der Gesundheitswert als ernährungsphysiologische<br />
Qualität ist gekennzeichnet durch<br />
wertgebende und wertmindernde Inhaltsstoffe.<br />
Der psychologische Wert beruht auf der individuellen<br />
Beurteilung, ob man Genuss empfindet.<br />
Der soziokulturelle Wert richtet sich nach<br />
gesellschaftlichen Normen und Werten (Prestige)<br />
oder auch Tabus.<br />
Der ökologische Wert misst sich am Verbrauch<br />
von Energie, Rohstoffen und Wasser, am Aufwand<br />
an Verpackungen, deren Entsorgung sowie an der<br />
Menge der Schadstoffemissionen, die bei der<br />
Erzeugung und beim Transport anfallen.<br />
Der politische Wert orientiert sich an vielfältigen<br />
Aspekten, welche eine ganzheitliche Erfassung von<br />
Qualitätsmerkmalen einschließlich der Erzeugungsbedingungen<br />
und ihrer Konsequenzen in Beziehung<br />
zur Dritten Welt und sozialen wie politischen Zielen<br />
beinhalten.<br />
Eine ausführliche Fassung des Beitrags ist zu entnehmen<br />
unter www.hohebuch.de/Publikationen
Was tut Not? Einen klaren Kopf bewahren! Ein klarer<br />
Kopf heißt angesichts der aktuell aufgeheizten Klimadebatte<br />
an allererster Stelle, dass Energie global eingespart<br />
wird. Davon betroffen ist unser aller Lebensstil, weil sich<br />
daran gerade auch die Länder der Dritten Welt orientieren.<br />
Wie nutzen wir die Energien? Geradezu verschwenderisch!<br />
Aber neben einem effizienten Energiemanagement<br />
ist immer mehr auch ein Nahrungsmanagement erforderlich.<br />
In den USA werden 39 % der Lebensmittel vernichtet<br />
– aus Gedankenlosigkeit, aus vermeintlichen Hygienegründen,<br />
weil wir Kunden immer nur frische Ware bevorzugen.<br />
In Deutschland landen 19 % der Backwaren eines<br />
Tages am Abend im Abfall. Hier gilt es anzusetzen, wenn<br />
von Welternährungssicherung die Rede ist: neue Ehrfurcht<br />
für das täglich <strong>Brot</strong> statt Überfluss und Verschwendungssucht.<br />
Als zweites gilt es, die Suche nach alternativen<br />
Die Vesperkirche gibt das tägliche <strong>Brot</strong><br />
ANITA GRÖH<br />
Schon seit Beginn der Vesperkirche in <strong>Geislingen</strong> vor drei<br />
Jahren ist Gabriele von Bock dabei. Drei Wochen lang,<br />
solange die Vesperkirche geöffnet hat, steht sie täglich<br />
von elf bis 15 Uhr in der Küche der Geislinger Pauluskirche.<br />
Tag für Tag spült sie mit drei weiteren Ehrenamtlichen<br />
Teller, Schälchen, Tassen, Gläser, Besteck.<br />
Insgesamt sind etwa 60 Helferinnen und Helfer für die<br />
Vesperkirche tätig.<br />
Helfen, wo Not ist<br />
Gabriele von Bock sieht es als ihre Aufgabe an zu helfen,<br />
wo Not ist. „Es ist zumindest ein Anfang, jemandem ein<br />
warmes Essen zu geben“, sagt sie. Für die Kirche sei es<br />
eine wichtige Aufgabe.<br />
„Wir sehen zu wenig, wie viel Einsamkeit es gibt, wie viele<br />
Menschen eine warme Stätte suchen“. Und der Kontakt,<br />
das Gespräch, sagt Gabriele von Bock, das sei wichtig. Einen<br />
Treffpunkt zu haben, wenigstens für drei Wochen im Jahr,<br />
um der Einsamkeit zuhause zu entfliehen.<br />
Viele ältere Menschen, die ihre Ehepartner verloren haben,<br />
kommen in die Vesperkirche. Dort erhalten sie ein gutes<br />
Gott, der uns Speise<br />
für den Körper gab,<br />
gebe uns auch Speise<br />
für den Geist.<br />
Gebet der Waldenser aus dem 14. Jahrhundert<br />
Energieträgern voranzubringen, vorrangig flächenneutral<br />
aus biogenen Abfällen und Reststoffen. Durchaus<br />
kann auch noch unsere heimische Landwirtschaft<br />
klimapolitische Zeichen mit nachwachsenden Rohstoffen<br />
setzen. Aber mit Maß und Ziel, nicht überstürzt,<br />
berauscht vom Energiefieber, sondern glaubwürdig mit<br />
überzeugenden Umwelt- und Klimabilanzen.<br />
Gabriele von Bock<br />
Dr. Clemens Dirscherl<br />
ist Geschäftsführer des<br />
Evangelischen Bauernwerks<br />
in Württemberg und<br />
Agrarbeauftragter der<br />
Evangelischen Kirche<br />
in Deutschland (EKD)<br />
Essen, gekocht vom Samariterstift in <strong>Geislingen</strong>. Zum<br />
Kaffee gibt es Gebäck, gespendet von einem Geislinger<br />
Bäcker. „Die Leute freuen sich über das Essen, auch wenn<br />
offensichtlich mehr Gäste kommen, sobald Schnitzel auf<br />
dem Speiseplan stehen“, schmunzelt Gabriele von Bock.<br />
Erstaunlich findet sie, dass bei den täglich etwa 120 bis<br />
150 Vesperkirchen-Besuchenden wenig junge Familien<br />
oder Alleinerziehende sind. Sie vermutet, dass hier die<br />
Angst vor dem „Habt ihr das nötig?“ zu groß ist.<br />
„<strong>Unser</strong> täglich <strong>Brot</strong> gib uns heute“ diese Bitte wird in der<br />
Geislinger Vesperkirche aufgenommen. Dabei handelt es<br />
sich sowohl um das <strong>Brot</strong> für den Magen, das den körperlich<br />
spürbaren Hunger stillt, wie das geistliche <strong>Brot</strong>, das<br />
Wahrnehmen, Zuhören und Reden, das der Mensch<br />
braucht. Gabriele von Bock und die vielen anderen Helferinnen<br />
und Helfer nehmen die Bitte des Vaterunsers ernst.<br />
Anita Gröh ist Mitglied im Redaktionsteam<br />
Die nächste Geislinger Vesperkirche ist im Januar 2010<br />
in der Pauluskirche, Hohenstaufenstraße 35.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
13
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
Die Ernt ist da,<br />
es winkt der Halm<br />
1. Die Ernt ist da, es winkt der Halm<br />
dem Schnitter in das Feld;<br />
laut schalle unser Freudenpsalm<br />
dem großen Herrn der Welt.<br />
2. Wer machte diese Menschenwelt<br />
zum Bau der Erde klug?<br />
Der Acker wär ein Distelfeld,<br />
verlassen von dem Pflug.<br />
3. O jede Kunst ist, Gott, von dir,<br />
du hast sie uns gelehrt;<br />
vor aller Weisheit danken wir<br />
der Weisheit, die uns nährt.<br />
4. Sie legte in ein Korn so klein<br />
die sechzigfache Kraft,<br />
gab ihm vom Himmel Sonnenschein<br />
und milden Lebenssaft.<br />
5. O Höchster, deine Wunder sind<br />
so gut, so zahlenlos,<br />
so groß im Regen, Sonn und Wind,<br />
im kleinsten Korn so groß.<br />
6. Die Donnerwolke zog einher<br />
und droht´ Gewitterschlag,<br />
das Kornfeld wallte wie ein Meer,<br />
stand auf und glänzt’ im Tag.<br />
7. Lobt ihn mit Furcht,<br />
den Herrlichen,<br />
der in Gewittern wohnt;<br />
lobt ihn mit Dank, den Gütigen,<br />
der donnernd uns verschont.<br />
8. Des Schnitters Tag ist<br />
lang und schwül,<br />
doch freudig ist sein Mut;<br />
sein Auge sieht der Garben viel,<br />
den Schöpfer, treu und gut.<br />
9. Dein Segen ist’s der alles tut;<br />
wenn Halme kärglich stehn,<br />
o lass uns mit getrostem Mut<br />
auf deinen Reichtum sehn.<br />
10.Du öffnetest die reiche Hand,<br />
die uns verschlossen schien,<br />
und ließest im entlegnen Land<br />
ein Kornfeld für uns blühn.<br />
11.O der du uns so freundlich liebst<br />
und segnest unser Feld<br />
und uns die reiche Ernte gibst,<br />
gelobt sei, Herr der Welt!<br />
Johann Ludwig Huber (1723–1800)<br />
EG: 677<br />
14 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Erntebitte? Rosa Brombey aus Weiler<br />
MARKUS LAIDIG<br />
„Wir pflügen und wir streuen den Samen auf<br />
das Land, doch Wachstum und Gedeihen steht<br />
in des Himmels Hand.“ (Matthias Claudius) –<br />
Trotz aller Möglichkeiten, die moderne Landwirtschaft<br />
heute bietet, wird eine gute Ernte von<br />
vielen Faktoren beeinflusst, die Menschen nicht<br />
in der Hand haben. In der Bibel werden alle<br />
wichtigen und notwendigen Beigaben für ein<br />
gutes Gelingen dessen, was wir uns wünschen<br />
und vornehmen, mit Gottes Segen in Zusammenhang<br />
gebracht. So sagt es auch der Volksmund:<br />
An Gottes Segen ist alles gelegen.<br />
Das weiß auch Rosa Brombey, die im Sommer<br />
1927 in Weiler o. H. geboren wurde. So gut<br />
Rosa Brombey<br />
gefällt der Schwäbin ihre Heimat am Rande der<br />
Schwäbischen Alb, dass sie ihr bis auf den<br />
heutigen Tag die Treue hält. Wenn heute auch<br />
so manches anders ist als damals, wie sich<br />
die gebürtige Weilerin erinnert. In den Jahren<br />
1968 bis 1998 hat Rosa Brombey treu und<br />
unermüdlich als Mesnerin in der Weiler Margarethenkirche<br />
ihren Dienst versehen. Vieles hat<br />
sie in dieser Zeit erlebt und viel könnte sie<br />
berichten von den Erfahrungen, die sie als treue<br />
Kirchendienerin gemacht hat.<br />
Besonderer Gottesdienst vor der Ernte<br />
Auch von einem alten Brauch weiß Rosa Brombey<br />
zu erzählen. Ein Brauch, dem heute wohl<br />
lange nicht mehr die Bedeutung zukommt,<br />
wie früher. Wenn er nicht überhaupt schon in<br />
Vergessenheit geraten ist, wird er heute nur<br />
noch vereinzelt geübt. Gemeint ist die Erntebitte.<br />
Ja, richtig: Erntebitte, nicht Erntedank –<br />
also das Ereignis, das dem Dank für eine gute<br />
Ernte, dem Erntedankfest eben, vorausgeht.<br />
Rosa Brombey erzählt, früher hätten sich, wie<br />
auch an anderen Orten der damaligen Zeit
erinnert an einen fast vergessenen Brauch<br />
üblich, alle Weilemer Bauern kurz vor der Ernte<br />
zu einem besonderen Gottesdienst versammelt.<br />
In diesem wollte die Gemeinde Gott bitten um<br />
seinen guten Segen für Felder, Land und Vieh<br />
und um eine gute Ernte. Man habe auch, ähnlich<br />
wie zu Erntedank, Früchte und gebackenes<br />
<strong>Brot</strong> zum Altar gebracht. So lag das, was noch<br />
ausstand, schon vor aller Augen: <strong>Brot</strong>, gebacken<br />
aus dem Samen der Erde, um die sich die Menschen<br />
das ganze Jahr über gemüht hatten im<br />
Bestellen der Felder mit der schweren Arbeit des<br />
Pfluges, in der Aussaat, der Sorge um genügend<br />
Wasser, der Angst vor Unwetter, das die Ernte<br />
vernichten konnte. Doch, das wussten oder<br />
spürten die Menschen damals noch ganz genau,<br />
stand das fruchttragende Gelingen all dieser<br />
Arbeiten letztlich nicht in der eigenen Hände<br />
Macht, sondern in der Macht eines anderen.<br />
Und den wollten die Menschen bitten in ihren<br />
Liedern, Gebeten, Bitten um Segen, dass auch<br />
am Ende alles gut gehe und dass die neue Ernte<br />
ausreiche, sie über das Jahr am Leben zu erhalten.<br />
Die Ernt ist da, es winkt der Halm<br />
Einen schönen und großen Strauß von Ähren<br />
der Felder rund um Weiler hat Rosa Brombey<br />
dann liebevoll gebunden und in die Kirche zur<br />
Kanzel gebracht. Alles sollte für den Erntebitt-<br />
Gottesdienst feierlich geschmückt sein.<br />
Anfangs hat Rosa Brombey die Bauern, denen<br />
die Felder gehörten, immer gefragt, ob sie für<br />
den Gottesdienst ein paar Ähren wegschneiden<br />
dürfe. Aber später musste sie nicht mehr fragen<br />
– alle kannten ja die Mesnerin und wussten,<br />
was sie vorhatte.<br />
So hatte sich dann die ganze Gemeinde in der<br />
vollen und geschmückten Kirche zur Erntebitte<br />
versammelt. „Die Ernt’ ist da, es winkt der<br />
Halm“ – ein Lied das früher, viel früher schon,<br />
zum Erntebittgottesdienst gesungen wurde.<br />
War dieses einem neuen Pfarrer etwa unbekannt,<br />
so bat die Gemeinde den Unkundigen,<br />
eben dieses Lied singen zu dürfen.<br />
Wie es dann mit der Ernte ging? Ob gut oder<br />
schlecht – „die Menschen haben’s immer so<br />
genommen, wie es ist“, erzählt Rosa Brombey.<br />
Was sollten sie auch machen? Aber sie haben<br />
das, was sie mit der Ernte bekamen, als Gottes<br />
Gabe angenommen – sei es viel oder wenig, gut<br />
oder schlecht. Im Vertrauen und in der ruhigen<br />
Gelassenheit, dass es, so wie Gott es macht,<br />
recht und gut ist. Schlimme Missernten habe<br />
Rosa Brombey in ihrer Zeit aber, Gott sei Dank,<br />
nicht erleben müssen.<br />
Umgang mit Gottes Schöpfung<br />
Margarethenkirche in Weiler o. H.<br />
In der letzten Zeit ist das mit der Erntebitte<br />
etwas aus der Mode gekommen. In Weiler<br />
selbst gibt es nur noch ein paar wenige Großbauern,<br />
weiß Rosa Brombey zu berichten.<br />
Und deren Zahl würde kaum die erste Bank in<br />
der kleinen Kirche füllen. Aber vielleicht lohnt<br />
es sich dennoch, darüber nachzudenken, diesen<br />
alten kirchlichen Brauch wieder etwas mehr<br />
ins Bewusstsein zu rufen. Und vielleicht käme<br />
man so wieder ein wenig mehr ins Nachdenken<br />
darüber, wie Menschen mit der ihnen anvertrauten<br />
Schöpfung umgehen, und wie das<br />
zu verstehen ist mit dem biblischen Aufruf des<br />
Untertan-Machens der Erde. Ich denke, so ein<br />
Nachdenken lohnt sich immer, kann zumindest<br />
nicht schaden. Wie ist die Herrschaft des Menschen<br />
über die Erde letzten Endes zu verstehen?<br />
Ohne Gott? Ganz sicher nicht!<br />
Markus Laidig<br />
ist Pfarrer an der<br />
Stadtkirche <strong>Geislingen</strong><br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
15
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
Was man braucht,<br />
um das <strong>Brot</strong> des Lebens zu backen<br />
MARTINA RUPP<br />
Die Zutaten zu diesem <strong>Brot</strong> sind in keinem Laden zu<br />
finden.<br />
Sie sind unbezahlbar. Doch im Glauben gibt sie uns<br />
Christus ganz umsonst.<br />
Er gibt uns von seiner Liebe. So viel wie wir brauchen für<br />
all die Menschen,<br />
die von diesem <strong>Brot</strong> essen werden.<br />
Die Liebe Jesu Christi, sie soll das Mehl sein, der Hauptbestandteil<br />
des <strong>Brot</strong>es.<br />
Diese Liebe hat schon 5000 Menschen satt gemacht,<br />
damals am See Genezareth.<br />
Sie kann auch unseren Hunger stillen.<br />
Und man füge hinzu: die Gewürze des Himmelreichs.<br />
Als da wäre eine Prise Gerechtigkeit, sehr kräftig im<br />
Geschmack.<br />
Mild und zart schmeckt dagegen der Schalom,<br />
der Frieden Gottes.<br />
Und was wird unsere Zunge wissen von der Freude?<br />
Leuchtend ist sie und voll Sonne, vielleicht wie Stücke<br />
von Orangen,<br />
wenn im Himmelreich Orangenhaine wachsen sollten.<br />
Dann ist da noch eine Duftnote. Die Teuerste.<br />
Einfach unbeschreiblich, einfach unglaublich, der<br />
Geschmack des ewigen Lebens.<br />
16 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Doch das ist noch nicht alles.<br />
Es muss sich auch ein Hauch von Bitterkeit durchziehen.<br />
Eine Ahnung von jener Nacht des Verrats, als der Riss<br />
offenbar wurde, der durch die Schar der Gefährten ging.<br />
Wie Pfeffer in schwarzer Bitterschokolade gehört auch<br />
jene Schärfe hinein in das <strong>Brot</strong>, mit der Jesus sagt:<br />
„Petrus, noch ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal<br />
verleugnen.“<br />
Und die Tränen der Reue. Sie bringen das Salz ins <strong>Brot</strong>.<br />
Beim Backen vermischt es sich, löst sich auf.<br />
Und was man schmeckt, ist Vergebung.<br />
Was soll der Sauerteig oder die Hefe sein?<br />
Was lässt den Teig aufgehen, bis er über die Schüssel<br />
wächst?<br />
Was macht das <strong>Brot</strong> locker und leicht, auch wenn sein<br />
Inhalt schwer ist?<br />
Nimm die Hoffnung und den Glauben!<br />
Glaube und Hoffnung weisen über das hinaus, was ist.<br />
Nimm Gottes Geist! Seine Kraft bringt in Bewegung und<br />
in Beziehung, was da lose aufgehäuft ist.<br />
Und dann, die Ärmel hochgekrempelt und zugepackt!<br />
Die Zutaten muss man gut vermischen und sie kräftig<br />
durchkneten.<br />
Nur nicht zu zaghaft. Das <strong>Brot</strong> des Lebens ist kein<br />
Sahnetörtchen.<br />
Wenn der Teig schön geschmeidig ist, forme man einen<br />
runden Laib.<br />
Und dann muss man ein Messer nehmen und ein Kreuz<br />
in die Oberfläche schneiden.<br />
Ist das <strong>Brot</strong> doch der Leib Christi.<br />
In der Hitze des Feuers wird die Kruste an den Schnittlinien<br />
aufbrechen und daran erinnern, wie Jesus das <strong>Brot</strong><br />
nahm, in Stücke brach und es unter seinen Jüngern<br />
austeilte.<br />
Wie die Jünger sind auch wir eingeladen, von dem <strong>Brot</strong><br />
abzubrechen und zu essen.<br />
Was? Alles, was da hinein gebacken ist:<br />
Jesu Christus selbst – seine Liebe, sein Leben, Sterben<br />
und Auferstehen.<br />
Sein Schmerz und sein Leiden, seine Vision vom Reich<br />
Gottes.<br />
Alle Wunder und seine Kraft, die in Schwachheit mächtig<br />
ist.<br />
Sein Vermächtnis und seine bleibende Gegenwart,<br />
genauso wie das, was noch aussteht vom ewigen Leben.<br />
Einen Vorgeschmack haben wir schon mit diesem <strong>Brot</strong>.<br />
Martina Rupp ist Pfarrerin<br />
in Deggingen-Bad Ditzenbach
Tu den Mund auf für die Armen<br />
Weltweit Verantwortung leben, predigen und einfordern<br />
KLAUS RIETH<br />
Das Thema der Vollversammlung des<br />
Lutherischen Weltbundes 2010 in Stuttgart<br />
ist die Vaterunser-Bitte: „<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong><br />
<strong>Brot</strong> gib uns heute“. Diese Bitte soll von den rund<br />
400 Delegierten und den Gästen aus der weltweiten Ökumene<br />
während acht Tagen behandelt werden, sodass am<br />
Ende der Vollversammlung ein deutlicher Impuls an alle<br />
140 lutherischen Mitgliedskirchen in 79 Ländern mit rund<br />
70 Millionen Christinnen und Christen weltweit ergeht.<br />
Was bedeutet „<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong>“<br />
Viele Lutheraner weltweit bitten heute in ihren Gebeten<br />
nicht nur um <strong>Brot</strong>, sondern vor allem um Mais, Hirse oder<br />
Reis. Das verstehen sie unter „<strong>Brot</strong>“. Das sind ihre Grundnahrungsmittel.<br />
Allein dieser Aspekt zeigt uns, wie vielfältig<br />
wir den Satz aus der Bibel zu verstehen haben. Und<br />
deshalb sind auch wir hier in Württemberg dazu aufgerufen,<br />
unser <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> zu definieren, genauer zu bestimmen.<br />
Ist es die Sicherheit, einen Arbeitsplatz zu haben?<br />
Ist es die Hoffnung, den eigenen Kindern eine gute Schulund<br />
Berufsausbildung geben zu können? Ist es der<br />
Wunsch, ohne Angst auf die Straße gehen zu können?<br />
Ist es das Bedürfnis, in einer beglückenden Partnerschaft<br />
leben zu können? Ist es die Sehnsucht nach Glück und<br />
Zufriedenheit? Oder die Suche nach dem Sinn unseres<br />
Daseins? „<strong>Brot</strong>“ kann so viel bedeuten. Und bei nicht<br />
wenigen ist auch wirklich das <strong>Brot</strong>, die Nahrung, das<br />
tägliche Sattwerden gemeint, wenn die Vaterunser-Bitte<br />
ausgesprochen wird.<br />
Was bedeutet Glaube?<br />
Bei dieser Vollversammlung im nächsten Jahr werden uns<br />
Christinnen und Christen aus aller Welt deutlich machen,<br />
wo der Schuh drückt. Sie werden uns sagen, dass Glaube<br />
hier in Deutschland nicht nur mit uns selbst, unseren<br />
Strukturen und unseren Problemen in Kirche und<br />
Gemeinde zu tun. Es gibt einen weltweiten Horizont, in<br />
dem unsere Sorgen oft zusammenschrumpfen gegenüber<br />
den Existenznöten in anderen Teilen unserer Erde. Deshalb<br />
freuen wir uns auf die Ideen, Glaubenszeugnisse und<br />
Hoffnungen unserer Schwestern und Brüder weltweit.<br />
Etwa die Hoffnungen der Christen im Irak. Die kleine<br />
Schar ist durch Verfolgung und Vertreibung in den letzten<br />
Monaten und Jahren noch kleiner geworden. Viele haben<br />
es in ihrem angestammten Land, in ihrer Heimat, nicht<br />
mehr ausgehalten und mussten fliehen. Einige wenige<br />
sind derzeit auf dem Weg nach Europa, nach Deutschland<br />
und auch nach Württemberg. Wie werden wir sie aufnehmen?<br />
Und wie können wir die unterstützen, die dort<br />
geblieben sind, im Nordirak, in der Ninive-Ebene? Kann<br />
unsere geringe finanzielle Unterstützung ihre Existenz<br />
sichern? Oder müssten wir hier nicht viel mehr tun auch<br />
im Verbund mit betroffenen Politkern? Und wie steht es<br />
mit den zahlreichen Bootsflüchtlingen aus Afrika, die Leib<br />
und Leben riskieren, um eine bessere Zukunft in Europa<br />
zu gewinnen? Nehmen wir nicht schon viel zu abgestumpft<br />
die Bilder im Fernsehen auf, wenn wieder einmal<br />
von einem völlig überladenen und untergegangenen Boot<br />
berichtet wird, auf dem Männer, Frauen und auch Kinder<br />
elendiglich umgekommen sind? Ein Pfarrer unserer Landeskirche<br />
hat diese Not und diese Berichte nicht mehr ausgehalten<br />
und dazu aufgerufen, eine Luftbrücke von der italienischen<br />
Insel Lampedusa nach Deutschland einzurichten.<br />
Ein Spinner? Ein hoffnungsloses Unterfangen oder ein<br />
Anfang, um dem Elend ein Ende zu bereiten?<br />
Weltweites Christentum heißt<br />
weltweite Verantwortung<br />
Wir erleben die Globalisierung immer mehr hautnah. Vor<br />
unserer Haustür. Und wir können und dürfen als Christen<br />
nicht die Augen verschließen. Wir haben Verantwortung<br />
füreinander. Diese Verantwortung hat uns der Apostel<br />
Paulus ins Herz geschrieben. Er hat als erster Christ global<br />
und weltweit gedacht. Für ihn waren die herkömmlichen<br />
Grenzen schon gefallen. Er hat ein weltweites Christentum<br />
und somit auch eine weltweite Verantwortung<br />
gelebt, gepredigt und eingefordert.<br />
Konkrete Hilfe vor Ort<br />
Auf einer Lateinamerika-Reise zu Projekten des Gustav-<br />
Adolf-Werkes wurde mir deutlich, wie konkret und vielfältig<br />
die Hilfe vor Ort sein kann. Wie mit unserem Geld<br />
und unseren Spenden Sozialstationen in Armenvierteln<br />
finanziert werden, wie Menschenrechtsorganisationen<br />
unterstützt werden, die sich um die Rechte der Armen<br />
kümmern, wie alten oder behinderten Menschen zu<br />
einem würdevollen Leben verholfen wird. Dass dabei oft<br />
junge Menschen aus unserer Kirche in einem freiwilligen<br />
sozialen Jahr mithelfen und mitwirken, ist ermutigend und<br />
beispielhaft. Diese jungen Menschen lassen sich ein, ein<br />
auf die Erfahrung mit anderen Christen weltweit, ein auch<br />
auf die Arbeit in einem feindlichen Umfeld von Gewalt<br />
und Hass. Aber sie geben nicht auf und sie tragen ihre<br />
Hoffnung weiter. Von dieser Hoffnung können auch wir<br />
leben.<br />
Gut ist es auch, wenn viele dieser Projekte der Entwicklungszusammenarbeit<br />
nicht alleine gemacht werden müssen<br />
sondern gemeinsam durchgeführt und gefördert werden.<br />
Oft ist die Zusammenarbeit zwischen katholischen<br />
und evangelischen Christen vor Ort problemloser als in<br />
Deutschland. Ich habe gelernt, dass vieles nur gemeinsam<br />
möglich ist und freue mich über jede ausgestreckte Hand<br />
unserer katholischen Schwestern und Brüder. Ökumene,<br />
Entwicklungszusammenarbeit und Mission gehören<br />
untrennbar zusammen. Das werden wir nicht nur bei der<br />
lutherischen Vollversammlung erleben, sondern immer<br />
wieder und hoffentlich immer mehr<br />
auch in unserem Alltag in der Kirchengemeinde.<br />
Klaus Rieth ist Kirchenrat für Mission,<br />
Ökumene und Entwicklungsdienst<br />
beim Evangelischen Oberkirchenrat<br />
in Stuttgart<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
17
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
Zwei 5. Klassen der Schubart-Realschule <strong>Geislingen</strong><br />
?<br />
Hast du in der Schule, zum Beispiel für die große Pause,<br />
ein Pausenbrot dabei?<br />
Karina A.: Fast immer!<br />
Annika R.: Immer!<br />
Christina R.: Fast immer!<br />
Sidonie H.: Fast immer!<br />
Amelie N.: Immer!<br />
Sabrina G.: Immer!<br />
?<br />
Bringst du dein Pausenbrot von zu Hause aus mit oder<br />
kaufst du dir etwas beim Bäcker oder in der Schule?<br />
Wenn von zu Hause aus – wer richtet dir dein Pausenbrot<br />
– Geschwister, Eltern, du selbst oder jemand anderes?<br />
Karina A.: Ich nehme mein Pausenbrot (Körnerbrot oder<br />
Brötchen mit Wurst oder Käse, dazu Obst oder Gemüse)<br />
von zu Hause aus mit. Dieses wird von meiner Mama<br />
zubereitet.<br />
Annika R.: Ich bring’ es von zu Hause mit. Meine Eltern<br />
machen das Pausenbrot.<br />
Christina R.: Ich bringe mein Pausenbrot (<strong>Brot</strong> mit<br />
abwechselnden Belägen – z. B. Frischkäse mit Kresse und<br />
Gurke oder Salami) von zu Hause mit. Meine Mutter<br />
richtet das <strong>Brot</strong>.<br />
Sidonie H.: Ich bringe mein Pausenbrot (Körner-, Weizenbrot)<br />
von zu Hause mit. Meine Eltern richten es.<br />
Amelie N.: Ich bringe mein Pausenbrot (<strong>Brot</strong>, Wurst, Käse<br />
und Gemüse) von zu Hause mit – meine Mutter richtet es mir.<br />
Sabrina G.: Ich bringe mein Pausenbrot (meistens Butter<br />
oder Wurst, Knäckebrot, auch mal einen tollen Kuchen<br />
vom Sonntag) von zu Hause mit. Meine Mutter richtet mir<br />
immer mein <strong>Brot</strong>.<br />
?<br />
Hast du ein Pausenbrot dabei?<br />
Umfrage unter SchülerInnen<br />
Sabrina, Amelie, Karina, Annika, Christina, Sidonie<br />
Wie sieht dein „Traumpausenbrot“ aus bzw. was hättest<br />
du am liebsten als Pausenbrot?<br />
Karina A.: Nichts anderes!<br />
Annika R.: Leberkäswecken!<br />
Christina R.: Nichts anderes!<br />
Sidonie H.: Ein <strong>Brot</strong> mit vielen Körnern!<br />
Amelie N.: Karottenbrot mit Frischkäse und Schnittlauch –<br />
dazu Gurken!<br />
18 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Sabrina G.: Ein frisches, knackiges Vollkornbrot mit<br />
Kräuterfrischkäse!<br />
?<br />
Wie findest du es, dass es so etwas wie ein Pausenbrot<br />
überhaupt gibt? Gut oder schlecht? Kannst du deine<br />
Antwort auch begründen?<br />
Karina A.: Sehr gut, weil man es abwechslungsreich<br />
gestalten kann!<br />
Annika R.: Gut, weil ich sonst in der Pause immer Hunger<br />
hätte!<br />
Christina R.: Ich finde ein Pausenbrot wichtig, weil ich<br />
oft bis 13:00 Uhr Schule habe und ohne Pausenbrot dann<br />
sehr hungrig wäre!<br />
Sidonie H.: Ich finde das Pausenbrot gut. Es schmeckt<br />
immer so toll!<br />
Amelie N.: Gut, da man sich, wenn man Hunger hat,<br />
nicht so gut konzentrieren kann!<br />
Sabrina G.: Sehr gut! Wenn es das Pausenbrot nicht gäbe,<br />
hätte ich in der Pause immer Hunger!<br />
SchülerInnen aus dem Michelberg-Gymnasium <strong>Geislingen</strong>:<br />
Michelle, 7. Klasse<br />
Normalerweise habe ich ein<br />
<strong>Brot</strong> mit Wurst dabei.<br />
Heute aber ist es ein Muffin,<br />
weil wir noch einige übrig<br />
hatten.<br />
Caroline, 7. Klasse<br />
Ich habe heute ein <strong>Brot</strong> mit<br />
Salami dabei. Wenn wir<br />
nachmittags Schule haben,<br />
gehe ich zum Mittagessen<br />
nach Hause, es ist nicht weit.<br />
Felix, 11. Klasse<br />
Ich habe täglich ein <strong>Brot</strong> mit<br />
Butter und Wurst dabei.<br />
Da ich nicht weit weg<br />
wohne, kann ich zum<br />
Mittagessen nach Hause,<br />
wenn wir nachmittags<br />
Unterricht haben.
Eine Stadt feiert den Glauben<br />
Der Kirchentag in Bremen begeistert mit evangelischer Vielfalt<br />
ANITA GRÖH<br />
Hunderttausend waren zu Gast in Bremen, um beim<br />
32. Deutschen Evangelischen Kirchentag ihren Glauben zu<br />
feiern. In 270 Sonderzügen und unzählbar vielen Bussen<br />
kamen sie an. Sie wurden mit Herzlichkeit und Freundlichkeit<br />
von den BremerInnen aufgenommen. Der Kirchentag<br />
war in jeder Ecke Bremens fünf Tage lang zu sehen, zu<br />
spüren und zu erleben.<br />
Die Bibel ist gefragt<br />
2500 Veranstaltungen waren angeboten. Besonders<br />
gefragt waren neben dem Eröffnungs- und dem Schlussgottesdienst<br />
die Bibelarbeiten. Der AWD-Dome, der 8500<br />
Menschen Platz bietet, musste bei den täglichen Bibelarbeiten<br />
wegen Überfüllung jeweils geschlossen werden.<br />
Bischof Huber, Bischöfin Käßmann und Fulbert Steffensky<br />
waren gefragt und sie hatten den BibelleserInnen viel zu<br />
sagen. Sie sprachen über Terror und Armut, die nicht<br />
nur den Leib der Menschen schänden, sondern auch ihre<br />
Hoffnung. Die Hoffnung den Armen zu nehmen, so<br />
Fulbert Steffensky, heiße zu vergessen, dass die Armen<br />
die ersten Adressaten der Kirche seien.<br />
Die Probleme in der Gesellschaft und in der Welt waren<br />
präsent auf dem Kirchentag. Es ging um Menschenwürde,<br />
um Bildung und Erziehung, um Gesundheit, um das Klima,<br />
die Entwicklungspolitik, um Friedensethik, Armut und<br />
Reichtum. Was ist der Auftrag der ChristInnen? In großen<br />
Zentren wurden Gespräche geführt zu Juden – Muslime –<br />
Christen; zur Situation der Gemeinden; zu feministischtheologischen<br />
Themen; zu Spiritualität und Theologie;<br />
zu Ökumene und zur Bibel. Neue Gedanken entwickelten<br />
sich aus der Diskussion und aus den Vorträgen.<br />
Die Begegnung mit anderen prägt<br />
Kunst und Musik waren ebenfalls Schwerpunkte in den<br />
fünf Tagen. Von Bremen werden wieder neue Lieder heim-<br />
„Wir fahren den Kirchentag“ Kirchentagsgäste umringen die<br />
Bremer Stadtmusikanten<br />
wärts in die Gemeinden getragen und dort zum Bestandteil<br />
des täglichen Gemeindelebens. Lieder, die den Glauben<br />
tragen, wenn das gesprochene Wort nicht ausreicht.<br />
Etwas Besonderes war auch die Begegnung mit Menschen<br />
aus anderen Bundesländern, anderen Ländern und Kontinenten.<br />
Sich kennen zu lernen, sich auszutauschen und<br />
wertzuschätzen ist die Grundlage für ein gutes Miteinander<br />
auf dieser Welt. Der Kirchentag trägt hierzu bei.<br />
Eine großartige Leistung wurde in Bremen von den Veranstaltern<br />
vollbracht. „Wir fahren den Kirchentag“ – so hatten<br />
die Bremer Verkehrsbetriebe plakatiert. Und sie<br />
schafften dies, indem sie alles, was irgendwie noch rollen<br />
konnte, auf die Schienen brachten. Gastfreundschaft<br />
wurde geübt und die Gäste herzlich aufgenommen. Und<br />
die Kirchentagsbesucher? Reich erfüllt von den Veranstaltungen,<br />
den neuen Gedanken und dem gemeinsamen<br />
„Kirche erleben“ bringen sie diese Eindrücke heim in ihre<br />
Gemeinden und tragen sie weiter.<br />
Auftrag für die Zukunft<br />
Hunderttausend, die zusammen kommen, um über den<br />
Glauben, die Kirche und die Welt zu reden, geben Hoffnung.<br />
Sie zeigen, dass ein herzlicher Umgang miteinander<br />
möglich ist, dass man sich gegenseitig achtet und<br />
gemeinsam versucht, die Welt gut zu gestalten und auf<br />
sie aufzupassen.<br />
Und Fulbert Steffensky setzt seine Hoffnung auch auf die<br />
vielen, die beim ökumenischen Kirchentag in München<br />
im nächsten Jahr auf die gemeinsame Feier des Heiligen<br />
Abendmahles hoffen. Die Kirchenleitungen sprechen<br />
davon, so Steffensky, dass man noch nicht soweit sei.<br />
Aber tausende Gläubige wären schon soweit.<br />
Anita Gröh ist Mitglied im Redaktionsteam<br />
der <strong>Kirchenbezirk</strong>s-Zeitung<br />
Abschluss-Gottesdienst<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
19
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
Schadensbild:<br />
Riss linke Schulter<br />
(alt) hinten,<br />
Vergrößerung in<br />
neuerer Zeit.<br />
Durchgerissen<br />
bis nach vorne.<br />
Der Grüne Gockel<br />
bewahrt vor Schäden an Kirchen<br />
Schadensbild:<br />
Angesetzte Seitenwange<br />
rechts in<br />
Leimfuge von oben<br />
bis unten komplett<br />
durchgerissen.<br />
Der gezackte<br />
obere Anriss<br />
weist auf große<br />
Spannungen hin.<br />
Der Riss ist neu.<br />
HANS SCHAAL<br />
20 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
<strong>Unser</strong> Verhalten hat Auswirkungen auf<br />
Gebäude, die erst bei entstandenen Schäden<br />
wahrgenommen werden. So hat das Umweltteam<br />
„Grüner Gockel“ an der Stadtkirche <strong>Geislingen</strong><br />
festgestellt, die Heizung und die damit<br />
verbundene Luftfeuchtigkeit der Kirche schaden<br />
kann.<br />
Schäden verhindern<br />
Zum Schutze der Innenausstattung der Kirche<br />
ist es notwendig, für ein ausgewogenes „Klima“<br />
in den Kirchen zu sorgen. Wichtig ist dies vor<br />
allem für Holzbildwerke wie zum Beispiel Tafelbilder,<br />
Schnitzaltäre und Chorgestühle und ganz<br />
wesentlich für die Orgeln. Schnelle Temperaturwechsel<br />
und größere Temperatursprünge in<br />
Kirchen sollten, wen immer möglich, vermieden<br />
werden.<br />
Erste Priorität hat die relative Luftfeuchtigkeit.<br />
Wenn Schäden dauerhaft vermieden werden<br />
sollen, muss sie nach Angaben vom Landesamt<br />
für Denkmalpflege in einem Bereich von 50 %<br />
bis 70 % liegen. Über 70 % wird es zu feucht.<br />
Holzteile verwerfen sich und Leimfugen können<br />
aufgehen. Die Orgel kann im Inneren sogar anfangen<br />
zu schimmeln. Unter 50 % trocknet das<br />
Holz aus. Es entstehen Spannungen und<br />
Schwundrisse.<br />
Kaputtheizen der Kirchen<br />
Mehrjährige Beobachtungen in der Stadtkirche in<br />
<strong>Geislingen</strong> zeigten, dass Überschreitungen des<br />
oberen Grenzwertes nur im Sommer vorkamen.<br />
Sie waren fast immer geringfügig und nicht sehr<br />
häufig. Dieser Bereich kann eigentlich als unproblematisch<br />
angesehen werden.<br />
Als sehr viel gravierender müssen Unterschreitungen<br />
des unteren Grenzwertes angesehen<br />
werden. Sie treten vorwiegend während der<br />
Heizperiode auf. Die Wechselbeziehung zwischen<br />
Temperatur und Luftfeuchtigkeit führt<br />
dazu, dass hohe Heiztemperaturen immer zum<br />
Absinken der Luftfeuchtigkeit führen.<br />
Das Landesamt für Denkmalpflege geht davon<br />
aus, dass akzeptable Luftfeuchtigkeitswerte von<br />
mindestens 50 % langfristig nur erreicht werden<br />
können, wenn die Heiztemperatur auf maximal<br />
15 °C begrenzt wird. Über mehrere Jahre wurde<br />
in der Stadtkirche <strong>Geislingen</strong> beobachtet, dass<br />
dies nur mit einer funktionierenden Befeuchtungsanlage<br />
möglich ist. Der Schadensbericht<br />
über das Chorgestühl vom August 2006 – nach-<br />
zulesen auf der Internetseite www.<strong>Kirchenbezirk</strong>-<strong>Geislingen</strong>.de<br />
– zeigt hier mögliche Negativfolgen<br />
auf. Das böse Wort vom „Kaputtheizen<br />
der Kirchen“ hat sicher seine Berechtigung. Der<br />
Kirchengemeinderat der Stadtkirche hat hieraus<br />
seine Konsequenzen gezogen und neben der<br />
ständigen Kontrolle der Befeuchtungsanlage folgende<br />
Maximaltemperaturen in der Stadtkirche<br />
festgelegt:<br />
Beschluss des Kirchengemeinderats der<br />
Stadtkirche vom 19. September 2007<br />
Zum Schutz der Umwelt und zur Energieeinsparung<br />
im Rahmen des neuen Umweltprojekts<br />
„Grüner Gockel“ der Landeskirche sowie vor<br />
allem zum Schutz der Kunstwerke einschliesslich<br />
der Orgel werden Maximaltemperaturen in<br />
der Stadtkirche während der Heizperiode wie<br />
folgt festgelegt:<br />
1) Die Maximaltemperatur bei Gottesdiensten<br />
und Veranstaltungen soll 15 °C nicht überschreiten.<br />
2) Bei Konzerten und den dazugehörigen<br />
Proben darf die Raumtemperatur im Interesse<br />
der Musiker und zum Schutz ihrer Instrumente<br />
kurzfristig auf maximal 18°C erhöht<br />
werden.<br />
3) An veranstaltungsfreien Tagen kann die<br />
Raumtemperatur bis auf 8 °C reduziert<br />
werden.<br />
Empfohlene Maßnahmen<br />
Während der Heizperiode ständig Temperatur<br />
und Luftfeuchtigkeit beobachten. Einfache<br />
Messinstrumente sind schon für 15 € bis 20 €<br />
erhältlich.<br />
Bei den meisten Kirchen sind Umluftheizungen<br />
Standard. Hier ist – wenn noch nicht vorhanden<br />
– eine Befeuchtungsanlage unbedingt notwendig.<br />
Alle Maßnahmen sind in jedem Fall<br />
mit dem Landesamt für Denkmalpflege abzustimmen.<br />
Hans Schaal ist Kirchengemeinderat<br />
an der<br />
Stadtkirche <strong>Geislingen</strong> und<br />
Mitglied des Umweltteams<br />
„Grüner Gockel“
Der Grüne Gockel kräht auf dem Kirchturm<br />
Bewahrung der Schöpfung<br />
GERLINDE HÜHN<br />
Wer kann sich noch daran erinnern, wann das Wort<br />
„Waldsterben“ zum ersten Mal in der Öffentlichkeit auftauchte?<br />
Es war Ende der Siebzigerjahre.<br />
Ich sehe noch den Auftritt eines Vertreters der Grünen bei<br />
einer Fernsehsendung vor mir, wo er mit einem kranken<br />
Bäumchen vor die Kamera trat. Damals lachten alle und<br />
hielten diese Leute für Spinner.<br />
Inzwischen wird das Wort „Waldsterben“ in der französischen<br />
Sprache benutzt und als Phänomen von allen<br />
anerkannt, ebenso die drohende Klimakatastrophe aufgrund<br />
des hohen CO 2 -Ausstoßes.<br />
Seit ca. 25 Jahren wächst das Umweltbewusstsein. Wir<br />
sammeln alle fleißig Papier, alte Dosen, Glas, trennen Müll<br />
und achten zunehmend auf Energiesparlampen in unseren<br />
Zimmern. Erstaunlicherweise sind es oft eher die älteren<br />
Mitbürger, die ihren Müll trennen. Ist diese Ökoeinstellung<br />
bei den jungen Menschen am Schwinden?<br />
Kirche und Umwelt<br />
Bisher hatten sich die Kirchengemeinden als ganzes, als<br />
Organisation, noch nicht recht an der ökologischen Bewegung<br />
beteiligt.<br />
Vor Jahren habe ich als Dekanin einmal einen Energiecheck<br />
für die Kirchengemeinden des <strong>Kirchenbezirk</strong>s <strong>Geislingen</strong><br />
angeregt, aber leider ist das Unternehmen wieder<br />
im Sande verlaufen. Die Zeit war wohl noch nicht reif dafür.<br />
Seit einigen Jahren denken die Kirchengemeinden aufgrund<br />
der zurückgehenden Finanzen und Gemeindegliederzahlen<br />
übers Sparen nach.<br />
In einem „Spar- und Strukturausschuss“ überlegte die<br />
Gesamtkirchengemeinde <strong>Geislingen</strong>, wo überall gespart<br />
werden könnte. Ein Posten – nicht der größte, aber doch<br />
ein lohnender – sind die Energiekosten.<br />
Inzwischen gibt es darüber hinaus innerhalb der Landeskirche<br />
den sogenannten „Grünen Gockel“, ein an das<br />
EMAS-System (EMAS = eco management and audit<br />
scheme) angelehntes Energiemanagement für kirchliche<br />
Einrichtungen und Gemeinden.<br />
Das war es, was wir gesucht hatten! Der Gesamtkirchengemeinderat<br />
ließ sich den Grünen Gockel vorstellen und<br />
fasste den Beschluss, ihn durchzuführen.<br />
Und es fanden sich nach einigen Suchen engagierte<br />
Umweltteams in jeder der damals noch 5 Gemeinden der<br />
Gesamtkirchengemeinde, die sich mit Eifer und Elan ans<br />
Werk machten. Darüber hinaus beteiligten sich: die<br />
Erwachsenenbildung, die <strong>Kirchenbezirk</strong>skasse mit dem<br />
Haus Stötten und die Diakonie-Sozialstation.<br />
In jedem Team fand sich einer, der besonders gut mit dem<br />
PC umgehen konnte, und in jedem Team ein oder mehrere<br />
Sachverständige für die Gebäude der jeweiligen<br />
Gemeinde.<br />
Eine interessante Aufgabe für Männer<br />
Auffällig und für mich besonders schön ist die Beobachtung,<br />
dass sich für diese Aufgabe überdurchschnittlich<br />
viele Männer zur Verfügung stellten, die doch in der<br />
Regel seltener in Gemeinden auftauchen.<br />
„I got two strong arms, I can help“ haben einmal die<br />
Beatles gesungen. Vielleicht fällt es Männern leichter, sich<br />
bei technischen Fragen einzubringen als bei Bibeldiskussionen<br />
oder Kuchenbackteams. Für den Prozess war es<br />
jedenfalls sehr gut.<br />
Die Erhebungen des ersten Jahres waren recht aufwendig,<br />
und manchmal wollte einigen die Motivation schier gar<br />
schwinden, aber alle haben durchgehalten.<br />
Und nach der Zertifizierung steht die praktische Umsetzung<br />
an: da wird es leichter, konkreter und in gewisser<br />
Weise auch handfester.<br />
Danken muss man allen, die sich bisher engagiert haben.<br />
Sie haben Mühe, Bereitschaft und auch Frust auf sich<br />
genommen und damit der Gesamtkirchengemeinde einen<br />
großen Dienst erwiesen. Die Umwelt wird es ihnen danken.<br />
Es wird noch ein gutes Stück Arbeit vor den Umweltteams<br />
liegen, alles Beschlossene umzusetzen und darüber<br />
hinaus eine größere Breitenwirkung in den Gemeinden<br />
zu erreichen.<br />
Wer wird noch mitmachen?<br />
Es wäre schön, wenn sich auch andere Gemeinden im<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong> fänden, die den Grünen Gockel bei sich<br />
durchführten. Wer für sich den Grünen Gockel durchführen<br />
würde, könnte von den Erfahrungen der Geislinger<br />
profitieren. Ich kann in Aussicht stellen: Das erste Jahr ist<br />
etwas stressig, danach läuft’s leichter.<br />
Die interessierten Gemeinden sollten sich zu Konvois von<br />
mindestens 5 Organisationen zusammenschließen. Es ist<br />
auch möglich, andere Einrichtungen vor Ort zu beteiligen:<br />
wie eine diakonische Institution oder die bürgerliche<br />
Gemeinde.<br />
Ich hoffe, dass bald der Grüne Gockel auf allen Kirchtürmen<br />
kräht.<br />
Dekanin Gerlinde Hühn<br />
Der Grüne Gockel ist ein speziell für Kirchengemeinden<br />
gemeinsam mit Kirchengemeinden entwickeltes<br />
Umweltmanagementsystem nach der Europäischen<br />
Norm EMAS. Es benötigt eine geringe Dokumentation,<br />
wird alle drei Jahre von außen begutachtet, entfaltet<br />
hohe Wirksamkeit<br />
Ziele sind:<br />
Gott als den Schöpfer des Himmels und der Erde ins Leben holen<br />
Bildung des Bewusstseins der ganzen Gemeinde zur „Bewahrung<br />
der Schöpfung“<br />
intelligente Nutzung der Ressourcen = systematische + dauerhafte<br />
Verringerung<br />
nachhaltige und dauerhafte Verankerung des Systems in Gemeinde /<br />
Einrichtung (= breite Basis)<br />
transparent, glaubwürdig, wirtschaftlich: so lebt + wirkt die<br />
Kirchengemeinde / Einrichtung nach innen + außen<br />
Interessante Links:<br />
http://www.elk-wue.de/<br />
http://www.gruener-gockel.de/<br />
http://www.kate-stuttgart.org/<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
21
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
Gott im Maschinensaal<br />
Gustav Werner zum 200. Geburtstag<br />
DR. KARL-HEINZ DRESCHER-PFEIFFER<br />
Am 12. März 2009 wäre Gustav Werner 200 Jahre alt<br />
geworden. Er ist einer der Gründerväter unserer heutigen<br />
württembergischen Diakonie. Er war ein Exzentriker Charakter.<br />
Das machte ihn gerade interessant und anziehend<br />
für viele Menschen. Die Stiftung Gustav Werner und Haus<br />
am Berg mit Hauptsitz in Reutlingen geht auf ihn zurück.<br />
„Was nicht zur Tat wird, hat keinen Wert“<br />
Im Unterschied zu anderen Vätern der Diakonie bezog<br />
Gustav Werner den Bereich der Arbeit und der Industrie<br />
bewusst in sein Denken und Handeln ein.<br />
Theologisch war er geprägt von der mystischen Theologie<br />
der Liebe, die Emanuel Swedenborg lehrte und die bei<br />
Johann Friedrich Oberlin im Elsass schon zu einem größeren<br />
Werk der Liebe geführt hatte. Für Gustav Werner<br />
konnte sich der Mensch wie ein Gefäß der Liebe Gottes<br />
öffnen, so dass Gott im Menschen wohnen und die<br />
Selbstliebe des Menschen und seine Liebe zur Welt überwinden<br />
konnte. Wie die Strahlen der Sonne erzeugt auch<br />
die Liebe Gottes beim Menschen Wirkung. Diese Taten<br />
der Liebe dienen dem Menschen zu seiner Vervollkommnung<br />
im Glauben. Sie sind wichtig für den Aufbau des<br />
Reiches Gottes und für die eigene Erlösung. Gustav<br />
Werner ging zudem davon aus, dass das letzte Zeitalter<br />
der Welt angebrochen sei und dass die wahre Kirche<br />
der Liebe bald sichtbar würde. In seinem Glauben kamen<br />
Gebet, Meditation, Innerlichkeit und die praktische notwendige<br />
Tat der Liebe zusammen.<br />
Aus dem Kirchendienst entlassen<br />
Bereits in seinem Vikariat in Walddorf bei Tübingen gründete<br />
er eine Kleinkinderschule zur Pflege und Erziehung<br />
von Zwei- bis Sechsjährigen und eine Industrieschule für<br />
Mädchen zwischen sechs und vierzehn Jahren, die an die<br />
Arbeitswelt herangeführt werden sollten. Zwischen 1838<br />
und 1860 war Gustav Werner als Reiseprediger regelmäßig<br />
jede Woche mehrere Tage an bis zu 100 Orten in<br />
Württemberg unterwegs, um seinen auf die Tat der Liebe<br />
zielenden Glauben zu verkündigen und Spenden zu sammeln.<br />
Die Reisepredigt und die Orientierung an Swedenborg<br />
führten zu länger anhaltenden Auseinandersetzungen<br />
mit Pfarrerskollegen und der Kirchenleitung.<br />
Gustav Werner kam der Aufforderung der Kirchenleitung<br />
zur Beendigung seiner Reisepredigt nicht nach, legte<br />
1840 sein Vikariat nieder und zog nach Reutlingen.<br />
1851 wurde er aus dem Kirchendienst entlassen.<br />
In Reutlingen gründete er aus Spenden ein Rettungshaus<br />
für Kinder, das sich bald stark ausdehnte. Es kamen die<br />
Hausgenossenschaft, Krankenpflege, die Arbeitergemeinschaft,<br />
Assoziationen, die Werkstätten und Fabriken<br />
hinzu. 1864 lebten in den Wernerschen Anstalten 225<br />
Hausgenossen und 898 Betreute.<br />
In der Hausgenossenschaft lebten vor allem ledige Frauen<br />
in der Ausrichtung auf die alten Mönchsgelübde Armut,<br />
Keuschheit und Gehorsam zusammen. Da Gustav Werner<br />
ein charismatischer Mensch war, waren diese Vorsätze<br />
kein Zwang.<br />
22 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Die Hilfe für die Armen setzte auf Arbeit statt Almosen,<br />
zielte auf ein Gleichgewicht zwischen materieller und sittlich-geistiger<br />
Hilfe, die Integration des Einzelnen in eine<br />
tragende und korrigierende Gemeinschaft, die soziale Verpflichtung<br />
des Eigentums, die Hilfe zur Selbsthilfe und<br />
die Selbstversorgung als Weg zur Mündigkeit.<br />
Gustav Werner, Freund der Kinder und Armen<br />
Eigentum verpflichtet<br />
Die soziale Verpflichtung des Eigentums zielte darauf, das<br />
Eigentum im Interesse der Benachteiligten zu verwenden,<br />
es ging weder um Enteignung noch um Umverteilung.<br />
Mit dem Kauf der Papierfabrik 1850 war die Idee der<br />
christlichen Fabrik verbunden. Die Hausgenossenschaft<br />
stellte Kost und Logis, die Mitglieder verzichteten auf<br />
Lohn und stellten den Gewinn den Armen zur Verfügung.<br />
Diese Idee funktionierte leider nur kurzzeitig, da er schnell<br />
Arbeiter gegen normalen Lohn einstellen musste.<br />
Die ständige Ausdehnung der Arbeit führte zu erheblichen<br />
finanziellen Problemen und letztlich zur Insolvenz.<br />
Der Umfang der Arbeit musste deutlich reduziert und<br />
stärker ökonomischen Gesichtspunkten untergeordnet<br />
werden.<br />
Schließlich gelang es, das Werk in eine Stiftung zu<br />
überführen und damit längerfristig abzusichern.<br />
Als Ehrenbürger der Stadt Reutlingen starb Gustav<br />
Werner 1887.<br />
Dr. Karl-Heinz Drescher-Pfeiffer<br />
ist Pfarrer im<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong>
Hartes <strong>Brot</strong><br />
MARKUS LAIDIG<br />
„<strong>Brot</strong> ist nicht hart. Kein <strong>Brot</strong> – das ist hart.“ Vielleicht<br />
kennen Sie diesen Spruch oder haben ihn auch schon einmal<br />
bei einem Bäcker auf einer kleinen Tafel über den<br />
<strong>Brot</strong>regalen gelesen. Auf meinem Schulweg in der Nähe<br />
von Stuttgart bin ich immer an einem solchen Bäckerladen<br />
vorbeigekommen. Immer wenn ich dort einkaufen<br />
ging, war es eine „Pausen-Brezel“ oder etwas anderes,<br />
dann fiel mein Blick auf diese kleine Tafel und ich versuchte<br />
mir vorzustellen, was ihre Worte meinten.<br />
Das <strong>Brot</strong> bei diesem Bäcker war tatsächlich gerne etwas<br />
hart . . .<br />
Gastfreundlich<br />
reich gedeckter Tisch<br />
„<strong>Brot</strong> ist nicht hart. Kein<br />
<strong>Brot</strong> – das ist hart.“ Was<br />
dieser Spruch bedeutet,<br />
darum wissen wohl besonders<br />
diejenigen, die in ihrem<br />
Leben schwere Zeiten<br />
durchleben mussten, die<br />
wirklich am eigenen Leib<br />
erfahren haben, was es für<br />
unser Leben und Überleben<br />
bedeutet, wenn es kein<br />
<strong>Brot</strong> mehr gibt. Kein <strong>Brot</strong>,<br />
an dem man sich satt essen<br />
kann. Kein <strong>Brot</strong>, das man<br />
teilen, von dem man anderen<br />
abgeben kann.<br />
<strong>Brot</strong>, wertvoller als Gold<br />
Schwere Not, Katastrophen, Krieg-Zeiten in denen <strong>Brot</strong><br />
rar wird und in denen der Wert von <strong>Brot</strong> weit den des<br />
Goldes übersteigt. In Deutschland leben noch viele Menschen,<br />
die sich selbst an solche Zeiten im Zweiten Weltkrieg<br />
erinnern, die selbst Krieg und Verfolgung durchlitten<br />
haben. Aber auch alle Flüchtlinge heute, die vor den<br />
gegenwärtigen Kriegen in ihren Ländern auf der Flucht<br />
sind, wissen, was Krieg und Verfolgung bedeuten, und<br />
dass es hart ist, kein <strong>Brot</strong> zu haben.<br />
Olga W. Temirbulatowa ist Russlanddeutsche und Pastorin<br />
der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde St.<br />
Georg zu Samara in Russland. Zu ihren Aufgaben gehört<br />
der Besuch zahlreicher Gemeindeglieder – Menschen, die<br />
meist wie sie selbst deutsche Wurzeln haben, deren deutsche<br />
Lebensgeschichte ganz eng mit der russischen<br />
Geschichte verwoben ist. Und so haben die älteren<br />
Deutschstämmigen die Zeit des Zweiten Weltkriegs und<br />
die Zeit danach in Russland meist erlebt als harte und<br />
schwere Zeit.<br />
Ohne einen Krümel <strong>Brot</strong><br />
Olga Temirbulatowa berichtet über einen Geburtstagsbesuch:<br />
„Gestern waren wir bei Frau Ida zum Geburtstag in Pridoroshnyj.<br />
Sie erzählte über die Zeit der Aussiedlung und<br />
über die Zeit in der Trudarmee (Arbeitslager):<br />
Ihre Familie war 1941, wie auch die anderen, ausgesiedelt<br />
und nach Sibirien gebracht worden. Am Fluss Enisej gibt<br />
es eine Stadt: Turuchansk. Sie waren noch nördlich von<br />
dort im Wald. Sie wurden dahin gebracht. Zwei Wochen<br />
lagen sie in den Baracken ohne einen Krümel <strong>Brot</strong> oder<br />
irgendwas zu Essen. Es war Winter, alles war verschneit.<br />
Die Frauen hatten alles, was sie hatten an Kleidern, an<br />
verschiedenen Sachen, die sie noch hatten mitbringen<br />
können, gegen Kartoffeln, <strong>Brot</strong> oder Mehl eingetauscht.<br />
Aber eines Tages war alles zu Ende. Es war eine Frau<br />
dabei, die einen fünfjährigen Sohn hatte. Er musste<br />
besonders unter dem Hunger leiden. Es war der neunte<br />
oder zehnte Tag nach ihrer Anreise. Viele lagen und<br />
konnten sich kaum bewegen, so ausgehungert waren sie.<br />
Dieser kleine Junge saß auf einem Hocker in der Mitte der<br />
Pastorin Olga mit Gemeindegliedern<br />
Baracke und flehte die Mutter an: „Mama, wenn Du mir<br />
ein kleines Stückchen <strong>Brot</strong> geben könntest! Ganz klein!“<br />
Dabei streckte er sein kleines dünnes Fingerchen und<br />
zeigte an der Fingerchenspitze, wie klein das <strong>Brot</strong>stückchen<br />
sein dürfte . . . Die Mutter schrie aus lauter<br />
Verzweiflung, da sie schon alles getauscht hatte. Nur der<br />
Mantel an ihrem Körper war<br />
geblieben und sie hatte<br />
nichts mehr – ich konnte<br />
es weiter nicht hören<br />
und wir haben das Thema<br />
gewechselt.“<br />
Olga Temirbulatowa berichtet<br />
weiter: „Jetzt beim<br />
Schreiben dieser Geschichte<br />
stehen mir Tränen in den<br />
Augen. Einige Tage später haben die Menschen in der<br />
Baracke, etwas zu essen bekommen.“<br />
Kein <strong>Brot</strong> – das ist hart. Möge es nur noch Zeiten geben,<br />
in denen Menschen den Sinn dieser Worte, wenn überhaupt,<br />
dann nur noch erahnen können!<br />
TISCHGEBET AUS RUSSLAND:<br />
Wir leben nicht allein vom <strong>Brot</strong><br />
und doch tut uns das Essen not.<br />
Wir bitten dich du treuer Gott<br />
um Lebenswort und Lebensbrot<br />
Markus Laidig ist Pfarrer in der<br />
Stadtkirche, er war zwei Jahre Pfarrer<br />
in Samara, Russland.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
23
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
Kuhäugig mit Kornmühle<br />
Was wir alles tun, um „dabei“ zu sein<br />
ANITA GRÖH<br />
Kennen Sie „Luxese“? Ein neuer Film? Oder ein Fitness-<br />
Drink? Nein. „Luxese“ wurde von Konsumforschern<br />
geprägt. Das Wort ist zusammengesetzt aus „Luxus“ und<br />
„Askese“. Und es beschreibt unser Verhalten: Luxus im<br />
Freizeit- und Erlebniskonsum, Askese bei den Ausgaben<br />
des täglichen Bedarfs. So sparen wir anscheinend bei<br />
Klopapier, Milch und sonstigen Lebensmitteln und sind<br />
großzügig bei Urlaubsreisen, im Fitness-Center und<br />
MP3-Playern.<br />
<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> Handeln<br />
Die Konsumforscher haben herausgefunden, dass wir<br />
13 % unseres Monatsbudgets für Lebensmittel ausgeben.<br />
1962 waren es noch 37 %. Der Marktanteil der Billigketten<br />
wie Aldi, Lidl, Kaufland und andere liegt bei über<br />
40 %. <strong>Unser</strong>e Begeisterung beim Durchsuchen der farbigen<br />
Hochglanz-Werbungen der Discounter nach Schnäppchen<br />
wirkt sich aus. „Geiz ist geil“ kommt mir hierzu in<br />
den Sinn – stimmt das? Oder wollen wir einfach nur zu<br />
den uns von der Werbung dargebotenen jungen, dynamischen,<br />
gesunden, flexiblen und erfolgreichen Mitmenschen<br />
dazugehören?<br />
„Gib uns unser täglich <strong>Brot</strong>“ – was sind eigentlich unsere<br />
Grundbedürfnisse heutzutage? Was brauchen wir um gut<br />
leben zu können? Woran messen wir unsere Bedürfnisse<br />
und unser Handeln in einer Gesellschaft, deren sozialer,<br />
halt gebender Rahmen sich langsam auflöst und das<br />
„tägliche <strong>Brot</strong>“ selbstverständlich geworden ist?<br />
Statistiken, Umfragewerte und Trends beeinträchtigen<br />
unseren Anspruch und unser Verhalten. Mit ihnen wird<br />
uns vorgegeben, wie wir zu sein haben. Illustrierte, die<br />
ungezählt in jeder Arztpraxis aufliegen, schreiben über<br />
„Lifestyle“, also unsere moderne Lebenswelt: Kaufen wir<br />
das grell neonfarbene Stirnband, um den Nachbarn unsere<br />
Fitness zu zeigen, das Handy, um immer erreichbar zu<br />
sein, weil wir mindestens so wichtig sind wie die Kanzlerin,<br />
und die Kornmühle, um dem Arzt unsere gesunde<br />
Ernährung zu beweisen?<br />
Slim for Him<br />
Dabei wissen wir ja, wie oft sich Trends und Moden<br />
ändern. Oder wollten Sie heute gerne als „kuhäugig“<br />
bezeichnet werden? Wohl kaum. In der griechischen<br />
24 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Mythologie war dies jedoch eine besondere Auszeichnung.<br />
Galt in der barocken Kunst mollig als ästhetisch<br />
und schön, werden wir heute als „adipös“ eingestuft.<br />
Und trifft nun Trend auf Religion, wird alles noch interessanter.<br />
Wir kennen das ja selbst, dass wir trotz guter<br />
Vorsätze beim Essen schon wieder mal „gesündigt“<br />
haben. Und im Land der unbegrenzten Möglichkeiten gibt<br />
es in konservativen US-Kirchenkreisen die originellste<br />
Magerkur: „Dieting für Jesus - Abspecken für Jesus“.<br />
Die christlichen Diät-Bibeln tragen so aufschlussreiche<br />
Titel wie „Hilfe Herr, der Teufel will mich mästen!“ oder<br />
„Bete dein Gewicht weg“ oder einfach „Slim for Him“.<br />
Verantwortung tragen<br />
„Gib uns unser täglich <strong>Brot</strong>“ – ich gebe zu, dass es mich<br />
ärgert, dass die Werbung den Preisverfall von Lebensmitteln<br />
in groß geschriebenen Prozentzahlen rühmt. Ich gebe<br />
zu, dass es mich anödet, Äpfel aus Südafrika angeboten<br />
zu bekommen, obwohl in den Geislinger Streuobstwiesen<br />
wohl schmeckende Äpfel wachsen. Dass es mich ärgert,<br />
Milch aus Norddeutschland kaufen zu sollen und die<br />
Geislinger Milchzentrale geschlossen wurde, dass ich<br />
immer den verkaufsoffenen Sonntag ignoriere, denn ich<br />
konnte ja bereits sechs Tage davor beinahe rund um die<br />
Uhr einkaufen. Dass ich mir nicht mehr einreden lasse,<br />
dass ich so sein müsse, um wirklich dazu zu gehören.<br />
Wir haben es zugelassen, dass Werbung, Umfragen,<br />
Trends und Moden unser Handeln prägen. Wir haben<br />
unser eigenes Denken, unseren „gesunden Menschenverstand“<br />
und damit unsere Verantwortung für unser Handeln<br />
hinten angestellt. Wir vergessen dabei oft, dass wir<br />
für uns und unsere Mitmenschen Verantwortung tragen<br />
und nicht nur dem Trend, der Mode und dem Konsum<br />
hinterher rennen müssen. „Gib uns unser täglich <strong>Brot</strong>“ –<br />
das sollte uns Maßstab sein.<br />
Anita Gröh ist Mitglied<br />
im Redaktionsteam<br />
der <strong>Kirchenbezirk</strong>s-Zeitung
„<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> gib uns heute“ –<br />
in Krankheit und im Krankenhaus<br />
KLAUS HOOF<br />
Sonntagmorgen. Gottesdienst in der Krankenhauskapelle.<br />
Nach der Predigt Abendmahl, wie jeden Sonntag. Bei der<br />
Austeilung steht eine kleine Gruppe von zehn Gottesdienstbesuchenden<br />
vor dem Altar. Zwei sind sitzengeblieben,<br />
weil sie nicht ohne Hilfe oder Rollstuhl nach vorne<br />
kommen können. Ein Ehepaar ist während der Austeilung<br />
emotional sehr bewegt. Beim Entlasswort „Ich lebe und<br />
ihr sollt auch leben“ kommen der Frau die Tränen. Am<br />
Ausgang bedanken sie sich und erzählen auf Nachfragen,<br />
dass dem Mann eine schwere Operation bevorsteht.<br />
Eigentlich sei er zu schwach dafür. Aber das sei seine<br />
einzige Chance. Deshalb sei der Gottesdienst heute so<br />
wichtig für sie gewesen und die Feier des Abendmahls<br />
habe ihnen gut getan und ihr Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
und ihre Hoffnung gestärkt.<br />
„<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> gib uns heute“ – wie gut, dass<br />
Kirche im Krankenhaus präsent ist! Im Krankenhausgottesdienst<br />
können Menschen in ihren Krankheitsnöten einen<br />
Ort finden, an dem ihre Ängste und Gefühle einen Platz<br />
haben und wo ihre Hoffnung Nahrung durch das <strong>Brot</strong><br />
erhält, dass die Seele nährt und „Notwendig“ ist.<br />
Kranke besuchen gehört zum Christsein<br />
<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong>, das notwendige, gib uns heute –<br />
was heißt das im Krankenhaus? In der Krise einer Erkrankung,<br />
zumal wenn Menschen aus ihrer gewohnten und<br />
ihnen Sicherheit gebenden Umgebung herausgerissen<br />
werden und sich in der fremden und ungewohnten Welt<br />
einer Klinik wiederfinden, spüren manche, wie sie ihr<br />
„all-<strong>tägliches</strong>“ <strong>Brot</strong> nicht mehr satt macht. Neben der Not<br />
leiblicher Erkrankung treten die Nöte existentieller Fragen.<br />
Der Wunsch und das Bedürfnis nach Gespräch und Austausch<br />
sind größer als sonst. Die Bibel berichtet, dass<br />
Jesus sich von der Not der Kranken hat anrühren lassen.<br />
Er hat mit ihnen gesprochen. Er hat Kranke geheilt. Deshalb<br />
hat es von Beginn des Christentums an zum Selbstverständnis<br />
der Christen gehört, Kranke zu besuchen.<br />
Besuchsdienst im Krankenhaus<br />
Angesichts der immer kürzeren Verweildauer der Patienten<br />
und eines 50 %-igen Dienstauftrags ist es Krankenhauspfarrer<br />
Klaus Hoof nicht möglich, alle evangelischen<br />
Patienten zu besuchen. Deshalb hat er zusammen mit<br />
seinem katholischen Kollegen Bernhard Veil im Jahr 2008<br />
Frauen und Männer für einen ehrenamtlichen kirchlichen<br />
Besuchsdienst gesucht und in mehreren Seminartagen für<br />
diese Aufgabe ausgebildet. Im Februar 2009 haben sich<br />
dann 11 Frauen und 3 Männer aus 7 evangelischen und 3<br />
katholischen Kirchengemeinden verbindlich bereit erklärt,<br />
Patientinnen und Patienten aus ihren Gemeinden in der<br />
Geislinger Helfenstein Klinik zu besuchen. Das ist ein sehr<br />
erfreuliches Ergebnis, zeigt es doch, wie viel Engagement,<br />
Fenster in der Krankenhauskapelle der Helfensteinklinik<br />
Verantwortungsbewusstsein und Einsatzwillen Menschen<br />
in unseren Gemeinden haben.<br />
Inzwischen sind die ehrenamtlich Mitarbeitenden des<br />
kirchlichen Besuchsdienstes in ihren Gemeinden in einem<br />
Gottesdienst in ihre neue Aufgabe eingesetzt und auf das<br />
Einhalten des Schweigegebotes und des Seelsorgegeheimnis<br />
verpflichtet worden. Mindestens alle zwei Wochen<br />
einmal besuchen sie nun kranke Menschen aus ihren<br />
Gemeinden. Pfarrer Hoof und Dipl. Theol. Veil werden die<br />
Frauen und Männer weiterhin fachlich fortbilden und in<br />
ihrer Arbeit begleiten.<br />
„<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> gib uns heute“ – eigentlich ist diese<br />
Bitte so etwas wie ein Notruf, denn wer so betet, der<br />
schreit um Hilfe, für andere und für sich selbst. Gebe<br />
Gott, dass wir Christen solche Notrufe in uns selbst und<br />
bei anderen hören und dass der neue kirchliche Besuchsdienst<br />
ein Beitrag zum Mittragen der Not wird.<br />
Klaus Hoof ist Pfarrer<br />
an der Helfenstein-Klinik<br />
in <strong>Geislingen</strong><br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
25
Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
Die Gesundheitspiraten in Aktion<br />
Lecker essen und trinken im Aufhausener Kindergarten<br />
GERTRAUDE REICH-BOCHTLER<br />
„Wir segeln übers weite Meer, kämpfen mutig, aber fair,<br />
gemeinsam ist das gar nicht schwer.“ Im Kindergarten<br />
Aufhausen treiben viele Piraten ihr Unwesen. Mit Kopftuch<br />
und gelbem T-Shirt zünftig gekleidet, sind sie voller<br />
Eifer bei der Sache. Und wer jetzt denkt, dass dies etwas<br />
mit Klaus Störtebecker oder anderen Freibeutern aus vergangener<br />
Zeit zu tun hat, der irrt sich gewaltig. Es sind<br />
ganz besondere Piraten, die sich hier für die Zukunft<br />
rüsten: Gesundheitspiraten. Gemeinsam mit ihrer Erzieherin<br />
Ute Nothdurft und einer externen Fachkraft, Beate<br />
Schuhmacher aus Deggingen, steigen sie zweimal in der<br />
Woche ins „gesunde Boot“ und lernen spielerisch, Spaß<br />
an gesunder Ernährung zu finden.<br />
Ute Nothdurft berichtet, wie es dazu kam: „Bereits im<br />
Frühjahr 2007 fand im Kindergarten Aufhausen ein Elternabend<br />
zum Thema „Gesunde Ernährung“ statt. Dieses<br />
Thema hat sowohl die Eltern als auch uns Erzieherinnen<br />
sehr angesprochen und begeistert. Wir haben daraufhin<br />
für unsere Einrichtung „Regeln“ fest gelegt, die bezüglich<br />
des Vespers im Kindergarten gelten sollen. Dies wurde<br />
von den meisten begeistert umgesetzt.“<br />
Gemüse und Obst schmecken<br />
Weil eine gesunde Ernährung den meisten Eltern wichtig<br />
ist, unterstützten sie die Erzieherinnen. Seitdem bringen<br />
viele Kinder zu ihrem Vesper Gemüse (z. B. Blumenkohl,<br />
Paprika, Gurke, Karotte) und Obst (z. B. Äpfel, Bananen,<br />
Kiwi, Grapefruit) mit. Oder es wird immer häufiger<br />
anstelle von Fruchtjoghurt Naturjoghurt (mit Marmelade)<br />
mitgegeben. Milchschnitten oder ähnliche Fertigprodukte<br />
waren nur noch in ganz wenigen Vesperdöschen zu<br />
finden. Konsequent wurden sie und mitgebrachte Fruchtjoghurts<br />
oder ähnlich süße Gaben wieder mit nach Hause<br />
gegeben, und das Kind bekam aus der großen Obstschale<br />
des Kindergartens sein Frühstück für die Pause.<br />
Landesstiftung unterstützt die Aktion<br />
Um dieses Thema zu intensivieren und auch den Kindern<br />
nahezubringen, bewarben sich die Erzieherinnen für ein<br />
Projekt der Landesstiftung Baden-Württemberg. „Komm<br />
mit in das gesunde Boot“ mit gesundem Essen und Spaß<br />
an der Bewegung, heißt es für Kindergartenkinder. Hier<br />
hat die Landesstiftung Mittel zur Verfügung gestellt,<br />
damit Kinder möglichst frühzeitig durch gezielte Maßnahmen<br />
Spaß an gesunder Ernährung und ausreichend Bewegung<br />
finden. So ist das Ernährungsmodul „lecker essen<br />
und trinken“ entwickelt worden. „Die Gesundheitsförderung<br />
von Kindern ist für die Zukunft unseres Landes<br />
elementar wichtig. In der Kindheit werden Vorlieben und<br />
Abneigungen entwickelt und der Grundstock für das<br />
weitere Leben gelegt“, sagt Herbert Moser, Geschäftsführer<br />
der Landesstiftung. „Deshalb setzt die Landesstiftung<br />
mit ihrem Programm bereits im Kindergartenalter an“.<br />
Wo kommen Lebensmittel her? Was passiert in meinem<br />
Körper? Über einen Zeitraum von einem halben Jahr<br />
26 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
lernen Kinder, wo Lebensmittel herkommen, wie der<br />
Bauch funktioniert, oder wie man die Lebensmittel in ein<br />
leckeres Gericht verwandelt.<br />
Gesundheitspiraten haben wirklich viel Spaß bei ihrer<br />
Unternehmung. „Wo wächst der Apfel?“ wird gefragt.<br />
Jetzt gilt es, blitzschnell zu entscheiden: Lege ich mich<br />
unter den Stuhl, weil der Apfel in der Erde wächst, oder<br />
setze ich mich drauf, weil er auf der Erde wächst? Möglich<br />
wäre auch noch, auf den Stuhl zu stehen, weil der Apfel<br />
auf dem Baum wächst. Unter viel Gelächter stehen alle<br />
bald auf ihren Stühlen.
Mit allen Sinnen genießen<br />
Beim nächsten Mal gibt es viele verschiedene Lebensmittel<br />
zu sehen. Sie werden betastet, man riecht an ihnen,<br />
alle Sinne sind beteiligt. Und dann geht es ans Probieren:<br />
Wie schmeckt die Gurke, und wie die Melone? Wie gut<br />
riecht frischgebackenes <strong>Brot</strong>! Gemeinsam werden einfache<br />
Speisen zubereitet. „Wir haben Gurken und Wurstscheiben<br />
auf Zahnstocher gesteckt. Das wurde dann eine<br />
Schlange“ erzählt Leonie. „Die Zunge haben wir mit<br />
Paprika gemacht. Und dann kamen die Muttis, und wir<br />
haben alles aufgegessen.“<br />
Zweimal sind die Gesundheitspiraten unterwegs. Im<br />
Supermarkt werden sie mit großer Geduld herumgeführt.<br />
Bei der Mineralbrunnen AG bestaunen Kinder und Begleitpersonen<br />
Bänder und Maschinen. Gesundes Trinken ist<br />
wichtig. Schon seit der ersten Begegnung ist allen klar:<br />
Piraten trinken nur Wasser!<br />
Essen und Trinken verbindet die Menschen. Wer miteinander<br />
an einem Tisch sitzt, erfährt Gemeinschaft. Beim<br />
Ernährungsmodul „lecker essen und trinken“ werden auch<br />
alle Eltern ins Boot geholt. Sie dürfen die Kinder bei vielen<br />
Aktivitäten begleiten. Es wird gemeinsam gebacken,<br />
geschnippelt, geformt, gefühlt, gegessen. Die Ess- und<br />
Trink-Oase gibt allen Eltern Raum für Information und<br />
Austausch. An einem Tag sind wirklich fast alle Väter mit<br />
dabei. Im Notfall war auch der Opa bereit, mit der Enkeltochter<br />
eine möglichst schöne Gurkenschlange zusammen<br />
zu stecken. Es war schön, zu beobachten, wie sich alle in<br />
diesem Projekt engagiert haben.<br />
Das Projekt „lecker essen & trinken“ erstreckt sich über<br />
ein halbes Jahr, in dem die speziell geschulte Expertin<br />
zehn Bausteine mit Kindern im Alter von vier bis sechs<br />
Jahren durchführt, dazu vier Bausteine für und mit den<br />
Eltern gemeinsam. Auch die Erzieherinnen sind begleitend<br />
dabei, was ihnen ermöglicht, das Thema Ernährung zu<br />
vertiefen und es im Profil der Einrichtung nachhaltig zu<br />
verankern.<br />
Süßener Tafel Neueröffnung des CARIsatt-Ladens<br />
PETRA KRIEG<br />
Die Erfahrungen von CARIsatt in Göppingen und <strong>Geislingen</strong><br />
Tafel und die Zahlen der Sozialstatistiken zeigen,<br />
dass leider immer mehr Menschen mit Hartz IV, Rentner,<br />
Alleinerziehende, Geringverdienende auf das Angebot<br />
eines Tafelladens angewiesen sind. In Süßen, Schnittstelle<br />
zwischen Göppingen und <strong>Geislingen</strong>, ist das Angebot<br />
eines Tafelladens gut und wichtig.<br />
Die Caritas Fils-Neckar-Alb bietet sich mit ihrer reichen<br />
Erfahrung in der Tafelarbeit als Träger an und plant in<br />
Kooperation mit der katholischen und evangelischen<br />
Kirchengemeinde Süßen und der Stadt Süßen einen Tafelladen<br />
zu eröffnen.<br />
Was ist ein Tafelladen?<br />
Die Idee CARIsatt-Tafelladen ist nicht neu. In Göppingen<br />
besteht er seit acht Jahren, in <strong>Geislingen</strong> seit zwei Jahren.<br />
Die KundInnen sollen im CARIsatt-Laden eine angenehme<br />
und weitgehend normale Situation vorfinden, welche<br />
sich nur in den Preisen von anderen Läden unterscheidet.<br />
Im CARIsatt-Laden werden Lebensmittel verschiedener<br />
Art angeboten wie Konserven, Milchprodukte, Backwaren,<br />
Obst und Gemüse. Einkaufsberechtigt sind Menschen mit<br />
geringem Einkommen (z. B. Rentner, kinderreiche Familien,<br />
Studierende). Der Verkaufspreis liegt deutlich unter dem<br />
regulären Preisniveau beim günstigsten Einzelhändler vor<br />
Ort. Der Laden wird voraussichtlich an zwei Tagen in<br />
der Woche geöffnet sein. Ladenräume sind in Aussicht,<br />
so dass schon bald gestartet werden kann.<br />
Die personelle Besetzung des Ladens setzt auf das ehren-<br />
Gertraude Reich-Bochtler<br />
ist Pfarrerin in Aufhausen<br />
amtliche Engagement der Menschen<br />
in den Kirchengemeinden,<br />
der Stadt und des Landkreises.<br />
Für den Aufbau des<br />
Ladens besteht ein Team aus<br />
derzeit 30 Ehrenamtlichen.<br />
Bis zur Eröffnung des Ladens<br />
werden mindestens 40 ehrenamtliche<br />
Frauen und Männer<br />
benötigt, damit alle anfallenden<br />
Arbeiten geleistet werden können.<br />
Neben den Lebensmitteln<br />
werden auch gebrauchte Kleider<br />
verkauft. Dieser Bereich<br />
wird abgetrennt vom Lebensmittelbereich<br />
und auch für<br />
Menschen ohne Einkaufsberechtigung<br />
zugänglich sein.<br />
Damit das Projekt gelingt<br />
können Sie:<br />
• uns ehrenamtlich im Aufbau des Ladens unterstützen<br />
• uns finanziell unterstützen,<br />
• Spenden unter dem Stichwort CARIsatt Süßen<br />
• auf das Konto 1790 000 der Caritas Fils-Neckar-Alb<br />
• bei der Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 601 205 00<br />
• sich für die ehrenamtlichen Mitarbeit im Laden melden<br />
• die Idee des Ladens verbreiten und MitstreiterInnen<br />
finden<br />
• uns Ihre Kontakte zu Lebensmittelgeschäften vermitteln<br />
Kontakt: Fachstelle Ehrenamt und soziales Lernen,<br />
Petra Krieg, Telefon 0 71 61- 9 63 36 30<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
27
Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
Ein Mensch ist gestorben. Sein Platz ist leer. Er<br />
hinterlässt eine Lücke – sichtbar und spürbar.<br />
Je enger das eigene Leben mit der verstorbenen<br />
Person verbunden war, desto deutlicher der<br />
Verlust.<br />
Anfangs ist die Betroffenheit groß. Wer einen<br />
nahen Angehörigen verloren hat, wird in den<br />
ersten Tagen mit Anteilnahme regelrecht überschüttet.<br />
Viele schreiben, drücken ihr Beileid<br />
aus. Durchaus ernst gemeint ist das Angebot:<br />
„Wenn ich irgend etwas für dich tun kann,<br />
lass es mich wissen!“<br />
Und dann kehren alle in ihren Alltag zurück.<br />
Der Arbeitsplatz wird einem Nachfolger zugeteilt.<br />
Auf den Stammplatz beim Seniorentreff<br />
sitzt ein Anderer. Die Lücke beginnt sich zu<br />
schließen.<br />
In der Trauer allein<br />
28 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Wenn meine Trauer Worte findet<br />
Das Geislinger Trauercafé bietet Gespräch und Beratung<br />
GERTRAUDE REICH-BOCHTLER<br />
Aber da, wo der Verstorbene zu Hause war,<br />
fehlt er nach wie vor. „Wenn ich die Haustür<br />
aufschließe, rufe ich oft noch aus lauter<br />
Gewohnheit: ‚Ich bin wieder da!‘ Erst wenn<br />
keine Antwort kommt, fällt es mir wieder ein: Er<br />
wird mir nie mehr antworten.“ erzählt eine Frau,<br />
deren Mann vor zwei Jahren gestorben ist.<br />
Die nahen Angehörigen müssen lernen, mit der<br />
Lücke zu leben. Das braucht Zeit – viel mehr,<br />
als ihnen unsere schnelllebige Gesellschaft<br />
geben will. „Jetzt ist der Vater schon ein halbes<br />
Jahr tot, und du trauerst immer noch“, sagt der<br />
Sohn zu seiner Mutter. „Wann wirst du wieder<br />
normal? Geh doch mal unter die Leute!“ Viele<br />
Menschen, die mit einem Verlust leben müssen,<br />
fühlen sich in ihrer Trauer allein gelassen.<br />
Andere werden mit sich selber ungeduldig. Sie<br />
möchten niemanden aus ihrer Umgebung an<br />
dem teilhaben lassen, was sie umtreibt. Mit der<br />
berühmten Schere im Kopf sagen sie. „Ich kann<br />
doch meinen Freunden und den Kindern nicht<br />
dauernd mit meinem Schmerz auf die Nerven<br />
gehen! Wie sollen sie auch verstehen, wie es<br />
mir geht!“<br />
Oft sind im Gefolge der Hospizgruppen Angebote<br />
für Trauernde entstanden. Kontakt und<br />
Austausch mit anderen Betroffenen in einer<br />
ganz ähnlichen Situation sind eine von vielen<br />
Möglichkeiten, Trauernde zu unterstützen und<br />
hilfreich zu begleiten. Junge Menschen nutzen<br />
das Internet. Ältere haben diese Möglichkeit oft<br />
nicht. Für sie gibt es Angebote mit direkter<br />
Begegnung, in angeleiteten Trauergruppen oder<br />
den etwas unverbindlicher ablaufenden<br />
Gesprächen mit Kaffee, Saft oder Tee.<br />
Seit Jahresbeginn öffnet in <strong>Geislingen</strong> das<br />
Trauercafé. Einmal im Monat besteht die Gelegenheit,<br />
sich mit ähnlich Betroffenen auszutauschen.<br />
Das Kaffeehaus der Diakonie in der<br />
Moltkestraße ist ein idealer Platz dafür.<br />
Es ist gut zu erreichen, auch mit öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln. Um 18 Uhr können auch<br />
Berufstätige dazu kommen, und es ist noch<br />
nicht zu spät für Ältere, die abends nicht mehr<br />
so gerne ausgehen. Weil zu dieser Zeit keine<br />
anderen Gäste mehr bewirtet werden, finden die<br />
Besucher einen geschützten Raum vor, der leicht<br />
zu erreichen ist.<br />
Begleitung durch engagiertes Team<br />
Günther Alius von der evangelischen Erwachsenenbildung<br />
hatte die Idee aus Esslingen mitgebracht,<br />
wo Angebote für Trauernde häufig und<br />
gerne angenommen werden. Es fanden sich drei<br />
Mitstreiter, Pfarrer Dr. Karl-Heinz Drescher-<br />
Pfeiffer und die Pfarrerinnen Claudia Kupfer-<br />
Feine und Gertraude Reich-Bochtler, die ist auch<br />
ausgebildete Trauerbegleiterin ist. Von der<br />
Hospizgruppe aus Göppingen kam viel Unterstützung<br />
durch Tipps und bewährtes Material<br />
für die Treffen. Weil alle noch sehr neu im<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong> sind, war Gudrun<br />
Müller von 0der Samariterstiftung als Spezialistin<br />
für die Verhältnisse vor Ort eine große<br />
Hilfe.
Tränen dürfen fließen<br />
Das Trauercafé ist ein Angebot für alle, die<br />
nahestehende Angehörige oder Freundinnen<br />
und Freunde verloren haben. Auch wenn es von<br />
der evangelischen Kirche getragen wird, steht<br />
es allen offen, unabhängig von ihrer Konfession<br />
und Herkunft. Man kann regelmäßig daran teilnehmen<br />
oder bei Bedarf, genauso wie man ein<br />
Café aufsuchen würde. Die Getränke haben<br />
einen moderaten Preis, und für die sonstigen<br />
Aufwendungen gibt es ein Spendenkässchen.<br />
Jedes Treffen beginnt mit einer Befindlichkeitsrunde,<br />
in der alle zu Wort kommen, die das<br />
wünschen. Dann wird ein Thema besonders<br />
besprochen. Die unterschiedlichen Erfahrungen<br />
in der Trauer, aber auch das, was eine Trauernde<br />
aktuell beschäftigt, sollen zur Sprache kommen.<br />
Meistens liegt dieses Thema schon in der Luft,<br />
wenn alle einmal etwas gesagt haben. Festtage<br />
oder die Frage, wie der Urlaub dieses Jahr<br />
geplant werden soll, beschäftigen alle gleichzeitig.<br />
Anderes ist vielleicht gerade so bedrängend,<br />
so verletzend gewesen, dass es sich aufdrängt,<br />
darüber zu sprechen. Dann tragen beispielsweise<br />
alle ihre Erlebnisse mit ehemaligen Freunden<br />
oder dem hilflosen Nachbarn zusammen,<br />
der lieber auf die andere Straßenseite wechselt,<br />
als ein Gespräch anzufangen. Gut ist es, wenn<br />
Tränen fließen dürfen, ohne dass es die Anderen<br />
verlegen macht.<br />
Und manchmal wird auch wieder gelacht<br />
Wer einen nahen Angehörigen, den Lebensoder<br />
Ehepartner verloren hat, muss oft mit zwei<br />
Herausforderungen kämpfen. Einerseits gilt es,<br />
mit dem Verlust leben zu lernen ohne die Leere<br />
einfach zu überdecken. Andererseits kommen<br />
fast auf alle wesentlich mehr Aufgaben zu. Die<br />
Frauen sind plötzlich damit konfrontiert, dass sie<br />
sich um die Umwälzpumpe im Haus oder die<br />
Steuererklärung kümmern müssen. Das war oft<br />
die Aufgabe ihres Mannes gewesen. Ein Witwer<br />
muss sich jetzt um den Haushalt kümmern,<br />
den vorher seine Frau besorgte. Was zwei Leute<br />
gemeinsam erledigt haben, muss nun eine<br />
Person oft allein schaffen. Da ist es gut, wenn<br />
unter ähnlich Betroffenen Experten sind, die<br />
man um Rat fragen kann. Der Mann, der stolz<br />
darauf ist, wie er inzwischen mit dem Haushalt<br />
zurecht kommt, fragt in die Runde: „Kann mir<br />
mal eine von den erfahrenen Hausfrauen sagen,<br />
wie oft ich meine Kaffeemaschine entkalken<br />
sollte?“<br />
So gibt es auch nach der angeleiteten<br />
Gesprächsrunde noch viel Anlass, um sich auszutauschen.<br />
Und manchmal wird dabei auch<br />
zum ersten Mal wieder gelacht.<br />
Gertraude Reich-Bochtler ist<br />
Pfarrerin in Aufhausen und<br />
Trauerbegleiterin<br />
In der ersten Oktoberwoche 2009 wird in<br />
<strong>Geislingen</strong> ein 6-wöchiger Kurs für Trauernde<br />
in Zusammenarbeit mit dem Hospizverein<br />
Göppingen starten.<br />
Weitere Informationen und Anmeldung<br />
bei der Evangelischen Erwachsenenbildung<br />
<strong>Geislingen</strong>.<br />
Telefon 0 73 31 / 30 70 97 30 (Vormittags)<br />
T I S C H G E B E T A U S E N G L A N D :<br />
For food in a world where many walk in hunger; for faith in a world where many walk of fear;<br />
for friends in a world where many walk alone; we give you humble thanks, O Lord. Amen.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
29
Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
30 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Gemeinsam Gemeinde gestalten<br />
Bad Überkingen, Hausen und Unterböhringen planen die Zukunft<br />
GEORG BRAUNMÜLLER<br />
Eine fröhliche, phantasievolle und sehr lebendige<br />
Veranstaltung war die Zukunftskonferenz<br />
der Kirchengemeinden Bad Überkingen, Hausen<br />
und Unterböhringen mit Oberböhringen, die<br />
im Blick auf die Bildung der Gesamtkirchengemeinde<br />
Bad Überkingen veranstaltet wurde.<br />
Eingeladen waren viele, um gemeinsam über<br />
die Aufgaben der Gesamtkirchengemeinde nachzudenken.<br />
Dies wollten die Kirchengemeinden<br />
bewusst mit den VertreterInnen der bürgerlichen<br />
Gemeinde, wie Bürgermeister Martin Joos und<br />
den Gemeindenräten, den Verantwortlichen von<br />
Vereinen, der Schulen, der Kindergärten, und<br />
der katholischen Kirche tun. 90 Personen waren<br />
angemeldet. Moderiert haben Diakonin Ute<br />
Schütz aus Denkendorf und Pfarrer Ulrich Vallon<br />
aus Stuttgart.<br />
Der Ablauf der Zukunftskonferenz war durch<br />
sechs Abschnitte gegliedert.<br />
1. Wir schauen nach den Wurzeln<br />
2. Stärken und Schwächen<br />
3. Bedingungen in der Gemeinde<br />
4. Ideen und Aufgaben<br />
5. Wir treffen eine Auswahl<br />
6. Chancen und Lösungen<br />
Wir schauen nach den Wurzeln<br />
Die vier Orte haben ländliche und traditionelle<br />
Strukturen und sind stark evangelisch geprägt.<br />
Es besteht eine gute Eingliederung der katholischen<br />
Kirche, z. B. durch Kirchenmitbenutzung.<br />
Jeder Teilort hat ein eigenständiges Kirchenbewusstsein.<br />
Lange Pfarrerperioden haben die<br />
Gemeinden geprägt.<br />
Stärken und Schwächen<br />
Stärken der Kirchengemeinden sind besondere<br />
Gottesdienste, wie Gottesdienst im Grünen,<br />
Erntebittgottesdienst auf dem Bauernhof, dem<br />
Gründonnerstagsgottesdienst oder dem Motorradgottesdienst.<br />
Das Pfingstzeltlager ist für alle<br />
Gemeinden eine starke Bindung. Die gute Ökumene<br />
und Zusammenarbeit mit den Vereinen<br />
und der Kommune wurde hervorgehoben.<br />
Ebenso die ausgeprägte Jugendarbeit, je nach<br />
Gemeinde mit Jungscharen, Kinderkirche,<br />
Pfingstzeltlager und KonfiCamp.<br />
Als „Schwächen“ wurden der fehlende Gemeindebrief<br />
genannt, der Abbruch der Beziehungen<br />
der Konfirmanden nach Konfirmation, die<br />
kleinen Posaunenchöre, die „geschlossenen“<br />
Kirchen und der Rückgang des Besuchs der<br />
Sonntagsgottesdienste.
Bedingungen in der Gemeinde<br />
Rückläufige Geburtenzahlen lassen die Gemeinden<br />
kleinern werden und die Gesellschaft<br />
überaltern. Neue Familienstrukturen entwickeln<br />
sich von der Großfamilie zur Einkindfamilie.<br />
Verändertes Freizeitverhalten und die größere<br />
Mobilität der Menschen haben Auswirkungen.<br />
Es besteht ein Attraktivitätswettbewerb<br />
zwischen den Angeboten. Die Infrastruktur der<br />
Gemeinden ist sehr gut mit vier Kirchen, drei<br />
Gemeindehäusern, zwei Pfarrhäuser und dem<br />
Kindergarten in Unterböhringen.<br />
Ideen und Aufgaben<br />
In Gruppen sollten Projekte für einen Gemeindeentwicklungs-Kongress<br />
2016 entwickelt und<br />
vorgestellt werden. Übertreibungen und Zuspitzen<br />
waren erlaubt. Mit kreativen Mitteln,<br />
wie Tücher, Seile, Stifte, Papier, Karton und<br />
Bausteine wurden Projekte entworfen:<br />
Gemeinderätin Petra Herb stellte das „Gondelprojekt“<br />
vor. Eine Seilbahn verbindet im Minutentakt<br />
die Ortsteile Bad Überkingen, Hausen,<br />
Unterböhringen und Oberböhringen. Alle Orte<br />
haben zahlreiche Attraktionen, die Kirchen sind<br />
24 Stunden geöffnet und die Pfarrer arbeiten<br />
im Drei-Schicht-Betrieb.<br />
Weiter wurden „Jahreszeiten-Gottesdienste“<br />
vom „Wanderer“ Eugen Zoller vorgestellt. Vier<br />
besondere Gottesdienste jeweils in verschiedenen<br />
Ortsteilen und mit verschiedenen Gruppen<br />
oder Vereinen zusammen gestaltet.<br />
Hermann Kohler, Vorsitzende des Sportvereins,<br />
stelle das Projekt: „Fairplay; Kirchengemeinden<br />
unterwegs.“ vor. Ein Jahr lang machen die Kirchengemeinden<br />
und Vereine zum Thema:<br />
Fairplay Aktionen und Gottesdienste.<br />
Full-House bei Gottesdiensten soll durch die<br />
Beteiligung von verschiedenen Gruppen der<br />
Kirchengemeinden, der Vereine und anderen<br />
Institutionen und Vereine erreicht werden.<br />
Bürgermeister Martin Joos stellte eine Art<br />
Bonuskarte für ehrenamtliche Aktionen und das<br />
Erkunden von Orten und Einrichtungen vor.<br />
Wir treffen eine Auswahl<br />
Aus den vorgestellten Projekten wurden fünf<br />
Bereiche als künftige Themenschwerpunkte der<br />
Gesamtkirchengemeinde Bad Überkingen<br />
herauskristallisiert: Ehrenamt, Gottesdienst,<br />
Zusammenwachsen der Gesamtkirchengemeinde,<br />
Gemeinde- und Jugendarbeit.<br />
Chancen und Lösungen<br />
Damit das Erarbeitete nicht im Sande verläuft,<br />
baten die Moderatoren alle Teilnehmenden,<br />
sich unter einem Thema einzutragen. So wurden<br />
fünf Arbeitskreise initiiert, die jeweils zwei<br />
Verantwortliche als Ansprechpartner haben.<br />
Die Arbeit in den Arbeitskreisen, bzw. bei den<br />
Netzwerken ist freiwillig. Erste Termine für das<br />
Treffen der Arbeitskreise wurden von den<br />
Verantwortlichen vereinbart. Ansprechpartner<br />
für alle Gruppen ist Pfarrer Georg Braunmüller.<br />
Die Zukunftskonferenz brachte ein sehr kreatives<br />
Nachdenken der Teilnehmenden zu den<br />
zukünftigen Aufgaben der Gesamtkirchengemeinde<br />
Bad Überkingen.<br />
Georg Braunmüller ist Pfarrer<br />
in Unterböhringen-Hausen<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
31
Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
Sizilien – Licht und Schatten<br />
Mittelmeerparadies vor diakonischen Herausforderungen<br />
GERLINDE HÜHN<br />
Johann Wolfgang von Goethe:<br />
Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,<br />
Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn,<br />
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,<br />
Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht?<br />
Kennst du es wohl? Dahin!<br />
Was fällt uns ein, wenn wir an Sizilien denken? Orangenhaine?<br />
Griechische Tempel, Ätna, Meer und Strand?<br />
Friedrich II. von Hohenstaufen? Das alles ist Sizilien – und<br />
noch mehr.<br />
Auf großer Reise<br />
In einer Zeit, in der die große Insel paradiesisch wirkt,<br />
weil alles grünt und blüht, fährt eine 35-köpfige Reisegruppe<br />
aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong> und aus der<br />
weiten Landeskirche nach Sizilien. Alle kulturellen Schätze<br />
sollen „er-fahren“ werden, aber auch den Evangelischen in<br />
Sizilien will man begegnen.<br />
Die Reise<br />
beginnt mit<br />
dem Flug nach<br />
Catania. Bei<br />
der nächtlichen<br />
Fahrt ins Hotel<br />
in Giardini<br />
Naxos, der<br />
ersten griechischen<br />
Kolonie<br />
auf Sizilien,<br />
gegründet 750 v. Chr., können wir einen in der Nacht<br />
leuchtenden Lavastrom sich den zeltförmigen Hang des<br />
Ätna herunter wälzen sehen. Nur bei Nacht kann man<br />
aus der Ferne die Lavaströme ausmachen, die eigentlich<br />
immer irgendwo aus dem Riesenberg heraus fließen.<br />
Dadurch ist der Ätna nicht so explosiv wie der Vesuv, er<br />
ist ein guter Vulkan, der „Mongibello“ (was eigentlich<br />
vom arabischen Dschebel = Berg kommt).<br />
Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?<br />
Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg,<br />
In Höhlen wohnt der Drachen alte Brut;<br />
Es stürzt der Fels und über ihn die Flut.<br />
Kennst du ihn wohl? Dahin!<br />
Der Ätna wird von uns befahren und bestiegen. Und<br />
obwohl er uns nicht die Gnade seines enthüllten Hauptes<br />
zuteil werden lässt, gewinnen wir doch einen Eindruck<br />
von einem Vulkan, mit Kratern und zackigen, von Mineralien<br />
bunt gefärbten Lavabrocken.<br />
Am anderen Tag wird Syrakus und seine griechische<br />
Vergangenheit besichtigt: Tempel, Theater, Steinbrüche.<br />
32 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Sie erinnern sich: „Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich<br />
Damon, den Dolch im Gewande“ – unsere antiken<br />
Wurzeln rücken da auf einmal ganz nah heran.<br />
Gespräche mit evangelischen Pfarrern<br />
Wir treffen uns mit der lutherischen Pfarrerin von Catania,<br />
die einige Kirchengemeinderätinnen mitbringt, alles deutsche<br />
Frauen, die seit langem in Sizilien verheiratet sind.<br />
Sie sind froh, nun seit einiger Zeit eine deutschsprachige<br />
Gemeinde zu haben, die für sie ein Stück Heimat bildet.<br />
Es ist eine typische Auslandsgemeinde.<br />
Am nächsten Abend ist ein Gespräch mit Jens Hansen,<br />
Pfarrer der Waldenserkirche von Messina, verheiratet mit<br />
einer Sizilianerin. Er erzählt von seinen Arbeitsbedingungen.<br />
Zwei Gemeinden betreut er. Eine in Sizilien, eine<br />
gegenüber auf dem Festland, Messina und Reggio Calabria.<br />
Viel Zeit vergeht auf der Fähre. Er erzählt auch vom<br />
„effetto Benedetto“: Viele Italiener sind nicht einverstanden<br />
mit der Linie des Papstes und nähern sich der Waldenserkirche<br />
an, oft indem sie sich zunächst übers Internet<br />
informieren und dann persönlich vorbeikommen.<br />
Diakonische Arbeit in Sizilien<br />
Auf dem Weg<br />
nach Palermo<br />
kommen wir<br />
nach Riesi, wo<br />
1961 vom<br />
Waldenserpfarrer<br />
Tullio Vinay<br />
der „servizio<br />
cristiano“<br />
gegründet<br />
worden war.<br />
Schöne Häuser Riesi<br />
wurden gratis<br />
von einem Star-Architekten in einem Olivenhain errichtet.<br />
Tullio Vinay traf unvorstellbar ärmliche Zustände in Riesi<br />
an: noch eine Art Leibeigenschaft der Bauern, Hunger, Verelendung.<br />
Er gründete einen Kindergarten, eine Schule, eine<br />
Stickereiwerkstatt, um damit den Menschen eine Perspektive<br />
zu bieten. Eine Mitreisende erzählt, dass es vor 25 Jahren<br />
zum Thema Riesi ausgearbeitete Gruppenstunden für<br />
die evangelische Mädchenarbeit in den Gemeinden gab.<br />
Gianluca Fiusco<br />
Seit einem Jahr leitet der junge<br />
Journalist Gianluca Fiusco den<br />
servizio cristiano. Er berichtet<br />
von Veränderungen der Arbeit:<br />
Diakonie darf keine heile Insel<br />
schaffen, sondern sie muss sich<br />
einbringen in die umgebende<br />
Gesellschaft. Eine Familienberatungsstelle<br />
ist ein wichtiger ausgestreckter<br />
Arm dieser evangelischen<br />
Gemeinde in die<br />
sizilianische Umwelt.
In Palermo wohnen wir für zehn Tage im größten diakonischen<br />
Zentrum der Waldenserkirche, „Centro diaconale<br />
La Noce“. (vgl. auch den Bericht von Jakob Leube S. 34).<br />
Einfach und gut ist man dort untergebracht, und man<br />
fühlt sich sicher in einem doch etwas finster wirkenden<br />
Stadtteil.<br />
Wir haben ein Gespräch mit der jungen Direktorin,<br />
Alessandra Trotta, die von Hause aus Juristin ist und nun<br />
seit einigen Jahren Diakonin der Waldenser-Kirche. Sie<br />
erzählt von den Mafia-Strukturen der Gesellschaft, die<br />
auch in ihre Einrichtung ihre Krakenarme ausstreckt. Und<br />
es gilt beharrlich Widerstand zu leisten. Als Sizilianerin,<br />
die sie ist, weiß sie sehr gut, wo die Kompromittierbarkeit<br />
anfängt und wie man sich dem entzieht.<br />
Am Sonntag besuchen wir einen afrikanisch-waldensischen<br />
Gottesdienst. Er findet zweisprachig statt, italienisch<br />
und englisch. Gottesdienstbesucher sind Afrikaner<br />
und ganz normale, evangelische alteingesessene Gemeindeglieder.<br />
Wir hören es jede Woche im Fernsehen, dass<br />
Sizilien das Sprungbrett für afrikanische Flüchtlinge auf<br />
dem Hoffnungsweg nach Europa ist. Es erstaunt uns, wie<br />
offen und integrationsbereit diese kleine evangelische<br />
Gemeinde in Sizilien ist, ohne Angst – so scheint es – ihr<br />
Eigenstes zu verlieren.<br />
Im Dom zu Palermo stehen<br />
wir am Grabe Friedrichs II.<br />
von Hohenstaufen, dieses<br />
erstaunlichen, weltoffenen<br />
Herrschers aus Schwaben,<br />
dessen Lieblingswohnsitz<br />
Sizilien war und der lieber<br />
mit dem Sultan in Jerusalem<br />
über Philosophie und<br />
Mathematik nachsann, als<br />
Krieg gegen ihn zu führen.<br />
Wie anders könnte das<br />
Verhältnis zwischen Islam<br />
und Christentum heute sein, hätte er sich mehr durchsetzen<br />
können! Er ruht in einem Porphyrsarg an der Seite<br />
seiner Frau.<br />
Wir sehen normannische Dome, eine architektonische<br />
Synthese aus islamischer Baukunst und byzantinischer<br />
Mosaikgestaltung. Die capella Palatina, vom Schwaben<br />
Würth gesponsert, wird gerade restauriert. Beeindruckend<br />
ist auch der Dom von Monreale mit seiner 6000 m 2<br />
großen Mosaikbilder-Bibel, ebenso der Dom von Cefalù.<br />
Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach,<br />
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,<br />
Und Marmorbilder stehn und sehn mich an:<br />
Was hat man dir, du armes Kind, getan?<br />
Kennst du es wohl? Dahin!<br />
In Agrigento erwandern wir eine Perlenkette von<br />
Tempeln, einer beeindruckender als der andere. Weitere<br />
Tempelanlagen befinden sich in Selinunte und Segesta.<br />
Die schönsten griechischen Tempel stehen in Sizilien.<br />
Uns geht auf, dass auch heute noch unsere Maßstäbe<br />
für das, was wir als schön empfinden, von jenen fernen<br />
Griechen vom<br />
Mittelmeer<br />
geprägt worden<br />
sind.<br />
Wir besuchen<br />
eine aus dem<br />
Meer gerettete<br />
Bronzestatue,<br />
einen tanzenden<br />
Satyr, vermutlich<br />
ein Original von Praxiteles (450 v. Chr.!). Dargestellt<br />
in seinem orgiastischen Drehtanz, der ihn in Trance<br />
versetzte, stellt er einen kompletten Bruch mit der bis<br />
dahin vorherrschenden Bildhauertradition dar.<br />
Bei den Phöniziern treffen wir einen geheimnisvollen<br />
schönen Jüngling, der bis heute Rätsel aufgibt. Wen stellt<br />
er dar, den Sonnengott, wie er aus dem Wasser steigt,<br />
das eng plissierte Gewand feucht vom Meer, oder den<br />
König-Priester Hamilka, der durch sein fortwährendes<br />
Opfer den Hergang der Schlacht beeinflussen sollte?<br />
Am letzten<br />
Abend haben<br />
wir ein<br />
Gespräch mit<br />
dem Waldenserpfarrer<br />
von Palermo,<br />
Giuseppe<br />
Ficara. Er erzähltbescheiden,<br />
aber<br />
Griechisches Theater in Syrakus<br />
beeindruckend<br />
von seiner<br />
Arbeit. Von den vielen Armen, welche die Gemeinde mit<br />
Lebensmitteln unterstützt. Von den jungen Frauen aus<br />
Afrika und Osteuropa, die durch Mädchenhändler verschleppt<br />
in der Prostitution gelandet sind. Die Gemeinde<br />
versucht, sie aus dieser modernen Form der Sklaverei zu<br />
befreien und arbeitet da auch sehr fruchtbar mit der<br />
Polizei zusammen. Er erzählt von den vielen Pfingstlern,<br />
denen ihre Gemeinde zu eng wird und welche die freie<br />
Luft des Evangeliums bei den Waldensern suchen und<br />
finden. Viele, viele Seelsorgegespräche bedeutet das. Die<br />
ReiseteilnehmerInnen sind berührt und beeindruckt.<br />
Die Gruppe verlässt das Land in der Gewissheit, dass<br />
sie nicht nur die touristische Oberfläche gesehen hat,<br />
sondern auch ein wenig hinter die Kulissen hat schauen<br />
dürfen.<br />
Dekanin Gerlinde Hühn<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
33
Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
Diakonischer Einsatz in Sizilien<br />
Jakob Leube erzählt von seinem „Freiwilligen-Jahr“<br />
JAKOB LEUBE<br />
Es ist nun schon einige Zeit vergangen, die ich hier auf<br />
Sizilien lebe und es ist nicht mehr all zu lang, bis der<br />
Abschied kommt. Mein Leben und die Arbeit hier machen<br />
mir nach wie vor sehr viel Spaß und schenken mir wichtige<br />
Erfahrungen. Diesen „letzten Sommer“ genieße ich<br />
sehr bewusst, da man nun die Mentalität, das Umfeld<br />
und die Sprache gut kennt. Mein Tag beginnt nach<br />
wie vor mit der Autofahrt zum „Campo Rom“, dem<br />
Zigeunerghetto von Palermo. Dort hole ich Ersana Sali ab.<br />
Sie besucht die erste Klasse unserer Grundschule.<br />
Die Menschen dort werden „Zingari“ genannt. Es bedeutet<br />
soviel wie Zigeuner. Es wird in der italienischen Alltagssprache<br />
aber als Schimpfwort gebraucht. „Una Casa<br />
di Zingari“ (ein Zigeuner-Haus), um ein unaufgeräumtes<br />
Zimmer zu beschreiben, oder „Sei come lo Zingaro“, (Du<br />
bist wie ein<br />
Zigeuner)<br />
wenn man<br />
jemanden als<br />
schlampig<br />
angezogen<br />
bezeichnet.<br />
Oft putzen sie<br />
Scheiben von<br />
Autos an<br />
Ampeln und<br />
betteln um<br />
Almosen. Sie selber nennen sich „Rom“ oder „Sinti“. Dies<br />
bedeutet „Mensch“.<br />
Leben im Campo<br />
Es gibt nahezu 90.000 in Italien. Die größte Gruppe<br />
besteht aus den Sinti (25.000), die in Nomadencamps vor<br />
allem im Norden Italiens leben. Ersana und ihre Familie<br />
stammen aus Ex-Jugoslawien. Die Gruppe der „Rom jugoslavi“,<br />
der Ersana und ihre Familie angehören, besteht aus<br />
10.000 -12.000 Menschen. Nach Meinung vieler Italiener<br />
verkörpern die Rom Kriminelle, Kindesentführer und unerwünschte<br />
Einwanderer. Diese Feindseligkeit hatte einen<br />
ihrer Höhepunkte, als aufgrund der ethnischen Säuberung<br />
durch die Kosovo-Albaner nach dem Ende des Nato-<br />
Bombardements im Sommer 1999 um die 10.000 Rom<br />
nach Italien kamen.<br />
Einige von diesen sind „illegale“ Einwanderer. Die Rom,<br />
die versucht haben, ihre Aufenthaltspapiere in Ordnung<br />
zu bringen, sind oft in Besitz einer vorübergehenden,<br />
meist kurzen Aufenthaltsgenehmigung, wie auch die<br />
Familie Sali. Wann diese Genehmigung abläuft, weiß ich<br />
nicht genau. Wahrscheinlich bald, denn sie planen im<br />
Sommer nach Frankreich auszuwandern. Der weitaus<br />
größte Teil der an Rom vergebenen Genehmigungen hat<br />
die Dauer von einem bis zu sechs Monaten. Viele haben<br />
einen illegalen Status, denn ihre Genehmigung ist schon<br />
lang abgelaufen. Die Campos können vom Staat immer<br />
kurzfristig geräumt oder kontrolliert werden, was oft vor-<br />
34 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
kommt. Einmal erlebte ich so etwas mit, als die Carabinieri<br />
aufgrund eines Mordes, der im Campo stattfand (ein<br />
Mann hat einen anderen mit dem Messer erstochen, da<br />
er dachte, sein Opfer hätte ihm etwas gestohlen) eine<br />
generelle Kontrolle durchführten. Sie kamen nachts mit<br />
Schutzwesten, schwarzen Masken und Handschuhen und<br />
zerrten alle Familien aus ihren Häusern und transportierten<br />
drei Familien ab, die keine Aufenthaltsgenehmigung<br />
mehr hatten. Alle Häuser wurden mit rotem Leuchtspray<br />
gekennzeichnet. Die „Operatione Censimento“ (Operation<br />
Volkszählung), wie sie offiziell danach bekannt gegeben<br />
wurde, ging bis in die Morgenstunden. Ich musste sehr<br />
genau erklären, wer ich bin und was ich mit dem<br />
Mädchen mache, bevor ich in den Campo eingelassen<br />
wurde. Drei Busse mit Männern waren angerückt, die<br />
den Campo komplett umstellten.<br />
97 % der Kinder gehen nicht zur Schule. Sie wachsen in<br />
der Mentalität des Lebens auf dem Campo auf. Wichtig<br />
ist, dass heute das Essen auf den Tisch kommt. Man<br />
verfällt leicht kriminellen Machenschaften, Betteln und<br />
anderen Dinge, die ich mir lieber nicht vorstelle, um an<br />
ein bisschen Geld zu kommen. Deswegen sind fast alle<br />
Analphabeten. Der Kindergarten hat keine Besuchspflicht<br />
in Italien, also noch weniger Grund für ein Zingari-Kind,<br />
den Kindergarten zu besuchen, der in Italien viel mehr als<br />
Vorschule praktiziert wird, in der man schon lesen und<br />
schreiben lernt. Um dem, wenn auch nur im Kleinen,<br />
entgegenzuwirken, hat das Centro Diaconale „La Noce“<br />
beschlossen zwei Mädchen aus dem Campo Rom aufzunehmen.<br />
Lillo Falci, der Schulleiter, kennt einen Arzt, der freiwillig<br />
im Campo behandelt. Er kannte Ersana und eine Freundin<br />
und stellte sie Lillo vor. So kam Ersana, nach Gesprächen<br />
mit den Eltern, in die 4. Klasse der Vorschule unseres<br />
Centros. Bezahlt wird ihr Schulbesuch von einem Unterstützerkreis<br />
der Kirchen. Die Freundin von Ersana ist<br />
letztes Jahr mit ihrer Familie nach Frankreich gegangen.<br />
Als Lillo Ersana das erste Mal gesehen hat, war sie dreckig<br />
und spielte gerade im Müll. Seit sie die Schule besucht,<br />
ist sie immer sauber und, für ihre Verhältnisse, gut<br />
angezogen.<br />
Diese Veränderung sehe ich auch bei ihren Geschwistern,<br />
im Gegensatz zu den Nachbarkindern im Campo. Zum<br />
Beispiel Beppe. Er ist um die 14 und ein lieber Junge, mit<br />
dem ich oft über Fußball rede, da er großer Palermofan<br />
ist. Doch man sieht ihm an, dass etwas nicht stimmt.<br />
Er wiederholt ständig Sachen, fragt dreimal das gleiche.<br />
Erzählt jeden Tag, was für eine neue, angeblich tolle<br />
Arbeit er hat. Er hustet immer und ist nervös. Das kommt<br />
vom rauchen . . . und vom schnüffeln.<br />
Wie kommt Ersana an diese Schule? Da der Campo weit<br />
draußen liegt, würde der Schulbus am Morgen viel zu<br />
lange brauchen. Aus diesem Grund steige ich jeden Tag<br />
in den Fiat des Centros und fahre zum „Campo Rom“.<br />
Leben in der „anderen Welt“<br />
Davor treffe ich Danilo. Er hat vor vier Jahren ein Freiwilligenjahr<br />
im Campo mit der „Scolarizzazione minori Rom“
Ersana<br />
gemacht. Einer Vereinigung von Freiwilligen und Lehrern<br />
einer nahe gelegenen Schule, die sich dafür einsetzen,<br />
dass die Kinder des Campo Rom zur Schule gehen. Seither<br />
geht er fast jeden Tag in den Campo, hilft hier und<br />
dort. Er ist ein guter Freund der Familie Sali und kümmert<br />
sich deswegen besonders um den Schulbesuch Ersanas.<br />
Zusammen fahren wir dann in den Campo. Denn obwohl<br />
ich die Familie nun kenne und auch ein paar andere Leute,<br />
gehe ich nicht ohne Danilo dorthin. Er kennt alle und alle<br />
kennen ihn. Es gibt durchaus Leute, denen ich ohne ihn<br />
nicht begegnen möchte. Der Nachteil ist, dass ich von<br />
ihm anhängig bin. Wenn er also verhindert ist, bedeutet<br />
das, dass ich Ersana dann nicht holen kann. Also gibt es<br />
Wochen, in denen Ersana zum Beispiel nur dreimal zur<br />
Schule geht. Dann muss man sie wieder aufs Neue motivieren,<br />
denn die Verlockung, den ganzen Tag wie die<br />
Geschwister auf dem Campo zu spielen, ist groß. Auch<br />
merkt sie natürlich, dass ihr drei Tage fehlen und die Kinder<br />
in der Schule ein wenig weiter sind als sie. Dann verbringen<br />
wir morgens fünf Minuten damit ihr zu erklären,<br />
wie wichtig es ist in die Schule zu gehen und, dass sie<br />
auch ihre Freunde dort hat. Am Ende geht sie dann immer<br />
gerne mit, da es ihr Spaß macht, in die für sie „andere<br />
Welt“ einzutauchen.<br />
Ich bin sehr froh meinen Teil dazu beizutragen, dass<br />
dieses Kind, das mir so<br />
ans Herz gewachsen<br />
ist, in die Schule geht.<br />
Sie ist wirklich ein<br />
lustiges und aufgewecktes<br />
Mädchen.<br />
Wenn es mehr Ersanas<br />
und mehr solcher<br />
Schulen gäbe, könnte<br />
man viel ändern. Der<br />
Campo wird immer leerer. Früher lebten dort an die 2000<br />
Menschen. Wie eine eigene Stadt in der Stadt. Heute sind<br />
es noch ein paar Hundert. Sie sind weggegangen, weil sie<br />
sich woanders mehr Glück versprechen oder Probleme<br />
hatten mit den Dokumenten und dem Gesetz. Ich hoffe,<br />
Ersana nimmt sehr viel mit durch diesen Schulbesuch. Ich<br />
hoffe, sie kann sich eine Zukunft außerhalb des Lebens im<br />
Campo schaffen. Doch das wird sehr schwierig.<br />
Meine Arbeit ist außer den üblichen Einkaufstouren für<br />
Küche und die Kinderheime im Centro und dem Tischdecken<br />
in der Mensa sehr abwechslungsreich. Ich übersetze<br />
viel Dokumente für deutsche Partner des Centros,<br />
die kleine Zeitung des Centros, die auch nach Deutschland<br />
geschickt wird und für deutsch- und englischsprachige<br />
Gäste der Foresteria. Das Wechseln von Glühbirnen<br />
und Herumtragen irgendwelcher Stellwände oder Tische<br />
der Schule oder sonstiges zählt zu den unbeliebten Arbeiten.<br />
Doch das gehört dazu.<br />
Sehr große Freude habe ich an der Arbeit mit den Kindern<br />
in der „Scuola Materna“ (der Vorschule), weil ich oft einspringe,<br />
wenn eine Erzieherin oder eine Freiwillige von<br />
uns krank ist. Das macht mir sehr viel Spaß. Als kleinen<br />
Überstunden-Nebenverdienst empfange ich manchmal<br />
Foresteria-Gruppen außerhalb der Öffnungszeiten des<br />
Büros. Ich fahre ab und an zum Flughafen, um Leute, die<br />
ins Centro kommen, abzuholen.<br />
Seit ein paar Wochen haben wir eine neue Freiwillige.<br />
Sie heißt Emily und kommt aus New York. Als wir am<br />
Tag der Befreiung Italiens vom Faschismus durch Amerika<br />
zusammen saßen, wurde uns bewusst, dass dies eine<br />
besondere Situation ist und vor ein paar Jahren so noch<br />
nicht denkbar gewesen wäre. Ich sitze an diesem Tag als<br />
Deutscher in Italien und plaudere mit einer Amerikanerin.<br />
Und das macht ein solcher „Friedensdienst“ möglich,<br />
solche Begegnungen.<br />
Mafia in Sizilien<br />
In letzter Zeit beschäftige ich mich auch sehr mit dem<br />
Thema Mafia. Selber bekommen wir nicht das Geringste<br />
mit. Außer, wenn eine Razzia stattfindet, so wie im<br />
Januar. Ich las das Buch von Ex-Bürgermeister Leoluca<br />
Orlando, ein Mann der mich sehr beeindruckt hat. Die<br />
Geschichte zu lesen, während man sich in Palermo<br />
befindet, war für mich unglaublich spannend. Wie er es<br />
geschafft hat die Stadt von Denkformen und Vorgängen,<br />
vom Gestank der Mafia zu „befreien“, ist sehr beeindruckend,<br />
und wie er diesen Weg versucht auf andere<br />
Länder anzuwenden durch die Organisation „Die sizilianische<br />
Wiedergeburt“. Ich ging daraufhin zu einer politischen<br />
Kundgebung von ihm, die sich gegen ein neues<br />
Wahlgesetz der „Berlusconianer“ bezog. Dieses Thema<br />
werde ich auch in Zukunft verfolgen. Denn die Mafia existiert<br />
und wirkt. In anderer, eher wirtschaftlicher Form<br />
zwar, doch nach wie vor erschreckend.<br />
(www.leolucaorlando.it)<br />
Hier, sicher noch mehr als in Deutschland, stand der Tod<br />
von Papst Johannes Paul II. im Mittelpunkt des Gesprächs.<br />
Sizilien war in Trauer und es gab viele Gottesdienste. Die<br />
Wahl seines Nachfolgers wurde mit Spannung verfolgt.<br />
Die Züge nach Rom waren voll. Im Bus hörten wir noch<br />
jemanden scherzen über Ratzinger („’ne Kartoffel als<br />
Papa, das wär’ was“). Und als ich im Supermarkt stand,<br />
rief mich Nina, unsere Sprachkurslehrerin aus dem Centro<br />
an und teilte mir aufgewühlt mit, dass es „der Deutsche“<br />
geworden ist. Das musste natürlich gleich an andere<br />
Supermarktbesucher weitergegeben werden. So also<br />
erfuhr ich von „Papa Ratzi“. Viele im (nicht sehr katholischen)<br />
Centro machten sich einen Spaß und begrüßten<br />
uns deutsche Freiwillige mit Knicks, wenn man irgendwo<br />
eintrat: „Oh, ein Deutscher. Muss ich mich jetzt verbeugen?“<br />
<strong>Unser</strong> Freizeitleben gestaltet sich jetzt im Sommer sehr<br />
schön. Strand, Meer und Palmen sind quasi vor der<br />
Haustüre. Mir geht es also sehr gut. Daran hat sich nichts<br />
geändert.<br />
Jakob Leube ist der<br />
Sohn der Donzdorfer<br />
Pfarrerin Annette Leube<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
35
Aus den Distrikten<br />
DISTRIKT ALB<br />
Aus Dankbarkeit einen Posaunenchor gegründet<br />
Johannes Tonnier hat vor 60 Jahren<br />
den Posaunenchor Amstetten ins<br />
Leben gerufen. Während seiner<br />
Kriegsgefangenschaft hat er den<br />
Entschluss gefasst, einen Posaunenchor<br />
zu gründen, und durch<br />
diesen Dienst Gott loben und ihm<br />
danken. Zugleich wollte er den<br />
Bläsern und sich selbst wichtige<br />
geistliche Hilfe geben. Das Leitwort<br />
„Ihm zum Lob und uns zum Johannes Tonnier<br />
Leben!“ begleitet den Chor bis heute.<br />
Sieben Bläser ließen sich gewinnen. Die Beschaffung der<br />
Instrumente war nicht leicht. Das Geld war knapp, die<br />
ersten Instrumente wurden noch vor der Währungsreform<br />
besorgt. Bezahlt wurden sie zum Teil von den Bläsern<br />
selbst, mit Lebensmitteln und später durch Spenden.<br />
Geprobt wurde in der Sakristei in der Laurentiuskirche.<br />
Einzelunterricht gab es in der eigenen Wohnküche.<br />
Seither ist der Posaunenchor aus dem kirchlichen Leben<br />
nicht mehr wegzudenken. Während seiner 33-jährigen<br />
Chorleitertätigkeit habe er stets persönliche Stärkung<br />
Der Orgelbauer lächelt<br />
Ein erwartungsvolles Lächeln hat Orgelbauer Banzhaf im<br />
Gesicht, als KMD Gerhard Klumpp zur Orgelabnahme<br />
kommt und testet, was aus der Steinenkircher Orgel<br />
geworden ist.<br />
Sie war in hohem Maße überholungsbedürftig. Nun kann<br />
sich die Gemeinde wieder an einer intakten und schön<br />
klingenden Orgel freuen.<br />
Das ist aber nur die erste von drei größeren Reparaturen,<br />
die an der Steinenkircher Ulrichskirche gemacht werden<br />
müssen. Der Glockenstuhl ist zu ersetzen und ein<br />
morscher Balken, der einen Riss verursacht hat, muss<br />
ausgetauscht werden. Das dürfte kompliziert werden.<br />
Alle sind gespannt.<br />
36 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
erfahren, sagt Johannes Tonnier. Die gespielten Choräle<br />
waren für ihn immer auch vertonte Gebete.<br />
Er freut sich sehr, dass er das 60-jährige Jubiläum des<br />
Chores mitfeiern darf und dass mit Karlheinz Beutel ein<br />
fähiger Chorleiter gewonnen werden konnte, der den<br />
Chor nun auch schon mehr als 20 Jahre führt. Dem Chor<br />
mit Chorleiter wünscht er weiterhin viel Freude beim<br />
gemeinsamen Spielen und Gottes Segen!<br />
Wenn man an die Anfänge zurückdenkt, so hat sich vieles<br />
geändert, manches ist auch geblieben. Auch heute sind<br />
viele Instrumente Eigentum der Bläser. Das Engagement<br />
aller ist wie früher ehrenamtlich. Ebenso sind die Anlässe<br />
zum Blasen durch den kirchlichen Jahreskreis vorgegeben.<br />
Weihnachten und Ostern gehören selbstverständlich<br />
dazu, ebenso Konfirmationen und Gemeindefeste.<br />
Spielte man zur Zeit der Gründung vor allem Choräle und<br />
textgebundene Musik, so ist das Repertoire des Posaunenchors<br />
heute erheblich breiter. Zu den alten, zeitlosen<br />
Stücken sind heute Stücke mit Rhythmen der Popularmusik<br />
gekommen. Moderne Arrangements im Bereich Gospel<br />
oder Band, fordern den ganzen Chor.<br />
Geändert haben sich die äußeren Umstände. War es<br />
früher ein Problem, mit dem Chor in einen anderen Ort<br />
zu kommen, nimmt man heute das Auto. Und auch das<br />
Gemeindehaus ist für die Probenarbeit ein Segen. Bei 25<br />
Bläsern wäre – außer der kalten Kirche – sonst kein Raum<br />
vorhanden, in dem alle Bläser einen Platz mit Blick auf<br />
den Dirigenten haben.<br />
Der Posaunenchor Amstetten hat den ersten Teil seines<br />
Jubiläums mit einem Konzert am 9. Mai 2009 gefeiert.<br />
Der zweite Teil ist ein Konzert des Bezirksbläserteams des<br />
Evangelischen Jugendwerks <strong>Geislingen</strong> am Sonntagabend,<br />
8. November 2009, in der Friedenskirche in Amstetten-<br />
Bahnhof.
100 Jahre evangelisches Gemeindehaus Schalkstetten<br />
Wer den Saal des Evangelischen Gemeindehauses betritt,<br />
kann die Jahreszahl in einem der vier kreuzförmig in die<br />
nördliche Giebelwand eingelassenen Buntglasfenster<br />
selbst entdecken: „Gest. von Barbara Hagmeier 1908“.<br />
Und tatsächlich: Seit 100 Jahren gibt es ein Gemeindehaus<br />
in Schalkstetten. In der Pfarrchronik steht: „Am<br />
Ersten Advent (29. November 1908), also nach viermonatiger<br />
Bauzeit konnte das Gemeindehaus eingeweiht und<br />
bezogen werden.“ So vermerkt es der damals amtierende<br />
Pfarrer Gottlieb Albert Dierolf, der die Pfarrstelle Schalkstetten<br />
fast zehn Jahre versah (vom 26. Oktober 1904 bis<br />
zum 22. April 1914). Er hat das erste Gemeindehaus<br />
gebaut – für die damalige Zeit wahrhaftig eine Pioniertat!<br />
Beim Gemeindehausneubau, der 1993 fertig gestellt<br />
wurde, wurden vom alten Gemeindehaus eben jene vier<br />
Jugendstil-Buntglasfenster übernommen, die dem jetzigen<br />
Saal seine würdevolle Atmosphäre verleihen. Alpha und<br />
Omega – Anfang und Ende stehen in der Vertikalen;<br />
Ähren und Trauben stehen in der Horizontalen - <strong>Brot</strong> und<br />
Wein verbinden Himmel und Erde. Das aus diesen Symbolen<br />
gebildete Kreuz ist Haltepunkt in Zeit und Ewigkeit.<br />
Diese Fenster leuchten über die Generationen hinweg bis<br />
auf den heutigen Tag.<br />
100 Jahre Gemeindehaus – was das für die Kirchengemeinde<br />
bedeutet, das wurde am Ersten Advent in einem<br />
ungezwungenen Stehempfang im Anschluss an den<br />
Sonntagsgottesdienst bedacht und gefeiert. Dazu wurde<br />
die Geschichte des Gemeindehauses in einer eigens für<br />
dieses Jubiläum zusammengestellten Ausstellung lebendig<br />
unter dem Leitspruch: „Haus der lebendigen Steine –<br />
damals wie heute“. Und schon bald ergänzten die<br />
Betrachter die Schautafeln mit eigenen Erinnerungen und<br />
Anekdoten. Pfarrer i. R. Eberhard Dietrich, in dessen Zeit<br />
die Erbauung des jetzigen Gemeindehausbaues fiel, war<br />
extra angereist, um dieses Jubiläum mitzufeiern.<br />
DISTRIKT GEISLINGEN<br />
Stadtkirche und Pauluskirche fusionieren 2012<br />
Die Kirchengemeinderäte und -rätinnen der Pauluskirche<br />
und der Stadtkirchengemeinde waren gemeinsam zu<br />
einem Klausurwochenende in Bad Boll. In einer sehr offenen<br />
Atmosphäre wurde das Thema der Fusion zwischen<br />
Stadtkirche und Pauluskirche besprochen und auch alle<br />
Alternativen und Vorbehalte ausführlich diskutiert. Am<br />
Ende stand eine Beschlussvorlage, die inzwischen in<br />
getrennten Sitzungen vom Kirchengemeinderat der Stadtkirchengemeinde<br />
und vom Kirchengemeinderat der Pauluskirche<br />
mit großer Mehrheit beschlossen wurde: „Die<br />
Pauluskirchengemeinde und die Stadtkirchengemeinde<br />
Martin Luther<br />
Auf Luthers Spuren<br />
Auf Martin Luthers Spuren wird in den<br />
Herbstferien eine Reise führen, die für Alte<br />
wie Junge, Alleinstehende, Paare und Familien<br />
gedacht ist. Vom 26. bis 30. Oktober<br />
geht es mit dem Bus gen Thüringen. Erfurt,<br />
Eisenach, die Wartburg, Mansfeld, Eisleben,<br />
Wittenberg und Schmalkalden sind Stationen.<br />
Gerade auch Schulkinder, die sich mit<br />
fusionieren zum Ersten Advent 2012 zu einer Gemeinde.<br />
Die Kirchengemeinderatswahl im Jahr 2013 wird damit<br />
gemeinsam durchgeführt. Die Pfarrämter beider Gemeinden<br />
werden aufgefordert, baldmöglichst eine verbindliche<br />
Kooperation zu vereinbaren.“<br />
Damit ist die Fusion beschlossen und neben der fusionierten<br />
Kirchengemeinde von Altenstadt wird in der Gesamtkirchengemeinde<br />
eine zweite große Gemeinde entstehen.<br />
Diese Fusion wird aber nicht überhastet durchgeführt,<br />
sondern die Kirchengemeinden haben Zeit, sich gründlich<br />
und in Ruhe darauf vorzubereiten.<br />
Martin Luther oder Elisabeth von Thüringen im Religionsunterricht<br />
beschäftigen, sollen bei dieser Fahrt zu den Originalschauplätzen<br />
auf ihre Kosten kommen. Für sie wird<br />
es eigene (Ein-)Führungen geben. Die Fahrt wird geleitet<br />
von Pfarrerehepaar Crüsemann und ist für alle Interessierten<br />
aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong> offen. Einzelprospekte liegen in<br />
allen Kirchen aus oder können beim Pfarramt der Stadtkirche,<br />
Telefon (0 73 31) 4 27 73 angefordert werden.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
37
Aus den Distrikten<br />
DISTRIKT GEISLINGEN<br />
Erste Goldene Konfirmation in der Pauluskirche<br />
Erstmalig wurde am 15. März 2009 in der Pauluskirche<br />
<strong>Geislingen</strong> das 50-jährige Konfirmationsjubiläum gefeiert.<br />
Ein halbes Jahrhundert nach ihrer Konfirmation am 15.<br />
März 1959 kamen 20 goldene Konfirmandinnen und Konfirmanden<br />
mit ihren Partnern und Partnerinnen zusammen,<br />
um in einem feierlichen Gottesdienst an diesen Festtag<br />
zu denken. 26 Söhne und 21 Töchter waren damals<br />
von Pfarrer Willi Stegmaier eingesegnet worden, so steht<br />
es im Kirchenbuch. Nicht alle sind mehr am Leben. Es<br />
war der Wunsch der Jubilare und Jubilarinnen, dass das<br />
Gedenken an die acht Frauen und Männer, die inzwischen<br />
verstorben sind, im Gottesdienst Raum haben möge, und<br />
ihre Familien waren persönlich eingeladen worden.<br />
Das Vorbereitungsteam von zwei Männern und zwei<br />
Frauen hatte sich viel Mühe gemacht. Alle Adressen hatten<br />
die vier erfragt, allen eine Einladung geschickt und um<br />
Rückmeldung gebeten. So konnte Pfarrerin Sabine Kluger<br />
allen goldenen Konfirmandinnen und Konfirmanden eine<br />
Urkunde mit dem Bild ihrer Konfirmationskirche und<br />
ihrem jeweiligen Denkspruch überreichen, außerdem den<br />
immerwährenden Kalender der Pauluskirche aus dem<br />
Jubiläumsjahr 2006. Dass die Erinnerungen an die Zeit des<br />
Konfirmandenunterrichts und der Einsegnung noch sehr<br />
lebendig sind, zeigte sich in kleinen Anekdoten.<br />
Schon im Vorfeld wurde von Pfarrer Stegmaiers abwechslungsreicher<br />
und lebensnaher Gestaltung des Unterrichts<br />
erzählt, in die immer wieder seine Missionstätigkeit in<br />
China einfloss. Unvergessen ist auch, dass die Konfirmandinnen<br />
und Konfirmanden damals keine Vollbibel<br />
bekommen hatten, sondern nur eine verkürzte Ausgabe<br />
des Neuen Testaments – die Kirchengemeinde musste<br />
noch die neu gebaute Kirche abzahlen.<br />
Neben dem Austausch von Erinnerungen und der Feier<br />
des Gottesdienstes stand für viele das Wiedersehen im<br />
Vordergrund, hatten sie sich doch zum Teil seit Jahrzehnten<br />
nicht gesehen.<br />
Ein besonderer Dank gilt den Jubilaren für den wunderbaren,<br />
festlichen Blumenschmuck, den sie der Kirche<br />
stifteten und den ein Goldener Konfirmand, der Gärtner<br />
ist, liebevoll gestaltete.<br />
Neue Kirchengemeinde <strong>Geislingen</strong>-Altenstadt<br />
Wie geplant und im Pfarrplan 2011 anvisiert, wurde am<br />
Ersten Advent 2008 die Fusion der Martins- und Markusgemeinde<br />
<strong>Geislingen</strong> vollzogen. Mit einem Konzert aller<br />
musikalischen Gruppen der beiden Gemeinden und einem<br />
Festgottesdienst wurde dieses Ereignis feierlich begangen.<br />
Die neue Gemeinde mit dem Namen „Evangelische Kirchengemeinde<br />
<strong>Geislingen</strong>-Altenstadt“ umfasst 3805<br />
Gemeindeglieder und hat zweieinhalb Pfarrstellen, dazu<br />
zwei Mesner- und Hausmeisterstellen, zwei Sekretärinnen,<br />
einen Kantor, eine Organistin und eine große Zahl von<br />
ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die das<br />
reiche Programm der Gemeinde gestalten.<br />
Zusammen mit der Fusion der Martins- und Markusgemeinde<br />
hat der Kirchengemeinderat auch die Einrichtung<br />
38 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Konfirmation 1959<br />
Goldene Konfirmation 2009<br />
eines zentralen Gemeindebüros beschlossen. Zu diesem<br />
Zweck wurde die kleine Wohnung im Erdgeschoss des<br />
Pfarrhauses in der Tälesbahnstraße renoviert und technisch<br />
den Erfordernissen eines modernen Büros angepasst.<br />
Seit Anfang des Jahres arbeiten die beiden Sekretärinnen<br />
Ute Fritz und Monika Metz nun dort zusammen. Das<br />
Büro ist Anlaufstelle für alle Mitarbeitenden, die Informationen<br />
zu den Abkündigungen oder Veröffentlichungen<br />
weitergeben wollen. Es ist Servicezentrum zum Kopieren<br />
und für kleine Besprechungen.<br />
Gemeindeglieder, die Taufen, Trauungen oder Goldene<br />
Hochzeiten planen, erhalten von den Sekretärinnen alle<br />
nötigen Informationen. Bescheinigungen z. B. für das<br />
Patenamt werden ebenfalls zu den Bürozeiten ausgestellt.
Das Zusammenwachsen in den letzten vier Jahren von<br />
der verbindlichen Kooperation zur Fusion war nicht<br />
immer leicht. Ängste galt es zu überwinden. Die einen<br />
hatten Angst vereinnahmt und geschluckt zu werden, die<br />
anderen trauten sich nicht mehr, sich deutlich zu äußern,<br />
weil sie immer schon befürchteten, das könnte als Dominanz<br />
verstanden werden. Manchmal ging es im Prozess<br />
zwei Schritte vor und einen zurück.<br />
Festgottesdienst in der Martinskirche<br />
Wie kann man die Vielfalt bewahren ohne beliebig<br />
zu werden, wie kann man das Profil an den beiden<br />
Zentren behalten und trotzdem verbindlich in einer<br />
Gemeinde leben? Welche Organisationsstrukturen sind<br />
gut und nötig, um die erwünschten Synergieeffekte zu<br />
bekommen? Das waren die entscheidenden Fragen, die<br />
gelöst wurden.<br />
DISTRIKT OBERE FILS<br />
Ökumenischer Gesprächskreis feiert Geburtstag<br />
Zwei Familien und zwei Ehepaare, darunter auch die<br />
Familie des damaligen evangelischen Pfarrers Karl-Heinz<br />
Schlaudraff, gründeten vor zwanzig Jahren den ökumenischen<br />
Gesprächskreis im oberen Filstal. Heute treffen sich<br />
durchschnittlich acht bis zehn Personen im 14-tägigen<br />
Rhythmus bei einem Teilnehmer in dessen Privatwohnung.<br />
Die Gesprächsrunde trifft sich stets am Mittwochabend.<br />
Nach christlichen Liedern und Gebeten als Einstimmung<br />
bilden Gespräche über Bibeltexte, aber auch<br />
interessante theologische Texte, Bücher oder Filme die<br />
Diskussionsgrundlage. Ziel der Gespräche ist es, durch<br />
Gottes Wort einen Weg für ein christlich orientiertes<br />
Leben im Alltag zu finden.<br />
Immer wieder wird den Teilnehmenden dabei bewusst,<br />
wie notwendig biblische Themen sowie christliche Wertmaßstäbe<br />
für unsere Gesellschaft sind. Darüber hinaus ist<br />
es den Mitgliedern ein Anliegen, sich gegenseitig auf dem<br />
Lebensweg zu unterstützen durch persönliche Gespräche,<br />
gemeinsame Unternehmungen und Feste oder durch tatkräftige<br />
Mithilfe bei notwendigen Arbeiten. So kann<br />
christlicher Glaube, auch mit unterschiedlicher konfessioneller<br />
Ausrichtung, in der Praxis lebendig werden.<br />
Die nunmehr 20-jährige Erfahrung hat gezeigt, dass diese<br />
Gemeinschaftserlebnisse unter dem Wort Gottes bedeutend<br />
sind, vor allem in einer globalisiert ausgerichteten<br />
Welt, die immer mehr auf Geld und Showeffekte setzt.<br />
Dieser runde Geburtstag wurde im Kreise der Degginger<br />
Kirchengemeinde gefeiert. Zur großen Freude aller konnte<br />
Dr. Karl-Heinz Schlaudraff, zwischenzeitlich Dekan im<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong> Heidenheim, für die Predigt im Festgottesdienst<br />
gewonnen werden. Auch der Degginger Singkreis<br />
unter der Leitung von Christine Wilms beteiligte sich mit<br />
tollen Liedbeiträgen. Pfarrerin Martina Rupp überreichte<br />
der Vertreterin des ökumenischen Gesprächskreises ein<br />
passendes Geburtstagsgeschenk in Form von neuen<br />
Liederbüchern zum gesegneten Gebrauch.<br />
Info: Interessierte die sich an den Gesprächsrunden<br />
des ökumenischen Gesprächskreises beteiligen wollen<br />
können sich telefonisch an das evangelische Pfarramt<br />
in Deggingen wenden, Tel. 0 73 34/42 94.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
39
Aus den Distrikten<br />
DISTRIKT UNTERES FILSTAL<br />
„Essen und Trinken in der Bibel“<br />
In den Sommerferien findet im Distrikt „Unteres Filstal“<br />
eine Sommerpredigtreihe statt.<br />
Himmelsbrot in Wüstennot, Manna und<br />
Wachteln – 2. Mose 16, 1-3.9-26<br />
Pfarrerin Friederike Maier, Süßen<br />
Reicher Mann und armer Lazarus –<br />
Lk.16,19-25<br />
Vikar Sebastian Steinbach, Gingen<br />
Der Wein erfreue des Menschen Herz<br />
Psalm 104,15<br />
Aber: Siehe den Wein nicht an...<br />
Er geht glatt ein, aber hernach beißt er dich<br />
wie eine Schlange und sticht wie eine Otter –<br />
Sprüche Salomos 23, 31+32<br />
Pfarrer Alfred Ehmann, Süßen<br />
Entsprechend ihres Leitbildes „Gemeinde, ein Haus der<br />
lebendigen Steine“ freut sich die Kirchengemeinde Donzdorf,<br />
wenn sich immer wieder neue Menschen einbringen<br />
und die Gemeinde mitgestalten. So hatte sich der Kirchengemeinderat<br />
gewünscht, dass neu zugezogene<br />
Gemeindeglieder nicht nur mit einem Brief begrüßt son-<br />
Oft erzähle ich Menschen, was ich alles tue und wo ich<br />
überall tätig bin. Unter anderem fällt dann manchmal der<br />
Begriff „Bergwerk“. Ich kann es aber auch nicht lassen,<br />
den Begriff „Bergwerk“ nicht zu erwähnen, weil mich die<br />
Fragezeichen im Gesicht meines Gegenübers, ein bisschen<br />
zum Schmunzeln bringen. Ab und zu fragt dann jemand<br />
auch nach, was ich denn damit meine. Manche wissen<br />
nämlich, dass ich früher wirklich mal in einem Bergwerk<br />
gearbeitet habe. Das mache ich jetzt als Jugendreferent<br />
auch, und es macht mir sogar noch mehr Spaß als früher.<br />
Manch einer der Leser wird sich auch fragen: „Wo gibt es<br />
im Unteren Filstal ein Bergwerk?“ Dieses Bergwerk gibt es<br />
in Süßen. So heißt nämlich der Jugendtreff der Evangelischen<br />
Kirchengemeinde. Dort treffen sich Jugendliche im<br />
Alter von 14 bis 18 Jahren. In diesem Bergwerk ist aber<br />
alles andere als Arbeit angesagt. Es ist nicht mit Arbeitsmaschinen<br />
ausgestattet, sondern mit einem Billardtisch,<br />
einem Kicker, einer tollen Soundanlage und vielem mehr.<br />
40 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Vom Schlafen und Essen und dem weiten Weg<br />
des Propheten Elia – 1. Könige 17 und 19<br />
Pfarrer Gerd-Ulrich Wanzeck, Donzdorf<br />
Geh hin und iss dein <strong>Brot</strong> mit Freuden –<br />
Prediger 9,7-9<br />
Pfarrer Matthias Krauter, Gingen<br />
Paulus und Kornelius – Apg.10<br />
Pfarrer Frank Bendler, Kuchen<br />
„Hungersnot in Ägypten –<br />
die Josefsgeschichte“ –<br />
1. Mose<br />
Vikar Andreas Gerstlauer, Süßen<br />
Neuzugezogene willkommen heißen<br />
Jugendarbeit im Bergwerk?<br />
Ort und Zeit sind dem Gemeindebrief und dem örtlichen<br />
Mitteilungsblatt zu entnehmen.<br />
dern besucht werden. Ab 2009 werden die neu zugezogenen<br />
Gemeindeglieder besucht von Melanie Schmidt<br />
in Donzdorf, Barbie Kohlschreiber-Wolf in Nenningen,<br />
Ekkehard Maerker in Weißenstein, Irmgard Spiller in<br />
Reichenbach und Ursula Langbein in Winzingen.<br />
Die Mitarbeiter kommen nicht mit Spitzhacke und Helm,<br />
sondern mit Gitarre und Liederbüchern. Denn Singen<br />
gehört neben einem Input oft mit zum „Programm“. Wir<br />
Mitarbeiter wollen die Jugendlichen nicht nur „bespaßen“,<br />
sondern sie kennenlernen und in ihrer Lebenswelt verstehen.<br />
Sie sollen die Möglichkeit haben, ihre Gedanken und<br />
Fragen zu äußern und den Glauben kritisch zu hinterfragen.<br />
Das ist sehr spannend für uns Mitarbeiter, weil<br />
die Jugendlichen sehr interessante Fragen haben. Also,<br />
im „Bergwerk“ in Süßen wird doch<br />
gearbeitet, aber anders als man vielleicht<br />
denkt und glaubt!<br />
Daniel Dorn ist Bezirksjugendreferent<br />
im Evang. Jugendwerk in <strong>Geislingen</strong>
Reise ins südliche Afrika<br />
Die evangelische Kirchengemeinde Süßen veranstaltet im<br />
Herbst dieses Jahres eine vierte Gemeindereise ins südliche<br />
Afrika. Nachdem in den vergangenen Jahren drei Reisen<br />
nach Südafrika stattgefunden haben mit Abstechern<br />
nach Mozambique, Lesotho und Swasiland, geht es diesmal<br />
vornehmlich nach Namibia in die ehemalige deutsche<br />
Kolonie Südwest-Afrika.<br />
Pfarrer Ehmann, der acht Jahre als Pastor der Lutherischen<br />
Kirche in Südafrika tätig war und ausgiebig das südliche<br />
Afrika bereist hat, organisiert diese Reise, die viel Interessantes<br />
jenseits der üblichen Touristenpfade enthalten<br />
wird. Zudem wurde als Reiseleiter Ulrich Sachse gewon-<br />
Fest und Adieu in Donzdorf<br />
Ein musikalischer Festgottesdienst war der Auftakt zum<br />
Mitarbeitersonntag. In der voll besetzten Christuskirche<br />
hielt Vikarin Sabine Bayreuther ihre Abschiedspredigt und<br />
wurde dann mit großem Dank und vielen guten Segenswünschen<br />
von der Vorsitzenden des KGR Lissy Schmidt<br />
und Ausbildungspfarrerin Annette Leube verabschiedet.<br />
In ihrem Rückblick auf die zweieinhalbjährige Ausbildungszeit<br />
bedankte sich Vikarin Bayreuther bei der ganzen<br />
Gemeinde für Offenheit und Freundlichkeit, aber auch<br />
für konstruktive Kritik. Viele nützten die Gelegenheit, sich<br />
persönlich von Sabine Bayreuther zu verabschieden.<br />
Gitarrenklänge von Andreas Zanker und die Stimme von<br />
Sängerin Nadine Ströhm lockten dann die Mitarbeiter in<br />
den Saal. In einem vergnüglichen Fragespiel von Pfarrerin<br />
Leube wurden alte und neue Gesichter der Gemeinde<br />
wahrgenommen und wenig vertraute Ecken des Gemeindezentrums<br />
neu entdeckt.<br />
Lissy Schmidt reimte: Gemeinsam wollen wir heut essen.<br />
Wir werden niemals es vergessen, dass Ihr euch einsetzt<br />
für das eine: für unser „Haus der lebendigen Steine!“<br />
Jakobusdinner in Kuchen<br />
Erst war es ein Festessen, gedacht als Dankeschön. Dann<br />
wurde eine Spendensammelaktion daraus. Inzwischen ist<br />
es nicht mehr wegzudenken aus der Veranstaltungsreihe<br />
der Kuchener Kirchengemeinde. Die Rede ist vom „Jakobusdinner“.<br />
Von Anfang an waren alle Beteiligten darauf<br />
bedacht, etwas Besonderes zu bieten. Schnitzel oder<br />
Maultaschen darf es zu einer anderen Zeit wieder geben.<br />
Drei Gänge sollte das Menü mindestens haben – und<br />
dazu ein Bedienungsteam an jedem Tisch.<br />
Wie gesagt, mit dem ersten Essen wollte sich die Kirchengemeinde<br />
und der Kirchengemeinderat bedanken<br />
beim Familienkreis, der jahrelang aktiv die Gemeindearbeit<br />
trug. Bei Gemeindefesten und auch beim Seniorenadvent<br />
hatten sie kräftig Hand angelegt. Jetzt sollten sie es sich<br />
einmal gut gehen lassen. Und diese Überraschung war<br />
sehr wohl gelungen. Schnell war damit dann auch die<br />
Idee eines Benefizessens im wahrsten Sinne auf dem<br />
Tisch, als es an die Renovierung der Kuchener Jakobuskirche<br />
ging. Mit Plakaten, persönlichen Einladungen und<br />
der Mundpropaganda wurde um „Mitesser“ geworben –<br />
nen, ein deutschstämmiger Südafrikaner, eng verbunden<br />
mit der lutherischen Kirche, der schon die beiden letzten<br />
Reisen sachkundig begleitet hat.<br />
Begonnen wird die Gemeindereise an den gewaltigen Viktoria-Fällen.<br />
Sie führt über den Caprivi zum Etosha National-Park,<br />
weiter durch die Namib-Wüste an den Atlantik<br />
mit den imposanten Dünen von Sossus Vlei und endet<br />
dann in der Hauptstadt Windhoek.<br />
Falls Sie Interesse an dieser Reise haben, wenden Sie sich<br />
an Pfarrer Ehmann,<br />
Ev. Pfarramt Süßen-Süd, Tel. 0 71 62 / 73 94,<br />
e-mail: ev.pfarramt.suessen.sued@web.de.<br />
Konfirmanden und Konfirmandenmütter sorgten im Hintergrund<br />
in der Küche dafür, dass die große Schar der<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unbeschwert essen und<br />
feiern konnte.<br />
Pfarrer Wanzeck ehrte Gemeindeglieder, die viele Jahre<br />
schon an diesem „Haus der lebendigen Steine“ mitarbeiten.<br />
Gitarre und Gesang setzten einen gelungenen musikalischen<br />
Schlusspunkt und man war sich einig, dass diese<br />
Form der Wertschätzung aller Mitarbeitenden eine Fortsetzung<br />
finden soll.<br />
Vikarin Sabine Bayreuther und Pfarrerin Annette Leube<br />
und siehe da man kam auf die<br />
biblische Zahl Vierzig, die so<br />
auch das obere Limit bildet.<br />
Vielleicht wäre es bei den beiden<br />
Malen geblieben, wenn<br />
nicht die Rehspende eines ansässigen Jägers einen Anlass<br />
geboten hätte, neuerlich zum Essen einzuladen. Dieses<br />
Mal unter dem Motto „Kirche, Küche, Kultur“. Längst<br />
schon wurden die Pausen zwischen den Gängen mit<br />
Kurzvorträgen und Informationen gespickt. Und für das<br />
recht „wilde Essen“ schienen mittelalterliche Tänze, zu<br />
denen Roman Blessing einlud, das Beste als Intermezzo.<br />
Nun waren die Kuchener auf den Geschmack gekommen.<br />
Kein Wunder also, dass für die Finanzierung der Orgelrenovierung<br />
wieder ein Essen ausgerufen wurde. Es hat sich<br />
gelohnt! Als Reingewinn durften 800 Euro für die Renovierungskasse<br />
verbucht werden Da sind sogar noch ein<br />
paar Extras für die Orgel drin. Natürlich erfuhren die Gäste<br />
auch hier wieder auf das Genaueste, was geplant ist und<br />
wie eine Orgel überhaupt funktioniert.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
41
Wo finde ich Information und Hilfe?<br />
Evangelisches Dekanatamt<br />
Dekanin Gerlinde Hühn<br />
Hansengasse 2, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Tel. (0 73 31) 4 17 61, Fax (0 73 31) 4 17 51<br />
Email: Ev.Dekanat.<strong>Geislingen</strong>@t-online.de<br />
www.<strong>Kirchenbezirk</strong>-<strong>Geislingen</strong>.de<br />
Konto Evangelischer <strong>Kirchenbezirk</strong>:<br />
Konto-Nr. 600 862 8, KSK Göppingen, BLZ 610 500 00<br />
Evangelisches Schuldekanat<br />
Schuldekan Johannes Geiger<br />
Bahnhofstraße 33, 89518 Heidenheim<br />
Tel. (0 73 21) 92 49 49, Fax (0 73 21) 92 49 47<br />
Altenheim-Seelsorge<br />
Pfarrerin Claudia Kupfer-Feine<br />
73079 Süssen, Falkenstraße 6<br />
Tel. (0 71 62) 9 64 06 79<br />
Evangelisches Jugendwerk<br />
Sabine Angnes, Daniel Dorn, Schwester Claudia Günther<br />
Friedensstraße 44, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Tel. (0 73 31) 4 28 72, Fax 4 47 12<br />
Email: Info@ejw-<strong>Geislingen</strong>.de<br />
Diakonische Bezirksstelle<br />
Hospizarbeit im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
Ernst-Wilhelm Weid, Doris Ita-Sawall<br />
Steingrubestraße 6, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Tel. (0 73 31) 4 14 89, Fax 4 51 46<br />
Diakonieladen „Kunterbunt“<br />
Moltkestraße 25, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Tel. (0 73 31) 40 05 39<br />
Diakonie-Kaffeehaus<br />
Moltkestraße 27, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Tel. (0 73 31) 98 48 96<br />
Bikers Helpline<br />
01 80/44 333 33<br />
oder Buchstabenwahl 0180 – Helpline<br />
Blindenseelsorge<br />
Pfarrerin Friederike Maier<br />
Heidenheimer Straße 59/1, 73079 Süßen<br />
Tel. (0 71 62) 4 40 74<br />
friederike.maier@web.de<br />
Gehörlosenseelsorge<br />
Pfarrerin Edeltraud Meyer<br />
Pfarrweg 2, 73340 Stubersheim<br />
Tel. (0 73 31) 4 15 36, Fax (0 73 31) 44 03 00<br />
Email: Ev.Pfarramt-Stubersheim@t-online.de<br />
Evangelische Erwachsenenbildung<br />
Günther Alius<br />
Bahnhofstr. 75, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Tel. (0 73 31) 30 70 97-30, Fax (0 73 31) 30 70 97-39<br />
Email: Bildungswerk.<strong>Geislingen</strong>.HdB@elk-wue.de<br />
42 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
HIV-Infizierte und Aidskranke<br />
Pfarrerin Sabine Kluger<br />
Hohenstaufenstraße 35, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Tel. (0 73 31) 6 39 60<br />
Email: Ev.Pauluskirche.<strong>Geislingen</strong>@t-online.de<br />
Jugendheim Stötten<br />
Belegung über<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong>srechner Klaus Machacek<br />
Tel. (0 73 31) 30 70 97 21<br />
Kirchenmusik<br />
Gerhard Klumpp, Kirchenmusikdirektor<br />
Staufeneckstraße 7, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Tel./Fax (0 73 31) 6 13 77<br />
Posaunenchorarbeit<br />
Armin Fischer<br />
Teilwiesenstraße 16, 73079 Süßen<br />
Tel. (0 71 62) 94 81 84<br />
Online-Seelsorge<br />
www.ekd.de/internet/internetseelsorge.html<br />
Klinik-Seelsorge<br />
Pfarrer Klaus Hoof<br />
Uhlandstr.5/1, 73337 Bad Überkingen<br />
Tel. (0 73 31) 3 05 98 34<br />
Ökumenische Sozialstation <strong>Geislingen</strong><br />
Bronnenwiesen 16, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
IAV-Stelle, Tabea Astfalk, Tel. (0 73 31) 93 73-20<br />
Nachbarschaftshilfe, Ute Gröner, Tel. (0 73 31) 93 73-23<br />
Pflegedienst, Ute Kothe, Tel. (0 73 31) 93 73-21<br />
Psychosoziale Beratungsstelle für Suchtkranke<br />
und Suchtgefährdete<br />
Klaus Kohle, Sascha Lutz<br />
Steingrubestraße 6, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Tel. (0 73 31) 4 45 81<br />
TelefonSeelsorge<br />
(kostenlose Rufnummern)<br />
0800 111 0 111 und 0800 111 0 222<br />
TISCHGEBET AUS ITALIEN:<br />
Preghiera prima dei pasti<br />
ti rendiamo grazie, Signore,<br />
per tutti i beni che riceviamo<br />
dalla tua grazia.<br />
Per Cristo, nostro Signore.<br />
Amen.
VON MENSCHEN, BEGEGNUNGEN UND JUBILÄEN<br />
Brenz-Medaille für Hildegard Fischer<br />
Anita Gröh, Hildegard Fischer, Pfarrerin Sabine Kluger<br />
Landesbischof Theo Sorg hat die Johannes-Brenz-Medaille<br />
1992 zum ersten Mal verliehen – an den damaligen Erzbischof<br />
von Canterbury, Dr. George Carey. Seitdem verleihen<br />
die Bischöfe der Evangelischen Landeskirche in<br />
Württemberg die Brenz-Medaille in Silber und Bronze. Die<br />
bronzene Medaille ist Geschenk und Ehrengabe. Die<br />
Brenz-Medaille in Silber gilt als höchste Auszeichnung der<br />
Landeskirche.<br />
Als erste Mitarbeiterin der Pauluskirchengemeinde wurde<br />
beim Abend für die Mitarbeitenden Hildegard Fischer mit<br />
der bronzenen Brenz-Medaille geehrt. Landessynodale<br />
Anita Gröh, Ehrengast und seit letztem Jahr auch Gemeindeglied<br />
der Paulusgemeinde, überreichte die Auszeichnung<br />
als Dank für die mehr als 30-jährige ehrenamtliche<br />
Tätigkeit Hildegard Fischers quer durch die Gemeindearbeit.<br />
Nur zögernd hatte Hildegard Fischer sich bereit<br />
erklärt, die Ehrung anzunehmen. „Ich mache das doch<br />
nicht, um geehrt zu werden“, hatte sie ihre Zurückhaltung<br />
begründet, „und da sind ja noch viele andere außer mir.“<br />
In ihrer Dankesrede machte sich die Freude dann aber<br />
doch bemerkbar. Hildegard Fischer bedankte sich auch bei<br />
Elisabeth Fetzer, die die Anregung zur Verleihung der<br />
Brenz-Medaille gegeben habe, und sprach von ihrem Konfirmationsspruch,<br />
der das Leitmotiv ihres Lebens sei: Der<br />
Meister ist da und ruft dich (Joh. 11,28). So habe sie auch<br />
seit jeher ihr Engagement für andere verstanden, und sie<br />
wünsche sich, dass sie das noch lange tun könne.<br />
80 Jahre Süßener Missionskreis<br />
Am 9. April 1929 trafen sich zum ersten Mal zwei Süßener<br />
Damen zum Handarbeiten für die Mission. Dies war<br />
der Beginn des Missionskreises, der bis heute besteht.<br />
Es wurde viel vorgelesen, Missionare und Missionsschwestern<br />
waren zu Gast. Handarbeiten wurden verkauft.<br />
Der Erlös ging an die Basler und Herrnhuter Mission.<br />
Über jede einzelne Zusammenkunft findet sich ein handschriftlicher<br />
Bericht, meist auch mit den Namen der Teilnehmerinnen.<br />
Der letzte Eintrag ist vom 9. November<br />
1938. Wohl aus politischen Gründen konnten keine weiteren<br />
Treffen stattfinden.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Missionskreis<br />
wieder aktiv, und bis heute treffen sich monatlich um die<br />
zwanzig meist ältere und alte Damen, um sich nach<br />
Andacht und Kaffee den Blick weiten zu lassen über den<br />
Süßener Kirchturm hinaus. Im Herbst dieses Jahres soll in<br />
einem Festgottesdienst des 80-jährigen Bestehens des<br />
Missionskreises gedacht werden.<br />
Pfarramtssekretärinnen bilden sich fort<br />
Drei Tage lang waren die Pfarramtssekretärinnen des <strong>Kirchenbezirk</strong>s<br />
<strong>Geislingen</strong> in der Fortbildungsstätte Denkendorf.<br />
Öffentlichkeitsarbeit, Büroorganisation, Werden und<br />
Wirken des Gustav-Adolf-Werkes und die Entstehung des<br />
Gesangbuches in Württemberg standen auf der Tagesordnung.<br />
Die gemeinsame Fortbildung trägt auch zur besseren<br />
Zusammenarbeit im <strong>Kirchenbezirk</strong> bei. Teilgenommen<br />
haben:<br />
v.l.n.r. stehend: Iris Goebel, Auendorf und Stadtkirche<br />
<strong>Geislingen</strong>; Kornelia Rösch, Unterböhringen; Helga Tonnier,<br />
Amstetten; Ute Grimm, <strong>Geislingen</strong>-Pauluskirche;<br />
Käthe Leutz, Kuchen; Monika Metz, <strong>Geislingen</strong>-Altenstadt;<br />
v.l.n.r. kniend: Inge Schmitt, Steinenkirch; Hildegart Klar,<br />
Gingen; Doris Hascher, Wiesensteig; Ute Fritz, <strong>Geislingen</strong>-<br />
Altenstadt; Gisela Störzer, Eybach.<br />
Eybach feiert zwei Jubilarinnen<br />
Zu Recht wird in einer Kirchengemeinde gefeiert, wenn<br />
zwei Mitarbeiterinnen über lange Jahre aktiv im kirchlichen<br />
Leben mitarbeiten. In Eybach ist Gisela Störzer seit<br />
40 Jahren Pfarramtssekretärin und Gisela Kohle leitet seit<br />
20 Jahren den Kirchenchor. Der Vorsitzende des Kirchengemeinderats<br />
Max Paulus sprach beiden Dank und Anerkennung<br />
aus und würdigte sie im Gottesdienst.<br />
Gisela Störzer wurde von Pfarrer<br />
Spaltner vor 40 Jahren gefragt,<br />
ob sie bei der Bewältigung des<br />
umfangreichen Aktenberges im<br />
Pfarramt mithelfen könnte. Und<br />
da sie aus einer sehr kirchenverbundenen<br />
Familie stammt, in der<br />
beide Eltern im Kirchengemeinderat<br />
waren, sagte sie zu. Bis zum heutigen Tag gefallen<br />
ihr die abwechslungsreiche Tätigkeit im Pfarramt und das<br />
intensive Geschehen in der Gemeinde. Besonders an die<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
43
Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
Feiern zum 450-jährigen Bestehen der Kirchengemeinde<br />
Eybach und zum 40-jährigen Jubiläum der Christuskirche<br />
erinnert sich Gisela Störzer gerne. Mit Pfarrerin Enders<br />
erlebt sie nun die achte Stelleninhaberin seit sie Pfarramtssekretärin<br />
ist. Mit ihr will sie noch gerne weiter für die<br />
Kirchengemeinde tätig sein, bis sie selbst in vier Jahren in<br />
den Ruhestand geht.<br />
Nachdem Familie Kohle 1987 nach<br />
Eybach gezogen war, übernahm Gisela<br />
Kohle im Herbst 1988 die vakante<br />
Chorleiterstelle. Sie hatte seit ihrem<br />
14. Lebensjahr in vielen verschiedenen<br />
Chören mitgesungen, und zu ihrer Ausbildung<br />
zur Grundschul-Lehrerin gehörte<br />
auch Chorleitung. Kirchenmusikdirektor<br />
Gerhard Klumpp hatte sie gefragt, ob sie den Kirchenchor<br />
in Eybach übernehmen wolle. Schon nach kurzer Zeit<br />
wirkte der Chor dann unter ihrer Leitung beim Erntedankfest<br />
mit. Trotz kleiner Besetzung der einzelnen Stimmen<br />
freut sie sich darüber, mit dem Chor das bestmögliche zu<br />
erreichen.<br />
Gisela Kohle stellt heraus, dass der Kirchenchor die einzige<br />
Gruppe in der Gemeinde ist, die sich wöchentlich<br />
trifft und darüber hinaus noch gute Kontakte pflegt.<br />
Leider leide auch der Chor unter Nachwuchsmangel und<br />
sie wünscht sich, dass viele neue Sängerinnen und Sänger<br />
dazu stoßen und die gemeinsame Freude am Singen<br />
entdecken.<br />
Jubiläum im Kindergarten Lindenstraße in Süßen<br />
Mit einem großen Fest feiert der Kindergarten Lindenstraße<br />
in Süßen sein 50-jähriges Jubiläum. Am 19. Juli<br />
2009 beginnt der Festtag um 10.30 Uhr mit einem Familiengottesdienst,<br />
bei gutem Wetter auf dem Gelände des<br />
Kindergartens, bei schlechtem Wetter in der Ulrichskirche.<br />
Mit gestaltet wird der Gottesdienst von den Kindergartenkindern,<br />
mitwirken wird der verstärkte Seniorenposaunenchor.<br />
Dazu ist die ganze Gemeinde eingeladen. Nach den<br />
Festansprachen sind alle beim Mittagessen willkommen.<br />
44 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Es besteht die Möglichkeit, den Kindergarten zu besichtigen<br />
und sich über die aktuelle Kindergartenarbeit zu<br />
informieren. Neben Kaffee und Kuchen findet am Nachmittag<br />
ein buntes Programm vor allem für die Kinder<br />
statt.<br />
Neuer Kirchenpfleger in Aufhausen<br />
Nach über 31 Jahren als Kirchenpfleger<br />
von Aufhausen<br />
hat Karl Honold nun sein Amt<br />
in jüngere Hände übergeben.<br />
Sein Nachfolger ist Ingolf<br />
Schlechter aus <strong>Geislingen</strong>, der<br />
hauptberuflich als Kirchenpfleger<br />
in Süßen arbeitet. Er<br />
wurde beim Erntedankfest<br />
2008 feierlich in sein neues<br />
Amt eingesetzt.<br />
Kirchenchor Amstetten feiert 50. Geburtstag<br />
Pfarrer Reinhard Hoene sprach von einem festlichen Tag<br />
für den Chor. Denn der Kirchenchor Amstetten feierte<br />
sein 50-jähriges Bestehen. Gegründet wurde er von Pfarrer<br />
Dinkelaker im Jahr 1959. Die ersten Proben fanden im<br />
Gemeindesaal des Pfarrhauses in Amstetten-Dorf statt. Die<br />
langjährigen Chorleiter Christoph Keller und Anna Straub<br />
waren bei dem Jubiläum ebenso anwesend wie der jetzige<br />
Chorleiter, Sieghard Müller. Besonders geehrt wurden<br />
bei dem Jubiläum Margarethe Stoller, die von Anfang an<br />
mitsingt; außerdem Annemarie Holzwarth, Dora Pretschner<br />
und Karin Scharpf, die 40 Jahre dabei sind.<br />
Susanne Jutz wechselt nach Bad Cannstatt<br />
Im Gottesdienst an Palmsonntag wurde Pfarrerin<br />
Susanne Jutz verabschiedet. 1996 begann<br />
sie ihren Dienst als Pfarrerin in<br />
Bad Überkingen. Zu den Aufgaben in<br />
der Kirchengemeinde hinzu war sie auch<br />
als Bezirkskinderkirchpfarrerin tätig,<br />
war Mitglied im Redaktionsteam der<br />
Geislinger <strong>Kirchenbezirk</strong>s-Zeitung und<br />
für den Distrikt Obere Fils im <strong>Kirchenbezirk</strong>sausschuss.<br />
Als Mitglied des Pfarrplanausschusses<br />
im <strong>Kirchenbezirk</strong> brachte sie die Zusammenarbeit<br />
der Kirchengemeinden Bad Überkingen, Hausen<br />
und Unterböhringen mit voran und war federführend an<br />
der Bildung der Gesamtkirchengemeinde Bad Überkingen<br />
beteiligt. Nach Ostern trat Susanne Jutz ihre neue Stelle in<br />
Bad Cannstatt an. Sie ist dort geschäftsführende Pfarrerin<br />
an der Stephanuskirche.
„Technikfreundlicher Kindergarten“ in Aufhausen<br />
Man kann nicht früh genug anfangen. Deshalb unterstützt<br />
Südwestmetall gemeinsam mit dem Kultusministerium<br />
den technisch interessierten Nachwuchs bereits im Kindergarten.<br />
Ein gutes halbes Jahr wurde in der „Villa Sonnenschein“<br />
in Aufhausen experimentiert und geforscht,<br />
gestaunt, Fragen wurden entwickelt, Hypothesen aufgestellt<br />
und Wissen über naturwissenschaftliche Zusammenhänge<br />
erworben.<br />
Am 20. November war der erste Teil des Projekts abgeschlossen.<br />
In einer feierlichen Zeremonie wurde den Erzieherinnen<br />
von Kultusminister Helmut Rau (links) und Dr.<br />
Dieter Hundt (rechts), Präsident der Landesvereinigung<br />
Baden-Württembergischer Arbeitgeberverbände, das Zertifikat<br />
übergeben. Die Einrichtung erhielt von Südwestmetall<br />
das Prädikat „Technikfreundlicher Kindergarten“.<br />
40 Jahre Dienst im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
Anneliese Bothner engagierte sich 40<br />
Jahre für die Kirche. Im vergangenen<br />
Jahr ging die Stubersheimerin in den<br />
Ruhestand. Wenn sie erzählt, in wie<br />
vielen Bereichen sie tätig war, beginnen<br />
ihre Augen zu leuchten. Als 1968<br />
die Kirchliche Verwaltungsstelle neu<br />
geschaffen wurde, war sie zur Stelle.<br />
In der Kinderphase machte die Verwaltungsfrau die Rechnungsabschlüsse<br />
für viele Kirchengemeinden und den<br />
Geislinger <strong>Kirchenbezirk</strong> von zu Hause aus. Als Sekretärin<br />
bei der Diakonischen Bezirksstelle kehrte sie aus der Familienzeit<br />
zurück, war dann Pfarramtssekretärin in Schalkstetten<br />
und wechselte darauf zur Geislinger Kirchenpflege.<br />
Zuletzt war sie wieder Sekretärin in der Diakonie. Noch<br />
lange wird man nun vieles mühsam erfragen und suchen<br />
müssen, was Anneliese Bothner einfach im Kopf hatte.<br />
Mit ihr ging auch viel Wissen in den Ruhestand.<br />
Neue Pfarrerin für Eybach und Stötten<br />
Die evangelischen Kirchengemeinden<br />
Eybach und Stötten haben eine<br />
neue Pfarrerin. Birgit Enders ist vom<br />
Evangelischen Oberkirchenrat zum<br />
Dienst in diesen beiden Gemeinden<br />
beauftragt worden. Die Einführung<br />
der neuen Pfarrerin durch Dekanin<br />
Gerlinde Hühn fand in der<br />
Michaelskirche in Stötten sowie in<br />
der Christuskirche in Eybach statt.<br />
Es gefällt ihr sehr gut in den Gemeinden und im <strong>Kirchenbezirk</strong>.<br />
Sie schätzt das Vorort- und Dorfleben und die damit<br />
verbundene Anteilnahme aneinander und die Freundlichkeit<br />
der Menschen. Aufgewachsen ist Birgit Enders<br />
in Ulm. Studiert hat sie in Tübingen, Heidelberg und<br />
München. Als Vikarin und Pfarrerin war sie in Fellbach-<br />
Schmiden, Ulm, Dornstadt und Heidenheim tätig. Im<br />
Gemeindepfarramt schätzt sie die Vielseitigkeit der Aufgaben<br />
und Begegnungen. Privat ist sie sehr gerne in der<br />
Natur, schwimmt und liest gerne und besucht Ausstellungen,<br />
Theater und Konzerte.<br />
Martin Breitling nun Pfarrer<br />
in <strong>Geislingen</strong>-Altenstadt<br />
Nach Abschluss seiner Ausbildung<br />
ist Martin Breitling in <strong>Geislingen</strong>-Altenstadt<br />
auf der Pfarrstelle<br />
Süd von Dekanin Gerlinde<br />
Hühn als Pfarrer eingesetzt worden.<br />
Martin Breitling hat sein Ausbildungsvikariat<br />
im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
Göppingen absolviert und war als<br />
Pfarrer zur Anstellung bereits in<br />
<strong>Geislingen</strong> tätig. Zusammen mit<br />
Pfarrerin Ulrike Knapp ist er für die<br />
seit letztem Advent zusammengeschlossene Kirchengemeinde<br />
<strong>Geislingen</strong>-Altenstadt zuständig.<br />
50 Jahre Waldheim Stötten<br />
1959 fiel der Startschuss für das erste Ferienwaldheim in<br />
Stötten. Dekan Straub hatte diese Arbeit in Stuttgart kennengelernt<br />
und beauftragte daher den Jugendwart Frieder<br />
Lampeitl, im ehemaligen Pfarrhaus in Stötten ein solches<br />
Heim einzurichten. Im Waldheim sollten bedürftige und<br />
unterernährte Kinder einen Platz finden.<br />
Das erste Waldheimjahr war mit 70 Kindern voll ausgebucht,<br />
schon ein Jahr später wurde das sogenannte Holzhaus<br />
errichtet um die Kapazitäten zu erhöhen. In Spitzenzeiten<br />
waren 320 Kinder pro Woche im Waldheim, was<br />
allerdings an der Grenze des Machbaren war.<br />
Die Begeisterung der Kinder und der MitarbeiterInnen ist<br />
nach wie vor ungebrochen und hoffentlich wird das auch<br />
in den nächsten 50 Jahren noch so sein.<br />
Häuptling im Albdistrikt<br />
Jährlich wechselt die<br />
Geschäftsführung im<br />
Distrikt Alb. In diesem<br />
Jahr hat Pfarrerin Ingeborg<br />
Brüning aus Steinenkirch<br />
das Amt des „Häuptlings“<br />
übernommen.<br />
Wie zu sehen ist:<br />
Es steht ihr gut.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
45
Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
Ehrenamtliche Seelsorgerin in Donzdorf eingesetzt<br />
Unter großer Beteiligung der<br />
Gemeinde wurde Brigitte Schurig<br />
im Gottesdienst in Donzdorf in ihr<br />
Amt als ehrenamtliche Seelsorgerin<br />
eingesetzt. Von der zweijährigen<br />
KESS-Ausbildung (Kurs für<br />
ehrenamtliche Seelsorge) berichtete<br />
Klinikseelsorger Pfarrer Frieder<br />
Sautter, Göppingen. Sein Kollege,<br />
Pfarrer Hoof, aus der Helfensteinklinik<br />
in <strong>Geislingen</strong> ließ ein<br />
Grußwort verlesen. Nach dem Gottesdienst war bei<br />
einem Ständerling Gelegenheit zur Gratulation und guten<br />
Segenswünschen. Die Kirchengemeinde Donzdorf dankt<br />
Frau Schurig für ihr Engagement und freut sich, dass nun<br />
auch in den Krankenhäusern vermehrt Menschen besucht<br />
werden.<br />
Jubiläumsbroschüre<br />
Donzdorf erschienen<br />
Beim Gemeindefest wurde<br />
die umfangreiche Broschüre<br />
zum Jubiläumsjahr<br />
2008 der evangelischen<br />
Kirchengemeinde vorgestellt.<br />
Sie enthält Vorträge,<br />
Berichte, Erinnerungen, die<br />
Beiträge der Schreibwerkstatt<br />
und sämtliche Predigten<br />
der Gottesdienste zu<br />
Grundthemen des christlichen<br />
Glaubens und des<br />
Jubiläumsfestes. Die Broschüre veranschaulicht die vielen<br />
Aktivitäten des Jahres und enthält auch viele Fotos.<br />
Sie kann für 8,– Euro beim Pfarramt erworben werden.<br />
25 Jahre auf der Waldhausener Orgelbank<br />
In diesem Jahr kann Elke Holzwarth auf 25 Jahre Dienst<br />
als Organistin in der Kirchengemeinde Waldhausen<br />
zurückblicken. Seit ihrem 17. Lebensjahr gestaltet sie im<br />
Wechsel mit ihrer Schwester Sonja Schall treu und zuverlässig<br />
die Gottesdienste.<br />
Die Kirchengemeinde ist froh und dankbar, zwei fest<br />
angestellte Organistinnen zu haben, denn diesen beiden<br />
Frauen verdankt sie, dass an jedem Sonn- und Feiertag in<br />
Waldhausen Lieder und Choräle von schönem Orgelspiel<br />
begleitet werden.<br />
Mit einem Blumengruß und einem Segenswort bedankte<br />
sich Pfarrerin Eva Platz im Gottesdienst bei Elke Holzwarth<br />
für ihren langjährigen, treuen und engagierten<br />
Orgeldienst.<br />
Monika Metz geht in den Ruhestand<br />
Nach 18 Jahren im Gemeindebüro<br />
tritt Monika Metz im Sommer 2009<br />
in den Ruhestand. 1991 begann<br />
sie in der erst wenige Jahre alten<br />
Markusgemeinde <strong>Geislingen</strong> ihren<br />
Dienst. Sie hat die Gemeinde<br />
geprägt und ihre immer freundliche,<br />
hilfsbereite, unkomplizierte,<br />
46 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
fröhliche und engagierte Art hat viele Menschen zur Mitarbeit<br />
motiviert. Wenn für eine Veranstaltung Mitarbeiter<br />
gesucht wurden, hat sie immer eine Idee gehabt, wen<br />
man für welche Aufgabe anfragen könnte.<br />
Weil Monika Metz in der Gemeinde nicht nur gearbeitet<br />
hat, sondern auch in ihr lebt, war sie weit über das normale<br />
Maß hinaus engagiert. Kein Gemeindebrief oder<br />
Markusbote, der nicht hauptsächlich an ihrem Schreibtisch<br />
entstand. Erwähnt seien hier auch weitere Höhepunkte<br />
des Gemeindelebens: Die Sommerfeste in und vor<br />
der Markuskirche und die Gemeindefreizeiten in Schattwald<br />
wären ohne ihre Vorbereitung ausgefallen und<br />
haben nie ohne ihre Beteiligung stattgefunden.<br />
Immer wieder waren im Gemeindebüro die Sätze zu hören:<br />
„Geben Sie das mir, das erledige ich heute Nachmittag.“<br />
„Da gehe ich schnell selber vorbei.“ „Die Liste ist noch<br />
nicht ganz voll, ich trage mich selber noch ein.“ Und in den<br />
letzten Jahren oft: „Das kann mein Mann erledigen.“<br />
Ein halbes Jahr vor ihrem Ruhestand war dann noch der<br />
Umzug ins neue Gemeindebüro in der Tälesbahnstraße<br />
zu bewältigen. Wo es andere hätten ausklingen lassen,<br />
hat Monika Metz noch einmal angepackt. Hut ab!<br />
In der Evangelischen Kirchengemeinde <strong>Geislingen</strong>-Altenstadt<br />
geht die Sekretärin in den Ruhestand. Die Person<br />
Monika Metz bleibt ihr erhalten.<br />
Neue Vikare im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
v.l.n.r.: Steffen Hägele, Andreas Gerstlauer,<br />
Sebastian Steinbach, Cornelius Küttner<br />
Vier Vikare haben im evangelischen <strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong><br />
nach Abschluss des Studiums mit ihrer praktischen<br />
Ausbildung begonnen. In der Kirchengemeinde Süßen ist<br />
Andreas Gerstlauer tätig, in Amstetten Steffen Hägele, in<br />
Gingen Sebastian Steinbach und in <strong>Geislingen</strong>-Altenstadt<br />
Cornelius Küttner. Begleitet und in die praktische Arbeit<br />
eingeführt werden die Vikare von den jeweiligen Pfarrern<br />
Friederike Maier, Reinhard Hoene, Matthias Krauter und<br />
Ulrike Knapp. Ergänzend zur Arbeit in den Kirchengemeinden<br />
werden die Vikare immer wieder vom Oberkirchenrat<br />
zu Kursen eingeladen. Das Ausbildungsvikariat<br />
dauert zweieinhalb Jahre. Nach Abschluss des<br />
Vikariats erfolgt die Ordination.<br />
Abschied von der Mesnerin in Amstetten<br />
Die Kirchengemeinde Amstetten<br />
dankt Dora Pretschner sehr für ihre<br />
treuen und zuverlässigen Dienste<br />
als Mesnerin in der Friedenskirche<br />
in Amstetten Bahnhof in den letzten<br />
23 Jahren. Stets war sie um Kirche<br />
und Kirchgänger besorgt und<br />
es war ihr immer abzuspüren, dass
sie ihre Aufgabe gerne wahrgenommen hat. Aus gesundheitlichen<br />
Gründen musste sie 2005 ihren Dienstauftrag<br />
reduzieren, sie teilt ihn seither mit Carmen Rank. Für ihren<br />
Ruhestand wünscht ihr die Kirchengemeinde alles Gute,<br />
Gesundheit und Gottes Segen!<br />
Christoph Wiborg wird Pfarrer in Tübingen<br />
Nach 13 Jahren in <strong>Geislingen</strong>,<br />
zuerst als Pfarrer zur Anstellung<br />
und dann neun Jahre als Pfarrer an<br />
der Martinskirche, wechselt Christoph<br />
Wiborg zum 1. September<br />
die Pfarrstelle. Sein neuer Wirkungsort<br />
wird die Eberhardskirche<br />
in Tübingen sein.<br />
Mit Herzblut und großem Einsatz<br />
hat er im <strong>Kirchenbezirk</strong> sein Amt<br />
als Diakoniepfarrer ausgefüllt. Bei<br />
seinen Eingaben in der Bezirkssynode, zuletzt zum<br />
Thema Diakonieverein, beim Aufbau der Vesperkirche und<br />
allen diakonischen Themen war immer spürbar, wie sehr<br />
er das diakonische Handeln als Ausdruck des Glaubens<br />
und als grundlegende Aufgabe der Kirche versteht. Die<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong>szeitung hat er mitkonzipiert und die ersten<br />
Jahre im Redaktionsteam wesentlich geprägt. In der<br />
Gemeinde bleibt er in Erinnerung als Prediger, dem es oft<br />
gelang, das Schwere leicht zu sagen und die Menschen<br />
zu berühren und mit Hoffnung zu erfüllen. Seine kreativen<br />
Ideen in der Gemeindearbeit, sein Witz und Humor,<br />
sein schauspielerisches Talent, seine Fähigkeit zum<br />
klaren Wort, das und anderes mehr haben ihm viele<br />
Herzen geöffnet.<br />
Vom Fernsehturm zum Ödenturm<br />
Markus Laidig ist seit September<br />
2008 Pfarrer zur Anstellung im<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong>. Geboren<br />
ist er in Stuttgart und ist in der<br />
Nähe des Fernsehturms groß<br />
geworden. In der „evangelischen<br />
Pfarrerschmiede“ Tübingen studierte<br />
er Evangelische Theologie.<br />
Nachdem seine Ausbildung als<br />
Vikar im Dekanat Cannstatt abgeschlossen<br />
war, ging er für ein halbes<br />
Jahr als Pfarrer zur Dienstaushilfe in den Schwarzwald<br />
ins Dekanat Calw. Doch es zog ihn in die ganz große<br />
Ferne – zumindest nach den „Ländle-üblichen“ Entfernungsmaßstäben<br />
(Stuttgart-Ulm-Biberach). Für zwei Jahre<br />
nämlich arbeitete er in der russischen Wolga-Metropole<br />
Samara als Pastor in der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde<br />
St. Georg. Die Zeit dort verging wie im<br />
Fluge und schon fand er sich im Ländle wieder, genauer:<br />
zu Füßen des Ödenturms. Dort wurde er nach eigener<br />
Auskunft sehr freundlich und liebevoll aufgenommen von<br />
den Mitgliedern des <strong>Kirchenbezirk</strong>s und den Bürgern der<br />
Stadt <strong>Geislingen</strong>. Die Arbeit am Fuße der Schwäbischen<br />
Alb bereite ihm große Freude, sagt Markus Laidig, und<br />
er freue sich auch weiterhin auf all die verschiedenen<br />
Aufgaben in der Stadtkirchengemeinde, in verschiedenen<br />
Projekten des <strong>Kirchenbezirk</strong>s und an der Schubart-Realschule<br />
<strong>Geislingen</strong>.<br />
Neuer BAF gewählt<br />
Der Bezirksarbeitskreis Frauen (BAF) im Geislinger <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
wurde neu gewählt. Bei der Bezirkssynode im<br />
März diesen Jahres hat Dekanin Gerlinde Hühn das neue<br />
Team verpflichtet. Im BAF sind (v.l.n.r. auf dem Bild):<br />
Renate Emberger, Süßen, Christine Wagner, Bad Überkingen,<br />
Elke Aupperle, Mühlhausen, der Pfarrerin für Frauenarbeit<br />
im <strong>Kirchenbezirk</strong>, Martina Rupp, Deggingen-Bad<br />
Ditzenbach, Doris Lidl, Gingen, Karin Fellner, Bad Ditzenbach<br />
und Margret Clement, Süßen.<br />
Augenblicklich plant der BAF bereits den nächsten<br />
Bezirksfrauentag. Dieser findet am Sonntag, 31. Januar<br />
2010 im Evangelischen Gemeindehaus in Süßen statt.<br />
Weiter organisiert der BAF die Vorbereitung des Weltgebetstages<br />
und berät zu vielen Themen der kirchlichen<br />
Frauenarbeit.<br />
Rudolf Spieth wechselt nach Heubach<br />
„Es tut mir schon weh, von Wiesensteig wegzugehen“,<br />
sagt Rudolf Spieth, der nun nach elf Jahren die Pfarrstelle<br />
wechselt. Dankbar blickt er auf die Jahre in Wiesensteig<br />
zurück. „Es war ein gutes Miteinander in der Stadt und<br />
ein gutes Zusammenarbeiten“. Auch im Distrikt und <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
war Rudolf Spieth ein<br />
geschätzter Pfarrer und Kollege.<br />
Immer wieder überraschte der<br />
gelernte Schreiner mit zum Thema<br />
passenden Holzarbeiten. Seinen<br />
guten Draht zu Jugendlichen<br />
zeigte er unter anderem mehrere<br />
Jahre als Bezirksjugendpfarrer.<br />
Ab September wird er nun Pfarrer<br />
in Heubach im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
Schwäbisch Gmünd sein.<br />
Annette Leube zur Schuldekanin im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
Göppingen gewählt<br />
Die Donzdorfer Pfarrerin wird ihr<br />
neues Amt im August dieses Jahres<br />
antreten. Die gebürtige Eislingerin<br />
ist im Jahr 2000 nach Donzdorf<br />
gekommen und hatte einen 50 %igen<br />
Dienstauftrag in der Kirchengemeinde.<br />
Kinder- und Familienarbeit<br />
war dabei ihr Schwerpunkt. Im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
beteiligte sie sich engagiert<br />
an der Vorbereitung von Ausstellungen und war<br />
gefragt mit Vorträgen im jüdisch-christlichen Dialog und<br />
zu feministischer Theologie. Obwohl Annette Leube mit<br />
Leib und Seele Gemeindepfarrerin ist, freut sie sich auf die<br />
neue Aufgabe als Schuldekanin. Denn der Religionsunterricht<br />
liegt ihr seit jeher sehr am Herzen.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
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