Helfer und seine Zeitschrift - THWhS
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Dr.-Ing. Meyer-Hoissen:<br />
Baulicher Luftschutz<br />
(Fortsetzung)<br />
In einem früheren Aufsatz dieser Reihe waren die im KriegsfaU aus der<br />
Luft drohenden Gefahren beschrieben worden. Ihre Kenntnis ist Voraussetzung<br />
für das Verständnis der baulichen Maßnahmen, die zum Schutz von<br />
Menschen <strong>und</strong> Sachwerten vor diesen Gefahren dienen. Soweit es sich um die<br />
herkömmlichen Waffen handelt, stehen uns hinsichtlich ihrer Wirkung auf<br />
Bauwerke ausreichende Erfahrungen aus dem zweiten Weltkrieg zur Verfügung.<br />
Um die Wirkung der Atomkernwaffen beurteilen zu können, sind wir<br />
auf die Auswertungsergebnisse amerikanischer Versuche angewiesen. Es muß<br />
dabei anerkannt werden, daß die Amerikaner im Interesse der Sicherung<br />
<strong>und</strong> Erhaltung von Menschenleben im Falle künftiger kriegerischer Auseinandersetzungen<br />
ihre Erfahrungen in großzügiger Weise der Öffentlichkeit<br />
zugänglich machen.<br />
Im Laufe dieses Jahres fanden auf<br />
dem bekannten Versuchs gelände in<br />
der Nevadawüste in den USA wieder<br />
umfangreiche Atomversuche statt, die<br />
auch in der deutschen Tagespresse<br />
große Beachtung gef<strong>und</strong>en haben. Die<br />
häufig mehr sensationell als sachlich<br />
abgefaßten Berichte gestatten jedoch<br />
kaum, sich ein richtiges Bild der tatsächlichen<br />
Ereignisse zu machen. Um<br />
den THW-<strong>Helfer</strong> im Zusammenhang<br />
mit anderen Luftschutzfragen auch<br />
über dieses Gebiet auf dem laufenden<br />
zu halten, soll auf diese Versuche -<br />
soweit eine Beurteilung jetzt schon<br />
möglich ist - kurz eingegangen werden.<br />
Die Vereinigten Staaten haben in<br />
diesem Jahr keine größeren Versuche<br />
mit Wasserstoffbomben durchgeführt.<br />
Ihre Erprobungen konzentrierten sich<br />
auf kleinere Atombomben. Bekanntlich<br />
hat man die beim Angriff auf<br />
Hiroshima verwendete Atombombe,<br />
deren Energie der einer Ladung von<br />
20000 t TNT entspricht, mit 1 X<br />
Atombombe <strong>und</strong> dementsprechend<br />
die Wasserstoffbombe, die eine wesentlich<br />
größere Energiemenge freimacht,<br />
mit nX-Bombe, z. B. 25 X<br />
Atombombe bezeichnet. Der Energiegehalt<br />
der 25 X-Bombe ist mit dem<br />
einer Sprengstoffmenge von 25mal<br />
20000 t TNT äquivalent. Die 1 X<br />
Bombe war bis vor kurzer Zeit die<br />
kleinste mögliche Bombe, die zur Explosion<br />
gebracht werden konnte. Erst<br />
in neuerer Zeit ist es gelungen, durch<br />
die Entwicklung einer besonderen<br />
Zündvorrichtung, die wahrscheinlich<br />
auch nach dem Prinzip der Kernspaltung<br />
arbeitet, auch kleinere Ladungen<br />
z.ur Explosion zu bringen. So<br />
kann man heute ' /2 X- oder auch ' h o<br />
X-Bomben explodieren lassen. Die<br />
amerikanischen Versuche hatten nun<br />
die Erprobung dieser kleinen Bomben<br />
zum Ziel. Diese werden nicht - wie<br />
Wasserstoffbomben - in erster Linie<br />
zur großflächigen Zerstörung von<br />
2<br />
städten oder Industriebezirken eingesetzt,<br />
sondern sie dienen taktischen<br />
Zwecken im Erdkampf bzw. bei der<br />
Bekämpfung anfliegender Bombergeschwader.<br />
Man steht heute in Amerika<br />
auf dem Standpunkt, daß diese<br />
kleinen Atomwaffen in einem möglichen<br />
Krieg unerläßlich für die Aufrechterhaltung<br />
des militärischen<br />
Gleichgewichtes sind. Diese Bomben<br />
werden in verhältnismäßig geringer<br />
Höhe zur Detonation gebracht. In<br />
bezug auf Druckwirkung <strong>und</strong> Hitzeentwicklung<br />
haben die Versuche keine<br />
neuen Gesichtspunkte ergeben, die<br />
von Einfluß auf die baulichen Schutzmaßnahmen<br />
sind. Die außerordentlich<br />
starke akute Strahlung im Augenblick<br />
der Detonation zwingt jedoch<br />
dazu, beim Bau von Schutzräumen<br />
mehr als bisher auf die Abschirmung<br />
gegen Strahlen Rücksicht zu nehmen.<br />
Besonders interessant bei diesen<br />
Versuchen war die Explosion einer<br />
neuartigen Atomflakrakete, die<br />
eine Atomsprengladung entsprechend<br />
10 000 t TNT aufwies <strong>und</strong> die in einer<br />
Höhe von etwa 9000 m zur Explosion<br />
kam. Sie wurde von einem Bomber<br />
in etwa 13 000 m Höhe ausgelöst.<br />
Diese Rakete soll in der Lage sein,<br />
Flugzeuge oder Bomberverbände zu<br />
vernichten, auch wenn die Maschinen<br />
selbst nicht getroffen werden.<br />
Die eben beschriebenen Versuche<br />
hatten den Zweck, für die amerikanischen<br />
Streitkräfte neue taktische<br />
Atomwaffen zu erproben <strong>und</strong> darüber<br />
hinaus Anhaltspunkte dafür zu gewinnen,<br />
wie man unter Berücksichtigung<br />
der neuesten Waffen die Luftverteidigung<br />
wirksamer gestalten<br />
kann.<br />
Am 6. Mari. 1955 fand Iin der Nevadawüste<br />
ein sehr groß angelegter<br />
Versuch statt, über den auch in der<br />
Presse unter der überschrift "Die<br />
Geisterstadt in der Wüste" <strong>und</strong> ähnlichen<br />
vielfach berichtet wurde. Der<br />
Sinn dieses Versuches bestand darin,<br />
die Wirkung einer Atomexplosion auf<br />
eine Stadt zu demonstrieren <strong>und</strong> die<br />
getroffenen Schutzmaßnahmen zu<br />
überprüfen. Es wurde eine Bombe<br />
mit einer Sprengladung von 35000 t<br />
TNT Energieäquivalent zur Explosion<br />
gebracht. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist zum Ergebnis<br />
dieses Versuches schon jetzt<br />
zu sagen, daß bei einem Angriff mit<br />
einer solchen Atombombe in einem<br />
gewissen Abstand vom Erdnullpunkt<br />
Aussichten bestehen, den Angriff zu<br />
überleben. Im einzelnen sind die<br />
amerikanischen Wissenschaftler zu<br />
dem Ergebnis gekommen, daß die<br />
Zone der totalen Zerstörung einen<br />
Radius von 1500 bis 1600 m um den<br />
Erdnullpunkt besitzt. In dieser Zone<br />
ist die Möglichkeit, ohne Schutzraumbauten<br />
mit dem Leben davonzukommen,<br />
gering. Gebäude, die in der Nähe<br />
des Explosionsortes standen, wurden<br />
völlig in ihre Bestandteile zerlegt.<br />
Die kritische Zone befindet sich im<br />
Abstand von 1500 bis 2000 m Entfernung<br />
vom Erdnullpunkt. Die Wirkung<br />
auf Gebäude in dieser Zone war<br />
je nach der verwendeten Bauart sehr<br />
unterschiedlich. In einem zweistöckigen<br />
Haus aus Schlackenbeton waren<br />
die Wände auseinandergeblasen, die<br />
Decke war eingestürzt. Ein Holzhaus<br />
war gänzlich zerstört. Aus Mauersteinen<br />
errichtete Häuser blieben erhälten.<br />
Fenster <strong>und</strong> Türen wurden<br />
aus den Rahmen gerissen. In einem<br />
zertrümmerten Haus war das Badezimmer<br />
als Luftschutzraum für die<br />
Familie aus Beton hergestellt worden.<br />
In diesem Raum blieben zwei<br />
H<strong>und</strong>e am Leben. Man kann wohl<br />
annehmen, daß Menschen ebenfalls<br />
die Explosion überstanden hätten.<br />
Nach Auffassung der Amerikaner<br />
konnten 7 der 10 an der kritischen<br />
Grenze stehenden Häuser wieder bewohnbar<br />
gemacht werden. Sämtliche<br />
Fenster <strong>und</strong> Türen waren weggeblasen.<br />
Dabei stellen die herumfliegenden<br />
Holz- <strong>und</strong> Glassplitter eine erhebliche<br />
Gefahr für die Bewohner<br />
dar.<br />
Die akute Strahlung in dieser Zone<br />
soll über 400 Röntgen liegen, einer<br />
Dosis, die tödlich wirken kann, sofern<br />
sie auf einen Menschen trifft, der<br />
ohne Deckung der direkten Strahlung<br />
ausgesetzt ist. Der Aufenthalt im<br />
Haus oder im Keller gibt jedoch bereits<br />
einen guten Schutz.<br />
Die Zone, die eine relativ hohe<br />
Sicherheit gibt, beginnt in einem Abstand<br />
von 3,5 km vom Explosionsort.