alternovum.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Begleitung und Pflege.<br />
Neue Leistungen im Detail / EUR<br />
Ambulant<br />
(Teil-)stationär<br />
Pflegegrad<br />
Pflegegeld<br />
Pflegesachleistung<br />
Teilstat.<br />
Pflege<br />
Vollstat.<br />
Pflege<br />
3<br />
2<br />
0 + 1<br />
Härtefall<br />
3 mit e. A.<br />
2 mit e. A.<br />
1 mit e. A.<br />
Pflegestufe wird zu<br />
Bisher keine Pflegestufe<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
901<br />
728<br />
545<br />
316<br />
125*<br />
1.995<br />
1.612<br />
1.298<br />
689<br />
0<br />
1.995<br />
1.612<br />
1.298<br />
689<br />
0<br />
2.005<br />
1.775<br />
1.262<br />
770<br />
125<br />
Pflegestärkungsgesetz II –<br />
stärkt es auch die stationären Pflegeeinrichtungen?<br />
*Als Geldbetrag, der für Erstattung der Betreuungs- und<br />
Entlastungsleistungen zur Verfügung steht.<br />
e. A. = eingeschränkte Alltagskompetenz<br />
(z. B. aufgrund von Demenz)<br />
Seit dem 1. Januar 2017 ist die zweite<br />
Stufe der Pflegereform in Kraft, die<br />
auch im stationären Bereich große<br />
Veränderungen mit sich gebracht hat.<br />
Neben einem immens großen Verwaltungsaufwand<br />
durch Umstellungen<br />
und Klärung vieler Detailfragen<br />
wurde die ambulante Pflege<br />
gegenüber der stationären Pflege<br />
gemäß dem Motto „ambulant vor<br />
stationär“ stark aufgewertet – auch<br />
finanziell. Doch es gibt meines<br />
Erachtens keine Konkurrenz ambulant<br />
vor stationär. Beide Felder ergänzen<br />
sich. Heutzutage ziehen pflegebedürftige<br />
Menschen dann in eine<br />
Pflegeeinrichtung, wenn die Möglichkeiten<br />
einer häuslichen Versorgung<br />
durch die Familie, Haushaltshilfen<br />
und ambulante Dienste nicht mehr<br />
ausreichend erscheinen. Hier steht<br />
häufig nicht die Finanzierung im<br />
Vordergrund, sondern ein Organisationsproblem,<br />
insbesondere bei Menschen<br />
mit einer vorangeschrittenen<br />
Demenz oder schwerer Krankheit<br />
und palliativem Betreuungsbedarf.<br />
30 26 <strong>alternovum</strong> | 3/2014 2/2017<br />
Im Zentrum der Reform stehen der<br />
neue Pflegebegriff und das neue<br />
Begutachtungsverfahren zur Ermittlung<br />
der fünf Pflegegrade. Pflegebedürftig<br />
sind demnach Personen, die<br />
körperliche, kognitive oder psychische<br />
Beeinträchtigungen oder<br />
gesundheitliche Belastungen oder<br />
Anforderungen nicht selbstständig<br />
kompensieren oder bewältigen<br />
können und daher der Hilfe durch<br />
andere bedürfen. Zentraler Maßstab<br />
ist der Grad der Selbstständigkeit und<br />
das Angewiesensein auf personelle<br />
Unterstützung durch andere. Welcher<br />
Pflegegrad einem Menschen<br />
zugeordnet wird, ergibt sich aus der<br />
Beurteilung auf der Basis von sechs<br />
Modulen, in denen jeweils der Unterstützungsbedarf<br />
ermittelt wird. Die<br />
Module betreffen die Mobilität,<br />
kognitive und kommunikative Fähigkeiten,<br />
Verhaltensweisen und psychische<br />
Problemlagen, Selbstversorgung,<br />
Bewältigung von und<br />
selbstständiger Umgang mit krankheits-<br />
oder therapiebedingten Anforderungen<br />
und Belastungen sowie die<br />
Gestaltung des Alltagslebens und<br />
sozialer Kontakte.<br />
Dem Gesetzgeber war es ein Anliegen,<br />
dass der Eigenanteil bei steigendem<br />
Pflegebedarf nicht mit<br />
ansteigt, sondern auch bei einer<br />
Höherstufung immer gleich hoch<br />
bleibt. Dieser einrichtungseinheitliche<br />
Eigenanteil – EEE genannt – ist der<br />
Betrag, den der Bewohner in einer<br />
Pflegeeinrichtung für seine Pflege<br />
selbst zu entrichten hat. Die Pflegekasse<br />
zahlt je nach Pflegegrad<br />
unterschiedliche Beträge dazu (siehe<br />
Kasten).<br />
Eine entscheidende Frage blieb<br />
jedoch durch das Pflegestärkungsgesetz<br />
unbeantwortet. Die personelle<br />
Ausstattung der Pflegeeinrichtungen<br />
soll erst bis 2020 durch ein einheitliches<br />
Personalbemessungssystem<br />
definiert werden. „Gute Pflege“ ist<br />
jedoch nur durch fachlich qualifizierte,<br />
menschlich kompetente und in<br />
ausreichendem Maße vorhandene<br />
Pflegemitarbeiter möglich. Im Durchschnitt<br />
standen bei den Pflegestufen<br />
1 bis 3 für einen Bewohner am Tag<br />
113 Pflegeminuten zur Verfügung.<br />
Seit Umstellung auf die Pflegegrade<br />
sind es in den Pflegegraden 2 bis 5<br />
im Durchschnitt 110 Pflegeminuten<br />
am Tag pro Bewohner. Die personelle<br />
Ausstattung in den Pflegeeinrichtungen<br />
ist also nicht verbessert<br />
worden. Hier hat die Pflegereform<br />
auf eine der entscheidenden Fragen<br />
in der stationären Pflege keine<br />
Antwort gegeben, sondern diese in<br />
die Zukunft verschoben.<br />
Michael Pfitzer