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inter|esse 03/2017

In der Ausgabe 3/2017 widmet sich inter|esse folgenden Schwerpunkten: G20 und der Welthandel, Zur Zukunft des Geldes, Die Bankkunden bei der Digitalisierung mitnehmen, Internationale Politik: Wem die Deutschen vertrauen

In der Ausgabe 3/2017 widmet sich inter|esse folgenden Schwerpunkten: G20 und der Welthandel, Zur Zukunft des Geldes, Die Bankkunden bei der Digitalisierung mitnehmen, Internationale Politik: Wem die Deutschen vertrauen

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<strong>inter|esse</strong><br />

Ausgabe 3 ◆ <strong>2017</strong><br />

Banken und Gesellschaft<br />

Zur Zukunft des Geldes S. 5<br />

Die Bankkunden bei der<br />

Digitalisierung mitnehmen S. 6<br />

Internationale Politik:<br />

Wem die Deutschen vertrauen S. 8<br />

G20 und der Welthandel<br />

Kooperation ist das Gebot der Stunde<br />

Wenn am 7. und 8. Juli auf dem Hamburger Messegelände<br />

die Staaten der G20 unter deutscher Präsidentschaft<br />

zu ihrem zwölften Treffen zusammenkommen,<br />

steht die Zukunft des freien Welthandels mit auf der<br />

Tagesordnung. Welche Auswirkungen wird die von US-<br />

Präsident Donald Trump proklamierte Maxime „America<br />

first“ auf die Handelspolitik haben? Werden sich andere<br />

Staaten in einer Art Domino-Effekt zu einem ebenfalls<br />

stärker protektionistischen Verhalten verleiten lassen?<br />

Steht die Weltwirtschaft gar vor einem Paradigmenwechsel,<br />

der die Früchte der in Jahrzehnten prosperierenden<br />

Handelbeziehungen in Frage stellt? Oder wird<br />

die Wende der Vereinigten Staaten dazu führen, dass<br />

die anderen Länder ihre Reihen schließen und versuchen<br />

werden, den drohenden Ausfall amerikanischen<br />

Handels potenzials durch eine noch engere Verflechtung<br />

untereinander wettzumachen?<br />

Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen des Gipfels<br />

werden für die Zukunft der multilateralen Beziehungen<br />

prägend sein. Mit den Mitgliedsländern der G20<br />

und den als weiteren Teilnehmern eingeladenen<br />

Staaten kommen in Hamburg Entscheidungsträger zusammen,<br />

die nicht weniger als rund zwei Drittel der<br />

Weltbevölkerung repräsentieren, sowie für 90 Prozent<br />

des Bruttoinlandsprodukts der Welt und etwa 80 Prozent<br />

des Welthandels verantwortlich zeichnen.<br />

Die Verhandlungen finden dabei vor einer schon seit<br />

Jahren zunehmend globalisierungskritischen Kulisse<br />

statt. Kritiker machen die Internationalisierung des<br />

Handels für sehr vieles verantwortlich, häufig auch für<br />

die Armut in anderen Teilen der Welt. Doch gerade<br />

bei diesem Aspekt ist genau das Gegenteil richtig:<br />

Die Globalisierung hat in den vergangenen Dekaden


weltweit zur deutlichen Wohlstandssteigerung gerade<br />

in vielen Schwellenländern beigetragen und große<br />

Teile der Bevölkerung aus tiefster Armut herausgeführt.<br />

Millionen von Menschen sind dort der schlimmsten Not<br />

entkommen, fast überall steigt die Lebenserwartung,<br />

und weltweit hatten noch nie zuvor so viele Menschen<br />

Zugang zu Bildung und Ausbildung wie heute. Diese<br />

Fortschritte reichen bei weitem nicht aus, aber die<br />

Richtung stimmt. Der Wirtschaftswissenschaftler<br />

Thomas Straubhaar hat es treffend auf den Punkt<br />

gebracht: Globalisierung und Freihandel sind für viele<br />

Länder das größte Wohlstandsprogramm aller Zeiten.<br />

Auch Deutschland und viele andere Industrieländern<br />

haben von der Globalisierung stark profitiert. Sie hat<br />

Produktionsprozesse effizienter gemacht, Innovationen<br />

gefördert und über niedrige Produktionskosten sowie<br />

günstige Güterpreise die Konsummöglichkeiten in<br />

nahezu allen Gesellschaftsschichten ausgeweitet. Vor<br />

allem in der Phase seit Ende der 1980er Jahre bis zum<br />

Beginn der Finanzmarktkrise hat die in dieser Zeit rasch<br />

fortschreitende Internationalisierung der Wirtschaft –<br />

trotz einiger krisenhaften Zuspitzungen wie der<br />

Asienkrise oder dem Platzen der New-Economy-Blase –<br />

zu einer hohen Preisniveaustabilität und weltweit recht<br />

hohen realen Wachstumsraten beigetragen.<br />

Vor allem in den Industrieländern sind Globalisierung<br />

und freier Handel aber auch in die Kritik geraten.<br />

Denn nicht immer hat die nationale Wirtschaftspolitik<br />

angemessen auf den durch die Globalisierung<br />

ausgelösten Strukturwandel reagiert. Deshalb<br />

haben mitunter nicht alle Bürger in gleichem<br />

Maße von ihr profitiert. Wo es in der Folge zu<br />

einem Anstieg der Einkommensungleichheit, und<br />

zu Arbeitsplatzverlusten gekommen ist, muss die<br />

Wirtschaftspolitik gegensteuern, damit möglichst<br />

alle am gestiegenen Wohlstandsniveau teilhaben<br />

können. Die Globalisierung zurückzudrehen, um<br />

so die möglichen negativen Effekte zu vermeiden,<br />

ist keine gute Strategie. Sie wäre unweigerlich mit<br />

einem Wohlstandsverlust für die gesamte Wirtschaft<br />

verbunden.<br />

US-Handelspolitik: Rückfall in den Merkantilismus<br />

Die Ankündigungen der US-Regierung zu ihrer<br />

Handelspolitik geben protektionistischen Tendenzen<br />

jedoch eine neue Qualität. Offenkundig scheinen<br />

die USA die Handelsströme künftig vorrangig nach<br />

merkantilistischen Maßgaben lenken zu wollen. Dieser<br />

rückwärtsgerichtete und machtpolitische Ansatz besitzt<br />

ein enormes Gefährdungspotenzial für die Weltwirtschaft,<br />

aber auch für die Wirtschaft in den USA selbst. Denn<br />

die beabsichtigten Abschottungsmaßnahmen dürften<br />

zunächst zu steigenden Preisen führen, die letztlich auch<br />

die Kaufkraft der Konsumenten reduzieren. Unmittelbar<br />

betroffen von protektionistischen Maßnahmen werden<br />

auch amerikanische Unternehmen sein, die über<br />

Zulieferungsketten mit dem Ausland verknüpft sind. Hinzu<br />

kommen mögliche Retorsionsmaßnahmen des Auslands.<br />

Ob mit handelspolitischen Aktivitäten dieser Art<br />

das amerikanische Leistungsbilanzdefizit tatsächlich<br />

verringert werden kann, ist zudem sehr fraglich.<br />

So würde die vom US-Präsidenten angestrebte<br />

Rückführung der im Ausland gebundenen Gewinne<br />

2 <strong>inter|esse</strong> 3 ◆ <strong>2017</strong>


ankenverband<br />

amerikanischer Unternehmen ebenso wie ein staatliches<br />

Ausgabenprogramm tendenziell zu einer Aufwertung<br />

des US-Dollar führen und einen Abbau der<br />

Leistungsbilanzdefizite erschweren.<br />

Protektionismus kann den Wohlstand nicht sichern<br />

Das unter dem Slogan „America first“ angestrebte Ziel<br />

eines Wohlstandswachstums für die amerikanische Mittelschicht<br />

wird mit einer protektionistischen Politik nicht zu<br />

erreichen sein. Die Arbeitsplätze im mittleren Westen<br />

der USA gingen weniger durch den Handel, sondern vor<br />

allem durch technischen Fortschritt und eine zu geringe<br />

Anpassungsfähigkeit der „alten“ Wirtschaftssektoren verloren.<br />

Zugleich sind aber auch in den USA im Zuge des<br />

Strukturwandels neue, wettbewerbsfähige Wirtschaftsbereiche<br />

entstanden, etwa im IT-Bereich. Protektionistische<br />

und industriepolitische Maßnahmen mit dem Ziel,<br />

zu der alten Industrie gewissermaßen zurückzukehren,<br />

würden den erreichten Strukturwandel konterkarieren.<br />

Eine Erfolg versprechende „America first“-Politik sollte<br />

sich nicht an merkantilistischen Vorbildern orientieren,<br />

sondern sich offensiv dem internationalen Wettbewerb<br />

stellen und gute Rahmenbedingungen für Investitionen<br />

aus dem In- und Ausland schaffen.<br />

Währungspolitik als handelspolitisches Instrument?<br />

Bei den Prognosen zur Entwicklung der Weltwirtschaft<br />

werden im Kontext der wachsenden nationalistischen<br />

und protektionistischen Tendenzen gegenwärtig die<br />

größten Risiken gesehen. Doch die Sorgen beschränken<br />

sich nicht mehr nur auf die Handelspolitik. Spätestens<br />

seit den Vorwürfen aus Kreisen der neuen US-Regierung,<br />

Deutschland würde über einen „künstlich“ niedrig<br />

gehaltenen Eurokurs Handelsvorteile auf Kosten der<br />

USA erzielen, rückt auch die Geld- und Währungspolitik<br />

stärker in den Fokus. Bereits seit Jahren sieht sich<br />

Deutschland auch mit dem Vorwurf konfrontiert, dass<br />

seine hohen Leistungsbilanzüberschüsse zu Ungleichgewichten<br />

in der Euro-Zone und der Weltwirtschaft<br />

beitragen.<br />

In der Tat sind dauerhaft hohe Leistungsbilanzüberschüsse<br />

nicht unproblematisch. Defizitländer müssen<br />

ihre Leistungsbilanzsalden mit dem Abbau von<br />

Devisenreserven oder einem ausländischen Kapitalzufluss<br />

finanzieren. Die externe Verschuldung<br />

dieser Länder steigt, im Extremfall droht eine<br />

Überschuldung. Doch daraus den Vorwurf abzuleiten,<br />

Deutschland bediene sich „unfairer“ Handels- und<br />

Wechselkurspraktiken, ist nicht haltbar.<br />

In der festen Überzeugung, dass protektionistische<br />

Abschottung mittel- und langfristig die Wettbewerbsfähigkeit<br />

nur verschlechtert, hat sich die deutsche<br />

Wirtschaft in der Vergangenheit an die Herausforderungen<br />

der Globalisierung meist offensiv angepasst. Verluste<br />

bei der preislichen Wettbewerbsfähigkeit wurden<br />

vor allem mit Kostensenkungen und Pro-duktivitätssteigerungen<br />

in den Unternehmen ausgeglichen. Dazu wurden<br />

auch Produktionsketten im Inland verkürzt und umfangreiche<br />

Direktinvestitionen im Ausland getätigt. Deutschland<br />

ist dadurch sehr eng in internationale Produktions-<br />

und Lieferprozesse eingebunden. Darüber hinaus<br />

haben sich viele Wirtschaftssektoren in Deutschland in<br />

der Vergangenheit besonders stark um aus Kundensicht<br />

attraktive Produkte und Produktinnovationen bemüht.<br />

<strong>inter|esse</strong> 3 ◆ <strong>2017</strong> 3


Die deutschen Exporterfolge und der damit verbundene<br />

Leistungsbilanzüberschuss sind also nicht vom Himmel<br />

gefallen – die verantwortungsvolle Lohnpolitik der Tarifpartner<br />

hat im Übrigen ebenfalls dazu beigetragen.<br />

Der Wechselkurs wurde zu keinem Zeitpunkt von der<br />

Bundesregierung oder der Deutschen Bundesbank als<br />

handelspolitisches Instrument eingesetzt. Mit dem Start<br />

der Europäischen Währungsunion ist die geldpolitische<br />

Verantwortung für den Euro auf die Europäische Zentralbank<br />

(EZB) übergegangen. Ihr Mandat ist ausschließlich<br />

auf die Preisniveaustabilität ausgelegt. Die Zuständigkeit<br />

für die Wechselkurspolitik unterliegt den Staats- und Regierungschefs<br />

der Euro-Staaten, die seit dem Start der<br />

Währungsunion aber keinerlei aktive Wechselkurspolitik<br />

betrieben haben.<br />

Das sollte nach Möglichkeit auch künftig nicht der Fall<br />

sein. Nach der Finanzkrise in den Jahren 2008/2009 war<br />

es in internationalen Gremien wie der G20 aus guten<br />

Gründen Konsens, dass ein globaler Abwertungswettlauf<br />

von Währungen verhindert werden sollte. Aktive<br />

Währungspolitik birgt immer auch die Gefahr von Retorsionsmaßnahmen;<br />

eine höhere Unsicherheit mit weltweit<br />

negativen Auswirkungen auf Handel und Investitionen<br />

wären die Folge. Wie bei offenen Handelskonflikten,<br />

würde es auch bei Währungskonflikten dieser Art keine<br />

„Sieger“ geben.<br />

Ziel und Aufgabe des kommenden G20-Gipfels sollte<br />

sein, auch in dieser Hinsicht ein Signal zu setzen. Nicht<br />

gegenseitiges Ausspielen, sondern internationale Kooperation<br />

und einvernehmliche Lösungen sind das Gebot<br />

der Stunde. Das inzwischen in Relation zur globalen<br />

Wirtschaftsleistung sinkende Handelsvolumen und die<br />

weltweit wachsenden protektionistischen Hürden sind<br />

bereits ein Alarmsignal. So schlimm, wie manche Pessimisten<br />

es beschreiben, die vor möglichen Parallelen zur<br />

Entwicklung der Weltwirtschaft in den dreißiger Jahren<br />

des vergangenen Jahrhunderts warnen, muss es nicht<br />

kommen. Dafür müssen sich die politischen Akteure<br />

allerdings ihrer Verantwortung bewusst sein – und ihr<br />

gerecht werden.<br />

Die Teilnehmer des G20-Gipfels<br />

Neben den G7-Ländern (USA, Frankreich, Großbritannien,<br />

Deutschland, Italien, Japan und Kanada)<br />

gehören bei G20 auch Russland, die Schwellenländer<br />

China, Brasilien, Indien, Indonesien, Argentinien,<br />

Mexiko und Südafrika sowie Australien, Südkorea,<br />

Saudi-Arabien, die Türkei und die Europäische Union<br />

zu den Teilnehmern. Darüber hinaus genießt Spanien<br />

einen ständigen Gaststatus. Zusätzlich nehmen<br />

die Chefs vieler internationaler Organisationen wie<br />

der UNO, der Weltbank, des Weltwährungsfonds,<br />

der WTO, der OECD und der Internationalen Arbeitsorganisation<br />

(ILO) teil. Außerdem werden die Vorsitzenden<br />

regionaler Organisationen wie etwa der<br />

Afrikanischen Union (AU), des Verbandes Südostasiatischer<br />

Nationen (ASEAN) und der New Partnership<br />

for Africa’s Development (NEPAD) eingeladen.<br />

4 <strong>inter|esse</strong> 3 ◆ <strong>2017</strong>


ankenverband<br />

Studie „Strategie 2<strong>03</strong>0“<br />

Zur Zukunft des Geldes<br />

„Die Zukunft des Geldes – das Geld der Zukunft“ – unter<br />

diesem Titel geht eine kürzlich veröffentlichte Studie<br />

der Privatbank Berenberg und des Hamburgischen<br />

WeltWirtschaftsinstitut (HWWI) der Frage nach, wie sich<br />

der digitale Wandel hierzulande auf die Verwendung<br />

von Bargeld, die Entwicklung von Digitalwährungen<br />

sowie die Rolle von FinTechs auswirken wird.<br />

Der technische Fortschritt sorgt im Finanzsektor für<br />

einen grundlegenden Wandel. Aufgrund der vielfältigen<br />

technischen Möglichkeiten ist inzwischen sogar eine<br />

Wirtschaft ohne Bargeld vorstellbar. Technisch wäre es<br />

kein Problem, den Zahlungsverkehr unbar abzuwickeln.<br />

Allerdings ist Bargeld in Deutschland ausgesprochen<br />

beliebt. Laut Bundesbank zahlten die Deutschen im Jahr<br />

2014 bei knapp 80 Prozent ihrer Einkäufe bar. In anderen<br />

Ländern ist die Beziehung der Bevölkerung zum Bargeld<br />

hingegen weniger emotional. So wird etwa in den USA,<br />

Kanada, Frankreich oder den Niederlanden nur noch<br />

rund die Hälfte aller Einkäufe bar bezahlt. Die Popularität<br />

des Bargeldes in Deutschland zeigt, dass es sich im<br />

Wettbewerb der Bezahlsysteme bisher durchsetzt. Damit<br />

hat es weiter seine Existenzberechtigung und wird für die<br />

Verbraucher auch künftig eine wichtige Rolle spielen.<br />

diesem Hintergrund bezweifelt werden. Der „Blockchain“,<br />

also der den Kryptowährungen zugrundeliegenden<br />

technologischen Innovation, wird allerdings für den<br />

gesamten Finanzsektor ein enormes Potenzial zugetraut.<br />

Mit ihren vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten wird<br />

sie sich unabhängig vom Geld- und Währungssystem<br />

in der heutigen Wirtschaftsordnung wahrscheinlich<br />

etablieren können. Kostenintensive Bezahlsysteme wie<br />

Banküberweisungen und Kreditkartenzahlungen werden<br />

dadurch unter Druck geraten.<br />

Die Art und Weise, wie wir künftig bezahlen, wird sich<br />

deutlich ändern. Der technische Fortschritt macht<br />

den Bezahlvorgang in vielen Bereichen schneller und<br />

einfacher. Es zeichnet sich allerdings ab, dass die<br />

deutschen Verbraucher dabei eher Trendfolger als<br />

Trendsetter sein werden. Vier Innovationen spielen eine<br />

besondere Rolle: Erstens, das Kontaktlose Bezahlen,<br />

zweitens, das Mobile Bezahlen, drittens, P2P-Zahlungen<br />

und viertens, Instant-Payment. Alle diese Möglichkeiten<br />

setzen an der bestehenden Infrastruktur von Geschäftsund<br />

Zentralbanken sowie den Anbietern von Kreditkarten<br />

an. Für Verbraucher sind dies weitere digitale Alternativen<br />

zum Bezahlen mit Münzen und Scheinen.<br />

Die Szenarien für den Finanzsektor gehen jedoch über die<br />

Frage nach der Rolle des Bargeldes hinaus. Als Folge der<br />

globalen Finanzkrise ist eine Reihe sogenannter Digitalbzw.<br />

Kryptowährungen, wie zum Beispiel der Bitcoin,<br />

entstanden. Von einigen Beobachtern werden solche<br />

„Währungen“ schon als das Geld der Zukunft eingestuft.<br />

Tatsächlich ist gerade die Preisentwicklung des Bitcoin<br />

beeindruckend, sie ist aber auch sehr volatil. Als Geldanlage<br />

sind virtuelle Währungen äußerst riskant, weshalb<br />

sie sich in der Funktion als Wertaufbewahrungsmittel<br />

nicht anbieten. Auch als Zahlungsmittel sind sie derzeit<br />

praktisch ungeeignet, da sie vom Handel nur in wenigen<br />

Fällen akzeptiert werden.<br />

Eine aktive Rolle als Treiber des Wandels kommt den<br />

FinTechs zu. Sie erhöhen den Druck auf Banken und<br />

die gesamte Finanzwirtschaft, sich zu modernisieren<br />

und zu schlankeren, plattformbasierten Unternehmen<br />

zu wandeln, deren Kapital immer mehr auch aus<br />

Daten bestehen wird. FinTechs können die Effizienz<br />

des Finanzsystems erhöhen, indem sie die Kosten<br />

von Finanztransaktionen senken und die Vielzahl<br />

digitaler Informationen umfassend auswerten. Finanzwirtschaftliche<br />

Dienstleistungen werden zunehmend<br />

individualisiert, also immer stärker auf den einzelnen<br />

Kunden maßgeschneidert. Das wiederum wird auch<br />

neue regulatorische Fragen aufwerfen.<br />

Ob sie sich Digitalwährungen langfristig als Alternative zu<br />

den etablierten Währungen durchsetzen können, darf vor<br />

Die vollständige Studie zum Download unter<br />

www.berenberg.de >Presse>Publikationen>Strategie 2<strong>03</strong>0<br />

<strong>inter|esse</strong> 3 ◆ <strong>2017</strong> 5


Filialen, Datensicherheit, Bezahlverhalten<br />

Die Bankkunden bei der Digitalisierung mitnehmen<br />

Dem im Finanzsektor mächtigen Online- und Digitalisierungstrend<br />

zum Trotz, wollen die allermeisten<br />

Kunden hierzulande auf ihre Bankfiliale nicht verzichten.<br />

Eine Zukunft ohne Filialen kann sich kaum jemand<br />

vorstellen, wie eine repräsentative Umfrage des Bankenverbandes<br />

zeigt. Und eher traditionell ticken die<br />

Deutschen auch, wenn es etwa ums Bezahlen geht: Ob<br />

online oder im Geschäft, viele bevorzugen dann eher<br />

konventionelle Bezahlverfahren.<br />

Ohne Bankfilialen geht es wohl noch nicht. Zumindest<br />

sieht das die große Mehrheit der Deutschen so.<br />

Weitgehend unabhängig von ihrem Lebensalter widersprechen<br />

fast neun von zehn Befragten (86%) der<br />

Aussage, dass Banken heutzutage keine Filialen mehr<br />

bräuchten. Selbst unter den Bankkunden, die Online-<br />

Banking nutzen, sind noch mehr als drei Viertel dieser<br />

Auffassung.<br />

Die Häufigkeit der Filialbesuche hat zwar gegenüber<br />

einer Befragung aus dem Jahr 2014 abgenommen,<br />

aktuell sucht immerhin jedoch noch rund die Hälfte der<br />

Befragten ihre Hauptbank mindestens einmal im Monat<br />

auf, ein weiteres Fünftel sogar mindestens einmal in der<br />

Woche. Die Differenzierung nach Altersgruppen zeigt<br />

aber auch, dass jüngere Bankkunden die Filiale seltener<br />

besuchen als die älteren.<br />

Das erstaunt natürlich insofern nicht, als die Jungen bei<br />

der Internetnutzung und insbesondere beim Online-<br />

Banking erheblich aktiver sind: Rund sieben von zehn der<br />

18- bis 39-Jährigen (70 bzw. 67%) erledigen zumindest<br />

einen Teil ihrer Bankgeschäfte online und liegen damit<br />

deutlich über dem Gesamtdurchschnitt von 45 Prozent.<br />

Die höhere Nutzung geht mit dem in der jüngeren<br />

Generation stärkeren Vertrauen in die Sicherheit des<br />

Online-Banking einher. Während drei Viertel der unter<br />

30-Järigen meinen, dass es (sehr) sicher ist, haben<br />

sechs von zehn der über 60-Jährigen in dieser Hinsicht<br />

Vorbehalte.<br />

Datensicherheit im Internet ist für die Deutschen auch<br />

insgesamt ein sensibles Thema. Sieben von zehn Befragten<br />

(69%) haben ein „ungutes Gefühl“, wenn sie persönliche<br />

Daten wie Name, Adresse oder Telefonnummer, etwa bei<br />

einer Online-Bestellung, angeben müssen. Jeder Fünfte<br />

(21%) vermeidet aus Angst vor Datenmissbrauch solche<br />

Angaben im Internet ganz.<br />

„Banken brauchen keine Filialen mehr,<br />

alles kann online abgewickelt werden“<br />

„Ich besuche die Filiale meiner<br />

Hauptbank...“<br />

„Wenn ich persönliche Daten im<br />

Internet angeben soll, habe ich...“<br />

stimmt voll und ganz<br />

mind. 1x pro Woche<br />

stimmt eher<br />

mind. 1x pro Monat<br />

stimmt eher nicht<br />

stimmt gar nicht<br />

mind. 1x pro Quartal<br />

mind. 1x pro Jahr<br />

seltener bzw. nie<br />

22<br />

...kein Problem, weil ich<br />

weiß, dass die Daten<br />

geschützt sind<br />

5<br />

8<br />

27<br />

21<br />

6<br />

...kein Problem, wenn die<br />

Daten noch anderweitig<br />

genutzt werden<br />

54<br />

32<br />

42<br />

48<br />

48<br />

...ein ungutes Gefühl, weil<br />

die Daten missbraucht<br />

werden könnten<br />

13<br />

8<br />

8<br />

10<br />

8<br />

13<br />

21<br />

...ein ungutes Gefühl und<br />

gebe keine Daten an<br />

2014 <strong>2017</strong><br />

Quelle: Bankenverband, GfK, Februar <strong>2017</strong>; Angaben in Prozent.<br />

6 <strong>inter|esse</strong> 3 ◆ <strong>2017</strong>


ankenverband<br />

Mit Blick auf die knappe Ressource Vertrauen bei der<br />

Datensicherheit schneiden Kreditinstitute im Vergleich<br />

mit anderen Marktteilnehmern noch am besten ab. So<br />

sind sechs von zehn Deutschen (61%) überzeugt, dass<br />

Kundendaten bei Banken und Sparkassen (sehr) gut<br />

vor missbräuchlichem Zugriffen Dritter geschützt sind;<br />

von den FinTechs glaubt das weniger als jeder fünfte<br />

Befragte (17%), von den großen Internetakteuren<br />

Google, Amazon oder Facebook sogar nur jeder zehnte.<br />

Dass die deutschen Verbraucher dem Gewohnten und<br />

Vertrauten oft den Vorzug geben, zeigt sich auch beim<br />

Online-Bezahlen. Immerhin kaufen schon zwei Drittel der<br />

Deutschen gelegentlich Waren oder Dienstleistungen<br />

im Internet ein; rund ein Fünftel tut das nach eigenem<br />

Bekunden sogar oft. Dabei zahlen die Online-Käufer aber<br />

am liebsten klassisch per Rechnung. Nach Paypal, das an<br />

zweiter Stelle steht, folgen auf der Beliebtheitsskala mit<br />

Überweisung, Kreditkarte und Lastschrift weitere eher<br />

konventionelle Bezahlverfahren.<br />

Die Vorliebe fürs traditionelle Bezahlen zeigt sich aber<br />

auch beim Einkauf im Geschäft: Trotz abnehmender<br />

Tendenz greifen dort noch immer mehr als doppelt so<br />

viele lieber zum Bargeld (41%) als zu einer Kredit- oder<br />

Girokarte (17%). Der Möglichkeit an der Kasse per Mobile<br />

Payment kontaktlos zu bezahlen, stehen die meisten noch<br />

reserviert gegenüber. Allerdings zeigt der Vergleich mit<br />

einer Umfrage aus dem Vorjahr: Die Akzeptanz hat bei<br />

den unter 40-Jährigen stark zugenommen und Mobile-<br />

Payment findet in dieser Altersgruppe nun bereits bei<br />

rund der Hälfte der Befragten Anklang.<br />

Die Ergebnisse zeigen: Ein Stück weit hängt das Tempo<br />

der Innovation immer auch vom Kunden und seiner<br />

Bereitschaft ab, fortschrittliche Produkte zu nutzen.<br />

Innovation sei nicht das, was technisch möglich ist,<br />

sondern das, was der Kunde mittragen könne, meinte<br />

jüngst der Geschäftsführer der Fidor Factory, Stephan<br />

Czajkowski. Nach der großen Anfangseuphorie in der<br />

FinTech-Szene kommen von dort also mittlerweile<br />

auch nachdenklichere Töne. Die Herausforderung für<br />

die Banken besteht darin, ihre Angebote stets auf<br />

den neuesten technologischen Stand zu treiben, und<br />

gleichzeitig nicht jene Kunden zu verlieren, die aus den<br />

unterschiedlichsten Gründen noch nicht bereit oder in<br />

der Lage sind, diese zu nutzen. Deren Vorbehalte und<br />

Wünsche ernst zu nehmen, ist sicher die beste Option,<br />

um möglichst viele von ihnen doch auf dem Weg der<br />

Digitalisierung mitzunehmen.<br />

Studie unter www.bankenverband.de>Meinungsumfragen<br />

„Ich nutze Online Banking.“<br />

nach Altersgruppen<br />

„Beim Einkaufen zahle ich im<br />

Geschäft lieber ...“<br />

2016<br />

<strong>2017</strong><br />

„Wenn Mobile Payment überall möglich<br />

wäre, fände ich das (sehr) gut.“<br />

2016<br />

<strong>2017</strong><br />

70<br />

67<br />

47<br />

41<br />

55<br />

49<br />

45<br />

47<br />

49<br />

21<br />

22 16 22<br />

17 15 19<br />

29<br />

34<br />

31<br />

23 23<br />

18<br />

16 16<br />

alle 18-29<br />

Jahre<br />

30-39<br />

Jahre<br />

40-49<br />

Jahre<br />

50-59 ab 60<br />

Jahre Jahre<br />

in bar<br />

mit<br />

Karte<br />

beides hängt vom<br />

gleich gerne Betrag ab<br />

18-29<br />

Jahre<br />

30-39<br />

Jahre<br />

40-49<br />

Jahre<br />

50-59<br />

Jahre<br />

ab 60<br />

Jahre<br />

Quelle: Bankenverband, GfK, Februar <strong>2017</strong>; Angaben in Prozent.<br />

<strong>inter|esse</strong> 3 ◆ <strong>2017</strong> 7


Internationale Politik: Wem die Deutschen vertrauen<br />

Geopolitische Veränderungen haben naturgemäß auch<br />

Auswirkungen auf das Beziehungs- und Vertrauensgefüge<br />

zwischen den Bevölkerungen der jeweils betroffenen<br />

Länder. Das wird gerade im Hinblick auf die<br />

bilateralen Beziehungen Deutschlands zu mehreren<br />

Staaten, insbesondere den USA, Russland und der Türkei<br />

deutlich. Als der Bankenverband 1996, also vor etwas<br />

mehr als 20 Jahren, die Bundesbürger repräsentativ<br />

befragen ließ, auf welches Land sich Deutschland im<br />

Falle einer Krise am meisten verlassen könne, nannten<br />

mit 64 Prozent nahezu zwei Drittel die USA; Frankreich<br />

folgte mit 23 Prozent.<br />

Was damals noch Ausdruck einer engen transatlantischen<br />

Bindung war, die aus der Nachkriegsgeschichte<br />

und insbesondere der Bedrohungslage während des<br />

Kalten Krieges resultierte, hat seitdem schon manche<br />

Relativierung erfahren. Doch so angekratzt wie zurzeit<br />

unter der Präsidentschaft Donald Trumps waren<br />

Ansehen und Vertrauen in der deutschen Bevölkerung<br />

gegenüber den USA noch nicht einmal auf dem<br />

Höhepunkt des Irak-Krieges: Nach dem jüngsten von<br />

infratest dimap erhobenen DeutschlandTREND hält nur<br />

noch rund ein Fünftel der Befragten die USA für einen<br />

Partner, dem man vertrauen kann. Nahezu drei Viertel<br />

der Bürger sind gegenteiliger Auffassung.<br />

Damit liegen die Vereinigten Staaten inzwischen auf<br />

dem gleichen Vertrauensniveau wie Russland. Einen<br />

noch schlechteren Wert unter den sechs ausgewählten<br />

Staaten weist nur noch die Türkei auf, der angesichts<br />

der anhaltenden Differenzen im türkisch-deutschen<br />

Verhältnis nur drei Prozent der Befragten einen<br />

Vertrauensbonus zubilligen. Den auf der Skala der<br />

Vertrauenswürdigkeit absoluten Spitzenplatz unter<br />

den sechs ausgewählten Ländern der Umfrage nimmt<br />

hingegen Frankreich ein. Nahezu alle Bürger (94%)<br />

betrachten den westlichen Nachbarn als verlässlichen<br />

Partner. Mit deutlichem Abstand folgt Großbritannien<br />

mit einem Vertrauensbonus von 60 Prozent.<br />

„Dieses Land ist ein Partner für Deutschland, dem man …“<br />

Frankreich<br />

94<br />

...vertrauen kann<br />

4<br />

...nicht vertrauen kann<br />

Großbritannien<br />

China<br />

60<br />

36<br />

35<br />

53<br />

USA<br />

Russland<br />

Türkei<br />

21<br />

21<br />

3<br />

74<br />

74<br />

95<br />

Quelle: infratest dimap; Basis: wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland; Angaben in Prozent.<br />

Impressum | Herausgeber: Bundesverband deutscher Banken e. V., Postfach 04<strong>03</strong>07, 10062 Berlin | Verantwortlich: Iris Bethge<br />

Redaktion: Christian Jung, Telefon +49 30 1663-1293, annette.matthies-zeiss@bdb.de, bankenverband.de<br />

Druck: PieReg Druckcenter Berlin GmbH | Gestaltung: doppel:punkt redaktionsbüro janet eicher, Bonn |<br />

Fotos: action press Jochen Zick, fotolia powell83, TimSiegert-batcam, Blend Images<br />

8 <strong>inter|esse</strong> 3 ◆ <strong>2017</strong>

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