SAND- UND RÄDERUHR IN DER MALEREI - KOPS
SAND- UND RÄDERUHR IN DER MALEREI - KOPS
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Dieter Lohr – San - und Räderuhren in der Malere<br />
ausdrücke und Ambiente im wesentlichen gleich geblieben, lediglich die Sanduhr wird<br />
nun vom Sensenmann warnend in di Höhe gehalten. Van der Steen transportiert keine<br />
neue Botschaft in das Bild hinein, er verdeutlicht ledi lich eine Aussage, die in Teniers’<br />
Original im Memento Mori der Sanduhr zwar bereits eindeutig, für van der Steen offenbar<br />
jedoch zu unterschwellig, enthalten war.<br />
Der Übergang vom Porträtbild zum reinen Stilleben ist abermals fließend, ganz be sonders<br />
augenfällig bei Selbstporträts von Künstlern beim Anfertigen einer A llegorie oder eben<br />
eines Stillebens. Auch die Rückseiten von Porträts wurden gerne mit Stilleben verzier –<br />
und daß die Rückseite und die Vorderseite eines Bildes einen gewissen Bezug zueinander<br />
haben, bedarf keiner Erläuterung.<br />
Die in Renaissancegemälden verschiedenster Genres oftmals ‘beiläufig’ enthaltenen<br />
Stilleben verselbständ gten sich spätestens während des 17. Jahrhunderts zu einer e genen<br />
Gattung, 16 in der der Sanduhr als Künderin der Vergänglichkeit der Zeit aber mals eine<br />
bedeutende Rolle zukommt. Vanitas-Stilleben in der Nach folge von Barthel Beham<br />
Knaben mit Schädeln, wie die von Philippe de Champaigne, Abraham van der Schoor<br />
oder Simon Renard de Saint-André, die Sandu hren direkt neben Totenschä deln oder<br />
verwelkenden Blumen zeigen, betonen diese Funktion besonders stark. Aber auch auf<br />
komplexeren Gruppierungen verschiedenster Gegenstände zu Stilleben mahnt die Sanduhr<br />
immer an den Tod.<br />
Abermals ist hier jedoch deutlich zwischen Sand - und Räderuhr zu unterscheiden. Tatsächlich<br />
finden sich zahlreiche (insbesondere niederländische) Stilleben des 17. Jahrhun -<br />
derts, auf denen sich eine Taschenuhr oder Pendule vermeintlich statt der Sanduhr findet<br />
Tatsächlich aber stehen Sand- und Räderuhr hier durchaus nicht für das selbe und sind<br />
keineswegs austauschbar. Auf den wenigen Beisp elen von Stilleben, auf denen sowohl<br />
mechanische als auch Sanduhren abgebildet sind, läßt sich deutlich erkennen, daß die<br />
Sanduhr stets in der Gruppe der Sinnbilder für die Flüchtigkeit des menschlichen Lebens<br />
auftaucht. Die Räderuhr hingegen findet sich stets in der Nähe von Mün zen und<br />
Schmuck, deutet also nicht auf den Lauf der Zeit hin, sondern steht für die Vergänglich -<br />
keit irdischen Reichtums. Tatsäc lich waren die reich verzierten Barockuhren in erster<br />
Linie Statussymbole – um sie zur zuverlässigen Zeitmessung gebrauchen zu können, war<br />
der technische Standard noch längst nicht ausgereift genug (man vergleiche nur die kom -<br />
plizierte, protzige, gold- und juwelenstrotzende Prunkuhr auf einem von Peredas Vanitas-Stilleben<br />
mit der schnörkellosen und preiswerten Sanduhr auf dem gleichen Gemälde<br />
– der jeweilige Sinngehalt ist offensichtlich).<br />
Die Stillebenmaler des 17. Jahrhunderts haben also in ihren zahlreichen Stilleben mit Rä -<br />
deruhren nicht einfach einen antiquierten Zeit messer durch einen modernen ersetzt, sondern<br />
in der Räderuh r ein vollkommen neues Element hinzugefügt, das es vorher nicht<br />
gab, und das den irdischen Reichtum, beziehungsweise dessen Vergänglichkeit symboli -<br />
siert. Daß die Rä deruhr nebenbei die Zeit anzeigt, mag ein angenehmer Nebeneffekt sein,<br />
ihr Hauptmerkmal ist es keineswegs. 17<br />
16<br />
Vergleiche: Claus GRIMM: Stilleben. Die niederländischen und deutschen Meister; Stuttgart, Zü rich<br />
1988, Seite 16ff<br />
17<br />
Daß die Taschenuhr auf niederländischen Frühstücksstilleben auf die Vergänglichkeit alles Irdi schen<br />
hindeuten könnte, wird nur sehr zurückhaltend angenommen (K. BOSTRÄM: Kring Caravaggios<br />
efterföljd i holländsk stillebenkonst; in: Konsthistorisk Tidskrift XIII (1944), Seite 12. Berg ströms<br />
ebenso vorsichtig geäußerte Ansicht, die Taschenuhr stehe für die Temperantia und mahne den<br />
Betrachter zu maßvollem Genuß erscheint nicht viel plausibler, zumal, wenn man es von den<br />
Frühstücksstilleben auf andere Stillebenarten überträgt, was Bergström vors orglich unterläßt (vergleiche<br />
BERGSTRÖM, Seite 189f)<br />
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