ratgeber_kinderbibel
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Kinderbibeln für ältere Kinder und Jugendliche<br />
Neukirchener Erzählbibel<br />
Kurzbeschreibung<br />
Irmgard Weth, Neukirchener Erzählbibel. Neue Geschichten aus dem Alten und<br />
Neuen Testament. Mit Bildern von Kees und Michiel de Kort.<br />
Neukirchen: Neukirchener 1998, 19,90 €.<br />
Mit einer Einführung in die biblischen Bücher, einem Bibelstellenregister,<br />
zwei Landkarten und einer Zeittafel.<br />
Textauswahl<br />
Die Neukirchener Erzählbibel ist die Fortsetzung des von der Neukirchener<br />
Kinder-Bibel derselben Autorin her bekannten Konzepts und baut darauf auf (zur<br />
Neukirchener Kinder-Bibel vgl. S. 46). Sie nimmt einerseits Texte der Kinderbibel<br />
auf und erzählt sie neu; andererseits enthält sie aber auch viele neue Geschichten.<br />
Dadurch wächst v.a. der Umfang des alttestamentlichen Teils.<br />
Neu hinzugekommen sind die Bücher Hiob und Ezechiel; viel ausführlicher wird<br />
jetzt aus den prophetischen Büchern des 1. und 2. Jesaja sowie Jeremia erzählt.<br />
Unter dem Titel „Unter fremden Herrschern“ kommen Texte aus den Büchern<br />
Esra/Nehemia und Ester vor. Für die eingestreuten Zitate z.B. aus der Psalmenliteratur<br />
werden „vorrangig“ die Lutherübersetzung von 1984 und die<br />
Einheitsübersetzung herangezogen.<br />
Dass der neutestamentliche Teil nicht in gleicher Weise angewachsen ist, liegt<br />
an der Entscheidung, in Ergänzung zur Kinder-Bibel nur die Texte des Johannesevangeliums<br />
nachzuerzählen; die Briefliteratur bleibt wieder ausgespart, dafür<br />
wird aus der Apostelgeschichte etwas ausführlicher erzählt, und aus der<br />
Offenbarung des Johannes sind einige wenige Stücke ausgewählt.<br />
Sprache<br />
Die Texte werden auf jeder Seite zweispaltig angeboten und sind lesefreundlich<br />
nach Sinnzeilen geordnet. Textauswahl und Textgestalt orientieren sich an<br />
älteren Kindern und Jugendlichen ab etwa zwölf Jahren. Das wird z.B. an den<br />
längeren Sätzen deutlich. Der Erzählstil ist anschaulich und die Erzählungen<br />
bleiben nahe am biblischen Text. Um bei der Darbietung der prophetischen Texte<br />
einen erzählerischen roten Faden zu gewinnen, werden Rahmenerzählungen<br />
vorangestellt, Kapitel teilweise zusammengefasst und wird die biblische Reihenfolge<br />
umgestellt.<br />
Illustration<br />
Im Verhältnis Text – Bild dominiert eindeutig der Textteil. Bilder sind sparsam in<br />
den Text eingestellt. Auf vier bis sechs Seiten Text, im Bereich des Neuen Testamentes<br />
noch seltener, folgt ein bisweilen großes, über eine Doppelseite sich erstreckendes<br />
Bild. Die von Kees und Michiel de Kort gemalten Bilder versuchen bekannte<br />
Motive der biblischen Texte einprägsam ins Bild zu setzen. Mit ihren einfachen<br />
Formen und leuchtenden Farben wirken die Bilder auf den Betrachter, die Betrachterin<br />
schnell vertraut.<br />
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Theologische Ausrichtung<br />
Vor allem durch die Aufnahme prophetischer und poetischer Texte des Alten<br />
Testamentes, aber auch des Johannesevangeliums, spiegelt die Erzählbibel die<br />
Vielfalt biblischer Überlieferung wieder. Der heutigen Leserin, dem heutigen Leser<br />
schwerer zugängliche Texte wie z.B. 1. Mose 22: „Morija“ (Die sog. Opferung Isaaks)<br />
oder 2. Samuel 13: „Amnon und Tamar“ (Die Vergewaltigung Tamars) sprechen<br />
problematische Themen an. Wie geht die Erzählbibel damit um? Erkennbar wird<br />
kein Versuch unternommen, der Leserin, dem Leser ein kritisches Deutungsangebot,<br />
z.B. durch eine entsprechende Formulierung in der Überschrift, zu machen. Man<br />
kann ja fragen: Wie werden solche Geschichten in der Bibel erzählt? Aus der<br />
Opfer- oder Täterperspektive? Und: Lässt sich das immer so genau unterscheiden?<br />
Eine Erzählbibel, die sich an ältere Jugendliche und Erwachsene richtet, muss m.E.<br />
mit solchen Fragen rechnen. Dass die Erzählbibel schwerer zugängliche Texte aufgenommen<br />
hat, ist positiv zu bewerten; dass sie aber jede kritische Nachfrage<br />
vermieden hat, zeigt m.E., dass es ihr an einem Konzept fehlt, das einen Zugang<br />
zu diesen Texten eröffnen könnte, und zwar einen Zugang für Leserinnen und<br />
Leser, die nicht mehr nur mit Staunen und Neugier, sondern auch mit ihrem<br />
kritischen Verstand die Geschichten lesen werden.<br />
Einsatzmöglichkeiten<br />
Die Erzählbibel möchte mehr als ein Buch mit Erzählungen sein; sie möchte „zur<br />
Bibel hinführen“, zum „Gespräch einladen“ und – sogar – ein „Arbeitsbuch“ zur<br />
Bibel sein. Leserinnen und Leser sollen<br />
dazu angeregt werden, über die<br />
Erzählungen ins Gespräch zu kommen,<br />
nachzufragen und neugierig<br />
zu werden. Dieser Anspruch wird<br />
durchaus eingelöst. Mit Hilfe der<br />
Zeittafel und der Landkarten sowie<br />
den einführenden Texten zu den<br />
biblischen Büchern kann man sich<br />
weitere Informationen erschließen.<br />
Dies lässt auch an einen Einsatz der<br />
Erzählbibel im Religionsunterricht<br />
der 5./6. Klasse denken. Freilich: Eine<br />
spannende Erzählbibel zu machen,<br />
die auch von älteren Kindern und<br />
Jugendlichen gerne gelesen wird, ist<br />
das Eine; das Andere wäre ein Konzept<br />
für eine Bibelpädagogik oder<br />
Bibeldidaktik, wofür die spärlichen<br />
Hinweise in dieser Bibel aber nicht<br />
ausreichen.<br />
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