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SONDERHEFT 7<br />

Artikelreihe in der Fachzeitschrift <strong>DW</strong> Die Wohnungswirtschaft 8/2016 bis 7/<strong>2017</strong><br />

AKTUELLES AUS DEN PRÜFUNGSORGANISATIONEN DES G<strong>DW</strong><br />

Bilanz- und Steuerwissen<br />

MARKT + MANAGEMENT<br />

August 2016: Neues Vergaberecht 2<br />

September 2016: Neudefinition der<br />

handelsrechtlichen Umsatzerlöse nach<br />

den Vorschriften des BilRUG 6<br />

Oktober 2016: Fit für die Zukunft?<br />

Die Zukunftsfähigkeit von Wohnungsunternehmen<br />

10<br />

November 2016: Terrorismusprävention<br />

als Compliance-Pflicht (auch) in der<br />

Wohnungswirtschaft? 14<br />

Dezember 2016: Der Teufel steckt im<br />

Detail – Änderungen im Anhang durch das<br />

BilRUG 18<br />

Januar <strong>2017</strong>: Tax Compliance: ein „Must“ –<br />

oder ein „Nice to have“? 20<br />

Februar <strong>2017</strong>: Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

– was kommt auf die Wohnungsunternehmen<br />

zu? 22<br />

März <strong>2017</strong>: Aktuelles zur Grundsteuer -<br />

reform 26<br />

April <strong>2017</strong>: Bilanzierung von Neubaumaßnahmen,<br />

die von mehreren Unternehmen<br />

gemeinsam durchgeführt werden 30<br />

Mai <strong>2017</strong>: Neue Informationspflichten bei<br />

alternativer Streitbeilegung 32<br />

Juni <strong>2017</strong>: Bilanzielle Behandlung von<br />

ERP-Software im Rahmen der Umstellung –<br />

Aktivierung oder Aufwand? 34<br />

Juli <strong>2017</strong>: Nachhaltigkeitsbericht – Produktangebot<br />

für die Wohnungswirtschaft 38


EDITORIAL<br />

WP / StB Ingeborg Esser<br />

<strong>GdW</strong>-Hauptgeschäftsführerin<br />

Neues aus dem Prüfungs- und<br />

Beratungsbereich der Verbände<br />

Die siebte Ausgabe des <strong>DW</strong> <strong>Sonderheft</strong>s fasst Informationen zu<br />

gesetzlichen Veränderungen des letzten Jahres und weiteren<br />

Themen für Sie in 12 Artikeln zusammen. Der Fokus lag dabei<br />

u. a. auf der Umsetzung des Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes<br />

(BilRUG), dem neuen Vergaberecht und der Nachhaltigkeit.<br />

Unsere Fach experten aus den regionalen wohnungswirtschaftlichen<br />

Prüfungsorganisationen und dem <strong>GdW</strong> haben diese Themen<br />

jeweils kurz für Sie zusammengefasst.<br />

Mit dem Jahresabschluss zum 31.12.2016 war es umzusetzen:<br />

das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BilRUG). Dieses Gesetz<br />

hat die Wohnungs- und Immobilienunternehmen sowie die<br />

Prüfungsverbände durchaus vor Herausforderungen gestellt. Aus<br />

diesem Grund beschäftigen sich zwei Artikel zum einen mit der<br />

„Neudefinition der handelsrechtlichen Umsatzerlöse nach den<br />

Vorschriften des BilRUG“ (Gerhard Viemann und Lothar Klein)<br />

und zum anderen mit „Der Teufel steckt im Detail – Änderungen<br />

im Anhang durch das BilRUG“ (Claudia Buchta).<br />

Zwei spannende Bilanzierungsthemen wurden von Jürgen Wendlandt<br />

sowie Claudia Brünnler-Grötsch und Christian Gebhardt<br />

für Sie verständlich aufbereitet. Der richtigen „Bilanzierung von<br />

„Neubaumaßnahmen, die von mehreren Unternehmen gemeinsam<br />

durchgeführt werden“ und der ordnungsmäßigen „Bilanziellen<br />

Behandlung von ERP-Software im Rahmen der Umstellung<br />

– Aktivierung oder Aufwand?“ steht nun nichts mehr im Weg.<br />

Welche rechtlichen Neuerungen gab es im letzten Jahr noch?<br />

Dr. Julia Betz berichtet über die neue Struktur und die wesentlichen<br />

Neuerungen im Vergaberecht und widmete sich zusammen<br />

mit Hans Maier der Terrorismusprävention im Rahmen der<br />

Compliance-Pflicht. Abgerundet wird der rechtliche Bereich mit<br />

einem Artikel von Carsten Herlitz zu den „Neuen Informationspflichten<br />

bei alternativer Streitbeilegung“. Insbesondere gibt der<br />

Autor Hinweise zu den neuen Pflichtangaben im Impressum der<br />

individuellen Webseiten.<br />

Ist Ihr Unternehmen „Fit für die Zukunft?“. Christian Gebhardt<br />

widmet sich der Fragestellung der Zukunftsfähigkeit von Wohnungsunternehmen<br />

im Hinblick auf die vielfältigen Herausforderungen<br />

des Wohnungsmarktes.<br />

Nachhaltigkeit – ein Thema, welchem sich die Branche schon<br />

seit Langem verpflichtet fühlt. Christian Gebhardt gibt in seinem<br />

Artikel Hinweise zur Umsetzung einer effektiven Nachhaltigkeitsberichterstattung.<br />

Den Abschluss in diesem <strong>Sonderheft</strong> bildet<br />

passend dazu der Beitrag „Nachhaltigkeitsbericht – Produktangebot<br />

für die Wohnungswirtschaft“. Gerhard Viemann und ich<br />

stellen ein neu und extra auf die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />

abgestimmtes Produkt zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts<br />

vor. Das sollten Sie nicht verpassen.<br />

Viel Spaß beim Lesen wünscht<br />

Was verbirgt sich hinter dem Begriff „Tax Compliance“? Dieses<br />

steuerlich sehr relevante Thema haben Prof. Klaus-Peter Hillebrand<br />

und Daniela Jochmann-Markus für Sie aufbereitet. Übrigens<br />

wird hierzu in Kürze auch eine <strong>GdW</strong>-Arbeitshilfe erscheinen.<br />

Abgeschlossen wurden die steuerlichen Themen mit einem<br />

Ausblick auf die anstehende Reform der Grundsteuer von mir und<br />

Antje Große.<br />

Ihre


MARKT UND MANAGEMENT<br />

Bilanz- und Steuerwissen<br />

- Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />

Neues Vergaberecht –<br />

Überblick über Struktur sowie wesentliche Neuerungen<br />

Am 18. April 2016 trat die umfassendste Reform des Vergaberechts auf Bundesebene seit 1998 in Kraft.<br />

Mit der Novelle wurde das Richtlinienpaket der EU zum Vergaberecht aus dem Frühjahr 2014 weitgehend<br />

umgesetzt. Ziel der Vergabereform war u. a. eine Vereinfachung von Struktur und Inhalt der zahlreichen<br />

gesetzlichen Vorschriften sowie die Stärkung sozialer, ökologischer und innovativer Aspekte. Der Artikel<br />

fasst die wesentlichen, für die Wohnungswirtschaft relevanten, Inhalte zusammen.<br />

Dr. Julia Betz<br />

VdW Bayern<br />

Verband bayerischer<br />

Wohnungsunternehmen e. V.<br />

München<br />

Bisherige Struktur<br />

Bislang besteht das Vergaberecht aus mehreren<br />

Bestandteilen, nämlich:<br />

• dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen<br />

(GWB),<br />

• der Verordnung über die Vergabe öffentlicher<br />

Aufträge (VgV),<br />

• den ersten Abschnitten der Vergabe- und Vertragsordnungen<br />

für Bauleistungen (Teil A –<br />

VOB/A) bzw. für Liefer- und Dienstleistungen<br />

(VOL/A),<br />

• der Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen<br />

(VOF) für EU-weite Vergabeverfahren und<br />

• aus den jeweils ersten Abschnitten, den sogenannten<br />

Basisparagraphen, der VOB/A und der<br />

VOL/A, für nationale Ausschreibungen.<br />

Künftige Struktur<br />

Nach der Neuregelung werden VOL/A und VOF für<br />

EU-weite Vergabeverfahren wegfallen, die VOB/A<br />

bleibt in einer deutlich überarbeiteten Fassung<br />

erhalten. Die wesentlichen Regelungen für die<br />

Vergabeverfahren finden sich fortan im GWB, detaillierte<br />

Ausführungsvorschriften werden in der<br />

VgV geregelt. Beide Regelungswerke werden deutlich<br />

umfassender und umfangreicher. Unberührt<br />

bleibt der Unterschwellenbereich, der nach wie vor<br />

auf Basis des Haushaltsrechts nur für öffentliche<br />

Körperschaften gilt (siehe Grafik unten, links des<br />

blauen Balkens).<br />

Inhaltliche Neuerungen<br />

Allgemeines<br />

Die Vergaberechtsreform nimmt Sachverhalte auf,<br />

die bislang nicht gesetzlich geregelt waren.<br />

Internationales Recht<br />

Government Procurement Agreement (GPA)<br />

Haushaltsrecht<br />

BHO, LHO, GemHVO<br />

Verw.-Vorschriften<br />

EU-Recht<br />

Nationales Recht<br />

VOL/A (1. Abschnitt)<br />

VOB/A (2. Abschnitt)<br />

VgV<br />

VOB/A<br />

(2. Abschnitt)<br />

EG-Vertrag, EG-Vergaberichtlinien<br />

GWB Teil 4<br />

SektVO KonzVgV<br />

VSVgV<br />

VOB/A<br />

(3. Abschnitt)<br />

Quelle: VdW Bayern, nach Praxisratgeber Vergaberecht – Schwellenwerte 2014/2015, S. 21,<br />

Fachverlag Thomas Ferber, Thomas Ferber e.K., Darmstadt<br />

254 8 | 2016


Neu sind z. B.:<br />

• die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der<br />

Verhältnismäßigkeit,<br />

• eine neue Abgrenzung und Definition von Auftraggebern,<br />

• Regelungen für die Inhouse-Vergabe und die<br />

interkommunale Zusammenarbeit,<br />

• die Einführung einer Innovationspartnerschaft,<br />

• die Einbeziehung ökologischer und sozialer<br />

Zielsetzungen.<br />

Da es die VOF ab dem 18. April 2016 nicht mehr<br />

geben wird, sind die Grundsätze, Definitionen und<br />

allgemeinen Verfahrensregelungen für öffentliche<br />

Auftraggeber, aber auch Sektorenauftraggeber<br />

des GWB zu berücksichtigen. Ergänzt werden diese<br />

Regelungen um die allgemeinen Regelungen der<br />

VgV. Im Bereich der freiberuflichen Leistungen<br />

sind hier vor allem die Regelungen in den Abschnitten<br />

5 (Planungswettbewerbe) und 6 VgV<br />

(Vorschriften für die Vergabe von Architektenund<br />

Ingenieurleistungen) bedeutend.<br />

Verfahrensarten<br />

Innerhalb des Vergabeverfahrens wurde mit der<br />

Innovationspartnerschaft eine neue Verfahrensart<br />

eingeführt (§ 119 Abs. 7 GWB). Die Innovationspartnerschaft<br />

eröffnet die Möglichkeit, in einem<br />

wettbewerblichen Verfahren einen Partner auszuwählen,<br />

der beauftragt wird, eine innovative<br />

und dem Bedarf des Auftraggebers entsprechende<br />

Lösung zu entwickeln. Bedeutsam ist außerdem<br />

die künftige Gleichstellung von dem „offenen“<br />

und dem „nicht offenen“ Verfahren mit Teilnahmewettbewerb<br />

(§ 119 Abs. 2 GWB).<br />

Des Weiteren wurde auch der Anwendungsbereich<br />

des wettbewerblichen Dialogs erweitert:<br />

Dieser soll zukünftig immer dann zulässig sein,<br />

wenn auch das Verhandlungsverfahren anwendbar<br />

ist.<br />

E-Vergabe<br />

Mit einer Übergangsfrist bis spätestens zum<br />

18. Oktober 2018 wird die elektronische Vergabe,<br />

also die vollständige elektronische Abwicklung<br />

eines Vergabeverfahrens, eingeführt. Bekanntmachungen<br />

an das Amt für Veröffentlichung der<br />

EU müssen bereits ab 18. April 2016 elektronisch<br />

übermittelt werden. Ebenfalls ab dem 18. April<br />

2016 müssen Vergabeunterlagen grundsätzlich<br />

elektronisch bereitgestellt werden.<br />

Begriff des öffentlichen Auftraggebers<br />

Der Begriff des öffentlichen Auftraggebers wurde<br />

im neuen Vergaberecht inhaltlich unverändert<br />

nunmehr in § 99 GWB n.F. übernommen. Bei kommunalen<br />

Wohnungsunternehmen, die als juristische<br />

Personen des Privatrechts organisiert sind,<br />

kann (neben dem projektbezogenen § 99 Nr. 4<br />

GWB n.F.) der Tatbestand in § 99 Nr. 2 GWB n.F.<br />

erfüllt sein, wenn das Kriterium der Aufgabenerfüllung<br />

im Allgemeininteresse nicht gewerblicher<br />

Art und einer der Beherrschungstatbestände erfüllt<br />

sind.<br />

Dies ist im Einzelfall nach den objektiven Umständen<br />

der jeweiligen Gesellschaft zu beurteilen. Eine<br />

allgemeingültige Betrachtung verbietet sich. Eine<br />

Vermutung für die Eigenschaft von kommunalen<br />

Wohnungsbauunternehmen als öffentlicher Auftraggeber<br />

und eine damit verbundene Beweislastumkehr<br />

kann nicht angenommen werden. Mit der<br />

Ablösung der Richtlinie 2004/18/EG durch die<br />

Richtlinie 2014/24/EU gilt der Anhang III der<br />

Richtlinie 2004/18/EG nicht mehr fort, er wurde<br />

auch in die neue Richtlinie 2014/24/EU nicht<br />

übernommen. In diesem Anhang wurden kommunale<br />

Wohnungsunternehmen als Auftraggeber<br />

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MARKT UND MANAGEMENT<br />

aufgeführt und vielfach von einer entsprechenden<br />

Vermutung ausgegangen. Nach Fortfall des<br />

Anhangs III der Richtlinie 2004/18/EG besteht<br />

eine Vermutung, dass Wohnungsunternehmen<br />

öffentliche Auftraggeber sind, damit nicht mehr.<br />

Vielmehr ist – wie auch sonst schon in der vergaberechtlichen<br />

Rechtsprechung angenommen<br />

worden ist – immer eine Einzelfallprüfung nach<br />

den genannten drei Kriterien erforderlich.<br />

In der deutschen Rechtsprechung und Fachliteratur<br />

werden beide Ansichten vertreten. Auffallend<br />

ist nach Auswertung der einschlägigen<br />

Rechtsprechung, dass die Entscheidungen, die die<br />

Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber bejahen,<br />

zwar festhalten, dass eine Einzelfallprüfung<br />

vorgenommen werden muss, allesamt aber nie<br />

dezidierte Abwägungen vornehmen. Meist stützen<br />

diese Gerichte ihre Wertung letztlich auf die<br />

Einhaltung der kommunalrechtlichen Vorgaben,<br />

so dass diesen Entscheidungen nach sämtliche<br />

kommunale Unternehmen per se öffentliche<br />

Auftraggeber sein müssten. Wäre dies der Fall,<br />

hätte der Gesetzgeber spätestens mit der Vergabereform<br />

eine entsprechende Klarstellung in die<br />

dezidierte Regelung der öffentlichen Auftraggeber<br />

mitaufgenommen.<br />

Inhouse-Vergabe<br />

Die Inhouse-Vergabe ist erstmals in § 108 E-<br />

GWB kodifiziert. Nach der Regelung müssen<br />

mehr als 80 % der Tätigkeiten der kontrollierten<br />

juristischen Person der Ausführung der Aufgaben<br />

dienen, mit denen sie von dem die Kontrolle<br />

ausübenden öffentlichen Auftraggeber oder von<br />

anderen von diesem kontrollierten juristischen<br />

Personen betraut wurden. Künftig können öffentliche<br />

Unternehmen Aufträge ihrer Gesellschafter<br />

ohne Ausschreibung erhalten, solange sie unter<br />

20 % ihres Geschäfts mit privaten Dritten durchführen.<br />

Die Gesetzesbegründung hebt, wie auch die EU-<br />

Richtlinie, hervor, dass das Vergaberecht öffentliche<br />

Auftraggeber grundsätzlich nicht in ihrer<br />

Freiheit beschränken soll, die ihnen übertragenen<br />

Aufgaben gemeinsam mit anderen öffentlichen<br />

Auftraggebern oder eigenen Unternehmen zu erfüllen.<br />

Wesentliche Aussage ist, dass die Rechtsprechung<br />

des EuGH kodifiziert wird und die europäischen<br />

Vorgaben im Rahmen der Umsetzung<br />

ins deutsche Recht inhaltlich 1:1 übernommen<br />

werden. Demnach sind etwaige Umsätze, die ein<br />

Auftragnehmer mit Privaten erzielt, grundsätzlich<br />

nicht Inhouse-schädlich, sofern diese Umsätze der<br />

Ausführung einer von der Kommune oder ihren<br />

eigenen Einrichtungen übertragenen Aufgabe<br />

dienen. Zutreffend spricht die Gesetzesbegründung<br />

zu § 108 Abs. 1 Nr. 2 GWB-E davon, dass<br />

es „in diesem Zusammenhang unerheblich ist, ob<br />

der Begünstigte der Ausführung des Auftrags der<br />

Auftraggeber selbst oder ein davon abweichender<br />

Nutzer (Anmerkung: Mieter) der Leistung ist“.<br />

„Für alle, die noch eine Resthoffnung auf die in Brüssel wieder einmal<br />

versprochene Vereinfachung des Vergaberechts hatten, sei gleich<br />

vorweggenommen: Das GWB-Vergaberecht wird nicht etwas schlanker<br />

und übersichtlicher, sondern umfangreicher und ausdifferenzierter.“<br />

Dr. Daniel Soudry, Soudry & Soudry Rechtsanwälte Berlin, Vergabeblog.de vom 26.5.2015, Nr. 22546<br />

Diese Gesetzesbegründung erteilt damit einzelnen<br />

Oberlandesgerichten in Deutschland, die plötzlich<br />

- ohne Veranlassung durch den EuGH – weitere<br />

Anforderungen an die Inhouse-Fähigkeit stellten,<br />

z. B., dass es in der jeweiligen Sparte keine anderen<br />

Anbieter geben dürfte (OLG Hamburg vom 14. Dezember<br />

2010) oder dass nur Dienstleistungen im<br />

Rahmen kommunaler Pflichtaufgaben bei der<br />

Berechnung des Drittgeschäfts (Wesentlichkeit)<br />

unberücksichtigt bleiben dürfen (OLG Celle, Beschluss<br />

vom 17. Dezember 2014), eine Absage.<br />

Weitere Neuerungen im Überblick<br />

Leistungsbeschreibung<br />

Eine § 8 Abs. 1 EG VOL/A bzw. § 7 Abs. 1 Nr. 1<br />

EG VOB/A vergleichbare Regelung enthält § 121<br />

Abs. 1. Danach muss die Leistungsbeschreibung<br />

alle für die Angebotserstellung erforderlichen Angaben<br />

enthalten. Außerdem muss die Leistung so<br />

eindeutig und erschöpfend beschrieben sein, dass<br />

alle Bieter sie in dem gleichen Sinn verstehen und<br />

die eingehenden Angebote miteinander vergleichbar<br />

sind.<br />

Eignung<br />

Ausgangspunkt für die Eignung sind nunmehr<br />

§ 122 GWB ff., die die beiden Kategorien „Ausschlussgründe“<br />

und „Eignungskriterien“ vorgeben<br />

und damit die wesentlichen Prüfungsschritte vorzeichnen.<br />

Die Eignung setzt sich fortan nur noch<br />

aus den Elementen „Leistungsfähigkeit“ und<br />

„Fachkunde“ zusammen (nicht mehr: „Zuverlässigkeit“<br />

und „Gesetzestreue“).<br />

Vertragsänderungen<br />

§ 132 GWB setzt Art. 72 der Richtlinie um und<br />

bestimmt nun erstmals, unter welchen Voraussetzungen<br />

laufende Verträge geändert oder erweitert<br />

werden dürfen, ohne dass eine erneute Ausschreibung<br />

erforderlich wird.<br />

Kündigung öffentlicher Aufträge<br />

Gänzlich neu ist § 133, der erstmals regelt, unter<br />

welchen Voraussetzungen öffentliche Auftraggeber<br />

einmal vergebene Aufträge wieder beenden<br />

können.<br />

Rechtsschutz<br />

Die Vorschriften zum Rechtsschutz wandern von<br />

den bisherigen §§ 102 ff. GWB weit nach hinten<br />

und finden sich unter §§ 155 ff. wieder. Besonders<br />

zu erwähnen ist die Thematik der „unverzüglichen<br />

Rüge“. Seit dem Urteil des EuGH vom 28. Januar<br />

2010 (Rs. C-406/08) besteht Unsicherheit bezüglich<br />

der Rechtmäßigkeit des Erfordernisses,<br />

behauptete Vergaberechtsverstöße unverzüglich<br />

zu rügen, bevor ein Nachprüfungsantrag gestellt<br />

wird. Zwar ist der Begriff der Unverzüglichkeit in<br />

§ 122 BGB als „ohne schuldhaftes Zögern“ definiert.<br />

Wirkliche Klarheit, die der EuGH für rechtliche<br />

Ausschlussfristen fordert, bringt dies aber<br />

nicht. Der Entwurf will die Problematik lösen,<br />

indem eine Rüge zwar weiterhin grundsätzlich<br />

Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsverfahrens<br />

bleibt. Allerdings fordert<br />

§ 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 nur noch, dass ein erkannter<br />

Verstoß vor dem Nachprüfungsantrag<br />

zu rügen ist.<br />

Fazit<br />

Für alle, die noch eine Resthoffnung auf die in<br />

Brüssel wieder einmal versprochene Vereinfachung<br />

des Vergaberechts hatten, sei gleich vorweggenommen:<br />

Das Vergaberecht wird nicht etwa<br />

schlanker und übersichtlicher, sondern umfangreicher<br />

und ausdifferenzierter. Trotz einer Verdopplung<br />

der Vorschriften sind dem Gesetzgeber<br />

aber keineswegs die Bemühungen abzusprechen,<br />

das GBW-Vergaberecht logischer zu ordnen und<br />

das Vergaberecht dadurch insgesamt übersichtlicher<br />

zu gestalten.<br />

Bei Fragen zu dieser Thematik stehen Ihnen die<br />

regionalen Prüfungsverbände der Wohnungs- und<br />

Immobilienwirtschaft und ihre nahestehenden<br />

Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gerne zur<br />

Verfügung.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.pruefungsverbaende.de<br />

456 8 | 2016


MARKT UND MANAGEMENT<br />

Bilanz- und Steuerwissen –<br />

Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />

Neudefinition der handelsrechtlichen Umsatzerlöse<br />

nach den Vorschriften des BilRUG<br />

Mit dem am 23. Juli 2015 in Kraft getretenen Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) haben<br />

sich umfangreiche Änderungen für den handelsrechtlichen Einzel- und Konzernabschluss, die für<br />

Geschäftsjahre ab dem 1. Januar 2016 verpflichtend anzuwenden sind, ergeben. Eine wesentliche<br />

Änderung betrifft die Neudefinition der Umsatzerlöse.<br />

WP/StB Gerhard Viemann<br />

Prüfungsdirektor<br />

VNW und<br />

VdW Niedersachsen Bremen<br />

Hamburg/Hannover<br />

Zukünftig ist der Begriff der Umsatzerlöse deutlich<br />

weiter gefasst. Es können sich Auswirkungen<br />

auf die Schwellenwerte zur Bestimmung der<br />

Größenklassen ergeben. Nach der alten Definition<br />

handelt es sich bei Erlösen aus dem Verkauf und<br />

der Vermietung oder Verpachtung von typischen<br />

WP/StB Lothar Klein<br />

VNW<br />

Hamburg<br />

Erzeugnissen und Waren sowie aus typischen<br />

Dienstleistungen, die im Rahmen der gewöhnlichen<br />

Geschäftstätigkeit erfolgen, um Umsatzerlöse.<br />

Im Rahmen der Neudefinition sind zukünftig<br />

auch Erzeugnisse, Waren und Dienstleistungen<br />

einzubeziehen, die für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit<br />

nicht typisch sind, wobei Erzeugnisse und<br />

Waren durch den Begriff Produkte ersetzt werden.<br />

Somit fällt für die Umsatzabgrenzung die Beurteilung,<br />

ob Produkte oder Dienstleistungen typisch<br />

für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit sind, zukünftig<br />

weg (siehe Abbildung 1).<br />

Hieraus werden sich für die Bilanzierungspraxis<br />

Abgrenzungsfragen ergeben. Insgesamt kann man<br />

davon ausgehen, dass es zu einer Verschiebung<br />

von den sonstigen betrieblichen Erträgen hin zu<br />

den Umsatzerlösen kommt.<br />

Eine weitere Neuerung der Neufassung der Umsatzerlöse<br />

betrifft sonstige, direkt mit dem Um-<br />

ABB. 1: BILANZRICHTLINIE-UMSETZUNGSGESETZ (BILRUG): NEUDEFINITION DER UMSATZERLÖSE<br />

Bisherige Umsatzabgrenzung:<br />

Neue Umsatzabgrenzung:<br />

Resultieren die<br />

Erträge aus der<br />

gewöhnlichen<br />

Geschäftstätigkeit?<br />

Ja<br />

Nein<br />

Außerordentliche<br />

Erträge<br />

Resultieren die Erträge aus<br />

a) dem Verkauf oder der Vermietung und<br />

Verpachtung von Produkten<br />

oder<br />

b) der Erbringung von Dienstleistungen?<br />

Resultieren die<br />

Erträge aus dem<br />

typischen<br />

Leistungsangebot?<br />

Ja<br />

Umsatzerlöse<br />

Nein<br />

Sonstige betriebliche<br />

Erträge<br />

Umsatzerlöse<br />

Ja<br />

Nein<br />

Sonstige betriebliche<br />

Erträge<br />

Quelle: <strong>GdW</strong>, nach: Der Betrieb Nr. 31/2015 S. 1732 Abb. 1<br />

658 9 | 2016


ABB. 2: ABGRENZUNG UMSATZERLÖSE UND SONSTIGE<br />

BETRIEBLICHE ERTRÄGE<br />

Quelle: <strong>GdW</strong><br />

Umsatzerlöse<br />

Erträge aus Mitgliederveranstaltungen<br />

Zuschuss mit Gegenleistung<br />

(Marketing)<br />

Erträge aus Erbbauzinsen<br />

Erstattungen/Zuzahlungen von<br />

Mietern für Ausstattungswünsche<br />

(Küchen)<br />

Energielieferungen an Dritte<br />

Verpachtung von unbebauten<br />

Grundstücken<br />

sonstige betriebliche Erlöse<br />

Erträge aus Teilschulderlass KfW<br />

Erträge aus Ausbuchung<br />

Verbindlichkeiten<br />

Erträge aus abgeschriebenen<br />

Forderungen<br />

Erstattungen von Arbeitgeberaufwendungen<br />

Versicherungsentschädigungen<br />

Mahn- und lnkassogebühren<br />

satz verbundene Steuern. Diese sind zukünftig von<br />

den Umsatzerlösen abzuziehen. Hierbei kommen<br />

allerdings nur Steuern in Betracht, die inhaltlich<br />

und zeitlich eng mit dem Zeitpunkt der handelsrechtlichen<br />

Umsatzrealisierung zusammenfallen.<br />

Bei Wohnungsunternehmen kann ein „Abzug sonstiger<br />

direkt mit dem Umsatz verbundener Steuern“<br />

(z. B. Energie- und Stromsteuer) im Bereich<br />

der „Umsatzerlöse aus anderen Lieferungen und<br />

Leistungen“ in Betracht kommen.<br />

Nachfolgend stellen wir die Auswirkungen der gesetzlichen<br />

Neuregelung anhand von für die Wohnungswirtschaft<br />

typischen Anwendungsfällen dar.<br />

Erlöse aus Veräußerungsgeschäften<br />

Nach Auffassung des Hauptfachausschusses des<br />

I<strong>DW</strong> kommt es nach der Neudefinition künftig<br />

u. a. darauf an, ob die Umsatzerlöse einen Zusammenhang<br />

mit einem „Produkt“ oder einer<br />

„Dienstleistung“ des Unternehmens aufweisen.<br />

Danach haben solche Vermögensgegenstände<br />

den Charakter eines Produkts, die regelmäßig im<br />

Rahmen der Geschäftstätigkeit veräußert werden.<br />

Eine Anknüpfung daran, ob der veräußerte<br />

Vermögensgegenstand unmittelbar zuvor dem<br />

Anlage- oder dem Umlaufvermögen zugeordnet<br />

war, ist für die Qualifikation von Erlösen aus<br />

Veräußerungsgeschäften als Umsatzerlöse nicht<br />

erforderlich. Demnach sind bspw. Erlöse aus der<br />

Veräußerung von Vermögensgegenständen des<br />

Anlagevermögens i. d. R. wie bisher unter den<br />

sonstigen betrieblichen Erträgen (im Gewinnfall)<br />

bzw. sonstigen betrieblichen Aufwendungen (im<br />

Verlustfall) auszuweisen.<br />

Eine Ausnahme besteht lediglich dann, wenn ein<br />

duales Geschäftsmodell vorliegt. Für ein Woh-


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MARKT UND MANAGEMENT<br />

ABB. 3: KONZERNUMLAGEN (AUCH NUR<br />

MUTTER-TOCHTER-VERHÄLTNIS)<br />

Umsatzerlöse<br />

Leistungsaustausch<br />

Beispiele<br />

• Übernahme von Buchhaltungstätigkeiten<br />

• Beratungsleistungen<br />

• Mitarbeiterüberlassungen<br />

• Nutzungsüberlassung<br />

nungsunternehmen besteht ein duales Geschäftsmodell,<br />

wenn Vermögensgegenstände aus dem<br />

Anlagevermögen sowohl vermietet als auch regelmäßig<br />

verkauft werden. Dann werden zum Verkauf<br />

bestimmte Gebäude oder Eigentumswohnungen<br />

als Produkte klassifiziert. Ein Beispiel hierfür ist<br />

der regelmäßige Verkauf von Eigentumswohnungen<br />

im Rahmen des Geschäftsmodells. Der Erlös<br />

aus dem Verkauf einer Eigentumswohnung ist dann<br />

unter den Umsatzerlösen aus dem Verkauf von<br />

Grundstücken, der Buchwertabgang als Aufwand<br />

für Verkaufsgrundstücke zu erfassen.<br />

Erstattungen von Mietern<br />

Ein weiterer wichtiger Bereich der Erlöse bei<br />

Wohnungsunternehmen sind die Erstattungen<br />

von Mietern. Erstattungen von Mietern für selbst<br />

verursachte Schäden, Schönheitsreparaturen und<br />

Kosten für Miet- und Räumungsklagen sind weiterhin<br />

bei den sonstigen betrieblichen Erträgen zu<br />

erfassen. In diesen Fällen fehlt es an einem Leistungsaustausch<br />

zwischen Wohnungsunternehmen<br />

und Mieter. Dagegen sind Erstattungen der Mieter<br />

für Sonderwünsche (z. B. besondere Küchen- oder<br />

Badausstattungen) als Umsatzerlöse auszuweisen.<br />

Hier findet ein Leistungsaustausch zwischen Wohnungsunternehmen<br />

und Mieter statt. Die Leistung<br />

des Wohnungsunternehmens besteht in dem Einbau<br />

einer besonderen Küche bzw. eines Bades und<br />

der Mieter bezahlt als Gegenleistung die entsprechenden<br />

Kosten. Weitere Beispiele sind in der Abbildung<br />

2 auf der voranstehenden Seite dargestellt.<br />

Konzernumlagen<br />

Bei der Beurteilung von Erlösen, die im Rahmen<br />

eines Mutter-Tochter-Verhältnisses oder im Konzernbereich<br />

entstehen, ist entscheidend, dass ein<br />

Leistungsaustausch stattfindet. Ist dies der Fall,<br />

sonstige betriebliche Erlöse<br />

Entgelt in der Eigenschaft als<br />

Gesellschafter<br />

Beispiele<br />

• allg. Managementumlagen für<br />

Führungsaufgaben<br />

• (kein konkreter Leistungsaustausch)<br />

• Haftungsvergütungen<br />

• (eher eine Art Finanzierungsleistung)<br />

Graubereich: Umlagen für vom MU beim TU eingesetzten Geschäftsführer<br />

(Verknüpfung von Leistungsaustausch mit Interessen des Gesellschafters)<br />

erfolgt der Ausweis der Erlöse unter den Umsatzerlösen.<br />

Handelt es sich um Entgelt im Zusammenhang<br />

mit der Eigenschaft als Gesellschafter,<br />

ist der Ausweis unter den sonstigen betrieblichen<br />

Erträgen vorzunehmen. Fraglich können in diesem<br />

Bereich Umlagen für einen durch das Mutterunternehmen<br />

(MU) beim Tochterunternehmen (TU)<br />

eingesetzten Geschäftsführer sein. Hierbei handelt<br />

es um eine Verknüpfung von einem Leistungsaustausch<br />

mit den Interessen des Gesellschafters<br />

(siehe Abbildung 3).<br />

Folgewirkungen<br />

Mit der Ausweitung der Umsatzerlöse können<br />

ggf. die Schwellenwerte der Größenklassen nach<br />

§§ 267 und 267a HGB überschritten werden. In<br />

diesem Fall würde sich der Umfang der Angabepflichten<br />

im Anhang unter Umständen erheblich<br />

ausweiten.<br />

Mit den Ausweisänderungen bei den Umsatzerlösen<br />

sind auch Ausstrahlungswirkungen auf<br />

korrespondierende Posten verbunden. Verschiebungen<br />

von den sonstigen betrieblichen Erträgen<br />

zu den Umsatzerlösen führen zu korrespondierenden<br />

Verschiebungen vom Posten sonstige Vermögensgegenstände<br />

zum Posten Forderungen aus<br />

anderen Lieferungen und Leistungen sowie von<br />

den sonstigen Verbindlichkeiten zu Verbindlichkeiten<br />

aus Lieferungen und Leistungen. In der<br />

Gewinn- und Verlustrechnung wird es Verschiebungen<br />

zwischen den Posten sonstige betriebliche<br />

Aufwendungen und Aufwendungen für bezogene<br />

Lieferungen und Leistungen geben. Hieraus ergibt<br />

sich gegebenenfalls die Notwendigkeit, den Kontenrahmen<br />

entsprechend anzupassen.<br />

Zu beachten sind ebenfalls Auswirkungen auf<br />

umsatzbasierte Kennzahlen (wie z. B. Renditen)<br />

und auf Verträge, bei denen die Umsatzerlöse<br />

Quelle: <strong>GdW</strong><br />

Bemessungsgrundlage für vertragliche Vereinbarungen<br />

sind.<br />

Bei der erstmaligen Anwendung der Neudefinition<br />

der Umsatzerlöse im Jahresabschluss zum<br />

31. Dezember 2016 ergeben sich Anforderungen<br />

für entsprechende Angaben im Anhang. In einem<br />

ersten Schritt ist zu untersuchen, ob die Umsatzerlöse<br />

nach alter und neuer Definition wesentlich<br />

voneinander abweichen. Liegt keine wesentliche<br />

Abweichung vor, sind keine weiteren Angaben im<br />

Anhang notwendig. Bei einer wesentlichen Abweichung<br />

muss im Anhang ein Hinweis auf die fehlende<br />

Vergleichbarkeit der Umsatzerlöse gegenüber<br />

dem Vorjahr erfolgen. Hierbei ist ein Hinweis auf<br />

die erstmalige Anwendung des neuen Umsatzerlösbegriffs<br />

ausreichend. Zusätzlich ist jedoch<br />

der Betrag der Umsatzerlöse anzugeben, der sich<br />

für das Vorjahr bei Anwendung der Neudefinition<br />

der Umsatzerlöse ergeben hätte.<br />

Wohnungsunternehmen, die nicht die EK-02-<br />

Abgeltungssteuer (§ 38 Abs. 5 KStG) gezahlt haben,<br />

sondern zur Weiteranwendung der alten Rechtslage<br />

des § 38 KStG (Herstellung der körperschaftsteuerlichen<br />

Ausschüttungsbelastung bei Verwendung<br />

von steuerlichem Eigenkapital EK-02) optiert<br />

haben, müssen unbedingt auf die Einhaltung der<br />

Voraussetzungen des § 34 Abs. 14 KStG hierzu achten.<br />

Eine der Voraussetzungen ist es, dass in jedem<br />

Jahr die wohnungswirtschaftlichen Umsatzerlöse<br />

überwiegen müssen. Es ist also dafür Sorge zu tragen,<br />

dass auch nach Neudefinition der Umsatzerlöse<br />

nach BilRUG die wohnungswirtschaftlichen<br />

Umsatzerlöse gem. § 34 Abs. 14 Satz 1 KStG (dazu<br />

zählen i. d. R. nicht die Umsatzerlöse aus dem Verkauf<br />

von Gebäuden des Anlagevermögens) mehr<br />

als 50 % der Gesamtumsatzerlöse betragen. Ist das<br />

nicht der Fall, wird die Option zur Beibehaltung der<br />

körperschaftsteuerlichen Ausschüttungsbelastung<br />

hinfällig und die EK-02-Abgeltungsteuer müsste<br />

gezahlt werden.<br />

Fazit<br />

Die Neuregelung der Definition der Umsatzerlöse<br />

kann in Abhängigkeit vom jeweiligen Geschäftsmodell<br />

zu erheblichen Ausweisänderungen bei<br />

den Posten Umsatzerlöse und sonstige betriebliche<br />

Erträge sowie den korrespondierenden<br />

Bilanz- und GuV-Posten führen. Es empfiehlt<br />

sich, den neuen Ausweis der Umsatzerlöse und<br />

die damit verbundenen Folgewirkungen frühzeitig<br />

mit dem Wirtschaftsprüfer abzustimmen. Hierfür<br />

stehen selbstverständlich die Prüfungsverbände<br />

im <strong>GdW</strong> sowie die nahestehenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />

zur Verfügung.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.pruefungsverbaende.de<br />

860 9 | 2016


MARKT UND MANAGEMENT<br />

Bilanz- und Steuerwissen –<br />

Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />

Fit für die Zukunft? Die Zukunftsfähigkeit von<br />

Wohnungsunternehmen<br />

Wie müssen sich Wohnungsunternehmen strategisch aufstellen, um für die vielfältigen Herausforderungen<br />

gewappnet zu sein? Die Antwort auf diese Frage hängt maßgeblich von den Märkten ab, in denen die<br />

Wohnungsunternehmen agieren. Im ersten Schritt steht somit immer die Analyse der Wohnungsmärkte.<br />

WP Christian Gebhardt<br />

Referent Betriebswirtschaft,<br />

Rechnungslegung und Förderung,<br />

<strong>GdW</strong><br />

Vorstand <strong>GdW</strong> Revision AG<br />

Berlin<br />

Der demografische Wandel in Deutschland und<br />

die Auswirkungen auf die regionalen Wohnungsmärkte<br />

werden seit längerem diskutiert. Ging<br />

man in der Vergangenheit eher von einem Problem<br />

in den neuen Bundesländern aus, zeigt sich<br />

heute, dass auch vermehrt ländliche Regionen<br />

in den alten Bundesländern von Schrumpfung<br />

betroffen sind.<br />

Abschied von allseits wachsenden Märkten<br />

Bereits seit einigen Jahren ist eine deutschlandweite<br />

Ausdifferenzierung in wachsende Regionen<br />

mit steigender Wohnungsnachfrage und Neubaudefiziten<br />

sowie schrumpfende Gebiete mit<br />

sinkenden Haushaltszahlen und Angebotsüber-<br />

hängen zu beobachten. Diese Grundtendenz wird<br />

sich in Zukunft weiter verstärken.<br />

Wachstum ist vor allem ein Thema der Großstädte<br />

und Metropolen, deren Attraktivität als Standorte<br />

von wissens- und wertschöpfungsintensiven<br />

Branchen eine erhebliche Sogwirkung auf die<br />

Binnen- und Außenwanderung entfaltet. Städte<br />

mittlerer Größe und Kleinstädte verloren bereits<br />

im vergangenen Jahrzehnt eher an Einwohnern<br />

und Haushalten, in Ostdeutschland deutlich<br />

stärker als in Westdeutschland. Besonders stark<br />

schrumpften Gemeinden in dünn besiedelten<br />

ländlichen Gebieten (siehe nebenstehende Abbildung<br />

1).<br />

ABB. 1: BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG 2000 – 2013<br />

Index 2000<br />

= 100 %<br />

104<br />

103<br />

102<br />

101<br />

100<br />

99<br />

98<br />

97<br />

96<br />

95<br />

Kreistyp:<br />

Kreisfreie Großstädte<br />

Städtische Kreise<br />

Ländliche Kreise<br />

Deutschland<br />

94<br />

2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2013<br />

Datenbasis: Fortschreibung des Bevölkerungsstandes des Bundes und der Länder<br />

(Umschätzungen nach Zensuskorrektur bis 2010 durch das BBSR)<br />

Quelle: <strong>GdW</strong><br />

Entscheidend ist die Dynamik bei der<br />

Haushaltszahl<br />

Die zukünftige Zahl der Haushalte sowie ihre Größe<br />

und Zusammensetzung ist die entscheidende<br />

Basisinformation zur Beurteilung der Wohnungsnachfrage.<br />

Auf den Wohnungsmärkten sind Haushalte<br />

die entscheidende Nachfragegröße. Diese<br />

auf den ersten Blick banale Feststellung weist<br />

darauf hin, dass sich die Haushaltsdynamik zumindest<br />

zeitweilig von der Bevölkerungsentwicklung<br />

abkoppeln kann.<br />

Verkleinern sich die Haushalte, da immer weniger<br />

Personen in einem Haushalt leben bzw. immer<br />

mehr Menschen allein in einer Wohnung leben,<br />

kann sich die Wohnungsnachfrage in einer Region<br />

weiter erhöhen, auch wenn die Bevölkerungszahl<br />

zurückgeht. Der Trend zur Singularisierung sowie<br />

die Zunahme von Seniorenhaushalten sind Prozesse<br />

des demografischen Wandels, welche derzeit<br />

die Verkleinerung der Haushalte verursachen.<br />

Über den gesamten Zeitraum der nächsten 15<br />

Jahre bis 2030 wird die Zahl der Haushalte nur<br />

10 78 10 | 2016


ABB. 2: ENTWICKLUNG DER HAUSHALTE VON 2015 BIS 2030<br />

Entwicklung insgesamt<br />

von 2015 bis 2030 in %<br />

bis unter -15<br />

-15 bis unter -10<br />

-10 bis unter -5<br />

-5 bis unter 5<br />

5 bis unter 10<br />

10 und mehr<br />

12 32 37 213 88 20<br />

Datenbasis:<br />

BBSR-Haushaltsprognose 2035<br />

Datenbasis: BBSR-Bevölkerungs- und Haushaltsprognose 2035,<br />

Geometrische Grundlage: BKG, Kreise, 31.12.2013, Bearbeitung: J. Nielsen<br />

noch in 108 Kreisen deutlich – also um plus 5 %<br />

und mehr – wachsen (siehe nebenstehende Abbildung<br />

2). Entscheidend ist aber vielmehr der<br />

Wechsel in der Dynamik, der sich innerhalb des<br />

Prognosezeitraums vollzieht: Zu Beginn – im<br />

Jahre 2015 – weisen drei Viertel aller Kreise in<br />

Deutschland noch eine wachsende Haushaltszahl<br />

auf. Im weiteren Prognoseverlauf verändert sich<br />

das Verhältnis von wachsenden zu schrumpfenden<br />

Haushaltszahlen kontinuierlich in Richtung<br />

Schrumpfung. Im Jahr 2030 wird noch für knapp<br />

39 % der Kreise eine wachsende Haushaltszahl<br />

(Veränderung gegenüber dem Vorjahr) prognostiziert.<br />

Die überwiegende Mehrheit verzeichnet<br />

dann bereits einen Rückgang der Wohnungsnachfrage.<br />

1<br />

Neue Wanderungsmuster:<br />

Das Phänomen der Schwarmstädte<br />

Jenseits der absoluten Veränderung der Bevölkerungs-<br />

und Haushaltszahl werden die Wohnungsmärkte<br />

durch neue Muster der Binnenwanderungen<br />

derzeit deutlich umgekrempelt.<br />

„Deutschland zieht um“, und diese Umzugsbewegungen<br />

verändern die Nachfrage auf den Wohnungsmärkten<br />

massiv. Trotz heftiger Debatten<br />

über die Migration aus dem Ausland gilt auch für<br />

das Jahr 2016: Rund zwei Drittel der Umzugsbewegungen<br />

über die Kreisgrenze in Deutschland<br />

sind Binnenumzüge innerhalb des Landes (siehe<br />

Abbildung 3 auf der folgenden Seite).<br />

Die vom <strong>GdW</strong> und seinen Regionalverbänden beauftragte<br />

Studie „Schwarmstädte in Deutschland<br />

– Ursachen und Nachhaltigkeit der neuen Wanderungsmuster“<br />

2 leistet erstmals eine umfassende<br />

qualitative Gesamtschau der Binnenumzüge in<br />

Deutschland, betrachtet das Wanderungsverhalten<br />

verschiedener Altersgruppen und fragt nach<br />

der Nachhaltigkeit sowie den Ursachen dieser<br />

neuen Wanderungsmuster.<br />

Marktangepasste Unternehmensstrategie<br />

und Planung<br />

Die strategische Führung von Wohnungsunternehmen<br />

muss sich an den Rahmenbedingungen<br />

der jeweiligen Wohnungsmärkte, insbesondere<br />

der Dynamik der Bevölkerungs-, Zuwanderungsund<br />

der Haushaltsentwicklung, ausrichten. Die<br />

Demografie ist hierbei wesentliche Grundlage für<br />

Prognosen und Planungen im Wohnungs- und Immobilienmarkt.<br />

Das Umfeld und die Wohnungsmärkte,<br />

auf denen Wohnungsunternehmen agieren,<br />

sind regional differenziert zu betrachten.<br />

Dabei gibt es stark wachsende Wohnungsmärkte<br />

mit hohem Zuwanderungs- und Mietpreisdruck<br />

in den Ballungszentren mit der Folge von Angebotsengpässen<br />

und deutlich schrumpfende Wohnungsmärkte<br />

mit hohen Leerständen und Angebotsüberhängen.<br />

Betroffen sind hier vornehmlich<br />

Kleinstädte und Landgemeinden. Wachstumsund<br />

Schrumpfungsgemeinden können hierbei oft<br />

in enger Nachbarschaft liegen.<br />

Aus der Perspektive der Wohnungsunternehmen<br />

muss bei der Ableitung von strategischen<br />

Handlungsoptionen regional ausdifferenziert<br />

und quartiersbezogen vorgegangen werden. Auf<br />

Grundlage einer quartiersbezogenen Betrachtung<br />

kann für ein Wohnungsunternehmen in der<br />

einen Siedlung nur Rückbau, in einer anderen<br />

Siedlung Aufwertung und in wieder einem anderen<br />

Quartier Rückbau und zugleich Aufwertung<br />

und Neubau notwendig sein.<br />

Die Ausgestaltung der Unternehmensplanung<br />

(siehe Abbildung 4 und 5 auf der folgenden<br />

Seite) liegt im pflichtgemäßen Ermessen der<br />

Unternehmensleitung, die am Maßstab der konkreten<br />

Verhältnisse des einzelnen Unternehmens<br />

auszuüben ist. Unternehmen der Wohnungswirtschaft<br />

sollten über eine langfristige Unternehmensplanung<br />

von bis zu zehn Jahren verfügen.<br />

Gerade die Wohnungswirtschaft hat eine Vielzahl<br />

von verlässlich ableitbaren Parametern für die<br />

Unternehmensplanung. Grundsätzlich sollte sie<br />

einmal jährlich überprüft und aktualisiert werden.<br />

Ausgehend von der strategischen Planung<br />

wird für einen Zeitraum von fünf Jahren eine Mittelfristplanung<br />

erstellt, die einmal jährlich auf<br />

der Basis der jeweils aktuell vorhandenen Daten<br />

erneuert werden sollte.<br />

Wesentliche Ziele der Unternehmensplanung<br />

sind es, die Unternehmenszukunft zu sichern,<br />

die Unternehmensziele zu erreichen und die<br />

Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. Im Rahmen der<br />

Jahresabschlussprüfung ist die Unternehmensplanung<br />

Grundlage für die Beurteilung der wirtschaftlichen<br />

Entwicklung des Wohnungsunternehmens<br />

in den nächsten Jahren. Anhand eines<br />

wohnungswirtschaftlichen Kennzahlensystems<br />

lassen sich frühzeitig kritische Entwicklungen<br />

erkennen (siehe auch <strong>DW</strong> 2/2016, S. 54 ff.).<br />

Fazit<br />

Um die Handlungsfähigkeit der Wohnungsunternehmen<br />

gerade in schrumpfenden Märkten zu<br />

gewährleisten, ist eine Beschäftigung mit dem<br />

Thema Zukunftssicherung zwingend notwendig.<br />

Nur wer frühzeitig Maßnahmen ergreift, wird in<br />

der Lage sein, die gewaltigen Herausforderungen,<br />

die der Stadtumbau an die Wohnungsunternehmen<br />

als Hauptakteure der Marktbereinigung<br />

stellt, zu bewältigen.<br />

In Regionen mit einem starken Wachstum sind die<br />

Unternehmensstrategien an den wirtschaft-<br />

1<br />

Vgl. BBSR (2015): Die Raumordnungsprognose<br />

2035 nach dem Zensus. Bevölkerung, private Haushalte<br />

und Erwerbspersonen.<br />

2<br />

Empirica AG (2015): Schwarmstädte in Deutschland.<br />

Ursachen und Nachhaltigkeit der neuen<br />

Wanderungsmuster. Berlin (http://web.gdw.de/<br />

service/publikationen/2888-schwarmstaedte-indeutschland-studie-im-auftrag-des-gdw).<br />

Quelle: <strong>GdW</strong><br />

10 | 2016<br />

11 79


Stadtbau und Stadtentwicklung<br />

Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />

MARKT UND MANAGEMENT<br />

ABB. 3: WANDERUNGSDIMENSIONEN IN DEUTSCHLAND<br />

Binnenwanderung:<br />

3,8 Mio. im Jahr 2013<br />

76 %<br />

17 %<br />

83 %<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

2009<br />

2010<br />

2011<br />

2012<br />

2013<br />

lichen Rahmenbedingungen auszurichten. Dabei<br />

ist gerade bei der Neubauplanung zu beachten,<br />

dass auch ein nachhaltiges Wachstum vorliegt.<br />

Nach den derzeitigen Prognosen und Vorausberechnungen<br />

verzeichnet die überwiegende<br />

Mehrheit der Kreise trotz einer derzeit starken<br />

Nachfrage ab 2030 einen Rückgang der Wohnungsnachfrage.<br />

Außenwanderung:<br />

1,2 Mio. im Jahr 2013<br />

24 %<br />

Vergleich Binnenwanderung/Außenwanderung<br />

Zuzüge über die Gemeindegrenze in Deutschland 2004 bis 2013<br />

Quelle: BBSR, Datenbasis: Destatis, Wanderungsstatistik, Fachserie 1 - Reihe 1.2<br />

Die Unterscheidung zwischen Schrumpfungsund<br />

Wachstumsregionen sowie sog. Schwarmstädten<br />

darf nicht darüber hinwegtäuschen,<br />

dass sich auch innerhalb der Städte und Regionen<br />

ganz unterschiedliche Trends vollziehen.<br />

Es gibt nicht den einen lokalen Wohnungsmarkt<br />

und nicht die eine lokale Wohnungsnachfrage.<br />

Auch in schrumpfenden Regionen gibt es Mikrolagen<br />

mit deutlichen Nachfrageüberhängen.<br />

Hier können deutlich andere Preise und Mieten<br />

als im gesamtstädtischen Durchschnitt aufgerufen<br />

werden.<br />

Für Fragen im Zusammenhang mit der Zukunftsfähigkeit<br />

stehen Ihnen die genossenschaftlichen<br />

Prüfungsverbände der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />

und ihre nahestehenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />

beratend zur<br />

Verfügung.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.pruefungsverbaende.de<br />

ABB. 4: STRATEGIEENTWICKLUNG UND<br />

STRATEGIEIMPLEMENTIERUNG<br />

ABB. 5: PLANUNGSZEITRÄUME<br />

Vision<br />

strategische Planung<br />

(10 Jahre)<br />

Leitbild<br />

Revolvierende Mittelfristplanung<br />

(5 Jahre)<br />

Strategie<br />

Planung<br />

Quelle: <strong>GdW</strong><br />

Wirtschaftsplanung<br />

(1 Jahr)<br />

Erfolgs-, Finanz-, Investitions-,<br />

Desinvestitions-, Personalplanung<br />

Quelle: <strong>GdW</strong><br />

G<strong>DW</strong>-ARBEITSHILFE 76<br />

„ZUKUNFTSFÄHIGKEIT VON WOHNUNGSUNTERNEHMEN“<br />

G<strong>DW</strong>-STUDIE<br />

„SCHWARMSTÄDTE IN DEUTSCHLAND“<br />

Zum o. g. Themenbereich hat der <strong>GdW</strong> eine Arbeitshilfe herausgegeben. Sie<br />

beschäftigt sich nicht nur mit dem Wandel der Wohnungsmärkte und den<br />

Möglichkeiten zur Ermittlung der Wohnungsnachfrage,<br />

sondern befasst sich mit den Notwendigkeiten marktangepasster<br />

Unternehmensstrategien und -planungen<br />

sowie der Implementierung kennzahlenbasierter Risikofrüherkennungssysteme.<br />

Checklisten liefern anwendungsorientiert<br />

Hinweise.<br />

Die <strong>GdW</strong> Arbeitshilfe 76 ist über den <strong>GdW</strong> zu beziehen:<br />

www.gdw.de oder bestellung@gdw.de.<br />

Die vom <strong>GdW</strong> beauftragte und durch Empirica<br />

erstellte Studie „Schwarmstädte in<br />

Deutschland: Ursachen<br />

und Nachhaltigkeit der<br />

neuen Wanderungsmuster<br />

– Endbericht“<br />

ist ebefalls über den<br />

<strong>GdW</strong> zu beziehen:<br />

www.gdw.de oder<br />

bestellung@gdw.de.<br />

12 80 10 | 2016


MARKT UND MANAGEMENT<br />

Bilanz- und Steuerwissen –<br />

Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />

Terrorismusprävention als Compliance-Pflicht (auch)<br />

in der Wohnungswirtschaft?<br />

Terrorismus ist zurzeit eine globale Bedrohung. Welchen Beitrag können oder müssen Wohnungsunternehmen<br />

leisten, um dieser Bedrohung entgegenzuwirken? Was ist bei der Vermietung von Wohnungen<br />

und Gewerberäumen zu beachten? Dieser Artikel gibt Hinweise für die praktische Umsetzung.<br />

WP/StB Hans Maier<br />

Vorstand<br />

VdW Bayern<br />

München<br />

Die jüngsten Terroranschläge zeigen einmal mehr,<br />

dass auch die Unterstützer von Terrororganisationen<br />

„normale” Leben führen können. Sie zahlen<br />

ihre Miete, nehmen Pakete für die Nachbarn an,<br />

haben Jobs und beziehen Gehalt. Und genau hier<br />

wird das globale Phänomen Terrorismus für so gut<br />

Dr. Julia Betz<br />

VdW Bayern<br />

München<br />

wie jedes Unternehmen relevant. Denn diese sind<br />

gesetzlich verpflichtet, den Terrorismus weder<br />

direkt noch indirekt zu unterstützen. Das Problem<br />

dabei ist: Wie man die vorgeschriebenen Regeln<br />

genau einhält, lassen die einschlägigen Verordnungen<br />

weitgehend offen. Wie die Vorgaben von<br />

Anti-Terror-Regularien der EU und der USA in der<br />

Praxis effektiv zu erfüllen sind, ist deswegen auch<br />

kaum einem Unternehmen wirklich bewusst.<br />

Die meisten Unternehmen in Deutschland haben<br />

daher aktuell keinen geregelten Umgang mit dem<br />

Thema Terrorismusprävention. Dies liegt zum einen<br />

an den fehlenden Vorgaben und zum anderen<br />

wohl auch daran, dass es bisher schlichtweg noch<br />

keine medienwirksamen Fälle gab, in denen Strafen<br />

verhängt oder Prozesse geführt wurden, weil<br />

Unternehmen gelistete Personen beschäftigt haben<br />

oder sonst mit ihnen in geschäftlichen Kontakt<br />

gekommen sind.<br />

Quelle: Krasimira Nevenova / Shutterstock.com<br />

14 68 11 | 2016


HINTERGRUND<br />

§§<br />

Wohnungsunternehmen<br />

Juris-Finanz-Transaktionsliste:<br />

Identifizierung der Person bzw. des<br />

wirtschaftlich Berechtigten<br />

Anstellungsverhältnisse<br />

gewerbliche Vermietung<br />

Untervermietung<br />

Quelle: VdW Bayern<br />

Das Gefahrenbewusstsein ist daher nach wie vor<br />

gering. Das Risikoszenario wirkt unwahrscheinlich.<br />

Durch die aktuellen Anschläge und die stets<br />

latente Terrorgefahr in Europa gewinnen die Verordnungen<br />

und Richtlinien als Compliance-Pflicht<br />

in den Unternehmen der Mitgliedsstaaten dennoch<br />

immer mehr an Bedeutung.<br />

Im Nachfolgenden werden Rechtsgrundlagen und<br />

daraus resultierende Pflichten dargestellt, der aktuelle<br />

Diskussionsstand in Rechtsprechung, Fachliteratur<br />

und Praxis wiedergegeben und versucht,<br />

mögliche Handlungsansätze für die (Wohnungs-)<br />

Unternehmen aufzuzeigen.<br />

Rechtliche Grundlagen<br />

Auf europäischer Ebene wurde nach den Anschlägen<br />

vom 11. September 2001 auf terroristische<br />

Bedrohungen mit verschiedenen, unmittelbar<br />

geltenden EU-Verordnungen (2580/2001;<br />

881/2002) reagiert. Inhalt ist generell die Beseitigung<br />

der finanziellen Grundlagen des Terrorismus.<br />

Dabei verpflichten die Verordnungen alle<br />

Unternehmen innerhalb der EU, innerbetriebliche<br />

Vorkehrungen zu treffen, dass Geschäftskontakte<br />

zu gesperrten Personen, Organisationen, Vereinigungen<br />

und Unternehmen weder aufgebaut noch<br />

unterhalten werden.<br />

Die verdächtigen Personen und Organisationen<br />

werden in Listen aufgeführt, die regelmäßig<br />

aktualisiert werden. Den aufgelisteten Personen,<br />

Organisationen, Vereinigungen und Unternehmen<br />

dürfen nach Art. 2 der VO (EG) Nr.<br />

881/2002 keine Gelder, sonstige finanzielle<br />

Vermögenswerte, wirtschaftliche Ressourcen<br />

oder Finanzdienstleistungen bereitgestellt<br />

werden. Deshalb bezeichnet man diese Regelung<br />

auch als „Bereitstellungsverbot”. Dieses<br />

Bereitstellungsverbot gilt uneingeschränkt für<br />

alle Unternehmen in der EU und somit auch für<br />

Wohnungsunternehmen.<br />

Des Weiteren wurde im Zuge der internationalen<br />

Terrorismusbekämpfung im Mai 2015 durch<br />

das Europäische Parlament die Vierte Anti-<br />

Geldwäsche-Richtlinie (EU 2015/849) und die<br />

neue Geldtransfer-Verordnung (EU 2015/847)<br />

im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die Mitgliedsstaaten<br />

haben zwei Jahre Zeit, also bis Mitte<br />

<strong>2017</strong>, die neue Richtlinie in nationales Recht<br />

umzusetzen. Auch wenn die Thematik auf den<br />

ersten Blick eher dem Finanzsektor zuzuordnen<br />

ist, so verpflichtet die Richtlinie auch bestimmte<br />

Dienstleister aus dem Nicht-Finanzsektor, zum<br />

Beispiel Notare, Rechtsanwälte, Abschlussprüfer,<br />

externe Buchprüfer und Steuerberater, zur<br />

Mitwirkungspflicht der Einholung registerrelevanter<br />

Informationen. Die Mitgliedsstaaten sind<br />

zudem gehalten, die Richtlinie auf weitere Berufe<br />

oder Unternehmenskategorien auszudehnen, bei<br />

deren Tätigkeiten es besonders wahrscheinlich<br />

ist, dass sie für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung<br />

genutzt werden. Was das konkret<br />

für Wohnungsunternehmen, insbesondere für<br />

Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung,<br />

bedeutet, bleibt bis zur Umsetzung der<br />

Richtlinie in Deutschland abzuwarten. Eine direkte<br />

Verpflichtung der Wohnungsunternehmen<br />

ist derzeit nicht erkennbar.<br />

Am 30. Juli 2016 ist darüber hinaus das neue<br />

Gesetz zum besseren Informationsaustausch<br />

bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus<br />

in Kraft getreten. Dieses neue Anti-<br />

Terror-Paket richtet sich somit an Behörden<br />

und ist in wirtschaftlicher Hinsicht nur für Telekommunikationsdienstanbieter<br />

relevant und<br />

bedarf deshalb an dieser Stelle keiner näheren<br />

Betrachtung.<br />

Bei Verstößen gegen die vorgeschriebenen<br />

Pflichten verlangt der europäische Gesetzgeber<br />

von den einzelnen Mitgliedstaaten die Festlegung<br />

von Sanktionen, die wirksam, verhältnismäßig<br />

und abschreckend sein müssen. Daher können<br />

Unternehmen und verantwortlich handelnde<br />

Personen in Deutschland im Fall des Verstoßes<br />

mit Sanktionen aus § 18 Außenwirtschaftsgesetz<br />

(AWG) und §§ 130, 30 OWiG belegt werden. Es<br />

kommen eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit<br />

in Betracht. Vorsätzliche Verstöße können<br />

mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis<br />

zu fünf Jahren geahndet werden. Wegen der Unterlassung<br />

erforderlicher Aufsichtsmaßnahmen<br />

kann eine Unternehmensgeldbuße verhängt werden.<br />

Zusätzlich drohen Einträge in das Gewerbezentralregister.<br />

Wie die rechtlichen Folgen bei Verstößen für die<br />

verantwortlichen Personen genau aussehen werden,<br />

wird die Rechtsprechung in den nächsten<br />

Jahren sicherlich zeigen. Anzunehmen ist aber<br />

tendenziell, dass die ersten öffentlichen Reaktionen<br />

deutlich sein werden. Im Gegensatz zu<br />

haftungsrechtlichen Sanktionierungen sind die<br />

drohenden Reputationsschäden für Unternehmen<br />

kaum kalkulierbar.<br />

Diskussionsstand in Rechtsprechung und<br />

Fachliteratur<br />

Zur Fragestellung der Umsetzung des Bereitstellungsverbots<br />

sagen die Anti-Terror-Verordnungen<br />

der EG zunächst nicht viel aus. Sie verbieten eindeutig,<br />

dass Unternehmen – auf welche Weise auch<br />

immer – Terrororganisationen über ihre identifizierbaren<br />

Mitglieder finanziell unterstützen.<br />

11 | 2016<br />

15 69


Stadtbau und Stadtentwicklung<br />

Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Manageme<br />

MARKT UND MANAGEMENT<br />

SCHWIERIGKEITEN BEI DER PERSONENIDENTIFIZIERUNG<br />

Mochamed<br />

Hissene<br />

Hussayn Husain<br />

Hossein<br />

Hocine Huseyn Hossain<br />

Hussein<br />

Gusejn<br />

Hysen<br />

Mohamed<br />

Hüseynow<br />

Hüseyin<br />

Husseini<br />

Hissein<br />

Husayn<br />

Gusseinow Mahomet<br />

Muhammad<br />

Muhamet Hüseyn<br />

Mahoma<br />

Muhammet Hosejn<br />

Mehmed Hussaini Hysejn<br />

Hussain Mehmet<br />

usay Huseynow<br />

Gusseynov<br />

Muhammed<br />

Muhamed<br />

Quelle: VdW Bayern<br />

Sie schreiben nicht vor, dass Unternehmen regelmäßig<br />

ihre Mitarbeiterlisten mit den bereitgestellten<br />

Terrorlisten vergleichen müssen. Wie Unternehmen<br />

diese Vorschriften umsetzen, lassen die<br />

Verordnungen weitgehend offen. Das ist auch der<br />

Grund, warum die Verunsicherung der Wirtschaft<br />

so groß ist: Der weitreichende Regelungsgehalt<br />

der EG-Verordnungen wird von fehlenden konkreten<br />

Handlungsempfehlungen für Unternehmen<br />

begleitet.<br />

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle<br />

empfiehlt in seinem Merkblatt „Länderunabhängige<br />

Embargomaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung”<br />

zur Einhaltung des Verbots<br />

der Zurverfügungstellung von Geldern und wirtschaftlichen<br />

Ressourcen „flexible Lösungen”. Diese<br />

seien „von der Ausgestaltung der betriebsinternen<br />

Abläufe des jeweiligen Unternehmens<br />

abhängig”. Für die „unternehmensinterne Umsetzung<br />

der Pflicht zur Einhaltung der Verbote lassen<br />

sich daher keine allgemeingültigen Aussagen<br />

treffen”. Auch hier bleiben die offiziellen Vorgaben<br />

also vage. Weder gesetzliche Bestimmungen<br />

noch Literatur geben praktische Ansatzpunkte für<br />

Abgleichroutinen vor. 1<br />

Dieses „Vakuum“ führt dazu, dass in Rechtsprechung,<br />

Fachliteratur und der Praxis viel Raum für<br />

kontroverse Diskussionen besteht. Insbesondere<br />

äußern Arbeitsrechtler und Datenschutzbeauftragte<br />

ihre Einschätzung und Bedenken zur rechtmäßigen<br />

Umsetzung und Ausgestaltung des Listenabgleichs.<br />

Dabei ist in datenschutzrechtlicher<br />

Hinsicht mittlerweile weitestgehend anerkannt,<br />

dass ein Terrorlisten-Screening grundsätzlich<br />

zulässig ist. Diese Auffassung bestätigt auch eine<br />

Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 19. Juni<br />

2012 – VII R 43/11, die eine Tendenz der Judikative<br />

in Richtung „Pro Listenabgleich” bekundet.<br />

Danach besteht zwar nach wie vor keine explizite<br />

Screening-Pflicht, Listenabgleiche mit Stammdaten<br />

durchzuführen; die oben genannte Rechtsprechung<br />

tendiert aber eindeutig dahin, diese<br />

grundsätzlich als zulässig zu erachten.<br />

Da das Thema aufgrund der aktuellen Brisanz an<br />

Bedeutung gewinnt, ist aktuell viel Aktivität auch<br />

bei IT-Anbietern erkennbar, die die Unternehmen<br />

mit ihren technischen Ansatzpunkten umwerben.<br />

Handlungsansätze in der<br />

(wohnungswirtschaftlichen) Praxis<br />

In der Wohnungswirtschaft ist nach wie vor<br />

nicht eindeutig geregelt oder entschieden, ob<br />

der Bereich Vermietung überhaupt unter die<br />

Anti-Terrorismus-Vorschriften, insbesondere<br />

unter den Begriff der Zurverfügungstellung<br />

„wirtschaftlicher Ressourcen“, fällt. Da sich die<br />

Rechtsgrundlagen auch durch die neuen Anti-<br />

Terrorismus-Vorschriften nicht geändert haben,<br />

stellt sich nach wie vor die Frage, ob eine Prüfungspflicht<br />

im Vorfeld der Wohnungsvergabe<br />

besteht.<br />

Nach einer Stellungnahme des Bundesministeriums<br />

für Wirtschaft und Technologie aus dem Jahr<br />

2008 ist vertretbar, dass für Wohnungsunternehmen<br />

keine Prüfungspflicht im Vorfeld der Wohnungsvergabe<br />

besteht. Das Ministerium vertritt<br />

hierzu die Auffassung, dass die entsprechenden<br />

EU-Verordnungen die persönliche Verwendung<br />

von „wirtschaftlichen Ressourcen“, wie es in den<br />

EU-Verordnungen heißt, gerade nicht meinen.<br />

Etwas anderes gilt nach dem Ministerium dann,<br />

wenn für den Vermieter absehbar ist, dass der<br />

Wohnraum auch für den Erwerb von Geldern verwendet<br />

werden soll, etwa durch Untervermietung<br />

und für die gewerbliche Vermietung. Auch aktuell 2<br />

fasst das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle<br />

in seinem Merkblatt „Länderunabhängige<br />

Embargomaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung”<br />

nur die Vermietung von Gewerberaum unter<br />

den Begriff „wirtschaftliche Ressourcen“.<br />

Diese Auffassung war bislang zu begrüßen, da<br />

in der Praxis zahlreiche Schwierigkeiten bei der<br />

„sicheren“ Identifizierung von Personen über Listen,<br />

bei denen neben dem Problem einer Namensgleichheit<br />

3 auch die Aktualität oft in Frage steht,<br />

bestehen. Hinzu kommen viele offene Fragen (z. B.<br />

Kautionsrückzahlung und Betriebskostenerstattung<br />

als Zurverfügungstellung wirtschaftlicher<br />

Ressourcen auch im Mietverhältnis mit Privaten?<br />

Frequenz des Screenings? Einsatz des Betriebsrats?<br />

Wie läuft das weitere Verfahren bei einem<br />

Treffer ab? Prozessbeschreibungen?). Ganz unabhängig<br />

hiervon stellt sich auch die Frage, ob<br />

der Einsatz überhaupt zielführend ist. So ist kaum<br />

davon auszugehen, dass sich ein Terrorist mit seinem<br />

richtigen Namen einmieten wird.<br />

Für den Bereich Vermietung an Privat besteht nach<br />

wie vor aktuell kein zwingendes Handlungsgebot.<br />

Bei der gewerblichen Vermietung und allgemein<br />

16 70 11 | 2016


nt<br />

Rechtssprechung<br />

Haufe Gruppe<br />

für Anstellungsverhältnisse ist das Wohnungsunternehmen<br />

jedoch eindeutig Adressat. Alleine<br />

die verkehrsübliche Sorgfalt erfordert hier<br />

zumutbare Maßnahmen.<br />

Handlungsempfehlungen bisher lauteten dahingehend,<br />

dass das Unternehmen, um auf<br />

„Nummer sicher“ zu gehen, die gültigen Namenslisten<br />

aus dem Internet herunterladen und<br />

einen „kurzen“, jedoch gewissenhaften „Check“<br />

vornehmen soll. Diese Handlungsempfehlung<br />

gilt zum heutigen Zeitpunkt aufgrund der akuten<br />

Brisanz der Thematik „internationale Terrorismusbekämpfung“<br />

umso mehr. Die manuelle<br />

Prüfung kann erfolgen über die Juris-Finanz-<br />

Sanktionsliste 4 . Parallel dazu werden die EG-<br />

Verordnungen mit den jeweiligen Ergänzungen<br />

zuerst im Amtsblatt der EU veröffentlicht 5 und<br />

dann in die EU-Datenbank 6 eingepflegt.<br />

Darüber hinaus kann zum jetzigen Zeitpunkt<br />

keine konkrete Handlungsempfehlung ausgesprochen<br />

werden, ob und inwieweit ein Einsatz<br />

technischer Mittel geboten ist. Wie im Merkblatt<br />

des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle<br />

zutreffend angesprochen, ist dies<br />

im Interesse der spezifischen Unternehmenssituation,<br />

die flexible Lösungen erfordert, von<br />

der Ausgestaltung der betriebsinternen Abläufe<br />

des jeweiligen Unternehmens abhängig. Dass<br />

in jedem Fall teure Technik und Personalressourcen<br />

eingesetzt werden, kann sicher nicht<br />

verlangt werden.<br />

Wichtig ist, dass das Thema von den Wohnungsunternehmen<br />

nicht ad acta gelegt wird.<br />

Sinnvoll hierzu sind die fortlaufende Information<br />

und der Erfahrungsaustausch (ggf.<br />

in internen und externen Arbeitsgruppen),<br />

inwieweit Mittel unternehmensgerecht einund<br />

umgesetzt werden können.<br />

1<br />

Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle,<br />

Merkblatt „Länderunabhängige Embargomaßnahmen<br />

zur Terrorismusbekämpfung”, abrufbar unter<br />

www.ausfuhrkontrolle.info/ausfuhrkontrolle/de/<br />

arbeitshilfen/ merkblaetter/merkblatt_ebt.pdf<br />

(Abruf 16. 9. 2016)<br />

2<br />

Abruf: 16. 7. 2016<br />

3<br />

Allein für den Vornamen „Mohammed”, immerhin<br />

einer der häufigsten Vornamen der Welt, ergänzt<br />

um den mindestens ebenso weit verbreiteten<br />

Nachnamen „Hussein” kommt nun allein im Rahmen<br />

der Transkription aus arabischen in lateinische Lettern<br />

eine Vielfalt an Schreibweisen in Betracht.<br />

4<br />

http://www.finanz-sanktionsliste.de/fisalis/jsp/<br />

index.jsf<br />

5<br />

http://eurlex.europa.eu/homepage.html<br />

6<br />

http://eeas.europa.eu/ topics/sanctions-policy/8442/<br />

consolidated-list-of-persons-groups-and-entitiessubject-to-eufinancial-sanctions_en<br />

Weitere Informationen:<br />

www.pruefungsverbaende.de


MARKT UND MANAGEMENT<br />

Bilanz- und Steuerwissen –<br />

Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />

Der Teufel steckt im Detail – Änderungen im Anhang<br />

durch das BilRUG<br />

Zum 31. Dezember 2016 ist der Jahresabschluss erstmals nach dem Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz<br />

(BilRUG) aufzustellen. Dieser Artikel fasst die wesentlichen Änderungen der Anhangvorschriften für den<br />

Einzelabschluss von Wohnungsunternehmen zusammen und rundet damit die Artikelreihe zum BilRUG ab.<br />

WP Claudia Buchta<br />

Qualitätssicherungsstelle<br />

<strong>GdW</strong><br />

Berlin<br />

Vollumfassend sind die Änderungen der Anhangvorschriften<br />

nach BilRUG erstmals auf Jahres- und<br />

Konzernabschlüsse sowie Lage- und Konzernlageberichte<br />

für das nach dem 31. Dezember<br />

2015 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden.<br />

Der Artikel stellt die Änderungen im Anhang des<br />

Einzelabschlusses in Bezug auf die allgemeinen<br />

(§ 284 HGB) und die speziellen Angaben (§ 285<br />

HGB) zusammengefasst dar. Die hier dargelegten<br />

Änderungen der Anhangangaben gelten für<br />

Wohnungsunternehmen in der Rechtsform der<br />

Kapitalgesellschaft wie auch der Genossenschaft.<br />

Soweit für kleine und mittelgroße Unternehmen<br />

Erleichterungen in Bezug auf die Neuregelungen<br />

vorliegen, wird darauf hingewiesen.<br />

Allgemeine Anhangangaben<br />

§ 284 HGB enthält allgemeine Vorschriften zum<br />

Aufbau und zum Inhalt des Anhangs. Nach BilRUG<br />

sind die Angaben im Anhang nun in der Reihenfolge<br />

der einzelnen Posten der Bilanz und Gewinn-<br />

und Verlustrechnung (GuV) vorzunehmen.<br />

Ferner wurde die gesonderte Angabepflicht zu den<br />

Grundlagen der Fremdwährungsumrechnung aufgehoben,<br />

so dass nur noch implizit eine Angabe<br />

über § 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB möglich ist.<br />

Eine wesentliche Änderung betrifft die Gliederung<br />

des Anlagenspiegels. Nach § 284 Abs. 3 HGB ist<br />

der Anlagenspiegel nun als Bruttoanlagenspiegel<br />

zwingend im Anhang anzugeben. Des Weiteren sind<br />

im Geschäftsjahr die jeweils in den Herstellungskosten<br />

aktivierten Fremdkapitalzinsen pro Posten<br />

zu benennen. Diese Angabe kann jedoch auch unter<br />

dem Anlagenspiegel vorgenommen werden.<br />

Nach dem BilRUG enthält der Anlagenspiegel zukünftig<br />

folgende Positionen:<br />

INHALT DES BRUTTOANLAGEN­<br />

SPIEGELS NACH BILRUG<br />

Anschaffungs- und Herstellungskosten zum<br />

Geschäftsjahresbeginn<br />

Zugänge, Abgänge, Umbuchungen und<br />

Zuschreibungen im Geschäftsjahr<br />

Anschaffungs- und Herstellungskosten zum<br />

Ende des Geschäftsjahres<br />

Kumulierte Abschreibungen zum Geschäftsjahresbeginn<br />

Abschreibungen des Geschäftsjahres<br />

Änderung der Abschreibungen in Zusammenhang<br />

mit Zugängen, Abgängen und Umbuchungen<br />

Kumulierte Abschreibungen Ende des<br />

Geschäftsjahres<br />

Buchwert zum Geschäftsjahresbeginn und zum<br />

Ende des Geschäftsjahres<br />

Für die Darstellung des Anlagenspiegels im Anhang<br />

empfiehlt sich nach wie vor eine spaltenweise<br />

Querdarstellung. Die Änderungen der allgemeinen<br />

Anhangangaben betreffen kleine bis große<br />

Wohnungsunternehmen (Kapitalgesellschaften<br />

und Genossenschaften) gleichermaßen. Erleichterungen<br />

sind nicht vorgesehen.<br />

Spezielle Anhangangaben (§ 285 HGB)<br />

Die neugefasste Nr. 3 enthält eine Ausweitung der<br />

Angabepflicht zu nicht in der Bilanz enthaltenen<br />

Geschäften auf die finanziellen Auswirkungen.<br />

Die Angabepflicht wird jedoch auf wesentliche<br />

Sachverhalte beschränkt.<br />

Die geänderte Nr. 3 a enthält in Bezug auf die<br />

sonstigen finanziellen Verpflichtungen eine gesonderte<br />

Angabepflicht von Verpflichtungen betreffend<br />

die Altersvorsorge und Verpflichtungen<br />

gegenüber assoziierten Unternehmen. Die neugefasste<br />

Nr. 4 verlangt nun eine Aufgliederung<br />

der Umsatzerlöse nach Verkauf, Vermietung oder<br />

Verpachtung von Produkten und der Erbringung<br />

von Dienstleistungen; die gewöhnliche Geschäftstätigkeit<br />

spielt künftig keine Rolle mehr.<br />

Die Angabepflicht zu Steuern vom Einkommen und<br />

vom Ertrag fällt weg (Nr. 6). In Bezug auf Nr. 9 c<br />

erfolgt eine Erweiterung der Berichtspflicht um<br />

die im Berichtsjahr erlassenen Beträge. Die Angabe<br />

über Beteiligungen in Bezug auf den neugefassten<br />

§ 271 Abs. 1 HGB (Vermutung einer Beteiligung<br />

bei einem Anteilswert ab 20 %) wird in Nr. 11<br />

dargestellt. Mit Nr. 11 b werden die Angaben zu<br />

Beteiligungen bei börsennotierten Unternehmen<br />

als eigene Nummer dargestellt. Gemäß Nr. 13 ist<br />

eine Erläuterung zum Abschreibungszeitraum<br />

eines entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder<br />

Firmenwerts vorzunehmen.<br />

Die Aufteilung der Angaben zum Mutterunternehmen,<br />

welches den Konzernabschluss aufstellt, ist<br />

auf Nr. 14 (größter Kreis) und Nr. 14 a (kleinster<br />

Kreis) aufgeteilt. Die neu eingefügte Nr. 15 a<br />

verlangt die Angabe von Anzahl und verbrieften<br />

Rechten für Genussscheine, Genussrechte,<br />

Wandelschuldverschreibungen, Optionsscheinen,<br />

Optionen, Besserungsscheinen, vergleichbare<br />

Wertpapiere und Rechte.<br />

Die Nr. 30 bis 34 sind neu eingefügt und enthalten<br />

folgende Regelungen:<br />

18 64 12 | 2016


nd Management<br />

Rechtssprechung<br />

Haufe Gruppe<br />

Stadtbau und Stadtentwicklung<br />

Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />

• Bei Angabe von latenten Steuern in der Bilanz<br />

sind im Anhang die Steuersalden zum<br />

Abschlussstichtag sowie die im Laufe des Geschäftsjahres<br />

erfolgten Veränderungen der<br />

Salden anzugeben (Nr. 30).<br />

• Angabe von Betrag und Art von Erträgen und<br />

Aufwendungen von außergewöhnlicher Größenordnung<br />

oder außergewöhnlicher Bedeutung,<br />

wenn die Beträge nicht von untergeordneter<br />

Bedeutung sind (Nr. 31).<br />

• Erläuterung von periodenfremden Erträgen und<br />

Aufwendungen (Betrag, Art), wenn die Beträge<br />

nicht von untergeordneter Bedeutung sind<br />

(Nr. 32).<br />

• Angabe wesentlicher Ereignisse nach dem Bilanzstichtag<br />

(Art, finanzielle Auswirkungen),<br />

die weder in der Bilanz noch in der GuV enthalten<br />

sind (vormals „Nachtragsbericht“ im<br />

Lagebericht) (Nr. 33).<br />

• Angabe des Vorschlages oder des Beschlusses<br />

über die Verwendung des Gewinns (Nr. 34).<br />

G<strong>DW</strong>­FACHBÜCHER<br />

Erleichterungen für kleine und mittelgroße<br />

Wohnungsunternehmen<br />

Kleine Wohnungsunternehmen sind nur von wenigen<br />

der neuen Änderungen nach BilRUG betroffen.<br />

Dazu gehören Nr. 3 a, 9 c, 13 und 31 (vgl. § 288<br />

Abs. 1 HGB). Ebenso ist bei einer Angabepflicht<br />

nach Nr. 14 a nicht der Ort anzugeben, an dem<br />

der Konzernabschluss erhältlich ist. Mittelgroße<br />

Wohnungsunternehmen sind nur von zwei der<br />

neuen Berichtspflichten ausgenommen (vgl. § 288<br />

Abs. 2 HGB). Diese betreffen die Angaben zu den<br />

Umsatzerlösen (Nr. 4) und den periodenfremden<br />

Aufwendungen und Erträgen (Nr. 32).<br />

Für kleine und mittelgroße Wohnungsunternehmen<br />

in der Rechtsform der Genossenschaft gelten<br />

über § 336 Abs. 2 Nr. 2 HGB die o. g. Erleichterungen<br />

für die neuen Anhangvorschriften. Jedoch ist<br />

zu beachten, dass aufgrund der Sondervorschrift<br />

des § 338 Abs. 3 HGB die Änderungen zu den Angabepflichten<br />

der Nr. 9 c bei Genossenschaften<br />

nicht greifen.<br />

Sollte im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung<br />

eines Wohnungsunternehmens abweichend von<br />

ihrer Unternehmensgröße eine Aufstellungspflicht<br />

wie für große Kapitalgesellschaften verankert<br />

sein, dann sind die Änderungen des BilRUG<br />

in Bezug auf den Anhang umfassend anzuwenden.<br />

Weiterführende Informationen finden Sie in den<br />

Fachbüchern „Erläuterungen zur Rechnungslegung<br />

der Wohnungsunternehmen“ und „Kommentar<br />

zum Kontenrahmen der Wohnungswirtschaft“,<br />

die im November bzw. Dezember 2016<br />

als Neuauflage bei Haufe erscheinen.<br />

Das Fachbuch „Erläuterungen zur Rechnungslegung<br />

der Wohnungsunternehmen“ (ISBN 978-<br />

3-648-07970-6) beantwortet viele Fragen<br />

rund um den Jahresabschluss für die Rechtsformen<br />

Kapitalgesellschaft und Genossenschaft<br />

und ist ein unverzichtbares Standardwerk der<br />

unternehmerischen Wohnungswirtschaft. Der<br />

„Kommentar zum Kontenrahmen der Wohnungswirtschaft“<br />

(ISBN 978-3-648-07971-3)<br />

ist ebenso ein Standardwerk für die Unternehmen<br />

der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />

und erläutert anschaulich die einzelnen Posten<br />

der Bilanz und der GuV.<br />

Bestellungen unter:<br />

shop.haufe.de<br />

Erleichterungen für Kleinstunternehmen<br />

Kleinstkapitalgesellschaften und Kleinstgenossenschaften<br />

brauchen den Jahresabschluss nicht<br />

um einen Anhang zu erweitern, wenn sie unter der<br />

Bilanz gesetzlich festgelegte Angaben vornehmen.<br />

Diese sind für Kleinstkapitalgesellschaften in § 264<br />

Abs. 1 Satz 5 HGB (hier wirkt sich die Änderung<br />

der Nr. 9 c durch das BilRUG aus) und für Kleinstgenossenschaften<br />

in § 338 Abs. 4 HGB festgelegt.<br />

Fazit<br />

Die erstmalige Umsetzung der neuen Vorschriften<br />

für den Anhang ist eine große Herausforderung<br />

bei der Aufstellung des Jahresabschlusses zum<br />

31. Dezember 2016. Der Anhang wird vom Gesetzgeber<br />

immer mehr erweitert und mit Informationen<br />

angereichert. Daher ist es unabdingbar,<br />

durch Hilfsmittel und Kontrollmechanismen<br />

sicherzustellen, dass alle gesetzlich geforderten<br />

Angaben enthalten sind. Für Fragen zur Umsetzung<br />

der neuen Vorschriften des BilRUG oder zum<br />

Aufbau des Anlagenspiegels stehen die genossenschaftlichen<br />

Prüfungsverbände der Wohnungsund<br />

Immobilienwirtschaft und ihre nahestehenden<br />

Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gerne<br />

beratend zur Verfügung.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.pruefungsverbaende.de


MARKT UND MANAGEMENT<br />

Bilanz- und Steuerwissen –<br />

Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />

Tax Compliance: ein „Must“ – oder ein „Nice to have“?<br />

Der Begriff „Tax Compliance“ ist in letzter Zeit in aller Munde. Doch was verbirgt sich eigentlich<br />

dahinter? Braucht jedes Wohnungs- und Immobilienunternehmen ein Tax-Compliance-Management-System<br />

(Tax-CMS)? Der Artikel beantwortet diese Fragen.<br />

Quelle: <strong>GdW</strong>, Berlin<br />

Prof. Dr. Klaus-Peter Hillebrand<br />

Vorstandsmitglied<br />

BBU und VSWG<br />

Berlin, Dresden<br />

Viele Unternehmen haben bereits unternehmensindividuell<br />

angepasste Compliance-Management-<br />

Systeme (CMS) etabliert. Diese Systeme bilden<br />

solide Ecksteine, die Sicherheit für die unternehmensweite<br />

Regelbefolgung gewähren. Fast zehn<br />

Jahre Compliance in Deutschland haben sich bewährt.<br />

Selbstverständlich beinhalten diese Systeme<br />

auch die Befolgung steuerlicher Vorgaben. Ein Tax-<br />

Compliance-Baustein ist mit Sicherheit bereits jetzt<br />

– neben den typischen Risikofeldern der Wohnungsund<br />

Immobilienwirtschaft – in der überwiegenden<br />

Anzahl der Systeme eingebettet.<br />

Das rechtliche Umfeld hat sich jedoch in der letzten<br />

Zeit deutlich geändert. Das Steuerrecht und<br />

CMS IN DER WOHNUNGSWIRTSCHAFT<br />

Bauwesen/<br />

Auftragsvergabe<br />

Verkehrssicherungspflichten<br />

Geschenke,<br />

Zuwendungen,<br />

Spenden, Sponsoring<br />

Daniela Jochmann-Markus<br />

Rechtsanwältin/Syndika<br />

DOMUS AG<br />

Berlin<br />

die zu erfüllenden steuerlichen Pflichten sind<br />

komplexer geworden. Und dies wird sich in Zukunft<br />

auch nicht ändern. Im gleichen Maße hat sich<br />

die Rechtsprechung zum Steuerstrafrecht verschärft.<br />

Die Anforderungen an den Steuerpflichtigen<br />

sind gestiegen. Die Steuerbehörden werden<br />

restriktiver und forcieren ein schärferes Vorgehen<br />

gegen diejenigen, die ihre steuerlichen Pflichten<br />

nicht ordnungsgemäß erfüllen. Anforderungen<br />

an Transparenz und Dokumentation steigen, und<br />

natürlich macht das Thema „Digitalisierung“ auch<br />

vor den Steuerabteilungen nicht Halt. Auf die Erfüllung<br />

der steuerlichen Sorgfaltsanforderungen<br />

wird daher zukünftig mehr Gewicht gelegt.<br />

Wohnungsvergabe<br />

und -verwaltung<br />

Steuern<br />

(Tax Compliance)<br />

weitere sensible<br />

Bereiche der<br />

Wohnungswirtschaft<br />

Grundlagen<br />

Mit Schreiben vom 23. Mai 2016 hat das Bundesministerium<br />

der Finanzen (BMF) den Anwendungserlass<br />

zu § 153 AO mit sofortiger Wirkung ergänzt<br />

(BStBl. I, 2016, 490). Das BMF-Schreiben erläutert,<br />

wie die „Berichtigung einer Steuererklärung“<br />

(§ 153 AO) von einer „Selbstanzeige“ (§§ 371, 378<br />

Absatz 3 AO) abzugrenzen ist. Unter Ziffer 2.6 des<br />

BMF-Schreibens befindet sich die entscheidende<br />

Aussage: Ein „innerbetriebliches Kontrollsystem“,<br />

ergo ein Tax-Compliance-Management-System<br />

(Tax-CMS), kann als Indiz angesehen werden,<br />

Vorsatz oder Leichtfertigkeit im Hinblick auf eine<br />

Steuerstraftat auszuschließen. Wie das geforderte<br />

innerbetriebliche Kontrollsystem inhaltlich ausgestaltet<br />

werden soll, gibt das BMF nicht vor. Nur<br />

eines ist klar: Wer künftig kein angemessenes, auf<br />

sein Unternehmen individuell zugeschnittenes<br />

Tax-CMS hat, läuft Gefahr, auch für kleine Fehler<br />

in strenge Haftung genommen zu werden.<br />

Wie muss dieses innerbetriebliche Kontrollsystem<br />

nun ausgestaltet sein, um die benötigte Indizwirkung<br />

entfalten zu können?<br />

Schon kurze Zeit nach Veröffentlichung des BMF-<br />

Schreibens hat die Arbeitsgruppe „Tax Compliance“<br />

des Instituts der Wirtschaftsprüfer (I<strong>DW</strong>),<br />

Düsseldorf, einen Entwurf über die „Ausgestaltung<br />

und Prüfung eines Tax-Compliance-Management-Systems<br />

gemäß I<strong>DW</strong> PS 980“ (Entwurf<br />

Praxishinweis 1/2016, Stand 22.06.2016, I<strong>DW</strong><br />

Life 9/2016, S. 792) herausgegeben. In Abschnitt<br />

4 dieses Entwurfs wird die „Ausgestaltung eines<br />

Tax-CMS“ beschrieben. Sieben Grundelemente eines<br />

TAX-CMS, die abhängig vom jeweiligen Unternehmen<br />

und dessen Bedürfnissen unterschiedlich<br />

ausgeprägt sein können, werden erläutert. Die im<br />

Entwurf aufgeführten Grundelemente stellen dabei<br />

ausdrücklich keinen Mindeststandard dar (vgl.<br />

Textziffer 25 dieses Entwurfs).<br />

20 58 1 | <strong>2017</strong>


Stadtbau und Stadtentwicklung<br />

Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />

Die sieben Elemente eines TAX-CMS<br />

Die Elemente stellen dar, was ein Tax-CMS leisten<br />

sollte, um das Tatbestandsmerkmal der „Leichtfertigkeit“<br />

im Rahmen einer Steuerverkürzung<br />

oder das Tatbestandmerkmal des „Vorsatzes“ im<br />

Rahmen der Steuerhinterziehung zu widerlegen<br />

und um als Indiz der Ordnungsmäßigkeit des<br />

Umgangs mit steuerlichen Angelegenheiten zu<br />

gelten.<br />

Bei der Einrichtung eines Tax-CMS müssen die<br />

individuellen Gegebenheiten im Unternehmen<br />

natürlich berücksichtigt werden. Geschäftszweck,<br />

Größe, Organisation, Strukturen, Ablauf- und Organisationsprozesse<br />

bilden den Ausgangspunkt<br />

für die Entwicklung eines passenden unternehmensindividuellen<br />

Tax-CMS (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit).<br />

Somit ist bei kleinen Unternehmen<br />

mit übersichtlichen steuerlichen Vorgängen<br />

das Tax-CMS deutlich weniger ausgeprägt als bei<br />

großen Unternehmen mit z. B. Bauträger- oder<br />

internationalem Geschäft. Daher empfiehlt es<br />

sich, vor der Überprüfung der bereits eingerichteten<br />

Kontrollmaßnahmen bzw. der Einrichtung<br />

eines Kontrollsystems eine Bestandsaufnahme<br />

der steuerlichen Risikofelder im Unternehmen<br />

vorzunehmen.<br />

Tax Compliance<br />

Auch die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />

muss sich mit Tax Compliance befassen. Hier gibt<br />

es eine Vielzahl von Bereichen, die Tax-CMS-sensibel<br />

sind. Immobilienerwerbe und -veräußerung<br />

einzelner Objekte bzw. Portfolios stehen dabei<br />

besonders im Fokus. Es gilt, Steuerkonzepte zu<br />

kontrollieren, die steuerliche Gestaltungsberatung<br />

zu überwachen und Steueroptimierung im<br />

Auge zu behalten. Weitere sensible Schwerpunkte<br />

für Tax Compliance bilden die Grunderwerb-, die<br />

Grund- und natürlich auch die Umsatzsteuer.<br />

Diese Aufzählung ist keinesfalls abschließend:<br />

Aber welches Tax-CMS-Konzept ist das Beste für<br />

ein Unternehmen, das im Bereich der Wohnungsund<br />

Immobilienwirtschaft tätig ist?<br />

Tax-CMS und seine Umsetzung<br />

Für ein Tax-CMS müssen Wohnungs- und Immobilienunternehmen<br />

ihre steuerlichen Prozesse<br />

betrachten, überprüfen und möglicherweise individuell<br />

anpassen (siehe oben). Die relevanten<br />

Steuervorschriften müssen systematisch erfasst<br />

werden und „auf dem Radar“ bleiben. Zeitnah sind<br />

gesetzliche Änderungen im Steuerrecht zu identifizieren<br />

und im System zu implementieren. Risikoeinschätzungen<br />

sind für alle relevanten Steuerarten<br />

durchzuführen. Alle im Unternehmen mit<br />

Buchhaltung und Steuerwesen beteiligten Personen<br />

müssen aufgelistet werden, ferner zuständige<br />

Behörden und Ämter sowie Geschäftspartner und<br />

andere Unternehmen, die mit den unternehmenssteuerlichen<br />

Angelegenheiten Berührungspunkte<br />

haben. Auch die Überprüfung und die regelmäßige<br />

Fortbildung sind wichtig.<br />

Fristenbücher sind ebenfalls wichtig. Steuerverbindlichkeiten<br />

müssen präzise berechnet, offengelegt<br />

und fristgerecht bezahlt werden. Der<br />

Einbehalt und die Abführung von Abzugssteuern<br />

sind zu überwachen. Die Prüfung, ob außergerichtliche<br />

oder gerichtliche Rechtsbehelfe einzulegen<br />

sind, gehört an eine kompetente Stelle.<br />

Von Bedeutung sind natürlich auch die präzise und<br />

vollständige Berechnung von Steuerrückstellungen.<br />

Betriebseinnahmen und -ausgaben sind Besteuerungsgrundlagen<br />

und gehören in den Fokus.<br />

Bei Kapitalgesellschaften sind mögliche verdeckte<br />

Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen<br />

im Blick zu behalten. Im Bereich der Umsatzsteuer<br />

ist auf Umsatzsteuerfreiheit, Vorsteuerabzug<br />

und Umsatzsteuerhaftung für Dritte zu achten. Ein<br />

weiteres Thema ist die Vorbereitung und Begleitung<br />

von Betriebsprüfungen. Für die Zusammenarbeit<br />

mit Steuerberatern und Finanzbehörden<br />

müssen Arbeitsanweisungen erstellt werden.<br />

Und, und das ist besonders wichtig: All diese Angelegenheiten<br />

müssen kommuniziert werden. Für<br />

alle steuerlich relevanten Bereiche muss es adäquate<br />

Dokumentationspflichten geben. Es muss<br />

klar sein, wer welche Aufgaben und Verantwortlichkeiten<br />

hat und wer autorisiert ist, bestimmte<br />

Entscheidungen zu treffen. Dazu gehören auch<br />

ein fristgerechtes „Steuer-Reporting“ an die<br />

Geschäftsleitung sowie eine fundierte Steuerplanung.<br />

Quelle: DOMUS AG<br />

SIEBEN ELEMENTE EINES TAX-CMS<br />

7. Tax-<br />

Compliance-<br />

Überwachung und<br />

-Verbesserung (permanente<br />

Prüfung<br />

von Prozessen)<br />

6. Tax-<br />

Compliance-<br />

Kommunikation<br />

(Berichtsanlässe,<br />

Schnittstellen mit<br />

anderen<br />

Bereichen,<br />

IKS)<br />

2. Tax-<br />

Compliance-Ziele<br />

(Grundlage für die<br />

Beurteilung der<br />

Tax Compliance-<br />

Risiken)<br />

1. Tax-<br />

Compliance-Kultur<br />

(Beachtung von<br />

Steuer regeln und<br />

deren ordnungsgemäße<br />

Erfüllung)<br />

5. Tax-<br />

Compliance-<br />

Programm ( z. B. Vier-<br />

Augenprinzip,<br />

Anweisungen,<br />

Schulungen)<br />

3. Tax-<br />

Compliance-<br />

Organisation (Definition<br />

Verantwortlichkeiten<br />

und<br />

Arbeitsbereiche)<br />

4. Tax-<br />

Compliance-<br />

Risiken<br />

(in Bezug auf<br />

Steuerart/<br />

Prozesse)<br />

Fazit<br />

Eine Herausforderung für das Jahr <strong>2017</strong> ist somit<br />

die Überprüfung des vorhandenen unternehmensindividuellen<br />

Tax-CMS auf Angemessenheit und<br />

Wirksamkeit bzw. der Aufbau eines solchen.<br />

Neben der Schutzfunktion für die Geschäftsleitung<br />

und die Steuerabteilung vor steuerlichen und strafrechtlichen<br />

Haftungsrisiken bietet ein gut eingerichtetes<br />

Tax-CMS noch mehr. Zusätzlich dient es<br />

als gute Grundlage für eine valide Steuerplanung<br />

und Optimierung, damit eine möglichst geringe<br />

Steuerbelastung erreicht werden kann.<br />

Für Fragen zum Aufbau eines Tax-CMS stehen die<br />

genossenschaftlichen Prüfungsverbände der Wohnungs-<br />

und Immobilienwirtschaft und ihre nahestehenden<br />

Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />

gerne beratend zur Verfügung. Weiterführende<br />

Informationen finden sich in der Neuauflage der<br />

früheren <strong>GdW</strong> Arbeitshilfe 62 „Compliance in der<br />

Wohnungswirtschaft“, die Anfang <strong>2017</strong> erscheinen<br />

wird.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.pruefungsverbaende.de<br />

1 | <strong>2017</strong><br />

21 59


MARKT UND MANAGEMENT<br />

Bilanz- und Steuerwissen –<br />

Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />

Nachhaltigkeitsberichterstattung – was kommt auf die<br />

Wohnungsunternehmen zu?<br />

Das Bundesjustizministerium hat im März 2016 den Entwurf eines CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes<br />

veröffentlicht. Danach sollen große kapitalmarktorientierte Unternehmen zukünftig verpflichtet werden,<br />

über wesentliche nichtfinanzielle Belange in einem besonderen Abschnitt des Lageberichts zu berichten.<br />

Anlass genug, sich mit dem Thema zu beschäftigen.<br />

WP Christian Gebhardt<br />

Referent Betriebswirtschaft,<br />

Rechnungslegung und Förderung,<br />

<strong>GdW</strong><br />

Vorstand <strong>GdW</strong> Revision AG<br />

Berlin<br />

Große kapitalmarktorientierte Unternehmen sollen<br />

nach dem CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz<br />

zukünftig verpflichtet werden, über wesentliche<br />

nichtfinanzielle Belange in einem besonderen<br />

Abschnitt des Lageberichts zu berichten („nichtfinanzielle<br />

Erklärung“). Unter „Corporate Social<br />

Responsibility“ oder kurz CSR ist die gesellschaftliche<br />

Verantwortung von Unternehmen als Teil des<br />

nachhaltigen Wirtschaftens zu verstehen.<br />

Die nichtfinanzielle Erklärung soll neben Angaben<br />

zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen<br />

sowie zur Achtung der Menschenrechte und zur<br />

Bekämpfung von Korruption auch eine kurze Beschreibung<br />

des Geschäftsmodells, der von der Gesellschaft<br />

in Bezug auf diese Belange verfolgten<br />

Konzepte sowie die wichtigsten nichtfinanziellen<br />

Leistungsindikatoren enthalten. Sofern in Bezug<br />

auf einzelne Belange kein Konzept verfolgt wird,<br />

besteht die Pflicht zur Abgabe einer Negativerklärung<br />

nebst klarer und begründeter Erläuterung der<br />

Gründe. Auf den Ausweis berichtspflichtiger Aspekte<br />

darf lediglich dann verzichtet werden, wenn<br />

damit das Risiko einer ernsthaften Schädigung der<br />

Geschäftslage einhergeht.<br />

recht Gebrauch gemacht, die nichtfinanzielle<br />

Erklärung entweder innerhalb des Lageberichts<br />

oder im Rahmen eines eigenständigen CSR- oder<br />

integrierten Berichts zu veröffentlichen. Des<br />

Weiteren ist vorgesehen, die nichtfinanzielle<br />

Erklärung nur einer formellen Prüfung durch den<br />

Abschlussprüfer zu unterziehen. Das bedeutet,<br />

dass der Abschlussprüfer lediglich die Vorlage<br />

der nichtfinanziellen Erklärung prüft und nicht<br />

deren Inhalt.<br />

Die Verwendung von Berichtsrahmenwerken<br />

soll dabei ausdrücklich erlaubt sein – der Entwurf<br />

zur Umsetzung der CSR-Richtlinie nennt<br />

hierbei explizit den Deutschen Nachhaltigkeitskodex<br />

(DNK).<br />

Welche Berichtsstandards stehen Wohnungsunternehmen<br />

zur Verügung?<br />

Der <strong>GdW</strong> hat bereits im Jahr 2014 zusammen mit<br />

dem Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) und<br />

der AGW Arbeitsgemeinschaft großer Wohnungsunternehmen<br />

die erste branchenspezifische Ergänzung<br />

des DNK 1 entwickelt. Diese erweitert die<br />

DNK-Kriterien (vgl. Tabelle auf S. 59) um spezifische<br />

Kriterien, die für die Wohnungswirtschaft von<br />

besonderer Bedeutung sind und gibt eine Orientierungshilfe,<br />

welche Aktivitäten und Kernpunkte Unternehmen<br />

der Wohnungs- und Immobilienbranche<br />

jeweils berichten können und sollten.<br />

Obwohl die Nachhaltigkeitsberichterstattung für<br />

die meisten Wohnungsunternehmen derzeit<br />

Berichterstattung und Prüfung der<br />

nichtinanziellen Erklärung<br />

Im Rahmen der Umsetzung der CSR-Richtlinie<br />

hat Deutschland von dem Mitgliedsstaatenwahl-<br />

Quelle: <strong>GdW</strong><br />

22 58 2 | <strong>2017</strong>


STRUKTUR UND KRITERIEN DES DNK<br />

Strategie (Kriterien 1.-4.) Prozessmanagement (Kriterien 5.-10.)<br />

1. Strategische Analyse und Maßnahmen 1. Verantwortung<br />

2. Wesentlichkeit 2. Regeln und Prozesse<br />

3. Ziele 3. Kontrolle<br />

4. Tiefe der Wertschöpfungskette 4. Anreizsysteme<br />

5. Beteiligung von Anspruchsgruppen<br />

6. Innovations- und Produktmanagement<br />

WAS IST EINE DNK-<br />

ENTSPRECHENSERKLÄRUNG?<br />

In einer Entsprechenserklärung zum Deutschen<br />

Nachhaltigkeitskodex berichtet das Unternehmen,<br />

wie es den Kodexkriterien entspricht (comply),<br />

oder erklärt plausibel, warum es ein Kriterium<br />

ggf. nicht berichtet (explain). Hierfür steht den<br />

Unternehmen der Service der DNK-Datenbank<br />

des RNE auf www.nachhaltigkeitskodex.eu zur<br />

Verfügung.<br />

Umwelt (Kriterien 11.-13.) Gesellschaft (Kriterien 14.-20.)<br />

1. Inanspruchnahme von natürlichen<br />

Ressourcen<br />

1. Arbeitnehmerrechte<br />

G<strong>DW</strong>-INFORMATIONSBROSCHÜRE<br />

Quelle: <strong>GdW</strong><br />

2. Ressourcenmanagement 2. Chancengerechtigkeit<br />

3. Klimarelevante Emissionen 3. Qualifizierung<br />

4. Menschenrechte<br />

5. Gemeinwesen<br />

6. Politische Einflussnahme<br />

7. Gesetzes- und richtlinienkonformes<br />

Verhalten<br />

Weiterführende Informationen<br />

finden Sie im „Leitfaden<br />

zur branchenspezifischen<br />

Ergänzung des Deutschen<br />

Nachhaltigkeitskodex“ des<br />

<strong>GdW</strong>, zu beziehen unter<br />

www.gdw.de oder<br />

bestellung@gdw.de.


Markt und Management<br />

Rechtssprechung<br />

Haufe Gruppe<br />

Stadtbau und Stadtentwicklung<br />

Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />

MARKT UND MANAGEMENT<br />

Quelle: <strong>GdW</strong><br />

BESTANDTEILE DER NACHHALTIGKEITSBERICHTERSTATTUNG DES DNK<br />

20 Kriterien<br />

des DNK<br />

Leistungsindikatoren<br />

noch freiwillig ist, beschäftigen sich zunehmend<br />

immer mehr Unternehmen damit (siehe untenstehende<br />

Auflistung der Unternehmen). Die<br />

branchenspezifische Ergänzung ist dabei nicht<br />

nur ein Instrument zur Berichterstattung, das<br />

auf Wohnungsunternehmen zugeschnitten ist,<br />

sondern bietet auch eine Orientierung hin zum<br />

Nachhaltigkeitsmanagement.<br />

Während die Informationen für die Berichterstattung<br />

zusammengetragen werden (siehe Abbildung<br />

oben), findet gleichzeitig eine Analyse der inneren<br />

Strukturen statt, wodurch weitere Einflussmöglichkeiten<br />

und Verbesserungspotenziale aufgezeigt<br />

werden können.<br />

Zeitlicher Aufwand und Planung<br />

Der zeitliche Aufwand zur Bearbeitung aller oben<br />

genannten DNK-Kriterien hängt davon ab, wie tief<br />

das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen bereits<br />

verankert ist. Die meisten Wohnungsunternehmen<br />

Abgabe<br />

Entsprechenserklärung<br />

fertigten die erste Entsprechenserklärung in ein<br />

bis drei Wochen an. Dieser Zeitaufwand verringert<br />

sich im Allgemeinen bei jedem weiteren Bericht,<br />

da das Datengerüst, das beim ersten Durchlauf<br />

erst aufgebaut werden muss, später lediglich<br />

fortgeschrieben wird. Auch die Einarbeitungszeit<br />

entfällt in der Zukunft, wenn die gleichen Teams<br />

bzw. Verantwortlichen die Erstellung des neuen<br />

Berichts übernehmen.<br />

Ein wenig mehr Zeit ist einzuplanen, wenn während<br />

der Erstellung der DNK-Entsprechenserklärung eine<br />

Überprüfung der Geschäftsprozesse und der Nachhaltigkeitsstrategie<br />

angestrebt wird. Die Ausarbeitung<br />

der DNK-Kriterien führt nicht selten dazu, dass<br />

Prozesse im Unternehmen erst angestoßen werden<br />

müssen. Während der Erarbeitungsphase werden<br />

Potenziale, aber auch Nachholbedarfe aufgezeigt<br />

und es wird deutlich, dass manche Geschäftsprozesse<br />

einmal detailliert unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten<br />

analysiert werden sollten.<br />

Fazit<br />

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung kommt! Im<br />

ersten Schritt werden durch die Umsetzung der<br />

europäischen CSR-Richtlinie in deutsches Recht<br />

nur große kapitalmarktorientierte Unternehmen<br />

verpflichtet. Der Gesetzgeber prüft aber unabhängig<br />

von den europäischen Vorgaben eine Ausweitung<br />

auch auf kleinere und mittlere Unternehmen.<br />

Es ist also an der Zeit, sich des Themas anzunehmen.<br />

Durch die branchenspezifische Ergänzung<br />

des DNK besteht ein handhabbares Instrument<br />

auch für kleinere und mittlere Wohnungsunternehmen.<br />

Ob die Berichterstattung im Lagebericht<br />

oder in einem gesonderten Nachhaltigkeitsbericht<br />

zu erfolgen hat, bleibt den Wohnungsunternehmen<br />

überlassen. In diesem Zusammenhang könnte<br />

auch überlegt werden, ob der Nachhaltigkeitsbericht<br />

vielleicht den Geschäftsbericht ersetzen<br />

kann, da er aus Sicht der Berichtsadressaten informativer<br />

ist.<br />

Zum Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung stehen<br />

Ihnen die genossenschaftlichen Prüfungsverbände<br />

der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />

und ihre nahestehenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />

beratend zur Verfügung.<br />

1<br />

Die branchenspezifische Ergänzung des DNK für<br />

die Wohnungswirtschaft finden Sie unter<br />

http://web.gdw.de/uploads/pdf/publikationen/<br />

<strong>GdW</strong>_Branchenergaenzung_DNK_digital.pdf.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.pruefungsverbaende.de<br />

EINE ENTSPRECHENSERKLÄRUNG ABGEGEBEN UND<br />

VERÖFFENTLICHT HABEN DIESE WOHNUNGSUNTERNEHMEN:<br />

• Bauverein AG, Darmstadt<br />

• Evangelisches Siedlungswerk in Bayern Bau- und Siedlungsgesellschaft,<br />

Nürnberg<br />

• GESOBAU AG, Berlin<br />

• GEWOBA Aktiengesellschaft Wohnen und Bauen, Bremen<br />

• HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbH, Berlin<br />

• Kreiswohnbau Hildesheim GmbH, Hildesheim<br />

• NEUWOBA Neubrandenburger Wohnungsbaugenossenschaft eG,<br />

Neubrandenburg<br />

• SAGA Unternehmensgruppe, Hamburg<br />

• Spar- und Bauverein eG, Dortmund<br />

• Stadtsiedlung Heilbronn GmbH, Heilbronn<br />

• Ulmer Heimstätte eG, Ulm<br />

• Vivawest Wohnen GmbH, Gelsenkirchen<br />

• Wankendorfer Baugenossenschaft für Schleswig-Holstein eG, Kiel<br />

Weitere Informationen:<br />

http://www.deutscher-nachhaltigkeitskodex.de/de/datenbank/<br />

dnk-datenbank.html<br />

24 60 2 | <strong>2017</strong>


Ausschreibung <strong>DW</strong>-Zukunftspreis<br />

der Immobilienwirtschaft 2018<br />

Gegen die Klimaplanwirtschaft: intelligente Lösungen statt<br />

noch mehr Regulierung<br />

Bewerben Sie sich hier unter<br />

www.dw-zukunftspreis.de


MARKT UND MANAGEMENT<br />

Bilanz- und Steuerwissen –<br />

Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />

Aktuelles zur Grundsteuerreform<br />

In den letzten zwanzig Jahren gab es mehrere Anläufe zur Reform der Grundsteuer, d. h. zur Neuregelung<br />

der Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer. Die derzeitige Bemessungsgrundlage, die Einheitswerte<br />

von 1964/1935, gelten zwischenzeitlich als verfassungswidrig. Bislang waren alle Reformbestrebungen<br />

nicht von Erfolg gekrönt. Nun liegt ein neuer Vorschlag auf dem Tisch. Der Bundesrat hat im November<br />

2016 ein Gesetzgebungsverfahren zur Reform der Grundsteuer auf den Weg gebracht.<br />

WP/StB Ingeborg Esser<br />

Hauptgeschäftsführerin<br />

<strong>GdW</strong><br />

Berlin<br />

Die Finanzministerkonferenz hat sich im Juni<br />

2016 – mit Ausnahme von Bayern und Hamburg<br />

– auf einen Vorschlag zur Reform der Grundsteuer<br />

verständigt. Die Länder Hessen und Niedersachsen<br />

haben daraufhin im September 2016 einen<br />

entsprechenden Gesetzentwurf zur Änderung<br />

des Bewertungsgesetzes in den Bundesrat eingebracht.<br />

Neue Bemessungsgrundlage: Kostenwert<br />

Mit der vorgeschlagenen Änderung des Bewertungsgesetzes<br />

soll die Ermittlung der Bemessungsgrundlage<br />

für die Grundsteuer neu geregelt<br />

werden. Die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer<br />

knüpft derzeit (noch) an die Einheitswerte<br />

an. Das hinter der Ermittlung der Einheitswerte<br />

stehende Bewertungsziel ist der gemeine Wert<br />

(Verkehrswert). Mit der nun beabsichtigen Reform<br />

der Grundsteuer wird allerdings nicht mehr<br />

die Ermittlung des gemeinen Werts angestrebt.<br />

Neues Bewertungsziel ist stattdessen der sog.<br />

Kostenwert. Dieser Kostenwert soll (typisiert)<br />

den Investitionsaufwand für die Immobilie abbilden.<br />

Die Höhe des Investitionsvolumens soll<br />

als Indikator für die durch das Grundstück vermittelte<br />

Leistungsfähigkeit dienen.<br />

Das derzeitige Verfahren zur Ermittlung der<br />

Grundsteuer (siehe nebenstehende Abbildung)<br />

soll auch weiterhin beibehalten werden. Zunächst<br />

wird der Wert des Grundstücks ermittelt.<br />

Antje Große<br />

Referentin Steuern<br />

<strong>GdW</strong><br />

Berlin<br />

Auf den Wert des Grundstücks wird die Steuermesszahl<br />

angewendet. Die Steuermesszahl für<br />

Mietwohngrundstücke und gewerbliche Grundstücke<br />

beträgt derzeit bundeseinheitlich 3,5 von<br />

Tausend. Auf den Steuermessbetrag wendet die<br />

Gemeinde dann den in der Gemeinde geltenden<br />

ERMITTLUNG DER GRUNDSTEUER<br />

Wert des Grundstücks<br />

x<br />

Steuermesszahl<br />

=<br />

Steuermessbetrag<br />

x<br />

Hebesatz der Gemeinde<br />

=<br />

Grundsteuer<br />

Hebesatz an und setzt die Grundsteuer durch<br />

Steuerbescheid fest.<br />

Zeitgleich mit dem neuen Bewertungsvorschlag<br />

wurde allerdings auch der Entwurf eines Gesetzes<br />

zur Änderung des Grundgesetzes vorgelegt.<br />

Dieser sieht vor, den Ländern künftig das Recht<br />

zur Bestimmung eigener, jeweils landesweit geltender<br />

Grundsteuermesszahlen einzuräumen.<br />

Das grundgesetzlich geschützte Hebesatzrecht<br />

der Gemeinden soll dabei nicht angetastet werden.<br />

Künftige Bewertung des<br />

Grundvermögens<br />

Zunächst unterscheiden die neuen Bewertungsvorschriften<br />

die Grundstücksarten nach unbebauten<br />

und bebauten Grundstücken. Bei den bebauten<br />

Grundstücken wird zwischen Wohngrundstücken<br />

und Nichtwohngrundstücken unterschieden.<br />

Wohngrundstücke sind dabei Grundstücke, die<br />

zu mehr als 80 % Wohnzwecken dienen – nunmehr<br />

berechnet nach der Brutto-Grundfläche –<br />

BRUTTO-GRUNDFLÄCHE<br />

Die Brutto-Grundfläche ist die Summe<br />

der bezogen auf die jeweilige Gebäudeart<br />

marktüblich nutzbaren Grundflächen aller<br />

Grundrissebenen eines Bauwerks.<br />

Vereinfacht gesagt entspricht die Brutto-<br />

Grundfläche im Wesentlichen dem<br />

Produkt aus bebauter Fläche und der<br />

Anzahl der Geschosse (einschließlich der<br />

Kellergeschosse). Der Gesetzentwurf<br />

verweist zur Ermittlung der Brutto-<br />

Grundfläche auf die DIN 277-1:2005-02<br />

(Februar 2005), die allerdings zwischenzeitlich<br />

durch die DIN 277-1:2016-01<br />

(Januar 2016) ersetzt wurde.<br />

und nicht mehr nach der Wohn- oder Nutzfläche.<br />

Alle übrigen bebauten Grundstücke sind Nichtwohngrundstücke.<br />

Unbebaute Grundstücke sind<br />

26 56 3 | <strong>2017</strong>


Grundstücke, auf denen sich keine benutzbaren<br />

Gebäude befinden.<br />

Bewertung unbebauter Grundstücke<br />

Der Kostenwert unbebauter Grundstücke ermittelt<br />

sich aus der Grundstücksfläche und dem vom Gutachterausschuss<br />

auf den Hauptfeststellungszeitpunkt<br />

ermittelten Bodenrichtwert (§ 196 BauGB),<br />

(siehe den nebenstehenden Infokasten).<br />

Bewertung bebauter Grundstücke<br />

Der Kostenwert bebauter Grundstücke ermittelt<br />

sich aus dem Bodenwert und dem Gebäudewert<br />

– unter Berücksichtigung einer Alterswertminderung<br />

(siehe ebenfalls den nebenstehenden<br />

Infokasten).<br />

Der Bodenwert entspricht dem Wert unbebauter<br />

Grundstücke und ermittelt sich aus Grundstücksfläche<br />

und Bodenrichtwert. Der Gebäudewert ergibt<br />

sich aus den sog. Pauschalherstellungskosten<br />

zum jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt und<br />

der Brutto-Grundfläche des Gebäudes.<br />

Die Pauschalherstellungskosten für die jeweilige<br />

Gebäudeart werden einer neuen Anlage 36<br />

zum Bewertungsgesetz zu entnehmen sein. Eine<br />

ERMITTLUNG DES KOSTENWERTS<br />

VON GRUNDSTÜCKEN<br />

Ermittlung des Kostenwerts eines<br />

unbebauten Grundstücks:<br />

Kostenwert = Grundstücksfläche in m 2<br />

x Bodenrichtwert in €/m 2<br />

Ermittlung des Kostenwerts eines<br />

bebauten Grundstücks:<br />

Kostenwert<br />

=<br />

Bodenwert: Grundstücksfläche in m 2<br />

x Bodenrichtwert in €/m 2<br />

+<br />

Gebäudewert: Pauschalherstellungskosten<br />

€/m 2 x Brutto-Grundfläche in m 2<br />

abzüglich Alterswertminderung (unter<br />

Beachtung Mindestwert von 30 %)<br />

weitere Differenzierung soll nach drei Baualtersgruppen<br />

erfolgen: Baujahre vor 1995, Baujahre<br />

zwischen 1995 und 2004, Baujahre ab 2005 (siehe<br />

Tabelle auf S. 58).<br />

Die Pauschalherstellungskosten sollen zu jedem<br />

Hauptfeststellungszeitpunkt entsprechend angepasst<br />

werden. Eine Alterswertminderung – bezogen<br />

auf die Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes<br />

(Mietwohngrundstücke und Mehrfamilienhäuser<br />

= 70 Jahre; Anlage 22 des Bewertungsgesetzes)<br />

– soll Berücksichtigung finden; der Ansatz eines<br />

Mindestwerts ist vorgesehen.<br />

Grundstücke sollen erstmals zum 1. Januar 2022<br />

nach den neuen Regelungen bewertet werden<br />

(erster Hauptfeststellungszeitpunkt). Der nächste<br />

Hauptfeststellungszeitpunkt soll der 1. Januar<br />

2030 sein; danach alle sechs Jahre. Nach gegenwärtigem<br />

Planungsstand sollen die neuen Werte<br />

für die Grundsteuer ab dem Jahr 2027 zur Anwendung<br />

kommen.<br />

Bewertung des Reformvorschlags<br />

Das vorgeschlagene Bewertungsverfahren stellt<br />

ein stark vereinfachtes Sachwertverfahren dar,<br />

das generell für die Verkehrswertermittlung von<br />

Mietwohngrundstücken nicht geeignet ist. Für<br />

Mietwohngrundstücke kann zur Verkehrswertermittlung<br />

nur ein ertragsorientiertes Bewertungsverfahren<br />

in Frage kommen. Allerdings


Stadtbau und Stadtentwicklung<br />

Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />

MARKT UND MANAGEMENT<br />

ist zu berücksichtigen, dass das Bewertungsziel<br />

„gemeiner Wert“ und damit der „Verkehrswert“<br />

aufgegeben werden soll. Neues Bewertungsziel<br />

soll ein „Kostenwert“ sein, der nach der Begründung<br />

des Gesetzentwurfs den Investitionsaufwand<br />

widerspiegelt.<br />

Das ist grundsätzlich legitim und noch nachvollziehbar,<br />

inkonsistent ist dann allerdings, dass bei<br />

der Ermittlung des Bodenwerts über die Bodenrichtwerte<br />

doch die Verkehrswerte einfließen; es<br />

erfolgt keine Orientierung an den (ursprünglichen)<br />

Anschaffungskosten und damit am Investitionsaufwand<br />

des Grundstückeigentümers.<br />

Bei der Ermittlung des Gebäudekostenwerts erfolgt<br />

dagegen eine starke Typisierung der Pauschalherstellungskosten.<br />

Es sollen nur drei Baualtersklassen<br />

zur Anwendung kommen. Eine echte<br />

wertmäßige Differenzierung – nach tatsächlichem<br />

Investitionsaufwand – findet damit nicht statt.<br />

Auch wird der Modernisierungsstand der Gebäude<br />

nicht berücksichtigt, der mit Investitionen verbunden<br />

ist. Die Pauschalherstellungskosten sollen<br />

zum jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt nach<br />

Maßgabe der aktuellen Baupreisindizes angepasst<br />

werden.<br />

Das Absetzen einer Alterswertminderung und der<br />

vorgegebene Mindestwert von 30 % werden zur<br />

Folge haben, dass z. B. alle (Wohn-)Gebäude, die<br />

zum jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt mindestens<br />

49 Jahre alt sind (wegen der unterstellten<br />

Gesamtnutzungsdauer von 70 Jahren), mit dem<br />

gleichen Gebäudekostenwert bewertet werden.<br />

Werttreiber wird somit in den Ballungsräumen auf<br />

jeden Fall der Bodenwert und damit wiederum eine<br />

am Verkehrswert orientierte Komponente sein.<br />

Begründet wird das Verfahren mit Gerechtigkeitsaspekten.<br />

Der Bürger würde ein nicht<br />

wertorientiertes Verfahren (z. B. entsprechend<br />

dem ursprünglichen Südländer-Modell, das am<br />

Äquivalenzprinzip ausgerichtet war) nicht akzeptieren.<br />

Klar sollte allerdings sein, dass das jetzt<br />

vorgelegte Modell auch nicht gerecht ist. Wenn<br />

Gebäude mit dem gleichen Baujahr (z. B. Villa<br />

und kleines Siedlungshaus) in der gleichen Gemeinde<br />

mit dem gleichen Kostenwert angesetzt<br />

werden, ist das dem Bürger wohl auch schwer<br />

vermittelbar.<br />

Außerdem soll zur Ermittlung des Gebäudewerts<br />

künftig auf die Brutto-Grundfläche eines Gebäudes<br />

gemäß DIN abgestellt werden und nicht<br />

mehr auf die Wohn- bzw. Nutzfläche. Die Brutto-<br />

Grundfläche liegt – anders als die Wohn- bzw.<br />

Nutzfläche – bei den Steuerpflichtigen häufig nicht<br />

vor. Das bedeutet, die Datengrundlage „Brutto-<br />

Grundfläche“ müsste aufwändig über Ingenieurbüros<br />

bzw. amtlich bestellte Vermesser ermittelt<br />

werden, was zu einem zusätzlichen Aufwand für<br />

die Steuerpflichtigen führt. Hier haben die Länder<br />

allerdings angekündigt, im Gesetz ein Umrechnungsverfahren<br />

anbieten zu wollen.<br />

Nach Kenntnis über die Auswirkungen der Neubewertung<br />

der Grundstücke sollen in einem zweiten<br />

Schritt die Grundsteuermesszahlen (neu) festgelegt<br />

werden. Ziel soll eine bundesweite Aufkommensneutralität<br />

der Reform der Grundsteuer sein.<br />

Hierzu wird vorgeschlagen, den Ländern die Möglichkeit<br />

zu eröffnen, jeweils eigene, landesweit<br />

geltende Steuermesszahlen zu bestimmen. Der<br />

Gesetzgeber denkt hier an ein Korrektiv für den<br />

Fall einer künftigen Höherbewertung der Grundstücke.<br />

So ließe sich allerdings nur mit Blick auf<br />

das landesbezogene Messbetragsvolumen in<br />

gewisser Weise Aufkommensneutralität – nicht<br />

Belastungsneutralität – herstellen. Solange den<br />

Gemeinden das uneingeschränkte Recht zur Bestimmung<br />

des Hebesatzes zusteht, erscheint das<br />

Korrektiv auf Landesebene aber nicht ausreichend.<br />

Eine Aufkommensneutralität würde dann voraussetzen,<br />

dass auch die Gemeinden ihre Hebesätze<br />

konsequent so anpassen, dass das Grundsteueraufkommen<br />

gleichbleibt. Welche künftige Grundsteuerbelastung<br />

die Steuerpflichtigen trifft, ist<br />

daher völlig ungewiss.<br />

Wie geht es weiter?<br />

Der Bundesrat hat im November 2016 die Einbringung<br />

der Gesetzentwürfe zur Reform der<br />

Grundsteuer beim Deutschen Bundestag beschlossen.<br />

1 Beide Gesetzentwürfe wurden der<br />

Bundesregierung zur Stellungnahme zugeleitet.<br />

Die Bundesregierung hat diese zwischenzeitlich<br />

zur weiteren Beratung an den Deutschen Bundestag<br />

überwiesen. 2 Die Bundesregierung unterstützt<br />

das Ziel des Gesetzesvorhabens zur Änderung des<br />

Bewertungsgesetzes, eine rechtssichere, zeitgemäße<br />

und verwaltungsökonomische Bemessungsgrundlage<br />

für die Grundsteuer zu schaffen. Ob<br />

dieses für den Bereich des Grundvermögens mit<br />

dem vorgeschlagenen neuen Kostenwertverfahren<br />

erreicht werden kann, bedarf allerdings noch<br />

einer vertiefenden Prüfung. Eine Aussage zum<br />

weiteren zeitlichen Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens<br />

kann derzeit noch nicht getroffen werden<br />

– auch nicht dahingehend, ob in dieser Legislatur<br />

überhaupt mit einer Einigung gerechnet werden<br />

kann. Hinzu kommt die anstehende Entscheidung<br />

des Bundesverfassungsgerichts 3 , die die vorgesehene<br />

Ausgestaltung der Neuregelung und den<br />

Zeitplan des Inkrafttretens in Frage stellen könnte.<br />

Der <strong>GdW</strong> wird auf der Grundlage des Gesetzesvorschlags<br />

Probeberechnungen vornehmen.<br />

PAUSCHALHERSTELLUNGSKOSTEN GEMÄSS ANLAGE 36 BEWG-E*<br />

1<br />

vgl. BR-Drs. 514/16 (B) und 515/16 (B) vom 4.11.2016.<br />

2<br />

vgl. BT-Drs. 18/10751 und 18/10753 vom 21.12.2016.<br />

Gebäudeart<br />

Pauschalherstellungskosten (PHK) in €/m 2 BGF<br />

Baujahr<br />

vor 1995 1995 – 2004 ab 2005<br />

3<br />

Az. des BVerfG: 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15.<br />

Quelle aller Grafiken: <strong>GdW</strong><br />

Mehrfamilienhäuser** 680 780 935<br />

Gemischt genutzte Grundstücke*** 675 860 1.085<br />

Banken und ähnliche Geschäftshäuser 715 910 1.450<br />

Bürogebäude, Verwaltungsgebäude 815 1.040 1.685<br />

Wohnheime, Internate, Alten-, Pflegeheime 850 1.085 1.330<br />

* Auszug, Stand Bundesrat-Drucksache 515/16 (B) vom 4.11.2016; PHK noch nicht auf den ersten Hauptfeststellungszeitpunkt<br />

1.1.2022 indexiert.<br />

** Mehrfamilienhäuser sind Gebäude, die zu mehr als 80 %, berechnet nach der Brutto-Grundfläche, Wohnzwecken<br />

dienen, und nicht Ein- und Zweifamilienhäuser oder Wohnungseigentum sind.<br />

*** Eine gemischte Nutzung liegt bei Gebäuden vor, die jeweils zu mindestens 20 %, berechnet nach der Brutto-<br />

Grundfläche, Wohnzwecken und eigenen oder fremden betrieblichen oder öffentlichen Zwecken dienen und nicht<br />

Ein- und Zweifamilienhäuser, Wohnungseigentum oder Teileigentum sind.<br />

Weitere Informationen:<br />

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28 58 3 | <strong>2017</strong>


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MARKT UND MANAGEMENT<br />

Bilanz- und Steuerwissen –<br />

Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />

Bilanzierung von Neubaumaßnahmen, die von mehreren<br />

Unternehmen gemeinsam durchgeführt werden<br />

Es gibt zunehmend Neubauprojekte, die aufgrund ihrer Größe von mehreren Wohnungsunternehmen<br />

gemeinsam durchgeführt werden. Dabei sind in der Praxis unterschiedliche rechtliche Ausgestaltungen<br />

der Zusammenarbeit in der Bauphase anzutreffen. Hier soll die Frage untersucht werden, wann die<br />

Baukosten nicht wie üblich unter Anlagen im Bau zu aktivieren, sondern im Finanzanlagevermögen unter<br />

Beteiligungen zu erfassen sind.<br />

WP/StB/RA Jürgen Wendlandt<br />

Stellvertretender Direktor für<br />

den Prüfungsdienst VNW<br />

Hamburg<br />

Die Aufteilung eines gemeinsam durchgeführten<br />

Bauvorhabens auf die beteiligten Wohnungsunternehmen<br />

erfolgt in aller Regel nach der Fertigstellung<br />

durch Realteilung des Grundstücks oder u. U.<br />

durch die Aufteilung von gebildetem Wohnungseigentum.<br />

Die Anschaffungs- und Herstellungskosten<br />

sind nach erfolgter Aufteilung dann im Sachanlagevermögen<br />

unter Grundstücke mit Wohnbauten zu<br />

erfassen. Fraglich ist jedoch, wie während der Bauphase<br />

mit den anfallenden Kosten umzugehen ist.<br />

Während der Bauphase sind die Kosten bei den beteiligten<br />

Wohnungsunternehmen dann unter den<br />

Beteiligungen zu aktivieren, wenn die Abwicklung<br />

des Bauvorhabens über eine BGB-Gesellschaft erfolgt,<br />

die aufgrund ihrer Ausgestaltung als solche<br />

ein Bilanzierungsobjekt darstellt. Da die Gründung<br />

einer derartigen Gesellschaft bei entsprechender<br />

rechtlicher Gestaltung der Vertragsbeziehungen<br />

auch ohne einen ausdrücklichen Beschluss der<br />

Gesellschafter erfolgt, wird näher untersucht, bei<br />

welcher Ausgestaltung eine BGB-Gesellschaft ein<br />

Bilanzierungsobjekt als solches darstellt.<br />

BGB-Gesellschaft als Bilanzierungsobjekt<br />

Eine BGB-Gesellschaft wird als solche Bilanzierungsobjekt<br />

mit der Folge, dass die Erfassung der<br />

Baukosten in der Bauphase unter Beteiligungen<br />

erfolgen muss, wenn die folgenden drei Voraussetzungen<br />

erfüllt sind 1 :<br />

1. Die zusammenarbeitenden Wohnungsunternehmen<br />

müssen nach außen auftreten und Rechtsbeziehungen<br />

mit Dritten unterhalten (Außengesellschaft).<br />

2. Der Zusammenschluss muss als Gesamthandsgemeinschaft<br />

ausgestaltet sein, d. h. das Vermögen<br />

muss insoweit allen Gesellschaftern zur<br />

gesamten Hand zustehen. Folglich darf es sich<br />

nicht um Bruchteilseigentum handeln.<br />

3. Wenn eine Gesamthandsgemeinschaft vorliegt,<br />

müssen vertraglich vereinbarte Gesellschafterleistungen<br />

in Beiträgen (Einlagen) erbracht<br />

werden und es darf sich nicht ausschließlich um<br />

einen Leistungsaustausch auf schuldrechtlicher<br />

Ebene handeln.<br />

GESAMTHANDSEIGENTUM VERSUS BRUCHTEILSEIGENTUM<br />

Bruchteilseigentum<br />

Gesamthandseigentum<br />

Eigentum der A Eigentum der B<br />

Quelle: VNW<br />

Realer Bruchteil<br />

Idealer Bruchteil (Miteigentum)<br />

kein Bruchteil<br />

68 30<br />

4 | <strong>2017</strong>


Stadtbau und Stadtentwicklung<br />

Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />

Die erste Voraussetzung (Außengesellschaft) wird<br />

immer erfüllt sein, wenn mehrere Wohnungsunternehmen<br />

gemeinsam ein Bauunternehmen mit dem<br />

Bau eines Gebäudes beauftragen. Wird unterstellt,<br />

dass die zweite Voraussetzung (Gesamthandsgemeinschaft)<br />

ebenfalls vorliegt, wird es sich bei den<br />

Zahlungen, die die Gesamthandsgemeinschaft von<br />

den beteiligten Wohnungsunternehmen anfordert,<br />

um Einlagen handeln, sodass auch die dritte Voraussetzung<br />

erfüllt ist.<br />

Damit kommt es darauf an, ob eine Gesamthandsgemeinschaft<br />

vorliegt oder ob Bruchteilseigentum<br />

gegeben ist. Nur im ersten Fall müssen die Anschaffungs-<br />

und Herstellungskosten unter den Beteiligungen<br />

erfasst werden. Im zweiten Fall erfolgt die<br />

Bilanzierung der Kosten unter Anlagen im Bau bzw.<br />

unter Bauvorbereitungskosten.<br />

Gesamthandsgemeinschaft versus<br />

Bruchteilseigentum<br />

Die Ausgestaltung der Zusammenarbeit von Wohnungsunternehmen<br />

in der Bauphase ist abhängig<br />

von der jeweiligen Ausgangssituation, von den<br />

Interessen der beteiligten Unternehmen und u. U.<br />

auch von den Vorgaben des Grundstücksverkäufers.<br />

Daher kann die Zusammenarbeit sehr unterschiedlich<br />

ausgestaltet sein. Folgende drei grundsätzliche<br />

Ausprägungen der Zusammenarbeit, die<br />

auch die nebenstehende Abbildung zeigt, lassen<br />

sich dabei unterscheiden:<br />

Reale Bruchteile<br />

Das Vorliegen realer Bruchteile wird an folgendem<br />

Beispiel verdeutlicht: Zwei Wohnungsunternehmen<br />

sind jeweils Eigentümer eines Grundstücks.<br />

Die Grundstücke grenzen aneinander. Auf der Grenze<br />

soll gemeinsam ein Gebäude errichtet werden.<br />

Jedes Wohnungsunternehmen ist Eigentümer des<br />

Gebäudeteils, der sich auf dem Grundstück des jeweiligen<br />

Wohnungsunternehmens befindet.<br />

Wenn beide Wohnungsunternehmen jeweils das<br />

Bauunternehmen mit dem Bau ihres Gebäudeteils<br />

beauftragen und auch in der Bauphase keine gemeinsame<br />

Haftung vereinbart wird, liegen auch in<br />

der Bauphase reale Bruchteile vor, d. h. es besteht<br />

kein Gesamthandseigentum.<br />

Ideelle Bruchteile (Miteigentum)<br />

Bei ideellen Bruchteilen liegen hingegen keine<br />

realen Anteile am Eigentum vor, sondern den<br />

Wohnungsunternehmen steht ein quotenmäßiger<br />

Anteil am Gesamtvermögen zu. Über diesen Anteil,<br />

der rechtlich selbständig ist, kann jedes Unternehmen<br />

selbst verfügen. Somit ist es denkbar,<br />

dass ein beteiligtes Unternehmen seinen Anteil in<br />

der Bauphase veräußern kann. Auch bei Vorliegen<br />

von Miteigentum (ideelle Bruchteile) liegt kein<br />

BEISPIEL ...<br />

... für eine etwas ausführlichere Darstellung<br />

im Anhang:<br />

„Die Genossenschaft/Gesellschaft ist mit<br />

50 % an der …GbR beteiligt. Zweck der Gesellschaft<br />

ist der Ankauf und die Bebauung<br />

des Grundstücks … zusammen mit einem<br />

weiteren Wohnungsunternehmen. Nach<br />

Fertigstellung wird das Objekt auf die beteiligten<br />

Unternehmen aufgeteilt und die GbR<br />

aufgelöst. Mit einer Inanspruchnahme aus<br />

der unbeschränkten Haftung für Verbindlichkeiten<br />

der … GbR wird nicht gerechnet.“<br />

Gesamthandseigentum vor, d. h. die Bilanzierung<br />

der Baukosten erfolgt in der Bauphase unter Bauvorbereitungskosten<br />

bzw. Anlagen im Bau.<br />

Gesamthandseigentum<br />

Beim Gesamthandseigentum liegen hingegen keine<br />

Bruchteile vor. Vereinfacht lässt sich sagen, dass<br />

hier jedem Wohnungsunternehmen alles gehört.<br />

Das Vermögen ist aber gesamthänderisch gebunden,<br />

was bedeutet, dass das einzelne Wohnungsunternehmen<br />

ohne Zustimmung des anderen nicht<br />

über das Gesamthandseigentum verfügen kann.<br />

Hinzu kommt, dass alle Gesamthandseigentümer<br />

gesamtschuldnerisch haften, was bedeutet, dass<br />

das Bauunternehmen als Gläubiger von jedem<br />

Gesamtschuldner die volle Leistung fordern kann.<br />

Zur sachgerechten Bilanzierung muss die Gesamtheit<br />

der bei größeren Bauvorhaben oft umfangreichen<br />

vertraglichen Vereinbarungen daraufhin<br />

beurteilt werden, ob Bruchteilseigentum oder Gesamthandseigentum<br />

(BGB-Gesellschaft) gegeben<br />

ist.<br />

BGB-Gesellschaft – Folgen für die beteiligten<br />

Wohnungsunternehmen<br />

Wenn Gesamthandseigentum vorliegt, stellen die<br />

Zahlungen der Herstellungskosten an das Bauunternehmen<br />

für das bilanzierende Wohnungsunternehmen<br />

Einlagen in die BGB-Gesellschaft dar.<br />

Das Vorhandensein einer BGB-Gesellschaft hat<br />

Auswirkungen auf den Bilanzausweis und auf die<br />

Anhangangaben. Bei Spargenossenschaften entstehen<br />

daneben zusätzliche Meldepflichten.<br />

Bilanzausweis<br />

Die Zahlung der Einlagen ist – wie schon dargestellt<br />

– im Finanzanlagevermögen unter Beteiligungen zu<br />

zeigen, da die Mitgliedschaft an der BGB-Gesellschaft<br />

einen einheitlichen Vermögensgegenstand<br />

darstellt. Es ist in diesem Fall, wegen der fehlenden<br />

Möglichkeit über die Vermögensgegenstände der<br />

BGB-Gesellschaft unmittelbar zu verfügen, nicht<br />

zulässig, anteilige Vermögensgegenstände unter<br />

Anlagen im Bau auszuweisen.<br />

Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 271 Absatz<br />

2 HGB („beherrschender Einfluss“) erfolgt der<br />

Ausweis statt unter Beteiligungen unter Anteile an<br />

verbundenen Unternehmen.<br />

Anhangangaben<br />

Im Zusammenhang mit dem Ausweis im Finanzanlagevermögen<br />

ist zu beachten, dass neben dem Beteiligungsausweis<br />

bestimmte Angaben im Anhang<br />

erforderlich werden. Nach § 285 Nr. 11 HGB sind<br />

im Anhang anzugeben:<br />

• Name und Sitz der Beteiligung,<br />

• die Höhe des Anteils am Kapital,<br />

• das Eigenkapital und<br />

• das Ergebnis des letzten Geschäftsjahres, für das<br />

ein Jahresabschluss vorliegt.<br />

Da für BGB-Gesellschaften lediglich die Pflicht<br />

besteht, periodische Rechnungsabschlüsse zu erstellen<br />

und handelsrechtliche Rechnungslegungspflichten<br />

jedoch nicht bestehen, sind die Angaben<br />

ggf. entsprechend anzupassen. Weiterhin muss auf<br />

die bestehende unbeschränkte Haftung hingewiesen<br />

werden (§ 285 Nr. 11a HGB).<br />

Meldepflichten für Spargenossenschaften<br />

Für Genossenschaften mit Spareinrichtung kommt<br />

weiterhin hinzu, dass auch das Entstehen, die Veränderungen<br />

und die Beendigung einer Beteiligung<br />

an einer BGB-Gesellschaft an die Bundesanstalt für<br />

Finanzdienstleistungen und an die Deutsche Bundesbank<br />

gemeldet werden müssen (sog. Aktivische<br />

Beteiligungsanzeige).<br />

Fazit<br />

Größere Bauvorhaben, die von mehreren Wohnungsunternehmen<br />

gemeinsam durchgeführt<br />

werden, erfordern oft umfassende Abstimmungen<br />

und ebenfalls umfangreiche und teils auch<br />

komplexe vertragliche Regelungen. Die Frage des<br />

Bilanzausweises („Gesamthandseigentum oder<br />

Bruchteilseigentum“) steht dabei natürlich nicht<br />

an erster Stelle, sollte jedoch auch nicht unbeachtet<br />

bleiben, wenn die oben dargestellten Folgen des<br />

Vorhandenseins einer BGB-Gesellschaft eigentlich<br />

vermieden werden sollen.<br />

Die wohnungswirtschaftlichen Prüfungsverbände<br />

und ihre nahestehenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />

stehen für Fragen und Hinweise in<br />

diesem Zusammenhang gerne zur Verfügung.<br />

1<br />

Vgl. HFA 1/1993 „Zur Bilanzierung von Joint Ventures“<br />

Weitere Informationen:<br />

www.pruefungsverbaende.de<br />

4 | <strong>2017</strong><br />

31 69


MARKT UND MANAGEMENT<br />

Bilanz- und Steuerwissen –<br />

Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />

Neue Informationspflichten bei alternativer Streitbeilegung<br />

Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz trat zum 1. April 2016 in Kraft. Dieses Gesetz verlangt<br />

ab Februar <strong>2017</strong> bestimmte Informationspflichten auf den Internetseiten von Wohnungsunternehmen.<br />

Der Artikel beschreibt, welche Unternehmen betroffen sein können und worauf sie achten müssen.<br />

Carsten Herlitz<br />

Justiziar<br />

<strong>GdW</strong> Bundesverband deutscher<br />

Wohnungs- und Immobilienunternehmen<br />

e. V.<br />

Berlin<br />

Im Zusammenhang mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz<br />

(VSBG) sind ab dem 1. Februar<br />

<strong>2017</strong> neue Informationspflichten zu beachten.<br />

Wohnungsunternehmen, die Webseiten betreiben<br />

oder Allgemeine Geschäftsbedingungen – wie<br />

z. B. die <strong>GdW</strong>-Mustermietverträge oder andere<br />

vorformulierte Verträge – verwenden, müssen<br />

angeben, ob Bereitschaft zur Teilnahme an einem<br />

Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle<br />

besteht oder nicht.<br />

Sofern Bereitschaft besteht, ist die Verbraucherschlichtungsstelle<br />

zu nennen. Vergleichbares<br />

gilt, wenn entstandene Streitigkeiten aus einem<br />

Verbrauchervertrag nicht unternehmensintern<br />

beigelegt werden können.<br />

Die gesetzliche Regelung<br />

Unternehmer, die zur Teilnahme an einem Verbraucherschlichtungsverfahren<br />

(z. B. aufgrund<br />

einer Abrede, eines Gesetzes oder einer Verbandssatzung)<br />

verpflichtet sind, müssen auf ihrer<br />

Webseite und in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

hierauf hinweisen und die zuständige<br />

Stelle angeben (vgl. § 36 Abs. 1 Nr. 2 VSBG). Der<br />

Hinweis soll leicht zugänglich, klar und verständlich<br />

erfolgen. Für Vermieter und Wohnungsunternehmen<br />

gibt es eine solche gesetzliche oder<br />

– jedenfalls für Mitglieder des <strong>GdW</strong> – satzungsrechtliche<br />

Verpflichtung nicht. Fehlt eine solche<br />

Pflicht, müssen alle Unternehmen, die mehr als<br />

zehn Mitarbeiter beschäftigen, auf ihrer Webseite<br />

und in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

erklären, ob sie zu einem Verbraucherschlichtungsverfahren<br />

bereit sind oder nicht. Anzugeben<br />

ist also auch die fehlende Bereitschaft (§<br />

Quelle: WoGi/fotolia.com<br />

32 58 5 | <strong>2017</strong>


Stadtbau und Stadtentwicklung<br />

Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />

36 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 VSBG). Für die Anzahl<br />

der Beschäftigten (Kopfzahl) ist Stichtag der 31.<br />

Dezember des jeweiligen Vorjahres.<br />

Hiervon unabhängig bestimmt § 37 VSBG weiter,<br />

dass jeder Unternehmer bei Verbraucherverträgen<br />

– wie z. B. dem <strong>GdW</strong>-Mustermietvertrag oder<br />

andere vorformulierte Vertragsbedingungen – den<br />

Verbraucher, dessen Beschwerde nicht beigelegt<br />

werden konnte, auf die für ihn zuständige Verbraucherschlichtungsstelle<br />

hinweisen und mitteilen<br />

muss, ob das Unternehmen zur Teilnahme an einem<br />

Streitbeilegungsverfahren bei der entsprechenden<br />

Stelle bereit oder verpflichtet ist. Auch<br />

hier ist die fehlende Bereitschaft mitzuteilen.<br />

Die Folgen<br />

Der Hinweis auf das alternative Streitbeilegungsverfahren<br />

hat bei über zehn Mitarbeitern zu erfolgen:<br />

1. Auf der Webseite des Unternehmens – ein Hinweis<br />

im Impressum sollte genügen.<br />

2. Im vorformulierten Vertrag, d. h. einem Vertrag,<br />

der dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

im Sinne der §§ 305 BGB ff. unterfällt.<br />

Gemäß der gesetzlichen Definition in<br />

§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind allgemeine Geschäftsbedingungen<br />

alle für eine Vielzahl von<br />

Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen,<br />

die eine Vertragspartei (Verwender) der<br />

anderen Vertragspartei stellt. Solche Verträge<br />

werden also nicht individuell ausgehandelt.<br />

3. In einem Schreiben oder einer E-Mail bei Verbraucherverträgen,<br />

soweit einer Beschwerde<br />

des Verbrauchers, hier des Mieters, nicht abgeholfen<br />

wurde. Gemäß § 310 BGB sind Verbraucherverträge<br />

solche zwischen einem Unternehmer<br />

und einem Verbraucher.<br />

In all diesen Fällen muss die Bereitschaft oder<br />

fehlende Bereitschaft zur Teilnahme an einem<br />

alternativen Streitbeilegungsverfahren erklärt<br />

werden. Folgende Formulierungen bieten sich an:<br />

• Alternative 1: Wir sind zur Teilnahme an einem<br />

Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle<br />

weder bereit noch verpflichtet.<br />

• Alternative 2: Wir sind zur Beilegung von<br />

Streitigkeiten mit Verbrauchern (z. B. über<br />

Mietstreitigkeiten) zur Teilnahme an einem<br />

Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle<br />

bereit. Die zuständige<br />

Verbraucherschlichtungsstelle ist: Allgemeine<br />

Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums<br />

für Schlichtung e. V. in Kehl am Rhein,<br />

www.verbraucher-schlichter.de. Zur Beilegung<br />

der genannten Streitigkeiten werden wir in einem<br />

Streitbeilegungsverfahren vor dieser Stelle<br />

teilnehmen.<br />

Der Hinweis auf die zuständige<br />

Verbraucherschlichtungsstelle<br />

§ 37 VSBG bestimmt, dass der Unternehmer den<br />

Verbraucher auf die für ihn zuständige Verbraucherschlichtungsstelle<br />

unter Angabe von deren<br />

Anschrift und Webseite hinzuweisen hat, wenn<br />

die Streitigkeit über einen Verbrauchervertrag<br />

durch den Unternehmer und den Verbraucher<br />

nicht beigelegt werden konnte. Der Unternehmer<br />

gibt zugleich an, ob er zur Teilnahme an einem<br />

Streitbeilegungsverfahren bei dieser Verbraucherschlichtungsstelle<br />

bereit oder verpflichtet<br />

ist. Gemäß Abs. 2 hat der Hinweis in Textform zu<br />

erfolgen.<br />

Nach der Gesetzesbegründung folgt die Pflicht aus<br />

§ 37 Artikel 13 Abs. 3 der EU-Richtlinie 2013/11.<br />

Sie trifft also Unternehmer, die eine Streitigkeit<br />

aus einem Verbrauchervertrag nicht durch Verhandlungen<br />

mit dem Verbraucher (Kunden), zum<br />

Beispiel im Rahmen eines unternehmenseigenen<br />

Kundenbeschwerdesystems, beilegen konnten.<br />

Dabei betont die Gesetzesbegründung, dass die<br />

Informationspflicht insbesondere auch für Unternehmer<br />

gilt, die an Streitbeilegungsverfahren<br />

nicht teilnehmen. Sie müssten dem Verbraucher<br />

klar sagen, dass sie eine Teilnahme am Schlichtungsverfahren<br />

ablehnen, um diesem Mühe und<br />

Kosten zu ersparen, die durch die vergebliche<br />

Anrufung der angegebenen Verbraucherschlichtungsstelle<br />

entstehen könnten (vgl. BT-Drucks.<br />

18/5089).<br />

Bildlich gesprochen hat also der Hinweis dann<br />

zu erfolgen, wenn das Unternehmen den „außergerichtlichen“<br />

Versuch der Einigung beenden<br />

möchte. Die Gesetzesbegründung aber benennt<br />

nicht den Zeitpunkt, an dem feststeht, dass der<br />

Streit unternehmensintern nicht beigelegt werden<br />

konnte. Auch wird kein Aufschluss darüber gegeben,<br />

ob die Informationspflicht auch dann besteht,<br />

wenn der Unternehmer seiner Informationspflicht<br />

entsprechend nachgekommen ist, aber der Streit<br />

wider Erwarten doch noch weitergeführt wird und<br />

erneut ohne Einigung endet. Es dürfte hier eine<br />

unsachgemäße Förmelei sein, erneut eine entsprechende<br />

Information zu verlangen. Dies gilt auch<br />

deshalb, da sich die entsprechende Information<br />

bereits aus der Webseite und dem Vertrag ergibt.<br />

Aus diesem Grund erscheint der gesetzlich vorgesehene<br />

dreifache Hinweis auf die Beteiligung am<br />

Schlichtungsverfahren übertrieben. Im Grundsatz<br />

ist der Hinweis im AGB-Vertrag völlig ausreichend.<br />

Vom Verbraucher, der am Rechtsverkehr teilnimmt,<br />

kann bei Streitigkeiten verlangt werden,<br />

in den Vertrag zu schauen und sich entsprechend<br />

zu informieren. So aber entsteht für Unternehmer,<br />

also auch für Wohnungsunternehmen, ein<br />

zusätzlicher bürokratischer Aufwand, an dessen<br />

Sinnhaftigkeit man durchaus zweifeln darf und<br />

der das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter<br />

durchaus belasten kann. Letzteres ist gerade im<br />

Mietrecht zu vermeiden.<br />

Sanktionen<br />

Beim Verstoß eines Unternehmers gegen die Informationspflichten<br />

besteht die Möglichkeit für<br />

den Verbraucher, gegen den Unternehmer Ansprüche<br />

wegen der Verletzung vorvertraglicher<br />

oder vertraglicher Pflichten geltend zu machen.<br />

Dies dürfte insbesondere dann der Fall sein, wenn<br />

der Verbraucher eine Streitbeilegungsstelle aufgesucht<br />

hat, der Unternehmer aber nicht darauf<br />

hingewiesen hat, dass er das Streitbeilegungsverfahren<br />

nicht betreibt.<br />

Verbraucherschutzverbände könnten weiter die<br />

Einhaltung der Informationspflichten über das Unterlassungsklagegesetz<br />

geltend machen. Verstöße<br />

gegen Informationspflichten sind allerdings nicht<br />

bußgeldbewährt.<br />

Wohnungsunternehmen mit<br />

Spareinrichtung (WumS)<br />

Die entsprechenden Ausführungen gelten auch<br />

für WumS, dabei sind insbesondere Hinweise in<br />

die Sparordnung aufzunehmen. Für Wums sind<br />

jedoch - abseits von Mietstreitigkeiten - andere<br />

Schlichtungsstellen zuständig. Soweit es sich um<br />

Bankgeschäfte (Einlagengeschäfte) handelt, ist<br />

die Schlichtungsstelle bei der Bundesanstalt für<br />

Finanzdienstleistungsaufsicht, in Bonn (www.<br />

bafin.de/schlichtungs-stelle@bafin.de) und bei<br />

Fernabsatzverträgen über Bankgeschäfte (Einlagengeschäft)<br />

die Schlichtungsstelle bei der Deutschen<br />

Bundesbank in Frankfurt (www.bundesbank.de/schlichtung@bundesbank.de)<br />

zuständig.<br />

Fazit<br />

Wohnungsunternehmen müssen ihre Verträge und<br />

ihren Internetauftritt dahingehend überprüfen, ob<br />

sie die Informationspflichten des VSBG erfüllen.<br />

Die Umsetzung der Informationspflichten ist zwar<br />

kein direkter Prüfungsgegenstand der genossenschaftlichen<br />

Pflichtprüfung bzw. Jahresabschlussprüfung,<br />

jedoch gehört sie zur ordnungsmäßigen<br />

Geschäftsführung.<br />

Die wohnungswirtschaftlichen Prüfungsverbände<br />

und ihre nahestehenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />

beraten Sie gern bei Fragen zum Verbraucherstreitbeilegungsgesetz.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.pruefungsverbaende.de<br />

5 | <strong>2017</strong><br />

33 59


MARKT UND MANAGEMENT<br />

Bilanz- und Steuerwissen –<br />

Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />

Bilanzielle Behandlung von ERP-Software im Rahmen<br />

der Umstellung – Aktivierung oder Aufwand?<br />

Die Umstellung auf eine neue Rechnungslegungssoftware (ERP-System) stellt für viele Wohnungsunternehmen<br />

eine große Herausforderung dar, zumal mit der Entscheidung meistens auch weitreichende<br />

Veränderungen in den Prozessabläufen verbunden sind. Der folgende Artikel beschäftigt sich mit der<br />

handelsbilanziellen Behandlung der Kosten für die ERP-Systemumstellung.<br />

WP/RA/StB Claudia<br />

Brünnler-Grötsch<br />

Vorstand beim VdW südwest<br />

Frankfurt am Main<br />

Die Gründe für die Umstellung auf ein neues<br />

ERP-System sind vielfältig. Oftmals erfüllt die<br />

alte Software nicht mehr die notwendigen unternehmensinternen<br />

Anforderungen. Daneben<br />

spielen der technische Fortschritt, eine bessere<br />

Performance und Kostengesichtspunkte eine wesentliche<br />

Rolle im Auswahlprozess. Da das ERP-<br />

System i. d. R. über einen sehr langen Zeitraum<br />

(zehn Jahre und mehr) genutzt wird, sollte der<br />

Auswahlprozess 1 gut vorbereitet sein. Eine weitere<br />

Entscheidung, die das Wohnungsunternehmen<br />

im Vorfeld der Umstellung treffen muss, ist die<br />

Frage, ob die künftige Software auf den Rechnern<br />

des Unternehmens (Kauf von Lizenzen) oder in<br />

einer Cloud-Lösung (Service-Vertrag) betrieben<br />

werden soll.<br />

In der Praxis können zwei Vertragstypen unterschieden<br />

werden:<br />

a) Wohnungsunternehmen erwirbt Lizenzen mit<br />

zeitlich unbestimmter Nutzung, verbunden<br />

mit einem zeitlich befristeten Wartungsvertrag<br />

oder<br />

WP Christian Gebhardt<br />

Referent Betriebswirtschaft,<br />

Rechnungslegung und Förderung,<br />

<strong>GdW</strong><br />

Vorstand <strong>GdW</strong> Revision AG<br />

Berlin<br />

b) das Wohnungsunternehmen erwirbt im Rahmen<br />

eines Software as a Service Vertrags (SaaS) ein<br />

zeitlich begrenztes Nutzungsrecht an der Software.<br />

In Abhängigkeit davon, für welches Modell es sich<br />

entscheidet, ergeben sich unterschiedliche Fragestellungen<br />

für die bilanzielle Behandlung der<br />

Kosten für die neue Software und den Kosten der<br />

Umstellung.<br />

Definition und Klassifizierung<br />

von Software<br />

Bei der Klassifizierung von Software für bilanzielle<br />

Zwecke ist grundsätzlich zwischen Firmware,<br />

Systemsoftware und Anwendungssoftware zu<br />

unterscheiden 2 :<br />

Definition Cloud Computing:<br />

Unter Cloud Computing wird allgemein eine Form der Bereitstellung<br />

von gemeinsam nutzbaren IT-Leistungen durch nicht fest zugeordnete<br />

IT-Ressourcen über Netze verstanden.<br />

• Firmware sind fest mit dem Computer verbundene<br />

Programmbausteine, die die Hardware mit<br />

der Software verbinden und Elementarfunktionen<br />

des Computers steuern.<br />

• Systemsoftware umfasst die Gesamtheit der im<br />

Betriebssystem zusammengefassten Programme,<br />

die die Ressourcen des Computers verwalten,<br />

Programmabläufe steuern und Befehle der<br />

Benutzer ausführen, aber unmittelbar keiner<br />

konkreten praktischen Anwendung dienen.<br />

• Anwendungssoftware ist der Oberbegriff für<br />

alle Programme, die die Datenverarbeitungsaufgaben<br />

des Anwenders lösen. Bei der Anwendungssoftware<br />

lassen sich Individual- und<br />

Standardsoftware unterscheiden. Während<br />

Individualsoftware ausschließlich für die Bedürfnisse<br />

eines bestimmten Anwenders individuell<br />

entwickelt wird, ist Standardsoftware für<br />

den Einsatz bei einer Vielzahl von Anwendern<br />

konzipiert.<br />

Wird die Software als System- oder Anwendungssoftware<br />

klassifiziert, ist diese aufgrund ihrer<br />

selbstständigen Verwertbarkeit grundsätzlich<br />

losgelöst von der Hardware als immaterielle Vermögensgegenstände<br />

zu bilanzieren. Durch das<br />

Installieren der Software verliert diese nicht ihre<br />

Eigenschaft als selbstständiger Vermögensgegenstand,<br />

da sie jederzeit modifiziert und ausgetauscht<br />

werden könnte. Dagegen ist Firmware als<br />

unselbstständiger Teil der Hardware zusammen<br />

mit dieser im Sachanlagevermögen zu aktivieren.<br />

Bilanzierung von Individualsoftware<br />

Ein Herstellungsvorgang mit der Folge der Möglichkeit<br />

zur Ausübung des Aktivierungswahlrechts<br />

(vgl. Abb. 1) liegt vor, wenn Individualsoftware<br />

vom Softwareanwender unter Einsatz seiner eigenen<br />

materiellen und personellen Ressourcen<br />

selbst geschaffen wird (Eigenherstellung). Erfolgt<br />

die Herstellung der Software im Rahmen eines<br />

vom Softwareanwender mit einem Softwareanbieter<br />

geschlossenen Dienstvertrags, liegt gleich-<br />

34 56 6 | <strong>2017</strong>


ABB.1: KRITERIEN FÜR DIE AKTIVIERBARKEIT VON INDIVIDUALSOFTWARE<br />

(VGL. I<strong>DW</strong> RS HFA 11, TZ. 12)<br />

Eigenherstellung<br />

Aktivierbarkeit von<br />

Individualsoftware<br />

falls eine Eigenherstellung vor. Kennzeichnend für<br />

den Dienstvertrag ist, dass der Softwareanwender<br />

das wirtschaftliche Risiko einer nicht erfolgreichen<br />

Realisierung des Projekts (Herstellungsrisiko)<br />

trägt.<br />

Wird mit dem Softwareanbieter ein Werkvertrag<br />

geschlossen, so liegt aus Sicht des Softwareanwenders<br />

ein Anschaffungsvorgang vor, wenn<br />

die Projektleitung und Federführung beim Softwareanbieter<br />

liegen und dieser für die Tauglichkeit<br />

der Software einsteht (Herstellungsrisiko).<br />

Bilanzierung von Standardsoftware<br />

1. Erwerb von Lizenzen<br />

Beim Kauf von Standardsoftware handelt es sich<br />

um einen entgeltlichen Erwerb, so dass hinsichtlich<br />

der Software Aktivierungspflicht besteht. Das gilt<br />

auch, wenn die Standardsoftware an die betrieblichen<br />

Erfordernisse angepasst werden muss.<br />

Entscheidet sich das Wohnungsunternehmen für<br />

den Erwerb von Softwarelizenzen, so werden ihm<br />

Nutzungsrechte an der Software eingeräumt. Bei<br />

einer Lizenzierung ist im Zusammenhang mit der<br />

bilanziellen Behandlung zu prüfen, ob durch die<br />

Ausgestaltung des Lizenzvertrags das wirtschaftliche<br />

Eigentum an das Wohnungsunternehmen<br />

übertragen wird.<br />

Von einer Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums<br />

kann regelmäßig ausgegangen werden,<br />

wenn die folgenden vier Voraussetzungen kumulativ<br />

vorliegen:<br />

Herstellungsrisiko beim<br />

Softwareanwender<br />

Aktivierungswahlrecht nach § 248 Abs. 2 HGB<br />

Einschaltung eines<br />

Dritten<br />

Herstellungsrisiko beim<br />

Softwareanbieter<br />

Aktivierungsgebot<br />

a) Der Lizenznehmer erhält ein exklusives Nutzungsrecht,<br />

so dass der Lizenzgeber das Teilrecht<br />

weder intern nutzen noch gegenüber<br />

einem Dritten verwerten kann.<br />

b) Die Gegenleistung ist im Wesentlichen fix.<br />

c) Die Laufzeit der Lizenz ist unbegrenzt oder<br />

Quelle: FN-I<strong>DW</strong> 7/2010, S. 304 ff.


Stadtbau und Stadtentwicklung<br />

Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />

MARKT UND MANAGEMENT<br />

bei Lizenzen mit einer befristeten Laufzeit innerhalb<br />

der vereinbarten Laufzeit nicht jederzeit<br />

kündbar.<br />

d) Der Lizenzgeber muss keine weiteren wesentlichen<br />

Leistungen erbringen.<br />

I. d. R. erfüllen die Lizenzverträge der wohnungswirtschaftlichen<br />

ERP-Softwareanbieter diese Voraussetzungen,<br />

so dass das Wohnungsunternehmen<br />

wirtschaftlicher Eigentümer der Software wird.<br />

Die Aufwendungen für den Erwerb der Lizenzen<br />

sind in der Folge zu aktivieren.<br />

2. Customizing<br />

Die Aufwendungen für das Customizing, d. h. die<br />

Parametrisierung und Maßnahmen zur Einbettung<br />

der Software in das konkrete betriebliche Umfeld,<br />

die insb. bei ERP-Software erforderlich sind, umfassen<br />

bspw.:<br />

• Beratungshonorare im Zusammenhang mit dem<br />

Einfahren der Programme,<br />

• Programm- und Systemtests,<br />

• Modifizierung und Zusammenfügung einzelner<br />

Programme,<br />

• Programmierung oder Einrichtung von Schnittstellen<br />

und<br />

• Installation der Software auf den Computern<br />

der betroffenen Mitarbeiter.<br />

Im Ergebnis sind die Aufwendungen für die Herstellung<br />

der Betriebsbereitschaft der Software als<br />

Teil der Anschaffungskosten zu aktivieren. Kosten<br />

für vorbereitende Maßnahmen zur Umstellung wie<br />

z. B. die Schulung der Mitarbeiter sind dagegen als<br />

Aufwand zu erfassen.<br />

Bilanzierung im Fall eines SaaS-Vertrag<br />

ABB. 2: BILANZIERUNG VON SOFTWARELÖSUNGEN<br />

Hoch<br />

Der Vertragstyp SaaS-Modell basiert auf dem<br />

Grundsatz, dass die Software und die IT-Infrastruktur<br />

bei einem externen IT-Dienstleister betrieben<br />

und vom Kunden als Dienstleistung genutzt<br />

werden. Für die Nutzung und den Betrieb<br />

zahlt der Servicenehmer eine nutzungsabhängige<br />

Gebühr. Der Servicegeber übernimmt die komplette<br />

IT-Administration und weitere Dienstleistungen<br />

wie Wartungsarbeiten und Updates.<br />

Bei SaaS-Verträgen ist analog zu den Lizenzverträgen<br />

zu prüfen, ob das wirtschaftliche Eigentum<br />

beim Softwareanwender oder beim Softwarean-<br />

Definition Software as a Service Vertrag (SaaS):<br />

Software as a Service ist ein Teilbereich des Cloud Computings.<br />

Dabei werden die Software und die IT-Infrastruktur bei einem externen<br />

IT-Dienstleister betrieben und vom Kunden als Dienstleistung genutzt.<br />

Komplexität<br />

Gering<br />

bieter liegt. Die Stellung des wirtschaftlichen Eigentümers<br />

ist dadurch gekennzeichnet, dass ihm<br />

für die wirtschaftliche Nutzungsdauer Besitz,<br />

Gefahr, Nutzungen und Lasten zustehen. Diese<br />

Voraussetzungen liegen bei SaaS-Verträgen i. d. R.<br />

nicht vor.<br />

Die beim Kunden lokal installierte Software für<br />

den Zugriff auf die SaaS-Umgebung und die im<br />

Rechenzentrum betriebene Software unterliegen<br />

weiterhin der Pflege und Wartung durch<br />

Software-<br />

Service -Verträge<br />

Individualsoftware<br />

Standardsoftware<br />

den Softwareanbieter, so dass dieser weiterhin<br />

rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer der<br />

Software bleibt.<br />

Fazit<br />

Bei der Umstellung des ERP-Systems sollte neben<br />

vielen anderen Fragen auch die Frage der<br />

bilanziellen Behandlung der Kosten für die Softwareumstellung<br />

im Vorfeld geprüft werden. Je<br />

nach Vertragstyp (vgl. Abb. 2) ergeben sich hierbei<br />

Unterschiede, die das künftige Jahresergebnis<br />

des Wohnungsunternehmens unterschiedlich<br />

belasten.<br />

Die Experten der genossenschaftlichen Prüfungsverbände<br />

der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />

und ihrer nahestehenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />

stehen Ihnen bei Fragen gern<br />

zur Verfügung.<br />

1<br />

vgl. auch „Softwareumstellung – eine große Herausforderung<br />

für jedes Wohnungsunternehmen“ in <strong>DW</strong> 6/2013<br />

2<br />

I<strong>DW</strong> Stellungnahme zur Rechnungslegung: Bilanzierung<br />

entgeltlich erworbener Software beim Anwender (I<strong>DW</strong><br />

RS HFA 11), Quelle: WPg Supplement 3/2010, S. 57 ff.,<br />

FN-I<strong>DW</strong> 7/2010, S. 304 ff.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.pruefungsverbaende.de<br />

Quelle: <strong>GdW</strong>


Stadtbau und Stadtentwicklung<br />

Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />

<strong>DW</strong> Grün<br />

AXEL GEDASCHKO PRÄSIDENT DES G<strong>DW</strong>, BUNDESVERBAND DEUTSCHER<br />

WOHNUNGS- UND IMMOBILIENUNTERNEHMEN E.V.<br />

„Ich lese die <strong>DW</strong>, weil sie Deutschlands Fachmagazin für die<br />

Wohnungswirtschaft ist. So habe ich den bundesweiten Überblick<br />

und bin mit allen Akteuren im Markt vernetzt.“<br />

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MARKT UND MANAGEMENT<br />

Bilanz- und Steuerwissen –<br />

Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />

Nachhaltigkeitsbericht –<br />

Produktangebot für die Wohnungswirtschaft<br />

Die im <strong>GdW</strong> zusammengeschlossenen genossenschaftlichen Prüfungsverbände bieten ein neues Produkt<br />

„Musternachhaltigkeitsbericht“ an, das sich an kleine Wohnungsunternehmen, vor allem Genossenschaften,<br />

richtet. Das Beratungspaket umfasst die vollständige Erstellung des Musternachhaltigkeitsberichtes und<br />

die Einstellung der Entsprechenserklärung auf der Homepage des Deutschen Rates für Nachhaltigkeit.<br />

WP/StB Ingeborg Esser<br />

Hauptgeschäftsführerin<br />

<strong>GdW</strong><br />

Berlin<br />

Die Motivation für eine Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

liegt auf der Hand: Gelebte Nachhaltigkeit<br />

hat in der Wohnungswirtschaft eine lange<br />

Tradition. Wohnungsunternehmen realisieren<br />

bezahlbares Wohnen für breite Schichten der Bevölkerung.<br />

Sie gestalten durch ihr Engagement<br />

bei integrierter Stadtentwicklung und Stadtumbau<br />

die Strukturanpassung der Wohnquartiere an<br />

zukünftige Bedürfnisse. Sie bauen, modernisieren<br />

und bewirtschaften ihre Wohnungen langfristig,<br />

ressourcenschonend und energieeffizient. Sie<br />

tragen mit attraktiven Dienstleistungen rund um<br />

das Wohnen und soziales Management zu einer<br />

Wohnsituation bei, die den sozialen Frieden in<br />

kulturell vielfältigen Wohnquartieren erhält und<br />

ein nachbarschaftliches Zusammenleben fördert.<br />

Und diese Tätigkeiten setzen Wohnungsunternehmen<br />

im Rahmen einer maßvollen wirtschaftlichen<br />

Rentabilität um. Insoweit berücksichtigt die<br />

Wohnungswirtschaft in ihrem Geschäftsmodell<br />

traditionell den Gleichklang der drei Säulen der<br />

Nachhaltigkeit: der Ökologie, der Ökonomie und<br />

der sozialen Verantwortung.<br />

WP/StB Gerhard Viemann<br />

Prüfungsdirektor<br />

VNW und<br />

VdW Niedersachsen Bremen<br />

Hamburg/Hannover<br />

Entwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

Der nun vorliegende neu entwickelte Musternachhaltigkeitsbericht<br />

wurde auf Grundlage der<br />

umfangreichen Initiativen des <strong>GdW</strong> und seiner<br />

Regionalverbände zum Thema Nachhaltigkeit entwickelt.<br />

Zur Nachhaltigkeitsberichterstattung hat<br />

der <strong>GdW</strong> bereits 2013 eine umfassende Arbeitshilfe<br />

„Nachhaltigkeitsberichterstattung in der<br />

Wohnungswirtschaft“ veröffentlicht, die sich vor<br />

allem an größere Wohnungsunternehmen richtet.<br />

In einem weiteren Schritt wurde in Zusammenarbeit<br />

mit dem Rat für nachhaltige Entwicklung in<br />

Deutschland eine branchenspezifische Ergänzung<br />

des Deutschen Nachhaltigkeitskodex entwickelt,<br />

da diese schlanke Art der Berichterstattung auch<br />

für kleinere Wohnungsunternehmen gut geeignet<br />

ist. Zur weiteren Unterstützung der Wohnungsunternehmen<br />

wurde im Anschluss der Leitfaden zur<br />

branchenspezifischen Ergänzung des Deutschen<br />

Nachhaltigkeitskodex als Orientierungshilfe für<br />

Wohnungsunternehmen erstellt. Dieser Leitfaden<br />

leistet Hilfestellung bei der Beantwortung<br />

der DNK-Kriterien.<br />

Produkt Nachhaltigkeitsbericht<br />

Das neu entwickelte Produkt ist eine Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

auf standardisierter<br />

Grundlage. Hierzu werden durch einen Berater/<br />

Prüfer des Regionalverbandes die wesentlichen<br />

Nachhaltigkeitskennzahlen ermittelt, wesentliche<br />

Unterlagen, z. B. Verträge, Geschäftsordnungen<br />

etc., zusammengestellt und – auf Grundlage des<br />

digitalen Musterberichtes – die Berichterstattung<br />

erstellt. Besonders interessant dabei ist,<br />

dass der Bericht so gestaltet und mit dem Rat für<br />

nachhaltige Entwicklung abgestimmt ist, dass er<br />

gleichzeitig als Entsprechenserklärung auf der<br />

DNK-Homepage eingestellt werden kann. Das<br />

professionell aufbereitete Layout wurde in Kooperation<br />

mit einer Agentur entwickelt. Das gesamte<br />

Beratungspaket wird zu einem Pauschalpreis von<br />

rund 6.000 € angeboten. Hinzu kommen Kosten<br />

für Layout-Arbeiten und Druckkosten, die mit<br />

dem jeweiligen Unternehmen separat vereinbart<br />

werden.<br />

Weiterbildung und Kontakt<br />

Um eine kompetente und zielgerichtete Beratung<br />

zu gewährleisten, hat der <strong>GdW</strong> ein überregionales<br />

Schulungsangebot zur Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

für die Berater/Prüfer der Prüfungsverbände<br />

neu aufgelegt.<br />

Der neue Musternachhaltigkeitsbericht wird in allen<br />

Prüfungsverbänden des <strong>GdW</strong> angeboten. Für<br />

weitergehende Fragen stehen Ihnen neben den<br />

Wirtschaftsprüfern der regionalen Prüfungsverbände<br />

die Autoren dieses Artikels und Christian<br />

Gebhardt beim <strong>GdW</strong> gerne zur Verfügung.<br />

G<strong>DW</strong>-INFORMATIONSBROSCHÜREN<br />

Weiterführende Informationen finden Sie<br />

in der <strong>GdW</strong> Arbeitshilfe 73 „Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

in der Wohnungswirtschaft“<br />

und im „Leitfaden zur branchenspezifischen<br />

Ergänzung des Deutschen<br />

Nachhaltigkeitskodex“ des <strong>GdW</strong>.<br />

Beide sind über den <strong>GdW</strong> zu beziehen:<br />

www.gdw.de oder bestellung@gdw.de.<br />

38 52 7 | <strong>2017</strong>


Quelle: <strong>GdW</strong><br />

Interview mit<br />

Ingeborg Esser und Gerhard Viemann<br />

„Nachhaltigkeitsbericht<br />

zum attraktiven Festpreis“<br />

Die Geschäftsmodelle kleiner Wohnungsunternehmen bzw. -genossenschaften<br />

ähneln sich. Der Musternachhaltigkeitsbericht adressiert<br />

daher insbesondere diese Unternehmen. Die Autoren erklären hier, was<br />

der Festpreis umfasst und dass der Bericht individuell erweiterbar ist.<br />

Was ist der Mehrwert eines solchen Nachhaltigkeitsberichtes<br />

gegenüber dem traditionellen<br />

Geschäftsbericht?<br />

Esser: Der Fokus der Geschäftsberichterstattung<br />

liegt eher auf der Darstellung der wirtschaftlichen<br />

Leistungsfähigkeit eines Unternehmens. Häufig<br />

wird der Geschäftsbericht dazu genutzt, den<br />

Jahresabschluss des Unternehmens zu kommunizieren<br />

und, soweit gesetzlich gefordert, auch die<br />

Lageberichterstattung hier einzubinden und dies<br />

zu unterlegen mit einer vertieften Berichterstattung<br />

über die Geschäftsfelder des Unternehmens.<br />

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung hat einen<br />

anderen Fokus. Sie versucht, die Themen Ökologie,<br />

Ökonomie und Soziales in Einklang zu bringen<br />

und stellt dabei als Leitlinie der Berichterstattung<br />

zunächst die strategische Ausrichtung des Unternehmens<br />

in den Vordergrund. Und: Die Berichtsthemen<br />

sind sicherlich stärker auf nichtfinanzielle<br />

Leistungsindikatoren ausgerichtet. Beispielsweise,<br />

wie kümmert man sich um die Mitarbeiterentwicklung?<br />

Was entfaltet man für besondere Aktivitäten<br />

für die Mitglieder, bestimmte Mieter- bzw.<br />

Nutzergruppen und Nachbarschaften? Diese Berichterstattung<br />

kann aber für die Mitglieder von<br />

Genossenschaften wie auch andere interessierte<br />

Stakeholder-Gruppen und die Öffentlichkeit ein<br />

deutlich spannenderes Berichtsfeld sein, als es die<br />

klassische Geschäftsberichterstattung ist.<br />

Macht es Sinn, erst einen Nachhaltigkeitsbericht<br />

mit Hilfe eines Prüfungsverbandes<br />

zu erstellen und anschließend die Unternehmensstrategie<br />

stärker auf Nachhaltigkeit<br />

auszurichten?<br />

Viemann: Natürlich geht es bei dem Thema<br />

Nachhaltigkeit um einen langfristigen Strategieprozess.<br />

Viele, vor allem kleinere Unternehmen,<br />

scheuen aber davor zurück, diesen Strategieprozess<br />

als solchen anzugehen. Insoweit ist die Vorgehensweise,<br />

zunächst einen schlanken Nachhaltigkeitsbericht<br />

entlang der branchenspezifischen<br />

Ergänzung des Deutschen Nachhaltigkeitskodex<br />

mit entsprechender Unterstützung und Beratung<br />

durch einen Prüfungsverband zu erstellen und<br />

daraus anschließend Themen und Maßnahmen<br />

abzuleiten, die für die langfristige Strategieausrichtung<br />

wesentlich sind, durchaus eine praxisgerechte<br />

und praxisorientierte Vorgehensweise.<br />

Wie soll das gehen, dass ein Musternachhaltigkeitsbericht<br />

für alle kleinen Wohnungsunternehmen<br />

angeboten wird?<br />

Esser: Auf den ersten Blick erscheint es unmöglich,<br />

allen kleinen Wohnungsunternehmen einen Musternachhaltigkeitsbericht<br />

anzubieten. Deshalb sind<br />

kleine Wohnungsunternehmen, vor allem auch die<br />

kleinen Genossenschaften, die Zielgruppe dieses<br />

Produkts der regionalen Prüfungsverbände. Dahinter<br />

verbirgt sich die Erkenntnis, dass das Geschäftsmodell<br />

der kleinen Unternehmen sehr vergleichbar<br />

ist. Es liegt selbstverständlich in der Bewirtschaftung,<br />

der Weiterentwicklung und Modernisierung<br />

der Wohnungsbestände, vor allem auch mit Blick<br />

auf die energetische Anforderungen sowie den<br />

altengerechten und barrierearmen Umbau. Vielleicht<br />

kommt im Einzelfall noch das Thema eines<br />

moderaten Neubaus hinzu. Gleichfalls sind die personellen<br />

Ressourcen dieser Unternehmen und die<br />

Herausforderungen an dieser Stelle sehr ähnlich.<br />

Das war der Grund, warum die Prüfungsverbände<br />

auch der Auffassung waren, dass hier ein Musterprodukt<br />

sinnhaft sein kann. Selbstverständlich ist<br />

diese sehr standardisierte Berichterstattung unternehmensindividuell<br />

ergänz- und erweiterbar. Dies<br />

sollte aber über die Unternehmen selbst erfolgen.<br />

Kann ein solcher Musternachhaltigkeitsbericht<br />

(s. o.) überhaupt zu einem Festpreis<br />

angeboten werden?<br />

Viemann: Weil sich das Produkt an kleine Wohnungsunternehmen<br />

richtet, deren Geschäftsmodelle<br />

sehr vergleichbar sind, bieten die genossenschaftlichen<br />

Prüfungsbände, dies auch zu einem<br />

Festpreis an. Allerdings umfasst dieser Festpreis<br />

natürlich auch nur das standardisierte Produkt,<br />

und nicht etwaige Ergänzungen oder zusätzliche<br />

Erweiterungen auf der Grundlage unternehmensindividueller<br />

Wünsche. Was selbstverständlich<br />

ebenfalls noch nicht enthalten ist, sind das unternehmensindividuelle<br />

Layout und die ggf.<br />

entstehenden Druckkosten. Möchte das einzelne<br />

Wohnungsunternehmen den Musternachhaltigkeitsbericht<br />

noch um unternehmensindividuelle<br />

Berichterstattungen ergänzen, was selbstverständlich<br />

möglich ist, kann es sinnvoll sein, eine<br />

eigene journalistische Überarbeitung durchzuführen.<br />

Dies machen nicht die Prüfungsverbände selber.<br />

Sie können aber geeignete Partner benennen.<br />

Vielen Dank für das Gespräch.<br />

Das Interview führte Olaf Berger.<br />

7 | <strong>2017</strong><br />

53 39


SONDERHEFT 7<br />

Herausgeber + Druck<br />

<strong>GdW</strong> Bundesverband deutscher Wohnungsund<br />

Immobilienunternehmen<br />

Mecklenburgische Straße 57<br />

14197 Berlin<br />

Telefon: +49 30 82403-0, Telefax: + 49 30 82403-199<br />

Brüsseler Büro des <strong>GdW</strong><br />

3, rue du Luxembourg, 1000 Bruxelles<br />

Telefon: +32 2 5 50 16 11, Telefax: +32 2 5 03 56 07<br />

mail@gdw.de, www.gdw.de<br />

Erschienen in der Fachzeitschrift „<strong>DW</strong> Die Wohnungswirtschaft“<br />

Herausgeber + Verlag<br />

Haufe-Lexware GmbH & Co. KG<br />

Ein Unternehmen der Haufe Gruppe<br />

Standort Hamburg<br />

Hufnerstraße 28, 22083 Hamburg<br />

Chefredakteurin: Ulrike Trampe<br />

ulrike.trampe@diewohnungswirtschaft.de<br />

www.diewohnungswirtschaft.de<br />

Titelbild: Bundesrat © fotolia

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