Neue Szene 2017-08
Stadtmagazin für Augsburg mit umfassendem Veranstaltungskalender
Stadtmagazin für Augsburg mit umfassendem Veranstaltungskalender
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
46<br />
GERILLTES<br />
FUZZY VOX<br />
NO LANDING PLAN<br />
(Kidnap Music/Cargo Records)<br />
Bei dem kindischen Bandnamen<br />
wehrt sich selbst der CD-Player, doch<br />
nach gutem Zureden (natürlich auf<br />
Französisch) tat er mir den Gefallen.<br />
Und wir haben es beide nicht bereut:<br />
Das Pariser Trio knallt bestens gelaunten<br />
60s-Garage-Pop raus, als wäre das<br />
Genre gestern erst erfunden worden.<br />
Keine tiefgehenden Texte, keine unnötigen<br />
Akkorde, dafür Energie, um eine<br />
komplette Kleinstadt zu versorgen und<br />
Spielfreude wie Schweini und Poldi<br />
zu ihren besten Zeiten. Der Diskurs<br />
kennt hier nur eine Richtung: nach<br />
vorne. Das tut verdammt gut, auch dem<br />
CD-Player. Dass er die Scheibe jetzt<br />
nicht mehr rausgibt, ist eine andere<br />
Geschichte... (flo)<br />
<br />
FABER<br />
SEI EIN FABER IM WIND<br />
(Vertigo)<br />
Es ist ja so ne Sache mit dem Singen<br />
und dem Song-Writen. Einfach ist es<br />
nicht. Und nur die wenigsten wissen,<br />
was sie da eigentlich machen – und<br />
machen es leider auch wirklich gut.<br />
Ebenso bei Faber. Das hochproduzierte<br />
Album malt zwar mit zahlreichen<br />
Folklore- und Bläserelementen - ein<br />
paar stereotype Klavierballaden sind<br />
übrigens auch dabei - einen guten<br />
Rahmen für das Album, doch die<br />
Ironie seiner Textblätter müsste noch<br />
mal gründlich überarbeitet werden.<br />
Denn: die ist weder ideenreich oder hat<br />
irgendeine Form von Charme, sondern<br />
sie ist einfach nur platt. (jk)<br />
<br />
BEDOUINE<br />
BEDOUINE<br />
(Spacebomb/Caroline)<br />
Die Story ist fast zu schön: Azniv Korkejian<br />
wird in Aleppo geboren und<br />
kommt in die Vereinigten Staaten, weil<br />
ihre Eltern eine Green Card gewinnen.<br />
Anscheinend hat sich die Armenierin<br />
dort bestens akklimatisiert, sie singt<br />
mit einer Eleganz und einem Feeling,<br />
wie man es von den großen US-Liedermacherinnen<br />
kennt. „One of the most<br />
charming albums of the year”, schrieb<br />
der britische Guardian und trifft damit<br />
den Nagel auf den Kopf. Die 32-Jährige<br />
selbsternannte Beduinin oszilliert<br />
zwischen 70s-Nostalgie und zeitloser<br />
Singer-Songwriter-Kunst, die vielleicht<br />
etwas zu ruhig ausfällt, um für den<br />
ganz großen Knall zu sorgen, aber wir<br />
bleiben auf jeden Fall dran. (flo)<br />
<br />
HAIM<br />
SOMETHING TO TELL YOU<br />
(Universal Music)<br />
Die drei Schwestern Danielle, Alana<br />
und Este heißen mit Nachnamen genau<br />
wie ihre Band und machen sich offensichtlich<br />
über Wort und Text nicht allzu<br />
viele Gedanken. Leider gilt das auch für<br />
die etwas schlicht daherkommenden<br />
Lyrics. Dafür setzen die drei Mädels aber<br />
ganz eindeutig auf die musikalischen<br />
Elemente und schaffen es mit anmutiger<br />
Leichtigkeit, den glasklaren Pop<br />
der 80er mit R’n’B, und gelegentlichen<br />
Slap-Bass-Akzenten zu verknüpfen.<br />
Das akribische Herumtüfteln an Kleinigkeiten<br />
bleibt unaufdringlich im<br />
Hintergrund. Das Album passt wie<br />
gemalt zum Sommer und wäre der perfekte<br />
Sound für alle werbetreibenden<br />
Speiseeis-Hersteller. (max)<br />
<br />
THE LAST DINOSAUR<br />
THE NOTHING<br />
(Naim Records)<br />
Schneller, weiter, höher und keine Zeit<br />
zum Luftholen? Da heißt es Obacht geben<br />
und zwischendurch den Entschleuniger<br />
anschalten. Und genau dafür sind<br />
die elf neuen Songs der Londoner Dinos<br />
auf dem zweiten Studioalbum „The<br />
Nothing“ wie gemacht. Schwermütig<br />
sehnsuchtsvoller Instrumental-Sound<br />
dominiert die eindrucksvoll gehauchten<br />
Gesangs-Passagen. Tatsächlich verarbeitet<br />
Frontman Jamie Cameron den<br />
tragischen Unfalltod eines Bandkollegen<br />
aus alten Tagen, was ihm auch auf<br />
eindrucksvoll morbide und tiefgründige<br />
Weise gelingt. Sollte man also nach<br />
einem Horror-Tag gerade bei sich zuhause<br />
im 17. Stock des Hotelturms bei<br />
offenem Fenster sinnieren, dann heißt es<br />
wiederum: Obacht geben! (max)<br />
<br />
CAPO<br />
ALLES AUF ROT<br />
(Warner Music International)<br />
Rein in den tiefer gelegten 3er-BMW<br />
und ab auf die Maxstraße. Der kleine<br />
Bruder von Haftbefehl bringt Chauffeur<br />
und Karre beim Cruisen mächtig zum<br />
Vibrieren. Capo rappt härter als auf dem<br />
sehr melodischen und entspannten Debüt<br />
„Hallo Monaco“ von 2013, dennoch<br />
ist „Alles auf rot“ auch für Anfänger in<br />
Sachen Deutsch-Rap zum Reinhören<br />
nicht ungeeignet. Neben Brudi Haftbefehl<br />
hat sich Capo auch seine Kumpels<br />
Nimo und Hanybal zur Unterstützung<br />
geholt. Nimo – immerhin der Rap-<br />
Newcomer des vergangenen Jahres<br />
- lädt im „Lambo Diablo GT“ zu einer<br />
Stadtrundfahrt durch das Frankfurt am<br />
Main der 80er Jahre und was soll man<br />
sagen, man ist schon deutlich schlechter<br />
gefahren... (max)<br />
<br />
SONDASCHULE<br />
SCHERE, STEIN, PAPIER<br />
(BMG/Warner Music)<br />
Hofft man auf eine gepfefferte Portion<br />
Ska, dann wird schnell klar, dass sich<br />
die Sondaschüler aus dem Ruhrpott in<br />
diesen Tagen schwer dem melodiösen<br />
Punk-Rock verschrieben haben. So<br />
drängt sich immer wieder das Gefühl<br />
auf, man hätte ein verstaubtes Ärzte-<br />
Album aus dem Plattenschrank gezogen.<br />
Allerdings bringen die wohl aus<br />
der Ska-Phase übriggebliebenen Bläser<br />
etwas mehr Leben in die soliden Punk-<br />
Arrangements. Weiterhin positiv muss<br />
angemerkt werden, dass die Herren<br />
zum ersten Mal in der Bandgeschichte<br />
textlich auf Gesellschaftskritisches setzen,<br />
einiges davon bleibt sogar hängen.<br />
Wer sich also gerne an die Klassenfahrten<br />
zu Beginn der 90er Jahre erinnert,<br />
dem kann geholfen werden. (max)<br />
<br />
JAPANESE BREAKFEST<br />
SOFT SOUNDS FROM ANOTHER<br />
PLANET<br />
(Dead Oceans)<br />
Japanese Breakfast, das Soloprojekt<br />
der Musikerin Michelle Zauner aus<br />
Philadelphia, verspricht nach ihrem<br />
Debütalbum „The Psychopomp“, welches<br />
sie ihrer an Krebs verstorbenen<br />
Mutter widmete, ein weiteres Eintauchen<br />
in ganz andere Galaxien. So ist das<br />
ganze Album eine Hommage an eine<br />
andere Welt, eine angenehm warme<br />
Atmosphäre versprüht jeder einzelne<br />
Song. Und doch ist es nicht nur die<br />
Melange aus den elektronischen und<br />
psychedelischen Elementen, die wir<br />
von ihr bislang kennen. Lieder wie „12<br />
Steps“ beweisen nämlich das Gegenteil:<br />
könnte es nämlich mit seinem poppigen<br />
Arrangement gut und gerne im<br />
Radio zu hören sein. (jk)