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Unser tägliches Brot - Kirchenbezirk Geislingen

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Evangelische<br />

Nachrichten aus dem Filstal und dem Helfensteiner Land<br />

2009/2010<br />

<strong>Kirchenbezirk</strong>s-Zeitung <strong>Geislingen</strong><br />

<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong>...<br />

” Über <strong>Brot</strong> –<br />

Nahrung für<br />

Leib und Seele<br />

” Neues aus<br />

Bezirk und<br />

Gemeinden<br />

” Aktuelle<br />

Informationen


Inhalt<br />

2<br />

Impressum<br />

Zeitung des<br />

Evangelischen <strong>Kirchenbezirk</strong>s<br />

<strong>Geislingen</strong> (Steige)<br />

Nr. 12 – 2009/2010<br />

vom 1. Juli 2009<br />

Herausgeber:<br />

Evangelischer <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

<strong>Geislingen</strong><br />

Hansengasse 2,<br />

73312 <strong>Geislingen</strong> (Steige),<br />

Tel. (0 73 31) 4 17 61<br />

Email:<br />

Ev.Dekanat.<strong>Geislingen</strong>@t-online.de<br />

www.kirchenbezirk-geislingen.de<br />

Redaktion:<br />

Anita Gröh, Daniela Hartmann,<br />

Susanne Jutz, Markus Laidig,<br />

Friederike Maier,<br />

Gertraude Reich-Bochtler<br />

Druck:<br />

C. Maurer, Druck und Verlag,<br />

<strong>Geislingen</strong> (Steige)<br />

Layout, Repro, Satz:<br />

Typografie + Medienwerkstatt<br />

Hermann, Schlat<br />

Auflage: 20.000<br />

Vertrieb:<br />

Evangelischer <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

<strong>Geislingen</strong><br />

Titelbild:<br />

Quo vadis?<br />

Rüdiger Kircher, <strong>Geislingen</strong><br />

Rückseite:<br />

Erntedank<br />

Zwischentexte:<br />

Tischgebete aus<br />

verschiedenen Ländern<br />

Fotos:<br />

Anita Gröh: 3, 10, 19, 20, 24,<br />

27, 31, 42, 45, 46, 47<br />

Markus Laidig: 12, 14, 15, 18, 23<br />

Privat: 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 13, 16,<br />

17, 18, 20, 22, 25, 26, 27,<br />

28, 29, 30, 31, 32, 33,<br />

34, 35, 36, 37, 38, 39, 40,<br />

41, 42, 44, 45, 46, 47<br />

V.i.S.d.P.:<br />

Dekanin Gerlinde Hühn,<br />

Hansengasse 2,<br />

73312 <strong>Geislingen</strong> (Steige)<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

3 Editorial<br />

Gerlinde Hühn<br />

4 Impuls<br />

Markus Laidig<br />

42 Wo finde ich Information und Hilfe<br />

43 Von Menschen, Begegnungen und Jubiläen<br />

Aus Kirche und Gesellschaft<br />

5 Portrait<br />

Simon Wittlinger<br />

Anita Gröh, Daniela Hartmann<br />

8 Aus der Landessynode<br />

Anita Gröh, <strong>Geislingen</strong><br />

Beate Keller, Süßen<br />

10 Ernste Sorgen um das tägliche <strong>Brot</strong><br />

Karlheinz Bauer<br />

12 Was wächst auf dem Acker:<br />

Food – Feed – Fuel?<br />

Dr. Clemens Dirscherl<br />

13 Die Vesperkirche gibt das tägliche <strong>Brot</strong><br />

Anita Gröh<br />

15 Erntebitte<br />

Markus Laidig<br />

16 Was man braucht,<br />

um das <strong>Brot</strong> des Lebens zu backen<br />

Martina Rupp<br />

17 Tu den Mund auf für die Armen<br />

Klaus Rieth<br />

18 Umfrage unter SchülerInnen:<br />

Hast du ein Pausenbrot dabei?<br />

19 Kirchentag in Bremen<br />

Anita Gröh<br />

20 Der grüne Gockel bewahrt vor<br />

Schäden an Kirchen<br />

Hans Schaal<br />

21 Der grüne Gockel kräht auf dem Kirchturm<br />

Gerlinde Hühn<br />

22 Gott im Maschinensaal<br />

Dr. Karl-Heinz Drescher-Pfeiffer<br />

23 Hartes <strong>Brot</strong><br />

Markus Laidig<br />

24 Kuhäugig mit Kornmühle<br />

Anita Gröh<br />

25 „<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> gib uns heute“ –<br />

in Krankheit und im Krankenhaus<br />

Klaus Hoof<br />

Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

26 Die Gesundheitspiraten in Aktion<br />

Gertraude Reich-Bochtler<br />

27 Süßener Tafel<br />

Petra Krieg<br />

28 Wenn meine Trauer Worte findet<br />

Gertraude Reich-Bochtler<br />

30 Gemeinsam Gemeinde gestalten<br />

Georg Braunmüller<br />

32 Sizilien – Licht und Schatten<br />

Gerlinde Hühn<br />

34 Diakonischer Einsatz in Sizilien<br />

Jakob Leube<br />

Aus den Distrikten<br />

DISTRIKT ALB<br />

36 Aus Dankbarkeit einen Posaunenchor<br />

gegründet<br />

36 Der Orgelbauer lächelt<br />

37 100 Jahre evangelisches Gemeindehaus<br />

Schalkstetten<br />

DISTRIKT GEISLINGEN<br />

37 Stadtkirche und Pauluskirche<br />

fusionieren 2012<br />

37 Auf Luthers Spuren<br />

38 Erste Goldene Konfirmation in der<br />

Pauluskirche<br />

38 Neue Kirchengemeinde<br />

<strong>Geislingen</strong>-Altenstadt<br />

DISTRIKT OBERE FILS<br />

39 Ökumenischer Gesprächskreis<br />

feiert Geburtstag<br />

DISTRIKT UNTERES FILSTAL<br />

40 Sommerpredigtreihe 2009<br />

40 Neuzugezogene willkommen heißen<br />

40 Jugendarbeit im Bergwerk?<br />

41 Reise ins südliche Afrika<br />

41 Fest und Adieu in Donzdorf<br />

41 Jakobusdinner in Kuchen


E d i t o r i a l<br />

Liebe Leserinnen und Leser<br />

der 12. Ausgabe<br />

unserer <strong>Kirchenbezirk</strong>szeitung,<br />

ein Weltereignis wird im kommenden Jahr<br />

in Stuttgart stattfinden: vom 20. bis 27. Juli<br />

2010 tagt die elfte Vollversammlung des<br />

Lutherischen Weltbundes in unserer Landeshauptstadt,<br />

das heißt die VertreterInnen<br />

aller lutherischen Kirchen der Welt finden<br />

sich ganz in unserer Nähe ein. Das Thema<br />

der Vollversammlung ist: „<strong>Unser</strong> täglich<br />

<strong>Brot</strong> gib uns heute“. Vorausschauend hat<br />

das Redaktionsteam dieses Thema aufgegriffen.<br />

<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> – das hat viele Aspekte:<br />

vom täglichen Pausenbrot und wie<br />

SchülerInnen damit umgehen, bis zur<br />

großen Aktion gegen den Hunger „<strong>Brot</strong><br />

für die Welt“. Aber <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> ist nicht<br />

nur auf der physisch-natürlichen Ebene<br />

zu verstehen. Tägliches <strong>Brot</strong> umfasst viel<br />

mehr: alles was wir zum Leben notwendig<br />

brauchen, wie schon Luther im Kleinen<br />

Katechismus sagt, „Freunde, getreue Nachbarn<br />

und desgleichen“. Heute würde man<br />

vielleicht hinzufügen: Frieden, gute Luft,<br />

nachhaltiges Wirtschaften, Klimaverbesserung.<br />

Tägliches <strong>Brot</strong> hat auch einen deutlich<br />

religiösen Aspekt. In jeder Religion ist das<br />

Essen nicht einfach ein körperlicher Lebensvollzug,<br />

sondern wird religiös-spirituell<br />

bedacht.<br />

Es gibt Speisen, die man nicht essen darf,<br />

es gibt Zeiten, in denen man sich des Essens<br />

enthalten muss (Fasten), und Festzeiten,<br />

in denen man Besonderes oder etwas<br />

besonders Gutes essen soll.<br />

Ein mir besonders liebes Tischgebet stellt<br />

den Zusammenhang her zwischen dem<br />

täglichen <strong>Brot</strong>, das wir zu „unseres Leibes<br />

Notdurft“ essen, und dem innersten Ritual<br />

unseres Glaubens, dem Abendmahl:<br />

„Du hast das <strong>Brot</strong> erkoren und den Wein,<br />

um dich in ihnen zu gestalten.<br />

Von daher fällt geheimnisvoll ein Schein<br />

auf jede Mahlzeit, die wir halten.“<br />

Das Titelbild des Künstlers Rüdiger Kircher<br />

aus <strong>Geislingen</strong> erinnert an die Jünger auf<br />

dem Gang nach Emmaus. Sie sind traurig<br />

und resigniert. Jesus ist tot. Alles scheint zu<br />

Ende, von Auferstehung keine Spur. Dann<br />

bricht ein Fremder mit ihnen und für sie das<br />

<strong>Brot</strong>. „Da wurden ihre Augen geöffnet und<br />

sie erkannten ihn. Und er verschwand vor<br />

ihnen“. Im <strong>Brot</strong>brechen kann die Gegenwart<br />

Jesu Christi erfahren werden.<br />

Wieder einmal hat das Redaktionsteam das<br />

sich selbst gestellte Thema auf die unterschiedlichste<br />

Weise angepackt und Artikel,<br />

Bilder und Umfragen zusammengetragen.<br />

Die Ideen gehen diesem Team nicht aus,<br />

auch nach zwölf Jahren nicht. Das ist schön.<br />

Danken möchte ich wieder den zahllosen<br />

Helfern und Helferinnen aus den Gemeindediensten,<br />

die dafür sorgen, dass die <strong>Kirchenbezirk</strong>szeitung<br />

alle evangelischen Haushalte<br />

des Dekanats <strong>Geislingen</strong> erreicht.<br />

Gerlinde Hühn<br />

Dekanin<br />

Rüdiger Kircher, Quo vadis?<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

3


impuls<br />

4 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

<strong>Brot</strong> ist Leben<br />

MARKUS LAIDIG<br />

<strong>Brot</strong> ist Leben – wohl kaum ein anderes Lebensmittel<br />

ist so wichtig für unsere tägliche<br />

Ernährung, ja, in so manchen Zeiten sogar<br />

überlebenswichtig. Schon seit jeher wussten<br />

Menschen den Wert des <strong>Brot</strong>es zu schätzen.<br />

Und tatsächlich: Wer einmal den Duft frisch<br />

gebackenen <strong>Brot</strong>es gerochen und einen Bissen<br />

davon geschmeckt hat, der möchte diese wunderbare<br />

Gabe von seinem Einkaufszettel nicht<br />

mehr streichen. Gabe? Ja, aber nicht nur! Denn:<br />

<strong>Brot</strong> ist kein Manna und fällt auch nicht vom<br />

Himmel (Manna übrigens auch nicht!). Ganz<br />

schön abrackern muss der Mensch sich um sein<br />

<strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong>. Da muss geackert und gepflügt<br />

und gesät und gewässert und geerntet und<br />

gedroschen und gemahlen und geknetet und<br />

gebacken und gekauft und schließlich auch<br />

noch gekaut werden, will der Mensch in den<br />

Genuss dieses wunderbaren Lebensmittels<br />

kommen.<br />

Und das geht nun schon seit über zehntausend<br />

Jahren so. Alle Jahre wieder erfährt der Mensch<br />

den Einklang von Saat und Ernte. Und immer<br />

wieder haben Menschen in dieser langen<br />

Geschichte die Erfahrung gemacht: <strong>Brot</strong> ist<br />

Leben. <strong>Brot</strong> ist etwas Wunderbares. „Alle gute<br />

Gabe kommt her von Gott dem Herrn, drum<br />

dankt ihm dankt, drum dankt ihm dankt und<br />

hofft auf ihn“, heißt es in einem Lied im Evangelischen<br />

Gesangbuch. Das tägliche <strong>Brot</strong> –<br />

wirklich eine Gabe Gottes! Eine Gabe, um die<br />

gläubige Menschen in ihren Gebeten bitten<br />

(vgl. die <strong>Brot</strong>bitte im Vaterunser). Die Bettler<br />

zu Jesu Zeiten ebenso wie die im Mittelalter<br />

wussten um die stärkende Kraft eines Stückchen<br />

<strong>Brot</strong>s, als milde Gabe gereicht, ebenso wie<br />

die SchülerInnen ihre Pausenbrote schätzen.<br />

Und wer bei Wasser und <strong>Brot</strong> gefangen war,<br />

weiß, dass nicht nur frisches, gut duftendes<br />

<strong>Brot</strong>, sondern auch altes, hartes und vielleicht<br />

schimmeliges <strong>Brot</strong> seine Kraft nicht verliert,<br />

sondern Menschen am Leben hält.<br />

Dies lassen auch Zeiten des Krieges oder allgemeiner<br />

Not besonders erfahren. „Ich bin<br />

das <strong>Brot</strong> des Lebens“ – so spricht nicht ohne<br />

Grund der von sich, durch den und von dem<br />

wir leben und unser Leben haben: Jesus<br />

Christus. Und Menschen halten sich oft, gerade<br />

in den Notsituationen ihres Lebens, an dieses<br />

Wort.<br />

<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> – das ist nicht selbstverständlich,<br />

sondern Grund zum Denken und<br />

Danken.<br />

Markus Laidig<br />

Pfarrer an der Stadtkirche<br />

<strong>Geislingen</strong>


P O R T R A I T Landwirt<br />

Simon Wittlinger<br />

ANITA GRÖH · DANIELA HARTMANN<br />

Simon Wittlinger jagt nach dem erfüllten Leben. Er ist<br />

Landwirt, er ist Christ und in seinem aktuellen Leben<br />

Missionar in Liberia.<br />

1973 geboren wuchs Simon Wittlinger auf der schwäbischen<br />

Alb, auf dem Lindenhof bei <strong>Geislingen</strong>-Weiler, auf.<br />

Die Schule besuchte er in Rechberghausen, in Eybach und<br />

in <strong>Geislingen</strong>, wo er 1993 im Helfenstein-Gymnasium die<br />

Abitursprüfung absolvierte. Sein Studium zum Agrarbiologen<br />

mit Diplom in Pflanzenphysiologie machte er an der<br />

Universität in Hohenheim. Nach der Vorbereitung zum<br />

Missionarsdienst ist er seit Januar 2007 als Missionar in<br />

Liberia in West Afrika unterwegs. Simon Wittlinger ist<br />

einer, der es nicht liebt, Gegebenes einfach hinzunehmen.<br />

Er ist am ständigen, geistigen Wachstum interessiert.<br />

Suche nach der Wahrheit<br />

Mit 19 Jahren ist er von Jesus gefunden worden, erzählt<br />

Simon Wittlinger. Dies sei auch mit ein Grund, warum er<br />

nach Liberia gegangen ist. „Ich wollte wissen, ob der<br />

Glaube an Jesus Christus wirklich trägt. Tiefe Kerben in<br />

meinem Leben haben mich resignieren lassen. So habe ich<br />

mich in die Flucht geschlagen; aber nach vorne. Ich wollte<br />

nicht resignieren und nur noch funktionieren. So ist es<br />

manchmal gut, sich exorbitant aus dem System heraus<br />

zu nehmen und das Problem aus der Ferne zu bearbeiten.“<br />

Die Gnade und Behütung Gottes könne er am<br />

besten in Extremsituationen erkennen, meint Simon Wittlinger.<br />

„Ich wollte meinem Herrn Jesus mehr dienen.“<br />

Zur Frage, warum er in Deutschland alles aufgegeben<br />

habe, um nach Liberia zu gehen, antwortet er: „Ich habe<br />

Christ<br />

Missionar<br />

zu Hause nicht alles aufgegeben, sondern es ruht<br />

nur.“ Er habe sich als starrköpfig und feige empfunden<br />

und dies wollte er ändern. So durfte er in Liberia lernen,<br />

damit umzugehen und zu lernen, dass Jesus Sieger ist.<br />

Mit Jesus im Herzen könne auch ein feiger Simon einer<br />

Kobraschlange mit der Machete den Kopf abschlagen.<br />

Und mit Ihm im Herzen könne er sogar für ihn widerspenstige<br />

Situationen wie Korruption ertragen. Die Liebe<br />

Christi allen und in jeder Situation zu bezeugen, das<br />

sei sein Ziel. Seine Heimat sei die Alb, denn sie und vor<br />

allem die Menschen dort lägen ihm am Herzen.<br />

Noch bis zum Januar 2010 dauert sein Projekt in Liberia.<br />

In Kooperation mit einer lokalen, evangelikalen, kirchlichen<br />

Organisation namens ECUL (Evangelical Church<br />

Union of Liberia) lautet sein Auftrag, in acht Distrikten<br />

von Liberia die Pfarrer von ECUL in der Landwirtschaft<br />

zu lehren. Aber da diese zu wenige sind, unterrichtet er<br />

immer interessierte Bauern mit. Eine gute Chance auch,<br />

ihnen von Jesus zu erzählen, sagt Simon Wittlinger.<br />

Als Ausrüstung steht ihm ein Toyota Landcruiser Geländewagen<br />

und ein Geländemotorrad zur Verfügung.<br />

Seinen Standort hat Simon Wittlinger in der Hauptstadt<br />

Monrovia. Monrovia wird noch oft von bewaffneten<br />

Überfällen heimgesucht, speziell nachts. Das Land Liberia<br />

ist größtenteils sicher.<br />

Der Alltag<br />

Meistens ist Simon Wittlinger im Landcruiser unterwegs.<br />

Er nutzt ihn auch als Haus, was sich gut eingespielt habe.<br />

Egal, ob der Landcruiser im Norden oder Osten Liberias<br />

steht, stets sei er zu Hause. Er genießt das liberianische<br />

Essen mit den Leuten vor Ort und nimmt auch manche<br />

Unannehmlichkeiten gern in Kauf. Damit ehrt er die Leute<br />

und kann sie viel besser erreichen. Am Abend schreibt er<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

5


dann im Landcruiser für das nächste Seminar auf seinem<br />

Laptop, der mit 300 Amperestunden und einem 800 Watt<br />

Inverter bestens für diese Arbeit gewappnet ist. Am<br />

Wochenende ist er dann zurück in Monrovia, wo er ein<br />

nettes Plätzchen bei einer ihm sehr liebgewordenen<br />

Familie hat.<br />

Simon Wittlinger erlebt die Menschen als sehr dankbar.<br />

Sie wollten aber immer gleich mehr haben. Der lange<br />

Krieg habe ihre Werte verschoben und die Missionare vor<br />

dem Krieg seien sehr großzügig gewesen. So könne es<br />

schon vorkommen, dass er unterwegs anhalte um einen<br />

Passanten mitzunehmen. Der bedanke sich auch, schreibe<br />

dann aber flugs einen Brief, ob er nicht das Auto noch<br />

mit sechs anderen Leuten laden könne, die dann von dem<br />

Briefeschreiber abkassiert werden würden. So kann Simon<br />

Wittlinger manchmal nur staunen und in sich hinein<br />

lachen, wenn es nicht gerade die Polizei wäre, die einen<br />

dann gleich für Stunden festsetzt wegen nichts und<br />

erhofft, dass die erweichte „Weißhaut“ ihnen etwas zukommen<br />

lässt. Im Busch erlebt er sehr dankbare und<br />

wohl verhaltene Menschen. Wenn er ankomme, bieten sie<br />

Essen und Trinken an, was er gerne annimmt. Sie sprechen<br />

dann lange miteinander auf sehr freundlicher Ebene,<br />

aber Simon Wittlingers Ohren sind immer sehr gespitzt,<br />

was sie eigentlich meinen mit dem vielen Gesagten. Einmal<br />

schenkte er einem Lehrer eine Uhr, damit er pünktlich<br />

seine Schule anfangen und beenden könne. Beim nächsten<br />

Besuch wollten viele auch eine solche Uhr haben.<br />

Das tägliche <strong>Brot</strong><br />

In Simon Wittlingers Dienst gibt es fast keine Routine.<br />

Jeder Tag ist verschieden. Das „tägliche <strong>Brot</strong>“ stellt für ihn<br />

Sicherheit und Geborgenheit dar im Sinne von „versorgt<br />

sein“. Ob er im entlegendsten Ort im Busch ist, stets ist<br />

für ihn gesorgt. So kann er gelassen seiner Wege gehen<br />

und braucht sich nicht aufreiben mit Sorgen, die keine<br />

sind; denn „das tägliche <strong>Brot</strong>“, alles was er für heute<br />

brauche, sei bereitet.<br />

Für die Menschen in Liberia ist das tägliche <strong>Brot</strong> nichts<br />

Besonderes. So sagen sie, dass sie nach dem Essen bei der<br />

„Weißhaut“ noch einmal essen gehen müssten. Sie lieben<br />

6 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

Reis über alles. Der Tag fängt schon mit einer richtigen<br />

Mahlzeit an, die selbst für die meisten Schwerarbeiter bei<br />

uns zu heftig wäre. Aber wenn ihnen gesagt würde, „ihr<br />

täglich Reis“, dann würden sie sofort an eine „gefüllte<br />

Küche“ denken. Denn die meisten seien zufrieden, wenn<br />

sie sich jeden Tag satt essen können.<br />

Was bleiben wird, wenn Simon Wittlinger nicht mehr da<br />

ist, fragen wir. Nichts und hoffentlich viel, antwortet er.<br />

Unmittelbar bleiben von ihm nur viele verschiedene Lernhefte<br />

wie Medizinpflanzen und Gartenbau in den Tropen,<br />

Pestizidbekämpfung ohne kommerzielle Spritzmittel,<br />

Kompostierung, Ziegen-, Schweine-, Schaf- und Milchviehhaltung<br />

in den Tropen etc. Simon Wittlinger hofft,<br />

dass viele erlernt haben, dass der Dung der Kuh in den<br />

Garten kommt. Damit wächst mehr Kraut, was wiederum<br />

mehr Einkommen ergibt. So können Spurenelemente für<br />

die Kuh gekauft werden, und sie kann wiederum besser<br />

und gesünder produzieren. Damit wäre ein besseres und<br />

gesünderes Leben möglich.<br />

Und dann hofft er natürlich, dass die Liberianer in ein<br />

paar Jahren wirklich den Schweinestall über den Teich<br />

bauen, und der Garten tiefer liegt als der Teich, damit sie<br />

das „doppelt“ an Nährstoff angereicherte Wasser zum<br />

Gießen nehmen können und letztendlich neben Fisch und<br />

Fleisch auf dem Teller gutes Gemüse und Früchte und<br />

selbst gemachte Medizin verzehren können.<br />

Bäume allerdings pflanzt er viele mit ihnen. Denn in den<br />

Bäumen liegt die Zukunft. So werden hoffentlich auch ein<br />

paar Bäume aus Simon Wittlingers Zeit übrig bleiben.<br />

Aber für ihn ist sehr wichtig, dass die Wahrheit von Gott<br />

bleibt und dass sie durchbricht, dass viele Lügen, die<br />

diese Gesellschaft hier knechtet, ihre Kraft verlieren.<br />

Bewahrung der Schöpfung<br />

Umweltschutz gibt es nicht. Die Autos werden gefahren<br />

bis sie wirklich auseinander brechen. Ob sie mehr rauchen<br />

als früher eine Dampflok, interessiert keinen. Desgleichen<br />

ist es mit Generatoren. Abwasser wird generell schnellst<br />

möglichst entsorgt; im Busch hinterm Haus; in der Stadt


an der Ecke. Brandrodung hat den Urwald leergefegt. Die<br />

meiste Zeit ist Simon Wittlinger gar nicht mehr im Busch<br />

nach unserer Vorstellung unterwegs, sondern er nennt<br />

diese Bereiche alte Farmen. In diesen alten Farmen sind<br />

nur noch wenige Pflanzenarten übrig geblieben. Heftige<br />

Erosionsprobleme kennzeichnen das Land. Liberia zeigt<br />

ganz deutlich, dass die Welt, diese Schöpfung, untergeht.<br />

Angesprochen auf seinen Glauben erwidert Simon Wittlinger,<br />

dass er nicht in Liberia arbeiten würde, wenn er<br />

nicht Christ wäre. Die Unsicherheit und die Kulturlosigkeit<br />

seien so groß, dass sie nicht so leicht aufzuwiegen<br />

wären mit anderen Dingen. Aber dadurch, dass<br />

er Christ ist, liebt er die Menschen hier auf ihre Weise,<br />

kann sie stehen lassen, trotz ihrer boshaften Intrigen und<br />

Lügen. Er kann sich frei bewegen und viele Menschen<br />

besuchen, die er als Nichtgläubiger aus „Sicherheitsgründen“<br />

nie besuchen würde. Auch würde er als Nichtgläubiger<br />

die vielen Demütigungen nicht über sich ergehen<br />

lassen. Wenn er nicht die Hoffnung auf Jesus hätte und<br />

auf seine schützende Hand vertrauen würde, dann wäre<br />

er leichtsinnig mit seinem Leben.<br />

Die Kirche in Liberia sei oft sehr doppelbödig. Sie hätte<br />

viele Pastoren, die mehrere Frauen oder Freundinnen mit<br />

Kindern im anderen Dorf hätten und es nicht einmal<br />

zugeben würden. Hier stehe für ihn die Frage im Raum,<br />

ob sie wirklich Jesus als ihren Heiland erkannt hätten.<br />

Geld werde eigentlich fast immer „vervespert“, was auch<br />

seinen Dienst schwer mache. Aber Gott sei Dank dürfe er<br />

auch Ausnahmen erleben, was ihn sehr positiv stimmt.<br />

TISCHGEBET AUS TANSANIA:<br />

All ihr großen Dinge, lobet Gott.<br />

Kilimandscharo und der Viktoriasee,<br />

du, großer Grabenbruch,<br />

und die Ebene der Serengeti,<br />

dicke Affenbrotbäume<br />

und schattige Mangobäume,<br />

alle Eukalyptus- und Tamarindbäume,<br />

preiset den Herrn.<br />

Lobet und rühmet ihn auf ewig.<br />

All ihr kleinen Dinge, lobet Gott.<br />

Emsige schwarze Ameisen<br />

und springende Flöhe,<br />

zappelnde Kaulquappen und Moskitolarven,<br />

fliegende Heuschrecken und Wassertropfen,<br />

Pollenstaub und Tsetsefliegen,<br />

Hirsesamen und getrocknete Dagaa (kleine Sardinenfische),<br />

preiset den Herrn.<br />

Lobet und rühmet ihn auf ewig.<br />

Was sagt<br />

Simon Wittlinger<br />

zu...<br />

Meine Stärken<br />

Improvisieren und Flexibilität.<br />

Meine Schwächen<br />

Ungeduld und zu schnelles Urteil.<br />

Mein Vorbild<br />

Ich habe kein Vorbild, denn ich bin ich,<br />

und wie Jesus kann ich nicht werden.<br />

Mein Lieblingsbuch<br />

Der Kolosserbrief im Neuen Testament.<br />

Mein Lieblingsessen<br />

Generell: Rote Wurst mit Linsen und<br />

Spätzle; lokal: Jollove Reis (Gemüsereis mit<br />

Huhn).<br />

Mein Traum von Kirche<br />

Eine Denomination mit Jesus im Zentrum.<br />

Das ärgert mich<br />

Einbrecher, die den Opfern Batteriesäure ins<br />

Gesicht sprühen.<br />

Was würde ich mit einem Lottogewinn<br />

machen<br />

10-10-80-Prinzip: 10 % guter Zweck,<br />

10 % sparen und 80 % verleben, wobei mein<br />

Berufsfeld, also Investitionen, hier dazu<br />

gehören. Ich würde, glaube ich, eine „crossslot-Direktsaatmaschine“<br />

kaufen.<br />

Lieblingsstelle in der Bibel<br />

Die Austreibung der Geister aus dem Gerasener<br />

in die Schweine. Diese Stelle zeigt, dass Jesus<br />

der einzige Herrscher ist, und alles beugt<br />

seine Knie vor ihm; selbst die Dämonen, die<br />

hier den Leuten starke Angst einjagen.<br />

Mein Wunsch für Liberia<br />

Ich wünsche ihnen, dass sie ihre hoffnungslose<br />

Korruption erkennen und endlich zur Wahrheit<br />

umkehren.<br />

Bewahrung der Schöpfung<br />

Die ist schon verloren. Aber wir bauen auf die<br />

neue, die viel schöner sein wird.<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

7


Aus Kirche und Gesellschaft<br />

ANITA GRÖH<br />

„Vielfältig und umfangreich sind die Themen, mit denen<br />

sich die Landessynode im letzten Jahr beschäftigt hat:<br />

Einheitliche Ordnung zur Notfallseelsorge; Stärkung des<br />

Fachs „Interkulturelle Theologie/Missionswissenschaft“ an<br />

der Evangelisch-theologischen Fakultät Tübingen; Arbeit<br />

an Citykirchen; Arbeitshilfe mit biblischen Texten für Kinder<br />

im Vorschulalter; Gemeinsame Initiative evangelischer<br />

Missionswerke, Verbände und Kirchen „Mission.de – um<br />

Gottes Willen – der Welt zuliebe“; Resolution für Frieden<br />

im Kongo und vieles mehr. Hinzu kommt der jährlich zu<br />

beratende Haushaltsplan und die Diskussion um die Bildungskonzeption<br />

der Landeskirche. Hier geht es um Geld,<br />

um Bildungseinrichtungen, um Stellen und inhaltliche<br />

Schwerpunkte. Mit der konkreten Arbeit dieser einzelnen<br />

Themen beauftragt die Landessynode die verschiedenen<br />

Ausschüsse.<br />

Im Ausschuss für Mission, Ökumene und Entwicklung,<br />

in dem ich Mitglied bin, war im vergangenen Jahr die<br />

Mission Schwerpunkt. So ist zu der Imagekampagne<br />

„Mission.de – um Gottes Willen – der Welt zuliebe“, die<br />

vom Evangelischen Missionswerk in Deutschland getragen<br />

wird, von der Landessynode der Auftrag an den Ausschuss<br />

ergangen, zu prüfen, welche Beispiele des Engagements<br />

für Mission und kirchlichen Entwicklungsdienst aus<br />

Württemberg in die Kampagne der EKD einfließen sollten<br />

und wie die Kampagne auf allen Ebenen in den Gemeinden,<br />

Einrichtungen und Werken unterstützt werden kann.<br />

Weiter wurden im Bereich Mission Stellen geschaffen für<br />

die Fortsetzung der Arbeit des Kongresses „Wachsende<br />

Kirche“ und für das Zentrum für Mission in der Region,<br />

das in Zusammenarbeit mit der EKD in Württemberg eine<br />

Außenstelle erhält.<br />

Blick in die Welt<br />

A U S D E R L A<br />

Doch auch der Blick über die Grenzen der eigenen Landeskirche<br />

hinaus ist gegeben:<br />

Die Landessynode beschloss eine Resolution zum Schutz<br />

für die Menschen im Kongo. „Wir wissen durch unsere<br />

Partnerkirchen im Kongo von den ungezählten Leiden der<br />

8 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

Mission, Ökumene und<br />

Entwicklung gehören zusammen<br />

Zivilbevölkerung, besonders der Mädchen und Frauen“,<br />

berichtete Harald Kretschmer, der Vorsitzende des Ausschusses<br />

für Mission, Ökumene und Entwicklung. Der<br />

verheerende Krieg im Osten der Demokratischen Republik<br />

Kongo müsse bald beendet werden.<br />

„<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> gib uns heute“ ist auch das Thema<br />

der elften Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes,<br />

die von 20. bis 27. Juli 2010 in Stuttgart stattfinden wird.<br />

400 Delegierte und rund 1500 Gäste werden erwartet.<br />

Sie werden über die verschiedenen Aspekte von „<strong>Unser</strong><br />

<strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> gib uns heute“ nachdenken und ihre Schlüsse<br />

für die weitere Praxis des Glaubens und christlichen und<br />

kirchlichen Lebens daraus ziehen. Dies soll in so genannten<br />

„Village-Groups“ geschehen. Das heißt, Delegierte aus<br />

allen Erdteilen werden in gemischten Gruppen miteinander<br />

arbeiten. Der Ausschuss für Mission, Ökumene und<br />

Entwicklung ist hier bei der Vorbereitung beteiligt.<br />

Sehr zeitintensiv ist die Arbeit im Landeskirchenausschuss,<br />

dessen Mitglied ich ebenfalls bin. Dieser Ausschuss ist<br />

zuständig für die Besetzung von Leitungsstellen in der<br />

Landeskirche. Unter Vorsitz von Landesbischof Frank<br />

Otfried July werden die Bewerbungen für Dekanatsstellen,<br />

Schuldekansstellen, Oberkirchenratsstellen und sonstige<br />

Leitungsstellen in der Landeskirche verhandelt. So ist die<br />

Wiederbesetzung der Oberkirchenratsstelle für Personal auf<br />

der Tagesordnung, nachdem die seither dafür zuständige<br />

Oberkirchenrätin Ilse Junkermann zur Bischöfin in der<br />

Evangelisch-Mitteldeutschen Kirche gewählt wurde.<br />

Gerne informiere und diskutiere ich über die Arbeit unserer<br />

Landessynode und die Themen, die unsere Gemeinden<br />

betreffen. Laden Sie mich ein in Ihren Kirchengemeinderat<br />

oder in interessierte Kreise.<br />

Anita Gröh<br />

Landessynodale


N D E S S Y N O D E<br />

BEATE KELLER<br />

Diese Bitte des „Vaterunser“ möchte ich unter<br />

vier Gesichtspunkten bedenken:<br />

1. „UNSER <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> gib uns heute“<br />

Nicht um mein oder dein sondern um unser<br />

<strong>Brot</strong> dürfen oder sollen wir Gott bitten. Gott<br />

gibt uns <strong>Brot</strong> und unsere Aufgabe ist es, dieses<br />

<strong>Brot</strong> zu verteilen, zu schauen, dass jeder das<br />

bekommt, was er zum Leben braucht. Dass das<br />

leichter gesagt ist als getan, zeigt die Realität<br />

auf unserer Erde. Menschen verhungern, nicht<br />

weil es zu wenig <strong>Brot</strong> gäbe, sondern weil durch<br />

Krieg und Gewalt, Misswirtschaft und Profitgier<br />

wir das <strong>Brot</strong>, das Gott uns gibt, vernichten oder<br />

es nicht schaffen, alle Menschen daran teilhaben<br />

zu lassen. Wo können wir in unserem Alltag<br />

dazu beitragen, dass das <strong>Brot</strong> unter uns besser<br />

verteilt wird?<br />

2. „<strong>Unser</strong> TÄGLICHES <strong>Brot</strong> gib uns heute“<br />

Handelt es sich hier um einen Dauerauftrag<br />

Gottes oder eher um eine Tagesration? Ich<br />

meine letzteres. „Tägliches <strong>Brot</strong>“ ist nicht gleich<br />

„<strong>Brot</strong> täglich“. Aber wir hätten doch lieber<br />

gleich <strong>Brot</strong> für die nächsten Wochen oder Jahre.<br />

Wir fordern Sicherheiten an unserem Arbeitsplatz,<br />

von Banken und Versicherungen. Wir<br />

wollen, dass unsere Zukunft abgesichert ist. Das<br />

ist unsere Grundhaltung. Jesus fordert uns aber<br />

mit dieser Bitte auf, für die Tagesration zu bitten.<br />

Wir können und dürfen uns ja mit dieser<br />

Bitte täglich an Gott wenden. Ist dies nicht<br />

genug?<br />

<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong><br />

gib uns heute<br />

3. „<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> BROT gib uns heute“<br />

Mit dieser Bitte im „Vater unser“ zeigt uns Gott<br />

ganz deutlich, dass es ihm nicht nur um unseren<br />

Glauben oder unser geistliches Leben geht,<br />

sondern um unseren Leib. Gott will dass wir<br />

leben und er weiß, dass wir dafür handfeste<br />

Nahrung brauchen; von frommen Sprüchen<br />

wird niemand satt. Wir brauchen <strong>Brot</strong>: Mehl,<br />

Wasser, Sauerteig und etwas Salz, mehr nicht.<br />

Mehr nicht? Reicht uns das? Schwingt bei uns<br />

nicht beim Beten dieser Bitte gedanklich der<br />

Arbeitsplatz mit, das entsprechende Einkommen,<br />

das Haus, der Urlaub, den wir verdient<br />

haben, all unser Wohlstand? Vielleicht führt uns<br />

diese Bitte dazu, innezuhalten und darüber<br />

nachzudenken, was wir wirklich zum Leben<br />

brauchen und auf was wir verzichten können,<br />

ohne dabei gleich zu verhungern.<br />

4. „<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> gib uns HEUTE“<br />

Ich habe den Eindruck, wir leben manchmal<br />

mehr in der Zukunft als in der Gegenwart. Wir<br />

sehen Dinge auf uns zukommen, rechnen mit<br />

Veränderungen, die real noch gar nicht existieren<br />

und setzen dabei viel Zeit, Kraft und Energie<br />

ein, all diese Prognosen zu verarbeiten und uns<br />

darauf vorzubereiten, so dass für das eigentliche<br />

Leben heute nichts mehr übrig bleibt. Lohnt<br />

sich das? In die Zukunft blicken, aber im Heute<br />

leben, das müssen wir wieder lernen: im Heute<br />

leben, es bewusst wahrnehmen und Gott dafür<br />

dankbar sein.<br />

„<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> gib uns heute“ –<br />

Gott gibt es uns.<br />

Beate Keller<br />

Landessynodale<br />

T I S C H G E B E T A U S D E U T S C H L A N D :<br />

Aller Augen warten auf Dich, o Herr, und Du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.<br />

Du tust Deine milde Hand auf und erfüllst alles, was da lebet, mit Wohlgefallen. Amen.<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

9


Aus Kirche und Gesellschaft<br />

Ernste Sorgen um das tägliche <strong>Brot</strong><br />

Das Hungerjahr 1816/17 im Oberamt <strong>Geislingen</strong><br />

KARLHEINZ BAUER<br />

In der Zeit vor der Industrialisierung bildete die heimische<br />

Landwirtschaft noch die ausschließliche Ernährungsgrundlage<br />

für die Bevölkerung. Gerieten einmal die Feldfrüchte<br />

durch zu nasse Witterung nicht, so war man allein auf<br />

den geringen Vorrat im Land angewiesen. Doch dieser<br />

reichte nur kurze Zeit. Vom Ausland etwas zu bekommen,<br />

war wegen der unzureichenden Verkehrsmittel und<br />

der verhängten Ausfuhrverbote sehr schwierig. Folgten<br />

bei einer solchen Witterungsabhängigkeit einmal mehrere<br />

nasse Sommer und Missernten aufeinander, so rief die<br />

alsbaldige Lebensmittelverknappung allgemeine Hungersnot<br />

und Teuerung hervor. Auf die Menschen kam unsägliches<br />

Elend zu.<br />

Blättert man in den Geschichtsbüchern, so wird immer<br />

wieder von Wetterkapriolen berichtet, die schlechte Ernten<br />

verursachten und damit ernste Sorgen um das tägliche<br />

<strong>Brot</strong> nach sich zogen. Die Hungersnot von 1816/17<br />

traf das Volk besonders schwer. Sie ist geradezu zu einem<br />

Schulbeispiel geworden, wie üble Zeiten das Leben und<br />

die Existenz der Menschen beeinflussen und welche<br />

Folgen sie haben.<br />

Ursachen und Hintergründe<br />

Eine ganze Reihe unglücklicher Umstände führte zu diesen<br />

Hungerjahren. Die napoleonischen Kriege, Einquartierungen<br />

und Truppendurchzüge hatten überall im Land die<br />

Vorräte stark vermindert und mit Abgaben und Dienstleistungen<br />

für die Militärmächte das Volk stark belastet. In<br />

den Kriegszeiten waren aber nicht allein die materiellen<br />

Vorräte aufgezehrt worden, sie hatten auch überall die<br />

öffentlichen und privaten Kassen überbeansprucht. Deshalb<br />

hatten Privatleute und die Gemeinden weniger<br />

Getreide aufgekauft, als sie es unter normalen Umständen<br />

getan hätten. Denn weshalb sollte man das ohnehin<br />

knappe Geld für Vorräte verwenden, solange man noch<br />

auf eine günstige Ernte im neuen Jahr hoffen konnte!<br />

Schnee bis in den Frühsommer<br />

Doch zu den Kriegszeiten kam eine ungünstige Witterung.<br />

Schon seit 1811 folgte ein Regensommer dem<br />

andern. Ernten fielen spärlich aus. Getreide gedieh nicht.<br />

Korn und Gras faulten auf den Feldern. Verdorbenes Gras<br />

machte das Vieh krank, Viehseuchen gingen um. Kartoffeln<br />

besaßen nur noch geringen Nährwert. Kälte kam<br />

hinzu, und aus Regen wurde Schnee. In all diesen Jahren<br />

lag Mitte Mai an vielen Orten noch tiefer Schnee. Auch<br />

die Sommer blieben kalt und nass; Gewitter mit Hagelschlägen<br />

und Wolkenbrüchen vergrößerten das Unglück.<br />

Die Erntezeit wurde vielerorts um Wochen verzögert. Sie<br />

dauerte zum Teil bis Mitte Oktober. Oft fielen noch Scharen<br />

von Mäusen über die Kornfelder her und fraßen die<br />

geringen Erträge.<br />

Nach Berichten aus dem Jahr 1816 war es auf der Alb vor<br />

Michaelis (29. September) nicht möglich, mit dem Getreideschnitt<br />

zu beginnen. Noch im November versuchte<br />

man dort, den Hafer unter dem Schnee hervorzuholen.<br />

10 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

Die Nässe begünstigte allerlei Schädlinge und Krankheiten:<br />

Getreiderost und Mutterkorn, Kornmaden, Schnecken<br />

und Würmer. Doch nun war es zu spät. Kaum irgendwo<br />

in den benachbarten Ländern konnte mehr Getreide aufgekauft<br />

werden, weil sich die Not inzwischen auch über<br />

weite Teile Europas erstreckte. Überall waren Unwetter<br />

und starke Regenfälle niedergegangen, überall war es kalt<br />

und unwirtlich gewesen, und die Bevölkerung litt landauf,<br />

landab unter der beginnenden Lebensmittelknappheit.<br />

Auch unsere engere Heimat hatte unter der ungünstigen<br />

Witterung jener Jahre sehr zu leiden. Am stärksten wurden<br />

die Markungen Altenstadt, Kuchen, Hausen, Stötten<br />

und Aufhausen von den Unwettern betroffen. Schadensfeststellungen<br />

ergeben ein ernstes Bild. Der größte Teil der<br />

Ernte war vernichtet.<br />

Ein <strong>Brot</strong> für 5 Tageslöhne<br />

Der verheerende Misswachs von 1816 verursachte eine<br />

erhebliche Teuerung aller Lebensmittel und führte Anfang<br />

des Jahres 1817 zu einer allgemeinen Hungersnot. Von<br />

Woche zu Woche stiegen die Lebensmittel im Preis.<br />

Zuletzt war fast nichts mehr in Geld zu bezahlen. Der<br />

<strong>Brot</strong>preis stieg um das Viereinhalbfache. Ein achtpfündiger<br />

Laib <strong>Brot</strong> kostete ein Gulden 36 Kreuzer, das entsprach<br />

etwa fünf Tagelöhnen eines Arbeiters. Die Masse der<br />

Bevölkerung besaß natürlich nicht die Mittel, um diese<br />

Preise bezahlen zu können. Um den <strong>Brot</strong>preis optisch zu<br />

senken, verringerten die Bäcker das Gewicht der <strong>Brot</strong>e. Für<br />

einen Kreuzer bekam man in normalen Zeiten 120<br />

Gramm <strong>Brot</strong>, auf dem Höhepunkt der Hungersnot aber<br />

nur noch 25 Gramm.<br />

<strong>Brot</strong> und alle aus Getreidemehl zubereiteten Speisen bildeten<br />

damals – weitaus mehr als heute – die Grundlage<br />

der Ernährung. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts machte<br />

allein das <strong>Brot</strong> 80 Prozent aller Grundnahrungsmittel aus;<br />

heute beträgt der Anteil des <strong>Brot</strong>es höchstens noch 20<br />

Prozent. Fleisch und Fett spielten eine geringe Rolle,<br />

Gemüse und Obst fielen überhaupt nicht ins Gewicht.<br />

Sich etwa von Pflanzen zu ernähren, war den Menschen<br />

kaum geläufig. In den Essgewohnheiten hat sich bis heute<br />

ein deutlicher Geschmackswandel vollzogen, und die<br />

modernen Erkenntnisse über gesunde Ernährung sind<br />

nahezu Allgemeingut geworden. Dies macht deutlich,<br />

welch katastrophale Folgen damals Missernte und Teuerung,<br />

also eine restlose Abhängigkeit der Volksernährung<br />

von der jährlichen Getreideernte, haben musste.<br />

<strong>Brot</strong> aus Baumrinde und Sägespänen<br />

Die Menschen wussten sich vor Hunger fast nicht mehr<br />

zu helfen. Es kam oft vor, dass Kinder, die tagelang nichts<br />

genossen hatten, in der Schule ohnmächtig zu Boden fielen.<br />

Man ersann neue Wege, sich Nahrung zu verschaffen,<br />

und was man dem <strong>Brot</strong>teig beimischen könnte, um<br />

ihn zu strecken. Viele aßen Gemüse aus Gras, Klee,<br />

Disteln, Wurzeln, Wicken, Brennnesseln, Vogelbeeren<br />

und Sägemehl. Aus Heublumen, Kleie und Rüben, aus<br />

abgesottenem Biermalz, aus gemahlenem Stroh, aus


Baumrinde und Sägespänen wurde <strong>Brot</strong> gebacken. Der<br />

Altenstädter Lehrer Melchior Lamparter schrieb, neben<br />

allerhand Kräutern und Wurzeln habe man auch<br />

Schnecken gegessen, so dass man zuletzt Krankheit oder<br />

gar den Hungertod befürchtete, wenn der Allmächtige<br />

nicht bald durch eine gute Ernte half.<br />

Die Regierung hielt es zunächst nicht für nötig, angesichts<br />

des entsetzlichen Übels Maßnahmen zur Linderung der<br />

Hungersnot einzuleiten. Im Juni 1816, als sich die<br />

Missernte abzeichnete, erwiderte König Friedrich I. von<br />

Württemberg: „Wir zweifeln nicht, dass bei der herannahenden<br />

Ernte die Besorgnisse wegen eines später<br />

eintretenden Mangels nach und nach von selber wieder<br />

verschwinden werden.“ Die Antwort erregte Aufsehen<br />

im ganzen Land. Das Geschäft der Kornwucherer blühte;<br />

die Nachbarstaaten Bayern und Österreich hatten längst<br />

Ausfuhrsperren verhängt.<br />

Hilfe in Not<br />

Sein Sohn und Nachfolger, Wilhelm I., und dessen junge<br />

Gemahlin Katharina hatten dagegen offene Augen und<br />

Ohren für die Not der Bevölkerung. Schon wenige Tage<br />

nach seiner Thronbesteigung erhöhte er die Ausfuhrzölle<br />

für Getreide, hob die Einfuhrzölle auf, verbot den Getreideverkauf<br />

ins „Ausland“, d. h. in die benachbarten deutschen<br />

Staaten, und verbot den Händlern den Getreideeinkauf<br />

in Privathäusern und Mühlen. Zugleich bemühte er<br />

sich, Getreide einzuführen, vor allem aus Russland, der<br />

Heimat der Königin. Doch dieses Getreide konnten sich<br />

zu diesem Zeitpunkt nur noch die Wohlhabenden leisten;<br />

die Armen litten weiterhin Not. In <strong>Geislingen</strong> wurde am<br />

3. Mai 1817 zum ersten Mal <strong>Brot</strong> aus russischem Getreide<br />

unter polizeilicher Aufsicht im Spital ausgeteilt. Jeder Bürger<br />

erhielt je nach Größe und Bedürftigkeit seiner Familie<br />

zweimal in der Woche zwei bis vier Pfund <strong>Brot</strong>.<br />

Im Januar 1817 schlug der König vor, Speiseanstalten zu<br />

gründen. Die Armen und Bedürftigen sollten dort eine<br />

warme Mahlzeit bekommen, oftmals nachdem sie sich<br />

vorher durch Arbeit beim Wegebau oder in der Forstwirtschaft<br />

ihr Essen verdient hatten. In <strong>Geislingen</strong> wurde<br />

darauf von der Stadtverwaltung eine Suppenanstalt<br />

eingerichtet, in der täglich 200 Portionen unentgeltlich<br />

ausgegeben wurden.<br />

Der König regte außerdem an, Wohltätigkeitsvereine einzurichten.<br />

Überall sollten Beschäftigungsanstalten entstehen,<br />

um den vielen Arbeitslosen, die sich bettelnd im<br />

Land herumtrieben, Chancen zu bieten, durch eigene<br />

Arbeit ihr <strong>Brot</strong> zu verdienen. In Altenstadt wurde ein Verein<br />

gegründet, der wöchentliche Sammlungen veranstaltete,<br />

um die Notleidenden mit Geld und Nahrung (<strong>Brot</strong>,<br />

Mehl) zu unterstützen.<br />

Im Oberamt <strong>Geislingen</strong> wurde ein „Arbeitsinstitut“ zur<br />

Beschäftigung der Arbeitslosen eingerichtet. Die Stadt ließ<br />

die Straßen und Wege auf ihre Kosten instandsetzen, um<br />

den Armen Unterhalt in dieser enormen Teuerung zu verschaffen.<br />

Hergestellt wurden die Straßen nach Amstetten,<br />

Eybach, Weiler, Türkheim und Überkingen. Beschäftigt<br />

waren Männer und Frauen. Ein Mann erhielt 30, eine Frau<br />

20 Kreuzer als Tagelohn.<br />

Einbringung des ersten Erntewagens in der Geislinger<br />

Hauptstraße nach zwei Teuerungsjahren am 23. Juli 1817.<br />

Glocken läuten zur ersten Ernte<br />

Die Witterung zeigte sich im Frühjahr 1817 genauso traurig,<br />

wie sie das ganze Jahr 1816 über war. Bis Ende April<br />

regnete es fast täglich. Im Mai fiel ein beispielloses<br />

Unwetter ein, das große Überschwemmungen verursachte<br />

und einer wahren Sintflut glich. An mehreren Stellen<br />

rutschten die Hänge der Albberge, vor allem zwischen<br />

Überkingen und Hausen. Doch damit hörte auch schlagartig<br />

die nasskalte Witterung auf. Die Bevölkerung konnte<br />

aufatmen. Die Feldfrüchte wuchsen jetzt prächtig heran<br />

und gerieten gut. In <strong>Geislingen</strong> konnte am 23. Juli der<br />

erste Wagen mit Wintergerste eingeführt werden. Es mag<br />

eine herzerhebende Feierlichkeit gewesen sein, als der<br />

Fruchtwagen nachmittags um 14 Uhr vor dem Stadttor<br />

ankam. Dort wurde er, prächtig mit Blumenkränzen<br />

geschmückt, von der Schuljugend empfangen. Als der<br />

Erntewagen in die Stadt einfuhr, läuteten alle Glocken,<br />

und die Schuljugend sang unter den Klängen der Musikkapelle<br />

das Lied „Die Ernt’ ist da, es winkt der Halm dem<br />

Schnitter in das Feld; laut schalle unser Freudenpsalm<br />

dem großen Herrn der Welt!“ So ging der festliche Zug<br />

bis vor das Alte Rathaus, wo die ganze Bürgerschaft<br />

versammelt war, und wohl selten stimmte eine Menge<br />

mit solcher Inbrunst in den mächtigen Choral ein „Nun<br />

danket alle Gott“.<br />

Karlheinz Bauer war<br />

Stadtoberarchivrat<br />

und Leiter des<br />

Geislinger Kulturamtes<br />

von 1965 bis 1977<br />

Aquarell von Jacob Früholz<br />

Nach heutigen Erkenntnissen ist das „Jahr ohne Sommer“ 1816<br />

und die folgende Hungersnot von 1816/17 auf den Ausbruch<br />

des Vulkans Tambora/Indonesien im Jahr 1815 zurückzuführen.<br />

Feinste Bestandteile (Aerosole) seines Auswurfmaterials<br />

verteilten sich rund um die Erdkugel und bewirkten<br />

globale Klimaveränderungen in Nordamerika und Europa.<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

11


Aus Kirche und Gesellschaft<br />

Was wächst auf dem Acker:<br />

Food – Feed – Fuel?<br />

DR. CLEMENS DIRSCHERL<br />

Laut Bericht der Welternährungsorganisation leben heute<br />

rund sieben Milliarden Menschen auf der Erde. Prognosen<br />

sprechen von acht bis neun Milliarden Menschen, welche<br />

bis zum Jahr 2050 weltweit zu ernähren sind. Angesichts<br />

der Klimaerwärmung ist zugleich mit einer Verschiebung<br />

der agrarischen Nutzungszonen zu rechnen, so dass<br />

damit eine Reduzierung der heute verfügbaren Anbauflächen<br />

einhergeht. Auch wenn bisher noch nicht agrarisch<br />

genutzte Reservepotentiale erschlossen werden können,<br />

stellt sich die Steigerung landwirtschaftlicher Produktivität<br />

als große Herausforderung dar.<br />

Die Endlichkeit der Vorräte<br />

Seit längerem ist bekannt, dass die Vorräte an Erdöl,<br />

Erdgas und Kohle begrenzt sind. Darüber hinaus gilt es,<br />

sich unabhängig von Energieimporten zu machen, wie<br />

der Stopp der russischen Gaslieferungen gezeigt hat. Die<br />

Landwirtschaft bietet sich als Energielieferant an. Was<br />

vom Acker der Bauern kommt, kann einen Beitrag dazu<br />

leisten, die fossilen Energieträger Öl, Gas und Kohle zu<br />

schonen bzw. langfristig sogar zu ersetzen. Darüber hinaus<br />

gilt Biomasse als „grüne Energie“, nämlich als regenerative,<br />

in der die Sonnenenergie gespeichert ist. Dadurch<br />

bekommt der biblische Spruch „so lange die Erde steht,<br />

soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze“ im<br />

Zeitalter der Erderwärmung eine ganz neue inhaltliche<br />

Dimension.<br />

Tatsächlich stellt der Agrarsektor bereits heute Biomasse<br />

zur energetischen Nutzung bereit: Feststoffe zur thermischen<br />

Verwertung, in flüssiger Form als Treibstoff und<br />

gasförmig zur Einspeisung ins Energienetz. Die Folgen<br />

sind erkennbar. Immer mehr Biogasanlagen breiten sich in<br />

Deutschland aus, mit einer deutlichen Verschiebung der<br />

Anbaustruktur und Fruchtfolge. Die Äcker werden immer<br />

gelber. Mais und Raps greifen um sich, um die wachsende<br />

Nachfrage nach Energiepflanzen zu befriedigen. Ob dabei<br />

die Kriterien der Nachhaltigkeit im Anbau, was die Fruchtfolge<br />

betrifft, sowie innerhalb der Energie- und Klimabilanzen<br />

immer stimmig Anwendung finden, rückt angesichts<br />

der Euphorie oftmals in den Hintergrund. Die<br />

Auswirkungen auf den Pachtmarkt zeichnen sich ebenfalls<br />

längst ab – zum Leid der Vieh haltenden Betriebe und<br />

womöglich zum Nachteil von regionalen Agrarstrukturen<br />

vor Ort.<br />

Nahrung oder Treibstoff<br />

Auch aus globaler Sicht muss die gute Stimmung in Folge<br />

des Agrar-Energie-Booms hinterfragt werden. International<br />

bahnt sich eine Flächenkonkurrenz zwischen „food“<br />

(Nahrung), „feed“ (Futter) und „fuel" (Treibstoff) an. Die<br />

weltweite Bevölkerung muss ernährt werden – das hat<br />

12 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

eindeutig Vorrang!<br />

Zugleich verlangt<br />

die nachholende<br />

Entwicklung in<br />

Schwellenländern<br />

wie Brasilien, Indien<br />

und vor allem China<br />

nach Futtergetreide,<br />

um dem „modern<br />

lifestyle“ zu huldigen<br />

– auch beim Fleischkonsum.<br />

Dazu<br />

braucht es Energie in<br />

Form von Kalorien<br />

als Futter, zunächst<br />

einmal für die<br />

Schweine, Rinder<br />

und das Geflügel,<br />

bevor das Schnitzel,<br />

Ährenfeld bei Weiler<br />

die Keule oder der<br />

Milchshake auf dem Essenstisch landen. Zusätzlich soll<br />

nun auch noch von der begrenzt verfügbaren Agrarfläche<br />

weltweit mehr Energie erzeugt werden. Das überfordert<br />

unter den heutigen Konstellationen die agrarische Tragfähigkeit<br />

des Planeten Erde.<br />

Die Wertigkeit von Lebensmitteln<br />

Der Genusswert umfasst die Eigenschaften, die<br />

man beim Verzehr mit seinen Sinnen wahrnimmt,<br />

also Aussehen, Geruch, Geschmack, Konsistenz und<br />

Temperatur.<br />

Der Gesundheitswert als ernährungsphysiologische<br />

Qualität ist gekennzeichnet durch<br />

wertgebende und wertmindernde Inhaltsstoffe.<br />

Der psychologische Wert beruht auf der individuellen<br />

Beurteilung, ob man Genuss empfindet.<br />

Der soziokulturelle Wert richtet sich nach<br />

gesellschaftlichen Normen und Werten (Prestige)<br />

oder auch Tabus.<br />

Der ökologische Wert misst sich am Verbrauch<br />

von Energie, Rohstoffen und Wasser, am Aufwand<br />

an Verpackungen, deren Entsorgung sowie an der<br />

Menge der Schadstoffemissionen, die bei der<br />

Erzeugung und beim Transport anfallen.<br />

Der politische Wert orientiert sich an vielfältigen<br />

Aspekten, welche eine ganzheitliche Erfassung von<br />

Qualitätsmerkmalen einschließlich der Erzeugungsbedingungen<br />

und ihrer Konsequenzen in Beziehung<br />

zur Dritten Welt und sozialen wie politischen Zielen<br />

beinhalten.<br />

Eine ausführliche Fassung des Beitrags ist zu entnehmen<br />

unter www.hohebuch.de/Publikationen


Was tut Not? Einen klaren Kopf bewahren! Ein klarer<br />

Kopf heißt angesichts der aktuell aufgeheizten Klimadebatte<br />

an allererster Stelle, dass Energie global eingespart<br />

wird. Davon betroffen ist unser aller Lebensstil, weil sich<br />

daran gerade auch die Länder der Dritten Welt orientieren.<br />

Wie nutzen wir die Energien? Geradezu verschwenderisch!<br />

Aber neben einem effizienten Energiemanagement<br />

ist immer mehr auch ein Nahrungsmanagement erforderlich.<br />

In den USA werden 39 % der Lebensmittel vernichtet<br />

– aus Gedankenlosigkeit, aus vermeintlichen Hygienegründen,<br />

weil wir Kunden immer nur frische Ware bevorzugen.<br />

In Deutschland landen 19 % der Backwaren eines<br />

Tages am Abend im Abfall. Hier gilt es anzusetzen, wenn<br />

von Welternährungssicherung die Rede ist: neue Ehrfurcht<br />

für das täglich <strong>Brot</strong> statt Überfluss und Verschwendungssucht.<br />

Als zweites gilt es, die Suche nach alternativen<br />

Die Vesperkirche gibt das tägliche <strong>Brot</strong><br />

ANITA GRÖH<br />

Schon seit Beginn der Vesperkirche in <strong>Geislingen</strong> vor drei<br />

Jahren ist Gabriele von Bock dabei. Drei Wochen lang,<br />

solange die Vesperkirche geöffnet hat, steht sie täglich<br />

von elf bis 15 Uhr in der Küche der Geislinger Pauluskirche.<br />

Tag für Tag spült sie mit drei weiteren Ehrenamtlichen<br />

Teller, Schälchen, Tassen, Gläser, Besteck.<br />

Insgesamt sind etwa 60 Helferinnen und Helfer für die<br />

Vesperkirche tätig.<br />

Helfen, wo Not ist<br />

Gabriele von Bock sieht es als ihre Aufgabe an zu helfen,<br />

wo Not ist. „Es ist zumindest ein Anfang, jemandem ein<br />

warmes Essen zu geben“, sagt sie. Für die Kirche sei es<br />

eine wichtige Aufgabe.<br />

„Wir sehen zu wenig, wie viel Einsamkeit es gibt, wie viele<br />

Menschen eine warme Stätte suchen“. Und der Kontakt,<br />

das Gespräch, sagt Gabriele von Bock, das sei wichtig. Einen<br />

Treffpunkt zu haben, wenigstens für drei Wochen im Jahr,<br />

um der Einsamkeit zuhause zu entfliehen.<br />

Viele ältere Menschen, die ihre Ehepartner verloren haben,<br />

kommen in die Vesperkirche. Dort erhalten sie ein gutes<br />

Gott, der uns Speise<br />

für den Körper gab,<br />

gebe uns auch Speise<br />

für den Geist.<br />

Gebet der Waldenser aus dem 14. Jahrhundert<br />

Energieträgern voranzubringen, vorrangig flächenneutral<br />

aus biogenen Abfällen und Reststoffen. Durchaus<br />

kann auch noch unsere heimische Landwirtschaft<br />

klimapolitische Zeichen mit nachwachsenden Rohstoffen<br />

setzen. Aber mit Maß und Ziel, nicht überstürzt,<br />

berauscht vom Energiefieber, sondern glaubwürdig mit<br />

überzeugenden Umwelt- und Klimabilanzen.<br />

Gabriele von Bock<br />

Dr. Clemens Dirscherl<br />

ist Geschäftsführer des<br />

Evangelischen Bauernwerks<br />

in Württemberg und<br />

Agrarbeauftragter der<br />

Evangelischen Kirche<br />

in Deutschland (EKD)<br />

Essen, gekocht vom Samariterstift in <strong>Geislingen</strong>. Zum<br />

Kaffee gibt es Gebäck, gespendet von einem Geislinger<br />

Bäcker. „Die Leute freuen sich über das Essen, auch wenn<br />

offensichtlich mehr Gäste kommen, sobald Schnitzel auf<br />

dem Speiseplan stehen“, schmunzelt Gabriele von Bock.<br />

Erstaunlich findet sie, dass bei den täglich etwa 120 bis<br />

150 Vesperkirchen-Besuchenden wenig junge Familien<br />

oder Alleinerziehende sind. Sie vermutet, dass hier die<br />

Angst vor dem „Habt ihr das nötig?“ zu groß ist.<br />

„<strong>Unser</strong> täglich <strong>Brot</strong> gib uns heute“ diese Bitte wird in der<br />

Geislinger Vesperkirche aufgenommen. Dabei handelt es<br />

sich sowohl um das <strong>Brot</strong> für den Magen, das den körperlich<br />

spürbaren Hunger stillt, wie das geistliche <strong>Brot</strong>, das<br />

Wahrnehmen, Zuhören und Reden, das der Mensch<br />

braucht. Gabriele von Bock und die vielen anderen Helferinnen<br />

und Helfer nehmen die Bitte des Vaterunsers ernst.<br />

Anita Gröh ist Mitglied im Redaktionsteam<br />

Die nächste Geislinger Vesperkirche ist im Januar 2010<br />

in der Pauluskirche, Hohenstaufenstraße 35.<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

13


Aus Kirche und Gesellschaft<br />

Die Ernt ist da,<br />

es winkt der Halm<br />

1. Die Ernt ist da, es winkt der Halm<br />

dem Schnitter in das Feld;<br />

laut schalle unser Freudenpsalm<br />

dem großen Herrn der Welt.<br />

2. Wer machte diese Menschenwelt<br />

zum Bau der Erde klug?<br />

Der Acker wär ein Distelfeld,<br />

verlassen von dem Pflug.<br />

3. O jede Kunst ist, Gott, von dir,<br />

du hast sie uns gelehrt;<br />

vor aller Weisheit danken wir<br />

der Weisheit, die uns nährt.<br />

4. Sie legte in ein Korn so klein<br />

die sechzigfache Kraft,<br />

gab ihm vom Himmel Sonnenschein<br />

und milden Lebenssaft.<br />

5. O Höchster, deine Wunder sind<br />

so gut, so zahlenlos,<br />

so groß im Regen, Sonn und Wind,<br />

im kleinsten Korn so groß.<br />

6. Die Donnerwolke zog einher<br />

und droht´ Gewitterschlag,<br />

das Kornfeld wallte wie ein Meer,<br />

stand auf und glänzt’ im Tag.<br />

7. Lobt ihn mit Furcht,<br />

den Herrlichen,<br />

der in Gewittern wohnt;<br />

lobt ihn mit Dank, den Gütigen,<br />

der donnernd uns verschont.<br />

8. Des Schnitters Tag ist<br />

lang und schwül,<br />

doch freudig ist sein Mut;<br />

sein Auge sieht der Garben viel,<br />

den Schöpfer, treu und gut.<br />

9. Dein Segen ist’s der alles tut;<br />

wenn Halme kärglich stehn,<br />

o lass uns mit getrostem Mut<br />

auf deinen Reichtum sehn.<br />

10.Du öffnetest die reiche Hand,<br />

die uns verschlossen schien,<br />

und ließest im entlegnen Land<br />

ein Kornfeld für uns blühn.<br />

11.O der du uns so freundlich liebst<br />

und segnest unser Feld<br />

und uns die reiche Ernte gibst,<br />

gelobt sei, Herr der Welt!<br />

Johann Ludwig Huber (1723–1800)<br />

EG: 677<br />

14 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

Erntebitte? Rosa Brombey aus Weiler<br />

MARKUS LAIDIG<br />

„Wir pflügen und wir streuen den Samen auf<br />

das Land, doch Wachstum und Gedeihen steht<br />

in des Himmels Hand.“ (Matthias Claudius) –<br />

Trotz aller Möglichkeiten, die moderne Landwirtschaft<br />

heute bietet, wird eine gute Ernte von<br />

vielen Faktoren beeinflusst, die Menschen nicht<br />

in der Hand haben. In der Bibel werden alle<br />

wichtigen und notwendigen Beigaben für ein<br />

gutes Gelingen dessen, was wir uns wünschen<br />

und vornehmen, mit Gottes Segen in Zusammenhang<br />

gebracht. So sagt es auch der Volksmund:<br />

An Gottes Segen ist alles gelegen.<br />

Das weiß auch Rosa Brombey, die im Sommer<br />

1927 in Weiler o. H. geboren wurde. So gut<br />

Rosa Brombey<br />

gefällt der Schwäbin ihre Heimat am Rande der<br />

Schwäbischen Alb, dass sie ihr bis auf den<br />

heutigen Tag die Treue hält. Wenn heute auch<br />

so manches anders ist als damals, wie sich<br />

die gebürtige Weilerin erinnert. In den Jahren<br />

1968 bis 1998 hat Rosa Brombey treu und<br />

unermüdlich als Mesnerin in der Weiler Margarethenkirche<br />

ihren Dienst versehen. Vieles hat<br />

sie in dieser Zeit erlebt und viel könnte sie<br />

berichten von den Erfahrungen, die sie als treue<br />

Kirchendienerin gemacht hat.<br />

Besonderer Gottesdienst vor der Ernte<br />

Auch von einem alten Brauch weiß Rosa Brombey<br />

zu erzählen. Ein Brauch, dem heute wohl<br />

lange nicht mehr die Bedeutung zukommt,<br />

wie früher. Wenn er nicht überhaupt schon in<br />

Vergessenheit geraten ist, wird er heute nur<br />

noch vereinzelt geübt. Gemeint ist die Erntebitte.<br />

Ja, richtig: Erntebitte, nicht Erntedank –<br />

also das Ereignis, das dem Dank für eine gute<br />

Ernte, dem Erntedankfest eben, vorausgeht.<br />

Rosa Brombey erzählt, früher hätten sich, wie<br />

auch an anderen Orten der damaligen Zeit


erinnert an einen fast vergessenen Brauch<br />

üblich, alle Weilemer Bauern kurz vor der Ernte<br />

zu einem besonderen Gottesdienst versammelt.<br />

In diesem wollte die Gemeinde Gott bitten um<br />

seinen guten Segen für Felder, Land und Vieh<br />

und um eine gute Ernte. Man habe auch, ähnlich<br />

wie zu Erntedank, Früchte und gebackenes<br />

<strong>Brot</strong> zum Altar gebracht. So lag das, was noch<br />

ausstand, schon vor aller Augen: <strong>Brot</strong>, gebacken<br />

aus dem Samen der Erde, um die sich die Menschen<br />

das ganze Jahr über gemüht hatten im<br />

Bestellen der Felder mit der schweren Arbeit des<br />

Pfluges, in der Aussaat, der Sorge um genügend<br />

Wasser, der Angst vor Unwetter, das die Ernte<br />

vernichten konnte. Doch, das wussten oder<br />

spürten die Menschen damals noch ganz genau,<br />

stand das fruchttragende Gelingen all dieser<br />

Arbeiten letztlich nicht in der eigenen Hände<br />

Macht, sondern in der Macht eines anderen.<br />

Und den wollten die Menschen bitten in ihren<br />

Liedern, Gebeten, Bitten um Segen, dass auch<br />

am Ende alles gut gehe und dass die neue Ernte<br />

ausreiche, sie über das Jahr am Leben zu erhalten.<br />

Die Ernt ist da, es winkt der Halm<br />

Einen schönen und großen Strauß von Ähren<br />

der Felder rund um Weiler hat Rosa Brombey<br />

dann liebevoll gebunden und in die Kirche zur<br />

Kanzel gebracht. Alles sollte für den Erntebitt-<br />

Gottesdienst feierlich geschmückt sein.<br />

Anfangs hat Rosa Brombey die Bauern, denen<br />

die Felder gehörten, immer gefragt, ob sie für<br />

den Gottesdienst ein paar Ähren wegschneiden<br />

dürfe. Aber später musste sie nicht mehr fragen<br />

– alle kannten ja die Mesnerin und wussten,<br />

was sie vorhatte.<br />

So hatte sich dann die ganze Gemeinde in der<br />

vollen und geschmückten Kirche zur Erntebitte<br />

versammelt. „Die Ernt’ ist da, es winkt der<br />

Halm“ – ein Lied das früher, viel früher schon,<br />

zum Erntebittgottesdienst gesungen wurde.<br />

War dieses einem neuen Pfarrer etwa unbekannt,<br />

so bat die Gemeinde den Unkundigen,<br />

eben dieses Lied singen zu dürfen.<br />

Wie es dann mit der Ernte ging? Ob gut oder<br />

schlecht – „die Menschen haben’s immer so<br />

genommen, wie es ist“, erzählt Rosa Brombey.<br />

Was sollten sie auch machen? Aber sie haben<br />

das, was sie mit der Ernte bekamen, als Gottes<br />

Gabe angenommen – sei es viel oder wenig, gut<br />

oder schlecht. Im Vertrauen und in der ruhigen<br />

Gelassenheit, dass es, so wie Gott es macht,<br />

recht und gut ist. Schlimme Missernten habe<br />

Rosa Brombey in ihrer Zeit aber, Gott sei Dank,<br />

nicht erleben müssen.<br />

Umgang mit Gottes Schöpfung<br />

Margarethenkirche in Weiler o. H.<br />

In der letzten Zeit ist das mit der Erntebitte<br />

etwas aus der Mode gekommen. In Weiler<br />

selbst gibt es nur noch ein paar wenige Großbauern,<br />

weiß Rosa Brombey zu berichten.<br />

Und deren Zahl würde kaum die erste Bank in<br />

der kleinen Kirche füllen. Aber vielleicht lohnt<br />

es sich dennoch, darüber nachzudenken, diesen<br />

alten kirchlichen Brauch wieder etwas mehr<br />

ins Bewusstsein zu rufen. Und vielleicht käme<br />

man so wieder ein wenig mehr ins Nachdenken<br />

darüber, wie Menschen mit der ihnen anvertrauten<br />

Schöpfung umgehen, und wie das<br />

zu verstehen ist mit dem biblischen Aufruf des<br />

Untertan-Machens der Erde. Ich denke, so ein<br />

Nachdenken lohnt sich immer, kann zumindest<br />

nicht schaden. Wie ist die Herrschaft des Menschen<br />

über die Erde letzten Endes zu verstehen?<br />

Ohne Gott? Ganz sicher nicht!<br />

Markus Laidig<br />

ist Pfarrer an der<br />

Stadtkirche <strong>Geislingen</strong><br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

15


Aus Kirche und Gesellschaft<br />

Was man braucht,<br />

um das <strong>Brot</strong> des Lebens zu backen<br />

MARTINA RUPP<br />

Die Zutaten zu diesem <strong>Brot</strong> sind in keinem Laden zu<br />

finden.<br />

Sie sind unbezahlbar. Doch im Glauben gibt sie uns<br />

Christus ganz umsonst.<br />

Er gibt uns von seiner Liebe. So viel wie wir brauchen für<br />

all die Menschen,<br />

die von diesem <strong>Brot</strong> essen werden.<br />

Die Liebe Jesu Christi, sie soll das Mehl sein, der Hauptbestandteil<br />

des <strong>Brot</strong>es.<br />

Diese Liebe hat schon 5000 Menschen satt gemacht,<br />

damals am See Genezareth.<br />

Sie kann auch unseren Hunger stillen.<br />

Und man füge hinzu: die Gewürze des Himmelreichs.<br />

Als da wäre eine Prise Gerechtigkeit, sehr kräftig im<br />

Geschmack.<br />

Mild und zart schmeckt dagegen der Schalom,<br />

der Frieden Gottes.<br />

Und was wird unsere Zunge wissen von der Freude?<br />

Leuchtend ist sie und voll Sonne, vielleicht wie Stücke<br />

von Orangen,<br />

wenn im Himmelreich Orangenhaine wachsen sollten.<br />

Dann ist da noch eine Duftnote. Die Teuerste.<br />

Einfach unbeschreiblich, einfach unglaublich, der<br />

Geschmack des ewigen Lebens.<br />

16 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

Doch das ist noch nicht alles.<br />

Es muss sich auch ein Hauch von Bitterkeit durchziehen.<br />

Eine Ahnung von jener Nacht des Verrats, als der Riss<br />

offenbar wurde, der durch die Schar der Gefährten ging.<br />

Wie Pfeffer in schwarzer Bitterschokolade gehört auch<br />

jene Schärfe hinein in das <strong>Brot</strong>, mit der Jesus sagt:<br />

„Petrus, noch ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal<br />

verleugnen.“<br />

Und die Tränen der Reue. Sie bringen das Salz ins <strong>Brot</strong>.<br />

Beim Backen vermischt es sich, löst sich auf.<br />

Und was man schmeckt, ist Vergebung.<br />

Was soll der Sauerteig oder die Hefe sein?<br />

Was lässt den Teig aufgehen, bis er über die Schüssel<br />

wächst?<br />

Was macht das <strong>Brot</strong> locker und leicht, auch wenn sein<br />

Inhalt schwer ist?<br />

Nimm die Hoffnung und den Glauben!<br />

Glaube und Hoffnung weisen über das hinaus, was ist.<br />

Nimm Gottes Geist! Seine Kraft bringt in Bewegung und<br />

in Beziehung, was da lose aufgehäuft ist.<br />

Und dann, die Ärmel hochgekrempelt und zugepackt!<br />

Die Zutaten muss man gut vermischen und sie kräftig<br />

durchkneten.<br />

Nur nicht zu zaghaft. Das <strong>Brot</strong> des Lebens ist kein<br />

Sahnetörtchen.<br />

Wenn der Teig schön geschmeidig ist, forme man einen<br />

runden Laib.<br />

Und dann muss man ein Messer nehmen und ein Kreuz<br />

in die Oberfläche schneiden.<br />

Ist das <strong>Brot</strong> doch der Leib Christi.<br />

In der Hitze des Feuers wird die Kruste an den Schnittlinien<br />

aufbrechen und daran erinnern, wie Jesus das <strong>Brot</strong><br />

nahm, in Stücke brach und es unter seinen Jüngern<br />

austeilte.<br />

Wie die Jünger sind auch wir eingeladen, von dem <strong>Brot</strong><br />

abzubrechen und zu essen.<br />

Was? Alles, was da hinein gebacken ist:<br />

Jesu Christus selbst – seine Liebe, sein Leben, Sterben<br />

und Auferstehen.<br />

Sein Schmerz und sein Leiden, seine Vision vom Reich<br />

Gottes.<br />

Alle Wunder und seine Kraft, die in Schwachheit mächtig<br />

ist.<br />

Sein Vermächtnis und seine bleibende Gegenwart,<br />

genauso wie das, was noch aussteht vom ewigen Leben.<br />

Einen Vorgeschmack haben wir schon mit diesem <strong>Brot</strong>.<br />

Martina Rupp ist Pfarrerin<br />

in Deggingen-Bad Ditzenbach


Tu den Mund auf für die Armen<br />

Weltweit Verantwortung leben, predigen und einfordern<br />

KLAUS RIETH<br />

Das Thema der Vollversammlung des<br />

Lutherischen Weltbundes 2010 in Stuttgart<br />

ist die Vaterunser-Bitte: „<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong><br />

<strong>Brot</strong> gib uns heute“. Diese Bitte soll von den rund<br />

400 Delegierten und den Gästen aus der weltweiten Ökumene<br />

während acht Tagen behandelt werden, sodass am<br />

Ende der Vollversammlung ein deutlicher Impuls an alle<br />

140 lutherischen Mitgliedskirchen in 79 Ländern mit rund<br />

70 Millionen Christinnen und Christen weltweit ergeht.<br />

Was bedeutet „<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong>“<br />

Viele Lutheraner weltweit bitten heute in ihren Gebeten<br />

nicht nur um <strong>Brot</strong>, sondern vor allem um Mais, Hirse oder<br />

Reis. Das verstehen sie unter „<strong>Brot</strong>“. Das sind ihre Grundnahrungsmittel.<br />

Allein dieser Aspekt zeigt uns, wie vielfältig<br />

wir den Satz aus der Bibel zu verstehen haben. Und<br />

deshalb sind auch wir hier in Württemberg dazu aufgerufen,<br />

unser <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> zu definieren, genauer zu bestimmen.<br />

Ist es die Sicherheit, einen Arbeitsplatz zu haben?<br />

Ist es die Hoffnung, den eigenen Kindern eine gute Schulund<br />

Berufsausbildung geben zu können? Ist es der<br />

Wunsch, ohne Angst auf die Straße gehen zu können?<br />

Ist es das Bedürfnis, in einer beglückenden Partnerschaft<br />

leben zu können? Ist es die Sehnsucht nach Glück und<br />

Zufriedenheit? Oder die Suche nach dem Sinn unseres<br />

Daseins? „<strong>Brot</strong>“ kann so viel bedeuten. Und bei nicht<br />

wenigen ist auch wirklich das <strong>Brot</strong>, die Nahrung, das<br />

tägliche Sattwerden gemeint, wenn die Vaterunser-Bitte<br />

ausgesprochen wird.<br />

Was bedeutet Glaube?<br />

Bei dieser Vollversammlung im nächsten Jahr werden uns<br />

Christinnen und Christen aus aller Welt deutlich machen,<br />

wo der Schuh drückt. Sie werden uns sagen, dass Glaube<br />

hier in Deutschland nicht nur mit uns selbst, unseren<br />

Strukturen und unseren Problemen in Kirche und<br />

Gemeinde zu tun. Es gibt einen weltweiten Horizont, in<br />

dem unsere Sorgen oft zusammenschrumpfen gegenüber<br />

den Existenznöten in anderen Teilen unserer Erde. Deshalb<br />

freuen wir uns auf die Ideen, Glaubenszeugnisse und<br />

Hoffnungen unserer Schwestern und Brüder weltweit.<br />

Etwa die Hoffnungen der Christen im Irak. Die kleine<br />

Schar ist durch Verfolgung und Vertreibung in den letzten<br />

Monaten und Jahren noch kleiner geworden. Viele haben<br />

es in ihrem angestammten Land, in ihrer Heimat, nicht<br />

mehr ausgehalten und mussten fliehen. Einige wenige<br />

sind derzeit auf dem Weg nach Europa, nach Deutschland<br />

und auch nach Württemberg. Wie werden wir sie aufnehmen?<br />

Und wie können wir die unterstützen, die dort<br />

geblieben sind, im Nordirak, in der Ninive-Ebene? Kann<br />

unsere geringe finanzielle Unterstützung ihre Existenz<br />

sichern? Oder müssten wir hier nicht viel mehr tun auch<br />

im Verbund mit betroffenen Politkern? Und wie steht es<br />

mit den zahlreichen Bootsflüchtlingen aus Afrika, die Leib<br />

und Leben riskieren, um eine bessere Zukunft in Europa<br />

zu gewinnen? Nehmen wir nicht schon viel zu abgestumpft<br />

die Bilder im Fernsehen auf, wenn wieder einmal<br />

von einem völlig überladenen und untergegangenen Boot<br />

berichtet wird, auf dem Männer, Frauen und auch Kinder<br />

elendiglich umgekommen sind? Ein Pfarrer unserer Landeskirche<br />

hat diese Not und diese Berichte nicht mehr ausgehalten<br />

und dazu aufgerufen, eine Luftbrücke von der italienischen<br />

Insel Lampedusa nach Deutschland einzurichten.<br />

Ein Spinner? Ein hoffnungsloses Unterfangen oder ein<br />

Anfang, um dem Elend ein Ende zu bereiten?<br />

Weltweites Christentum heißt<br />

weltweite Verantwortung<br />

Wir erleben die Globalisierung immer mehr hautnah. Vor<br />

unserer Haustür. Und wir können und dürfen als Christen<br />

nicht die Augen verschließen. Wir haben Verantwortung<br />

füreinander. Diese Verantwortung hat uns der Apostel<br />

Paulus ins Herz geschrieben. Er hat als erster Christ global<br />

und weltweit gedacht. Für ihn waren die herkömmlichen<br />

Grenzen schon gefallen. Er hat ein weltweites Christentum<br />

und somit auch eine weltweite Verantwortung<br />

gelebt, gepredigt und eingefordert.<br />

Konkrete Hilfe vor Ort<br />

Auf einer Lateinamerika-Reise zu Projekten des Gustav-<br />

Adolf-Werkes wurde mir deutlich, wie konkret und vielfältig<br />

die Hilfe vor Ort sein kann. Wie mit unserem Geld<br />

und unseren Spenden Sozialstationen in Armenvierteln<br />

finanziert werden, wie Menschenrechtsorganisationen<br />

unterstützt werden, die sich um die Rechte der Armen<br />

kümmern, wie alten oder behinderten Menschen zu<br />

einem würdevollen Leben verholfen wird. Dass dabei oft<br />

junge Menschen aus unserer Kirche in einem freiwilligen<br />

sozialen Jahr mithelfen und mitwirken, ist ermutigend und<br />

beispielhaft. Diese jungen Menschen lassen sich ein, ein<br />

auf die Erfahrung mit anderen Christen weltweit, ein auch<br />

auf die Arbeit in einem feindlichen Umfeld von Gewalt<br />

und Hass. Aber sie geben nicht auf und sie tragen ihre<br />

Hoffnung weiter. Von dieser Hoffnung können auch wir<br />

leben.<br />

Gut ist es auch, wenn viele dieser Projekte der Entwicklungszusammenarbeit<br />

nicht alleine gemacht werden müssen<br />

sondern gemeinsam durchgeführt und gefördert werden.<br />

Oft ist die Zusammenarbeit zwischen katholischen<br />

und evangelischen Christen vor Ort problemloser als in<br />

Deutschland. Ich habe gelernt, dass vieles nur gemeinsam<br />

möglich ist und freue mich über jede ausgestreckte Hand<br />

unserer katholischen Schwestern und Brüder. Ökumene,<br />

Entwicklungszusammenarbeit und Mission gehören<br />

untrennbar zusammen. Das werden wir nicht nur bei der<br />

lutherischen Vollversammlung erleben, sondern immer<br />

wieder und hoffentlich immer mehr<br />

auch in unserem Alltag in der Kirchengemeinde.<br />

Klaus Rieth ist Kirchenrat für Mission,<br />

Ökumene und Entwicklungsdienst<br />

beim Evangelischen Oberkirchenrat<br />

in Stuttgart<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

17


Aus Kirche und Gesellschaft<br />

Zwei 5. Klassen der Schubart-Realschule <strong>Geislingen</strong><br />

?<br />

Hast du in der Schule, zum Beispiel für die große Pause,<br />

ein Pausenbrot dabei?<br />

Karina A.: Fast immer!<br />

Annika R.: Immer!<br />

Christina R.: Fast immer!<br />

Sidonie H.: Fast immer!<br />

Amelie N.: Immer!<br />

Sabrina G.: Immer!<br />

?<br />

Bringst du dein Pausenbrot von zu Hause aus mit oder<br />

kaufst du dir etwas beim Bäcker oder in der Schule?<br />

Wenn von zu Hause aus – wer richtet dir dein Pausenbrot<br />

– Geschwister, Eltern, du selbst oder jemand anderes?<br />

Karina A.: Ich nehme mein Pausenbrot (Körnerbrot oder<br />

Brötchen mit Wurst oder Käse, dazu Obst oder Gemüse)<br />

von zu Hause aus mit. Dieses wird von meiner Mama<br />

zubereitet.<br />

Annika R.: Ich bring’ es von zu Hause mit. Meine Eltern<br />

machen das Pausenbrot.<br />

Christina R.: Ich bringe mein Pausenbrot (<strong>Brot</strong> mit<br />

abwechselnden Belägen – z. B. Frischkäse mit Kresse und<br />

Gurke oder Salami) von zu Hause mit. Meine Mutter<br />

richtet das <strong>Brot</strong>.<br />

Sidonie H.: Ich bringe mein Pausenbrot (Körner-, Weizenbrot)<br />

von zu Hause mit. Meine Eltern richten es.<br />

Amelie N.: Ich bringe mein Pausenbrot (<strong>Brot</strong>, Wurst, Käse<br />

und Gemüse) von zu Hause mit – meine Mutter richtet es mir.<br />

Sabrina G.: Ich bringe mein Pausenbrot (meistens Butter<br />

oder Wurst, Knäckebrot, auch mal einen tollen Kuchen<br />

vom Sonntag) von zu Hause mit. Meine Mutter richtet mir<br />

immer mein <strong>Brot</strong>.<br />

?<br />

Hast du ein Pausenbrot dabei?<br />

Umfrage unter SchülerInnen<br />

Sabrina, Amelie, Karina, Annika, Christina, Sidonie<br />

Wie sieht dein „Traumpausenbrot“ aus bzw. was hättest<br />

du am liebsten als Pausenbrot?<br />

Karina A.: Nichts anderes!<br />

Annika R.: Leberkäswecken!<br />

Christina R.: Nichts anderes!<br />

Sidonie H.: Ein <strong>Brot</strong> mit vielen Körnern!<br />

Amelie N.: Karottenbrot mit Frischkäse und Schnittlauch –<br />

dazu Gurken!<br />

18 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

Sabrina G.: Ein frisches, knackiges Vollkornbrot mit<br />

Kräuterfrischkäse!<br />

?<br />

Wie findest du es, dass es so etwas wie ein Pausenbrot<br />

überhaupt gibt? Gut oder schlecht? Kannst du deine<br />

Antwort auch begründen?<br />

Karina A.: Sehr gut, weil man es abwechslungsreich<br />

gestalten kann!<br />

Annika R.: Gut, weil ich sonst in der Pause immer Hunger<br />

hätte!<br />

Christina R.: Ich finde ein Pausenbrot wichtig, weil ich<br />

oft bis 13:00 Uhr Schule habe und ohne Pausenbrot dann<br />

sehr hungrig wäre!<br />

Sidonie H.: Ich finde das Pausenbrot gut. Es schmeckt<br />

immer so toll!<br />

Amelie N.: Gut, da man sich, wenn man Hunger hat,<br />

nicht so gut konzentrieren kann!<br />

Sabrina G.: Sehr gut! Wenn es das Pausenbrot nicht gäbe,<br />

hätte ich in der Pause immer Hunger!<br />

SchülerInnen aus dem Michelberg-Gymnasium <strong>Geislingen</strong>:<br />

Michelle, 7. Klasse<br />

Normalerweise habe ich ein<br />

<strong>Brot</strong> mit Wurst dabei.<br />

Heute aber ist es ein Muffin,<br />

weil wir noch einige übrig<br />

hatten.<br />

Caroline, 7. Klasse<br />

Ich habe heute ein <strong>Brot</strong> mit<br />

Salami dabei. Wenn wir<br />

nachmittags Schule haben,<br />

gehe ich zum Mittagessen<br />

nach Hause, es ist nicht weit.<br />

Felix, 11. Klasse<br />

Ich habe täglich ein <strong>Brot</strong> mit<br />

Butter und Wurst dabei.<br />

Da ich nicht weit weg<br />

wohne, kann ich zum<br />

Mittagessen nach Hause,<br />

wenn wir nachmittags<br />

Unterricht haben.


Eine Stadt feiert den Glauben<br />

Der Kirchentag in Bremen begeistert mit evangelischer Vielfalt<br />

ANITA GRÖH<br />

Hunderttausend waren zu Gast in Bremen, um beim<br />

32. Deutschen Evangelischen Kirchentag ihren Glauben zu<br />

feiern. In 270 Sonderzügen und unzählbar vielen Bussen<br />

kamen sie an. Sie wurden mit Herzlichkeit und Freundlichkeit<br />

von den BremerInnen aufgenommen. Der Kirchentag<br />

war in jeder Ecke Bremens fünf Tage lang zu sehen, zu<br />

spüren und zu erleben.<br />

Die Bibel ist gefragt<br />

2500 Veranstaltungen waren angeboten. Besonders<br />

gefragt waren neben dem Eröffnungs- und dem Schlussgottesdienst<br />

die Bibelarbeiten. Der AWD-Dome, der 8500<br />

Menschen Platz bietet, musste bei den täglichen Bibelarbeiten<br />

wegen Überfüllung jeweils geschlossen werden.<br />

Bischof Huber, Bischöfin Käßmann und Fulbert Steffensky<br />

waren gefragt und sie hatten den BibelleserInnen viel zu<br />

sagen. Sie sprachen über Terror und Armut, die nicht<br />

nur den Leib der Menschen schänden, sondern auch ihre<br />

Hoffnung. Die Hoffnung den Armen zu nehmen, so<br />

Fulbert Steffensky, heiße zu vergessen, dass die Armen<br />

die ersten Adressaten der Kirche seien.<br />

Die Probleme in der Gesellschaft und in der Welt waren<br />

präsent auf dem Kirchentag. Es ging um Menschenwürde,<br />

um Bildung und Erziehung, um Gesundheit, um das Klima,<br />

die Entwicklungspolitik, um Friedensethik, Armut und<br />

Reichtum. Was ist der Auftrag der ChristInnen? In großen<br />

Zentren wurden Gespräche geführt zu Juden – Muslime –<br />

Christen; zur Situation der Gemeinden; zu feministischtheologischen<br />

Themen; zu Spiritualität und Theologie;<br />

zu Ökumene und zur Bibel. Neue Gedanken entwickelten<br />

sich aus der Diskussion und aus den Vorträgen.<br />

Die Begegnung mit anderen prägt<br />

Kunst und Musik waren ebenfalls Schwerpunkte in den<br />

fünf Tagen. Von Bremen werden wieder neue Lieder heim-<br />

„Wir fahren den Kirchentag“ Kirchentagsgäste umringen die<br />

Bremer Stadtmusikanten<br />

wärts in die Gemeinden getragen und dort zum Bestandteil<br />

des täglichen Gemeindelebens. Lieder, die den Glauben<br />

tragen, wenn das gesprochene Wort nicht ausreicht.<br />

Etwas Besonderes war auch die Begegnung mit Menschen<br />

aus anderen Bundesländern, anderen Ländern und Kontinenten.<br />

Sich kennen zu lernen, sich auszutauschen und<br />

wertzuschätzen ist die Grundlage für ein gutes Miteinander<br />

auf dieser Welt. Der Kirchentag trägt hierzu bei.<br />

Eine großartige Leistung wurde in Bremen von den Veranstaltern<br />

vollbracht. „Wir fahren den Kirchentag“ – so hatten<br />

die Bremer Verkehrsbetriebe plakatiert. Und sie<br />

schafften dies, indem sie alles, was irgendwie noch rollen<br />

konnte, auf die Schienen brachten. Gastfreundschaft<br />

wurde geübt und die Gäste herzlich aufgenommen. Und<br />

die Kirchentagsbesucher? Reich erfüllt von den Veranstaltungen,<br />

den neuen Gedanken und dem gemeinsamen<br />

„Kirche erleben“ bringen sie diese Eindrücke heim in ihre<br />

Gemeinden und tragen sie weiter.<br />

Auftrag für die Zukunft<br />

Hunderttausend, die zusammen kommen, um über den<br />

Glauben, die Kirche und die Welt zu reden, geben Hoffnung.<br />

Sie zeigen, dass ein herzlicher Umgang miteinander<br />

möglich ist, dass man sich gegenseitig achtet und<br />

gemeinsam versucht, die Welt gut zu gestalten und auf<br />

sie aufzupassen.<br />

Und Fulbert Steffensky setzt seine Hoffnung auch auf die<br />

vielen, die beim ökumenischen Kirchentag in München<br />

im nächsten Jahr auf die gemeinsame Feier des Heiligen<br />

Abendmahles hoffen. Die Kirchenleitungen sprechen<br />

davon, so Steffensky, dass man noch nicht soweit sei.<br />

Aber tausende Gläubige wären schon soweit.<br />

Anita Gröh ist Mitglied im Redaktionsteam<br />

der <strong>Kirchenbezirk</strong>s-Zeitung<br />

Abschluss-Gottesdienst<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

19


Aus Kirche und Gesellschaft<br />

Schadensbild:<br />

Riss linke Schulter<br />

(alt) hinten,<br />

Vergrößerung in<br />

neuerer Zeit.<br />

Durchgerissen<br />

bis nach vorne.<br />

Der Grüne Gockel<br />

bewahrt vor Schäden an Kirchen<br />

Schadensbild:<br />

Angesetzte Seitenwange<br />

rechts in<br />

Leimfuge von oben<br />

bis unten komplett<br />

durchgerissen.<br />

Der gezackte<br />

obere Anriss<br />

weist auf große<br />

Spannungen hin.<br />

Der Riss ist neu.<br />

HANS SCHAAL<br />

20 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

<strong>Unser</strong> Verhalten hat Auswirkungen auf<br />

Gebäude, die erst bei entstandenen Schäden<br />

wahrgenommen werden. So hat das Umweltteam<br />

„Grüner Gockel“ an der Stadtkirche <strong>Geislingen</strong><br />

festgestellt, die Heizung und die damit<br />

verbundene Luftfeuchtigkeit der Kirche schaden<br />

kann.<br />

Schäden verhindern<br />

Zum Schutze der Innenausstattung der Kirche<br />

ist es notwendig, für ein ausgewogenes „Klima“<br />

in den Kirchen zu sorgen. Wichtig ist dies vor<br />

allem für Holzbildwerke wie zum Beispiel Tafelbilder,<br />

Schnitzaltäre und Chorgestühle und ganz<br />

wesentlich für die Orgeln. Schnelle Temperaturwechsel<br />

und größere Temperatursprünge in<br />

Kirchen sollten, wen immer möglich, vermieden<br />

werden.<br />

Erste Priorität hat die relative Luftfeuchtigkeit.<br />

Wenn Schäden dauerhaft vermieden werden<br />

sollen, muss sie nach Angaben vom Landesamt<br />

für Denkmalpflege in einem Bereich von 50 %<br />

bis 70 % liegen. Über 70 % wird es zu feucht.<br />

Holzteile verwerfen sich und Leimfugen können<br />

aufgehen. Die Orgel kann im Inneren sogar anfangen<br />

zu schimmeln. Unter 50 % trocknet das<br />

Holz aus. Es entstehen Spannungen und<br />

Schwundrisse.<br />

Kaputtheizen der Kirchen<br />

Mehrjährige Beobachtungen in der Stadtkirche in<br />

<strong>Geislingen</strong> zeigten, dass Überschreitungen des<br />

oberen Grenzwertes nur im Sommer vorkamen.<br />

Sie waren fast immer geringfügig und nicht sehr<br />

häufig. Dieser Bereich kann eigentlich als unproblematisch<br />

angesehen werden.<br />

Als sehr viel gravierender müssen Unterschreitungen<br />

des unteren Grenzwertes angesehen<br />

werden. Sie treten vorwiegend während der<br />

Heizperiode auf. Die Wechselbeziehung zwischen<br />

Temperatur und Luftfeuchtigkeit führt<br />

dazu, dass hohe Heiztemperaturen immer zum<br />

Absinken der Luftfeuchtigkeit führen.<br />

Das Landesamt für Denkmalpflege geht davon<br />

aus, dass akzeptable Luftfeuchtigkeitswerte von<br />

mindestens 50 % langfristig nur erreicht werden<br />

können, wenn die Heiztemperatur auf maximal<br />

15 °C begrenzt wird. Über mehrere Jahre wurde<br />

in der Stadtkirche <strong>Geislingen</strong> beobachtet, dass<br />

dies nur mit einer funktionierenden Befeuchtungsanlage<br />

möglich ist. Der Schadensbericht<br />

über das Chorgestühl vom August 2006 – nach-<br />

zulesen auf der Internetseite www.<strong>Kirchenbezirk</strong>-<strong>Geislingen</strong>.de<br />

– zeigt hier mögliche Negativfolgen<br />

auf. Das böse Wort vom „Kaputtheizen<br />

der Kirchen“ hat sicher seine Berechtigung. Der<br />

Kirchengemeinderat der Stadtkirche hat hieraus<br />

seine Konsequenzen gezogen und neben der<br />

ständigen Kontrolle der Befeuchtungsanlage folgende<br />

Maximaltemperaturen in der Stadtkirche<br />

festgelegt:<br />

Beschluss des Kirchengemeinderats der<br />

Stadtkirche vom 19. September 2007<br />

Zum Schutz der Umwelt und zur Energieeinsparung<br />

im Rahmen des neuen Umweltprojekts<br />

„Grüner Gockel“ der Landeskirche sowie vor<br />

allem zum Schutz der Kunstwerke einschliesslich<br />

der Orgel werden Maximaltemperaturen in<br />

der Stadtkirche während der Heizperiode wie<br />

folgt festgelegt:<br />

1) Die Maximaltemperatur bei Gottesdiensten<br />

und Veranstaltungen soll 15 °C nicht überschreiten.<br />

2) Bei Konzerten und den dazugehörigen<br />

Proben darf die Raumtemperatur im Interesse<br />

der Musiker und zum Schutz ihrer Instrumente<br />

kurzfristig auf maximal 18°C erhöht<br />

werden.<br />

3) An veranstaltungsfreien Tagen kann die<br />

Raumtemperatur bis auf 8 °C reduziert<br />

werden.<br />

Empfohlene Maßnahmen<br />

Während der Heizperiode ständig Temperatur<br />

und Luftfeuchtigkeit beobachten. Einfache<br />

Messinstrumente sind schon für 15 € bis 20 €<br />

erhältlich.<br />

Bei den meisten Kirchen sind Umluftheizungen<br />

Standard. Hier ist – wenn noch nicht vorhanden<br />

– eine Befeuchtungsanlage unbedingt notwendig.<br />

Alle Maßnahmen sind in jedem Fall<br />

mit dem Landesamt für Denkmalpflege abzustimmen.<br />

Hans Schaal ist Kirchengemeinderat<br />

an der<br />

Stadtkirche <strong>Geislingen</strong> und<br />

Mitglied des Umweltteams<br />

„Grüner Gockel“


Der Grüne Gockel kräht auf dem Kirchturm<br />

Bewahrung der Schöpfung<br />

GERLINDE HÜHN<br />

Wer kann sich noch daran erinnern, wann das Wort<br />

„Waldsterben“ zum ersten Mal in der Öffentlichkeit auftauchte?<br />

Es war Ende der Siebzigerjahre.<br />

Ich sehe noch den Auftritt eines Vertreters der Grünen bei<br />

einer Fernsehsendung vor mir, wo er mit einem kranken<br />

Bäumchen vor die Kamera trat. Damals lachten alle und<br />

hielten diese Leute für Spinner.<br />

Inzwischen wird das Wort „Waldsterben“ in der französischen<br />

Sprache benutzt und als Phänomen von allen<br />

anerkannt, ebenso die drohende Klimakatastrophe aufgrund<br />

des hohen CO 2 -Ausstoßes.<br />

Seit ca. 25 Jahren wächst das Umweltbewusstsein. Wir<br />

sammeln alle fleißig Papier, alte Dosen, Glas, trennen Müll<br />

und achten zunehmend auf Energiesparlampen in unseren<br />

Zimmern. Erstaunlicherweise sind es oft eher die älteren<br />

Mitbürger, die ihren Müll trennen. Ist diese Ökoeinstellung<br />

bei den jungen Menschen am Schwinden?<br />

Kirche und Umwelt<br />

Bisher hatten sich die Kirchengemeinden als ganzes, als<br />

Organisation, noch nicht recht an der ökologischen Bewegung<br />

beteiligt.<br />

Vor Jahren habe ich als Dekanin einmal einen Energiecheck<br />

für die Kirchengemeinden des <strong>Kirchenbezirk</strong>s <strong>Geislingen</strong><br />

angeregt, aber leider ist das Unternehmen wieder<br />

im Sande verlaufen. Die Zeit war wohl noch nicht reif dafür.<br />

Seit einigen Jahren denken die Kirchengemeinden aufgrund<br />

der zurückgehenden Finanzen und Gemeindegliederzahlen<br />

übers Sparen nach.<br />

In einem „Spar- und Strukturausschuss“ überlegte die<br />

Gesamtkirchengemeinde <strong>Geislingen</strong>, wo überall gespart<br />

werden könnte. Ein Posten – nicht der größte, aber doch<br />

ein lohnender – sind die Energiekosten.<br />

Inzwischen gibt es darüber hinaus innerhalb der Landeskirche<br />

den sogenannten „Grünen Gockel“, ein an das<br />

EMAS-System (EMAS = eco management and audit<br />

scheme) angelehntes Energiemanagement für kirchliche<br />

Einrichtungen und Gemeinden.<br />

Das war es, was wir gesucht hatten! Der Gesamtkirchengemeinderat<br />

ließ sich den Grünen Gockel vorstellen und<br />

fasste den Beschluss, ihn durchzuführen.<br />

Und es fanden sich nach einigen Suchen engagierte<br />

Umweltteams in jeder der damals noch 5 Gemeinden der<br />

Gesamtkirchengemeinde, die sich mit Eifer und Elan ans<br />

Werk machten. Darüber hinaus beteiligten sich: die<br />

Erwachsenenbildung, die <strong>Kirchenbezirk</strong>skasse mit dem<br />

Haus Stötten und die Diakonie-Sozialstation.<br />

In jedem Team fand sich einer, der besonders gut mit dem<br />

PC umgehen konnte, und in jedem Team ein oder mehrere<br />

Sachverständige für die Gebäude der jeweiligen<br />

Gemeinde.<br />

Eine interessante Aufgabe für Männer<br />

Auffällig und für mich besonders schön ist die Beobachtung,<br />

dass sich für diese Aufgabe überdurchschnittlich<br />

viele Männer zur Verfügung stellten, die doch in der<br />

Regel seltener in Gemeinden auftauchen.<br />

„I got two strong arms, I can help“ haben einmal die<br />

Beatles gesungen. Vielleicht fällt es Männern leichter, sich<br />

bei technischen Fragen einzubringen als bei Bibeldiskussionen<br />

oder Kuchenbackteams. Für den Prozess war es<br />

jedenfalls sehr gut.<br />

Die Erhebungen des ersten Jahres waren recht aufwendig,<br />

und manchmal wollte einigen die Motivation schier gar<br />

schwinden, aber alle haben durchgehalten.<br />

Und nach der Zertifizierung steht die praktische Umsetzung<br />

an: da wird es leichter, konkreter und in gewisser<br />

Weise auch handfester.<br />

Danken muss man allen, die sich bisher engagiert haben.<br />

Sie haben Mühe, Bereitschaft und auch Frust auf sich<br />

genommen und damit der Gesamtkirchengemeinde einen<br />

großen Dienst erwiesen. Die Umwelt wird es ihnen danken.<br />

Es wird noch ein gutes Stück Arbeit vor den Umweltteams<br />

liegen, alles Beschlossene umzusetzen und darüber<br />

hinaus eine größere Breitenwirkung in den Gemeinden<br />

zu erreichen.<br />

Wer wird noch mitmachen?<br />

Es wäre schön, wenn sich auch andere Gemeinden im<br />

<strong>Kirchenbezirk</strong> fänden, die den Grünen Gockel bei sich<br />

durchführten. Wer für sich den Grünen Gockel durchführen<br />

würde, könnte von den Erfahrungen der Geislinger<br />

profitieren. Ich kann in Aussicht stellen: Das erste Jahr ist<br />

etwas stressig, danach läuft’s leichter.<br />

Die interessierten Gemeinden sollten sich zu Konvois von<br />

mindestens 5 Organisationen zusammenschließen. Es ist<br />

auch möglich, andere Einrichtungen vor Ort zu beteiligen:<br />

wie eine diakonische Institution oder die bürgerliche<br />

Gemeinde.<br />

Ich hoffe, dass bald der Grüne Gockel auf allen Kirchtürmen<br />

kräht.<br />

Dekanin Gerlinde Hühn<br />

Der Grüne Gockel ist ein speziell für Kirchengemeinden<br />

gemeinsam mit Kirchengemeinden entwickeltes<br />

Umweltmanagementsystem nach der Europäischen<br />

Norm EMAS. Es benötigt eine geringe Dokumentation,<br />

wird alle drei Jahre von außen begutachtet, entfaltet<br />

hohe Wirksamkeit<br />

Ziele sind:<br />

Gott als den Schöpfer des Himmels und der Erde ins Leben holen<br />

Bildung des Bewusstseins der ganzen Gemeinde zur „Bewahrung<br />

der Schöpfung“<br />

intelligente Nutzung der Ressourcen = systematische + dauerhafte<br />

Verringerung<br />

nachhaltige und dauerhafte Verankerung des Systems in Gemeinde /<br />

Einrichtung (= breite Basis)<br />

transparent, glaubwürdig, wirtschaftlich: so lebt + wirkt die<br />

Kirchengemeinde / Einrichtung nach innen + außen<br />

Interessante Links:<br />

http://www.elk-wue.de/<br />

http://www.gruener-gockel.de/<br />

http://www.kate-stuttgart.org/<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

21


Aus Kirche und Gesellschaft<br />

Gott im Maschinensaal<br />

Gustav Werner zum 200. Geburtstag<br />

DR. KARL-HEINZ DRESCHER-PFEIFFER<br />

Am 12. März 2009 wäre Gustav Werner 200 Jahre alt<br />

geworden. Er ist einer der Gründerväter unserer heutigen<br />

württembergischen Diakonie. Er war ein Exzentriker Charakter.<br />

Das machte ihn gerade interessant und anziehend<br />

für viele Menschen. Die Stiftung Gustav Werner und Haus<br />

am Berg mit Hauptsitz in Reutlingen geht auf ihn zurück.<br />

„Was nicht zur Tat wird, hat keinen Wert“<br />

Im Unterschied zu anderen Vätern der Diakonie bezog<br />

Gustav Werner den Bereich der Arbeit und der Industrie<br />

bewusst in sein Denken und Handeln ein.<br />

Theologisch war er geprägt von der mystischen Theologie<br />

der Liebe, die Emanuel Swedenborg lehrte und die bei<br />

Johann Friedrich Oberlin im Elsass schon zu einem größeren<br />

Werk der Liebe geführt hatte. Für Gustav Werner<br />

konnte sich der Mensch wie ein Gefäß der Liebe Gottes<br />

öffnen, so dass Gott im Menschen wohnen und die<br />

Selbstliebe des Menschen und seine Liebe zur Welt überwinden<br />

konnte. Wie die Strahlen der Sonne erzeugt auch<br />

die Liebe Gottes beim Menschen Wirkung. Diese Taten<br />

der Liebe dienen dem Menschen zu seiner Vervollkommnung<br />

im Glauben. Sie sind wichtig für den Aufbau des<br />

Reiches Gottes und für die eigene Erlösung. Gustav<br />

Werner ging zudem davon aus, dass das letzte Zeitalter<br />

der Welt angebrochen sei und dass die wahre Kirche<br />

der Liebe bald sichtbar würde. In seinem Glauben kamen<br />

Gebet, Meditation, Innerlichkeit und die praktische notwendige<br />

Tat der Liebe zusammen.<br />

Aus dem Kirchendienst entlassen<br />

Bereits in seinem Vikariat in Walddorf bei Tübingen gründete<br />

er eine Kleinkinderschule zur Pflege und Erziehung<br />

von Zwei- bis Sechsjährigen und eine Industrieschule für<br />

Mädchen zwischen sechs und vierzehn Jahren, die an die<br />

Arbeitswelt herangeführt werden sollten. Zwischen 1838<br />

und 1860 war Gustav Werner als Reiseprediger regelmäßig<br />

jede Woche mehrere Tage an bis zu 100 Orten in<br />

Württemberg unterwegs, um seinen auf die Tat der Liebe<br />

zielenden Glauben zu verkündigen und Spenden zu sammeln.<br />

Die Reisepredigt und die Orientierung an Swedenborg<br />

führten zu länger anhaltenden Auseinandersetzungen<br />

mit Pfarrerskollegen und der Kirchenleitung.<br />

Gustav Werner kam der Aufforderung der Kirchenleitung<br />

zur Beendigung seiner Reisepredigt nicht nach, legte<br />

1840 sein Vikariat nieder und zog nach Reutlingen.<br />

1851 wurde er aus dem Kirchendienst entlassen.<br />

In Reutlingen gründete er aus Spenden ein Rettungshaus<br />

für Kinder, das sich bald stark ausdehnte. Es kamen die<br />

Hausgenossenschaft, Krankenpflege, die Arbeitergemeinschaft,<br />

Assoziationen, die Werkstätten und Fabriken<br />

hinzu. 1864 lebten in den Wernerschen Anstalten 225<br />

Hausgenossen und 898 Betreute.<br />

In der Hausgenossenschaft lebten vor allem ledige Frauen<br />

in der Ausrichtung auf die alten Mönchsgelübde Armut,<br />

Keuschheit und Gehorsam zusammen. Da Gustav Werner<br />

ein charismatischer Mensch war, waren diese Vorsätze<br />

kein Zwang.<br />

22 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

Die Hilfe für die Armen setzte auf Arbeit statt Almosen,<br />

zielte auf ein Gleichgewicht zwischen materieller und sittlich-geistiger<br />

Hilfe, die Integration des Einzelnen in eine<br />

tragende und korrigierende Gemeinschaft, die soziale Verpflichtung<br />

des Eigentums, die Hilfe zur Selbsthilfe und<br />

die Selbstversorgung als Weg zur Mündigkeit.<br />

Gustav Werner, Freund der Kinder und Armen<br />

Eigentum verpflichtet<br />

Die soziale Verpflichtung des Eigentums zielte darauf, das<br />

Eigentum im Interesse der Benachteiligten zu verwenden,<br />

es ging weder um Enteignung noch um Umverteilung.<br />

Mit dem Kauf der Papierfabrik 1850 war die Idee der<br />

christlichen Fabrik verbunden. Die Hausgenossenschaft<br />

stellte Kost und Logis, die Mitglieder verzichteten auf<br />

Lohn und stellten den Gewinn den Armen zur Verfügung.<br />

Diese Idee funktionierte leider nur kurzzeitig, da er schnell<br />

Arbeiter gegen normalen Lohn einstellen musste.<br />

Die ständige Ausdehnung der Arbeit führte zu erheblichen<br />

finanziellen Problemen und letztlich zur Insolvenz.<br />

Der Umfang der Arbeit musste deutlich reduziert und<br />

stärker ökonomischen Gesichtspunkten untergeordnet<br />

werden.<br />

Schließlich gelang es, das Werk in eine Stiftung zu<br />

überführen und damit längerfristig abzusichern.<br />

Als Ehrenbürger der Stadt Reutlingen starb Gustav<br />

Werner 1887.<br />

Dr. Karl-Heinz Drescher-Pfeiffer<br />

ist Pfarrer im<br />

<strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong>


Hartes <strong>Brot</strong><br />

MARKUS LAIDIG<br />

„<strong>Brot</strong> ist nicht hart. Kein <strong>Brot</strong> – das ist hart.“ Vielleicht<br />

kennen Sie diesen Spruch oder haben ihn auch schon einmal<br />

bei einem Bäcker auf einer kleinen Tafel über den<br />

<strong>Brot</strong>regalen gelesen. Auf meinem Schulweg in der Nähe<br />

von Stuttgart bin ich immer an einem solchen Bäckerladen<br />

vorbeigekommen. Immer wenn ich dort einkaufen<br />

ging, war es eine „Pausen-Brezel“ oder etwas anderes,<br />

dann fiel mein Blick auf diese kleine Tafel und ich versuchte<br />

mir vorzustellen, was ihre Worte meinten.<br />

Das <strong>Brot</strong> bei diesem Bäcker war tatsächlich gerne etwas<br />

hart . . .<br />

Gastfreundlich<br />

reich gedeckter Tisch<br />

„<strong>Brot</strong> ist nicht hart. Kein<br />

<strong>Brot</strong> – das ist hart.“ Was<br />

dieser Spruch bedeutet,<br />

darum wissen wohl besonders<br />

diejenigen, die in ihrem<br />

Leben schwere Zeiten<br />

durchleben mussten, die<br />

wirklich am eigenen Leib<br />

erfahren haben, was es für<br />

unser Leben und Überleben<br />

bedeutet, wenn es kein<br />

<strong>Brot</strong> mehr gibt. Kein <strong>Brot</strong>,<br />

an dem man sich satt essen<br />

kann. Kein <strong>Brot</strong>, das man<br />

teilen, von dem man anderen<br />

abgeben kann.<br />

<strong>Brot</strong>, wertvoller als Gold<br />

Schwere Not, Katastrophen, Krieg-Zeiten in denen <strong>Brot</strong><br />

rar wird und in denen der Wert von <strong>Brot</strong> weit den des<br />

Goldes übersteigt. In Deutschland leben noch viele Menschen,<br />

die sich selbst an solche Zeiten im Zweiten Weltkrieg<br />

erinnern, die selbst Krieg und Verfolgung durchlitten<br />

haben. Aber auch alle Flüchtlinge heute, die vor den<br />

gegenwärtigen Kriegen in ihren Ländern auf der Flucht<br />

sind, wissen, was Krieg und Verfolgung bedeuten, und<br />

dass es hart ist, kein <strong>Brot</strong> zu haben.<br />

Olga W. Temirbulatowa ist Russlanddeutsche und Pastorin<br />

der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde St.<br />

Georg zu Samara in Russland. Zu ihren Aufgaben gehört<br />

der Besuch zahlreicher Gemeindeglieder – Menschen, die<br />

meist wie sie selbst deutsche Wurzeln haben, deren deutsche<br />

Lebensgeschichte ganz eng mit der russischen<br />

Geschichte verwoben ist. Und so haben die älteren<br />

Deutschstämmigen die Zeit des Zweiten Weltkriegs und<br />

die Zeit danach in Russland meist erlebt als harte und<br />

schwere Zeit.<br />

Ohne einen Krümel <strong>Brot</strong><br />

Olga Temirbulatowa berichtet über einen Geburtstagsbesuch:<br />

„Gestern waren wir bei Frau Ida zum Geburtstag in Pridoroshnyj.<br />

Sie erzählte über die Zeit der Aussiedlung und<br />

über die Zeit in der Trudarmee (Arbeitslager):<br />

Ihre Familie war 1941, wie auch die anderen, ausgesiedelt<br />

und nach Sibirien gebracht worden. Am Fluss Enisej gibt<br />

es eine Stadt: Turuchansk. Sie waren noch nördlich von<br />

dort im Wald. Sie wurden dahin gebracht. Zwei Wochen<br />

lagen sie in den Baracken ohne einen Krümel <strong>Brot</strong> oder<br />

irgendwas zu Essen. Es war Winter, alles war verschneit.<br />

Die Frauen hatten alles, was sie hatten an Kleidern, an<br />

verschiedenen Sachen, die sie noch hatten mitbringen<br />

können, gegen Kartoffeln, <strong>Brot</strong> oder Mehl eingetauscht.<br />

Aber eines Tages war alles zu Ende. Es war eine Frau<br />

dabei, die einen fünfjährigen Sohn hatte. Er musste<br />

besonders unter dem Hunger leiden. Es war der neunte<br />

oder zehnte Tag nach ihrer Anreise. Viele lagen und<br />

konnten sich kaum bewegen, so ausgehungert waren sie.<br />

Dieser kleine Junge saß auf einem Hocker in der Mitte der<br />

Pastorin Olga mit Gemeindegliedern<br />

Baracke und flehte die Mutter an: „Mama, wenn Du mir<br />

ein kleines Stückchen <strong>Brot</strong> geben könntest! Ganz klein!“<br />

Dabei streckte er sein kleines dünnes Fingerchen und<br />

zeigte an der Fingerchenspitze, wie klein das <strong>Brot</strong>stückchen<br />

sein dürfte . . . Die Mutter schrie aus lauter<br />

Verzweiflung, da sie schon alles getauscht hatte. Nur der<br />

Mantel an ihrem Körper war<br />

geblieben und sie hatte<br />

nichts mehr – ich konnte<br />

es weiter nicht hören<br />

und wir haben das Thema<br />

gewechselt.“<br />

Olga Temirbulatowa berichtet<br />

weiter: „Jetzt beim<br />

Schreiben dieser Geschichte<br />

stehen mir Tränen in den<br />

Augen. Einige Tage später haben die Menschen in der<br />

Baracke, etwas zu essen bekommen.“<br />

Kein <strong>Brot</strong> – das ist hart. Möge es nur noch Zeiten geben,<br />

in denen Menschen den Sinn dieser Worte, wenn überhaupt,<br />

dann nur noch erahnen können!<br />

TISCHGEBET AUS RUSSLAND:<br />

Wir leben nicht allein vom <strong>Brot</strong><br />

und doch tut uns das Essen not.<br />

Wir bitten dich du treuer Gott<br />

um Lebenswort und Lebensbrot<br />

Markus Laidig ist Pfarrer in der<br />

Stadtkirche, er war zwei Jahre Pfarrer<br />

in Samara, Russland.<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

23


Aus Kirche und Gesellschaft<br />

Kuhäugig mit Kornmühle<br />

Was wir alles tun, um „dabei“ zu sein<br />

ANITA GRÖH<br />

Kennen Sie „Luxese“? Ein neuer Film? Oder ein Fitness-<br />

Drink? Nein. „Luxese“ wurde von Konsumforschern<br />

geprägt. Das Wort ist zusammengesetzt aus „Luxus“ und<br />

„Askese“. Und es beschreibt unser Verhalten: Luxus im<br />

Freizeit- und Erlebniskonsum, Askese bei den Ausgaben<br />

des täglichen Bedarfs. So sparen wir anscheinend bei<br />

Klopapier, Milch und sonstigen Lebensmitteln und sind<br />

großzügig bei Urlaubsreisen, im Fitness-Center und<br />

MP3-Playern.<br />

<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> Handeln<br />

Die Konsumforscher haben herausgefunden, dass wir<br />

13 % unseres Monatsbudgets für Lebensmittel ausgeben.<br />

1962 waren es noch 37 %. Der Marktanteil der Billigketten<br />

wie Aldi, Lidl, Kaufland und andere liegt bei über<br />

40 %. <strong>Unser</strong>e Begeisterung beim Durchsuchen der farbigen<br />

Hochglanz-Werbungen der Discounter nach Schnäppchen<br />

wirkt sich aus. „Geiz ist geil“ kommt mir hierzu in<br />

den Sinn – stimmt das? Oder wollen wir einfach nur zu<br />

den uns von der Werbung dargebotenen jungen, dynamischen,<br />

gesunden, flexiblen und erfolgreichen Mitmenschen<br />

dazugehören?<br />

„Gib uns unser täglich <strong>Brot</strong>“ – was sind eigentlich unsere<br />

Grundbedürfnisse heutzutage? Was brauchen wir um gut<br />

leben zu können? Woran messen wir unsere Bedürfnisse<br />

und unser Handeln in einer Gesellschaft, deren sozialer,<br />

halt gebender Rahmen sich langsam auflöst und das<br />

„tägliche <strong>Brot</strong>“ selbstverständlich geworden ist?<br />

Statistiken, Umfragewerte und Trends beeinträchtigen<br />

unseren Anspruch und unser Verhalten. Mit ihnen wird<br />

uns vorgegeben, wie wir zu sein haben. Illustrierte, die<br />

ungezählt in jeder Arztpraxis aufliegen, schreiben über<br />

„Lifestyle“, also unsere moderne Lebenswelt: Kaufen wir<br />

das grell neonfarbene Stirnband, um den Nachbarn unsere<br />

Fitness zu zeigen, das Handy, um immer erreichbar zu<br />

sein, weil wir mindestens so wichtig sind wie die Kanzlerin,<br />

und die Kornmühle, um dem Arzt unsere gesunde<br />

Ernährung zu beweisen?<br />

Slim for Him<br />

Dabei wissen wir ja, wie oft sich Trends und Moden<br />

ändern. Oder wollten Sie heute gerne als „kuhäugig“<br />

bezeichnet werden? Wohl kaum. In der griechischen<br />

24 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

Mythologie war dies jedoch eine besondere Auszeichnung.<br />

Galt in der barocken Kunst mollig als ästhetisch<br />

und schön, werden wir heute als „adipös“ eingestuft.<br />

Und trifft nun Trend auf Religion, wird alles noch interessanter.<br />

Wir kennen das ja selbst, dass wir trotz guter<br />

Vorsätze beim Essen schon wieder mal „gesündigt“<br />

haben. Und im Land der unbegrenzten Möglichkeiten gibt<br />

es in konservativen US-Kirchenkreisen die originellste<br />

Magerkur: „Dieting für Jesus - Abspecken für Jesus“.<br />

Die christlichen Diät-Bibeln tragen so aufschlussreiche<br />

Titel wie „Hilfe Herr, der Teufel will mich mästen!“ oder<br />

„Bete dein Gewicht weg“ oder einfach „Slim for Him“.<br />

Verantwortung tragen<br />

„Gib uns unser täglich <strong>Brot</strong>“ – ich gebe zu, dass es mich<br />

ärgert, dass die Werbung den Preisverfall von Lebensmitteln<br />

in groß geschriebenen Prozentzahlen rühmt. Ich gebe<br />

zu, dass es mich anödet, Äpfel aus Südafrika angeboten<br />

zu bekommen, obwohl in den Geislinger Streuobstwiesen<br />

wohl schmeckende Äpfel wachsen. Dass es mich ärgert,<br />

Milch aus Norddeutschland kaufen zu sollen und die<br />

Geislinger Milchzentrale geschlossen wurde, dass ich<br />

immer den verkaufsoffenen Sonntag ignoriere, denn ich<br />

konnte ja bereits sechs Tage davor beinahe rund um die<br />

Uhr einkaufen. Dass ich mir nicht mehr einreden lasse,<br />

dass ich so sein müsse, um wirklich dazu zu gehören.<br />

Wir haben es zugelassen, dass Werbung, Umfragen,<br />

Trends und Moden unser Handeln prägen. Wir haben<br />

unser eigenes Denken, unseren „gesunden Menschenverstand“<br />

und damit unsere Verantwortung für unser Handeln<br />

hinten angestellt. Wir vergessen dabei oft, dass wir<br />

für uns und unsere Mitmenschen Verantwortung tragen<br />

und nicht nur dem Trend, der Mode und dem Konsum<br />

hinterher rennen müssen. „Gib uns unser täglich <strong>Brot</strong>“ –<br />

das sollte uns Maßstab sein.<br />

Anita Gröh ist Mitglied<br />

im Redaktionsteam<br />

der <strong>Kirchenbezirk</strong>s-Zeitung


„<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> gib uns heute“ –<br />

in Krankheit und im Krankenhaus<br />

KLAUS HOOF<br />

Sonntagmorgen. Gottesdienst in der Krankenhauskapelle.<br />

Nach der Predigt Abendmahl, wie jeden Sonntag. Bei der<br />

Austeilung steht eine kleine Gruppe von zehn Gottesdienstbesuchenden<br />

vor dem Altar. Zwei sind sitzengeblieben,<br />

weil sie nicht ohne Hilfe oder Rollstuhl nach vorne<br />

kommen können. Ein Ehepaar ist während der Austeilung<br />

emotional sehr bewegt. Beim Entlasswort „Ich lebe und<br />

ihr sollt auch leben“ kommen der Frau die Tränen. Am<br />

Ausgang bedanken sie sich und erzählen auf Nachfragen,<br />

dass dem Mann eine schwere Operation bevorsteht.<br />

Eigentlich sei er zu schwach dafür. Aber das sei seine<br />

einzige Chance. Deshalb sei der Gottesdienst heute so<br />

wichtig für sie gewesen und die Feier des Abendmahls<br />

habe ihnen gut getan und ihr Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

und ihre Hoffnung gestärkt.<br />

„<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> gib uns heute“ – wie gut, dass<br />

Kirche im Krankenhaus präsent ist! Im Krankenhausgottesdienst<br />

können Menschen in ihren Krankheitsnöten einen<br />

Ort finden, an dem ihre Ängste und Gefühle einen Platz<br />

haben und wo ihre Hoffnung Nahrung durch das <strong>Brot</strong><br />

erhält, dass die Seele nährt und „Notwendig“ ist.<br />

Kranke besuchen gehört zum Christsein<br />

<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong>, das notwendige, gib uns heute –<br />

was heißt das im Krankenhaus? In der Krise einer Erkrankung,<br />

zumal wenn Menschen aus ihrer gewohnten und<br />

ihnen Sicherheit gebenden Umgebung herausgerissen<br />

werden und sich in der fremden und ungewohnten Welt<br />

einer Klinik wiederfinden, spüren manche, wie sie ihr<br />

„all-<strong>tägliches</strong>“ <strong>Brot</strong> nicht mehr satt macht. Neben der Not<br />

leiblicher Erkrankung treten die Nöte existentieller Fragen.<br />

Der Wunsch und das Bedürfnis nach Gespräch und Austausch<br />

sind größer als sonst. Die Bibel berichtet, dass<br />

Jesus sich von der Not der Kranken hat anrühren lassen.<br />

Er hat mit ihnen gesprochen. Er hat Kranke geheilt. Deshalb<br />

hat es von Beginn des Christentums an zum Selbstverständnis<br />

der Christen gehört, Kranke zu besuchen.<br />

Besuchsdienst im Krankenhaus<br />

Angesichts der immer kürzeren Verweildauer der Patienten<br />

und eines 50 %-igen Dienstauftrags ist es Krankenhauspfarrer<br />

Klaus Hoof nicht möglich, alle evangelischen<br />

Patienten zu besuchen. Deshalb hat er zusammen mit<br />

seinem katholischen Kollegen Bernhard Veil im Jahr 2008<br />

Frauen und Männer für einen ehrenamtlichen kirchlichen<br />

Besuchsdienst gesucht und in mehreren Seminartagen für<br />

diese Aufgabe ausgebildet. Im Februar 2009 haben sich<br />

dann 11 Frauen und 3 Männer aus 7 evangelischen und 3<br />

katholischen Kirchengemeinden verbindlich bereit erklärt,<br />

Patientinnen und Patienten aus ihren Gemeinden in der<br />

Geislinger Helfenstein Klinik zu besuchen. Das ist ein sehr<br />

erfreuliches Ergebnis, zeigt es doch, wie viel Engagement,<br />

Fenster in der Krankenhauskapelle der Helfensteinklinik<br />

Verantwortungsbewusstsein und Einsatzwillen Menschen<br />

in unseren Gemeinden haben.<br />

Inzwischen sind die ehrenamtlich Mitarbeitenden des<br />

kirchlichen Besuchsdienstes in ihren Gemeinden in einem<br />

Gottesdienst in ihre neue Aufgabe eingesetzt und auf das<br />

Einhalten des Schweigegebotes und des Seelsorgegeheimnis<br />

verpflichtet worden. Mindestens alle zwei Wochen<br />

einmal besuchen sie nun kranke Menschen aus ihren<br />

Gemeinden. Pfarrer Hoof und Dipl. Theol. Veil werden die<br />

Frauen und Männer weiterhin fachlich fortbilden und in<br />

ihrer Arbeit begleiten.<br />

„<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> gib uns heute“ – eigentlich ist diese<br />

Bitte so etwas wie ein Notruf, denn wer so betet, der<br />

schreit um Hilfe, für andere und für sich selbst. Gebe<br />

Gott, dass wir Christen solche Notrufe in uns selbst und<br />

bei anderen hören und dass der neue kirchliche Besuchsdienst<br />

ein Beitrag zum Mittragen der Not wird.<br />

Klaus Hoof ist Pfarrer<br />

an der Helfenstein-Klinik<br />

in <strong>Geislingen</strong><br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

25


Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

Die Gesundheitspiraten in Aktion<br />

Lecker essen und trinken im Aufhausener Kindergarten<br />

GERTRAUDE REICH-BOCHTLER<br />

„Wir segeln übers weite Meer, kämpfen mutig, aber fair,<br />

gemeinsam ist das gar nicht schwer.“ Im Kindergarten<br />

Aufhausen treiben viele Piraten ihr Unwesen. Mit Kopftuch<br />

und gelbem T-Shirt zünftig gekleidet, sind sie voller<br />

Eifer bei der Sache. Und wer jetzt denkt, dass dies etwas<br />

mit Klaus Störtebecker oder anderen Freibeutern aus vergangener<br />

Zeit zu tun hat, der irrt sich gewaltig. Es sind<br />

ganz besondere Piraten, die sich hier für die Zukunft<br />

rüsten: Gesundheitspiraten. Gemeinsam mit ihrer Erzieherin<br />

Ute Nothdurft und einer externen Fachkraft, Beate<br />

Schuhmacher aus Deggingen, steigen sie zweimal in der<br />

Woche ins „gesunde Boot“ und lernen spielerisch, Spaß<br />

an gesunder Ernährung zu finden.<br />

Ute Nothdurft berichtet, wie es dazu kam: „Bereits im<br />

Frühjahr 2007 fand im Kindergarten Aufhausen ein Elternabend<br />

zum Thema „Gesunde Ernährung“ statt. Dieses<br />

Thema hat sowohl die Eltern als auch uns Erzieherinnen<br />

sehr angesprochen und begeistert. Wir haben daraufhin<br />

für unsere Einrichtung „Regeln“ fest gelegt, die bezüglich<br />

des Vespers im Kindergarten gelten sollen. Dies wurde<br />

von den meisten begeistert umgesetzt.“<br />

Gemüse und Obst schmecken<br />

Weil eine gesunde Ernährung den meisten Eltern wichtig<br />

ist, unterstützten sie die Erzieherinnen. Seitdem bringen<br />

viele Kinder zu ihrem Vesper Gemüse (z. B. Blumenkohl,<br />

Paprika, Gurke, Karotte) und Obst (z. B. Äpfel, Bananen,<br />

Kiwi, Grapefruit) mit. Oder es wird immer häufiger<br />

anstelle von Fruchtjoghurt Naturjoghurt (mit Marmelade)<br />

mitgegeben. Milchschnitten oder ähnliche Fertigprodukte<br />

waren nur noch in ganz wenigen Vesperdöschen zu<br />

finden. Konsequent wurden sie und mitgebrachte Fruchtjoghurts<br />

oder ähnlich süße Gaben wieder mit nach Hause<br />

gegeben, und das Kind bekam aus der großen Obstschale<br />

des Kindergartens sein Frühstück für die Pause.<br />

Landesstiftung unterstützt die Aktion<br />

Um dieses Thema zu intensivieren und auch den Kindern<br />

nahezubringen, bewarben sich die Erzieherinnen für ein<br />

Projekt der Landesstiftung Baden-Württemberg. „Komm<br />

mit in das gesunde Boot“ mit gesundem Essen und Spaß<br />

an der Bewegung, heißt es für Kindergartenkinder. Hier<br />

hat die Landesstiftung Mittel zur Verfügung gestellt,<br />

damit Kinder möglichst frühzeitig durch gezielte Maßnahmen<br />

Spaß an gesunder Ernährung und ausreichend Bewegung<br />

finden. So ist das Ernährungsmodul „lecker essen<br />

und trinken“ entwickelt worden. „Die Gesundheitsförderung<br />

von Kindern ist für die Zukunft unseres Landes<br />

elementar wichtig. In der Kindheit werden Vorlieben und<br />

Abneigungen entwickelt und der Grundstock für das<br />

weitere Leben gelegt“, sagt Herbert Moser, Geschäftsführer<br />

der Landesstiftung. „Deshalb setzt die Landesstiftung<br />

mit ihrem Programm bereits im Kindergartenalter an“.<br />

Wo kommen Lebensmittel her? Was passiert in meinem<br />

Körper? Über einen Zeitraum von einem halben Jahr<br />

26 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

lernen Kinder, wo Lebensmittel herkommen, wie der<br />

Bauch funktioniert, oder wie man die Lebensmittel in ein<br />

leckeres Gericht verwandelt.<br />

Gesundheitspiraten haben wirklich viel Spaß bei ihrer<br />

Unternehmung. „Wo wächst der Apfel?“ wird gefragt.<br />

Jetzt gilt es, blitzschnell zu entscheiden: Lege ich mich<br />

unter den Stuhl, weil der Apfel in der Erde wächst, oder<br />

setze ich mich drauf, weil er auf der Erde wächst? Möglich<br />

wäre auch noch, auf den Stuhl zu stehen, weil der Apfel<br />

auf dem Baum wächst. Unter viel Gelächter stehen alle<br />

bald auf ihren Stühlen.


Mit allen Sinnen genießen<br />

Beim nächsten Mal gibt es viele verschiedene Lebensmittel<br />

zu sehen. Sie werden betastet, man riecht an ihnen,<br />

alle Sinne sind beteiligt. Und dann geht es ans Probieren:<br />

Wie schmeckt die Gurke, und wie die Melone? Wie gut<br />

riecht frischgebackenes <strong>Brot</strong>! Gemeinsam werden einfache<br />

Speisen zubereitet. „Wir haben Gurken und Wurstscheiben<br />

auf Zahnstocher gesteckt. Das wurde dann eine<br />

Schlange“ erzählt Leonie. „Die Zunge haben wir mit<br />

Paprika gemacht. Und dann kamen die Muttis, und wir<br />

haben alles aufgegessen.“<br />

Zweimal sind die Gesundheitspiraten unterwegs. Im<br />

Supermarkt werden sie mit großer Geduld herumgeführt.<br />

Bei der Mineralbrunnen AG bestaunen Kinder und Begleitpersonen<br />

Bänder und Maschinen. Gesundes Trinken ist<br />

wichtig. Schon seit der ersten Begegnung ist allen klar:<br />

Piraten trinken nur Wasser!<br />

Essen und Trinken verbindet die Menschen. Wer miteinander<br />

an einem Tisch sitzt, erfährt Gemeinschaft. Beim<br />

Ernährungsmodul „lecker essen und trinken“ werden auch<br />

alle Eltern ins Boot geholt. Sie dürfen die Kinder bei vielen<br />

Aktivitäten begleiten. Es wird gemeinsam gebacken,<br />

geschnippelt, geformt, gefühlt, gegessen. Die Ess- und<br />

Trink-Oase gibt allen Eltern Raum für Information und<br />

Austausch. An einem Tag sind wirklich fast alle Väter mit<br />

dabei. Im Notfall war auch der Opa bereit, mit der Enkeltochter<br />

eine möglichst schöne Gurkenschlange zusammen<br />

zu stecken. Es war schön, zu beobachten, wie sich alle in<br />

diesem Projekt engagiert haben.<br />

Das Projekt „lecker essen & trinken“ erstreckt sich über<br />

ein halbes Jahr, in dem die speziell geschulte Expertin<br />

zehn Bausteine mit Kindern im Alter von vier bis sechs<br />

Jahren durchführt, dazu vier Bausteine für und mit den<br />

Eltern gemeinsam. Auch die Erzieherinnen sind begleitend<br />

dabei, was ihnen ermöglicht, das Thema Ernährung zu<br />

vertiefen und es im Profil der Einrichtung nachhaltig zu<br />

verankern.<br />

Süßener Tafel Neueröffnung des CARIsatt-Ladens<br />

PETRA KRIEG<br />

Die Erfahrungen von CARIsatt in Göppingen und <strong>Geislingen</strong><br />

Tafel und die Zahlen der Sozialstatistiken zeigen,<br />

dass leider immer mehr Menschen mit Hartz IV, Rentner,<br />

Alleinerziehende, Geringverdienende auf das Angebot<br />

eines Tafelladens angewiesen sind. In Süßen, Schnittstelle<br />

zwischen Göppingen und <strong>Geislingen</strong>, ist das Angebot<br />

eines Tafelladens gut und wichtig.<br />

Die Caritas Fils-Neckar-Alb bietet sich mit ihrer reichen<br />

Erfahrung in der Tafelarbeit als Träger an und plant in<br />

Kooperation mit der katholischen und evangelischen<br />

Kirchengemeinde Süßen und der Stadt Süßen einen Tafelladen<br />

zu eröffnen.<br />

Was ist ein Tafelladen?<br />

Die Idee CARIsatt-Tafelladen ist nicht neu. In Göppingen<br />

besteht er seit acht Jahren, in <strong>Geislingen</strong> seit zwei Jahren.<br />

Die KundInnen sollen im CARIsatt-Laden eine angenehme<br />

und weitgehend normale Situation vorfinden, welche<br />

sich nur in den Preisen von anderen Läden unterscheidet.<br />

Im CARIsatt-Laden werden Lebensmittel verschiedener<br />

Art angeboten wie Konserven, Milchprodukte, Backwaren,<br />

Obst und Gemüse. Einkaufsberechtigt sind Menschen mit<br />

geringem Einkommen (z. B. Rentner, kinderreiche Familien,<br />

Studierende). Der Verkaufspreis liegt deutlich unter dem<br />

regulären Preisniveau beim günstigsten Einzelhändler vor<br />

Ort. Der Laden wird voraussichtlich an zwei Tagen in<br />

der Woche geöffnet sein. Ladenräume sind in Aussicht,<br />

so dass schon bald gestartet werden kann.<br />

Die personelle Besetzung des Ladens setzt auf das ehren-<br />

Gertraude Reich-Bochtler<br />

ist Pfarrerin in Aufhausen<br />

amtliche Engagement der Menschen<br />

in den Kirchengemeinden,<br />

der Stadt und des Landkreises.<br />

Für den Aufbau des<br />

Ladens besteht ein Team aus<br />

derzeit 30 Ehrenamtlichen.<br />

Bis zur Eröffnung des Ladens<br />

werden mindestens 40 ehrenamtliche<br />

Frauen und Männer<br />

benötigt, damit alle anfallenden<br />

Arbeiten geleistet werden können.<br />

Neben den Lebensmitteln<br />

werden auch gebrauchte Kleider<br />

verkauft. Dieser Bereich<br />

wird abgetrennt vom Lebensmittelbereich<br />

und auch für<br />

Menschen ohne Einkaufsberechtigung<br />

zugänglich sein.<br />

Damit das Projekt gelingt<br />

können Sie:<br />

• uns ehrenamtlich im Aufbau des Ladens unterstützen<br />

• uns finanziell unterstützen,<br />

• Spenden unter dem Stichwort CARIsatt Süßen<br />

• auf das Konto 1790 000 der Caritas Fils-Neckar-Alb<br />

• bei der Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 601 205 00<br />

• sich für die ehrenamtlichen Mitarbeit im Laden melden<br />

• die Idee des Ladens verbreiten und MitstreiterInnen<br />

finden<br />

• uns Ihre Kontakte zu Lebensmittelgeschäften vermitteln<br />

Kontakt: Fachstelle Ehrenamt und soziales Lernen,<br />

Petra Krieg, Telefon 0 71 61- 9 63 36 30<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

27


Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

Ein Mensch ist gestorben. Sein Platz ist leer. Er<br />

hinterlässt eine Lücke – sichtbar und spürbar.<br />

Je enger das eigene Leben mit der verstorbenen<br />

Person verbunden war, desto deutlicher der<br />

Verlust.<br />

Anfangs ist die Betroffenheit groß. Wer einen<br />

nahen Angehörigen verloren hat, wird in den<br />

ersten Tagen mit Anteilnahme regelrecht überschüttet.<br />

Viele schreiben, drücken ihr Beileid<br />

aus. Durchaus ernst gemeint ist das Angebot:<br />

„Wenn ich irgend etwas für dich tun kann,<br />

lass es mich wissen!“<br />

Und dann kehren alle in ihren Alltag zurück.<br />

Der Arbeitsplatz wird einem Nachfolger zugeteilt.<br />

Auf den Stammplatz beim Seniorentreff<br />

sitzt ein Anderer. Die Lücke beginnt sich zu<br />

schließen.<br />

In der Trauer allein<br />

28 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

Wenn meine Trauer Worte findet<br />

Das Geislinger Trauercafé bietet Gespräch und Beratung<br />

GERTRAUDE REICH-BOCHTLER<br />

Aber da, wo der Verstorbene zu Hause war,<br />

fehlt er nach wie vor. „Wenn ich die Haustür<br />

aufschließe, rufe ich oft noch aus lauter<br />

Gewohnheit: ‚Ich bin wieder da!‘ Erst wenn<br />

keine Antwort kommt, fällt es mir wieder ein: Er<br />

wird mir nie mehr antworten.“ erzählt eine Frau,<br />

deren Mann vor zwei Jahren gestorben ist.<br />

Die nahen Angehörigen müssen lernen, mit der<br />

Lücke zu leben. Das braucht Zeit – viel mehr,<br />

als ihnen unsere schnelllebige Gesellschaft<br />

geben will. „Jetzt ist der Vater schon ein halbes<br />

Jahr tot, und du trauerst immer noch“, sagt der<br />

Sohn zu seiner Mutter. „Wann wirst du wieder<br />

normal? Geh doch mal unter die Leute!“ Viele<br />

Menschen, die mit einem Verlust leben müssen,<br />

fühlen sich in ihrer Trauer allein gelassen.<br />

Andere werden mit sich selber ungeduldig. Sie<br />

möchten niemanden aus ihrer Umgebung an<br />

dem teilhaben lassen, was sie umtreibt. Mit der<br />

berühmten Schere im Kopf sagen sie. „Ich kann<br />

doch meinen Freunden und den Kindern nicht<br />

dauernd mit meinem Schmerz auf die Nerven<br />

gehen! Wie sollen sie auch verstehen, wie es<br />

mir geht!“<br />

Oft sind im Gefolge der Hospizgruppen Angebote<br />

für Trauernde entstanden. Kontakt und<br />

Austausch mit anderen Betroffenen in einer<br />

ganz ähnlichen Situation sind eine von vielen<br />

Möglichkeiten, Trauernde zu unterstützen und<br />

hilfreich zu begleiten. Junge Menschen nutzen<br />

das Internet. Ältere haben diese Möglichkeit oft<br />

nicht. Für sie gibt es Angebote mit direkter<br />

Begegnung, in angeleiteten Trauergruppen oder<br />

den etwas unverbindlicher ablaufenden<br />

Gesprächen mit Kaffee, Saft oder Tee.<br />

Seit Jahresbeginn öffnet in <strong>Geislingen</strong> das<br />

Trauercafé. Einmal im Monat besteht die Gelegenheit,<br />

sich mit ähnlich Betroffenen auszutauschen.<br />

Das Kaffeehaus der Diakonie in der<br />

Moltkestraße ist ein idealer Platz dafür.<br />

Es ist gut zu erreichen, auch mit öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln. Um 18 Uhr können auch<br />

Berufstätige dazu kommen, und es ist noch<br />

nicht zu spät für Ältere, die abends nicht mehr<br />

so gerne ausgehen. Weil zu dieser Zeit keine<br />

anderen Gäste mehr bewirtet werden, finden die<br />

Besucher einen geschützten Raum vor, der leicht<br />

zu erreichen ist.<br />

Begleitung durch engagiertes Team<br />

Günther Alius von der evangelischen Erwachsenenbildung<br />

hatte die Idee aus Esslingen mitgebracht,<br />

wo Angebote für Trauernde häufig und<br />

gerne angenommen werden. Es fanden sich drei<br />

Mitstreiter, Pfarrer Dr. Karl-Heinz Drescher-<br />

Pfeiffer und die Pfarrerinnen Claudia Kupfer-<br />

Feine und Gertraude Reich-Bochtler, die ist auch<br />

ausgebildete Trauerbegleiterin ist. Von der<br />

Hospizgruppe aus Göppingen kam viel Unterstützung<br />

durch Tipps und bewährtes Material<br />

für die Treffen. Weil alle noch sehr neu im<br />

<strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong> sind, war Gudrun<br />

Müller von 0der Samariterstiftung als Spezialistin<br />

für die Verhältnisse vor Ort eine große<br />

Hilfe.


Tränen dürfen fließen<br />

Das Trauercafé ist ein Angebot für alle, die<br />

nahestehende Angehörige oder Freundinnen<br />

und Freunde verloren haben. Auch wenn es von<br />

der evangelischen Kirche getragen wird, steht<br />

es allen offen, unabhängig von ihrer Konfession<br />

und Herkunft. Man kann regelmäßig daran teilnehmen<br />

oder bei Bedarf, genauso wie man ein<br />

Café aufsuchen würde. Die Getränke haben<br />

einen moderaten Preis, und für die sonstigen<br />

Aufwendungen gibt es ein Spendenkässchen.<br />

Jedes Treffen beginnt mit einer Befindlichkeitsrunde,<br />

in der alle zu Wort kommen, die das<br />

wünschen. Dann wird ein Thema besonders<br />

besprochen. Die unterschiedlichen Erfahrungen<br />

in der Trauer, aber auch das, was eine Trauernde<br />

aktuell beschäftigt, sollen zur Sprache kommen.<br />

Meistens liegt dieses Thema schon in der Luft,<br />

wenn alle einmal etwas gesagt haben. Festtage<br />

oder die Frage, wie der Urlaub dieses Jahr<br />

geplant werden soll, beschäftigen alle gleichzeitig.<br />

Anderes ist vielleicht gerade so bedrängend,<br />

so verletzend gewesen, dass es sich aufdrängt,<br />

darüber zu sprechen. Dann tragen beispielsweise<br />

alle ihre Erlebnisse mit ehemaligen Freunden<br />

oder dem hilflosen Nachbarn zusammen,<br />

der lieber auf die andere Straßenseite wechselt,<br />

als ein Gespräch anzufangen. Gut ist es, wenn<br />

Tränen fließen dürfen, ohne dass es die Anderen<br />

verlegen macht.<br />

Und manchmal wird auch wieder gelacht<br />

Wer einen nahen Angehörigen, den Lebensoder<br />

Ehepartner verloren hat, muss oft mit zwei<br />

Herausforderungen kämpfen. Einerseits gilt es,<br />

mit dem Verlust leben zu lernen ohne die Leere<br />

einfach zu überdecken. Andererseits kommen<br />

fast auf alle wesentlich mehr Aufgaben zu. Die<br />

Frauen sind plötzlich damit konfrontiert, dass sie<br />

sich um die Umwälzpumpe im Haus oder die<br />

Steuererklärung kümmern müssen. Das war oft<br />

die Aufgabe ihres Mannes gewesen. Ein Witwer<br />

muss sich jetzt um den Haushalt kümmern,<br />

den vorher seine Frau besorgte. Was zwei Leute<br />

gemeinsam erledigt haben, muss nun eine<br />

Person oft allein schaffen. Da ist es gut, wenn<br />

unter ähnlich Betroffenen Experten sind, die<br />

man um Rat fragen kann. Der Mann, der stolz<br />

darauf ist, wie er inzwischen mit dem Haushalt<br />

zurecht kommt, fragt in die Runde: „Kann mir<br />

mal eine von den erfahrenen Hausfrauen sagen,<br />

wie oft ich meine Kaffeemaschine entkalken<br />

sollte?“<br />

So gibt es auch nach der angeleiteten<br />

Gesprächsrunde noch viel Anlass, um sich auszutauschen.<br />

Und manchmal wird dabei auch<br />

zum ersten Mal wieder gelacht.<br />

Gertraude Reich-Bochtler ist<br />

Pfarrerin in Aufhausen und<br />

Trauerbegleiterin<br />

In der ersten Oktoberwoche 2009 wird in<br />

<strong>Geislingen</strong> ein 6-wöchiger Kurs für Trauernde<br />

in Zusammenarbeit mit dem Hospizverein<br />

Göppingen starten.<br />

Weitere Informationen und Anmeldung<br />

bei der Evangelischen Erwachsenenbildung<br />

<strong>Geislingen</strong>.<br />

Telefon 0 73 31 / 30 70 97 30 (Vormittags)<br />

T I S C H G E B E T A U S E N G L A N D :<br />

For food in a world where many walk in hunger; for faith in a world where many walk of fear;<br />

for friends in a world where many walk alone; we give you humble thanks, O Lord. Amen.<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

29


Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

30 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

Gemeinsam Gemeinde gestalten<br />

Bad Überkingen, Hausen und Unterböhringen planen die Zukunft<br />

GEORG BRAUNMÜLLER<br />

Eine fröhliche, phantasievolle und sehr lebendige<br />

Veranstaltung war die Zukunftskonferenz<br />

der Kirchengemeinden Bad Überkingen, Hausen<br />

und Unterböhringen mit Oberböhringen, die<br />

im Blick auf die Bildung der Gesamtkirchengemeinde<br />

Bad Überkingen veranstaltet wurde.<br />

Eingeladen waren viele, um gemeinsam über<br />

die Aufgaben der Gesamtkirchengemeinde nachzudenken.<br />

Dies wollten die Kirchengemeinden<br />

bewusst mit den VertreterInnen der bürgerlichen<br />

Gemeinde, wie Bürgermeister Martin Joos und<br />

den Gemeindenräten, den Verantwortlichen von<br />

Vereinen, der Schulen, der Kindergärten, und<br />

der katholischen Kirche tun. 90 Personen waren<br />

angemeldet. Moderiert haben Diakonin Ute<br />

Schütz aus Denkendorf und Pfarrer Ulrich Vallon<br />

aus Stuttgart.<br />

Der Ablauf der Zukunftskonferenz war durch<br />

sechs Abschnitte gegliedert.<br />

1. Wir schauen nach den Wurzeln<br />

2. Stärken und Schwächen<br />

3. Bedingungen in der Gemeinde<br />

4. Ideen und Aufgaben<br />

5. Wir treffen eine Auswahl<br />

6. Chancen und Lösungen<br />

Wir schauen nach den Wurzeln<br />

Die vier Orte haben ländliche und traditionelle<br />

Strukturen und sind stark evangelisch geprägt.<br />

Es besteht eine gute Eingliederung der katholischen<br />

Kirche, z. B. durch Kirchenmitbenutzung.<br />

Jeder Teilort hat ein eigenständiges Kirchenbewusstsein.<br />

Lange Pfarrerperioden haben die<br />

Gemeinden geprägt.<br />

Stärken und Schwächen<br />

Stärken der Kirchengemeinden sind besondere<br />

Gottesdienste, wie Gottesdienst im Grünen,<br />

Erntebittgottesdienst auf dem Bauernhof, dem<br />

Gründonnerstagsgottesdienst oder dem Motorradgottesdienst.<br />

Das Pfingstzeltlager ist für alle<br />

Gemeinden eine starke Bindung. Die gute Ökumene<br />

und Zusammenarbeit mit den Vereinen<br />

und der Kommune wurde hervorgehoben.<br />

Ebenso die ausgeprägte Jugendarbeit, je nach<br />

Gemeinde mit Jungscharen, Kinderkirche,<br />

Pfingstzeltlager und KonfiCamp.<br />

Als „Schwächen“ wurden der fehlende Gemeindebrief<br />

genannt, der Abbruch der Beziehungen<br />

der Konfirmanden nach Konfirmation, die<br />

kleinen Posaunenchöre, die „geschlossenen“<br />

Kirchen und der Rückgang des Besuchs der<br />

Sonntagsgottesdienste.


Bedingungen in der Gemeinde<br />

Rückläufige Geburtenzahlen lassen die Gemeinden<br />

kleinern werden und die Gesellschaft<br />

überaltern. Neue Familienstrukturen entwickeln<br />

sich von der Großfamilie zur Einkindfamilie.<br />

Verändertes Freizeitverhalten und die größere<br />

Mobilität der Menschen haben Auswirkungen.<br />

Es besteht ein Attraktivitätswettbewerb<br />

zwischen den Angeboten. Die Infrastruktur der<br />

Gemeinden ist sehr gut mit vier Kirchen, drei<br />

Gemeindehäusern, zwei Pfarrhäuser und dem<br />

Kindergarten in Unterböhringen.<br />

Ideen und Aufgaben<br />

In Gruppen sollten Projekte für einen Gemeindeentwicklungs-Kongress<br />

2016 entwickelt und<br />

vorgestellt werden. Übertreibungen und Zuspitzen<br />

waren erlaubt. Mit kreativen Mitteln,<br />

wie Tücher, Seile, Stifte, Papier, Karton und<br />

Bausteine wurden Projekte entworfen:<br />

Gemeinderätin Petra Herb stellte das „Gondelprojekt“<br />

vor. Eine Seilbahn verbindet im Minutentakt<br />

die Ortsteile Bad Überkingen, Hausen,<br />

Unterböhringen und Oberböhringen. Alle Orte<br />

haben zahlreiche Attraktionen, die Kirchen sind<br />

24 Stunden geöffnet und die Pfarrer arbeiten<br />

im Drei-Schicht-Betrieb.<br />

Weiter wurden „Jahreszeiten-Gottesdienste“<br />

vom „Wanderer“ Eugen Zoller vorgestellt. Vier<br />

besondere Gottesdienste jeweils in verschiedenen<br />

Ortsteilen und mit verschiedenen Gruppen<br />

oder Vereinen zusammen gestaltet.<br />

Hermann Kohler, Vorsitzende des Sportvereins,<br />

stelle das Projekt: „Fairplay; Kirchengemeinden<br />

unterwegs.“ vor. Ein Jahr lang machen die Kirchengemeinden<br />

und Vereine zum Thema:<br />

Fairplay Aktionen und Gottesdienste.<br />

Full-House bei Gottesdiensten soll durch die<br />

Beteiligung von verschiedenen Gruppen der<br />

Kirchengemeinden, der Vereine und anderen<br />

Institutionen und Vereine erreicht werden.<br />

Bürgermeister Martin Joos stellte eine Art<br />

Bonuskarte für ehrenamtliche Aktionen und das<br />

Erkunden von Orten und Einrichtungen vor.<br />

Wir treffen eine Auswahl<br />

Aus den vorgestellten Projekten wurden fünf<br />

Bereiche als künftige Themenschwerpunkte der<br />

Gesamtkirchengemeinde Bad Überkingen<br />

herauskristallisiert: Ehrenamt, Gottesdienst,<br />

Zusammenwachsen der Gesamtkirchengemeinde,<br />

Gemeinde- und Jugendarbeit.<br />

Chancen und Lösungen<br />

Damit das Erarbeitete nicht im Sande verläuft,<br />

baten die Moderatoren alle Teilnehmenden,<br />

sich unter einem Thema einzutragen. So wurden<br />

fünf Arbeitskreise initiiert, die jeweils zwei<br />

Verantwortliche als Ansprechpartner haben.<br />

Die Arbeit in den Arbeitskreisen, bzw. bei den<br />

Netzwerken ist freiwillig. Erste Termine für das<br />

Treffen der Arbeitskreise wurden von den<br />

Verantwortlichen vereinbart. Ansprechpartner<br />

für alle Gruppen ist Pfarrer Georg Braunmüller.<br />

Die Zukunftskonferenz brachte ein sehr kreatives<br />

Nachdenken der Teilnehmenden zu den<br />

zukünftigen Aufgaben der Gesamtkirchengemeinde<br />

Bad Überkingen.<br />

Georg Braunmüller ist Pfarrer<br />

in Unterböhringen-Hausen<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

31


Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

Sizilien – Licht und Schatten<br />

Mittelmeerparadies vor diakonischen Herausforderungen<br />

GERLINDE HÜHN<br />

Johann Wolfgang von Goethe:<br />

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,<br />

Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn,<br />

Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,<br />

Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht?<br />

Kennst du es wohl? Dahin!<br />

Was fällt uns ein, wenn wir an Sizilien denken? Orangenhaine?<br />

Griechische Tempel, Ätna, Meer und Strand?<br />

Friedrich II. von Hohenstaufen? Das alles ist Sizilien – und<br />

noch mehr.<br />

Auf großer Reise<br />

In einer Zeit, in der die große Insel paradiesisch wirkt,<br />

weil alles grünt und blüht, fährt eine 35-köpfige Reisegruppe<br />

aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong> und aus der<br />

weiten Landeskirche nach Sizilien. Alle kulturellen Schätze<br />

sollen „er-fahren“ werden, aber auch den Evangelischen in<br />

Sizilien will man begegnen.<br />

Die Reise<br />

beginnt mit<br />

dem Flug nach<br />

Catania. Bei<br />

der nächtlichen<br />

Fahrt ins Hotel<br />

in Giardini<br />

Naxos, der<br />

ersten griechischen<br />

Kolonie<br />

auf Sizilien,<br />

gegründet 750 v. Chr., können wir einen in der Nacht<br />

leuchtenden Lavastrom sich den zeltförmigen Hang des<br />

Ätna herunter wälzen sehen. Nur bei Nacht kann man<br />

aus der Ferne die Lavaströme ausmachen, die eigentlich<br />

immer irgendwo aus dem Riesenberg heraus fließen.<br />

Dadurch ist der Ätna nicht so explosiv wie der Vesuv, er<br />

ist ein guter Vulkan, der „Mongibello“ (was eigentlich<br />

vom arabischen Dschebel = Berg kommt).<br />

Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?<br />

Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg,<br />

In Höhlen wohnt der Drachen alte Brut;<br />

Es stürzt der Fels und über ihn die Flut.<br />

Kennst du ihn wohl? Dahin!<br />

Der Ätna wird von uns befahren und bestiegen. Und<br />

obwohl er uns nicht die Gnade seines enthüllten Hauptes<br />

zuteil werden lässt, gewinnen wir doch einen Eindruck<br />

von einem Vulkan, mit Kratern und zackigen, von Mineralien<br />

bunt gefärbten Lavabrocken.<br />

Am anderen Tag wird Syrakus und seine griechische<br />

Vergangenheit besichtigt: Tempel, Theater, Steinbrüche.<br />

32 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

Sie erinnern sich: „Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich<br />

Damon, den Dolch im Gewande“ – unsere antiken<br />

Wurzeln rücken da auf einmal ganz nah heran.<br />

Gespräche mit evangelischen Pfarrern<br />

Wir treffen uns mit der lutherischen Pfarrerin von Catania,<br />

die einige Kirchengemeinderätinnen mitbringt, alles deutsche<br />

Frauen, die seit langem in Sizilien verheiratet sind.<br />

Sie sind froh, nun seit einiger Zeit eine deutschsprachige<br />

Gemeinde zu haben, die für sie ein Stück Heimat bildet.<br />

Es ist eine typische Auslandsgemeinde.<br />

Am nächsten Abend ist ein Gespräch mit Jens Hansen,<br />

Pfarrer der Waldenserkirche von Messina, verheiratet mit<br />

einer Sizilianerin. Er erzählt von seinen Arbeitsbedingungen.<br />

Zwei Gemeinden betreut er. Eine in Sizilien, eine<br />

gegenüber auf dem Festland, Messina und Reggio Calabria.<br />

Viel Zeit vergeht auf der Fähre. Er erzählt auch vom<br />

„effetto Benedetto“: Viele Italiener sind nicht einverstanden<br />

mit der Linie des Papstes und nähern sich der Waldenserkirche<br />

an, oft indem sie sich zunächst übers Internet<br />

informieren und dann persönlich vorbeikommen.<br />

Diakonische Arbeit in Sizilien<br />

Auf dem Weg<br />

nach Palermo<br />

kommen wir<br />

nach Riesi, wo<br />

1961 vom<br />

Waldenserpfarrer<br />

Tullio Vinay<br />

der „servizio<br />

cristiano“<br />

gegründet<br />

worden war.<br />

Schöne Häuser Riesi<br />

wurden gratis<br />

von einem Star-Architekten in einem Olivenhain errichtet.<br />

Tullio Vinay traf unvorstellbar ärmliche Zustände in Riesi<br />

an: noch eine Art Leibeigenschaft der Bauern, Hunger, Verelendung.<br />

Er gründete einen Kindergarten, eine Schule, eine<br />

Stickereiwerkstatt, um damit den Menschen eine Perspektive<br />

zu bieten. Eine Mitreisende erzählt, dass es vor 25 Jahren<br />

zum Thema Riesi ausgearbeitete Gruppenstunden für<br />

die evangelische Mädchenarbeit in den Gemeinden gab.<br />

Gianluca Fiusco<br />

Seit einem Jahr leitet der junge<br />

Journalist Gianluca Fiusco den<br />

servizio cristiano. Er berichtet<br />

von Veränderungen der Arbeit:<br />

Diakonie darf keine heile Insel<br />

schaffen, sondern sie muss sich<br />

einbringen in die umgebende<br />

Gesellschaft. Eine Familienberatungsstelle<br />

ist ein wichtiger ausgestreckter<br />

Arm dieser evangelischen<br />

Gemeinde in die<br />

sizilianische Umwelt.


In Palermo wohnen wir für zehn Tage im größten diakonischen<br />

Zentrum der Waldenserkirche, „Centro diaconale<br />

La Noce“. (vgl. auch den Bericht von Jakob Leube S. 34).<br />

Einfach und gut ist man dort untergebracht, und man<br />

fühlt sich sicher in einem doch etwas finster wirkenden<br />

Stadtteil.<br />

Wir haben ein Gespräch mit der jungen Direktorin,<br />

Alessandra Trotta, die von Hause aus Juristin ist und nun<br />

seit einigen Jahren Diakonin der Waldenser-Kirche. Sie<br />

erzählt von den Mafia-Strukturen der Gesellschaft, die<br />

auch in ihre Einrichtung ihre Krakenarme ausstreckt. Und<br />

es gilt beharrlich Widerstand zu leisten. Als Sizilianerin,<br />

die sie ist, weiß sie sehr gut, wo die Kompromittierbarkeit<br />

anfängt und wie man sich dem entzieht.<br />

Am Sonntag besuchen wir einen afrikanisch-waldensischen<br />

Gottesdienst. Er findet zweisprachig statt, italienisch<br />

und englisch. Gottesdienstbesucher sind Afrikaner<br />

und ganz normale, evangelische alteingesessene Gemeindeglieder.<br />

Wir hören es jede Woche im Fernsehen, dass<br />

Sizilien das Sprungbrett für afrikanische Flüchtlinge auf<br />

dem Hoffnungsweg nach Europa ist. Es erstaunt uns, wie<br />

offen und integrationsbereit diese kleine evangelische<br />

Gemeinde in Sizilien ist, ohne Angst – so scheint es – ihr<br />

Eigenstes zu verlieren.<br />

Im Dom zu Palermo stehen<br />

wir am Grabe Friedrichs II.<br />

von Hohenstaufen, dieses<br />

erstaunlichen, weltoffenen<br />

Herrschers aus Schwaben,<br />

dessen Lieblingswohnsitz<br />

Sizilien war und der lieber<br />

mit dem Sultan in Jerusalem<br />

über Philosophie und<br />

Mathematik nachsann, als<br />

Krieg gegen ihn zu führen.<br />

Wie anders könnte das<br />

Verhältnis zwischen Islam<br />

und Christentum heute sein, hätte er sich mehr durchsetzen<br />

können! Er ruht in einem Porphyrsarg an der Seite<br />

seiner Frau.<br />

Wir sehen normannische Dome, eine architektonische<br />

Synthese aus islamischer Baukunst und byzantinischer<br />

Mosaikgestaltung. Die capella Palatina, vom Schwaben<br />

Würth gesponsert, wird gerade restauriert. Beeindruckend<br />

ist auch der Dom von Monreale mit seiner 6000 m 2<br />

großen Mosaikbilder-Bibel, ebenso der Dom von Cefalù.<br />

Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach,<br />

Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,<br />

Und Marmorbilder stehn und sehn mich an:<br />

Was hat man dir, du armes Kind, getan?<br />

Kennst du es wohl? Dahin!<br />

In Agrigento erwandern wir eine Perlenkette von<br />

Tempeln, einer beeindruckender als der andere. Weitere<br />

Tempelanlagen befinden sich in Selinunte und Segesta.<br />

Die schönsten griechischen Tempel stehen in Sizilien.<br />

Uns geht auf, dass auch heute noch unsere Maßstäbe<br />

für das, was wir als schön empfinden, von jenen fernen<br />

Griechen vom<br />

Mittelmeer<br />

geprägt worden<br />

sind.<br />

Wir besuchen<br />

eine aus dem<br />

Meer gerettete<br />

Bronzestatue,<br />

einen tanzenden<br />

Satyr, vermutlich<br />

ein Original von Praxiteles (450 v. Chr.!). Dargestellt<br />

in seinem orgiastischen Drehtanz, der ihn in Trance<br />

versetzte, stellt er einen kompletten Bruch mit der bis<br />

dahin vorherrschenden Bildhauertradition dar.<br />

Bei den Phöniziern treffen wir einen geheimnisvollen<br />

schönen Jüngling, der bis heute Rätsel aufgibt. Wen stellt<br />

er dar, den Sonnengott, wie er aus dem Wasser steigt,<br />

das eng plissierte Gewand feucht vom Meer, oder den<br />

König-Priester Hamilka, der durch sein fortwährendes<br />

Opfer den Hergang der Schlacht beeinflussen sollte?<br />

Am letzten<br />

Abend haben<br />

wir ein<br />

Gespräch mit<br />

dem Waldenserpfarrer<br />

von Palermo,<br />

Giuseppe<br />

Ficara. Er erzähltbescheiden,<br />

aber<br />

Griechisches Theater in Syrakus<br />

beeindruckend<br />

von seiner<br />

Arbeit. Von den vielen Armen, welche die Gemeinde mit<br />

Lebensmitteln unterstützt. Von den jungen Frauen aus<br />

Afrika und Osteuropa, die durch Mädchenhändler verschleppt<br />

in der Prostitution gelandet sind. Die Gemeinde<br />

versucht, sie aus dieser modernen Form der Sklaverei zu<br />

befreien und arbeitet da auch sehr fruchtbar mit der<br />

Polizei zusammen. Er erzählt von den vielen Pfingstlern,<br />

denen ihre Gemeinde zu eng wird und welche die freie<br />

Luft des Evangeliums bei den Waldensern suchen und<br />

finden. Viele, viele Seelsorgegespräche bedeutet das. Die<br />

ReiseteilnehmerInnen sind berührt und beeindruckt.<br />

Die Gruppe verlässt das Land in der Gewissheit, dass<br />

sie nicht nur die touristische Oberfläche gesehen hat,<br />

sondern auch ein wenig hinter die Kulissen hat schauen<br />

dürfen.<br />

Dekanin Gerlinde Hühn<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

33


Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

Diakonischer Einsatz in Sizilien<br />

Jakob Leube erzählt von seinem „Freiwilligen-Jahr“<br />

JAKOB LEUBE<br />

Es ist nun schon einige Zeit vergangen, die ich hier auf<br />

Sizilien lebe und es ist nicht mehr all zu lang, bis der<br />

Abschied kommt. Mein Leben und die Arbeit hier machen<br />

mir nach wie vor sehr viel Spaß und schenken mir wichtige<br />

Erfahrungen. Diesen „letzten Sommer“ genieße ich<br />

sehr bewusst, da man nun die Mentalität, das Umfeld<br />

und die Sprache gut kennt. Mein Tag beginnt nach<br />

wie vor mit der Autofahrt zum „Campo Rom“, dem<br />

Zigeunerghetto von Palermo. Dort hole ich Ersana Sali ab.<br />

Sie besucht die erste Klasse unserer Grundschule.<br />

Die Menschen dort werden „Zingari“ genannt. Es bedeutet<br />

soviel wie Zigeuner. Es wird in der italienischen Alltagssprache<br />

aber als Schimpfwort gebraucht. „Una Casa<br />

di Zingari“ (ein Zigeuner-Haus), um ein unaufgeräumtes<br />

Zimmer zu beschreiben, oder „Sei come lo Zingaro“, (Du<br />

bist wie ein<br />

Zigeuner)<br />

wenn man<br />

jemanden als<br />

schlampig<br />

angezogen<br />

bezeichnet.<br />

Oft putzen sie<br />

Scheiben von<br />

Autos an<br />

Ampeln und<br />

betteln um<br />

Almosen. Sie selber nennen sich „Rom“ oder „Sinti“. Dies<br />

bedeutet „Mensch“.<br />

Leben im Campo<br />

Es gibt nahezu 90.000 in Italien. Die größte Gruppe<br />

besteht aus den Sinti (25.000), die in Nomadencamps vor<br />

allem im Norden Italiens leben. Ersana und ihre Familie<br />

stammen aus Ex-Jugoslawien. Die Gruppe der „Rom jugoslavi“,<br />

der Ersana und ihre Familie angehören, besteht aus<br />

10.000 -12.000 Menschen. Nach Meinung vieler Italiener<br />

verkörpern die Rom Kriminelle, Kindesentführer und unerwünschte<br />

Einwanderer. Diese Feindseligkeit hatte einen<br />

ihrer Höhepunkte, als aufgrund der ethnischen Säuberung<br />

durch die Kosovo-Albaner nach dem Ende des Nato-<br />

Bombardements im Sommer 1999 um die 10.000 Rom<br />

nach Italien kamen.<br />

Einige von diesen sind „illegale“ Einwanderer. Die Rom,<br />

die versucht haben, ihre Aufenthaltspapiere in Ordnung<br />

zu bringen, sind oft in Besitz einer vorübergehenden,<br />

meist kurzen Aufenthaltsgenehmigung, wie auch die<br />

Familie Sali. Wann diese Genehmigung abläuft, weiß ich<br />

nicht genau. Wahrscheinlich bald, denn sie planen im<br />

Sommer nach Frankreich auszuwandern. Der weitaus<br />

größte Teil der an Rom vergebenen Genehmigungen hat<br />

die Dauer von einem bis zu sechs Monaten. Viele haben<br />

einen illegalen Status, denn ihre Genehmigung ist schon<br />

lang abgelaufen. Die Campos können vom Staat immer<br />

kurzfristig geräumt oder kontrolliert werden, was oft vor-<br />

34 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

kommt. Einmal erlebte ich so etwas mit, als die Carabinieri<br />

aufgrund eines Mordes, der im Campo stattfand (ein<br />

Mann hat einen anderen mit dem Messer erstochen, da<br />

er dachte, sein Opfer hätte ihm etwas gestohlen) eine<br />

generelle Kontrolle durchführten. Sie kamen nachts mit<br />

Schutzwesten, schwarzen Masken und Handschuhen und<br />

zerrten alle Familien aus ihren Häusern und transportierten<br />

drei Familien ab, die keine Aufenthaltsgenehmigung<br />

mehr hatten. Alle Häuser wurden mit rotem Leuchtspray<br />

gekennzeichnet. Die „Operatione Censimento“ (Operation<br />

Volkszählung), wie sie offiziell danach bekannt gegeben<br />

wurde, ging bis in die Morgenstunden. Ich musste sehr<br />

genau erklären, wer ich bin und was ich mit dem<br />

Mädchen mache, bevor ich in den Campo eingelassen<br />

wurde. Drei Busse mit Männern waren angerückt, die<br />

den Campo komplett umstellten.<br />

97 % der Kinder gehen nicht zur Schule. Sie wachsen in<br />

der Mentalität des Lebens auf dem Campo auf. Wichtig<br />

ist, dass heute das Essen auf den Tisch kommt. Man<br />

verfällt leicht kriminellen Machenschaften, Betteln und<br />

anderen Dinge, die ich mir lieber nicht vorstelle, um an<br />

ein bisschen Geld zu kommen. Deswegen sind fast alle<br />

Analphabeten. Der Kindergarten hat keine Besuchspflicht<br />

in Italien, also noch weniger Grund für ein Zingari-Kind,<br />

den Kindergarten zu besuchen, der in Italien viel mehr als<br />

Vorschule praktiziert wird, in der man schon lesen und<br />

schreiben lernt. Um dem, wenn auch nur im Kleinen,<br />

entgegenzuwirken, hat das Centro Diaconale „La Noce“<br />

beschlossen zwei Mädchen aus dem Campo Rom aufzunehmen.<br />

Lillo Falci, der Schulleiter, kennt einen Arzt, der freiwillig<br />

im Campo behandelt. Er kannte Ersana und eine Freundin<br />

und stellte sie Lillo vor. So kam Ersana, nach Gesprächen<br />

mit den Eltern, in die 4. Klasse der Vorschule unseres<br />

Centros. Bezahlt wird ihr Schulbesuch von einem Unterstützerkreis<br />

der Kirchen. Die Freundin von Ersana ist<br />

letztes Jahr mit ihrer Familie nach Frankreich gegangen.<br />

Als Lillo Ersana das erste Mal gesehen hat, war sie dreckig<br />

und spielte gerade im Müll. Seit sie die Schule besucht,<br />

ist sie immer sauber und, für ihre Verhältnisse, gut<br />

angezogen.<br />

Diese Veränderung sehe ich auch bei ihren Geschwistern,<br />

im Gegensatz zu den Nachbarkindern im Campo. Zum<br />

Beispiel Beppe. Er ist um die 14 und ein lieber Junge, mit<br />

dem ich oft über Fußball rede, da er großer Palermofan<br />

ist. Doch man sieht ihm an, dass etwas nicht stimmt.<br />

Er wiederholt ständig Sachen, fragt dreimal das gleiche.<br />

Erzählt jeden Tag, was für eine neue, angeblich tolle<br />

Arbeit er hat. Er hustet immer und ist nervös. Das kommt<br />

vom rauchen . . . und vom schnüffeln.<br />

Wie kommt Ersana an diese Schule? Da der Campo weit<br />

draußen liegt, würde der Schulbus am Morgen viel zu<br />

lange brauchen. Aus diesem Grund steige ich jeden Tag<br />

in den Fiat des Centros und fahre zum „Campo Rom“.<br />

Leben in der „anderen Welt“<br />

Davor treffe ich Danilo. Er hat vor vier Jahren ein Freiwilligenjahr<br />

im Campo mit der „Scolarizzazione minori Rom“


Ersana<br />

gemacht. Einer Vereinigung von Freiwilligen und Lehrern<br />

einer nahe gelegenen Schule, die sich dafür einsetzen,<br />

dass die Kinder des Campo Rom zur Schule gehen. Seither<br />

geht er fast jeden Tag in den Campo, hilft hier und<br />

dort. Er ist ein guter Freund der Familie Sali und kümmert<br />

sich deswegen besonders um den Schulbesuch Ersanas.<br />

Zusammen fahren wir dann in den Campo. Denn obwohl<br />

ich die Familie nun kenne und auch ein paar andere Leute,<br />

gehe ich nicht ohne Danilo dorthin. Er kennt alle und alle<br />

kennen ihn. Es gibt durchaus Leute, denen ich ohne ihn<br />

nicht begegnen möchte. Der Nachteil ist, dass ich von<br />

ihm anhängig bin. Wenn er also verhindert ist, bedeutet<br />

das, dass ich Ersana dann nicht holen kann. Also gibt es<br />

Wochen, in denen Ersana zum Beispiel nur dreimal zur<br />

Schule geht. Dann muss man sie wieder aufs Neue motivieren,<br />

denn die Verlockung, den ganzen Tag wie die<br />

Geschwister auf dem Campo zu spielen, ist groß. Auch<br />

merkt sie natürlich, dass ihr drei Tage fehlen und die Kinder<br />

in der Schule ein wenig weiter sind als sie. Dann verbringen<br />

wir morgens fünf Minuten damit ihr zu erklären,<br />

wie wichtig es ist in die Schule zu gehen und, dass sie<br />

auch ihre Freunde dort hat. Am Ende geht sie dann immer<br />

gerne mit, da es ihr Spaß macht, in die für sie „andere<br />

Welt“ einzutauchen.<br />

Ich bin sehr froh meinen Teil dazu beizutragen, dass<br />

dieses Kind, das mir so<br />

ans Herz gewachsen<br />

ist, in die Schule geht.<br />

Sie ist wirklich ein<br />

lustiges und aufgewecktes<br />

Mädchen.<br />

Wenn es mehr Ersanas<br />

und mehr solcher<br />

Schulen gäbe, könnte<br />

man viel ändern. Der<br />

Campo wird immer leerer. Früher lebten dort an die 2000<br />

Menschen. Wie eine eigene Stadt in der Stadt. Heute sind<br />

es noch ein paar Hundert. Sie sind weggegangen, weil sie<br />

sich woanders mehr Glück versprechen oder Probleme<br />

hatten mit den Dokumenten und dem Gesetz. Ich hoffe,<br />

Ersana nimmt sehr viel mit durch diesen Schulbesuch. Ich<br />

hoffe, sie kann sich eine Zukunft außerhalb des Lebens im<br />

Campo schaffen. Doch das wird sehr schwierig.<br />

Meine Arbeit ist außer den üblichen Einkaufstouren für<br />

Küche und die Kinderheime im Centro und dem Tischdecken<br />

in der Mensa sehr abwechslungsreich. Ich übersetze<br />

viel Dokumente für deutsche Partner des Centros,<br />

die kleine Zeitung des Centros, die auch nach Deutschland<br />

geschickt wird und für deutsch- und englischsprachige<br />

Gäste der Foresteria. Das Wechseln von Glühbirnen<br />

und Herumtragen irgendwelcher Stellwände oder Tische<br />

der Schule oder sonstiges zählt zu den unbeliebten Arbeiten.<br />

Doch das gehört dazu.<br />

Sehr große Freude habe ich an der Arbeit mit den Kindern<br />

in der „Scuola Materna“ (der Vorschule), weil ich oft einspringe,<br />

wenn eine Erzieherin oder eine Freiwillige von<br />

uns krank ist. Das macht mir sehr viel Spaß. Als kleinen<br />

Überstunden-Nebenverdienst empfange ich manchmal<br />

Foresteria-Gruppen außerhalb der Öffnungszeiten des<br />

Büros. Ich fahre ab und an zum Flughafen, um Leute, die<br />

ins Centro kommen, abzuholen.<br />

Seit ein paar Wochen haben wir eine neue Freiwillige.<br />

Sie heißt Emily und kommt aus New York. Als wir am<br />

Tag der Befreiung Italiens vom Faschismus durch Amerika<br />

zusammen saßen, wurde uns bewusst, dass dies eine<br />

besondere Situation ist und vor ein paar Jahren so noch<br />

nicht denkbar gewesen wäre. Ich sitze an diesem Tag als<br />

Deutscher in Italien und plaudere mit einer Amerikanerin.<br />

Und das macht ein solcher „Friedensdienst“ möglich,<br />

solche Begegnungen.<br />

Mafia in Sizilien<br />

In letzter Zeit beschäftige ich mich auch sehr mit dem<br />

Thema Mafia. Selber bekommen wir nicht das Geringste<br />

mit. Außer, wenn eine Razzia stattfindet, so wie im<br />

Januar. Ich las das Buch von Ex-Bürgermeister Leoluca<br />

Orlando, ein Mann der mich sehr beeindruckt hat. Die<br />

Geschichte zu lesen, während man sich in Palermo<br />

befindet, war für mich unglaublich spannend. Wie er es<br />

geschafft hat die Stadt von Denkformen und Vorgängen,<br />

vom Gestank der Mafia zu „befreien“, ist sehr beeindruckend,<br />

und wie er diesen Weg versucht auf andere<br />

Länder anzuwenden durch die Organisation „Die sizilianische<br />

Wiedergeburt“. Ich ging daraufhin zu einer politischen<br />

Kundgebung von ihm, die sich gegen ein neues<br />

Wahlgesetz der „Berlusconianer“ bezog. Dieses Thema<br />

werde ich auch in Zukunft verfolgen. Denn die Mafia existiert<br />

und wirkt. In anderer, eher wirtschaftlicher Form<br />

zwar, doch nach wie vor erschreckend.<br />

(www.leolucaorlando.it)<br />

Hier, sicher noch mehr als in Deutschland, stand der Tod<br />

von Papst Johannes Paul II. im Mittelpunkt des Gesprächs.<br />

Sizilien war in Trauer und es gab viele Gottesdienste. Die<br />

Wahl seines Nachfolgers wurde mit Spannung verfolgt.<br />

Die Züge nach Rom waren voll. Im Bus hörten wir noch<br />

jemanden scherzen über Ratzinger („’ne Kartoffel als<br />

Papa, das wär’ was“). Und als ich im Supermarkt stand,<br />

rief mich Nina, unsere Sprachkurslehrerin aus dem Centro<br />

an und teilte mir aufgewühlt mit, dass es „der Deutsche“<br />

geworden ist. Das musste natürlich gleich an andere<br />

Supermarktbesucher weitergegeben werden. So also<br />

erfuhr ich von „Papa Ratzi“. Viele im (nicht sehr katholischen)<br />

Centro machten sich einen Spaß und begrüßten<br />

uns deutsche Freiwillige mit Knicks, wenn man irgendwo<br />

eintrat: „Oh, ein Deutscher. Muss ich mich jetzt verbeugen?“<br />

<strong>Unser</strong> Freizeitleben gestaltet sich jetzt im Sommer sehr<br />

schön. Strand, Meer und Palmen sind quasi vor der<br />

Haustüre. Mir geht es also sehr gut. Daran hat sich nichts<br />

geändert.<br />

Jakob Leube ist der<br />

Sohn der Donzdorfer<br />

Pfarrerin Annette Leube<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

35


Aus den Distrikten<br />

DISTRIKT ALB<br />

Aus Dankbarkeit einen Posaunenchor gegründet<br />

Johannes Tonnier hat vor 60 Jahren<br />

den Posaunenchor Amstetten ins<br />

Leben gerufen. Während seiner<br />

Kriegsgefangenschaft hat er den<br />

Entschluss gefasst, einen Posaunenchor<br />

zu gründen, und durch<br />

diesen Dienst Gott loben und ihm<br />

danken. Zugleich wollte er den<br />

Bläsern und sich selbst wichtige<br />

geistliche Hilfe geben. Das Leitwort<br />

„Ihm zum Lob und uns zum Johannes Tonnier<br />

Leben!“ begleitet den Chor bis heute.<br />

Sieben Bläser ließen sich gewinnen. Die Beschaffung der<br />

Instrumente war nicht leicht. Das Geld war knapp, die<br />

ersten Instrumente wurden noch vor der Währungsreform<br />

besorgt. Bezahlt wurden sie zum Teil von den Bläsern<br />

selbst, mit Lebensmitteln und später durch Spenden.<br />

Geprobt wurde in der Sakristei in der Laurentiuskirche.<br />

Einzelunterricht gab es in der eigenen Wohnküche.<br />

Seither ist der Posaunenchor aus dem kirchlichen Leben<br />

nicht mehr wegzudenken. Während seiner 33-jährigen<br />

Chorleitertätigkeit habe er stets persönliche Stärkung<br />

Der Orgelbauer lächelt<br />

Ein erwartungsvolles Lächeln hat Orgelbauer Banzhaf im<br />

Gesicht, als KMD Gerhard Klumpp zur Orgelabnahme<br />

kommt und testet, was aus der Steinenkircher Orgel<br />

geworden ist.<br />

Sie war in hohem Maße überholungsbedürftig. Nun kann<br />

sich die Gemeinde wieder an einer intakten und schön<br />

klingenden Orgel freuen.<br />

Das ist aber nur die erste von drei größeren Reparaturen,<br />

die an der Steinenkircher Ulrichskirche gemacht werden<br />

müssen. Der Glockenstuhl ist zu ersetzen und ein<br />

morscher Balken, der einen Riss verursacht hat, muss<br />

ausgetauscht werden. Das dürfte kompliziert werden.<br />

Alle sind gespannt.<br />

36 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

erfahren, sagt Johannes Tonnier. Die gespielten Choräle<br />

waren für ihn immer auch vertonte Gebete.<br />

Er freut sich sehr, dass er das 60-jährige Jubiläum des<br />

Chores mitfeiern darf und dass mit Karlheinz Beutel ein<br />

fähiger Chorleiter gewonnen werden konnte, der den<br />

Chor nun auch schon mehr als 20 Jahre führt. Dem Chor<br />

mit Chorleiter wünscht er weiterhin viel Freude beim<br />

gemeinsamen Spielen und Gottes Segen!<br />

Wenn man an die Anfänge zurückdenkt, so hat sich vieles<br />

geändert, manches ist auch geblieben. Auch heute sind<br />

viele Instrumente Eigentum der Bläser. Das Engagement<br />

aller ist wie früher ehrenamtlich. Ebenso sind die Anlässe<br />

zum Blasen durch den kirchlichen Jahreskreis vorgegeben.<br />

Weihnachten und Ostern gehören selbstverständlich<br />

dazu, ebenso Konfirmationen und Gemeindefeste.<br />

Spielte man zur Zeit der Gründung vor allem Choräle und<br />

textgebundene Musik, so ist das Repertoire des Posaunenchors<br />

heute erheblich breiter. Zu den alten, zeitlosen<br />

Stücken sind heute Stücke mit Rhythmen der Popularmusik<br />

gekommen. Moderne Arrangements im Bereich Gospel<br />

oder Band, fordern den ganzen Chor.<br />

Geändert haben sich die äußeren Umstände. War es<br />

früher ein Problem, mit dem Chor in einen anderen Ort<br />

zu kommen, nimmt man heute das Auto. Und auch das<br />

Gemeindehaus ist für die Probenarbeit ein Segen. Bei 25<br />

Bläsern wäre – außer der kalten Kirche – sonst kein Raum<br />

vorhanden, in dem alle Bläser einen Platz mit Blick auf<br />

den Dirigenten haben.<br />

Der Posaunenchor Amstetten hat den ersten Teil seines<br />

Jubiläums mit einem Konzert am 9. Mai 2009 gefeiert.<br />

Der zweite Teil ist ein Konzert des Bezirksbläserteams des<br />

Evangelischen Jugendwerks <strong>Geislingen</strong> am Sonntagabend,<br />

8. November 2009, in der Friedenskirche in Amstetten-<br />

Bahnhof.


100 Jahre evangelisches Gemeindehaus Schalkstetten<br />

Wer den Saal des Evangelischen Gemeindehauses betritt,<br />

kann die Jahreszahl in einem der vier kreuzförmig in die<br />

nördliche Giebelwand eingelassenen Buntglasfenster<br />

selbst entdecken: „Gest. von Barbara Hagmeier 1908“.<br />

Und tatsächlich: Seit 100 Jahren gibt es ein Gemeindehaus<br />

in Schalkstetten. In der Pfarrchronik steht: „Am<br />

Ersten Advent (29. November 1908), also nach viermonatiger<br />

Bauzeit konnte das Gemeindehaus eingeweiht und<br />

bezogen werden.“ So vermerkt es der damals amtierende<br />

Pfarrer Gottlieb Albert Dierolf, der die Pfarrstelle Schalkstetten<br />

fast zehn Jahre versah (vom 26. Oktober 1904 bis<br />

zum 22. April 1914). Er hat das erste Gemeindehaus<br />

gebaut – für die damalige Zeit wahrhaftig eine Pioniertat!<br />

Beim Gemeindehausneubau, der 1993 fertig gestellt<br />

wurde, wurden vom alten Gemeindehaus eben jene vier<br />

Jugendstil-Buntglasfenster übernommen, die dem jetzigen<br />

Saal seine würdevolle Atmosphäre verleihen. Alpha und<br />

Omega – Anfang und Ende stehen in der Vertikalen;<br />

Ähren und Trauben stehen in der Horizontalen - <strong>Brot</strong> und<br />

Wein verbinden Himmel und Erde. Das aus diesen Symbolen<br />

gebildete Kreuz ist Haltepunkt in Zeit und Ewigkeit.<br />

Diese Fenster leuchten über die Generationen hinweg bis<br />

auf den heutigen Tag.<br />

100 Jahre Gemeindehaus – was das für die Kirchengemeinde<br />

bedeutet, das wurde am Ersten Advent in einem<br />

ungezwungenen Stehempfang im Anschluss an den<br />

Sonntagsgottesdienst bedacht und gefeiert. Dazu wurde<br />

die Geschichte des Gemeindehauses in einer eigens für<br />

dieses Jubiläum zusammengestellten Ausstellung lebendig<br />

unter dem Leitspruch: „Haus der lebendigen Steine –<br />

damals wie heute“. Und schon bald ergänzten die<br />

Betrachter die Schautafeln mit eigenen Erinnerungen und<br />

Anekdoten. Pfarrer i. R. Eberhard Dietrich, in dessen Zeit<br />

die Erbauung des jetzigen Gemeindehausbaues fiel, war<br />

extra angereist, um dieses Jubiläum mitzufeiern.<br />

DISTRIKT GEISLINGEN<br />

Stadtkirche und Pauluskirche fusionieren 2012<br />

Die Kirchengemeinderäte und -rätinnen der Pauluskirche<br />

und der Stadtkirchengemeinde waren gemeinsam zu<br />

einem Klausurwochenende in Bad Boll. In einer sehr offenen<br />

Atmosphäre wurde das Thema der Fusion zwischen<br />

Stadtkirche und Pauluskirche besprochen und auch alle<br />

Alternativen und Vorbehalte ausführlich diskutiert. Am<br />

Ende stand eine Beschlussvorlage, die inzwischen in<br />

getrennten Sitzungen vom Kirchengemeinderat der Stadtkirchengemeinde<br />

und vom Kirchengemeinderat der Pauluskirche<br />

mit großer Mehrheit beschlossen wurde: „Die<br />

Pauluskirchengemeinde und die Stadtkirchengemeinde<br />

Martin Luther<br />

Auf Luthers Spuren<br />

Auf Martin Luthers Spuren wird in den<br />

Herbstferien eine Reise führen, die für Alte<br />

wie Junge, Alleinstehende, Paare und Familien<br />

gedacht ist. Vom 26. bis 30. Oktober<br />

geht es mit dem Bus gen Thüringen. Erfurt,<br />

Eisenach, die Wartburg, Mansfeld, Eisleben,<br />

Wittenberg und Schmalkalden sind Stationen.<br />

Gerade auch Schulkinder, die sich mit<br />

fusionieren zum Ersten Advent 2012 zu einer Gemeinde.<br />

Die Kirchengemeinderatswahl im Jahr 2013 wird damit<br />

gemeinsam durchgeführt. Die Pfarrämter beider Gemeinden<br />

werden aufgefordert, baldmöglichst eine verbindliche<br />

Kooperation zu vereinbaren.“<br />

Damit ist die Fusion beschlossen und neben der fusionierten<br />

Kirchengemeinde von Altenstadt wird in der Gesamtkirchengemeinde<br />

eine zweite große Gemeinde entstehen.<br />

Diese Fusion wird aber nicht überhastet durchgeführt,<br />

sondern die Kirchengemeinden haben Zeit, sich gründlich<br />

und in Ruhe darauf vorzubereiten.<br />

Martin Luther oder Elisabeth von Thüringen im Religionsunterricht<br />

beschäftigen, sollen bei dieser Fahrt zu den Originalschauplätzen<br />

auf ihre Kosten kommen. Für sie wird<br />

es eigene (Ein-)Führungen geben. Die Fahrt wird geleitet<br />

von Pfarrerehepaar Crüsemann und ist für alle Interessierten<br />

aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong> offen. Einzelprospekte liegen in<br />

allen Kirchen aus oder können beim Pfarramt der Stadtkirche,<br />

Telefon (0 73 31) 4 27 73 angefordert werden.<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

37


Aus den Distrikten<br />

DISTRIKT GEISLINGEN<br />

Erste Goldene Konfirmation in der Pauluskirche<br />

Erstmalig wurde am 15. März 2009 in der Pauluskirche<br />

<strong>Geislingen</strong> das 50-jährige Konfirmationsjubiläum gefeiert.<br />

Ein halbes Jahrhundert nach ihrer Konfirmation am 15.<br />

März 1959 kamen 20 goldene Konfirmandinnen und Konfirmanden<br />

mit ihren Partnern und Partnerinnen zusammen,<br />

um in einem feierlichen Gottesdienst an diesen Festtag<br />

zu denken. 26 Söhne und 21 Töchter waren damals<br />

von Pfarrer Willi Stegmaier eingesegnet worden, so steht<br />

es im Kirchenbuch. Nicht alle sind mehr am Leben. Es<br />

war der Wunsch der Jubilare und Jubilarinnen, dass das<br />

Gedenken an die acht Frauen und Männer, die inzwischen<br />

verstorben sind, im Gottesdienst Raum haben möge, und<br />

ihre Familien waren persönlich eingeladen worden.<br />

Das Vorbereitungsteam von zwei Männern und zwei<br />

Frauen hatte sich viel Mühe gemacht. Alle Adressen hatten<br />

die vier erfragt, allen eine Einladung geschickt und um<br />

Rückmeldung gebeten. So konnte Pfarrerin Sabine Kluger<br />

allen goldenen Konfirmandinnen und Konfirmanden eine<br />

Urkunde mit dem Bild ihrer Konfirmationskirche und<br />

ihrem jeweiligen Denkspruch überreichen, außerdem den<br />

immerwährenden Kalender der Pauluskirche aus dem<br />

Jubiläumsjahr 2006. Dass die Erinnerungen an die Zeit des<br />

Konfirmandenunterrichts und der Einsegnung noch sehr<br />

lebendig sind, zeigte sich in kleinen Anekdoten.<br />

Schon im Vorfeld wurde von Pfarrer Stegmaiers abwechslungsreicher<br />

und lebensnaher Gestaltung des Unterrichts<br />

erzählt, in die immer wieder seine Missionstätigkeit in<br />

China einfloss. Unvergessen ist auch, dass die Konfirmandinnen<br />

und Konfirmanden damals keine Vollbibel<br />

bekommen hatten, sondern nur eine verkürzte Ausgabe<br />

des Neuen Testaments – die Kirchengemeinde musste<br />

noch die neu gebaute Kirche abzahlen.<br />

Neben dem Austausch von Erinnerungen und der Feier<br />

des Gottesdienstes stand für viele das Wiedersehen im<br />

Vordergrund, hatten sie sich doch zum Teil seit Jahrzehnten<br />

nicht gesehen.<br />

Ein besonderer Dank gilt den Jubilaren für den wunderbaren,<br />

festlichen Blumenschmuck, den sie der Kirche<br />

stifteten und den ein Goldener Konfirmand, der Gärtner<br />

ist, liebevoll gestaltete.<br />

Neue Kirchengemeinde <strong>Geislingen</strong>-Altenstadt<br />

Wie geplant und im Pfarrplan 2011 anvisiert, wurde am<br />

Ersten Advent 2008 die Fusion der Martins- und Markusgemeinde<br />

<strong>Geislingen</strong> vollzogen. Mit einem Konzert aller<br />

musikalischen Gruppen der beiden Gemeinden und einem<br />

Festgottesdienst wurde dieses Ereignis feierlich begangen.<br />

Die neue Gemeinde mit dem Namen „Evangelische Kirchengemeinde<br />

<strong>Geislingen</strong>-Altenstadt“ umfasst 3805<br />

Gemeindeglieder und hat zweieinhalb Pfarrstellen, dazu<br />

zwei Mesner- und Hausmeisterstellen, zwei Sekretärinnen,<br />

einen Kantor, eine Organistin und eine große Zahl von<br />

ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die das<br />

reiche Programm der Gemeinde gestalten.<br />

Zusammen mit der Fusion der Martins- und Markusgemeinde<br />

hat der Kirchengemeinderat auch die Einrichtung<br />

38 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

Konfirmation 1959<br />

Goldene Konfirmation 2009<br />

eines zentralen Gemeindebüros beschlossen. Zu diesem<br />

Zweck wurde die kleine Wohnung im Erdgeschoss des<br />

Pfarrhauses in der Tälesbahnstraße renoviert und technisch<br />

den Erfordernissen eines modernen Büros angepasst.<br />

Seit Anfang des Jahres arbeiten die beiden Sekretärinnen<br />

Ute Fritz und Monika Metz nun dort zusammen. Das<br />

Büro ist Anlaufstelle für alle Mitarbeitenden, die Informationen<br />

zu den Abkündigungen oder Veröffentlichungen<br />

weitergeben wollen. Es ist Servicezentrum zum Kopieren<br />

und für kleine Besprechungen.<br />

Gemeindeglieder, die Taufen, Trauungen oder Goldene<br />

Hochzeiten planen, erhalten von den Sekretärinnen alle<br />

nötigen Informationen. Bescheinigungen z. B. für das<br />

Patenamt werden ebenfalls zu den Bürozeiten ausgestellt.


Das Zusammenwachsen in den letzten vier Jahren von<br />

der verbindlichen Kooperation zur Fusion war nicht<br />

immer leicht. Ängste galt es zu überwinden. Die einen<br />

hatten Angst vereinnahmt und geschluckt zu werden, die<br />

anderen trauten sich nicht mehr, sich deutlich zu äußern,<br />

weil sie immer schon befürchteten, das könnte als Dominanz<br />

verstanden werden. Manchmal ging es im Prozess<br />

zwei Schritte vor und einen zurück.<br />

Festgottesdienst in der Martinskirche<br />

Wie kann man die Vielfalt bewahren ohne beliebig<br />

zu werden, wie kann man das Profil an den beiden<br />

Zentren behalten und trotzdem verbindlich in einer<br />

Gemeinde leben? Welche Organisationsstrukturen sind<br />

gut und nötig, um die erwünschten Synergieeffekte zu<br />

bekommen? Das waren die entscheidenden Fragen, die<br />

gelöst wurden.<br />

DISTRIKT OBERE FILS<br />

Ökumenischer Gesprächskreis feiert Geburtstag<br />

Zwei Familien und zwei Ehepaare, darunter auch die<br />

Familie des damaligen evangelischen Pfarrers Karl-Heinz<br />

Schlaudraff, gründeten vor zwanzig Jahren den ökumenischen<br />

Gesprächskreis im oberen Filstal. Heute treffen sich<br />

durchschnittlich acht bis zehn Personen im 14-tägigen<br />

Rhythmus bei einem Teilnehmer in dessen Privatwohnung.<br />

Die Gesprächsrunde trifft sich stets am Mittwochabend.<br />

Nach christlichen Liedern und Gebeten als Einstimmung<br />

bilden Gespräche über Bibeltexte, aber auch<br />

interessante theologische Texte, Bücher oder Filme die<br />

Diskussionsgrundlage. Ziel der Gespräche ist es, durch<br />

Gottes Wort einen Weg für ein christlich orientiertes<br />

Leben im Alltag zu finden.<br />

Immer wieder wird den Teilnehmenden dabei bewusst,<br />

wie notwendig biblische Themen sowie christliche Wertmaßstäbe<br />

für unsere Gesellschaft sind. Darüber hinaus ist<br />

es den Mitgliedern ein Anliegen, sich gegenseitig auf dem<br />

Lebensweg zu unterstützen durch persönliche Gespräche,<br />

gemeinsame Unternehmungen und Feste oder durch tatkräftige<br />

Mithilfe bei notwendigen Arbeiten. So kann<br />

christlicher Glaube, auch mit unterschiedlicher konfessioneller<br />

Ausrichtung, in der Praxis lebendig werden.<br />

Die nunmehr 20-jährige Erfahrung hat gezeigt, dass diese<br />

Gemeinschaftserlebnisse unter dem Wort Gottes bedeutend<br />

sind, vor allem in einer globalisiert ausgerichteten<br />

Welt, die immer mehr auf Geld und Showeffekte setzt.<br />

Dieser runde Geburtstag wurde im Kreise der Degginger<br />

Kirchengemeinde gefeiert. Zur großen Freude aller konnte<br />

Dr. Karl-Heinz Schlaudraff, zwischenzeitlich Dekan im<br />

<strong>Kirchenbezirk</strong> Heidenheim, für die Predigt im Festgottesdienst<br />

gewonnen werden. Auch der Degginger Singkreis<br />

unter der Leitung von Christine Wilms beteiligte sich mit<br />

tollen Liedbeiträgen. Pfarrerin Martina Rupp überreichte<br />

der Vertreterin des ökumenischen Gesprächskreises ein<br />

passendes Geburtstagsgeschenk in Form von neuen<br />

Liederbüchern zum gesegneten Gebrauch.<br />

Info: Interessierte die sich an den Gesprächsrunden<br />

des ökumenischen Gesprächskreises beteiligen wollen<br />

können sich telefonisch an das evangelische Pfarramt<br />

in Deggingen wenden, Tel. 0 73 34/42 94.<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

39


Aus den Distrikten<br />

DISTRIKT UNTERES FILSTAL<br />

„Essen und Trinken in der Bibel“<br />

In den Sommerferien findet im Distrikt „Unteres Filstal“<br />

eine Sommerpredigtreihe statt.<br />

Himmelsbrot in Wüstennot, Manna und<br />

Wachteln – 2. Mose 16, 1-3.9-26<br />

Pfarrerin Friederike Maier, Süßen<br />

Reicher Mann und armer Lazarus –<br />

Lk.16,19-25<br />

Vikar Sebastian Steinbach, Gingen<br />

Der Wein erfreue des Menschen Herz<br />

Psalm 104,15<br />

Aber: Siehe den Wein nicht an...<br />

Er geht glatt ein, aber hernach beißt er dich<br />

wie eine Schlange und sticht wie eine Otter –<br />

Sprüche Salomos 23, 31+32<br />

Pfarrer Alfred Ehmann, Süßen<br />

Entsprechend ihres Leitbildes „Gemeinde, ein Haus der<br />

lebendigen Steine“ freut sich die Kirchengemeinde Donzdorf,<br />

wenn sich immer wieder neue Menschen einbringen<br />

und die Gemeinde mitgestalten. So hatte sich der Kirchengemeinderat<br />

gewünscht, dass neu zugezogene<br />

Gemeindeglieder nicht nur mit einem Brief begrüßt son-<br />

Oft erzähle ich Menschen, was ich alles tue und wo ich<br />

überall tätig bin. Unter anderem fällt dann manchmal der<br />

Begriff „Bergwerk“. Ich kann es aber auch nicht lassen,<br />

den Begriff „Bergwerk“ nicht zu erwähnen, weil mich die<br />

Fragezeichen im Gesicht meines Gegenübers, ein bisschen<br />

zum Schmunzeln bringen. Ab und zu fragt dann jemand<br />

auch nach, was ich denn damit meine. Manche wissen<br />

nämlich, dass ich früher wirklich mal in einem Bergwerk<br />

gearbeitet habe. Das mache ich jetzt als Jugendreferent<br />

auch, und es macht mir sogar noch mehr Spaß als früher.<br />

Manch einer der Leser wird sich auch fragen: „Wo gibt es<br />

im Unteren Filstal ein Bergwerk?“ Dieses Bergwerk gibt es<br />

in Süßen. So heißt nämlich der Jugendtreff der Evangelischen<br />

Kirchengemeinde. Dort treffen sich Jugendliche im<br />

Alter von 14 bis 18 Jahren. In diesem Bergwerk ist aber<br />

alles andere als Arbeit angesagt. Es ist nicht mit Arbeitsmaschinen<br />

ausgestattet, sondern mit einem Billardtisch,<br />

einem Kicker, einer tollen Soundanlage und vielem mehr.<br />

40 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

Vom Schlafen und Essen und dem weiten Weg<br />

des Propheten Elia – 1. Könige 17 und 19<br />

Pfarrer Gerd-Ulrich Wanzeck, Donzdorf<br />

Geh hin und iss dein <strong>Brot</strong> mit Freuden –<br />

Prediger 9,7-9<br />

Pfarrer Matthias Krauter, Gingen<br />

Paulus und Kornelius – Apg.10<br />

Pfarrer Frank Bendler, Kuchen<br />

„Hungersnot in Ägypten –<br />

die Josefsgeschichte“ –<br />

1. Mose<br />

Vikar Andreas Gerstlauer, Süßen<br />

Neuzugezogene willkommen heißen<br />

Jugendarbeit im Bergwerk?<br />

Ort und Zeit sind dem Gemeindebrief und dem örtlichen<br />

Mitteilungsblatt zu entnehmen.<br />

dern besucht werden. Ab 2009 werden die neu zugezogenen<br />

Gemeindeglieder besucht von Melanie Schmidt<br />

in Donzdorf, Barbie Kohlschreiber-Wolf in Nenningen,<br />

Ekkehard Maerker in Weißenstein, Irmgard Spiller in<br />

Reichenbach und Ursula Langbein in Winzingen.<br />

Die Mitarbeiter kommen nicht mit Spitzhacke und Helm,<br />

sondern mit Gitarre und Liederbüchern. Denn Singen<br />

gehört neben einem Input oft mit zum „Programm“. Wir<br />

Mitarbeiter wollen die Jugendlichen nicht nur „bespaßen“,<br />

sondern sie kennenlernen und in ihrer Lebenswelt verstehen.<br />

Sie sollen die Möglichkeit haben, ihre Gedanken und<br />

Fragen zu äußern und den Glauben kritisch zu hinterfragen.<br />

Das ist sehr spannend für uns Mitarbeiter, weil<br />

die Jugendlichen sehr interessante Fragen haben. Also,<br />

im „Bergwerk“ in Süßen wird doch<br />

gearbeitet, aber anders als man vielleicht<br />

denkt und glaubt!<br />

Daniel Dorn ist Bezirksjugendreferent<br />

im Evang. Jugendwerk in <strong>Geislingen</strong>


Reise ins südliche Afrika<br />

Die evangelische Kirchengemeinde Süßen veranstaltet im<br />

Herbst dieses Jahres eine vierte Gemeindereise ins südliche<br />

Afrika. Nachdem in den vergangenen Jahren drei Reisen<br />

nach Südafrika stattgefunden haben mit Abstechern<br />

nach Mozambique, Lesotho und Swasiland, geht es diesmal<br />

vornehmlich nach Namibia in die ehemalige deutsche<br />

Kolonie Südwest-Afrika.<br />

Pfarrer Ehmann, der acht Jahre als Pastor der Lutherischen<br />

Kirche in Südafrika tätig war und ausgiebig das südliche<br />

Afrika bereist hat, organisiert diese Reise, die viel Interessantes<br />

jenseits der üblichen Touristenpfade enthalten<br />

wird. Zudem wurde als Reiseleiter Ulrich Sachse gewon-<br />

Fest und Adieu in Donzdorf<br />

Ein musikalischer Festgottesdienst war der Auftakt zum<br />

Mitarbeitersonntag. In der voll besetzten Christuskirche<br />

hielt Vikarin Sabine Bayreuther ihre Abschiedspredigt und<br />

wurde dann mit großem Dank und vielen guten Segenswünschen<br />

von der Vorsitzenden des KGR Lissy Schmidt<br />

und Ausbildungspfarrerin Annette Leube verabschiedet.<br />

In ihrem Rückblick auf die zweieinhalbjährige Ausbildungszeit<br />

bedankte sich Vikarin Bayreuther bei der ganzen<br />

Gemeinde für Offenheit und Freundlichkeit, aber auch<br />

für konstruktive Kritik. Viele nützten die Gelegenheit, sich<br />

persönlich von Sabine Bayreuther zu verabschieden.<br />

Gitarrenklänge von Andreas Zanker und die Stimme von<br />

Sängerin Nadine Ströhm lockten dann die Mitarbeiter in<br />

den Saal. In einem vergnüglichen Fragespiel von Pfarrerin<br />

Leube wurden alte und neue Gesichter der Gemeinde<br />

wahrgenommen und wenig vertraute Ecken des Gemeindezentrums<br />

neu entdeckt.<br />

Lissy Schmidt reimte: Gemeinsam wollen wir heut essen.<br />

Wir werden niemals es vergessen, dass Ihr euch einsetzt<br />

für das eine: für unser „Haus der lebendigen Steine!“<br />

Jakobusdinner in Kuchen<br />

Erst war es ein Festessen, gedacht als Dankeschön. Dann<br />

wurde eine Spendensammelaktion daraus. Inzwischen ist<br />

es nicht mehr wegzudenken aus der Veranstaltungsreihe<br />

der Kuchener Kirchengemeinde. Die Rede ist vom „Jakobusdinner“.<br />

Von Anfang an waren alle Beteiligten darauf<br />

bedacht, etwas Besonderes zu bieten. Schnitzel oder<br />

Maultaschen darf es zu einer anderen Zeit wieder geben.<br />

Drei Gänge sollte das Menü mindestens haben – und<br />

dazu ein Bedienungsteam an jedem Tisch.<br />

Wie gesagt, mit dem ersten Essen wollte sich die Kirchengemeinde<br />

und der Kirchengemeinderat bedanken<br />

beim Familienkreis, der jahrelang aktiv die Gemeindearbeit<br />

trug. Bei Gemeindefesten und auch beim Seniorenadvent<br />

hatten sie kräftig Hand angelegt. Jetzt sollten sie es sich<br />

einmal gut gehen lassen. Und diese Überraschung war<br />

sehr wohl gelungen. Schnell war damit dann auch die<br />

Idee eines Benefizessens im wahrsten Sinne auf dem<br />

Tisch, als es an die Renovierung der Kuchener Jakobuskirche<br />

ging. Mit Plakaten, persönlichen Einladungen und<br />

der Mundpropaganda wurde um „Mitesser“ geworben –<br />

nen, ein deutschstämmiger Südafrikaner, eng verbunden<br />

mit der lutherischen Kirche, der schon die beiden letzten<br />

Reisen sachkundig begleitet hat.<br />

Begonnen wird die Gemeindereise an den gewaltigen Viktoria-Fällen.<br />

Sie führt über den Caprivi zum Etosha National-Park,<br />

weiter durch die Namib-Wüste an den Atlantik<br />

mit den imposanten Dünen von Sossus Vlei und endet<br />

dann in der Hauptstadt Windhoek.<br />

Falls Sie Interesse an dieser Reise haben, wenden Sie sich<br />

an Pfarrer Ehmann,<br />

Ev. Pfarramt Süßen-Süd, Tel. 0 71 62 / 73 94,<br />

e-mail: ev.pfarramt.suessen.sued@web.de.<br />

Konfirmanden und Konfirmandenmütter sorgten im Hintergrund<br />

in der Küche dafür, dass die große Schar der<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unbeschwert essen und<br />

feiern konnte.<br />

Pfarrer Wanzeck ehrte Gemeindeglieder, die viele Jahre<br />

schon an diesem „Haus der lebendigen Steine“ mitarbeiten.<br />

Gitarre und Gesang setzten einen gelungenen musikalischen<br />

Schlusspunkt und man war sich einig, dass diese<br />

Form der Wertschätzung aller Mitarbeitenden eine Fortsetzung<br />

finden soll.<br />

Vikarin Sabine Bayreuther und Pfarrerin Annette Leube<br />

und siehe da man kam auf die<br />

biblische Zahl Vierzig, die so<br />

auch das obere Limit bildet.<br />

Vielleicht wäre es bei den beiden<br />

Malen geblieben, wenn<br />

nicht die Rehspende eines ansässigen Jägers einen Anlass<br />

geboten hätte, neuerlich zum Essen einzuladen. Dieses<br />

Mal unter dem Motto „Kirche, Küche, Kultur“. Längst<br />

schon wurden die Pausen zwischen den Gängen mit<br />

Kurzvorträgen und Informationen gespickt. Und für das<br />

recht „wilde Essen“ schienen mittelalterliche Tänze, zu<br />

denen Roman Blessing einlud, das Beste als Intermezzo.<br />

Nun waren die Kuchener auf den Geschmack gekommen.<br />

Kein Wunder also, dass für die Finanzierung der Orgelrenovierung<br />

wieder ein Essen ausgerufen wurde. Es hat sich<br />

gelohnt! Als Reingewinn durften 800 Euro für die Renovierungskasse<br />

verbucht werden Da sind sogar noch ein<br />

paar Extras für die Orgel drin. Natürlich erfuhren die Gäste<br />

auch hier wieder auf das Genaueste, was geplant ist und<br />

wie eine Orgel überhaupt funktioniert.<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

41


Wo finde ich Information und Hilfe?<br />

Evangelisches Dekanatamt<br />

Dekanin Gerlinde Hühn<br />

Hansengasse 2, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />

Tel. (0 73 31) 4 17 61, Fax (0 73 31) 4 17 51<br />

Email: Ev.Dekanat.<strong>Geislingen</strong>@t-online.de<br />

www.<strong>Kirchenbezirk</strong>-<strong>Geislingen</strong>.de<br />

Konto Evangelischer <strong>Kirchenbezirk</strong>:<br />

Konto-Nr. 600 862 8, KSK Göppingen, BLZ 610 500 00<br />

Evangelisches Schuldekanat<br />

Schuldekan Johannes Geiger<br />

Bahnhofstraße 33, 89518 Heidenheim<br />

Tel. (0 73 21) 92 49 49, Fax (0 73 21) 92 49 47<br />

Altenheim-Seelsorge<br />

Pfarrerin Claudia Kupfer-Feine<br />

73079 Süssen, Falkenstraße 6<br />

Tel. (0 71 62) 9 64 06 79<br />

Evangelisches Jugendwerk<br />

Sabine Angnes, Daniel Dorn, Schwester Claudia Günther<br />

Friedensstraße 44, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />

Tel. (0 73 31) 4 28 72, Fax 4 47 12<br />

Email: Info@ejw-<strong>Geislingen</strong>.de<br />

Diakonische Bezirksstelle<br />

Hospizarbeit im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

Ernst-Wilhelm Weid, Doris Ita-Sawall<br />

Steingrubestraße 6, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />

Tel. (0 73 31) 4 14 89, Fax 4 51 46<br />

Diakonieladen „Kunterbunt“<br />

Moltkestraße 25, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />

Tel. (0 73 31) 40 05 39<br />

Diakonie-Kaffeehaus<br />

Moltkestraße 27, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />

Tel. (0 73 31) 98 48 96<br />

Bikers Helpline<br />

01 80/44 333 33<br />

oder Buchstabenwahl 0180 – Helpline<br />

Blindenseelsorge<br />

Pfarrerin Friederike Maier<br />

Heidenheimer Straße 59/1, 73079 Süßen<br />

Tel. (0 71 62) 4 40 74<br />

friederike.maier@web.de<br />

Gehörlosenseelsorge<br />

Pfarrerin Edeltraud Meyer<br />

Pfarrweg 2, 73340 Stubersheim<br />

Tel. (0 73 31) 4 15 36, Fax (0 73 31) 44 03 00<br />

Email: Ev.Pfarramt-Stubersheim@t-online.de<br />

Evangelische Erwachsenenbildung<br />

Günther Alius<br />

Bahnhofstr. 75, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />

Tel. (0 73 31) 30 70 97-30, Fax (0 73 31) 30 70 97-39<br />

Email: Bildungswerk.<strong>Geislingen</strong>.HdB@elk-wue.de<br />

42 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

HIV-Infizierte und Aidskranke<br />

Pfarrerin Sabine Kluger<br />

Hohenstaufenstraße 35, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />

Tel. (0 73 31) 6 39 60<br />

Email: Ev.Pauluskirche.<strong>Geislingen</strong>@t-online.de<br />

Jugendheim Stötten<br />

Belegung über<br />

<strong>Kirchenbezirk</strong>srechner Klaus Machacek<br />

Tel. (0 73 31) 30 70 97 21<br />

Kirchenmusik<br />

Gerhard Klumpp, Kirchenmusikdirektor<br />

Staufeneckstraße 7, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />

Tel./Fax (0 73 31) 6 13 77<br />

Posaunenchorarbeit<br />

Armin Fischer<br />

Teilwiesenstraße 16, 73079 Süßen<br />

Tel. (0 71 62) 94 81 84<br />

Online-Seelsorge<br />

www.ekd.de/internet/internetseelsorge.html<br />

Klinik-Seelsorge<br />

Pfarrer Klaus Hoof<br />

Uhlandstr.5/1, 73337 Bad Überkingen<br />

Tel. (0 73 31) 3 05 98 34<br />

Ökumenische Sozialstation <strong>Geislingen</strong><br />

Bronnenwiesen 16, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />

IAV-Stelle, Tabea Astfalk, Tel. (0 73 31) 93 73-20<br />

Nachbarschaftshilfe, Ute Gröner, Tel. (0 73 31) 93 73-23<br />

Pflegedienst, Ute Kothe, Tel. (0 73 31) 93 73-21<br />

Psychosoziale Beratungsstelle für Suchtkranke<br />

und Suchtgefährdete<br />

Klaus Kohle, Sascha Lutz<br />

Steingrubestraße 6, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />

Tel. (0 73 31) 4 45 81<br />

TelefonSeelsorge<br />

(kostenlose Rufnummern)<br />

0800 111 0 111 und 0800 111 0 222<br />

TISCHGEBET AUS ITALIEN:<br />

Preghiera prima dei pasti<br />

ti rendiamo grazie, Signore,<br />

per tutti i beni che riceviamo<br />

dalla tua grazia.<br />

Per Cristo, nostro Signore.<br />

Amen.


VON MENSCHEN, BEGEGNUNGEN UND JUBILÄEN<br />

Brenz-Medaille für Hildegard Fischer<br />

Anita Gröh, Hildegard Fischer, Pfarrerin Sabine Kluger<br />

Landesbischof Theo Sorg hat die Johannes-Brenz-Medaille<br />

1992 zum ersten Mal verliehen – an den damaligen Erzbischof<br />

von Canterbury, Dr. George Carey. Seitdem verleihen<br />

die Bischöfe der Evangelischen Landeskirche in<br />

Württemberg die Brenz-Medaille in Silber und Bronze. Die<br />

bronzene Medaille ist Geschenk und Ehrengabe. Die<br />

Brenz-Medaille in Silber gilt als höchste Auszeichnung der<br />

Landeskirche.<br />

Als erste Mitarbeiterin der Pauluskirchengemeinde wurde<br />

beim Abend für die Mitarbeitenden Hildegard Fischer mit<br />

der bronzenen Brenz-Medaille geehrt. Landessynodale<br />

Anita Gröh, Ehrengast und seit letztem Jahr auch Gemeindeglied<br />

der Paulusgemeinde, überreichte die Auszeichnung<br />

als Dank für die mehr als 30-jährige ehrenamtliche<br />

Tätigkeit Hildegard Fischers quer durch die Gemeindearbeit.<br />

Nur zögernd hatte Hildegard Fischer sich bereit<br />

erklärt, die Ehrung anzunehmen. „Ich mache das doch<br />

nicht, um geehrt zu werden“, hatte sie ihre Zurückhaltung<br />

begründet, „und da sind ja noch viele andere außer mir.“<br />

In ihrer Dankesrede machte sich die Freude dann aber<br />

doch bemerkbar. Hildegard Fischer bedankte sich auch bei<br />

Elisabeth Fetzer, die die Anregung zur Verleihung der<br />

Brenz-Medaille gegeben habe, und sprach von ihrem Konfirmationsspruch,<br />

der das Leitmotiv ihres Lebens sei: Der<br />

Meister ist da und ruft dich (Joh. 11,28). So habe sie auch<br />

seit jeher ihr Engagement für andere verstanden, und sie<br />

wünsche sich, dass sie das noch lange tun könne.<br />

80 Jahre Süßener Missionskreis<br />

Am 9. April 1929 trafen sich zum ersten Mal zwei Süßener<br />

Damen zum Handarbeiten für die Mission. Dies war<br />

der Beginn des Missionskreises, der bis heute besteht.<br />

Es wurde viel vorgelesen, Missionare und Missionsschwestern<br />

waren zu Gast. Handarbeiten wurden verkauft.<br />

Der Erlös ging an die Basler und Herrnhuter Mission.<br />

Über jede einzelne Zusammenkunft findet sich ein handschriftlicher<br />

Bericht, meist auch mit den Namen der Teilnehmerinnen.<br />

Der letzte Eintrag ist vom 9. November<br />

1938. Wohl aus politischen Gründen konnten keine weiteren<br />

Treffen stattfinden.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Missionskreis<br />

wieder aktiv, und bis heute treffen sich monatlich um die<br />

zwanzig meist ältere und alte Damen, um sich nach<br />

Andacht und Kaffee den Blick weiten zu lassen über den<br />

Süßener Kirchturm hinaus. Im Herbst dieses Jahres soll in<br />

einem Festgottesdienst des 80-jährigen Bestehens des<br />

Missionskreises gedacht werden.<br />

Pfarramtssekretärinnen bilden sich fort<br />

Drei Tage lang waren die Pfarramtssekretärinnen des <strong>Kirchenbezirk</strong>s<br />

<strong>Geislingen</strong> in der Fortbildungsstätte Denkendorf.<br />

Öffentlichkeitsarbeit, Büroorganisation, Werden und<br />

Wirken des Gustav-Adolf-Werkes und die Entstehung des<br />

Gesangbuches in Württemberg standen auf der Tagesordnung.<br />

Die gemeinsame Fortbildung trägt auch zur besseren<br />

Zusammenarbeit im <strong>Kirchenbezirk</strong> bei. Teilgenommen<br />

haben:<br />

v.l.n.r. stehend: Iris Goebel, Auendorf und Stadtkirche<br />

<strong>Geislingen</strong>; Kornelia Rösch, Unterböhringen; Helga Tonnier,<br />

Amstetten; Ute Grimm, <strong>Geislingen</strong>-Pauluskirche;<br />

Käthe Leutz, Kuchen; Monika Metz, <strong>Geislingen</strong>-Altenstadt;<br />

v.l.n.r. kniend: Inge Schmitt, Steinenkirch; Hildegart Klar,<br />

Gingen; Doris Hascher, Wiesensteig; Ute Fritz, <strong>Geislingen</strong>-<br />

Altenstadt; Gisela Störzer, Eybach.<br />

Eybach feiert zwei Jubilarinnen<br />

Zu Recht wird in einer Kirchengemeinde gefeiert, wenn<br />

zwei Mitarbeiterinnen über lange Jahre aktiv im kirchlichen<br />

Leben mitarbeiten. In Eybach ist Gisela Störzer seit<br />

40 Jahren Pfarramtssekretärin und Gisela Kohle leitet seit<br />

20 Jahren den Kirchenchor. Der Vorsitzende des Kirchengemeinderats<br />

Max Paulus sprach beiden Dank und Anerkennung<br />

aus und würdigte sie im Gottesdienst.<br />

Gisela Störzer wurde von Pfarrer<br />

Spaltner vor 40 Jahren gefragt,<br />

ob sie bei der Bewältigung des<br />

umfangreichen Aktenberges im<br />

Pfarramt mithelfen könnte. Und<br />

da sie aus einer sehr kirchenverbundenen<br />

Familie stammt, in der<br />

beide Eltern im Kirchengemeinderat<br />

waren, sagte sie zu. Bis zum heutigen Tag gefallen<br />

ihr die abwechslungsreiche Tätigkeit im Pfarramt und das<br />

intensive Geschehen in der Gemeinde. Besonders an die<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

43


Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

Feiern zum 450-jährigen Bestehen der Kirchengemeinde<br />

Eybach und zum 40-jährigen Jubiläum der Christuskirche<br />

erinnert sich Gisela Störzer gerne. Mit Pfarrerin Enders<br />

erlebt sie nun die achte Stelleninhaberin seit sie Pfarramtssekretärin<br />

ist. Mit ihr will sie noch gerne weiter für die<br />

Kirchengemeinde tätig sein, bis sie selbst in vier Jahren in<br />

den Ruhestand geht.<br />

Nachdem Familie Kohle 1987 nach<br />

Eybach gezogen war, übernahm Gisela<br />

Kohle im Herbst 1988 die vakante<br />

Chorleiterstelle. Sie hatte seit ihrem<br />

14. Lebensjahr in vielen verschiedenen<br />

Chören mitgesungen, und zu ihrer Ausbildung<br />

zur Grundschul-Lehrerin gehörte<br />

auch Chorleitung. Kirchenmusikdirektor<br />

Gerhard Klumpp hatte sie gefragt, ob sie den Kirchenchor<br />

in Eybach übernehmen wolle. Schon nach kurzer Zeit<br />

wirkte der Chor dann unter ihrer Leitung beim Erntedankfest<br />

mit. Trotz kleiner Besetzung der einzelnen Stimmen<br />

freut sie sich darüber, mit dem Chor das bestmögliche zu<br />

erreichen.<br />

Gisela Kohle stellt heraus, dass der Kirchenchor die einzige<br />

Gruppe in der Gemeinde ist, die sich wöchentlich<br />

trifft und darüber hinaus noch gute Kontakte pflegt.<br />

Leider leide auch der Chor unter Nachwuchsmangel und<br />

sie wünscht sich, dass viele neue Sängerinnen und Sänger<br />

dazu stoßen und die gemeinsame Freude am Singen<br />

entdecken.<br />

Jubiläum im Kindergarten Lindenstraße in Süßen<br />

Mit einem großen Fest feiert der Kindergarten Lindenstraße<br />

in Süßen sein 50-jähriges Jubiläum. Am 19. Juli<br />

2009 beginnt der Festtag um 10.30 Uhr mit einem Familiengottesdienst,<br />

bei gutem Wetter auf dem Gelände des<br />

Kindergartens, bei schlechtem Wetter in der Ulrichskirche.<br />

Mit gestaltet wird der Gottesdienst von den Kindergartenkindern,<br />

mitwirken wird der verstärkte Seniorenposaunenchor.<br />

Dazu ist die ganze Gemeinde eingeladen. Nach den<br />

Festansprachen sind alle beim Mittagessen willkommen.<br />

44 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

Es besteht die Möglichkeit, den Kindergarten zu besichtigen<br />

und sich über die aktuelle Kindergartenarbeit zu<br />

informieren. Neben Kaffee und Kuchen findet am Nachmittag<br />

ein buntes Programm vor allem für die Kinder<br />

statt.<br />

Neuer Kirchenpfleger in Aufhausen<br />

Nach über 31 Jahren als Kirchenpfleger<br />

von Aufhausen<br />

hat Karl Honold nun sein Amt<br />

in jüngere Hände übergeben.<br />

Sein Nachfolger ist Ingolf<br />

Schlechter aus <strong>Geislingen</strong>, der<br />

hauptberuflich als Kirchenpfleger<br />

in Süßen arbeitet. Er<br />

wurde beim Erntedankfest<br />

2008 feierlich in sein neues<br />

Amt eingesetzt.<br />

Kirchenchor Amstetten feiert 50. Geburtstag<br />

Pfarrer Reinhard Hoene sprach von einem festlichen Tag<br />

für den Chor. Denn der Kirchenchor Amstetten feierte<br />

sein 50-jähriges Bestehen. Gegründet wurde er von Pfarrer<br />

Dinkelaker im Jahr 1959. Die ersten Proben fanden im<br />

Gemeindesaal des Pfarrhauses in Amstetten-Dorf statt. Die<br />

langjährigen Chorleiter Christoph Keller und Anna Straub<br />

waren bei dem Jubiläum ebenso anwesend wie der jetzige<br />

Chorleiter, Sieghard Müller. Besonders geehrt wurden<br />

bei dem Jubiläum Margarethe Stoller, die von Anfang an<br />

mitsingt; außerdem Annemarie Holzwarth, Dora Pretschner<br />

und Karin Scharpf, die 40 Jahre dabei sind.<br />

Susanne Jutz wechselt nach Bad Cannstatt<br />

Im Gottesdienst an Palmsonntag wurde Pfarrerin<br />

Susanne Jutz verabschiedet. 1996 begann<br />

sie ihren Dienst als Pfarrerin in<br />

Bad Überkingen. Zu den Aufgaben in<br />

der Kirchengemeinde hinzu war sie auch<br />

als Bezirkskinderkirchpfarrerin tätig,<br />

war Mitglied im Redaktionsteam der<br />

Geislinger <strong>Kirchenbezirk</strong>s-Zeitung und<br />

für den Distrikt Obere Fils im <strong>Kirchenbezirk</strong>sausschuss.<br />

Als Mitglied des Pfarrplanausschusses<br />

im <strong>Kirchenbezirk</strong> brachte sie die Zusammenarbeit<br />

der Kirchengemeinden Bad Überkingen, Hausen<br />

und Unterböhringen mit voran und war federführend an<br />

der Bildung der Gesamtkirchengemeinde Bad Überkingen<br />

beteiligt. Nach Ostern trat Susanne Jutz ihre neue Stelle in<br />

Bad Cannstatt an. Sie ist dort geschäftsführende Pfarrerin<br />

an der Stephanuskirche.


„Technikfreundlicher Kindergarten“ in Aufhausen<br />

Man kann nicht früh genug anfangen. Deshalb unterstützt<br />

Südwestmetall gemeinsam mit dem Kultusministerium<br />

den technisch interessierten Nachwuchs bereits im Kindergarten.<br />

Ein gutes halbes Jahr wurde in der „Villa Sonnenschein“<br />

in Aufhausen experimentiert und geforscht,<br />

gestaunt, Fragen wurden entwickelt, Hypothesen aufgestellt<br />

und Wissen über naturwissenschaftliche Zusammenhänge<br />

erworben.<br />

Am 20. November war der erste Teil des Projekts abgeschlossen.<br />

In einer feierlichen Zeremonie wurde den Erzieherinnen<br />

von Kultusminister Helmut Rau (links) und Dr.<br />

Dieter Hundt (rechts), Präsident der Landesvereinigung<br />

Baden-Württembergischer Arbeitgeberverbände, das Zertifikat<br />

übergeben. Die Einrichtung erhielt von Südwestmetall<br />

das Prädikat „Technikfreundlicher Kindergarten“.<br />

40 Jahre Dienst im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

Anneliese Bothner engagierte sich 40<br />

Jahre für die Kirche. Im vergangenen<br />

Jahr ging die Stubersheimerin in den<br />

Ruhestand. Wenn sie erzählt, in wie<br />

vielen Bereichen sie tätig war, beginnen<br />

ihre Augen zu leuchten. Als 1968<br />

die Kirchliche Verwaltungsstelle neu<br />

geschaffen wurde, war sie zur Stelle.<br />

In der Kinderphase machte die Verwaltungsfrau die Rechnungsabschlüsse<br />

für viele Kirchengemeinden und den<br />

Geislinger <strong>Kirchenbezirk</strong> von zu Hause aus. Als Sekretärin<br />

bei der Diakonischen Bezirksstelle kehrte sie aus der Familienzeit<br />

zurück, war dann Pfarramtssekretärin in Schalkstetten<br />

und wechselte darauf zur Geislinger Kirchenpflege.<br />

Zuletzt war sie wieder Sekretärin in der Diakonie. Noch<br />

lange wird man nun vieles mühsam erfragen und suchen<br />

müssen, was Anneliese Bothner einfach im Kopf hatte.<br />

Mit ihr ging auch viel Wissen in den Ruhestand.<br />

Neue Pfarrerin für Eybach und Stötten<br />

Die evangelischen Kirchengemeinden<br />

Eybach und Stötten haben eine<br />

neue Pfarrerin. Birgit Enders ist vom<br />

Evangelischen Oberkirchenrat zum<br />

Dienst in diesen beiden Gemeinden<br />

beauftragt worden. Die Einführung<br />

der neuen Pfarrerin durch Dekanin<br />

Gerlinde Hühn fand in der<br />

Michaelskirche in Stötten sowie in<br />

der Christuskirche in Eybach statt.<br />

Es gefällt ihr sehr gut in den Gemeinden und im <strong>Kirchenbezirk</strong>.<br />

Sie schätzt das Vorort- und Dorfleben und die damit<br />

verbundene Anteilnahme aneinander und die Freundlichkeit<br />

der Menschen. Aufgewachsen ist Birgit Enders<br />

in Ulm. Studiert hat sie in Tübingen, Heidelberg und<br />

München. Als Vikarin und Pfarrerin war sie in Fellbach-<br />

Schmiden, Ulm, Dornstadt und Heidenheim tätig. Im<br />

Gemeindepfarramt schätzt sie die Vielseitigkeit der Aufgaben<br />

und Begegnungen. Privat ist sie sehr gerne in der<br />

Natur, schwimmt und liest gerne und besucht Ausstellungen,<br />

Theater und Konzerte.<br />

Martin Breitling nun Pfarrer<br />

in <strong>Geislingen</strong>-Altenstadt<br />

Nach Abschluss seiner Ausbildung<br />

ist Martin Breitling in <strong>Geislingen</strong>-Altenstadt<br />

auf der Pfarrstelle<br />

Süd von Dekanin Gerlinde<br />

Hühn als Pfarrer eingesetzt worden.<br />

Martin Breitling hat sein Ausbildungsvikariat<br />

im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

Göppingen absolviert und war als<br />

Pfarrer zur Anstellung bereits in<br />

<strong>Geislingen</strong> tätig. Zusammen mit<br />

Pfarrerin Ulrike Knapp ist er für die<br />

seit letztem Advent zusammengeschlossene Kirchengemeinde<br />

<strong>Geislingen</strong>-Altenstadt zuständig.<br />

50 Jahre Waldheim Stötten<br />

1959 fiel der Startschuss für das erste Ferienwaldheim in<br />

Stötten. Dekan Straub hatte diese Arbeit in Stuttgart kennengelernt<br />

und beauftragte daher den Jugendwart Frieder<br />

Lampeitl, im ehemaligen Pfarrhaus in Stötten ein solches<br />

Heim einzurichten. Im Waldheim sollten bedürftige und<br />

unterernährte Kinder einen Platz finden.<br />

Das erste Waldheimjahr war mit 70 Kindern voll ausgebucht,<br />

schon ein Jahr später wurde das sogenannte Holzhaus<br />

errichtet um die Kapazitäten zu erhöhen. In Spitzenzeiten<br />

waren 320 Kinder pro Woche im Waldheim, was<br />

allerdings an der Grenze des Machbaren war.<br />

Die Begeisterung der Kinder und der MitarbeiterInnen ist<br />

nach wie vor ungebrochen und hoffentlich wird das auch<br />

in den nächsten 50 Jahren noch so sein.<br />

Häuptling im Albdistrikt<br />

Jährlich wechselt die<br />

Geschäftsführung im<br />

Distrikt Alb. In diesem<br />

Jahr hat Pfarrerin Ingeborg<br />

Brüning aus Steinenkirch<br />

das Amt des „Häuptlings“<br />

übernommen.<br />

Wie zu sehen ist:<br />

Es steht ihr gut.<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

45


Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

Ehrenamtliche Seelsorgerin in Donzdorf eingesetzt<br />

Unter großer Beteiligung der<br />

Gemeinde wurde Brigitte Schurig<br />

im Gottesdienst in Donzdorf in ihr<br />

Amt als ehrenamtliche Seelsorgerin<br />

eingesetzt. Von der zweijährigen<br />

KESS-Ausbildung (Kurs für<br />

ehrenamtliche Seelsorge) berichtete<br />

Klinikseelsorger Pfarrer Frieder<br />

Sautter, Göppingen. Sein Kollege,<br />

Pfarrer Hoof, aus der Helfensteinklinik<br />

in <strong>Geislingen</strong> ließ ein<br />

Grußwort verlesen. Nach dem Gottesdienst war bei<br />

einem Ständerling Gelegenheit zur Gratulation und guten<br />

Segenswünschen. Die Kirchengemeinde Donzdorf dankt<br />

Frau Schurig für ihr Engagement und freut sich, dass nun<br />

auch in den Krankenhäusern vermehrt Menschen besucht<br />

werden.<br />

Jubiläumsbroschüre<br />

Donzdorf erschienen<br />

Beim Gemeindefest wurde<br />

die umfangreiche Broschüre<br />

zum Jubiläumsjahr<br />

2008 der evangelischen<br />

Kirchengemeinde vorgestellt.<br />

Sie enthält Vorträge,<br />

Berichte, Erinnerungen, die<br />

Beiträge der Schreibwerkstatt<br />

und sämtliche Predigten<br />

der Gottesdienste zu<br />

Grundthemen des christlichen<br />

Glaubens und des<br />

Jubiläumsfestes. Die Broschüre veranschaulicht die vielen<br />

Aktivitäten des Jahres und enthält auch viele Fotos.<br />

Sie kann für 8,– Euro beim Pfarramt erworben werden.<br />

25 Jahre auf der Waldhausener Orgelbank<br />

In diesem Jahr kann Elke Holzwarth auf 25 Jahre Dienst<br />

als Organistin in der Kirchengemeinde Waldhausen<br />

zurückblicken. Seit ihrem 17. Lebensjahr gestaltet sie im<br />

Wechsel mit ihrer Schwester Sonja Schall treu und zuverlässig<br />

die Gottesdienste.<br />

Die Kirchengemeinde ist froh und dankbar, zwei fest<br />

angestellte Organistinnen zu haben, denn diesen beiden<br />

Frauen verdankt sie, dass an jedem Sonn- und Feiertag in<br />

Waldhausen Lieder und Choräle von schönem Orgelspiel<br />

begleitet werden.<br />

Mit einem Blumengruß und einem Segenswort bedankte<br />

sich Pfarrerin Eva Platz im Gottesdienst bei Elke Holzwarth<br />

für ihren langjährigen, treuen und engagierten<br />

Orgeldienst.<br />

Monika Metz geht in den Ruhestand<br />

Nach 18 Jahren im Gemeindebüro<br />

tritt Monika Metz im Sommer 2009<br />

in den Ruhestand. 1991 begann<br />

sie in der erst wenige Jahre alten<br />

Markusgemeinde <strong>Geislingen</strong> ihren<br />

Dienst. Sie hat die Gemeinde<br />

geprägt und ihre immer freundliche,<br />

hilfsbereite, unkomplizierte,<br />

46 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

fröhliche und engagierte Art hat viele Menschen zur Mitarbeit<br />

motiviert. Wenn für eine Veranstaltung Mitarbeiter<br />

gesucht wurden, hat sie immer eine Idee gehabt, wen<br />

man für welche Aufgabe anfragen könnte.<br />

Weil Monika Metz in der Gemeinde nicht nur gearbeitet<br />

hat, sondern auch in ihr lebt, war sie weit über das normale<br />

Maß hinaus engagiert. Kein Gemeindebrief oder<br />

Markusbote, der nicht hauptsächlich an ihrem Schreibtisch<br />

entstand. Erwähnt seien hier auch weitere Höhepunkte<br />

des Gemeindelebens: Die Sommerfeste in und vor<br />

der Markuskirche und die Gemeindefreizeiten in Schattwald<br />

wären ohne ihre Vorbereitung ausgefallen und<br />

haben nie ohne ihre Beteiligung stattgefunden.<br />

Immer wieder waren im Gemeindebüro die Sätze zu hören:<br />

„Geben Sie das mir, das erledige ich heute Nachmittag.“<br />

„Da gehe ich schnell selber vorbei.“ „Die Liste ist noch<br />

nicht ganz voll, ich trage mich selber noch ein.“ Und in den<br />

letzten Jahren oft: „Das kann mein Mann erledigen.“<br />

Ein halbes Jahr vor ihrem Ruhestand war dann noch der<br />

Umzug ins neue Gemeindebüro in der Tälesbahnstraße<br />

zu bewältigen. Wo es andere hätten ausklingen lassen,<br />

hat Monika Metz noch einmal angepackt. Hut ab!<br />

In der Evangelischen Kirchengemeinde <strong>Geislingen</strong>-Altenstadt<br />

geht die Sekretärin in den Ruhestand. Die Person<br />

Monika Metz bleibt ihr erhalten.<br />

Neue Vikare im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

v.l.n.r.: Steffen Hägele, Andreas Gerstlauer,<br />

Sebastian Steinbach, Cornelius Küttner<br />

Vier Vikare haben im evangelischen <strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong><br />

nach Abschluss des Studiums mit ihrer praktischen<br />

Ausbildung begonnen. In der Kirchengemeinde Süßen ist<br />

Andreas Gerstlauer tätig, in Amstetten Steffen Hägele, in<br />

Gingen Sebastian Steinbach und in <strong>Geislingen</strong>-Altenstadt<br />

Cornelius Küttner. Begleitet und in die praktische Arbeit<br />

eingeführt werden die Vikare von den jeweiligen Pfarrern<br />

Friederike Maier, Reinhard Hoene, Matthias Krauter und<br />

Ulrike Knapp. Ergänzend zur Arbeit in den Kirchengemeinden<br />

werden die Vikare immer wieder vom Oberkirchenrat<br />

zu Kursen eingeladen. Das Ausbildungsvikariat<br />

dauert zweieinhalb Jahre. Nach Abschluss des<br />

Vikariats erfolgt die Ordination.<br />

Abschied von der Mesnerin in Amstetten<br />

Die Kirchengemeinde Amstetten<br />

dankt Dora Pretschner sehr für ihre<br />

treuen und zuverlässigen Dienste<br />

als Mesnerin in der Friedenskirche<br />

in Amstetten Bahnhof in den letzten<br />

23 Jahren. Stets war sie um Kirche<br />

und Kirchgänger besorgt und<br />

es war ihr immer abzuspüren, dass


sie ihre Aufgabe gerne wahrgenommen hat. Aus gesundheitlichen<br />

Gründen musste sie 2005 ihren Dienstauftrag<br />

reduzieren, sie teilt ihn seither mit Carmen Rank. Für ihren<br />

Ruhestand wünscht ihr die Kirchengemeinde alles Gute,<br />

Gesundheit und Gottes Segen!<br />

Christoph Wiborg wird Pfarrer in Tübingen<br />

Nach 13 Jahren in <strong>Geislingen</strong>,<br />

zuerst als Pfarrer zur Anstellung<br />

und dann neun Jahre als Pfarrer an<br />

der Martinskirche, wechselt Christoph<br />

Wiborg zum 1. September<br />

die Pfarrstelle. Sein neuer Wirkungsort<br />

wird die Eberhardskirche<br />

in Tübingen sein.<br />

Mit Herzblut und großem Einsatz<br />

hat er im <strong>Kirchenbezirk</strong> sein Amt<br />

als Diakoniepfarrer ausgefüllt. Bei<br />

seinen Eingaben in der Bezirkssynode, zuletzt zum<br />

Thema Diakonieverein, beim Aufbau der Vesperkirche und<br />

allen diakonischen Themen war immer spürbar, wie sehr<br />

er das diakonische Handeln als Ausdruck des Glaubens<br />

und als grundlegende Aufgabe der Kirche versteht. Die<br />

<strong>Kirchenbezirk</strong>szeitung hat er mitkonzipiert und die ersten<br />

Jahre im Redaktionsteam wesentlich geprägt. In der<br />

Gemeinde bleibt er in Erinnerung als Prediger, dem es oft<br />

gelang, das Schwere leicht zu sagen und die Menschen<br />

zu berühren und mit Hoffnung zu erfüllen. Seine kreativen<br />

Ideen in der Gemeindearbeit, sein Witz und Humor,<br />

sein schauspielerisches Talent, seine Fähigkeit zum<br />

klaren Wort, das und anderes mehr haben ihm viele<br />

Herzen geöffnet.<br />

Vom Fernsehturm zum Ödenturm<br />

Markus Laidig ist seit September<br />

2008 Pfarrer zur Anstellung im<br />

<strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong>. Geboren<br />

ist er in Stuttgart und ist in der<br />

Nähe des Fernsehturms groß<br />

geworden. In der „evangelischen<br />

Pfarrerschmiede“ Tübingen studierte<br />

er Evangelische Theologie.<br />

Nachdem seine Ausbildung als<br />

Vikar im Dekanat Cannstatt abgeschlossen<br />

war, ging er für ein halbes<br />

Jahr als Pfarrer zur Dienstaushilfe in den Schwarzwald<br />

ins Dekanat Calw. Doch es zog ihn in die ganz große<br />

Ferne – zumindest nach den „Ländle-üblichen“ Entfernungsmaßstäben<br />

(Stuttgart-Ulm-Biberach). Für zwei Jahre<br />

nämlich arbeitete er in der russischen Wolga-Metropole<br />

Samara als Pastor in der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde<br />

St. Georg. Die Zeit dort verging wie im<br />

Fluge und schon fand er sich im Ländle wieder, genauer:<br />

zu Füßen des Ödenturms. Dort wurde er nach eigener<br />

Auskunft sehr freundlich und liebevoll aufgenommen von<br />

den Mitgliedern des <strong>Kirchenbezirk</strong>s und den Bürgern der<br />

Stadt <strong>Geislingen</strong>. Die Arbeit am Fuße der Schwäbischen<br />

Alb bereite ihm große Freude, sagt Markus Laidig, und<br />

er freue sich auch weiterhin auf all die verschiedenen<br />

Aufgaben in der Stadtkirchengemeinde, in verschiedenen<br />

Projekten des <strong>Kirchenbezirk</strong>s und an der Schubart-Realschule<br />

<strong>Geislingen</strong>.<br />

Neuer BAF gewählt<br />

Der Bezirksarbeitskreis Frauen (BAF) im Geislinger <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

wurde neu gewählt. Bei der Bezirkssynode im<br />

März diesen Jahres hat Dekanin Gerlinde Hühn das neue<br />

Team verpflichtet. Im BAF sind (v.l.n.r. auf dem Bild):<br />

Renate Emberger, Süßen, Christine Wagner, Bad Überkingen,<br />

Elke Aupperle, Mühlhausen, der Pfarrerin für Frauenarbeit<br />

im <strong>Kirchenbezirk</strong>, Martina Rupp, Deggingen-Bad<br />

Ditzenbach, Doris Lidl, Gingen, Karin Fellner, Bad Ditzenbach<br />

und Margret Clement, Süßen.<br />

Augenblicklich plant der BAF bereits den nächsten<br />

Bezirksfrauentag. Dieser findet am Sonntag, 31. Januar<br />

2010 im Evangelischen Gemeindehaus in Süßen statt.<br />

Weiter organisiert der BAF die Vorbereitung des Weltgebetstages<br />

und berät zu vielen Themen der kirchlichen<br />

Frauenarbeit.<br />

Rudolf Spieth wechselt nach Heubach<br />

„Es tut mir schon weh, von Wiesensteig wegzugehen“,<br />

sagt Rudolf Spieth, der nun nach elf Jahren die Pfarrstelle<br />

wechselt. Dankbar blickt er auf die Jahre in Wiesensteig<br />

zurück. „Es war ein gutes Miteinander in der Stadt und<br />

ein gutes Zusammenarbeiten“. Auch im Distrikt und <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

war Rudolf Spieth ein<br />

geschätzter Pfarrer und Kollege.<br />

Immer wieder überraschte der<br />

gelernte Schreiner mit zum Thema<br />

passenden Holzarbeiten. Seinen<br />

guten Draht zu Jugendlichen<br />

zeigte er unter anderem mehrere<br />

Jahre als Bezirksjugendpfarrer.<br />

Ab September wird er nun Pfarrer<br />

in Heubach im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

Schwäbisch Gmünd sein.<br />

Annette Leube zur Schuldekanin im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

Göppingen gewählt<br />

Die Donzdorfer Pfarrerin wird ihr<br />

neues Amt im August dieses Jahres<br />

antreten. Die gebürtige Eislingerin<br />

ist im Jahr 2000 nach Donzdorf<br />

gekommen und hatte einen 50 %igen<br />

Dienstauftrag in der Kirchengemeinde.<br />

Kinder- und Familienarbeit<br />

war dabei ihr Schwerpunkt. Im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />

beteiligte sie sich engagiert<br />

an der Vorbereitung von Ausstellungen und war<br />

gefragt mit Vorträgen im jüdisch-christlichen Dialog und<br />

zu feministischer Theologie. Obwohl Annette Leube mit<br />

Leib und Seele Gemeindepfarrerin ist, freut sie sich auf die<br />

neue Aufgabe als Schuldekanin. Denn der Religionsunterricht<br />

liegt ihr seit jeher sehr am Herzen.<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

47


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