Webversion_DW-Sonderheft-7_GdW_2017
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SONDERHEFT 7<br />
Artikelreihe in der Fachzeitschrift <strong>DW</strong> Die Wohnungswirtschaft 8/2016 bis 7/<strong>2017</strong><br />
AKTUELLES AUS DEN PRÜFUNGSORGANISATIONEN DES G<strong>DW</strong><br />
Bilanz- und Steuerwissen<br />
MARKT + MANAGEMENT<br />
August 2016: Neues Vergaberecht 2<br />
September 2016: Neudefinition der<br />
handelsrechtlichen Umsatzerlöse nach<br />
den Vorschriften des BilRUG 6<br />
Oktober 2016: Fit für die Zukunft?<br />
Die Zukunftsfähigkeit von Wohnungsunternehmen<br />
10<br />
November 2016: Terrorismusprävention<br />
als Compliance-Pflicht (auch) in der<br />
Wohnungswirtschaft? 14<br />
Dezember 2016: Der Teufel steckt im<br />
Detail – Änderungen im Anhang durch das<br />
BilRUG 18<br />
Januar <strong>2017</strong>: Tax Compliance: ein „Must“ –<br />
oder ein „Nice to have“? 20<br />
Februar <strong>2017</strong>: Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />
– was kommt auf die Wohnungsunternehmen<br />
zu? 22<br />
März <strong>2017</strong>: Aktuelles zur Grundsteuer -<br />
reform 26<br />
April <strong>2017</strong>: Bilanzierung von Neubaumaßnahmen,<br />
die von mehreren Unternehmen<br />
gemeinsam durchgeführt werden 30<br />
Mai <strong>2017</strong>: Neue Informationspflichten bei<br />
alternativer Streitbeilegung 32<br />
Juni <strong>2017</strong>: Bilanzielle Behandlung von<br />
ERP-Software im Rahmen der Umstellung –<br />
Aktivierung oder Aufwand? 34<br />
Juli <strong>2017</strong>: Nachhaltigkeitsbericht – Produktangebot<br />
für die Wohnungswirtschaft 38
EDITORIAL<br />
WP / StB Ingeborg Esser<br />
<strong>GdW</strong>-Hauptgeschäftsführerin<br />
Neues aus dem Prüfungs- und<br />
Beratungsbereich der Verbände<br />
Die siebte Ausgabe des <strong>DW</strong> <strong>Sonderheft</strong>s fasst Informationen zu<br />
gesetzlichen Veränderungen des letzten Jahres und weiteren<br />
Themen für Sie in 12 Artikeln zusammen. Der Fokus lag dabei<br />
u. a. auf der Umsetzung des Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes<br />
(BilRUG), dem neuen Vergaberecht und der Nachhaltigkeit.<br />
Unsere Fach experten aus den regionalen wohnungswirtschaftlichen<br />
Prüfungsorganisationen und dem <strong>GdW</strong> haben diese Themen<br />
jeweils kurz für Sie zusammengefasst.<br />
Mit dem Jahresabschluss zum 31.12.2016 war es umzusetzen:<br />
das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BilRUG). Dieses Gesetz<br />
hat die Wohnungs- und Immobilienunternehmen sowie die<br />
Prüfungsverbände durchaus vor Herausforderungen gestellt. Aus<br />
diesem Grund beschäftigen sich zwei Artikel zum einen mit der<br />
„Neudefinition der handelsrechtlichen Umsatzerlöse nach den<br />
Vorschriften des BilRUG“ (Gerhard Viemann und Lothar Klein)<br />
und zum anderen mit „Der Teufel steckt im Detail – Änderungen<br />
im Anhang durch das BilRUG“ (Claudia Buchta).<br />
Zwei spannende Bilanzierungsthemen wurden von Jürgen Wendlandt<br />
sowie Claudia Brünnler-Grötsch und Christian Gebhardt<br />
für Sie verständlich aufbereitet. Der richtigen „Bilanzierung von<br />
„Neubaumaßnahmen, die von mehreren Unternehmen gemeinsam<br />
durchgeführt werden“ und der ordnungsmäßigen „Bilanziellen<br />
Behandlung von ERP-Software im Rahmen der Umstellung<br />
– Aktivierung oder Aufwand?“ steht nun nichts mehr im Weg.<br />
Welche rechtlichen Neuerungen gab es im letzten Jahr noch?<br />
Dr. Julia Betz berichtet über die neue Struktur und die wesentlichen<br />
Neuerungen im Vergaberecht und widmete sich zusammen<br />
mit Hans Maier der Terrorismusprävention im Rahmen der<br />
Compliance-Pflicht. Abgerundet wird der rechtliche Bereich mit<br />
einem Artikel von Carsten Herlitz zu den „Neuen Informationspflichten<br />
bei alternativer Streitbeilegung“. Insbesondere gibt der<br />
Autor Hinweise zu den neuen Pflichtangaben im Impressum der<br />
individuellen Webseiten.<br />
Ist Ihr Unternehmen „Fit für die Zukunft?“. Christian Gebhardt<br />
widmet sich der Fragestellung der Zukunftsfähigkeit von Wohnungsunternehmen<br />
im Hinblick auf die vielfältigen Herausforderungen<br />
des Wohnungsmarktes.<br />
Nachhaltigkeit – ein Thema, welchem sich die Branche schon<br />
seit Langem verpflichtet fühlt. Christian Gebhardt gibt in seinem<br />
Artikel Hinweise zur Umsetzung einer effektiven Nachhaltigkeitsberichterstattung.<br />
Den Abschluss in diesem <strong>Sonderheft</strong> bildet<br />
passend dazu der Beitrag „Nachhaltigkeitsbericht – Produktangebot<br />
für die Wohnungswirtschaft“. Gerhard Viemann und ich<br />
stellen ein neu und extra auf die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />
abgestimmtes Produkt zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts<br />
vor. Das sollten Sie nicht verpassen.<br />
Viel Spaß beim Lesen wünscht<br />
Was verbirgt sich hinter dem Begriff „Tax Compliance“? Dieses<br />
steuerlich sehr relevante Thema haben Prof. Klaus-Peter Hillebrand<br />
und Daniela Jochmann-Markus für Sie aufbereitet. Übrigens<br />
wird hierzu in Kürze auch eine <strong>GdW</strong>-Arbeitshilfe erscheinen.<br />
Abgeschlossen wurden die steuerlichen Themen mit einem<br />
Ausblick auf die anstehende Reform der Grundsteuer von mir und<br />
Antje Große.<br />
Ihre
MARKT UND MANAGEMENT<br />
Bilanz- und Steuerwissen<br />
- Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />
Neues Vergaberecht –<br />
Überblick über Struktur sowie wesentliche Neuerungen<br />
Am 18. April 2016 trat die umfassendste Reform des Vergaberechts auf Bundesebene seit 1998 in Kraft.<br />
Mit der Novelle wurde das Richtlinienpaket der EU zum Vergaberecht aus dem Frühjahr 2014 weitgehend<br />
umgesetzt. Ziel der Vergabereform war u. a. eine Vereinfachung von Struktur und Inhalt der zahlreichen<br />
gesetzlichen Vorschriften sowie die Stärkung sozialer, ökologischer und innovativer Aspekte. Der Artikel<br />
fasst die wesentlichen, für die Wohnungswirtschaft relevanten, Inhalte zusammen.<br />
Dr. Julia Betz<br />
VdW Bayern<br />
Verband bayerischer<br />
Wohnungsunternehmen e. V.<br />
München<br />
Bisherige Struktur<br />
Bislang besteht das Vergaberecht aus mehreren<br />
Bestandteilen, nämlich:<br />
• dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen<br />
(GWB),<br />
• der Verordnung über die Vergabe öffentlicher<br />
Aufträge (VgV),<br />
• den ersten Abschnitten der Vergabe- und Vertragsordnungen<br />
für Bauleistungen (Teil A –<br />
VOB/A) bzw. für Liefer- und Dienstleistungen<br />
(VOL/A),<br />
• der Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen<br />
(VOF) für EU-weite Vergabeverfahren und<br />
• aus den jeweils ersten Abschnitten, den sogenannten<br />
Basisparagraphen, der VOB/A und der<br />
VOL/A, für nationale Ausschreibungen.<br />
Künftige Struktur<br />
Nach der Neuregelung werden VOL/A und VOF für<br />
EU-weite Vergabeverfahren wegfallen, die VOB/A<br />
bleibt in einer deutlich überarbeiteten Fassung<br />
erhalten. Die wesentlichen Regelungen für die<br />
Vergabeverfahren finden sich fortan im GWB, detaillierte<br />
Ausführungsvorschriften werden in der<br />
VgV geregelt. Beide Regelungswerke werden deutlich<br />
umfassender und umfangreicher. Unberührt<br />
bleibt der Unterschwellenbereich, der nach wie vor<br />
auf Basis des Haushaltsrechts nur für öffentliche<br />
Körperschaften gilt (siehe Grafik unten, links des<br />
blauen Balkens).<br />
Inhaltliche Neuerungen<br />
Allgemeines<br />
Die Vergaberechtsreform nimmt Sachverhalte auf,<br />
die bislang nicht gesetzlich geregelt waren.<br />
Internationales Recht<br />
Government Procurement Agreement (GPA)<br />
Haushaltsrecht<br />
BHO, LHO, GemHVO<br />
Verw.-Vorschriften<br />
EU-Recht<br />
Nationales Recht<br />
VOL/A (1. Abschnitt)<br />
VOB/A (2. Abschnitt)<br />
VgV<br />
VOB/A<br />
(2. Abschnitt)<br />
EG-Vertrag, EG-Vergaberichtlinien<br />
GWB Teil 4<br />
SektVO KonzVgV<br />
VSVgV<br />
VOB/A<br />
(3. Abschnitt)<br />
Quelle: VdW Bayern, nach Praxisratgeber Vergaberecht – Schwellenwerte 2014/2015, S. 21,<br />
Fachverlag Thomas Ferber, Thomas Ferber e.K., Darmstadt<br />
254 8 | 2016
Neu sind z. B.:<br />
• die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der<br />
Verhältnismäßigkeit,<br />
• eine neue Abgrenzung und Definition von Auftraggebern,<br />
• Regelungen für die Inhouse-Vergabe und die<br />
interkommunale Zusammenarbeit,<br />
• die Einführung einer Innovationspartnerschaft,<br />
• die Einbeziehung ökologischer und sozialer<br />
Zielsetzungen.<br />
Da es die VOF ab dem 18. April 2016 nicht mehr<br />
geben wird, sind die Grundsätze, Definitionen und<br />
allgemeinen Verfahrensregelungen für öffentliche<br />
Auftraggeber, aber auch Sektorenauftraggeber<br />
des GWB zu berücksichtigen. Ergänzt werden diese<br />
Regelungen um die allgemeinen Regelungen der<br />
VgV. Im Bereich der freiberuflichen Leistungen<br />
sind hier vor allem die Regelungen in den Abschnitten<br />
5 (Planungswettbewerbe) und 6 VgV<br />
(Vorschriften für die Vergabe von Architektenund<br />
Ingenieurleistungen) bedeutend.<br />
Verfahrensarten<br />
Innerhalb des Vergabeverfahrens wurde mit der<br />
Innovationspartnerschaft eine neue Verfahrensart<br />
eingeführt (§ 119 Abs. 7 GWB). Die Innovationspartnerschaft<br />
eröffnet die Möglichkeit, in einem<br />
wettbewerblichen Verfahren einen Partner auszuwählen,<br />
der beauftragt wird, eine innovative<br />
und dem Bedarf des Auftraggebers entsprechende<br />
Lösung zu entwickeln. Bedeutsam ist außerdem<br />
die künftige Gleichstellung von dem „offenen“<br />
und dem „nicht offenen“ Verfahren mit Teilnahmewettbewerb<br />
(§ 119 Abs. 2 GWB).<br />
Des Weiteren wurde auch der Anwendungsbereich<br />
des wettbewerblichen Dialogs erweitert:<br />
Dieser soll zukünftig immer dann zulässig sein,<br />
wenn auch das Verhandlungsverfahren anwendbar<br />
ist.<br />
E-Vergabe<br />
Mit einer Übergangsfrist bis spätestens zum<br />
18. Oktober 2018 wird die elektronische Vergabe,<br />
also die vollständige elektronische Abwicklung<br />
eines Vergabeverfahrens, eingeführt. Bekanntmachungen<br />
an das Amt für Veröffentlichung der<br />
EU müssen bereits ab 18. April 2016 elektronisch<br />
übermittelt werden. Ebenfalls ab dem 18. April<br />
2016 müssen Vergabeunterlagen grundsätzlich<br />
elektronisch bereitgestellt werden.<br />
Begriff des öffentlichen Auftraggebers<br />
Der Begriff des öffentlichen Auftraggebers wurde<br />
im neuen Vergaberecht inhaltlich unverändert<br />
nunmehr in § 99 GWB n.F. übernommen. Bei kommunalen<br />
Wohnungsunternehmen, die als juristische<br />
Personen des Privatrechts organisiert sind,<br />
kann (neben dem projektbezogenen § 99 Nr. 4<br />
GWB n.F.) der Tatbestand in § 99 Nr. 2 GWB n.F.<br />
erfüllt sein, wenn das Kriterium der Aufgabenerfüllung<br />
im Allgemeininteresse nicht gewerblicher<br />
Art und einer der Beherrschungstatbestände erfüllt<br />
sind.<br />
Dies ist im Einzelfall nach den objektiven Umständen<br />
der jeweiligen Gesellschaft zu beurteilen. Eine<br />
allgemeingültige Betrachtung verbietet sich. Eine<br />
Vermutung für die Eigenschaft von kommunalen<br />
Wohnungsbauunternehmen als öffentlicher Auftraggeber<br />
und eine damit verbundene Beweislastumkehr<br />
kann nicht angenommen werden. Mit der<br />
Ablösung der Richtlinie 2004/18/EG durch die<br />
Richtlinie 2014/24/EU gilt der Anhang III der<br />
Richtlinie 2004/18/EG nicht mehr fort, er wurde<br />
auch in die neue Richtlinie 2014/24/EU nicht<br />
übernommen. In diesem Anhang wurden kommunale<br />
Wohnungsunternehmen als Auftraggeber<br />
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Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />
MARKT UND MANAGEMENT<br />
aufgeführt und vielfach von einer entsprechenden<br />
Vermutung ausgegangen. Nach Fortfall des<br />
Anhangs III der Richtlinie 2004/18/EG besteht<br />
eine Vermutung, dass Wohnungsunternehmen<br />
öffentliche Auftraggeber sind, damit nicht mehr.<br />
Vielmehr ist – wie auch sonst schon in der vergaberechtlichen<br />
Rechtsprechung angenommen<br />
worden ist – immer eine Einzelfallprüfung nach<br />
den genannten drei Kriterien erforderlich.<br />
In der deutschen Rechtsprechung und Fachliteratur<br />
werden beide Ansichten vertreten. Auffallend<br />
ist nach Auswertung der einschlägigen<br />
Rechtsprechung, dass die Entscheidungen, die die<br />
Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber bejahen,<br />
zwar festhalten, dass eine Einzelfallprüfung<br />
vorgenommen werden muss, allesamt aber nie<br />
dezidierte Abwägungen vornehmen. Meist stützen<br />
diese Gerichte ihre Wertung letztlich auf die<br />
Einhaltung der kommunalrechtlichen Vorgaben,<br />
so dass diesen Entscheidungen nach sämtliche<br />
kommunale Unternehmen per se öffentliche<br />
Auftraggeber sein müssten. Wäre dies der Fall,<br />
hätte der Gesetzgeber spätestens mit der Vergabereform<br />
eine entsprechende Klarstellung in die<br />
dezidierte Regelung der öffentlichen Auftraggeber<br />
mitaufgenommen.<br />
Inhouse-Vergabe<br />
Die Inhouse-Vergabe ist erstmals in § 108 E-<br />
GWB kodifiziert. Nach der Regelung müssen<br />
mehr als 80 % der Tätigkeiten der kontrollierten<br />
juristischen Person der Ausführung der Aufgaben<br />
dienen, mit denen sie von dem die Kontrolle<br />
ausübenden öffentlichen Auftraggeber oder von<br />
anderen von diesem kontrollierten juristischen<br />
Personen betraut wurden. Künftig können öffentliche<br />
Unternehmen Aufträge ihrer Gesellschafter<br />
ohne Ausschreibung erhalten, solange sie unter<br />
20 % ihres Geschäfts mit privaten Dritten durchführen.<br />
Die Gesetzesbegründung hebt, wie auch die EU-<br />
Richtlinie, hervor, dass das Vergaberecht öffentliche<br />
Auftraggeber grundsätzlich nicht in ihrer<br />
Freiheit beschränken soll, die ihnen übertragenen<br />
Aufgaben gemeinsam mit anderen öffentlichen<br />
Auftraggebern oder eigenen Unternehmen zu erfüllen.<br />
Wesentliche Aussage ist, dass die Rechtsprechung<br />
des EuGH kodifiziert wird und die europäischen<br />
Vorgaben im Rahmen der Umsetzung<br />
ins deutsche Recht inhaltlich 1:1 übernommen<br />
werden. Demnach sind etwaige Umsätze, die ein<br />
Auftragnehmer mit Privaten erzielt, grundsätzlich<br />
nicht Inhouse-schädlich, sofern diese Umsätze der<br />
Ausführung einer von der Kommune oder ihren<br />
eigenen Einrichtungen übertragenen Aufgabe<br />
dienen. Zutreffend spricht die Gesetzesbegründung<br />
zu § 108 Abs. 1 Nr. 2 GWB-E davon, dass<br />
es „in diesem Zusammenhang unerheblich ist, ob<br />
der Begünstigte der Ausführung des Auftrags der<br />
Auftraggeber selbst oder ein davon abweichender<br />
Nutzer (Anmerkung: Mieter) der Leistung ist“.<br />
„Für alle, die noch eine Resthoffnung auf die in Brüssel wieder einmal<br />
versprochene Vereinfachung des Vergaberechts hatten, sei gleich<br />
vorweggenommen: Das GWB-Vergaberecht wird nicht etwas schlanker<br />
und übersichtlicher, sondern umfangreicher und ausdifferenzierter.“<br />
Dr. Daniel Soudry, Soudry & Soudry Rechtsanwälte Berlin, Vergabeblog.de vom 26.5.2015, Nr. 22546<br />
Diese Gesetzesbegründung erteilt damit einzelnen<br />
Oberlandesgerichten in Deutschland, die plötzlich<br />
- ohne Veranlassung durch den EuGH – weitere<br />
Anforderungen an die Inhouse-Fähigkeit stellten,<br />
z. B., dass es in der jeweiligen Sparte keine anderen<br />
Anbieter geben dürfte (OLG Hamburg vom 14. Dezember<br />
2010) oder dass nur Dienstleistungen im<br />
Rahmen kommunaler Pflichtaufgaben bei der<br />
Berechnung des Drittgeschäfts (Wesentlichkeit)<br />
unberücksichtigt bleiben dürfen (OLG Celle, Beschluss<br />
vom 17. Dezember 2014), eine Absage.<br />
Weitere Neuerungen im Überblick<br />
Leistungsbeschreibung<br />
Eine § 8 Abs. 1 EG VOL/A bzw. § 7 Abs. 1 Nr. 1<br />
EG VOB/A vergleichbare Regelung enthält § 121<br />
Abs. 1. Danach muss die Leistungsbeschreibung<br />
alle für die Angebotserstellung erforderlichen Angaben<br />
enthalten. Außerdem muss die Leistung so<br />
eindeutig und erschöpfend beschrieben sein, dass<br />
alle Bieter sie in dem gleichen Sinn verstehen und<br />
die eingehenden Angebote miteinander vergleichbar<br />
sind.<br />
Eignung<br />
Ausgangspunkt für die Eignung sind nunmehr<br />
§ 122 GWB ff., die die beiden Kategorien „Ausschlussgründe“<br />
und „Eignungskriterien“ vorgeben<br />
und damit die wesentlichen Prüfungsschritte vorzeichnen.<br />
Die Eignung setzt sich fortan nur noch<br />
aus den Elementen „Leistungsfähigkeit“ und<br />
„Fachkunde“ zusammen (nicht mehr: „Zuverlässigkeit“<br />
und „Gesetzestreue“).<br />
Vertragsänderungen<br />
§ 132 GWB setzt Art. 72 der Richtlinie um und<br />
bestimmt nun erstmals, unter welchen Voraussetzungen<br />
laufende Verträge geändert oder erweitert<br />
werden dürfen, ohne dass eine erneute Ausschreibung<br />
erforderlich wird.<br />
Kündigung öffentlicher Aufträge<br />
Gänzlich neu ist § 133, der erstmals regelt, unter<br />
welchen Voraussetzungen öffentliche Auftraggeber<br />
einmal vergebene Aufträge wieder beenden<br />
können.<br />
Rechtsschutz<br />
Die Vorschriften zum Rechtsschutz wandern von<br />
den bisherigen §§ 102 ff. GWB weit nach hinten<br />
und finden sich unter §§ 155 ff. wieder. Besonders<br />
zu erwähnen ist die Thematik der „unverzüglichen<br />
Rüge“. Seit dem Urteil des EuGH vom 28. Januar<br />
2010 (Rs. C-406/08) besteht Unsicherheit bezüglich<br />
der Rechtmäßigkeit des Erfordernisses,<br />
behauptete Vergaberechtsverstöße unverzüglich<br />
zu rügen, bevor ein Nachprüfungsantrag gestellt<br />
wird. Zwar ist der Begriff der Unverzüglichkeit in<br />
§ 122 BGB als „ohne schuldhaftes Zögern“ definiert.<br />
Wirkliche Klarheit, die der EuGH für rechtliche<br />
Ausschlussfristen fordert, bringt dies aber<br />
nicht. Der Entwurf will die Problematik lösen,<br />
indem eine Rüge zwar weiterhin grundsätzlich<br />
Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsverfahrens<br />
bleibt. Allerdings fordert<br />
§ 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 nur noch, dass ein erkannter<br />
Verstoß vor dem Nachprüfungsantrag<br />
zu rügen ist.<br />
Fazit<br />
Für alle, die noch eine Resthoffnung auf die in<br />
Brüssel wieder einmal versprochene Vereinfachung<br />
des Vergaberechts hatten, sei gleich vorweggenommen:<br />
Das Vergaberecht wird nicht etwa<br />
schlanker und übersichtlicher, sondern umfangreicher<br />
und ausdifferenzierter. Trotz einer Verdopplung<br />
der Vorschriften sind dem Gesetzgeber<br />
aber keineswegs die Bemühungen abzusprechen,<br />
das GBW-Vergaberecht logischer zu ordnen und<br />
das Vergaberecht dadurch insgesamt übersichtlicher<br />
zu gestalten.<br />
Bei Fragen zu dieser Thematik stehen Ihnen die<br />
regionalen Prüfungsverbände der Wohnungs- und<br />
Immobilienwirtschaft und ihre nahestehenden<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gerne zur<br />
Verfügung.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.pruefungsverbaende.de<br />
456 8 | 2016
MARKT UND MANAGEMENT<br />
Bilanz- und Steuerwissen –<br />
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />
Neudefinition der handelsrechtlichen Umsatzerlöse<br />
nach den Vorschriften des BilRUG<br />
Mit dem am 23. Juli 2015 in Kraft getretenen Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) haben<br />
sich umfangreiche Änderungen für den handelsrechtlichen Einzel- und Konzernabschluss, die für<br />
Geschäftsjahre ab dem 1. Januar 2016 verpflichtend anzuwenden sind, ergeben. Eine wesentliche<br />
Änderung betrifft die Neudefinition der Umsatzerlöse.<br />
WP/StB Gerhard Viemann<br />
Prüfungsdirektor<br />
VNW und<br />
VdW Niedersachsen Bremen<br />
Hamburg/Hannover<br />
Zukünftig ist der Begriff der Umsatzerlöse deutlich<br />
weiter gefasst. Es können sich Auswirkungen<br />
auf die Schwellenwerte zur Bestimmung der<br />
Größenklassen ergeben. Nach der alten Definition<br />
handelt es sich bei Erlösen aus dem Verkauf und<br />
der Vermietung oder Verpachtung von typischen<br />
WP/StB Lothar Klein<br />
VNW<br />
Hamburg<br />
Erzeugnissen und Waren sowie aus typischen<br />
Dienstleistungen, die im Rahmen der gewöhnlichen<br />
Geschäftstätigkeit erfolgen, um Umsatzerlöse.<br />
Im Rahmen der Neudefinition sind zukünftig<br />
auch Erzeugnisse, Waren und Dienstleistungen<br />
einzubeziehen, die für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit<br />
nicht typisch sind, wobei Erzeugnisse und<br />
Waren durch den Begriff Produkte ersetzt werden.<br />
Somit fällt für die Umsatzabgrenzung die Beurteilung,<br />
ob Produkte oder Dienstleistungen typisch<br />
für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit sind, zukünftig<br />
weg (siehe Abbildung 1).<br />
Hieraus werden sich für die Bilanzierungspraxis<br />
Abgrenzungsfragen ergeben. Insgesamt kann man<br />
davon ausgehen, dass es zu einer Verschiebung<br />
von den sonstigen betrieblichen Erträgen hin zu<br />
den Umsatzerlösen kommt.<br />
Eine weitere Neuerung der Neufassung der Umsatzerlöse<br />
betrifft sonstige, direkt mit dem Um-<br />
ABB. 1: BILANZRICHTLINIE-UMSETZUNGSGESETZ (BILRUG): NEUDEFINITION DER UMSATZERLÖSE<br />
Bisherige Umsatzabgrenzung:<br />
Neue Umsatzabgrenzung:<br />
Resultieren die<br />
Erträge aus der<br />
gewöhnlichen<br />
Geschäftstätigkeit?<br />
Ja<br />
Nein<br />
Außerordentliche<br />
Erträge<br />
Resultieren die Erträge aus<br />
a) dem Verkauf oder der Vermietung und<br />
Verpachtung von Produkten<br />
oder<br />
b) der Erbringung von Dienstleistungen?<br />
Resultieren die<br />
Erträge aus dem<br />
typischen<br />
Leistungsangebot?<br />
Ja<br />
Umsatzerlöse<br />
Nein<br />
Sonstige betriebliche<br />
Erträge<br />
Umsatzerlöse<br />
Ja<br />
Nein<br />
Sonstige betriebliche<br />
Erträge<br />
Quelle: <strong>GdW</strong>, nach: Der Betrieb Nr. 31/2015 S. 1732 Abb. 1<br />
658 9 | 2016
ABB. 2: ABGRENZUNG UMSATZERLÖSE UND SONSTIGE<br />
BETRIEBLICHE ERTRÄGE<br />
Quelle: <strong>GdW</strong><br />
Umsatzerlöse<br />
Erträge aus Mitgliederveranstaltungen<br />
Zuschuss mit Gegenleistung<br />
(Marketing)<br />
Erträge aus Erbbauzinsen<br />
Erstattungen/Zuzahlungen von<br />
Mietern für Ausstattungswünsche<br />
(Küchen)<br />
Energielieferungen an Dritte<br />
Verpachtung von unbebauten<br />
Grundstücken<br />
sonstige betriebliche Erlöse<br />
Erträge aus Teilschulderlass KfW<br />
Erträge aus Ausbuchung<br />
Verbindlichkeiten<br />
Erträge aus abgeschriebenen<br />
Forderungen<br />
Erstattungen von Arbeitgeberaufwendungen<br />
Versicherungsentschädigungen<br />
Mahn- und lnkassogebühren<br />
satz verbundene Steuern. Diese sind zukünftig von<br />
den Umsatzerlösen abzuziehen. Hierbei kommen<br />
allerdings nur Steuern in Betracht, die inhaltlich<br />
und zeitlich eng mit dem Zeitpunkt der handelsrechtlichen<br />
Umsatzrealisierung zusammenfallen.<br />
Bei Wohnungsunternehmen kann ein „Abzug sonstiger<br />
direkt mit dem Umsatz verbundener Steuern“<br />
(z. B. Energie- und Stromsteuer) im Bereich<br />
der „Umsatzerlöse aus anderen Lieferungen und<br />
Leistungen“ in Betracht kommen.<br />
Nachfolgend stellen wir die Auswirkungen der gesetzlichen<br />
Neuregelung anhand von für die Wohnungswirtschaft<br />
typischen Anwendungsfällen dar.<br />
Erlöse aus Veräußerungsgeschäften<br />
Nach Auffassung des Hauptfachausschusses des<br />
I<strong>DW</strong> kommt es nach der Neudefinition künftig<br />
u. a. darauf an, ob die Umsatzerlöse einen Zusammenhang<br />
mit einem „Produkt“ oder einer<br />
„Dienstleistung“ des Unternehmens aufweisen.<br />
Danach haben solche Vermögensgegenstände<br />
den Charakter eines Produkts, die regelmäßig im<br />
Rahmen der Geschäftstätigkeit veräußert werden.<br />
Eine Anknüpfung daran, ob der veräußerte<br />
Vermögensgegenstand unmittelbar zuvor dem<br />
Anlage- oder dem Umlaufvermögen zugeordnet<br />
war, ist für die Qualifikation von Erlösen aus<br />
Veräußerungsgeschäften als Umsatzerlöse nicht<br />
erforderlich. Demnach sind bspw. Erlöse aus der<br />
Veräußerung von Vermögensgegenständen des<br />
Anlagevermögens i. d. R. wie bisher unter den<br />
sonstigen betrieblichen Erträgen (im Gewinnfall)<br />
bzw. sonstigen betrieblichen Aufwendungen (im<br />
Verlustfall) auszuweisen.<br />
Eine Ausnahme besteht lediglich dann, wenn ein<br />
duales Geschäftsmodell vorliegt. Für ein Woh-
Stadtbau und Stadtentwicklung<br />
Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />
MARKT UND MANAGEMENT<br />
ABB. 3: KONZERNUMLAGEN (AUCH NUR<br />
MUTTER-TOCHTER-VERHÄLTNIS)<br />
Umsatzerlöse<br />
Leistungsaustausch<br />
Beispiele<br />
• Übernahme von Buchhaltungstätigkeiten<br />
• Beratungsleistungen<br />
• Mitarbeiterüberlassungen<br />
• Nutzungsüberlassung<br />
nungsunternehmen besteht ein duales Geschäftsmodell,<br />
wenn Vermögensgegenstände aus dem<br />
Anlagevermögen sowohl vermietet als auch regelmäßig<br />
verkauft werden. Dann werden zum Verkauf<br />
bestimmte Gebäude oder Eigentumswohnungen<br />
als Produkte klassifiziert. Ein Beispiel hierfür ist<br />
der regelmäßige Verkauf von Eigentumswohnungen<br />
im Rahmen des Geschäftsmodells. Der Erlös<br />
aus dem Verkauf einer Eigentumswohnung ist dann<br />
unter den Umsatzerlösen aus dem Verkauf von<br />
Grundstücken, der Buchwertabgang als Aufwand<br />
für Verkaufsgrundstücke zu erfassen.<br />
Erstattungen von Mietern<br />
Ein weiterer wichtiger Bereich der Erlöse bei<br />
Wohnungsunternehmen sind die Erstattungen<br />
von Mietern. Erstattungen von Mietern für selbst<br />
verursachte Schäden, Schönheitsreparaturen und<br />
Kosten für Miet- und Räumungsklagen sind weiterhin<br />
bei den sonstigen betrieblichen Erträgen zu<br />
erfassen. In diesen Fällen fehlt es an einem Leistungsaustausch<br />
zwischen Wohnungsunternehmen<br />
und Mieter. Dagegen sind Erstattungen der Mieter<br />
für Sonderwünsche (z. B. besondere Küchen- oder<br />
Badausstattungen) als Umsatzerlöse auszuweisen.<br />
Hier findet ein Leistungsaustausch zwischen Wohnungsunternehmen<br />
und Mieter statt. Die Leistung<br />
des Wohnungsunternehmens besteht in dem Einbau<br />
einer besonderen Küche bzw. eines Bades und<br />
der Mieter bezahlt als Gegenleistung die entsprechenden<br />
Kosten. Weitere Beispiele sind in der Abbildung<br />
2 auf der voranstehenden Seite dargestellt.<br />
Konzernumlagen<br />
Bei der Beurteilung von Erlösen, die im Rahmen<br />
eines Mutter-Tochter-Verhältnisses oder im Konzernbereich<br />
entstehen, ist entscheidend, dass ein<br />
Leistungsaustausch stattfindet. Ist dies der Fall,<br />
sonstige betriebliche Erlöse<br />
Entgelt in der Eigenschaft als<br />
Gesellschafter<br />
Beispiele<br />
• allg. Managementumlagen für<br />
Führungsaufgaben<br />
• (kein konkreter Leistungsaustausch)<br />
• Haftungsvergütungen<br />
• (eher eine Art Finanzierungsleistung)<br />
Graubereich: Umlagen für vom MU beim TU eingesetzten Geschäftsführer<br />
(Verknüpfung von Leistungsaustausch mit Interessen des Gesellschafters)<br />
erfolgt der Ausweis der Erlöse unter den Umsatzerlösen.<br />
Handelt es sich um Entgelt im Zusammenhang<br />
mit der Eigenschaft als Gesellschafter,<br />
ist der Ausweis unter den sonstigen betrieblichen<br />
Erträgen vorzunehmen. Fraglich können in diesem<br />
Bereich Umlagen für einen durch das Mutterunternehmen<br />
(MU) beim Tochterunternehmen (TU)<br />
eingesetzten Geschäftsführer sein. Hierbei handelt<br />
es um eine Verknüpfung von einem Leistungsaustausch<br />
mit den Interessen des Gesellschafters<br />
(siehe Abbildung 3).<br />
Folgewirkungen<br />
Mit der Ausweitung der Umsatzerlöse können<br />
ggf. die Schwellenwerte der Größenklassen nach<br />
§§ 267 und 267a HGB überschritten werden. In<br />
diesem Fall würde sich der Umfang der Angabepflichten<br />
im Anhang unter Umständen erheblich<br />
ausweiten.<br />
Mit den Ausweisänderungen bei den Umsatzerlösen<br />
sind auch Ausstrahlungswirkungen auf<br />
korrespondierende Posten verbunden. Verschiebungen<br />
von den sonstigen betrieblichen Erträgen<br />
zu den Umsatzerlösen führen zu korrespondierenden<br />
Verschiebungen vom Posten sonstige Vermögensgegenstände<br />
zum Posten Forderungen aus<br />
anderen Lieferungen und Leistungen sowie von<br />
den sonstigen Verbindlichkeiten zu Verbindlichkeiten<br />
aus Lieferungen und Leistungen. In der<br />
Gewinn- und Verlustrechnung wird es Verschiebungen<br />
zwischen den Posten sonstige betriebliche<br />
Aufwendungen und Aufwendungen für bezogene<br />
Lieferungen und Leistungen geben. Hieraus ergibt<br />
sich gegebenenfalls die Notwendigkeit, den Kontenrahmen<br />
entsprechend anzupassen.<br />
Zu beachten sind ebenfalls Auswirkungen auf<br />
umsatzbasierte Kennzahlen (wie z. B. Renditen)<br />
und auf Verträge, bei denen die Umsatzerlöse<br />
Quelle: <strong>GdW</strong><br />
Bemessungsgrundlage für vertragliche Vereinbarungen<br />
sind.<br />
Bei der erstmaligen Anwendung der Neudefinition<br />
der Umsatzerlöse im Jahresabschluss zum<br />
31. Dezember 2016 ergeben sich Anforderungen<br />
für entsprechende Angaben im Anhang. In einem<br />
ersten Schritt ist zu untersuchen, ob die Umsatzerlöse<br />
nach alter und neuer Definition wesentlich<br />
voneinander abweichen. Liegt keine wesentliche<br />
Abweichung vor, sind keine weiteren Angaben im<br />
Anhang notwendig. Bei einer wesentlichen Abweichung<br />
muss im Anhang ein Hinweis auf die fehlende<br />
Vergleichbarkeit der Umsatzerlöse gegenüber<br />
dem Vorjahr erfolgen. Hierbei ist ein Hinweis auf<br />
die erstmalige Anwendung des neuen Umsatzerlösbegriffs<br />
ausreichend. Zusätzlich ist jedoch<br />
der Betrag der Umsatzerlöse anzugeben, der sich<br />
für das Vorjahr bei Anwendung der Neudefinition<br />
der Umsatzerlöse ergeben hätte.<br />
Wohnungsunternehmen, die nicht die EK-02-<br />
Abgeltungssteuer (§ 38 Abs. 5 KStG) gezahlt haben,<br />
sondern zur Weiteranwendung der alten Rechtslage<br />
des § 38 KStG (Herstellung der körperschaftsteuerlichen<br />
Ausschüttungsbelastung bei Verwendung<br />
von steuerlichem Eigenkapital EK-02) optiert<br />
haben, müssen unbedingt auf die Einhaltung der<br />
Voraussetzungen des § 34 Abs. 14 KStG hierzu achten.<br />
Eine der Voraussetzungen ist es, dass in jedem<br />
Jahr die wohnungswirtschaftlichen Umsatzerlöse<br />
überwiegen müssen. Es ist also dafür Sorge zu tragen,<br />
dass auch nach Neudefinition der Umsatzerlöse<br />
nach BilRUG die wohnungswirtschaftlichen<br />
Umsatzerlöse gem. § 34 Abs. 14 Satz 1 KStG (dazu<br />
zählen i. d. R. nicht die Umsatzerlöse aus dem Verkauf<br />
von Gebäuden des Anlagevermögens) mehr<br />
als 50 % der Gesamtumsatzerlöse betragen. Ist das<br />
nicht der Fall, wird die Option zur Beibehaltung der<br />
körperschaftsteuerlichen Ausschüttungsbelastung<br />
hinfällig und die EK-02-Abgeltungsteuer müsste<br />
gezahlt werden.<br />
Fazit<br />
Die Neuregelung der Definition der Umsatzerlöse<br />
kann in Abhängigkeit vom jeweiligen Geschäftsmodell<br />
zu erheblichen Ausweisänderungen bei<br />
den Posten Umsatzerlöse und sonstige betriebliche<br />
Erträge sowie den korrespondierenden<br />
Bilanz- und GuV-Posten führen. Es empfiehlt<br />
sich, den neuen Ausweis der Umsatzerlöse und<br />
die damit verbundenen Folgewirkungen frühzeitig<br />
mit dem Wirtschaftsprüfer abzustimmen. Hierfür<br />
stehen selbstverständlich die Prüfungsverbände<br />
im <strong>GdW</strong> sowie die nahestehenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />
zur Verfügung.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.pruefungsverbaende.de<br />
860 9 | 2016
MARKT UND MANAGEMENT<br />
Bilanz- und Steuerwissen –<br />
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />
Fit für die Zukunft? Die Zukunftsfähigkeit von<br />
Wohnungsunternehmen<br />
Wie müssen sich Wohnungsunternehmen strategisch aufstellen, um für die vielfältigen Herausforderungen<br />
gewappnet zu sein? Die Antwort auf diese Frage hängt maßgeblich von den Märkten ab, in denen die<br />
Wohnungsunternehmen agieren. Im ersten Schritt steht somit immer die Analyse der Wohnungsmärkte.<br />
WP Christian Gebhardt<br />
Referent Betriebswirtschaft,<br />
Rechnungslegung und Förderung,<br />
<strong>GdW</strong><br />
Vorstand <strong>GdW</strong> Revision AG<br />
Berlin<br />
Der demografische Wandel in Deutschland und<br />
die Auswirkungen auf die regionalen Wohnungsmärkte<br />
werden seit längerem diskutiert. Ging<br />
man in der Vergangenheit eher von einem Problem<br />
in den neuen Bundesländern aus, zeigt sich<br />
heute, dass auch vermehrt ländliche Regionen<br />
in den alten Bundesländern von Schrumpfung<br />
betroffen sind.<br />
Abschied von allseits wachsenden Märkten<br />
Bereits seit einigen Jahren ist eine deutschlandweite<br />
Ausdifferenzierung in wachsende Regionen<br />
mit steigender Wohnungsnachfrage und Neubaudefiziten<br />
sowie schrumpfende Gebiete mit<br />
sinkenden Haushaltszahlen und Angebotsüber-<br />
hängen zu beobachten. Diese Grundtendenz wird<br />
sich in Zukunft weiter verstärken.<br />
Wachstum ist vor allem ein Thema der Großstädte<br />
und Metropolen, deren Attraktivität als Standorte<br />
von wissens- und wertschöpfungsintensiven<br />
Branchen eine erhebliche Sogwirkung auf die<br />
Binnen- und Außenwanderung entfaltet. Städte<br />
mittlerer Größe und Kleinstädte verloren bereits<br />
im vergangenen Jahrzehnt eher an Einwohnern<br />
und Haushalten, in Ostdeutschland deutlich<br />
stärker als in Westdeutschland. Besonders stark<br />
schrumpften Gemeinden in dünn besiedelten<br />
ländlichen Gebieten (siehe nebenstehende Abbildung<br />
1).<br />
ABB. 1: BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG 2000 – 2013<br />
Index 2000<br />
= 100 %<br />
104<br />
103<br />
102<br />
101<br />
100<br />
99<br />
98<br />
97<br />
96<br />
95<br />
Kreistyp:<br />
Kreisfreie Großstädte<br />
Städtische Kreise<br />
Ländliche Kreise<br />
Deutschland<br />
94<br />
2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2013<br />
Datenbasis: Fortschreibung des Bevölkerungsstandes des Bundes und der Länder<br />
(Umschätzungen nach Zensuskorrektur bis 2010 durch das BBSR)<br />
Quelle: <strong>GdW</strong><br />
Entscheidend ist die Dynamik bei der<br />
Haushaltszahl<br />
Die zukünftige Zahl der Haushalte sowie ihre Größe<br />
und Zusammensetzung ist die entscheidende<br />
Basisinformation zur Beurteilung der Wohnungsnachfrage.<br />
Auf den Wohnungsmärkten sind Haushalte<br />
die entscheidende Nachfragegröße. Diese<br />
auf den ersten Blick banale Feststellung weist<br />
darauf hin, dass sich die Haushaltsdynamik zumindest<br />
zeitweilig von der Bevölkerungsentwicklung<br />
abkoppeln kann.<br />
Verkleinern sich die Haushalte, da immer weniger<br />
Personen in einem Haushalt leben bzw. immer<br />
mehr Menschen allein in einer Wohnung leben,<br />
kann sich die Wohnungsnachfrage in einer Region<br />
weiter erhöhen, auch wenn die Bevölkerungszahl<br />
zurückgeht. Der Trend zur Singularisierung sowie<br />
die Zunahme von Seniorenhaushalten sind Prozesse<br />
des demografischen Wandels, welche derzeit<br />
die Verkleinerung der Haushalte verursachen.<br />
Über den gesamten Zeitraum der nächsten 15<br />
Jahre bis 2030 wird die Zahl der Haushalte nur<br />
10 78 10 | 2016
ABB. 2: ENTWICKLUNG DER HAUSHALTE VON 2015 BIS 2030<br />
Entwicklung insgesamt<br />
von 2015 bis 2030 in %<br />
bis unter -15<br />
-15 bis unter -10<br />
-10 bis unter -5<br />
-5 bis unter 5<br />
5 bis unter 10<br />
10 und mehr<br />
12 32 37 213 88 20<br />
Datenbasis:<br />
BBSR-Haushaltsprognose 2035<br />
Datenbasis: BBSR-Bevölkerungs- und Haushaltsprognose 2035,<br />
Geometrische Grundlage: BKG, Kreise, 31.12.2013, Bearbeitung: J. Nielsen<br />
noch in 108 Kreisen deutlich – also um plus 5 %<br />
und mehr – wachsen (siehe nebenstehende Abbildung<br />
2). Entscheidend ist aber vielmehr der<br />
Wechsel in der Dynamik, der sich innerhalb des<br />
Prognosezeitraums vollzieht: Zu Beginn – im<br />
Jahre 2015 – weisen drei Viertel aller Kreise in<br />
Deutschland noch eine wachsende Haushaltszahl<br />
auf. Im weiteren Prognoseverlauf verändert sich<br />
das Verhältnis von wachsenden zu schrumpfenden<br />
Haushaltszahlen kontinuierlich in Richtung<br />
Schrumpfung. Im Jahr 2030 wird noch für knapp<br />
39 % der Kreise eine wachsende Haushaltszahl<br />
(Veränderung gegenüber dem Vorjahr) prognostiziert.<br />
Die überwiegende Mehrheit verzeichnet<br />
dann bereits einen Rückgang der Wohnungsnachfrage.<br />
1<br />
Neue Wanderungsmuster:<br />
Das Phänomen der Schwarmstädte<br />
Jenseits der absoluten Veränderung der Bevölkerungs-<br />
und Haushaltszahl werden die Wohnungsmärkte<br />
durch neue Muster der Binnenwanderungen<br />
derzeit deutlich umgekrempelt.<br />
„Deutschland zieht um“, und diese Umzugsbewegungen<br />
verändern die Nachfrage auf den Wohnungsmärkten<br />
massiv. Trotz heftiger Debatten<br />
über die Migration aus dem Ausland gilt auch für<br />
das Jahr 2016: Rund zwei Drittel der Umzugsbewegungen<br />
über die Kreisgrenze in Deutschland<br />
sind Binnenumzüge innerhalb des Landes (siehe<br />
Abbildung 3 auf der folgenden Seite).<br />
Die vom <strong>GdW</strong> und seinen Regionalverbänden beauftragte<br />
Studie „Schwarmstädte in Deutschland<br />
– Ursachen und Nachhaltigkeit der neuen Wanderungsmuster“<br />
2 leistet erstmals eine umfassende<br />
qualitative Gesamtschau der Binnenumzüge in<br />
Deutschland, betrachtet das Wanderungsverhalten<br />
verschiedener Altersgruppen und fragt nach<br />
der Nachhaltigkeit sowie den Ursachen dieser<br />
neuen Wanderungsmuster.<br />
Marktangepasste Unternehmensstrategie<br />
und Planung<br />
Die strategische Führung von Wohnungsunternehmen<br />
muss sich an den Rahmenbedingungen<br />
der jeweiligen Wohnungsmärkte, insbesondere<br />
der Dynamik der Bevölkerungs-, Zuwanderungsund<br />
der Haushaltsentwicklung, ausrichten. Die<br />
Demografie ist hierbei wesentliche Grundlage für<br />
Prognosen und Planungen im Wohnungs- und Immobilienmarkt.<br />
Das Umfeld und die Wohnungsmärkte,<br />
auf denen Wohnungsunternehmen agieren,<br />
sind regional differenziert zu betrachten.<br />
Dabei gibt es stark wachsende Wohnungsmärkte<br />
mit hohem Zuwanderungs- und Mietpreisdruck<br />
in den Ballungszentren mit der Folge von Angebotsengpässen<br />
und deutlich schrumpfende Wohnungsmärkte<br />
mit hohen Leerständen und Angebotsüberhängen.<br />
Betroffen sind hier vornehmlich<br />
Kleinstädte und Landgemeinden. Wachstumsund<br />
Schrumpfungsgemeinden können hierbei oft<br />
in enger Nachbarschaft liegen.<br />
Aus der Perspektive der Wohnungsunternehmen<br />
muss bei der Ableitung von strategischen<br />
Handlungsoptionen regional ausdifferenziert<br />
und quartiersbezogen vorgegangen werden. Auf<br />
Grundlage einer quartiersbezogenen Betrachtung<br />
kann für ein Wohnungsunternehmen in der<br />
einen Siedlung nur Rückbau, in einer anderen<br />
Siedlung Aufwertung und in wieder einem anderen<br />
Quartier Rückbau und zugleich Aufwertung<br />
und Neubau notwendig sein.<br />
Die Ausgestaltung der Unternehmensplanung<br />
(siehe Abbildung 4 und 5 auf der folgenden<br />
Seite) liegt im pflichtgemäßen Ermessen der<br />
Unternehmensleitung, die am Maßstab der konkreten<br />
Verhältnisse des einzelnen Unternehmens<br />
auszuüben ist. Unternehmen der Wohnungswirtschaft<br />
sollten über eine langfristige Unternehmensplanung<br />
von bis zu zehn Jahren verfügen.<br />
Gerade die Wohnungswirtschaft hat eine Vielzahl<br />
von verlässlich ableitbaren Parametern für die<br />
Unternehmensplanung. Grundsätzlich sollte sie<br />
einmal jährlich überprüft und aktualisiert werden.<br />
Ausgehend von der strategischen Planung<br />
wird für einen Zeitraum von fünf Jahren eine Mittelfristplanung<br />
erstellt, die einmal jährlich auf<br />
der Basis der jeweils aktuell vorhandenen Daten<br />
erneuert werden sollte.<br />
Wesentliche Ziele der Unternehmensplanung<br />
sind es, die Unternehmenszukunft zu sichern,<br />
die Unternehmensziele zu erreichen und die<br />
Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. Im Rahmen der<br />
Jahresabschlussprüfung ist die Unternehmensplanung<br />
Grundlage für die Beurteilung der wirtschaftlichen<br />
Entwicklung des Wohnungsunternehmens<br />
in den nächsten Jahren. Anhand eines<br />
wohnungswirtschaftlichen Kennzahlensystems<br />
lassen sich frühzeitig kritische Entwicklungen<br />
erkennen (siehe auch <strong>DW</strong> 2/2016, S. 54 ff.).<br />
Fazit<br />
Um die Handlungsfähigkeit der Wohnungsunternehmen<br />
gerade in schrumpfenden Märkten zu<br />
gewährleisten, ist eine Beschäftigung mit dem<br />
Thema Zukunftssicherung zwingend notwendig.<br />
Nur wer frühzeitig Maßnahmen ergreift, wird in<br />
der Lage sein, die gewaltigen Herausforderungen,<br />
die der Stadtumbau an die Wohnungsunternehmen<br />
als Hauptakteure der Marktbereinigung<br />
stellt, zu bewältigen.<br />
In Regionen mit einem starken Wachstum sind die<br />
Unternehmensstrategien an den wirtschaft-<br />
1<br />
Vgl. BBSR (2015): Die Raumordnungsprognose<br />
2035 nach dem Zensus. Bevölkerung, private Haushalte<br />
und Erwerbspersonen.<br />
2<br />
Empirica AG (2015): Schwarmstädte in Deutschland.<br />
Ursachen und Nachhaltigkeit der neuen<br />
Wanderungsmuster. Berlin (http://web.gdw.de/<br />
service/publikationen/2888-schwarmstaedte-indeutschland-studie-im-auftrag-des-gdw).<br />
Quelle: <strong>GdW</strong><br />
10 | 2016<br />
11 79
Stadtbau und Stadtentwicklung<br />
Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />
MARKT UND MANAGEMENT<br />
ABB. 3: WANDERUNGSDIMENSIONEN IN DEUTSCHLAND<br />
Binnenwanderung:<br />
3,8 Mio. im Jahr 2013<br />
76 %<br />
17 %<br />
83 %<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
2007<br />
2008<br />
2009<br />
2010<br />
2011<br />
2012<br />
2013<br />
lichen Rahmenbedingungen auszurichten. Dabei<br />
ist gerade bei der Neubauplanung zu beachten,<br />
dass auch ein nachhaltiges Wachstum vorliegt.<br />
Nach den derzeitigen Prognosen und Vorausberechnungen<br />
verzeichnet die überwiegende<br />
Mehrheit der Kreise trotz einer derzeit starken<br />
Nachfrage ab 2030 einen Rückgang der Wohnungsnachfrage.<br />
Außenwanderung:<br />
1,2 Mio. im Jahr 2013<br />
24 %<br />
Vergleich Binnenwanderung/Außenwanderung<br />
Zuzüge über die Gemeindegrenze in Deutschland 2004 bis 2013<br />
Quelle: BBSR, Datenbasis: Destatis, Wanderungsstatistik, Fachserie 1 - Reihe 1.2<br />
Die Unterscheidung zwischen Schrumpfungsund<br />
Wachstumsregionen sowie sog. Schwarmstädten<br />
darf nicht darüber hinwegtäuschen,<br />
dass sich auch innerhalb der Städte und Regionen<br />
ganz unterschiedliche Trends vollziehen.<br />
Es gibt nicht den einen lokalen Wohnungsmarkt<br />
und nicht die eine lokale Wohnungsnachfrage.<br />
Auch in schrumpfenden Regionen gibt es Mikrolagen<br />
mit deutlichen Nachfrageüberhängen.<br />
Hier können deutlich andere Preise und Mieten<br />
als im gesamtstädtischen Durchschnitt aufgerufen<br />
werden.<br />
Für Fragen im Zusammenhang mit der Zukunftsfähigkeit<br />
stehen Ihnen die genossenschaftlichen<br />
Prüfungsverbände der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />
und ihre nahestehenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />
beratend zur<br />
Verfügung.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.pruefungsverbaende.de<br />
ABB. 4: STRATEGIEENTWICKLUNG UND<br />
STRATEGIEIMPLEMENTIERUNG<br />
ABB. 5: PLANUNGSZEITRÄUME<br />
Vision<br />
strategische Planung<br />
(10 Jahre)<br />
Leitbild<br />
Revolvierende Mittelfristplanung<br />
(5 Jahre)<br />
Strategie<br />
Planung<br />
Quelle: <strong>GdW</strong><br />
Wirtschaftsplanung<br />
(1 Jahr)<br />
Erfolgs-, Finanz-, Investitions-,<br />
Desinvestitions-, Personalplanung<br />
Quelle: <strong>GdW</strong><br />
G<strong>DW</strong>-ARBEITSHILFE 76<br />
„ZUKUNFTSFÄHIGKEIT VON WOHNUNGSUNTERNEHMEN“<br />
G<strong>DW</strong>-STUDIE<br />
„SCHWARMSTÄDTE IN DEUTSCHLAND“<br />
Zum o. g. Themenbereich hat der <strong>GdW</strong> eine Arbeitshilfe herausgegeben. Sie<br />
beschäftigt sich nicht nur mit dem Wandel der Wohnungsmärkte und den<br />
Möglichkeiten zur Ermittlung der Wohnungsnachfrage,<br />
sondern befasst sich mit den Notwendigkeiten marktangepasster<br />
Unternehmensstrategien und -planungen<br />
sowie der Implementierung kennzahlenbasierter Risikofrüherkennungssysteme.<br />
Checklisten liefern anwendungsorientiert<br />
Hinweise.<br />
Die <strong>GdW</strong> Arbeitshilfe 76 ist über den <strong>GdW</strong> zu beziehen:<br />
www.gdw.de oder bestellung@gdw.de.<br />
Die vom <strong>GdW</strong> beauftragte und durch Empirica<br />
erstellte Studie „Schwarmstädte in<br />
Deutschland: Ursachen<br />
und Nachhaltigkeit der<br />
neuen Wanderungsmuster<br />
– Endbericht“<br />
ist ebefalls über den<br />
<strong>GdW</strong> zu beziehen:<br />
www.gdw.de oder<br />
bestellung@gdw.de.<br />
12 80 10 | 2016
MARKT UND MANAGEMENT<br />
Bilanz- und Steuerwissen –<br />
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />
Terrorismusprävention als Compliance-Pflicht (auch)<br />
in der Wohnungswirtschaft?<br />
Terrorismus ist zurzeit eine globale Bedrohung. Welchen Beitrag können oder müssen Wohnungsunternehmen<br />
leisten, um dieser Bedrohung entgegenzuwirken? Was ist bei der Vermietung von Wohnungen<br />
und Gewerberäumen zu beachten? Dieser Artikel gibt Hinweise für die praktische Umsetzung.<br />
WP/StB Hans Maier<br />
Vorstand<br />
VdW Bayern<br />
München<br />
Die jüngsten Terroranschläge zeigen einmal mehr,<br />
dass auch die Unterstützer von Terrororganisationen<br />
„normale” Leben führen können. Sie zahlen<br />
ihre Miete, nehmen Pakete für die Nachbarn an,<br />
haben Jobs und beziehen Gehalt. Und genau hier<br />
wird das globale Phänomen Terrorismus für so gut<br />
Dr. Julia Betz<br />
VdW Bayern<br />
München<br />
wie jedes Unternehmen relevant. Denn diese sind<br />
gesetzlich verpflichtet, den Terrorismus weder<br />
direkt noch indirekt zu unterstützen. Das Problem<br />
dabei ist: Wie man die vorgeschriebenen Regeln<br />
genau einhält, lassen die einschlägigen Verordnungen<br />
weitgehend offen. Wie die Vorgaben von<br />
Anti-Terror-Regularien der EU und der USA in der<br />
Praxis effektiv zu erfüllen sind, ist deswegen auch<br />
kaum einem Unternehmen wirklich bewusst.<br />
Die meisten Unternehmen in Deutschland haben<br />
daher aktuell keinen geregelten Umgang mit dem<br />
Thema Terrorismusprävention. Dies liegt zum einen<br />
an den fehlenden Vorgaben und zum anderen<br />
wohl auch daran, dass es bisher schlichtweg noch<br />
keine medienwirksamen Fälle gab, in denen Strafen<br />
verhängt oder Prozesse geführt wurden, weil<br />
Unternehmen gelistete Personen beschäftigt haben<br />
oder sonst mit ihnen in geschäftlichen Kontakt<br />
gekommen sind.<br />
Quelle: Krasimira Nevenova / Shutterstock.com<br />
14 68 11 | 2016
HINTERGRUND<br />
§§<br />
Wohnungsunternehmen<br />
Juris-Finanz-Transaktionsliste:<br />
Identifizierung der Person bzw. des<br />
wirtschaftlich Berechtigten<br />
Anstellungsverhältnisse<br />
gewerbliche Vermietung<br />
Untervermietung<br />
Quelle: VdW Bayern<br />
Das Gefahrenbewusstsein ist daher nach wie vor<br />
gering. Das Risikoszenario wirkt unwahrscheinlich.<br />
Durch die aktuellen Anschläge und die stets<br />
latente Terrorgefahr in Europa gewinnen die Verordnungen<br />
und Richtlinien als Compliance-Pflicht<br />
in den Unternehmen der Mitgliedsstaaten dennoch<br />
immer mehr an Bedeutung.<br />
Im Nachfolgenden werden Rechtsgrundlagen und<br />
daraus resultierende Pflichten dargestellt, der aktuelle<br />
Diskussionsstand in Rechtsprechung, Fachliteratur<br />
und Praxis wiedergegeben und versucht,<br />
mögliche Handlungsansätze für die (Wohnungs-)<br />
Unternehmen aufzuzeigen.<br />
Rechtliche Grundlagen<br />
Auf europäischer Ebene wurde nach den Anschlägen<br />
vom 11. September 2001 auf terroristische<br />
Bedrohungen mit verschiedenen, unmittelbar<br />
geltenden EU-Verordnungen (2580/2001;<br />
881/2002) reagiert. Inhalt ist generell die Beseitigung<br />
der finanziellen Grundlagen des Terrorismus.<br />
Dabei verpflichten die Verordnungen alle<br />
Unternehmen innerhalb der EU, innerbetriebliche<br />
Vorkehrungen zu treffen, dass Geschäftskontakte<br />
zu gesperrten Personen, Organisationen, Vereinigungen<br />
und Unternehmen weder aufgebaut noch<br />
unterhalten werden.<br />
Die verdächtigen Personen und Organisationen<br />
werden in Listen aufgeführt, die regelmäßig<br />
aktualisiert werden. Den aufgelisteten Personen,<br />
Organisationen, Vereinigungen und Unternehmen<br />
dürfen nach Art. 2 der VO (EG) Nr.<br />
881/2002 keine Gelder, sonstige finanzielle<br />
Vermögenswerte, wirtschaftliche Ressourcen<br />
oder Finanzdienstleistungen bereitgestellt<br />
werden. Deshalb bezeichnet man diese Regelung<br />
auch als „Bereitstellungsverbot”. Dieses<br />
Bereitstellungsverbot gilt uneingeschränkt für<br />
alle Unternehmen in der EU und somit auch für<br />
Wohnungsunternehmen.<br />
Des Weiteren wurde im Zuge der internationalen<br />
Terrorismusbekämpfung im Mai 2015 durch<br />
das Europäische Parlament die Vierte Anti-<br />
Geldwäsche-Richtlinie (EU 2015/849) und die<br />
neue Geldtransfer-Verordnung (EU 2015/847)<br />
im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die Mitgliedsstaaten<br />
haben zwei Jahre Zeit, also bis Mitte<br />
<strong>2017</strong>, die neue Richtlinie in nationales Recht<br />
umzusetzen. Auch wenn die Thematik auf den<br />
ersten Blick eher dem Finanzsektor zuzuordnen<br />
ist, so verpflichtet die Richtlinie auch bestimmte<br />
Dienstleister aus dem Nicht-Finanzsektor, zum<br />
Beispiel Notare, Rechtsanwälte, Abschlussprüfer,<br />
externe Buchprüfer und Steuerberater, zur<br />
Mitwirkungspflicht der Einholung registerrelevanter<br />
Informationen. Die Mitgliedsstaaten sind<br />
zudem gehalten, die Richtlinie auf weitere Berufe<br />
oder Unternehmenskategorien auszudehnen, bei<br />
deren Tätigkeiten es besonders wahrscheinlich<br />
ist, dass sie für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung<br />
genutzt werden. Was das konkret<br />
für Wohnungsunternehmen, insbesondere für<br />
Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung,<br />
bedeutet, bleibt bis zur Umsetzung der<br />
Richtlinie in Deutschland abzuwarten. Eine direkte<br />
Verpflichtung der Wohnungsunternehmen<br />
ist derzeit nicht erkennbar.<br />
Am 30. Juli 2016 ist darüber hinaus das neue<br />
Gesetz zum besseren Informationsaustausch<br />
bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus<br />
in Kraft getreten. Dieses neue Anti-<br />
Terror-Paket richtet sich somit an Behörden<br />
und ist in wirtschaftlicher Hinsicht nur für Telekommunikationsdienstanbieter<br />
relevant und<br />
bedarf deshalb an dieser Stelle keiner näheren<br />
Betrachtung.<br />
Bei Verstößen gegen die vorgeschriebenen<br />
Pflichten verlangt der europäische Gesetzgeber<br />
von den einzelnen Mitgliedstaaten die Festlegung<br />
von Sanktionen, die wirksam, verhältnismäßig<br />
und abschreckend sein müssen. Daher können<br />
Unternehmen und verantwortlich handelnde<br />
Personen in Deutschland im Fall des Verstoßes<br />
mit Sanktionen aus § 18 Außenwirtschaftsgesetz<br />
(AWG) und §§ 130, 30 OWiG belegt werden. Es<br />
kommen eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit<br />
in Betracht. Vorsätzliche Verstöße können<br />
mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis<br />
zu fünf Jahren geahndet werden. Wegen der Unterlassung<br />
erforderlicher Aufsichtsmaßnahmen<br />
kann eine Unternehmensgeldbuße verhängt werden.<br />
Zusätzlich drohen Einträge in das Gewerbezentralregister.<br />
Wie die rechtlichen Folgen bei Verstößen für die<br />
verantwortlichen Personen genau aussehen werden,<br />
wird die Rechtsprechung in den nächsten<br />
Jahren sicherlich zeigen. Anzunehmen ist aber<br />
tendenziell, dass die ersten öffentlichen Reaktionen<br />
deutlich sein werden. Im Gegensatz zu<br />
haftungsrechtlichen Sanktionierungen sind die<br />
drohenden Reputationsschäden für Unternehmen<br />
kaum kalkulierbar.<br />
Diskussionsstand in Rechtsprechung und<br />
Fachliteratur<br />
Zur Fragestellung der Umsetzung des Bereitstellungsverbots<br />
sagen die Anti-Terror-Verordnungen<br />
der EG zunächst nicht viel aus. Sie verbieten eindeutig,<br />
dass Unternehmen – auf welche Weise auch<br />
immer – Terrororganisationen über ihre identifizierbaren<br />
Mitglieder finanziell unterstützen.<br />
11 | 2016<br />
15 69
Stadtbau und Stadtentwicklung<br />
Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Manageme<br />
MARKT UND MANAGEMENT<br />
SCHWIERIGKEITEN BEI DER PERSONENIDENTIFIZIERUNG<br />
Mochamed<br />
Hissene<br />
Hussayn Husain<br />
Hossein<br />
Hocine Huseyn Hossain<br />
Hussein<br />
Gusejn<br />
Hysen<br />
Mohamed<br />
Hüseynow<br />
Hüseyin<br />
Husseini<br />
Hissein<br />
Husayn<br />
Gusseinow Mahomet<br />
Muhammad<br />
Muhamet Hüseyn<br />
Mahoma<br />
Muhammet Hosejn<br />
Mehmed Hussaini Hysejn<br />
Hussain Mehmet<br />
usay Huseynow<br />
Gusseynov<br />
Muhammed<br />
Muhamed<br />
Quelle: VdW Bayern<br />
Sie schreiben nicht vor, dass Unternehmen regelmäßig<br />
ihre Mitarbeiterlisten mit den bereitgestellten<br />
Terrorlisten vergleichen müssen. Wie Unternehmen<br />
diese Vorschriften umsetzen, lassen die<br />
Verordnungen weitgehend offen. Das ist auch der<br />
Grund, warum die Verunsicherung der Wirtschaft<br />
so groß ist: Der weitreichende Regelungsgehalt<br />
der EG-Verordnungen wird von fehlenden konkreten<br />
Handlungsempfehlungen für Unternehmen<br />
begleitet.<br />
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle<br />
empfiehlt in seinem Merkblatt „Länderunabhängige<br />
Embargomaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung”<br />
zur Einhaltung des Verbots<br />
der Zurverfügungstellung von Geldern und wirtschaftlichen<br />
Ressourcen „flexible Lösungen”. Diese<br />
seien „von der Ausgestaltung der betriebsinternen<br />
Abläufe des jeweiligen Unternehmens<br />
abhängig”. Für die „unternehmensinterne Umsetzung<br />
der Pflicht zur Einhaltung der Verbote lassen<br />
sich daher keine allgemeingültigen Aussagen<br />
treffen”. Auch hier bleiben die offiziellen Vorgaben<br />
also vage. Weder gesetzliche Bestimmungen<br />
noch Literatur geben praktische Ansatzpunkte für<br />
Abgleichroutinen vor. 1<br />
Dieses „Vakuum“ führt dazu, dass in Rechtsprechung,<br />
Fachliteratur und der Praxis viel Raum für<br />
kontroverse Diskussionen besteht. Insbesondere<br />
äußern Arbeitsrechtler und Datenschutzbeauftragte<br />
ihre Einschätzung und Bedenken zur rechtmäßigen<br />
Umsetzung und Ausgestaltung des Listenabgleichs.<br />
Dabei ist in datenschutzrechtlicher<br />
Hinsicht mittlerweile weitestgehend anerkannt,<br />
dass ein Terrorlisten-Screening grundsätzlich<br />
zulässig ist. Diese Auffassung bestätigt auch eine<br />
Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 19. Juni<br />
2012 – VII R 43/11, die eine Tendenz der Judikative<br />
in Richtung „Pro Listenabgleich” bekundet.<br />
Danach besteht zwar nach wie vor keine explizite<br />
Screening-Pflicht, Listenabgleiche mit Stammdaten<br />
durchzuführen; die oben genannte Rechtsprechung<br />
tendiert aber eindeutig dahin, diese<br />
grundsätzlich als zulässig zu erachten.<br />
Da das Thema aufgrund der aktuellen Brisanz an<br />
Bedeutung gewinnt, ist aktuell viel Aktivität auch<br />
bei IT-Anbietern erkennbar, die die Unternehmen<br />
mit ihren technischen Ansatzpunkten umwerben.<br />
Handlungsansätze in der<br />
(wohnungswirtschaftlichen) Praxis<br />
In der Wohnungswirtschaft ist nach wie vor<br />
nicht eindeutig geregelt oder entschieden, ob<br />
der Bereich Vermietung überhaupt unter die<br />
Anti-Terrorismus-Vorschriften, insbesondere<br />
unter den Begriff der Zurverfügungstellung<br />
„wirtschaftlicher Ressourcen“, fällt. Da sich die<br />
Rechtsgrundlagen auch durch die neuen Anti-<br />
Terrorismus-Vorschriften nicht geändert haben,<br />
stellt sich nach wie vor die Frage, ob eine Prüfungspflicht<br />
im Vorfeld der Wohnungsvergabe<br />
besteht.<br />
Nach einer Stellungnahme des Bundesministeriums<br />
für Wirtschaft und Technologie aus dem Jahr<br />
2008 ist vertretbar, dass für Wohnungsunternehmen<br />
keine Prüfungspflicht im Vorfeld der Wohnungsvergabe<br />
besteht. Das Ministerium vertritt<br />
hierzu die Auffassung, dass die entsprechenden<br />
EU-Verordnungen die persönliche Verwendung<br />
von „wirtschaftlichen Ressourcen“, wie es in den<br />
EU-Verordnungen heißt, gerade nicht meinen.<br />
Etwas anderes gilt nach dem Ministerium dann,<br />
wenn für den Vermieter absehbar ist, dass der<br />
Wohnraum auch für den Erwerb von Geldern verwendet<br />
werden soll, etwa durch Untervermietung<br />
und für die gewerbliche Vermietung. Auch aktuell 2<br />
fasst das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle<br />
in seinem Merkblatt „Länderunabhängige<br />
Embargomaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung”<br />
nur die Vermietung von Gewerberaum unter<br />
den Begriff „wirtschaftliche Ressourcen“.<br />
Diese Auffassung war bislang zu begrüßen, da<br />
in der Praxis zahlreiche Schwierigkeiten bei der<br />
„sicheren“ Identifizierung von Personen über Listen,<br />
bei denen neben dem Problem einer Namensgleichheit<br />
3 auch die Aktualität oft in Frage steht,<br />
bestehen. Hinzu kommen viele offene Fragen (z. B.<br />
Kautionsrückzahlung und Betriebskostenerstattung<br />
als Zurverfügungstellung wirtschaftlicher<br />
Ressourcen auch im Mietverhältnis mit Privaten?<br />
Frequenz des Screenings? Einsatz des Betriebsrats?<br />
Wie läuft das weitere Verfahren bei einem<br />
Treffer ab? Prozessbeschreibungen?). Ganz unabhängig<br />
hiervon stellt sich auch die Frage, ob<br />
der Einsatz überhaupt zielführend ist. So ist kaum<br />
davon auszugehen, dass sich ein Terrorist mit seinem<br />
richtigen Namen einmieten wird.<br />
Für den Bereich Vermietung an Privat besteht nach<br />
wie vor aktuell kein zwingendes Handlungsgebot.<br />
Bei der gewerblichen Vermietung und allgemein<br />
16 70 11 | 2016
nt<br />
Rechtssprechung<br />
Haufe Gruppe<br />
für Anstellungsverhältnisse ist das Wohnungsunternehmen<br />
jedoch eindeutig Adressat. Alleine<br />
die verkehrsübliche Sorgfalt erfordert hier<br />
zumutbare Maßnahmen.<br />
Handlungsempfehlungen bisher lauteten dahingehend,<br />
dass das Unternehmen, um auf<br />
„Nummer sicher“ zu gehen, die gültigen Namenslisten<br />
aus dem Internet herunterladen und<br />
einen „kurzen“, jedoch gewissenhaften „Check“<br />
vornehmen soll. Diese Handlungsempfehlung<br />
gilt zum heutigen Zeitpunkt aufgrund der akuten<br />
Brisanz der Thematik „internationale Terrorismusbekämpfung“<br />
umso mehr. Die manuelle<br />
Prüfung kann erfolgen über die Juris-Finanz-<br />
Sanktionsliste 4 . Parallel dazu werden die EG-<br />
Verordnungen mit den jeweiligen Ergänzungen<br />
zuerst im Amtsblatt der EU veröffentlicht 5 und<br />
dann in die EU-Datenbank 6 eingepflegt.<br />
Darüber hinaus kann zum jetzigen Zeitpunkt<br />
keine konkrete Handlungsempfehlung ausgesprochen<br />
werden, ob und inwieweit ein Einsatz<br />
technischer Mittel geboten ist. Wie im Merkblatt<br />
des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle<br />
zutreffend angesprochen, ist dies<br />
im Interesse der spezifischen Unternehmenssituation,<br />
die flexible Lösungen erfordert, von<br />
der Ausgestaltung der betriebsinternen Abläufe<br />
des jeweiligen Unternehmens abhängig. Dass<br />
in jedem Fall teure Technik und Personalressourcen<br />
eingesetzt werden, kann sicher nicht<br />
verlangt werden.<br />
Wichtig ist, dass das Thema von den Wohnungsunternehmen<br />
nicht ad acta gelegt wird.<br />
Sinnvoll hierzu sind die fortlaufende Information<br />
und der Erfahrungsaustausch (ggf.<br />
in internen und externen Arbeitsgruppen),<br />
inwieweit Mittel unternehmensgerecht einund<br />
umgesetzt werden können.<br />
1<br />
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle,<br />
Merkblatt „Länderunabhängige Embargomaßnahmen<br />
zur Terrorismusbekämpfung”, abrufbar unter<br />
www.ausfuhrkontrolle.info/ausfuhrkontrolle/de/<br />
arbeitshilfen/ merkblaetter/merkblatt_ebt.pdf<br />
(Abruf 16. 9. 2016)<br />
2<br />
Abruf: 16. 7. 2016<br />
3<br />
Allein für den Vornamen „Mohammed”, immerhin<br />
einer der häufigsten Vornamen der Welt, ergänzt<br />
um den mindestens ebenso weit verbreiteten<br />
Nachnamen „Hussein” kommt nun allein im Rahmen<br />
der Transkription aus arabischen in lateinische Lettern<br />
eine Vielfalt an Schreibweisen in Betracht.<br />
4<br />
http://www.finanz-sanktionsliste.de/fisalis/jsp/<br />
index.jsf<br />
5<br />
http://eurlex.europa.eu/homepage.html<br />
6<br />
http://eeas.europa.eu/ topics/sanctions-policy/8442/<br />
consolidated-list-of-persons-groups-and-entitiessubject-to-eufinancial-sanctions_en<br />
Weitere Informationen:<br />
www.pruefungsverbaende.de
MARKT UND MANAGEMENT<br />
Bilanz- und Steuerwissen –<br />
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />
Der Teufel steckt im Detail – Änderungen im Anhang<br />
durch das BilRUG<br />
Zum 31. Dezember 2016 ist der Jahresabschluss erstmals nach dem Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz<br />
(BilRUG) aufzustellen. Dieser Artikel fasst die wesentlichen Änderungen der Anhangvorschriften für den<br />
Einzelabschluss von Wohnungsunternehmen zusammen und rundet damit die Artikelreihe zum BilRUG ab.<br />
WP Claudia Buchta<br />
Qualitätssicherungsstelle<br />
<strong>GdW</strong><br />
Berlin<br />
Vollumfassend sind die Änderungen der Anhangvorschriften<br />
nach BilRUG erstmals auf Jahres- und<br />
Konzernabschlüsse sowie Lage- und Konzernlageberichte<br />
für das nach dem 31. Dezember<br />
2015 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden.<br />
Der Artikel stellt die Änderungen im Anhang des<br />
Einzelabschlusses in Bezug auf die allgemeinen<br />
(§ 284 HGB) und die speziellen Angaben (§ 285<br />
HGB) zusammengefasst dar. Die hier dargelegten<br />
Änderungen der Anhangangaben gelten für<br />
Wohnungsunternehmen in der Rechtsform der<br />
Kapitalgesellschaft wie auch der Genossenschaft.<br />
Soweit für kleine und mittelgroße Unternehmen<br />
Erleichterungen in Bezug auf die Neuregelungen<br />
vorliegen, wird darauf hingewiesen.<br />
Allgemeine Anhangangaben<br />
§ 284 HGB enthält allgemeine Vorschriften zum<br />
Aufbau und zum Inhalt des Anhangs. Nach BilRUG<br />
sind die Angaben im Anhang nun in der Reihenfolge<br />
der einzelnen Posten der Bilanz und Gewinn-<br />
und Verlustrechnung (GuV) vorzunehmen.<br />
Ferner wurde die gesonderte Angabepflicht zu den<br />
Grundlagen der Fremdwährungsumrechnung aufgehoben,<br />
so dass nur noch implizit eine Angabe<br />
über § 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB möglich ist.<br />
Eine wesentliche Änderung betrifft die Gliederung<br />
des Anlagenspiegels. Nach § 284 Abs. 3 HGB ist<br />
der Anlagenspiegel nun als Bruttoanlagenspiegel<br />
zwingend im Anhang anzugeben. Des Weiteren sind<br />
im Geschäftsjahr die jeweils in den Herstellungskosten<br />
aktivierten Fremdkapitalzinsen pro Posten<br />
zu benennen. Diese Angabe kann jedoch auch unter<br />
dem Anlagenspiegel vorgenommen werden.<br />
Nach dem BilRUG enthält der Anlagenspiegel zukünftig<br />
folgende Positionen:<br />
INHALT DES BRUTTOANLAGEN<br />
SPIEGELS NACH BILRUG<br />
Anschaffungs- und Herstellungskosten zum<br />
Geschäftsjahresbeginn<br />
Zugänge, Abgänge, Umbuchungen und<br />
Zuschreibungen im Geschäftsjahr<br />
Anschaffungs- und Herstellungskosten zum<br />
Ende des Geschäftsjahres<br />
Kumulierte Abschreibungen zum Geschäftsjahresbeginn<br />
Abschreibungen des Geschäftsjahres<br />
Änderung der Abschreibungen in Zusammenhang<br />
mit Zugängen, Abgängen und Umbuchungen<br />
Kumulierte Abschreibungen Ende des<br />
Geschäftsjahres<br />
Buchwert zum Geschäftsjahresbeginn und zum<br />
Ende des Geschäftsjahres<br />
Für die Darstellung des Anlagenspiegels im Anhang<br />
empfiehlt sich nach wie vor eine spaltenweise<br />
Querdarstellung. Die Änderungen der allgemeinen<br />
Anhangangaben betreffen kleine bis große<br />
Wohnungsunternehmen (Kapitalgesellschaften<br />
und Genossenschaften) gleichermaßen. Erleichterungen<br />
sind nicht vorgesehen.<br />
Spezielle Anhangangaben (§ 285 HGB)<br />
Die neugefasste Nr. 3 enthält eine Ausweitung der<br />
Angabepflicht zu nicht in der Bilanz enthaltenen<br />
Geschäften auf die finanziellen Auswirkungen.<br />
Die Angabepflicht wird jedoch auf wesentliche<br />
Sachverhalte beschränkt.<br />
Die geänderte Nr. 3 a enthält in Bezug auf die<br />
sonstigen finanziellen Verpflichtungen eine gesonderte<br />
Angabepflicht von Verpflichtungen betreffend<br />
die Altersvorsorge und Verpflichtungen<br />
gegenüber assoziierten Unternehmen. Die neugefasste<br />
Nr. 4 verlangt nun eine Aufgliederung<br />
der Umsatzerlöse nach Verkauf, Vermietung oder<br />
Verpachtung von Produkten und der Erbringung<br />
von Dienstleistungen; die gewöhnliche Geschäftstätigkeit<br />
spielt künftig keine Rolle mehr.<br />
Die Angabepflicht zu Steuern vom Einkommen und<br />
vom Ertrag fällt weg (Nr. 6). In Bezug auf Nr. 9 c<br />
erfolgt eine Erweiterung der Berichtspflicht um<br />
die im Berichtsjahr erlassenen Beträge. Die Angabe<br />
über Beteiligungen in Bezug auf den neugefassten<br />
§ 271 Abs. 1 HGB (Vermutung einer Beteiligung<br />
bei einem Anteilswert ab 20 %) wird in Nr. 11<br />
dargestellt. Mit Nr. 11 b werden die Angaben zu<br />
Beteiligungen bei börsennotierten Unternehmen<br />
als eigene Nummer dargestellt. Gemäß Nr. 13 ist<br />
eine Erläuterung zum Abschreibungszeitraum<br />
eines entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder<br />
Firmenwerts vorzunehmen.<br />
Die Aufteilung der Angaben zum Mutterunternehmen,<br />
welches den Konzernabschluss aufstellt, ist<br />
auf Nr. 14 (größter Kreis) und Nr. 14 a (kleinster<br />
Kreis) aufgeteilt. Die neu eingefügte Nr. 15 a<br />
verlangt die Angabe von Anzahl und verbrieften<br />
Rechten für Genussscheine, Genussrechte,<br />
Wandelschuldverschreibungen, Optionsscheinen,<br />
Optionen, Besserungsscheinen, vergleichbare<br />
Wertpapiere und Rechte.<br />
Die Nr. 30 bis 34 sind neu eingefügt und enthalten<br />
folgende Regelungen:<br />
18 64 12 | 2016
nd Management<br />
Rechtssprechung<br />
Haufe Gruppe<br />
Stadtbau und Stadtentwicklung<br />
Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />
• Bei Angabe von latenten Steuern in der Bilanz<br />
sind im Anhang die Steuersalden zum<br />
Abschlussstichtag sowie die im Laufe des Geschäftsjahres<br />
erfolgten Veränderungen der<br />
Salden anzugeben (Nr. 30).<br />
• Angabe von Betrag und Art von Erträgen und<br />
Aufwendungen von außergewöhnlicher Größenordnung<br />
oder außergewöhnlicher Bedeutung,<br />
wenn die Beträge nicht von untergeordneter<br />
Bedeutung sind (Nr. 31).<br />
• Erläuterung von periodenfremden Erträgen und<br />
Aufwendungen (Betrag, Art), wenn die Beträge<br />
nicht von untergeordneter Bedeutung sind<br />
(Nr. 32).<br />
• Angabe wesentlicher Ereignisse nach dem Bilanzstichtag<br />
(Art, finanzielle Auswirkungen),<br />
die weder in der Bilanz noch in der GuV enthalten<br />
sind (vormals „Nachtragsbericht“ im<br />
Lagebericht) (Nr. 33).<br />
• Angabe des Vorschlages oder des Beschlusses<br />
über die Verwendung des Gewinns (Nr. 34).<br />
G<strong>DW</strong>FACHBÜCHER<br />
Erleichterungen für kleine und mittelgroße<br />
Wohnungsunternehmen<br />
Kleine Wohnungsunternehmen sind nur von wenigen<br />
der neuen Änderungen nach BilRUG betroffen.<br />
Dazu gehören Nr. 3 a, 9 c, 13 und 31 (vgl. § 288<br />
Abs. 1 HGB). Ebenso ist bei einer Angabepflicht<br />
nach Nr. 14 a nicht der Ort anzugeben, an dem<br />
der Konzernabschluss erhältlich ist. Mittelgroße<br />
Wohnungsunternehmen sind nur von zwei der<br />
neuen Berichtspflichten ausgenommen (vgl. § 288<br />
Abs. 2 HGB). Diese betreffen die Angaben zu den<br />
Umsatzerlösen (Nr. 4) und den periodenfremden<br />
Aufwendungen und Erträgen (Nr. 32).<br />
Für kleine und mittelgroße Wohnungsunternehmen<br />
in der Rechtsform der Genossenschaft gelten<br />
über § 336 Abs. 2 Nr. 2 HGB die o. g. Erleichterungen<br />
für die neuen Anhangvorschriften. Jedoch ist<br />
zu beachten, dass aufgrund der Sondervorschrift<br />
des § 338 Abs. 3 HGB die Änderungen zu den Angabepflichten<br />
der Nr. 9 c bei Genossenschaften<br />
nicht greifen.<br />
Sollte im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung<br />
eines Wohnungsunternehmens abweichend von<br />
ihrer Unternehmensgröße eine Aufstellungspflicht<br />
wie für große Kapitalgesellschaften verankert<br />
sein, dann sind die Änderungen des BilRUG<br />
in Bezug auf den Anhang umfassend anzuwenden.<br />
Weiterführende Informationen finden Sie in den<br />
Fachbüchern „Erläuterungen zur Rechnungslegung<br />
der Wohnungsunternehmen“ und „Kommentar<br />
zum Kontenrahmen der Wohnungswirtschaft“,<br />
die im November bzw. Dezember 2016<br />
als Neuauflage bei Haufe erscheinen.<br />
Das Fachbuch „Erläuterungen zur Rechnungslegung<br />
der Wohnungsunternehmen“ (ISBN 978-<br />
3-648-07970-6) beantwortet viele Fragen<br />
rund um den Jahresabschluss für die Rechtsformen<br />
Kapitalgesellschaft und Genossenschaft<br />
und ist ein unverzichtbares Standardwerk der<br />
unternehmerischen Wohnungswirtschaft. Der<br />
„Kommentar zum Kontenrahmen der Wohnungswirtschaft“<br />
(ISBN 978-3-648-07971-3)<br />
ist ebenso ein Standardwerk für die Unternehmen<br />
der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />
und erläutert anschaulich die einzelnen Posten<br />
der Bilanz und der GuV.<br />
Bestellungen unter:<br />
shop.haufe.de<br />
Erleichterungen für Kleinstunternehmen<br />
Kleinstkapitalgesellschaften und Kleinstgenossenschaften<br />
brauchen den Jahresabschluss nicht<br />
um einen Anhang zu erweitern, wenn sie unter der<br />
Bilanz gesetzlich festgelegte Angaben vornehmen.<br />
Diese sind für Kleinstkapitalgesellschaften in § 264<br />
Abs. 1 Satz 5 HGB (hier wirkt sich die Änderung<br />
der Nr. 9 c durch das BilRUG aus) und für Kleinstgenossenschaften<br />
in § 338 Abs. 4 HGB festgelegt.<br />
Fazit<br />
Die erstmalige Umsetzung der neuen Vorschriften<br />
für den Anhang ist eine große Herausforderung<br />
bei der Aufstellung des Jahresabschlusses zum<br />
31. Dezember 2016. Der Anhang wird vom Gesetzgeber<br />
immer mehr erweitert und mit Informationen<br />
angereichert. Daher ist es unabdingbar,<br />
durch Hilfsmittel und Kontrollmechanismen<br />
sicherzustellen, dass alle gesetzlich geforderten<br />
Angaben enthalten sind. Für Fragen zur Umsetzung<br />
der neuen Vorschriften des BilRUG oder zum<br />
Aufbau des Anlagenspiegels stehen die genossenschaftlichen<br />
Prüfungsverbände der Wohnungsund<br />
Immobilienwirtschaft und ihre nahestehenden<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gerne<br />
beratend zur Verfügung.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.pruefungsverbaende.de
MARKT UND MANAGEMENT<br />
Bilanz- und Steuerwissen –<br />
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />
Tax Compliance: ein „Must“ – oder ein „Nice to have“?<br />
Der Begriff „Tax Compliance“ ist in letzter Zeit in aller Munde. Doch was verbirgt sich eigentlich<br />
dahinter? Braucht jedes Wohnungs- und Immobilienunternehmen ein Tax-Compliance-Management-System<br />
(Tax-CMS)? Der Artikel beantwortet diese Fragen.<br />
Quelle: <strong>GdW</strong>, Berlin<br />
Prof. Dr. Klaus-Peter Hillebrand<br />
Vorstandsmitglied<br />
BBU und VSWG<br />
Berlin, Dresden<br />
Viele Unternehmen haben bereits unternehmensindividuell<br />
angepasste Compliance-Management-<br />
Systeme (CMS) etabliert. Diese Systeme bilden<br />
solide Ecksteine, die Sicherheit für die unternehmensweite<br />
Regelbefolgung gewähren. Fast zehn<br />
Jahre Compliance in Deutschland haben sich bewährt.<br />
Selbstverständlich beinhalten diese Systeme<br />
auch die Befolgung steuerlicher Vorgaben. Ein Tax-<br />
Compliance-Baustein ist mit Sicherheit bereits jetzt<br />
– neben den typischen Risikofeldern der Wohnungsund<br />
Immobilienwirtschaft – in der überwiegenden<br />
Anzahl der Systeme eingebettet.<br />
Das rechtliche Umfeld hat sich jedoch in der letzten<br />
Zeit deutlich geändert. Das Steuerrecht und<br />
CMS IN DER WOHNUNGSWIRTSCHAFT<br />
Bauwesen/<br />
Auftragsvergabe<br />
Verkehrssicherungspflichten<br />
Geschenke,<br />
Zuwendungen,<br />
Spenden, Sponsoring<br />
Daniela Jochmann-Markus<br />
Rechtsanwältin/Syndika<br />
DOMUS AG<br />
Berlin<br />
die zu erfüllenden steuerlichen Pflichten sind<br />
komplexer geworden. Und dies wird sich in Zukunft<br />
auch nicht ändern. Im gleichen Maße hat sich<br />
die Rechtsprechung zum Steuerstrafrecht verschärft.<br />
Die Anforderungen an den Steuerpflichtigen<br />
sind gestiegen. Die Steuerbehörden werden<br />
restriktiver und forcieren ein schärferes Vorgehen<br />
gegen diejenigen, die ihre steuerlichen Pflichten<br />
nicht ordnungsgemäß erfüllen. Anforderungen<br />
an Transparenz und Dokumentation steigen, und<br />
natürlich macht das Thema „Digitalisierung“ auch<br />
vor den Steuerabteilungen nicht Halt. Auf die Erfüllung<br />
der steuerlichen Sorgfaltsanforderungen<br />
wird daher zukünftig mehr Gewicht gelegt.<br />
Wohnungsvergabe<br />
und -verwaltung<br />
Steuern<br />
(Tax Compliance)<br />
weitere sensible<br />
Bereiche der<br />
Wohnungswirtschaft<br />
Grundlagen<br />
Mit Schreiben vom 23. Mai 2016 hat das Bundesministerium<br />
der Finanzen (BMF) den Anwendungserlass<br />
zu § 153 AO mit sofortiger Wirkung ergänzt<br />
(BStBl. I, 2016, 490). Das BMF-Schreiben erläutert,<br />
wie die „Berichtigung einer Steuererklärung“<br />
(§ 153 AO) von einer „Selbstanzeige“ (§§ 371, 378<br />
Absatz 3 AO) abzugrenzen ist. Unter Ziffer 2.6 des<br />
BMF-Schreibens befindet sich die entscheidende<br />
Aussage: Ein „innerbetriebliches Kontrollsystem“,<br />
ergo ein Tax-Compliance-Management-System<br />
(Tax-CMS), kann als Indiz angesehen werden,<br />
Vorsatz oder Leichtfertigkeit im Hinblick auf eine<br />
Steuerstraftat auszuschließen. Wie das geforderte<br />
innerbetriebliche Kontrollsystem inhaltlich ausgestaltet<br />
werden soll, gibt das BMF nicht vor. Nur<br />
eines ist klar: Wer künftig kein angemessenes, auf<br />
sein Unternehmen individuell zugeschnittenes<br />
Tax-CMS hat, läuft Gefahr, auch für kleine Fehler<br />
in strenge Haftung genommen zu werden.<br />
Wie muss dieses innerbetriebliche Kontrollsystem<br />
nun ausgestaltet sein, um die benötigte Indizwirkung<br />
entfalten zu können?<br />
Schon kurze Zeit nach Veröffentlichung des BMF-<br />
Schreibens hat die Arbeitsgruppe „Tax Compliance“<br />
des Instituts der Wirtschaftsprüfer (I<strong>DW</strong>),<br />
Düsseldorf, einen Entwurf über die „Ausgestaltung<br />
und Prüfung eines Tax-Compliance-Management-Systems<br />
gemäß I<strong>DW</strong> PS 980“ (Entwurf<br />
Praxishinweis 1/2016, Stand 22.06.2016, I<strong>DW</strong><br />
Life 9/2016, S. 792) herausgegeben. In Abschnitt<br />
4 dieses Entwurfs wird die „Ausgestaltung eines<br />
Tax-CMS“ beschrieben. Sieben Grundelemente eines<br />
TAX-CMS, die abhängig vom jeweiligen Unternehmen<br />
und dessen Bedürfnissen unterschiedlich<br />
ausgeprägt sein können, werden erläutert. Die im<br />
Entwurf aufgeführten Grundelemente stellen dabei<br />
ausdrücklich keinen Mindeststandard dar (vgl.<br />
Textziffer 25 dieses Entwurfs).<br />
20 58 1 | <strong>2017</strong>
Stadtbau und Stadtentwicklung<br />
Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />
Die sieben Elemente eines TAX-CMS<br />
Die Elemente stellen dar, was ein Tax-CMS leisten<br />
sollte, um das Tatbestandsmerkmal der „Leichtfertigkeit“<br />
im Rahmen einer Steuerverkürzung<br />
oder das Tatbestandmerkmal des „Vorsatzes“ im<br />
Rahmen der Steuerhinterziehung zu widerlegen<br />
und um als Indiz der Ordnungsmäßigkeit des<br />
Umgangs mit steuerlichen Angelegenheiten zu<br />
gelten.<br />
Bei der Einrichtung eines Tax-CMS müssen die<br />
individuellen Gegebenheiten im Unternehmen<br />
natürlich berücksichtigt werden. Geschäftszweck,<br />
Größe, Organisation, Strukturen, Ablauf- und Organisationsprozesse<br />
bilden den Ausgangspunkt<br />
für die Entwicklung eines passenden unternehmensindividuellen<br />
Tax-CMS (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit).<br />
Somit ist bei kleinen Unternehmen<br />
mit übersichtlichen steuerlichen Vorgängen<br />
das Tax-CMS deutlich weniger ausgeprägt als bei<br />
großen Unternehmen mit z. B. Bauträger- oder<br />
internationalem Geschäft. Daher empfiehlt es<br />
sich, vor der Überprüfung der bereits eingerichteten<br />
Kontrollmaßnahmen bzw. der Einrichtung<br />
eines Kontrollsystems eine Bestandsaufnahme<br />
der steuerlichen Risikofelder im Unternehmen<br />
vorzunehmen.<br />
Tax Compliance<br />
Auch die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />
muss sich mit Tax Compliance befassen. Hier gibt<br />
es eine Vielzahl von Bereichen, die Tax-CMS-sensibel<br />
sind. Immobilienerwerbe und -veräußerung<br />
einzelner Objekte bzw. Portfolios stehen dabei<br />
besonders im Fokus. Es gilt, Steuerkonzepte zu<br />
kontrollieren, die steuerliche Gestaltungsberatung<br />
zu überwachen und Steueroptimierung im<br />
Auge zu behalten. Weitere sensible Schwerpunkte<br />
für Tax Compliance bilden die Grunderwerb-, die<br />
Grund- und natürlich auch die Umsatzsteuer.<br />
Diese Aufzählung ist keinesfalls abschließend:<br />
Aber welches Tax-CMS-Konzept ist das Beste für<br />
ein Unternehmen, das im Bereich der Wohnungsund<br />
Immobilienwirtschaft tätig ist?<br />
Tax-CMS und seine Umsetzung<br />
Für ein Tax-CMS müssen Wohnungs- und Immobilienunternehmen<br />
ihre steuerlichen Prozesse<br />
betrachten, überprüfen und möglicherweise individuell<br />
anpassen (siehe oben). Die relevanten<br />
Steuervorschriften müssen systematisch erfasst<br />
werden und „auf dem Radar“ bleiben. Zeitnah sind<br />
gesetzliche Änderungen im Steuerrecht zu identifizieren<br />
und im System zu implementieren. Risikoeinschätzungen<br />
sind für alle relevanten Steuerarten<br />
durchzuführen. Alle im Unternehmen mit<br />
Buchhaltung und Steuerwesen beteiligten Personen<br />
müssen aufgelistet werden, ferner zuständige<br />
Behörden und Ämter sowie Geschäftspartner und<br />
andere Unternehmen, die mit den unternehmenssteuerlichen<br />
Angelegenheiten Berührungspunkte<br />
haben. Auch die Überprüfung und die regelmäßige<br />
Fortbildung sind wichtig.<br />
Fristenbücher sind ebenfalls wichtig. Steuerverbindlichkeiten<br />
müssen präzise berechnet, offengelegt<br />
und fristgerecht bezahlt werden. Der<br />
Einbehalt und die Abführung von Abzugssteuern<br />
sind zu überwachen. Die Prüfung, ob außergerichtliche<br />
oder gerichtliche Rechtsbehelfe einzulegen<br />
sind, gehört an eine kompetente Stelle.<br />
Von Bedeutung sind natürlich auch die präzise und<br />
vollständige Berechnung von Steuerrückstellungen.<br />
Betriebseinnahmen und -ausgaben sind Besteuerungsgrundlagen<br />
und gehören in den Fokus.<br />
Bei Kapitalgesellschaften sind mögliche verdeckte<br />
Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen<br />
im Blick zu behalten. Im Bereich der Umsatzsteuer<br />
ist auf Umsatzsteuerfreiheit, Vorsteuerabzug<br />
und Umsatzsteuerhaftung für Dritte zu achten. Ein<br />
weiteres Thema ist die Vorbereitung und Begleitung<br />
von Betriebsprüfungen. Für die Zusammenarbeit<br />
mit Steuerberatern und Finanzbehörden<br />
müssen Arbeitsanweisungen erstellt werden.<br />
Und, und das ist besonders wichtig: All diese Angelegenheiten<br />
müssen kommuniziert werden. Für<br />
alle steuerlich relevanten Bereiche muss es adäquate<br />
Dokumentationspflichten geben. Es muss<br />
klar sein, wer welche Aufgaben und Verantwortlichkeiten<br />
hat und wer autorisiert ist, bestimmte<br />
Entscheidungen zu treffen. Dazu gehören auch<br />
ein fristgerechtes „Steuer-Reporting“ an die<br />
Geschäftsleitung sowie eine fundierte Steuerplanung.<br />
Quelle: DOMUS AG<br />
SIEBEN ELEMENTE EINES TAX-CMS<br />
7. Tax-<br />
Compliance-<br />
Überwachung und<br />
-Verbesserung (permanente<br />
Prüfung<br />
von Prozessen)<br />
6. Tax-<br />
Compliance-<br />
Kommunikation<br />
(Berichtsanlässe,<br />
Schnittstellen mit<br />
anderen<br />
Bereichen,<br />
IKS)<br />
2. Tax-<br />
Compliance-Ziele<br />
(Grundlage für die<br />
Beurteilung der<br />
Tax Compliance-<br />
Risiken)<br />
1. Tax-<br />
Compliance-Kultur<br />
(Beachtung von<br />
Steuer regeln und<br />
deren ordnungsgemäße<br />
Erfüllung)<br />
5. Tax-<br />
Compliance-<br />
Programm ( z. B. Vier-<br />
Augenprinzip,<br />
Anweisungen,<br />
Schulungen)<br />
3. Tax-<br />
Compliance-<br />
Organisation (Definition<br />
Verantwortlichkeiten<br />
und<br />
Arbeitsbereiche)<br />
4. Tax-<br />
Compliance-<br />
Risiken<br />
(in Bezug auf<br />
Steuerart/<br />
Prozesse)<br />
Fazit<br />
Eine Herausforderung für das Jahr <strong>2017</strong> ist somit<br />
die Überprüfung des vorhandenen unternehmensindividuellen<br />
Tax-CMS auf Angemessenheit und<br />
Wirksamkeit bzw. der Aufbau eines solchen.<br />
Neben der Schutzfunktion für die Geschäftsleitung<br />
und die Steuerabteilung vor steuerlichen und strafrechtlichen<br />
Haftungsrisiken bietet ein gut eingerichtetes<br />
Tax-CMS noch mehr. Zusätzlich dient es<br />
als gute Grundlage für eine valide Steuerplanung<br />
und Optimierung, damit eine möglichst geringe<br />
Steuerbelastung erreicht werden kann.<br />
Für Fragen zum Aufbau eines Tax-CMS stehen die<br />
genossenschaftlichen Prüfungsverbände der Wohnungs-<br />
und Immobilienwirtschaft und ihre nahestehenden<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />
gerne beratend zur Verfügung. Weiterführende<br />
Informationen finden sich in der Neuauflage der<br />
früheren <strong>GdW</strong> Arbeitshilfe 62 „Compliance in der<br />
Wohnungswirtschaft“, die Anfang <strong>2017</strong> erscheinen<br />
wird.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.pruefungsverbaende.de<br />
1 | <strong>2017</strong><br />
21 59
MARKT UND MANAGEMENT<br />
Bilanz- und Steuerwissen –<br />
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />
Nachhaltigkeitsberichterstattung – was kommt auf die<br />
Wohnungsunternehmen zu?<br />
Das Bundesjustizministerium hat im März 2016 den Entwurf eines CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes<br />
veröffentlicht. Danach sollen große kapitalmarktorientierte Unternehmen zukünftig verpflichtet werden,<br />
über wesentliche nichtfinanzielle Belange in einem besonderen Abschnitt des Lageberichts zu berichten.<br />
Anlass genug, sich mit dem Thema zu beschäftigen.<br />
WP Christian Gebhardt<br />
Referent Betriebswirtschaft,<br />
Rechnungslegung und Förderung,<br />
<strong>GdW</strong><br />
Vorstand <strong>GdW</strong> Revision AG<br />
Berlin<br />
Große kapitalmarktorientierte Unternehmen sollen<br />
nach dem CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz<br />
zukünftig verpflichtet werden, über wesentliche<br />
nichtfinanzielle Belange in einem besonderen<br />
Abschnitt des Lageberichts zu berichten („nichtfinanzielle<br />
Erklärung“). Unter „Corporate Social<br />
Responsibility“ oder kurz CSR ist die gesellschaftliche<br />
Verantwortung von Unternehmen als Teil des<br />
nachhaltigen Wirtschaftens zu verstehen.<br />
Die nichtfinanzielle Erklärung soll neben Angaben<br />
zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen<br />
sowie zur Achtung der Menschenrechte und zur<br />
Bekämpfung von Korruption auch eine kurze Beschreibung<br />
des Geschäftsmodells, der von der Gesellschaft<br />
in Bezug auf diese Belange verfolgten<br />
Konzepte sowie die wichtigsten nichtfinanziellen<br />
Leistungsindikatoren enthalten. Sofern in Bezug<br />
auf einzelne Belange kein Konzept verfolgt wird,<br />
besteht die Pflicht zur Abgabe einer Negativerklärung<br />
nebst klarer und begründeter Erläuterung der<br />
Gründe. Auf den Ausweis berichtspflichtiger Aspekte<br />
darf lediglich dann verzichtet werden, wenn<br />
damit das Risiko einer ernsthaften Schädigung der<br />
Geschäftslage einhergeht.<br />
recht Gebrauch gemacht, die nichtfinanzielle<br />
Erklärung entweder innerhalb des Lageberichts<br />
oder im Rahmen eines eigenständigen CSR- oder<br />
integrierten Berichts zu veröffentlichen. Des<br />
Weiteren ist vorgesehen, die nichtfinanzielle<br />
Erklärung nur einer formellen Prüfung durch den<br />
Abschlussprüfer zu unterziehen. Das bedeutet,<br />
dass der Abschlussprüfer lediglich die Vorlage<br />
der nichtfinanziellen Erklärung prüft und nicht<br />
deren Inhalt.<br />
Die Verwendung von Berichtsrahmenwerken<br />
soll dabei ausdrücklich erlaubt sein – der Entwurf<br />
zur Umsetzung der CSR-Richtlinie nennt<br />
hierbei explizit den Deutschen Nachhaltigkeitskodex<br />
(DNK).<br />
Welche Berichtsstandards stehen Wohnungsunternehmen<br />
zur Verügung?<br />
Der <strong>GdW</strong> hat bereits im Jahr 2014 zusammen mit<br />
dem Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) und<br />
der AGW Arbeitsgemeinschaft großer Wohnungsunternehmen<br />
die erste branchenspezifische Ergänzung<br />
des DNK 1 entwickelt. Diese erweitert die<br />
DNK-Kriterien (vgl. Tabelle auf S. 59) um spezifische<br />
Kriterien, die für die Wohnungswirtschaft von<br />
besonderer Bedeutung sind und gibt eine Orientierungshilfe,<br />
welche Aktivitäten und Kernpunkte Unternehmen<br />
der Wohnungs- und Immobilienbranche<br />
jeweils berichten können und sollten.<br />
Obwohl die Nachhaltigkeitsberichterstattung für<br />
die meisten Wohnungsunternehmen derzeit<br />
Berichterstattung und Prüfung der<br />
nichtinanziellen Erklärung<br />
Im Rahmen der Umsetzung der CSR-Richtlinie<br />
hat Deutschland von dem Mitgliedsstaatenwahl-<br />
Quelle: <strong>GdW</strong><br />
22 58 2 | <strong>2017</strong>
STRUKTUR UND KRITERIEN DES DNK<br />
Strategie (Kriterien 1.-4.) Prozessmanagement (Kriterien 5.-10.)<br />
1. Strategische Analyse und Maßnahmen 1. Verantwortung<br />
2. Wesentlichkeit 2. Regeln und Prozesse<br />
3. Ziele 3. Kontrolle<br />
4. Tiefe der Wertschöpfungskette 4. Anreizsysteme<br />
5. Beteiligung von Anspruchsgruppen<br />
6. Innovations- und Produktmanagement<br />
WAS IST EINE DNK-<br />
ENTSPRECHENSERKLÄRUNG?<br />
In einer Entsprechenserklärung zum Deutschen<br />
Nachhaltigkeitskodex berichtet das Unternehmen,<br />
wie es den Kodexkriterien entspricht (comply),<br />
oder erklärt plausibel, warum es ein Kriterium<br />
ggf. nicht berichtet (explain). Hierfür steht den<br />
Unternehmen der Service der DNK-Datenbank<br />
des RNE auf www.nachhaltigkeitskodex.eu zur<br />
Verfügung.<br />
Umwelt (Kriterien 11.-13.) Gesellschaft (Kriterien 14.-20.)<br />
1. Inanspruchnahme von natürlichen<br />
Ressourcen<br />
1. Arbeitnehmerrechte<br />
G<strong>DW</strong>-INFORMATIONSBROSCHÜRE<br />
Quelle: <strong>GdW</strong><br />
2. Ressourcenmanagement 2. Chancengerechtigkeit<br />
3. Klimarelevante Emissionen 3. Qualifizierung<br />
4. Menschenrechte<br />
5. Gemeinwesen<br />
6. Politische Einflussnahme<br />
7. Gesetzes- und richtlinienkonformes<br />
Verhalten<br />
Weiterführende Informationen<br />
finden Sie im „Leitfaden<br />
zur branchenspezifischen<br />
Ergänzung des Deutschen<br />
Nachhaltigkeitskodex“ des<br />
<strong>GdW</strong>, zu beziehen unter<br />
www.gdw.de oder<br />
bestellung@gdw.de.
Markt und Management<br />
Rechtssprechung<br />
Haufe Gruppe<br />
Stadtbau und Stadtentwicklung<br />
Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />
MARKT UND MANAGEMENT<br />
Quelle: <strong>GdW</strong><br />
BESTANDTEILE DER NACHHALTIGKEITSBERICHTERSTATTUNG DES DNK<br />
20 Kriterien<br />
des DNK<br />
Leistungsindikatoren<br />
noch freiwillig ist, beschäftigen sich zunehmend<br />
immer mehr Unternehmen damit (siehe untenstehende<br />
Auflistung der Unternehmen). Die<br />
branchenspezifische Ergänzung ist dabei nicht<br />
nur ein Instrument zur Berichterstattung, das<br />
auf Wohnungsunternehmen zugeschnitten ist,<br />
sondern bietet auch eine Orientierung hin zum<br />
Nachhaltigkeitsmanagement.<br />
Während die Informationen für die Berichterstattung<br />
zusammengetragen werden (siehe Abbildung<br />
oben), findet gleichzeitig eine Analyse der inneren<br />
Strukturen statt, wodurch weitere Einflussmöglichkeiten<br />
und Verbesserungspotenziale aufgezeigt<br />
werden können.<br />
Zeitlicher Aufwand und Planung<br />
Der zeitliche Aufwand zur Bearbeitung aller oben<br />
genannten DNK-Kriterien hängt davon ab, wie tief<br />
das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen bereits<br />
verankert ist. Die meisten Wohnungsunternehmen<br />
Abgabe<br />
Entsprechenserklärung<br />
fertigten die erste Entsprechenserklärung in ein<br />
bis drei Wochen an. Dieser Zeitaufwand verringert<br />
sich im Allgemeinen bei jedem weiteren Bericht,<br />
da das Datengerüst, das beim ersten Durchlauf<br />
erst aufgebaut werden muss, später lediglich<br />
fortgeschrieben wird. Auch die Einarbeitungszeit<br />
entfällt in der Zukunft, wenn die gleichen Teams<br />
bzw. Verantwortlichen die Erstellung des neuen<br />
Berichts übernehmen.<br />
Ein wenig mehr Zeit ist einzuplanen, wenn während<br />
der Erstellung der DNK-Entsprechenserklärung eine<br />
Überprüfung der Geschäftsprozesse und der Nachhaltigkeitsstrategie<br />
angestrebt wird. Die Ausarbeitung<br />
der DNK-Kriterien führt nicht selten dazu, dass<br />
Prozesse im Unternehmen erst angestoßen werden<br />
müssen. Während der Erarbeitungsphase werden<br />
Potenziale, aber auch Nachholbedarfe aufgezeigt<br />
und es wird deutlich, dass manche Geschäftsprozesse<br />
einmal detailliert unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten<br />
analysiert werden sollten.<br />
Fazit<br />
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung kommt! Im<br />
ersten Schritt werden durch die Umsetzung der<br />
europäischen CSR-Richtlinie in deutsches Recht<br />
nur große kapitalmarktorientierte Unternehmen<br />
verpflichtet. Der Gesetzgeber prüft aber unabhängig<br />
von den europäischen Vorgaben eine Ausweitung<br />
auch auf kleinere und mittlere Unternehmen.<br />
Es ist also an der Zeit, sich des Themas anzunehmen.<br />
Durch die branchenspezifische Ergänzung<br />
des DNK besteht ein handhabbares Instrument<br />
auch für kleinere und mittlere Wohnungsunternehmen.<br />
Ob die Berichterstattung im Lagebericht<br />
oder in einem gesonderten Nachhaltigkeitsbericht<br />
zu erfolgen hat, bleibt den Wohnungsunternehmen<br />
überlassen. In diesem Zusammenhang könnte<br />
auch überlegt werden, ob der Nachhaltigkeitsbericht<br />
vielleicht den Geschäftsbericht ersetzen<br />
kann, da er aus Sicht der Berichtsadressaten informativer<br />
ist.<br />
Zum Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung stehen<br />
Ihnen die genossenschaftlichen Prüfungsverbände<br />
der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />
und ihre nahestehenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />
beratend zur Verfügung.<br />
1<br />
Die branchenspezifische Ergänzung des DNK für<br />
die Wohnungswirtschaft finden Sie unter<br />
http://web.gdw.de/uploads/pdf/publikationen/<br />
<strong>GdW</strong>_Branchenergaenzung_DNK_digital.pdf.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.pruefungsverbaende.de<br />
EINE ENTSPRECHENSERKLÄRUNG ABGEGEBEN UND<br />
VERÖFFENTLICHT HABEN DIESE WOHNUNGSUNTERNEHMEN:<br />
• Bauverein AG, Darmstadt<br />
• Evangelisches Siedlungswerk in Bayern Bau- und Siedlungsgesellschaft,<br />
Nürnberg<br />
• GESOBAU AG, Berlin<br />
• GEWOBA Aktiengesellschaft Wohnen und Bauen, Bremen<br />
• HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbH, Berlin<br />
• Kreiswohnbau Hildesheim GmbH, Hildesheim<br />
• NEUWOBA Neubrandenburger Wohnungsbaugenossenschaft eG,<br />
Neubrandenburg<br />
• SAGA Unternehmensgruppe, Hamburg<br />
• Spar- und Bauverein eG, Dortmund<br />
• Stadtsiedlung Heilbronn GmbH, Heilbronn<br />
• Ulmer Heimstätte eG, Ulm<br />
• Vivawest Wohnen GmbH, Gelsenkirchen<br />
• Wankendorfer Baugenossenschaft für Schleswig-Holstein eG, Kiel<br />
Weitere Informationen:<br />
http://www.deutscher-nachhaltigkeitskodex.de/de/datenbank/<br />
dnk-datenbank.html<br />
24 60 2 | <strong>2017</strong>
Ausschreibung <strong>DW</strong>-Zukunftspreis<br />
der Immobilienwirtschaft 2018<br />
Gegen die Klimaplanwirtschaft: intelligente Lösungen statt<br />
noch mehr Regulierung<br />
Bewerben Sie sich hier unter<br />
www.dw-zukunftspreis.de
MARKT UND MANAGEMENT<br />
Bilanz- und Steuerwissen –<br />
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />
Aktuelles zur Grundsteuerreform<br />
In den letzten zwanzig Jahren gab es mehrere Anläufe zur Reform der Grundsteuer, d. h. zur Neuregelung<br />
der Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer. Die derzeitige Bemessungsgrundlage, die Einheitswerte<br />
von 1964/1935, gelten zwischenzeitlich als verfassungswidrig. Bislang waren alle Reformbestrebungen<br />
nicht von Erfolg gekrönt. Nun liegt ein neuer Vorschlag auf dem Tisch. Der Bundesrat hat im November<br />
2016 ein Gesetzgebungsverfahren zur Reform der Grundsteuer auf den Weg gebracht.<br />
WP/StB Ingeborg Esser<br />
Hauptgeschäftsführerin<br />
<strong>GdW</strong><br />
Berlin<br />
Die Finanzministerkonferenz hat sich im Juni<br />
2016 – mit Ausnahme von Bayern und Hamburg<br />
– auf einen Vorschlag zur Reform der Grundsteuer<br />
verständigt. Die Länder Hessen und Niedersachsen<br />
haben daraufhin im September 2016 einen<br />
entsprechenden Gesetzentwurf zur Änderung<br />
des Bewertungsgesetzes in den Bundesrat eingebracht.<br />
Neue Bemessungsgrundlage: Kostenwert<br />
Mit der vorgeschlagenen Änderung des Bewertungsgesetzes<br />
soll die Ermittlung der Bemessungsgrundlage<br />
für die Grundsteuer neu geregelt<br />
werden. Die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer<br />
knüpft derzeit (noch) an die Einheitswerte<br />
an. Das hinter der Ermittlung der Einheitswerte<br />
stehende Bewertungsziel ist der gemeine Wert<br />
(Verkehrswert). Mit der nun beabsichtigen Reform<br />
der Grundsteuer wird allerdings nicht mehr<br />
die Ermittlung des gemeinen Werts angestrebt.<br />
Neues Bewertungsziel ist stattdessen der sog.<br />
Kostenwert. Dieser Kostenwert soll (typisiert)<br />
den Investitionsaufwand für die Immobilie abbilden.<br />
Die Höhe des Investitionsvolumens soll<br />
als Indikator für die durch das Grundstück vermittelte<br />
Leistungsfähigkeit dienen.<br />
Das derzeitige Verfahren zur Ermittlung der<br />
Grundsteuer (siehe nebenstehende Abbildung)<br />
soll auch weiterhin beibehalten werden. Zunächst<br />
wird der Wert des Grundstücks ermittelt.<br />
Antje Große<br />
Referentin Steuern<br />
<strong>GdW</strong><br />
Berlin<br />
Auf den Wert des Grundstücks wird die Steuermesszahl<br />
angewendet. Die Steuermesszahl für<br />
Mietwohngrundstücke und gewerbliche Grundstücke<br />
beträgt derzeit bundeseinheitlich 3,5 von<br />
Tausend. Auf den Steuermessbetrag wendet die<br />
Gemeinde dann den in der Gemeinde geltenden<br />
ERMITTLUNG DER GRUNDSTEUER<br />
Wert des Grundstücks<br />
x<br />
Steuermesszahl<br />
=<br />
Steuermessbetrag<br />
x<br />
Hebesatz der Gemeinde<br />
=<br />
Grundsteuer<br />
Hebesatz an und setzt die Grundsteuer durch<br />
Steuerbescheid fest.<br />
Zeitgleich mit dem neuen Bewertungsvorschlag<br />
wurde allerdings auch der Entwurf eines Gesetzes<br />
zur Änderung des Grundgesetzes vorgelegt.<br />
Dieser sieht vor, den Ländern künftig das Recht<br />
zur Bestimmung eigener, jeweils landesweit geltender<br />
Grundsteuermesszahlen einzuräumen.<br />
Das grundgesetzlich geschützte Hebesatzrecht<br />
der Gemeinden soll dabei nicht angetastet werden.<br />
Künftige Bewertung des<br />
Grundvermögens<br />
Zunächst unterscheiden die neuen Bewertungsvorschriften<br />
die Grundstücksarten nach unbebauten<br />
und bebauten Grundstücken. Bei den bebauten<br />
Grundstücken wird zwischen Wohngrundstücken<br />
und Nichtwohngrundstücken unterschieden.<br />
Wohngrundstücke sind dabei Grundstücke, die<br />
zu mehr als 80 % Wohnzwecken dienen – nunmehr<br />
berechnet nach der Brutto-Grundfläche –<br />
BRUTTO-GRUNDFLÄCHE<br />
Die Brutto-Grundfläche ist die Summe<br />
der bezogen auf die jeweilige Gebäudeart<br />
marktüblich nutzbaren Grundflächen aller<br />
Grundrissebenen eines Bauwerks.<br />
Vereinfacht gesagt entspricht die Brutto-<br />
Grundfläche im Wesentlichen dem<br />
Produkt aus bebauter Fläche und der<br />
Anzahl der Geschosse (einschließlich der<br />
Kellergeschosse). Der Gesetzentwurf<br />
verweist zur Ermittlung der Brutto-<br />
Grundfläche auf die DIN 277-1:2005-02<br />
(Februar 2005), die allerdings zwischenzeitlich<br />
durch die DIN 277-1:2016-01<br />
(Januar 2016) ersetzt wurde.<br />
und nicht mehr nach der Wohn- oder Nutzfläche.<br />
Alle übrigen bebauten Grundstücke sind Nichtwohngrundstücke.<br />
Unbebaute Grundstücke sind<br />
26 56 3 | <strong>2017</strong>
Grundstücke, auf denen sich keine benutzbaren<br />
Gebäude befinden.<br />
Bewertung unbebauter Grundstücke<br />
Der Kostenwert unbebauter Grundstücke ermittelt<br />
sich aus der Grundstücksfläche und dem vom Gutachterausschuss<br />
auf den Hauptfeststellungszeitpunkt<br />
ermittelten Bodenrichtwert (§ 196 BauGB),<br />
(siehe den nebenstehenden Infokasten).<br />
Bewertung bebauter Grundstücke<br />
Der Kostenwert bebauter Grundstücke ermittelt<br />
sich aus dem Bodenwert und dem Gebäudewert<br />
– unter Berücksichtigung einer Alterswertminderung<br />
(siehe ebenfalls den nebenstehenden<br />
Infokasten).<br />
Der Bodenwert entspricht dem Wert unbebauter<br />
Grundstücke und ermittelt sich aus Grundstücksfläche<br />
und Bodenrichtwert. Der Gebäudewert ergibt<br />
sich aus den sog. Pauschalherstellungskosten<br />
zum jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt und<br />
der Brutto-Grundfläche des Gebäudes.<br />
Die Pauschalherstellungskosten für die jeweilige<br />
Gebäudeart werden einer neuen Anlage 36<br />
zum Bewertungsgesetz zu entnehmen sein. Eine<br />
ERMITTLUNG DES KOSTENWERTS<br />
VON GRUNDSTÜCKEN<br />
Ermittlung des Kostenwerts eines<br />
unbebauten Grundstücks:<br />
Kostenwert = Grundstücksfläche in m 2<br />
x Bodenrichtwert in €/m 2<br />
Ermittlung des Kostenwerts eines<br />
bebauten Grundstücks:<br />
Kostenwert<br />
=<br />
Bodenwert: Grundstücksfläche in m 2<br />
x Bodenrichtwert in €/m 2<br />
+<br />
Gebäudewert: Pauschalherstellungskosten<br />
€/m 2 x Brutto-Grundfläche in m 2<br />
abzüglich Alterswertminderung (unter<br />
Beachtung Mindestwert von 30 %)<br />
weitere Differenzierung soll nach drei Baualtersgruppen<br />
erfolgen: Baujahre vor 1995, Baujahre<br />
zwischen 1995 und 2004, Baujahre ab 2005 (siehe<br />
Tabelle auf S. 58).<br />
Die Pauschalherstellungskosten sollen zu jedem<br />
Hauptfeststellungszeitpunkt entsprechend angepasst<br />
werden. Eine Alterswertminderung – bezogen<br />
auf die Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes<br />
(Mietwohngrundstücke und Mehrfamilienhäuser<br />
= 70 Jahre; Anlage 22 des Bewertungsgesetzes)<br />
– soll Berücksichtigung finden; der Ansatz eines<br />
Mindestwerts ist vorgesehen.<br />
Grundstücke sollen erstmals zum 1. Januar 2022<br />
nach den neuen Regelungen bewertet werden<br />
(erster Hauptfeststellungszeitpunkt). Der nächste<br />
Hauptfeststellungszeitpunkt soll der 1. Januar<br />
2030 sein; danach alle sechs Jahre. Nach gegenwärtigem<br />
Planungsstand sollen die neuen Werte<br />
für die Grundsteuer ab dem Jahr 2027 zur Anwendung<br />
kommen.<br />
Bewertung des Reformvorschlags<br />
Das vorgeschlagene Bewertungsverfahren stellt<br />
ein stark vereinfachtes Sachwertverfahren dar,<br />
das generell für die Verkehrswertermittlung von<br />
Mietwohngrundstücken nicht geeignet ist. Für<br />
Mietwohngrundstücke kann zur Verkehrswertermittlung<br />
nur ein ertragsorientiertes Bewertungsverfahren<br />
in Frage kommen. Allerdings
Stadtbau und Stadtentwicklung<br />
Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />
MARKT UND MANAGEMENT<br />
ist zu berücksichtigen, dass das Bewertungsziel<br />
„gemeiner Wert“ und damit der „Verkehrswert“<br />
aufgegeben werden soll. Neues Bewertungsziel<br />
soll ein „Kostenwert“ sein, der nach der Begründung<br />
des Gesetzentwurfs den Investitionsaufwand<br />
widerspiegelt.<br />
Das ist grundsätzlich legitim und noch nachvollziehbar,<br />
inkonsistent ist dann allerdings, dass bei<br />
der Ermittlung des Bodenwerts über die Bodenrichtwerte<br />
doch die Verkehrswerte einfließen; es<br />
erfolgt keine Orientierung an den (ursprünglichen)<br />
Anschaffungskosten und damit am Investitionsaufwand<br />
des Grundstückeigentümers.<br />
Bei der Ermittlung des Gebäudekostenwerts erfolgt<br />
dagegen eine starke Typisierung der Pauschalherstellungskosten.<br />
Es sollen nur drei Baualtersklassen<br />
zur Anwendung kommen. Eine echte<br />
wertmäßige Differenzierung – nach tatsächlichem<br />
Investitionsaufwand – findet damit nicht statt.<br />
Auch wird der Modernisierungsstand der Gebäude<br />
nicht berücksichtigt, der mit Investitionen verbunden<br />
ist. Die Pauschalherstellungskosten sollen<br />
zum jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt nach<br />
Maßgabe der aktuellen Baupreisindizes angepasst<br />
werden.<br />
Das Absetzen einer Alterswertminderung und der<br />
vorgegebene Mindestwert von 30 % werden zur<br />
Folge haben, dass z. B. alle (Wohn-)Gebäude, die<br />
zum jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt mindestens<br />
49 Jahre alt sind (wegen der unterstellten<br />
Gesamtnutzungsdauer von 70 Jahren), mit dem<br />
gleichen Gebäudekostenwert bewertet werden.<br />
Werttreiber wird somit in den Ballungsräumen auf<br />
jeden Fall der Bodenwert und damit wiederum eine<br />
am Verkehrswert orientierte Komponente sein.<br />
Begründet wird das Verfahren mit Gerechtigkeitsaspekten.<br />
Der Bürger würde ein nicht<br />
wertorientiertes Verfahren (z. B. entsprechend<br />
dem ursprünglichen Südländer-Modell, das am<br />
Äquivalenzprinzip ausgerichtet war) nicht akzeptieren.<br />
Klar sollte allerdings sein, dass das jetzt<br />
vorgelegte Modell auch nicht gerecht ist. Wenn<br />
Gebäude mit dem gleichen Baujahr (z. B. Villa<br />
und kleines Siedlungshaus) in der gleichen Gemeinde<br />
mit dem gleichen Kostenwert angesetzt<br />
werden, ist das dem Bürger wohl auch schwer<br />
vermittelbar.<br />
Außerdem soll zur Ermittlung des Gebäudewerts<br />
künftig auf die Brutto-Grundfläche eines Gebäudes<br />
gemäß DIN abgestellt werden und nicht<br />
mehr auf die Wohn- bzw. Nutzfläche. Die Brutto-<br />
Grundfläche liegt – anders als die Wohn- bzw.<br />
Nutzfläche – bei den Steuerpflichtigen häufig nicht<br />
vor. Das bedeutet, die Datengrundlage „Brutto-<br />
Grundfläche“ müsste aufwändig über Ingenieurbüros<br />
bzw. amtlich bestellte Vermesser ermittelt<br />
werden, was zu einem zusätzlichen Aufwand für<br />
die Steuerpflichtigen führt. Hier haben die Länder<br />
allerdings angekündigt, im Gesetz ein Umrechnungsverfahren<br />
anbieten zu wollen.<br />
Nach Kenntnis über die Auswirkungen der Neubewertung<br />
der Grundstücke sollen in einem zweiten<br />
Schritt die Grundsteuermesszahlen (neu) festgelegt<br />
werden. Ziel soll eine bundesweite Aufkommensneutralität<br />
der Reform der Grundsteuer sein.<br />
Hierzu wird vorgeschlagen, den Ländern die Möglichkeit<br />
zu eröffnen, jeweils eigene, landesweit<br />
geltende Steuermesszahlen zu bestimmen. Der<br />
Gesetzgeber denkt hier an ein Korrektiv für den<br />
Fall einer künftigen Höherbewertung der Grundstücke.<br />
So ließe sich allerdings nur mit Blick auf<br />
das landesbezogene Messbetragsvolumen in<br />
gewisser Weise Aufkommensneutralität – nicht<br />
Belastungsneutralität – herstellen. Solange den<br />
Gemeinden das uneingeschränkte Recht zur Bestimmung<br />
des Hebesatzes zusteht, erscheint das<br />
Korrektiv auf Landesebene aber nicht ausreichend.<br />
Eine Aufkommensneutralität würde dann voraussetzen,<br />
dass auch die Gemeinden ihre Hebesätze<br />
konsequent so anpassen, dass das Grundsteueraufkommen<br />
gleichbleibt. Welche künftige Grundsteuerbelastung<br />
die Steuerpflichtigen trifft, ist<br />
daher völlig ungewiss.<br />
Wie geht es weiter?<br />
Der Bundesrat hat im November 2016 die Einbringung<br />
der Gesetzentwürfe zur Reform der<br />
Grundsteuer beim Deutschen Bundestag beschlossen.<br />
1 Beide Gesetzentwürfe wurden der<br />
Bundesregierung zur Stellungnahme zugeleitet.<br />
Die Bundesregierung hat diese zwischenzeitlich<br />
zur weiteren Beratung an den Deutschen Bundestag<br />
überwiesen. 2 Die Bundesregierung unterstützt<br />
das Ziel des Gesetzesvorhabens zur Änderung des<br />
Bewertungsgesetzes, eine rechtssichere, zeitgemäße<br />
und verwaltungsökonomische Bemessungsgrundlage<br />
für die Grundsteuer zu schaffen. Ob<br />
dieses für den Bereich des Grundvermögens mit<br />
dem vorgeschlagenen neuen Kostenwertverfahren<br />
erreicht werden kann, bedarf allerdings noch<br />
einer vertiefenden Prüfung. Eine Aussage zum<br />
weiteren zeitlichen Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens<br />
kann derzeit noch nicht getroffen werden<br />
– auch nicht dahingehend, ob in dieser Legislatur<br />
überhaupt mit einer Einigung gerechnet werden<br />
kann. Hinzu kommt die anstehende Entscheidung<br />
des Bundesverfassungsgerichts 3 , die die vorgesehene<br />
Ausgestaltung der Neuregelung und den<br />
Zeitplan des Inkrafttretens in Frage stellen könnte.<br />
Der <strong>GdW</strong> wird auf der Grundlage des Gesetzesvorschlags<br />
Probeberechnungen vornehmen.<br />
PAUSCHALHERSTELLUNGSKOSTEN GEMÄSS ANLAGE 36 BEWG-E*<br />
1<br />
vgl. BR-Drs. 514/16 (B) und 515/16 (B) vom 4.11.2016.<br />
2<br />
vgl. BT-Drs. 18/10751 und 18/10753 vom 21.12.2016.<br />
Gebäudeart<br />
Pauschalherstellungskosten (PHK) in €/m 2 BGF<br />
Baujahr<br />
vor 1995 1995 – 2004 ab 2005<br />
3<br />
Az. des BVerfG: 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15.<br />
Quelle aller Grafiken: <strong>GdW</strong><br />
Mehrfamilienhäuser** 680 780 935<br />
Gemischt genutzte Grundstücke*** 675 860 1.085<br />
Banken und ähnliche Geschäftshäuser 715 910 1.450<br />
Bürogebäude, Verwaltungsgebäude 815 1.040 1.685<br />
Wohnheime, Internate, Alten-, Pflegeheime 850 1.085 1.330<br />
* Auszug, Stand Bundesrat-Drucksache 515/16 (B) vom 4.11.2016; PHK noch nicht auf den ersten Hauptfeststellungszeitpunkt<br />
1.1.2022 indexiert.<br />
** Mehrfamilienhäuser sind Gebäude, die zu mehr als 80 %, berechnet nach der Brutto-Grundfläche, Wohnzwecken<br />
dienen, und nicht Ein- und Zweifamilienhäuser oder Wohnungseigentum sind.<br />
*** Eine gemischte Nutzung liegt bei Gebäuden vor, die jeweils zu mindestens 20 %, berechnet nach der Brutto-<br />
Grundfläche, Wohnzwecken und eigenen oder fremden betrieblichen oder öffentlichen Zwecken dienen und nicht<br />
Ein- und Zweifamilienhäuser, Wohnungseigentum oder Teileigentum sind.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.pruefungsverbaende.de<br />
28 58 3 | <strong>2017</strong>
JUNGES GEMÜSE<br />
GESUCHT?<br />
© Africa Studio/shutterstock.de<br />
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MARKT UND MANAGEMENT<br />
Bilanz- und Steuerwissen –<br />
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />
Bilanzierung von Neubaumaßnahmen, die von mehreren<br />
Unternehmen gemeinsam durchgeführt werden<br />
Es gibt zunehmend Neubauprojekte, die aufgrund ihrer Größe von mehreren Wohnungsunternehmen<br />
gemeinsam durchgeführt werden. Dabei sind in der Praxis unterschiedliche rechtliche Ausgestaltungen<br />
der Zusammenarbeit in der Bauphase anzutreffen. Hier soll die Frage untersucht werden, wann die<br />
Baukosten nicht wie üblich unter Anlagen im Bau zu aktivieren, sondern im Finanzanlagevermögen unter<br />
Beteiligungen zu erfassen sind.<br />
WP/StB/RA Jürgen Wendlandt<br />
Stellvertretender Direktor für<br />
den Prüfungsdienst VNW<br />
Hamburg<br />
Die Aufteilung eines gemeinsam durchgeführten<br />
Bauvorhabens auf die beteiligten Wohnungsunternehmen<br />
erfolgt in aller Regel nach der Fertigstellung<br />
durch Realteilung des Grundstücks oder u. U.<br />
durch die Aufteilung von gebildetem Wohnungseigentum.<br />
Die Anschaffungs- und Herstellungskosten<br />
sind nach erfolgter Aufteilung dann im Sachanlagevermögen<br />
unter Grundstücke mit Wohnbauten zu<br />
erfassen. Fraglich ist jedoch, wie während der Bauphase<br />
mit den anfallenden Kosten umzugehen ist.<br />
Während der Bauphase sind die Kosten bei den beteiligten<br />
Wohnungsunternehmen dann unter den<br />
Beteiligungen zu aktivieren, wenn die Abwicklung<br />
des Bauvorhabens über eine BGB-Gesellschaft erfolgt,<br />
die aufgrund ihrer Ausgestaltung als solche<br />
ein Bilanzierungsobjekt darstellt. Da die Gründung<br />
einer derartigen Gesellschaft bei entsprechender<br />
rechtlicher Gestaltung der Vertragsbeziehungen<br />
auch ohne einen ausdrücklichen Beschluss der<br />
Gesellschafter erfolgt, wird näher untersucht, bei<br />
welcher Ausgestaltung eine BGB-Gesellschaft ein<br />
Bilanzierungsobjekt als solches darstellt.<br />
BGB-Gesellschaft als Bilanzierungsobjekt<br />
Eine BGB-Gesellschaft wird als solche Bilanzierungsobjekt<br />
mit der Folge, dass die Erfassung der<br />
Baukosten in der Bauphase unter Beteiligungen<br />
erfolgen muss, wenn die folgenden drei Voraussetzungen<br />
erfüllt sind 1 :<br />
1. Die zusammenarbeitenden Wohnungsunternehmen<br />
müssen nach außen auftreten und Rechtsbeziehungen<br />
mit Dritten unterhalten (Außengesellschaft).<br />
2. Der Zusammenschluss muss als Gesamthandsgemeinschaft<br />
ausgestaltet sein, d. h. das Vermögen<br />
muss insoweit allen Gesellschaftern zur<br />
gesamten Hand zustehen. Folglich darf es sich<br />
nicht um Bruchteilseigentum handeln.<br />
3. Wenn eine Gesamthandsgemeinschaft vorliegt,<br />
müssen vertraglich vereinbarte Gesellschafterleistungen<br />
in Beiträgen (Einlagen) erbracht<br />
werden und es darf sich nicht ausschließlich um<br />
einen Leistungsaustausch auf schuldrechtlicher<br />
Ebene handeln.<br />
GESAMTHANDSEIGENTUM VERSUS BRUCHTEILSEIGENTUM<br />
Bruchteilseigentum<br />
Gesamthandseigentum<br />
Eigentum der A Eigentum der B<br />
Quelle: VNW<br />
Realer Bruchteil<br />
Idealer Bruchteil (Miteigentum)<br />
kein Bruchteil<br />
68 30<br />
4 | <strong>2017</strong>
Stadtbau und Stadtentwicklung<br />
Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />
Die erste Voraussetzung (Außengesellschaft) wird<br />
immer erfüllt sein, wenn mehrere Wohnungsunternehmen<br />
gemeinsam ein Bauunternehmen mit dem<br />
Bau eines Gebäudes beauftragen. Wird unterstellt,<br />
dass die zweite Voraussetzung (Gesamthandsgemeinschaft)<br />
ebenfalls vorliegt, wird es sich bei den<br />
Zahlungen, die die Gesamthandsgemeinschaft von<br />
den beteiligten Wohnungsunternehmen anfordert,<br />
um Einlagen handeln, sodass auch die dritte Voraussetzung<br />
erfüllt ist.<br />
Damit kommt es darauf an, ob eine Gesamthandsgemeinschaft<br />
vorliegt oder ob Bruchteilseigentum<br />
gegeben ist. Nur im ersten Fall müssen die Anschaffungs-<br />
und Herstellungskosten unter den Beteiligungen<br />
erfasst werden. Im zweiten Fall erfolgt die<br />
Bilanzierung der Kosten unter Anlagen im Bau bzw.<br />
unter Bauvorbereitungskosten.<br />
Gesamthandsgemeinschaft versus<br />
Bruchteilseigentum<br />
Die Ausgestaltung der Zusammenarbeit von Wohnungsunternehmen<br />
in der Bauphase ist abhängig<br />
von der jeweiligen Ausgangssituation, von den<br />
Interessen der beteiligten Unternehmen und u. U.<br />
auch von den Vorgaben des Grundstücksverkäufers.<br />
Daher kann die Zusammenarbeit sehr unterschiedlich<br />
ausgestaltet sein. Folgende drei grundsätzliche<br />
Ausprägungen der Zusammenarbeit, die<br />
auch die nebenstehende Abbildung zeigt, lassen<br />
sich dabei unterscheiden:<br />
Reale Bruchteile<br />
Das Vorliegen realer Bruchteile wird an folgendem<br />
Beispiel verdeutlicht: Zwei Wohnungsunternehmen<br />
sind jeweils Eigentümer eines Grundstücks.<br />
Die Grundstücke grenzen aneinander. Auf der Grenze<br />
soll gemeinsam ein Gebäude errichtet werden.<br />
Jedes Wohnungsunternehmen ist Eigentümer des<br />
Gebäudeteils, der sich auf dem Grundstück des jeweiligen<br />
Wohnungsunternehmens befindet.<br />
Wenn beide Wohnungsunternehmen jeweils das<br />
Bauunternehmen mit dem Bau ihres Gebäudeteils<br />
beauftragen und auch in der Bauphase keine gemeinsame<br />
Haftung vereinbart wird, liegen auch in<br />
der Bauphase reale Bruchteile vor, d. h. es besteht<br />
kein Gesamthandseigentum.<br />
Ideelle Bruchteile (Miteigentum)<br />
Bei ideellen Bruchteilen liegen hingegen keine<br />
realen Anteile am Eigentum vor, sondern den<br />
Wohnungsunternehmen steht ein quotenmäßiger<br />
Anteil am Gesamtvermögen zu. Über diesen Anteil,<br />
der rechtlich selbständig ist, kann jedes Unternehmen<br />
selbst verfügen. Somit ist es denkbar,<br />
dass ein beteiligtes Unternehmen seinen Anteil in<br />
der Bauphase veräußern kann. Auch bei Vorliegen<br />
von Miteigentum (ideelle Bruchteile) liegt kein<br />
BEISPIEL ...<br />
... für eine etwas ausführlichere Darstellung<br />
im Anhang:<br />
„Die Genossenschaft/Gesellschaft ist mit<br />
50 % an der …GbR beteiligt. Zweck der Gesellschaft<br />
ist der Ankauf und die Bebauung<br />
des Grundstücks … zusammen mit einem<br />
weiteren Wohnungsunternehmen. Nach<br />
Fertigstellung wird das Objekt auf die beteiligten<br />
Unternehmen aufgeteilt und die GbR<br />
aufgelöst. Mit einer Inanspruchnahme aus<br />
der unbeschränkten Haftung für Verbindlichkeiten<br />
der … GbR wird nicht gerechnet.“<br />
Gesamthandseigentum vor, d. h. die Bilanzierung<br />
der Baukosten erfolgt in der Bauphase unter Bauvorbereitungskosten<br />
bzw. Anlagen im Bau.<br />
Gesamthandseigentum<br />
Beim Gesamthandseigentum liegen hingegen keine<br />
Bruchteile vor. Vereinfacht lässt sich sagen, dass<br />
hier jedem Wohnungsunternehmen alles gehört.<br />
Das Vermögen ist aber gesamthänderisch gebunden,<br />
was bedeutet, dass das einzelne Wohnungsunternehmen<br />
ohne Zustimmung des anderen nicht<br />
über das Gesamthandseigentum verfügen kann.<br />
Hinzu kommt, dass alle Gesamthandseigentümer<br />
gesamtschuldnerisch haften, was bedeutet, dass<br />
das Bauunternehmen als Gläubiger von jedem<br />
Gesamtschuldner die volle Leistung fordern kann.<br />
Zur sachgerechten Bilanzierung muss die Gesamtheit<br />
der bei größeren Bauvorhaben oft umfangreichen<br />
vertraglichen Vereinbarungen daraufhin<br />
beurteilt werden, ob Bruchteilseigentum oder Gesamthandseigentum<br />
(BGB-Gesellschaft) gegeben<br />
ist.<br />
BGB-Gesellschaft – Folgen für die beteiligten<br />
Wohnungsunternehmen<br />
Wenn Gesamthandseigentum vorliegt, stellen die<br />
Zahlungen der Herstellungskosten an das Bauunternehmen<br />
für das bilanzierende Wohnungsunternehmen<br />
Einlagen in die BGB-Gesellschaft dar.<br />
Das Vorhandensein einer BGB-Gesellschaft hat<br />
Auswirkungen auf den Bilanzausweis und auf die<br />
Anhangangaben. Bei Spargenossenschaften entstehen<br />
daneben zusätzliche Meldepflichten.<br />
Bilanzausweis<br />
Die Zahlung der Einlagen ist – wie schon dargestellt<br />
– im Finanzanlagevermögen unter Beteiligungen zu<br />
zeigen, da die Mitgliedschaft an der BGB-Gesellschaft<br />
einen einheitlichen Vermögensgegenstand<br />
darstellt. Es ist in diesem Fall, wegen der fehlenden<br />
Möglichkeit über die Vermögensgegenstände der<br />
BGB-Gesellschaft unmittelbar zu verfügen, nicht<br />
zulässig, anteilige Vermögensgegenstände unter<br />
Anlagen im Bau auszuweisen.<br />
Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 271 Absatz<br />
2 HGB („beherrschender Einfluss“) erfolgt der<br />
Ausweis statt unter Beteiligungen unter Anteile an<br />
verbundenen Unternehmen.<br />
Anhangangaben<br />
Im Zusammenhang mit dem Ausweis im Finanzanlagevermögen<br />
ist zu beachten, dass neben dem Beteiligungsausweis<br />
bestimmte Angaben im Anhang<br />
erforderlich werden. Nach § 285 Nr. 11 HGB sind<br />
im Anhang anzugeben:<br />
• Name und Sitz der Beteiligung,<br />
• die Höhe des Anteils am Kapital,<br />
• das Eigenkapital und<br />
• das Ergebnis des letzten Geschäftsjahres, für das<br />
ein Jahresabschluss vorliegt.<br />
Da für BGB-Gesellschaften lediglich die Pflicht<br />
besteht, periodische Rechnungsabschlüsse zu erstellen<br />
und handelsrechtliche Rechnungslegungspflichten<br />
jedoch nicht bestehen, sind die Angaben<br />
ggf. entsprechend anzupassen. Weiterhin muss auf<br />
die bestehende unbeschränkte Haftung hingewiesen<br />
werden (§ 285 Nr. 11a HGB).<br />
Meldepflichten für Spargenossenschaften<br />
Für Genossenschaften mit Spareinrichtung kommt<br />
weiterhin hinzu, dass auch das Entstehen, die Veränderungen<br />
und die Beendigung einer Beteiligung<br />
an einer BGB-Gesellschaft an die Bundesanstalt für<br />
Finanzdienstleistungen und an die Deutsche Bundesbank<br />
gemeldet werden müssen (sog. Aktivische<br />
Beteiligungsanzeige).<br />
Fazit<br />
Größere Bauvorhaben, die von mehreren Wohnungsunternehmen<br />
gemeinsam durchgeführt<br />
werden, erfordern oft umfassende Abstimmungen<br />
und ebenfalls umfangreiche und teils auch<br />
komplexe vertragliche Regelungen. Die Frage des<br />
Bilanzausweises („Gesamthandseigentum oder<br />
Bruchteilseigentum“) steht dabei natürlich nicht<br />
an erster Stelle, sollte jedoch auch nicht unbeachtet<br />
bleiben, wenn die oben dargestellten Folgen des<br />
Vorhandenseins einer BGB-Gesellschaft eigentlich<br />
vermieden werden sollen.<br />
Die wohnungswirtschaftlichen Prüfungsverbände<br />
und ihre nahestehenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />
stehen für Fragen und Hinweise in<br />
diesem Zusammenhang gerne zur Verfügung.<br />
1<br />
Vgl. HFA 1/1993 „Zur Bilanzierung von Joint Ventures“<br />
Weitere Informationen:<br />
www.pruefungsverbaende.de<br />
4 | <strong>2017</strong><br />
31 69
MARKT UND MANAGEMENT<br />
Bilanz- und Steuerwissen –<br />
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />
Neue Informationspflichten bei alternativer Streitbeilegung<br />
Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz trat zum 1. April 2016 in Kraft. Dieses Gesetz verlangt<br />
ab Februar <strong>2017</strong> bestimmte Informationspflichten auf den Internetseiten von Wohnungsunternehmen.<br />
Der Artikel beschreibt, welche Unternehmen betroffen sein können und worauf sie achten müssen.<br />
Carsten Herlitz<br />
Justiziar<br />
<strong>GdW</strong> Bundesverband deutscher<br />
Wohnungs- und Immobilienunternehmen<br />
e. V.<br />
Berlin<br />
Im Zusammenhang mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz<br />
(VSBG) sind ab dem 1. Februar<br />
<strong>2017</strong> neue Informationspflichten zu beachten.<br />
Wohnungsunternehmen, die Webseiten betreiben<br />
oder Allgemeine Geschäftsbedingungen – wie<br />
z. B. die <strong>GdW</strong>-Mustermietverträge oder andere<br />
vorformulierte Verträge – verwenden, müssen<br />
angeben, ob Bereitschaft zur Teilnahme an einem<br />
Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle<br />
besteht oder nicht.<br />
Sofern Bereitschaft besteht, ist die Verbraucherschlichtungsstelle<br />
zu nennen. Vergleichbares<br />
gilt, wenn entstandene Streitigkeiten aus einem<br />
Verbrauchervertrag nicht unternehmensintern<br />
beigelegt werden können.<br />
Die gesetzliche Regelung<br />
Unternehmer, die zur Teilnahme an einem Verbraucherschlichtungsverfahren<br />
(z. B. aufgrund<br />
einer Abrede, eines Gesetzes oder einer Verbandssatzung)<br />
verpflichtet sind, müssen auf ihrer<br />
Webseite und in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
hierauf hinweisen und die zuständige<br />
Stelle angeben (vgl. § 36 Abs. 1 Nr. 2 VSBG). Der<br />
Hinweis soll leicht zugänglich, klar und verständlich<br />
erfolgen. Für Vermieter und Wohnungsunternehmen<br />
gibt es eine solche gesetzliche oder<br />
– jedenfalls für Mitglieder des <strong>GdW</strong> – satzungsrechtliche<br />
Verpflichtung nicht. Fehlt eine solche<br />
Pflicht, müssen alle Unternehmen, die mehr als<br />
zehn Mitarbeiter beschäftigen, auf ihrer Webseite<br />
und in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
erklären, ob sie zu einem Verbraucherschlichtungsverfahren<br />
bereit sind oder nicht. Anzugeben<br />
ist also auch die fehlende Bereitschaft (§<br />
Quelle: WoGi/fotolia.com<br />
32 58 5 | <strong>2017</strong>
Stadtbau und Stadtentwicklung<br />
Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />
36 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 VSBG). Für die Anzahl<br />
der Beschäftigten (Kopfzahl) ist Stichtag der 31.<br />
Dezember des jeweiligen Vorjahres.<br />
Hiervon unabhängig bestimmt § 37 VSBG weiter,<br />
dass jeder Unternehmer bei Verbraucherverträgen<br />
– wie z. B. dem <strong>GdW</strong>-Mustermietvertrag oder<br />
andere vorformulierte Vertragsbedingungen – den<br />
Verbraucher, dessen Beschwerde nicht beigelegt<br />
werden konnte, auf die für ihn zuständige Verbraucherschlichtungsstelle<br />
hinweisen und mitteilen<br />
muss, ob das Unternehmen zur Teilnahme an einem<br />
Streitbeilegungsverfahren bei der entsprechenden<br />
Stelle bereit oder verpflichtet ist. Auch<br />
hier ist die fehlende Bereitschaft mitzuteilen.<br />
Die Folgen<br />
Der Hinweis auf das alternative Streitbeilegungsverfahren<br />
hat bei über zehn Mitarbeitern zu erfolgen:<br />
1. Auf der Webseite des Unternehmens – ein Hinweis<br />
im Impressum sollte genügen.<br />
2. Im vorformulierten Vertrag, d. h. einem Vertrag,<br />
der dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
im Sinne der §§ 305 BGB ff. unterfällt.<br />
Gemäß der gesetzlichen Definition in<br />
§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind allgemeine Geschäftsbedingungen<br />
alle für eine Vielzahl von<br />
Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen,<br />
die eine Vertragspartei (Verwender) der<br />
anderen Vertragspartei stellt. Solche Verträge<br />
werden also nicht individuell ausgehandelt.<br />
3. In einem Schreiben oder einer E-Mail bei Verbraucherverträgen,<br />
soweit einer Beschwerde<br />
des Verbrauchers, hier des Mieters, nicht abgeholfen<br />
wurde. Gemäß § 310 BGB sind Verbraucherverträge<br />
solche zwischen einem Unternehmer<br />
und einem Verbraucher.<br />
In all diesen Fällen muss die Bereitschaft oder<br />
fehlende Bereitschaft zur Teilnahme an einem<br />
alternativen Streitbeilegungsverfahren erklärt<br />
werden. Folgende Formulierungen bieten sich an:<br />
• Alternative 1: Wir sind zur Teilnahme an einem<br />
Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle<br />
weder bereit noch verpflichtet.<br />
• Alternative 2: Wir sind zur Beilegung von<br />
Streitigkeiten mit Verbrauchern (z. B. über<br />
Mietstreitigkeiten) zur Teilnahme an einem<br />
Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle<br />
bereit. Die zuständige<br />
Verbraucherschlichtungsstelle ist: Allgemeine<br />
Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums<br />
für Schlichtung e. V. in Kehl am Rhein,<br />
www.verbraucher-schlichter.de. Zur Beilegung<br />
der genannten Streitigkeiten werden wir in einem<br />
Streitbeilegungsverfahren vor dieser Stelle<br />
teilnehmen.<br />
Der Hinweis auf die zuständige<br />
Verbraucherschlichtungsstelle<br />
§ 37 VSBG bestimmt, dass der Unternehmer den<br />
Verbraucher auf die für ihn zuständige Verbraucherschlichtungsstelle<br />
unter Angabe von deren<br />
Anschrift und Webseite hinzuweisen hat, wenn<br />
die Streitigkeit über einen Verbrauchervertrag<br />
durch den Unternehmer und den Verbraucher<br />
nicht beigelegt werden konnte. Der Unternehmer<br />
gibt zugleich an, ob er zur Teilnahme an einem<br />
Streitbeilegungsverfahren bei dieser Verbraucherschlichtungsstelle<br />
bereit oder verpflichtet<br />
ist. Gemäß Abs. 2 hat der Hinweis in Textform zu<br />
erfolgen.<br />
Nach der Gesetzesbegründung folgt die Pflicht aus<br />
§ 37 Artikel 13 Abs. 3 der EU-Richtlinie 2013/11.<br />
Sie trifft also Unternehmer, die eine Streitigkeit<br />
aus einem Verbrauchervertrag nicht durch Verhandlungen<br />
mit dem Verbraucher (Kunden), zum<br />
Beispiel im Rahmen eines unternehmenseigenen<br />
Kundenbeschwerdesystems, beilegen konnten.<br />
Dabei betont die Gesetzesbegründung, dass die<br />
Informationspflicht insbesondere auch für Unternehmer<br />
gilt, die an Streitbeilegungsverfahren<br />
nicht teilnehmen. Sie müssten dem Verbraucher<br />
klar sagen, dass sie eine Teilnahme am Schlichtungsverfahren<br />
ablehnen, um diesem Mühe und<br />
Kosten zu ersparen, die durch die vergebliche<br />
Anrufung der angegebenen Verbraucherschlichtungsstelle<br />
entstehen könnten (vgl. BT-Drucks.<br />
18/5089).<br />
Bildlich gesprochen hat also der Hinweis dann<br />
zu erfolgen, wenn das Unternehmen den „außergerichtlichen“<br />
Versuch der Einigung beenden<br />
möchte. Die Gesetzesbegründung aber benennt<br />
nicht den Zeitpunkt, an dem feststeht, dass der<br />
Streit unternehmensintern nicht beigelegt werden<br />
konnte. Auch wird kein Aufschluss darüber gegeben,<br />
ob die Informationspflicht auch dann besteht,<br />
wenn der Unternehmer seiner Informationspflicht<br />
entsprechend nachgekommen ist, aber der Streit<br />
wider Erwarten doch noch weitergeführt wird und<br />
erneut ohne Einigung endet. Es dürfte hier eine<br />
unsachgemäße Förmelei sein, erneut eine entsprechende<br />
Information zu verlangen. Dies gilt auch<br />
deshalb, da sich die entsprechende Information<br />
bereits aus der Webseite und dem Vertrag ergibt.<br />
Aus diesem Grund erscheint der gesetzlich vorgesehene<br />
dreifache Hinweis auf die Beteiligung am<br />
Schlichtungsverfahren übertrieben. Im Grundsatz<br />
ist der Hinweis im AGB-Vertrag völlig ausreichend.<br />
Vom Verbraucher, der am Rechtsverkehr teilnimmt,<br />
kann bei Streitigkeiten verlangt werden,<br />
in den Vertrag zu schauen und sich entsprechend<br />
zu informieren. So aber entsteht für Unternehmer,<br />
also auch für Wohnungsunternehmen, ein<br />
zusätzlicher bürokratischer Aufwand, an dessen<br />
Sinnhaftigkeit man durchaus zweifeln darf und<br />
der das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter<br />
durchaus belasten kann. Letzteres ist gerade im<br />
Mietrecht zu vermeiden.<br />
Sanktionen<br />
Beim Verstoß eines Unternehmers gegen die Informationspflichten<br />
besteht die Möglichkeit für<br />
den Verbraucher, gegen den Unternehmer Ansprüche<br />
wegen der Verletzung vorvertraglicher<br />
oder vertraglicher Pflichten geltend zu machen.<br />
Dies dürfte insbesondere dann der Fall sein, wenn<br />
der Verbraucher eine Streitbeilegungsstelle aufgesucht<br />
hat, der Unternehmer aber nicht darauf<br />
hingewiesen hat, dass er das Streitbeilegungsverfahren<br />
nicht betreibt.<br />
Verbraucherschutzverbände könnten weiter die<br />
Einhaltung der Informationspflichten über das Unterlassungsklagegesetz<br />
geltend machen. Verstöße<br />
gegen Informationspflichten sind allerdings nicht<br />
bußgeldbewährt.<br />
Wohnungsunternehmen mit<br />
Spareinrichtung (WumS)<br />
Die entsprechenden Ausführungen gelten auch<br />
für WumS, dabei sind insbesondere Hinweise in<br />
die Sparordnung aufzunehmen. Für Wums sind<br />
jedoch - abseits von Mietstreitigkeiten - andere<br />
Schlichtungsstellen zuständig. Soweit es sich um<br />
Bankgeschäfte (Einlagengeschäfte) handelt, ist<br />
die Schlichtungsstelle bei der Bundesanstalt für<br />
Finanzdienstleistungsaufsicht, in Bonn (www.<br />
bafin.de/schlichtungs-stelle@bafin.de) und bei<br />
Fernabsatzverträgen über Bankgeschäfte (Einlagengeschäft)<br />
die Schlichtungsstelle bei der Deutschen<br />
Bundesbank in Frankfurt (www.bundesbank.de/schlichtung@bundesbank.de)<br />
zuständig.<br />
Fazit<br />
Wohnungsunternehmen müssen ihre Verträge und<br />
ihren Internetauftritt dahingehend überprüfen, ob<br />
sie die Informationspflichten des VSBG erfüllen.<br />
Die Umsetzung der Informationspflichten ist zwar<br />
kein direkter Prüfungsgegenstand der genossenschaftlichen<br />
Pflichtprüfung bzw. Jahresabschlussprüfung,<br />
jedoch gehört sie zur ordnungsmäßigen<br />
Geschäftsführung.<br />
Die wohnungswirtschaftlichen Prüfungsverbände<br />
und ihre nahestehenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />
beraten Sie gern bei Fragen zum Verbraucherstreitbeilegungsgesetz.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.pruefungsverbaende.de<br />
5 | <strong>2017</strong><br />
33 59
MARKT UND MANAGEMENT<br />
Bilanz- und Steuerwissen –<br />
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />
Bilanzielle Behandlung von ERP-Software im Rahmen<br />
der Umstellung – Aktivierung oder Aufwand?<br />
Die Umstellung auf eine neue Rechnungslegungssoftware (ERP-System) stellt für viele Wohnungsunternehmen<br />
eine große Herausforderung dar, zumal mit der Entscheidung meistens auch weitreichende<br />
Veränderungen in den Prozessabläufen verbunden sind. Der folgende Artikel beschäftigt sich mit der<br />
handelsbilanziellen Behandlung der Kosten für die ERP-Systemumstellung.<br />
WP/RA/StB Claudia<br />
Brünnler-Grötsch<br />
Vorstand beim VdW südwest<br />
Frankfurt am Main<br />
Die Gründe für die Umstellung auf ein neues<br />
ERP-System sind vielfältig. Oftmals erfüllt die<br />
alte Software nicht mehr die notwendigen unternehmensinternen<br />
Anforderungen. Daneben<br />
spielen der technische Fortschritt, eine bessere<br />
Performance und Kostengesichtspunkte eine wesentliche<br />
Rolle im Auswahlprozess. Da das ERP-<br />
System i. d. R. über einen sehr langen Zeitraum<br />
(zehn Jahre und mehr) genutzt wird, sollte der<br />
Auswahlprozess 1 gut vorbereitet sein. Eine weitere<br />
Entscheidung, die das Wohnungsunternehmen<br />
im Vorfeld der Umstellung treffen muss, ist die<br />
Frage, ob die künftige Software auf den Rechnern<br />
des Unternehmens (Kauf von Lizenzen) oder in<br />
einer Cloud-Lösung (Service-Vertrag) betrieben<br />
werden soll.<br />
In der Praxis können zwei Vertragstypen unterschieden<br />
werden:<br />
a) Wohnungsunternehmen erwirbt Lizenzen mit<br />
zeitlich unbestimmter Nutzung, verbunden<br />
mit einem zeitlich befristeten Wartungsvertrag<br />
oder<br />
WP Christian Gebhardt<br />
Referent Betriebswirtschaft,<br />
Rechnungslegung und Förderung,<br />
<strong>GdW</strong><br />
Vorstand <strong>GdW</strong> Revision AG<br />
Berlin<br />
b) das Wohnungsunternehmen erwirbt im Rahmen<br />
eines Software as a Service Vertrags (SaaS) ein<br />
zeitlich begrenztes Nutzungsrecht an der Software.<br />
In Abhängigkeit davon, für welches Modell es sich<br />
entscheidet, ergeben sich unterschiedliche Fragestellungen<br />
für die bilanzielle Behandlung der<br />
Kosten für die neue Software und den Kosten der<br />
Umstellung.<br />
Definition und Klassifizierung<br />
von Software<br />
Bei der Klassifizierung von Software für bilanzielle<br />
Zwecke ist grundsätzlich zwischen Firmware,<br />
Systemsoftware und Anwendungssoftware zu<br />
unterscheiden 2 :<br />
Definition Cloud Computing:<br />
Unter Cloud Computing wird allgemein eine Form der Bereitstellung<br />
von gemeinsam nutzbaren IT-Leistungen durch nicht fest zugeordnete<br />
IT-Ressourcen über Netze verstanden.<br />
• Firmware sind fest mit dem Computer verbundene<br />
Programmbausteine, die die Hardware mit<br />
der Software verbinden und Elementarfunktionen<br />
des Computers steuern.<br />
• Systemsoftware umfasst die Gesamtheit der im<br />
Betriebssystem zusammengefassten Programme,<br />
die die Ressourcen des Computers verwalten,<br />
Programmabläufe steuern und Befehle der<br />
Benutzer ausführen, aber unmittelbar keiner<br />
konkreten praktischen Anwendung dienen.<br />
• Anwendungssoftware ist der Oberbegriff für<br />
alle Programme, die die Datenverarbeitungsaufgaben<br />
des Anwenders lösen. Bei der Anwendungssoftware<br />
lassen sich Individual- und<br />
Standardsoftware unterscheiden. Während<br />
Individualsoftware ausschließlich für die Bedürfnisse<br />
eines bestimmten Anwenders individuell<br />
entwickelt wird, ist Standardsoftware für<br />
den Einsatz bei einer Vielzahl von Anwendern<br />
konzipiert.<br />
Wird die Software als System- oder Anwendungssoftware<br />
klassifiziert, ist diese aufgrund ihrer<br />
selbstständigen Verwertbarkeit grundsätzlich<br />
losgelöst von der Hardware als immaterielle Vermögensgegenstände<br />
zu bilanzieren. Durch das<br />
Installieren der Software verliert diese nicht ihre<br />
Eigenschaft als selbstständiger Vermögensgegenstand,<br />
da sie jederzeit modifiziert und ausgetauscht<br />
werden könnte. Dagegen ist Firmware als<br />
unselbstständiger Teil der Hardware zusammen<br />
mit dieser im Sachanlagevermögen zu aktivieren.<br />
Bilanzierung von Individualsoftware<br />
Ein Herstellungsvorgang mit der Folge der Möglichkeit<br />
zur Ausübung des Aktivierungswahlrechts<br />
(vgl. Abb. 1) liegt vor, wenn Individualsoftware<br />
vom Softwareanwender unter Einsatz seiner eigenen<br />
materiellen und personellen Ressourcen<br />
selbst geschaffen wird (Eigenherstellung). Erfolgt<br />
die Herstellung der Software im Rahmen eines<br />
vom Softwareanwender mit einem Softwareanbieter<br />
geschlossenen Dienstvertrags, liegt gleich-<br />
34 56 6 | <strong>2017</strong>
ABB.1: KRITERIEN FÜR DIE AKTIVIERBARKEIT VON INDIVIDUALSOFTWARE<br />
(VGL. I<strong>DW</strong> RS HFA 11, TZ. 12)<br />
Eigenherstellung<br />
Aktivierbarkeit von<br />
Individualsoftware<br />
falls eine Eigenherstellung vor. Kennzeichnend für<br />
den Dienstvertrag ist, dass der Softwareanwender<br />
das wirtschaftliche Risiko einer nicht erfolgreichen<br />
Realisierung des Projekts (Herstellungsrisiko)<br />
trägt.<br />
Wird mit dem Softwareanbieter ein Werkvertrag<br />
geschlossen, so liegt aus Sicht des Softwareanwenders<br />
ein Anschaffungsvorgang vor, wenn<br />
die Projektleitung und Federführung beim Softwareanbieter<br />
liegen und dieser für die Tauglichkeit<br />
der Software einsteht (Herstellungsrisiko).<br />
Bilanzierung von Standardsoftware<br />
1. Erwerb von Lizenzen<br />
Beim Kauf von Standardsoftware handelt es sich<br />
um einen entgeltlichen Erwerb, so dass hinsichtlich<br />
der Software Aktivierungspflicht besteht. Das gilt<br />
auch, wenn die Standardsoftware an die betrieblichen<br />
Erfordernisse angepasst werden muss.<br />
Entscheidet sich das Wohnungsunternehmen für<br />
den Erwerb von Softwarelizenzen, so werden ihm<br />
Nutzungsrechte an der Software eingeräumt. Bei<br />
einer Lizenzierung ist im Zusammenhang mit der<br />
bilanziellen Behandlung zu prüfen, ob durch die<br />
Ausgestaltung des Lizenzvertrags das wirtschaftliche<br />
Eigentum an das Wohnungsunternehmen<br />
übertragen wird.<br />
Von einer Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums<br />
kann regelmäßig ausgegangen werden,<br />
wenn die folgenden vier Voraussetzungen kumulativ<br />
vorliegen:<br />
Herstellungsrisiko beim<br />
Softwareanwender<br />
Aktivierungswahlrecht nach § 248 Abs. 2 HGB<br />
Einschaltung eines<br />
Dritten<br />
Herstellungsrisiko beim<br />
Softwareanbieter<br />
Aktivierungsgebot<br />
a) Der Lizenznehmer erhält ein exklusives Nutzungsrecht,<br />
so dass der Lizenzgeber das Teilrecht<br />
weder intern nutzen noch gegenüber<br />
einem Dritten verwerten kann.<br />
b) Die Gegenleistung ist im Wesentlichen fix.<br />
c) Die Laufzeit der Lizenz ist unbegrenzt oder<br />
Quelle: FN-I<strong>DW</strong> 7/2010, S. 304 ff.
Stadtbau und Stadtentwicklung<br />
Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />
MARKT UND MANAGEMENT<br />
bei Lizenzen mit einer befristeten Laufzeit innerhalb<br />
der vereinbarten Laufzeit nicht jederzeit<br />
kündbar.<br />
d) Der Lizenzgeber muss keine weiteren wesentlichen<br />
Leistungen erbringen.<br />
I. d. R. erfüllen die Lizenzverträge der wohnungswirtschaftlichen<br />
ERP-Softwareanbieter diese Voraussetzungen,<br />
so dass das Wohnungsunternehmen<br />
wirtschaftlicher Eigentümer der Software wird.<br />
Die Aufwendungen für den Erwerb der Lizenzen<br />
sind in der Folge zu aktivieren.<br />
2. Customizing<br />
Die Aufwendungen für das Customizing, d. h. die<br />
Parametrisierung und Maßnahmen zur Einbettung<br />
der Software in das konkrete betriebliche Umfeld,<br />
die insb. bei ERP-Software erforderlich sind, umfassen<br />
bspw.:<br />
• Beratungshonorare im Zusammenhang mit dem<br />
Einfahren der Programme,<br />
• Programm- und Systemtests,<br />
• Modifizierung und Zusammenfügung einzelner<br />
Programme,<br />
• Programmierung oder Einrichtung von Schnittstellen<br />
und<br />
• Installation der Software auf den Computern<br />
der betroffenen Mitarbeiter.<br />
Im Ergebnis sind die Aufwendungen für die Herstellung<br />
der Betriebsbereitschaft der Software als<br />
Teil der Anschaffungskosten zu aktivieren. Kosten<br />
für vorbereitende Maßnahmen zur Umstellung wie<br />
z. B. die Schulung der Mitarbeiter sind dagegen als<br />
Aufwand zu erfassen.<br />
Bilanzierung im Fall eines SaaS-Vertrag<br />
ABB. 2: BILANZIERUNG VON SOFTWARELÖSUNGEN<br />
Hoch<br />
Der Vertragstyp SaaS-Modell basiert auf dem<br />
Grundsatz, dass die Software und die IT-Infrastruktur<br />
bei einem externen IT-Dienstleister betrieben<br />
und vom Kunden als Dienstleistung genutzt<br />
werden. Für die Nutzung und den Betrieb<br />
zahlt der Servicenehmer eine nutzungsabhängige<br />
Gebühr. Der Servicegeber übernimmt die komplette<br />
IT-Administration und weitere Dienstleistungen<br />
wie Wartungsarbeiten und Updates.<br />
Bei SaaS-Verträgen ist analog zu den Lizenzverträgen<br />
zu prüfen, ob das wirtschaftliche Eigentum<br />
beim Softwareanwender oder beim Softwarean-<br />
Definition Software as a Service Vertrag (SaaS):<br />
Software as a Service ist ein Teilbereich des Cloud Computings.<br />
Dabei werden die Software und die IT-Infrastruktur bei einem externen<br />
IT-Dienstleister betrieben und vom Kunden als Dienstleistung genutzt.<br />
Komplexität<br />
Gering<br />
bieter liegt. Die Stellung des wirtschaftlichen Eigentümers<br />
ist dadurch gekennzeichnet, dass ihm<br />
für die wirtschaftliche Nutzungsdauer Besitz,<br />
Gefahr, Nutzungen und Lasten zustehen. Diese<br />
Voraussetzungen liegen bei SaaS-Verträgen i. d. R.<br />
nicht vor.<br />
Die beim Kunden lokal installierte Software für<br />
den Zugriff auf die SaaS-Umgebung und die im<br />
Rechenzentrum betriebene Software unterliegen<br />
weiterhin der Pflege und Wartung durch<br />
Software-<br />
Service -Verträge<br />
Individualsoftware<br />
Standardsoftware<br />
den Softwareanbieter, so dass dieser weiterhin<br />
rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer der<br />
Software bleibt.<br />
Fazit<br />
Bei der Umstellung des ERP-Systems sollte neben<br />
vielen anderen Fragen auch die Frage der<br />
bilanziellen Behandlung der Kosten für die Softwareumstellung<br />
im Vorfeld geprüft werden. Je<br />
nach Vertragstyp (vgl. Abb. 2) ergeben sich hierbei<br />
Unterschiede, die das künftige Jahresergebnis<br />
des Wohnungsunternehmens unterschiedlich<br />
belasten.<br />
Die Experten der genossenschaftlichen Prüfungsverbände<br />
der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />
und ihrer nahestehenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />
stehen Ihnen bei Fragen gern<br />
zur Verfügung.<br />
1<br />
vgl. auch „Softwareumstellung – eine große Herausforderung<br />
für jedes Wohnungsunternehmen“ in <strong>DW</strong> 6/2013<br />
2<br />
I<strong>DW</strong> Stellungnahme zur Rechnungslegung: Bilanzierung<br />
entgeltlich erworbener Software beim Anwender (I<strong>DW</strong><br />
RS HFA 11), Quelle: WPg Supplement 3/2010, S. 57 ff.,<br />
FN-I<strong>DW</strong> 7/2010, S. 304 ff.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.pruefungsverbaende.de<br />
Quelle: <strong>GdW</strong>
Stadtbau und Stadtentwicklung<br />
Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />
<strong>DW</strong> Grün<br />
AXEL GEDASCHKO PRÄSIDENT DES G<strong>DW</strong>, BUNDESVERBAND DEUTSCHER<br />
WOHNUNGS- UND IMMOBILIENUNTERNEHMEN E.V.<br />
„Ich lese die <strong>DW</strong>, weil sie Deutschlands Fachmagazin für die<br />
Wohnungswirtschaft ist. So habe ich den bundesweiten Überblick<br />
und bin mit allen Akteuren im Markt vernetzt.“<br />
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0800/72 34 253 (kostenlos)<br />
www.diewohnungswirtschaft.de/miniabo
MARKT UND MANAGEMENT<br />
Bilanz- und Steuerwissen –<br />
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />
Nachhaltigkeitsbericht –<br />
Produktangebot für die Wohnungswirtschaft<br />
Die im <strong>GdW</strong> zusammengeschlossenen genossenschaftlichen Prüfungsverbände bieten ein neues Produkt<br />
„Musternachhaltigkeitsbericht“ an, das sich an kleine Wohnungsunternehmen, vor allem Genossenschaften,<br />
richtet. Das Beratungspaket umfasst die vollständige Erstellung des Musternachhaltigkeitsberichtes und<br />
die Einstellung der Entsprechenserklärung auf der Homepage des Deutschen Rates für Nachhaltigkeit.<br />
WP/StB Ingeborg Esser<br />
Hauptgeschäftsführerin<br />
<strong>GdW</strong><br />
Berlin<br />
Die Motivation für eine Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />
liegt auf der Hand: Gelebte Nachhaltigkeit<br />
hat in der Wohnungswirtschaft eine lange<br />
Tradition. Wohnungsunternehmen realisieren<br />
bezahlbares Wohnen für breite Schichten der Bevölkerung.<br />
Sie gestalten durch ihr Engagement<br />
bei integrierter Stadtentwicklung und Stadtumbau<br />
die Strukturanpassung der Wohnquartiere an<br />
zukünftige Bedürfnisse. Sie bauen, modernisieren<br />
und bewirtschaften ihre Wohnungen langfristig,<br />
ressourcenschonend und energieeffizient. Sie<br />
tragen mit attraktiven Dienstleistungen rund um<br />
das Wohnen und soziales Management zu einer<br />
Wohnsituation bei, die den sozialen Frieden in<br />
kulturell vielfältigen Wohnquartieren erhält und<br />
ein nachbarschaftliches Zusammenleben fördert.<br />
Und diese Tätigkeiten setzen Wohnungsunternehmen<br />
im Rahmen einer maßvollen wirtschaftlichen<br />
Rentabilität um. Insoweit berücksichtigt die<br />
Wohnungswirtschaft in ihrem Geschäftsmodell<br />
traditionell den Gleichklang der drei Säulen der<br />
Nachhaltigkeit: der Ökologie, der Ökonomie und<br />
der sozialen Verantwortung.<br />
WP/StB Gerhard Viemann<br />
Prüfungsdirektor<br />
VNW und<br />
VdW Niedersachsen Bremen<br />
Hamburg/Hannover<br />
Entwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />
Der nun vorliegende neu entwickelte Musternachhaltigkeitsbericht<br />
wurde auf Grundlage der<br />
umfangreichen Initiativen des <strong>GdW</strong> und seiner<br />
Regionalverbände zum Thema Nachhaltigkeit entwickelt.<br />
Zur Nachhaltigkeitsberichterstattung hat<br />
der <strong>GdW</strong> bereits 2013 eine umfassende Arbeitshilfe<br />
„Nachhaltigkeitsberichterstattung in der<br />
Wohnungswirtschaft“ veröffentlicht, die sich vor<br />
allem an größere Wohnungsunternehmen richtet.<br />
In einem weiteren Schritt wurde in Zusammenarbeit<br />
mit dem Rat für nachhaltige Entwicklung in<br />
Deutschland eine branchenspezifische Ergänzung<br />
des Deutschen Nachhaltigkeitskodex entwickelt,<br />
da diese schlanke Art der Berichterstattung auch<br />
für kleinere Wohnungsunternehmen gut geeignet<br />
ist. Zur weiteren Unterstützung der Wohnungsunternehmen<br />
wurde im Anschluss der Leitfaden zur<br />
branchenspezifischen Ergänzung des Deutschen<br />
Nachhaltigkeitskodex als Orientierungshilfe für<br />
Wohnungsunternehmen erstellt. Dieser Leitfaden<br />
leistet Hilfestellung bei der Beantwortung<br />
der DNK-Kriterien.<br />
Produkt Nachhaltigkeitsbericht<br />
Das neu entwickelte Produkt ist eine Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />
auf standardisierter<br />
Grundlage. Hierzu werden durch einen Berater/<br />
Prüfer des Regionalverbandes die wesentlichen<br />
Nachhaltigkeitskennzahlen ermittelt, wesentliche<br />
Unterlagen, z. B. Verträge, Geschäftsordnungen<br />
etc., zusammengestellt und – auf Grundlage des<br />
digitalen Musterberichtes – die Berichterstattung<br />
erstellt. Besonders interessant dabei ist,<br />
dass der Bericht so gestaltet und mit dem Rat für<br />
nachhaltige Entwicklung abgestimmt ist, dass er<br />
gleichzeitig als Entsprechenserklärung auf der<br />
DNK-Homepage eingestellt werden kann. Das<br />
professionell aufbereitete Layout wurde in Kooperation<br />
mit einer Agentur entwickelt. Das gesamte<br />
Beratungspaket wird zu einem Pauschalpreis von<br />
rund 6.000 € angeboten. Hinzu kommen Kosten<br />
für Layout-Arbeiten und Druckkosten, die mit<br />
dem jeweiligen Unternehmen separat vereinbart<br />
werden.<br />
Weiterbildung und Kontakt<br />
Um eine kompetente und zielgerichtete Beratung<br />
zu gewährleisten, hat der <strong>GdW</strong> ein überregionales<br />
Schulungsangebot zur Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />
für die Berater/Prüfer der Prüfungsverbände<br />
neu aufgelegt.<br />
Der neue Musternachhaltigkeitsbericht wird in allen<br />
Prüfungsverbänden des <strong>GdW</strong> angeboten. Für<br />
weitergehende Fragen stehen Ihnen neben den<br />
Wirtschaftsprüfern der regionalen Prüfungsverbände<br />
die Autoren dieses Artikels und Christian<br />
Gebhardt beim <strong>GdW</strong> gerne zur Verfügung.<br />
G<strong>DW</strong>-INFORMATIONSBROSCHÜREN<br />
Weiterführende Informationen finden Sie<br />
in der <strong>GdW</strong> Arbeitshilfe 73 „Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />
in der Wohnungswirtschaft“<br />
und im „Leitfaden zur branchenspezifischen<br />
Ergänzung des Deutschen<br />
Nachhaltigkeitskodex“ des <strong>GdW</strong>.<br />
Beide sind über den <strong>GdW</strong> zu beziehen:<br />
www.gdw.de oder bestellung@gdw.de.<br />
38 52 7 | <strong>2017</strong>
Quelle: <strong>GdW</strong><br />
Interview mit<br />
Ingeborg Esser und Gerhard Viemann<br />
„Nachhaltigkeitsbericht<br />
zum attraktiven Festpreis“<br />
Die Geschäftsmodelle kleiner Wohnungsunternehmen bzw. -genossenschaften<br />
ähneln sich. Der Musternachhaltigkeitsbericht adressiert<br />
daher insbesondere diese Unternehmen. Die Autoren erklären hier, was<br />
der Festpreis umfasst und dass der Bericht individuell erweiterbar ist.<br />
Was ist der Mehrwert eines solchen Nachhaltigkeitsberichtes<br />
gegenüber dem traditionellen<br />
Geschäftsbericht?<br />
Esser: Der Fokus der Geschäftsberichterstattung<br />
liegt eher auf der Darstellung der wirtschaftlichen<br />
Leistungsfähigkeit eines Unternehmens. Häufig<br />
wird der Geschäftsbericht dazu genutzt, den<br />
Jahresabschluss des Unternehmens zu kommunizieren<br />
und, soweit gesetzlich gefordert, auch die<br />
Lageberichterstattung hier einzubinden und dies<br />
zu unterlegen mit einer vertieften Berichterstattung<br />
über die Geschäftsfelder des Unternehmens.<br />
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung hat einen<br />
anderen Fokus. Sie versucht, die Themen Ökologie,<br />
Ökonomie und Soziales in Einklang zu bringen<br />
und stellt dabei als Leitlinie der Berichterstattung<br />
zunächst die strategische Ausrichtung des Unternehmens<br />
in den Vordergrund. Und: Die Berichtsthemen<br />
sind sicherlich stärker auf nichtfinanzielle<br />
Leistungsindikatoren ausgerichtet. Beispielsweise,<br />
wie kümmert man sich um die Mitarbeiterentwicklung?<br />
Was entfaltet man für besondere Aktivitäten<br />
für die Mitglieder, bestimmte Mieter- bzw.<br />
Nutzergruppen und Nachbarschaften? Diese Berichterstattung<br />
kann aber für die Mitglieder von<br />
Genossenschaften wie auch andere interessierte<br />
Stakeholder-Gruppen und die Öffentlichkeit ein<br />
deutlich spannenderes Berichtsfeld sein, als es die<br />
klassische Geschäftsberichterstattung ist.<br />
Macht es Sinn, erst einen Nachhaltigkeitsbericht<br />
mit Hilfe eines Prüfungsverbandes<br />
zu erstellen und anschließend die Unternehmensstrategie<br />
stärker auf Nachhaltigkeit<br />
auszurichten?<br />
Viemann: Natürlich geht es bei dem Thema<br />
Nachhaltigkeit um einen langfristigen Strategieprozess.<br />
Viele, vor allem kleinere Unternehmen,<br />
scheuen aber davor zurück, diesen Strategieprozess<br />
als solchen anzugehen. Insoweit ist die Vorgehensweise,<br />
zunächst einen schlanken Nachhaltigkeitsbericht<br />
entlang der branchenspezifischen<br />
Ergänzung des Deutschen Nachhaltigkeitskodex<br />
mit entsprechender Unterstützung und Beratung<br />
durch einen Prüfungsverband zu erstellen und<br />
daraus anschließend Themen und Maßnahmen<br />
abzuleiten, die für die langfristige Strategieausrichtung<br />
wesentlich sind, durchaus eine praxisgerechte<br />
und praxisorientierte Vorgehensweise.<br />
Wie soll das gehen, dass ein Musternachhaltigkeitsbericht<br />
für alle kleinen Wohnungsunternehmen<br />
angeboten wird?<br />
Esser: Auf den ersten Blick erscheint es unmöglich,<br />
allen kleinen Wohnungsunternehmen einen Musternachhaltigkeitsbericht<br />
anzubieten. Deshalb sind<br />
kleine Wohnungsunternehmen, vor allem auch die<br />
kleinen Genossenschaften, die Zielgruppe dieses<br />
Produkts der regionalen Prüfungsverbände. Dahinter<br />
verbirgt sich die Erkenntnis, dass das Geschäftsmodell<br />
der kleinen Unternehmen sehr vergleichbar<br />
ist. Es liegt selbstverständlich in der Bewirtschaftung,<br />
der Weiterentwicklung und Modernisierung<br />
der Wohnungsbestände, vor allem auch mit Blick<br />
auf die energetische Anforderungen sowie den<br />
altengerechten und barrierearmen Umbau. Vielleicht<br />
kommt im Einzelfall noch das Thema eines<br />
moderaten Neubaus hinzu. Gleichfalls sind die personellen<br />
Ressourcen dieser Unternehmen und die<br />
Herausforderungen an dieser Stelle sehr ähnlich.<br />
Das war der Grund, warum die Prüfungsverbände<br />
auch der Auffassung waren, dass hier ein Musterprodukt<br />
sinnhaft sein kann. Selbstverständlich ist<br />
diese sehr standardisierte Berichterstattung unternehmensindividuell<br />
ergänz- und erweiterbar. Dies<br />
sollte aber über die Unternehmen selbst erfolgen.<br />
Kann ein solcher Musternachhaltigkeitsbericht<br />
(s. o.) überhaupt zu einem Festpreis<br />
angeboten werden?<br />
Viemann: Weil sich das Produkt an kleine Wohnungsunternehmen<br />
richtet, deren Geschäftsmodelle<br />
sehr vergleichbar sind, bieten die genossenschaftlichen<br />
Prüfungsbände, dies auch zu einem<br />
Festpreis an. Allerdings umfasst dieser Festpreis<br />
natürlich auch nur das standardisierte Produkt,<br />
und nicht etwaige Ergänzungen oder zusätzliche<br />
Erweiterungen auf der Grundlage unternehmensindividueller<br />
Wünsche. Was selbstverständlich<br />
ebenfalls noch nicht enthalten ist, sind das unternehmensindividuelle<br />
Layout und die ggf.<br />
entstehenden Druckkosten. Möchte das einzelne<br />
Wohnungsunternehmen den Musternachhaltigkeitsbericht<br />
noch um unternehmensindividuelle<br />
Berichterstattungen ergänzen, was selbstverständlich<br />
möglich ist, kann es sinnvoll sein, eine<br />
eigene journalistische Überarbeitung durchzuführen.<br />
Dies machen nicht die Prüfungsverbände selber.<br />
Sie können aber geeignete Partner benennen.<br />
Vielen Dank für das Gespräch.<br />
Das Interview führte Olaf Berger.<br />
7 | <strong>2017</strong><br />
53 39
SONDERHEFT 7<br />
Herausgeber + Druck<br />
<strong>GdW</strong> Bundesverband deutscher Wohnungsund<br />
Immobilienunternehmen<br />
Mecklenburgische Straße 57<br />
14197 Berlin<br />
Telefon: +49 30 82403-0, Telefax: + 49 30 82403-199<br />
Brüsseler Büro des <strong>GdW</strong><br />
3, rue du Luxembourg, 1000 Bruxelles<br />
Telefon: +32 2 5 50 16 11, Telefax: +32 2 5 03 56 07<br />
mail@gdw.de, www.gdw.de<br />
Erschienen in der Fachzeitschrift „<strong>DW</strong> Die Wohnungswirtschaft“<br />
Herausgeber + Verlag<br />
Haufe-Lexware GmbH & Co. KG<br />
Ein Unternehmen der Haufe Gruppe<br />
Standort Hamburg<br />
Hufnerstraße 28, 22083 Hamburg<br />
Chefredakteurin: Ulrike Trampe<br />
ulrike.trampe@diewohnungswirtschaft.de<br />
www.diewohnungswirtschaft.de<br />
Titelbild: Bundesrat © fotolia