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CliniCum 07/08/2017

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dualen Krebszellen molekulare Eigenschaften<br />

besitzen, die sie deutlich von<br />

normalen Zellen unterscheiden: sie<br />

haben einen erhöhten Lipidstoffwechsel,<br />

der dazu beiträgt, dass sie einen<br />

höheren Level an reaktiven Sauerstoffverbindungen<br />

aufweisen – Moleküle,<br />

die dafür bekannt sind, DNA zu beschädigen.<br />

Die Forscher vermuten,<br />

dass dies zum Wiederauftritt von<br />

Brustkrebs beiträgt. „Unsere Ergebnisse<br />

legen nahe, dass der Fettstoffwechsel<br />

von Krebszellen ein spannendes<br />

therapeutisches Target ist, um das<br />

Wiederauftreten von Brustkrebs reduzieren<br />

zu können“, erklärt Dr. Kristina<br />

Havas-Cavalletti, die den Großteil dieser<br />

Forschungen durchgeführt hat.<br />

Blut-Hirn-Schranke<br />

Tumormetastasierung ist das Forschungsgebiet<br />

von Dr. Matthia Karreman.<br />

Die Forscherin untersucht, wie<br />

Tumorzellen die Blut-Hirn-Schranke<br />

überwinden. Denn trotz der hauptsächlich<br />

aus Endothelzellen bestehenden<br />

Barriere zwischen Blutkreislauf<br />

und Zentralnervensystem schaffen<br />

es gestreute Tumorzellen, ins<br />

Gehirn vorzudringen und dort Metastasen<br />

zu bilden. Bereits in der Vergangenheit<br />

ist es Karreman gelungen,<br />

einzelne Tumorzellen in den Gehirnkapillaren<br />

von Mäusen in vivo sichtbar<br />

zu machen. Im Zuge ihrer jüngsten<br />

Forschungen hat sie es geschafft,<br />

mittels einer Kombination von Fluoreszenz-<br />

und Elektronenmikroskopie<br />

Tumorzellen direkt beim Übertritt von<br />

einer Kapillare ins Gehirn zu erwischen.<br />

Die Ergebnisse sind noch nicht<br />

publiziert, daher wird geheim gehalten,<br />

auf welche Weise die Tumorzellen<br />

das Kunststück vollbringen. Erste<br />

Möglichkeit: sie schlängeln sich zwischen<br />

den Endothelzellen durch.<br />

Zweite Variante: sie bohren eine Art<br />

Stollen durch eine einzelne Endothelzelle.<br />

Dritte Spielart: sie dringen zuerst<br />

in eine Endothelzelle ein, um sich<br />

dann auf der anderen Seite wieder<br />

hinauszudrängen.<br />

In Gewebeproben von<br />

Patienten erkannten<br />

die EMBL-Forscher,<br />

dass die sogenannten<br />

residualen<br />

Krebszellen (rechts)<br />

in unterschiedlichen<br />

Brustkrebstypen die<br />

gleichen chemischen<br />

Eigenschaften aufweisen<br />

(braun).<br />

Notruf sterbender Neuronen<br />

EMBL-Forscher haben auch interessante<br />

Aspekte des Immunsystems erforscht,<br />

namentlich Mikrogliazellen.<br />

Diese mobilen Zellen haben die Aufgabe,<br />

im Gehirn Reste abgestorbener<br />

Neuronen zu beseitigen. Lange war<br />

unklar, wie sie den Weg zu einer verletzten<br />

Stelle finden, um dann dort<br />

die Zellreste zu verschlingen. Nun<br />

aber haben Molekularbiologen im<br />

Gehirn von Zebrafischen den Mechanismus<br />

ausfindig gemacht, mit dem<br />

die Mikrogliazellen zu Hilfe gerufen<br />

werden. „Verletzte Neuronen haben<br />

einen eigenen Notruf: sie senden ein<br />

Molekül namens Glutamat aus“, erzählt<br />

Dr. Francesca Peri, die am EMBL<br />

eine eigene Forschergruppe leitet.<br />

Wenn die benachbarten Neuronen<br />

das Glutamat wahrnehmen, dann beginnen<br />

sie, Kalzium aufzunehmen<br />

und ein drittes Molekül namens ATP<br />

freizusetzen. Weitere angrenzende<br />

Neuronen tun es ihnen gleich, nehmen<br />

Kalzium auf und schütten ATP<br />

aus. Es entsteht eine Kettenreaktion<br />

– eine Welle von ATP breitet sich von<br />

dem verletzten Neuron aus. „Wenn<br />

die Welle die Mikrogliazellen erreicht,<br />

ist das wie ein Weckruf. Dann verfolgen<br />

die Mikrogliazellen die Welle zurück<br />

zu ihrem Ursprung und treten in<br />

Aktion“, beschreibt Peri den Vorgang.<br />

Eigenschaften des Zellskeletts<br />

Die winzigen Verletzungen im Gehirn<br />

der Zebrafische wurden den kleinen<br />

Tieren mithilfe von Nano-Laserchirurgie<br />

zugefügt. Diese Technologie,<br />

bei der mit einem Nano-Laserskalpell<br />

Schnitte innerhalb einzelner Zellen<br />

durchgeführt werden können, wird<br />

auch bei anderen Forschungen eingesetzt.<br />

Eine Forschergruppe zum<br />

Beispiel untersucht die biophysischen<br />

Eigenschaften des Zellskeletts,<br />

das verantwortlich für die mechanische<br />

Stabilisierung einer Zelle und<br />

ihre äußere Form ist. Dazu werden<br />

die Mikrofilamente – fadenförmige<br />

Proteinstrukturen, die eine Rolle bei<br />

aktiven Bewegungen der Zellen, bei<br />

intrazellulären Transportvorgängen<br />

und bei der mechanischen Stabilisierung<br />

der Zellen spielen – durchtrennt.<br />

Es stellte sich heraus, dass sich<br />

Mikrofilamente – anders als etwa das<br />

menschliche Skelett – nicht einfach<br />

entzweiteilen lassen. Die getrennten<br />

Enden nämlich finden schnell wieder<br />

zusammen. „Diese Strukturen sind<br />

ziemlich anders als unser Skelett. Sie<br />

verfügen über viskoelastische Eigenschaften“,<br />

erzählt Dr. Christian<br />

Tischer von der Advanced Light<br />

Microscopy Facility des EMBL, in der<br />

die allerneuesten Technologien der<br />

Lichtmikroskopie in den Dienst der<br />

Forschung gestellt werden. Zellskelette<br />

verhalten sich also teilweise<br />

wie Festkörper, teilweise wie Flüssigkeiten.<br />

❙<br />

7–8/17CC<br />

clinicum<br />

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