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Burgblick 1/2008 - Johannesburg GmbH

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Die heiminternen Werkstätten des<br />

„Jugendheim <strong>Johannesburg</strong>“, die<br />

mehr als 50 Jahre nur männlichen<br />

Jugendlichen vorbehalten waren, die<br />

im Rahmen der Jugendhilfe in der<br />

Einrichtung stationär lebten, öffneten<br />

sich mit dem Ausbildungsjahr 1978/79<br />

für die Region. Anlass für die Öffnung<br />

war ein Modellversuch unter dem<br />

Titel „Berufsvorbereitung und Berufsausbildung<br />

verhaltensgestörter<br />

Heimjugendlicher unter Beteiligung<br />

verhaltensnormaler externer Teilnehmer“.<br />

Er lief vom 1.10.1977 bis 31.12.1981<br />

und es folgte ein zweiter Modellversuch<br />

vom 1.4.1982 bis 31.3.1986. Die wissenschaftliche<br />

Begleitung bei beiden<br />

Vorhaben lag in den Händen von Prof.<br />

Dr. Klaus Sturzebecher (Westfälische<br />

Wilhelms-Universität Münster. Wissenschaftlicher<br />

Begleiter vor Ort war Wichard<br />

Klein, der heutige Direktor.<br />

Die Idee, die Werkstätten der <strong>Johannesburg</strong><br />

zu öffnen, fand damals nicht nur<br />

Freunde. Es kamen sehr schnell<br />

warnende Stimmen von außen.<br />

Sie hatten den Tenor, die Leitung<br />

der <strong>Johannesburg</strong> würde<br />

die Entscheidung, die Werkstätten<br />

für Externe zu öffnen,<br />

rasch bereuen, rückgängig<br />

manchen, und man würde bald wieder<br />

zum alten System einer Ausbildung „nur<br />

für Interne“ zurückkehren. Auch innerhalb<br />

des Heims fehlte es nicht an Kritikern<br />

und Mahnern, die lieber an der anscheinend<br />

bewährten Praxis einer exklusiven<br />

Ausbildung für Heimjugendliche festhalten<br />

wollten.<br />

Durch die Öffnung sollten stärker betriebliche<br />

und soziale Realität in die Heimwerkstätten<br />

fließen. Der künstliche Charakter,<br />

einer Schonraumausbildung sollte<br />

abgebaut werden. Gleichzeitig sollte aber<br />

der besondere pädagogische Gehalt, den<br />

die Berufsausbildung der jungen Menschen<br />

im Heim erforderlich macht, erhalten<br />

bleiben.<br />

Nach einer Vorlaufzeit, in der u.a. kürzere<br />

Praktika von externen Jugendlichen in<br />

den Werkstätten der <strong>Johannesburg</strong> absolviert<br />

wurden, nahmen dann im Som-<br />

10 <strong>Burgblick</strong> 1/08<br />

Die Idee fand<br />

damals nicht<br />

nur Freunde<br />

30 Jahre<br />

Öffnung der Werkstätten<br />

im Heim für externe<br />

Mädchen und Jungen<br />

mer 1978 erstmals 26 externe Auszubildende<br />

(19 Jugend und 7 Mädchen) ihre<br />

Berufsausbildung in 10 der insgesamt 20<br />

im Heim angebotenen Ausbildungsberufe<br />

auf. Den 26 Externen standen 140 Interne<br />

gegenüber. Die Externen kamen aus<br />

normalen, geregelten Verhältnissen aus<br />

der Region des Heimes und stammten<br />

überwiegend aus Arbeiter-, Landwirts-<br />

und Angestelltenfamilien. Über Verhaltensauffälligkeiten<br />

war bei ihnen im<br />

Vorfeld nichts bekannt geworden. Das<br />

Bildungsniveau der jugendlichen erstreckte<br />

sich vom Realschulabschluss über den<br />

Hauptschulabschluss oder –abgang bis<br />

zum Sonderschulabschluss.<br />

Alle in den Modellversuch einbezogenen<br />

Jugendlichen schlossen ihre Berufsausbildung<br />

erfolgreich ab und sind auf dem<br />

örtlichen Arbeitsmarkt untergekommen.<br />

Die integrative Ausbildung von Jugendlichen<br />

im Heim und Mädchen und Jungen<br />

aus der Umgebung durch Öffnung der<br />

Werkstätten, die positive Wirkung einer<br />

Berufsausbildung und Erpro-<br />

bung verschiedener sozialpädagogischer<br />

Betreuungsformen<br />

bei benachteiligten Jugendlichen<br />

wurde in den zwei Modellversuchen,<br />

in Verbindung<br />

mit dem Bundesinstitut für<br />

Berufsausbildung in Berlin, dem Land<br />

Niedersachsen und der Universität Münster,<br />

untersucht und wissenschaftlich<br />

bestätigt.<br />

Die Modellversuche in der <strong>Johannesburg</strong><br />

haben dann zusammen mit anderen Pilotprojekten<br />

auch mitgeholfen, dass das<br />

so genannte „Benachteiligtenprogramm“<br />

der Bundesregierung ins Leben gerufen<br />

wurde. Das in seinen Durchführungsanweisungen<br />

festgelegte Zusammengehen<br />

von praktischer Ausbildung, schulischer<br />

Förderung und sozialpädagogischer Begleitung<br />

weisen substantiell in die Richtung<br />

der vor 30 Jahren erstmals erprobten<br />

und heute zur Regel gewordenen Ausbildungspraxis<br />

der <strong>Johannesburg</strong>.<br />

Nach der bundesweiten Einführung des<br />

Benachteiligtenprogramms wurde 1982<br />

die <strong>Johannesburg</strong> in Zusammenarbeit<br />

mit dem Arbeitsamt Leer ein Träger die-<br />

ser Maßnahme. 7 Jungen und 4 Mädchen<br />

begannen in 6 verschieden Berufen damals<br />

in der <strong>Johannesburg</strong> ihre dreijährige<br />

Ausbildung.<br />

In den 90 er Jahren entwickelte sich die<br />

<strong>Johannesburg</strong> zu einem wichtigen Faktor<br />

im Bereich der Ausbildung benachteiligter<br />

Jugendlicher in der Region. Die Anzahl<br />

der Ausbildungsteilnehmer im Benachteiligtenprogramm<br />

erreichte 1997 mit<br />

142 Auszubildenden ihren höchsten<br />

Stand. Durch die Strukturveränderungen<br />

und mit der veränderten Förderpraxis der<br />

Bundesagentur für Arbeit mit ihrer Ausschreibungspraxis<br />

gingen die Zahlen der<br />

Auszubildenden im Benachteiligtenprogramm<br />

zurück. Heute werden durch die<br />

Agentur für Arbeit und die beiden Zentren<br />

für Arbeit im Emsland und Leer 62 junge<br />

Menschen gefördert. Während früher<br />

die jungen Menschen bis zum Ende der<br />

Ausbildung in der <strong>Johannesburg</strong> blieben,<br />

werden zunehmend immer mehr Auszubildende<br />

in betriebliche Ausbildung vermittelt.<br />

Neben der integrativen Ausbildung<br />

hat auch die kooperative Ausbildung<br />

Einzug in die <strong>Johannesburg</strong> gefunden.<br />

Das bedeutet, dass zurzeit 10 Auszubildende<br />

den praktischen Teil ihrer Ausbildung<br />

in einem Kooperationsbetrieb erlernen<br />

und von der <strong>Johannesburg</strong> mit<br />

Förderunterricht und sozialpädagoischer<br />

Unterstützung begleitet werden.<br />

1996 wurde die <strong>Johannesburg</strong> als „Sonstige<br />

Reha-Einrichtung“ anerkannt. Die<br />

Zahlen der Ausbildung junger Menschen<br />

mit Behinderungen stiegen von 18 Teilnehmern<br />

schnell auf über 190 im Jahre<br />

2005. Sie ist damit ein regionales Zentrum<br />

der beruflichen Rehabilitation junger<br />

behinderter Menschen.<br />

In ihrer fast 100-jährigen Geschichte hat<br />

die <strong>Johannesburg</strong> sich zu einer Einrichtung<br />

entwickelt, in der Jugendhilfe und Jugendsozialarbeit<br />

als ganzheitlicher Ansatz<br />

im Zusammenwirken von Sozialpädagogik<br />

sowie schulischer und beruflicher<br />

Bildung praktiziert wird.<br />

Die heiße Phase der Prüfungsvorbereitung<br />

läuft. In fast jeder Werkstatt<br />

wird gebüffelt, geübt und vorbereitet.<br />

Jetzt kommt es darauf an, das Erlernte<br />

aus 3 oder 3 ½ Jahren Ausbildung<br />

in Theorie und Praxis anzuwenden,<br />

um den ersehnten Gesellen-<br />

bzw. Gehilfenbrief in den Händen<br />

zu halten.<br />

Aber was haben die Prüflinge <strong>2008</strong><br />

eigentlich gelernt?<br />

Und vor allem: Was fangen sie damit<br />

an?<br />

Der <strong>Burgblick</strong> fragte bei einigen von<br />

ihnen nach:<br />

Im Restaurantbereich, in dem Martina<br />

Schnäpp (20J.) und Jens-Enno Meyer<br />

(21J.) in diesem Sommer ihre Prüfung<br />

zu Helfern im Gastgewerbe ablegen, ist<br />

es der Umgang mit den Gästen, der<br />

Ihnen am meisten<br />

Sven Dayen<br />

Dimitri Wagner<br />

Jens Enno Meier<br />

Spaß macht. Martina<br />

weiß, dass Freundlichkeit<br />

und ein gepflegtes Äußeres<br />

wichtige Bestandteile<br />

der Arbeit sind. Jens<br />

und auch Christopher<br />

Bogena (18J.), angehende<br />

Fachkraft im Gastgewerbe<br />

ergänzen, dass Hygiene<br />

und Sauberkeit genauso<br />

wichtig sind, schließlich<br />

arbeitet man mit Lebensmitteln.<br />

Während Martina aktiv<br />

nach einem Arbeitsplatz<br />

sucht und ihre Chancen<br />

recht gut aussehen, will Jens sich zunächst<br />

als Zeitsoldat für 8 Jahre verpflichten.<br />

Christopher möchte ein weiteres<br />

Jahr Ausbildung anhängen und<br />

Restaurantfachmann werden.<br />

Die drei Prüflinge im Metallbereich Kevin<br />

Kettermann, Stephan Geers und<br />

Sven Dayen sind sich einig: in der Ausbildung<br />

zum Metallbearbeiter machen<br />

Schleifen, Polieren, Bohren und Flexen<br />

den größten Spaß.<br />

Für sie ist ein erfolgreicher Ausbildungsabschluss<br />

wichtig, da das ein Ziel ist,<br />

auf das sie drei Jahre hingearbeitet<br />

haben.<br />

Sven und Kevin sind beide auf Arbeitssuche<br />

und Stephan möchte im Anschluss<br />

die Vollausbildung anhängen.<br />

Andreas Schade (20J.), Auszubildender<br />

in der Landwirtschaft, liebt die Arbeit<br />

in der freien Natur und den Umgang<br />

mit den verschiedenen Geräten. Viel<br />

gelernt hat er, vor allem den fachlichen<br />

Umgang mit Tieren und das selbstständige<br />

Arbeiten.<br />

Nach seiner Ausbildung wird er zunächst<br />

auf dem elterlichen Hof weiterarbeiten,<br />

um später dessen<br />

Leitung zu übernehmen.<br />

Für den Holzbearbeiter-Auszubildenden<br />

Dimitri Wagner<br />

(20J.) ist es die Viel-<br />

Kevin<br />

Kettermann<br />

Stephan Geers<br />

Christopher<br />

Bogena<br />

fältigkeit des Werkstoffs Holz, die ihn<br />

fasziniert. Gerade deshalb ist es die<br />

Genauigkeit der Arbeit und das Arbeiten<br />

mit unterschiedlichen Werkzeugen und<br />

Maschinen, die er für besonders wichtig<br />

hält.<br />

Sein Kollege Mario Müller sieht in guter<br />

Zusammenarbeit und dem Zusammenhalt<br />

der Kollegen untereinander einen<br />

wichtigen Aspekt guter Arbeit. Mario<br />

bewirbt sich auf verschiedene Stellen<br />

und hofft, schon bald einen Arbeitsplatz<br />

zu bekommen.<br />

Dimitri möchte zunächst im Bereich<br />

Trockenbau arbeiten und Erfahrung<br />

sammeln, um sich beruflich weiterzubilden.<br />

Langfristig möchte er in Bayern<br />

im Holzbereich arbeiten.<br />

Ulrike Schwennen<br />

Der <strong>Burgblick</strong> wünscht allen Prüflingen viel Erfolg<br />

und viel Glück bei der Arbeitsplatzsuche!<br />

Martina Schnäpp<br />

10 <strong>Burgblick</strong> 2/07 <strong>Burgblick</strong> 1/08 11

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