Naturfreund 3 | 2017
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KRAFTORTE | NATUR ERLEBEN<br />
EIN BLICK AUFS NFS-PARTNERHAUS SAN ROMERIO<br />
Im Puschlav – abseits vom Schuss<br />
Direkt über dem Abgrund, als wär’s ein Adlerhorst, 800 Meter über dem<br />
Lago di Poschiavo, thront das romanische Kirchlein von San Romerio. Dahinter stehen<br />
drei vier weitere Gebäude aus rohem Stein. Eines davon dient als Gasthaus;<br />
<strong>Naturfreund</strong>e-Mitglieder übernachten hier zu einem Vorzugspreis.<br />
Text: HERBERT GRUBER<br />
Foto: Roberto Ganassa<br />
Die Alpe San Romerio (1793 m) liegt weiss<br />
Gott nicht gerade um die Ecke. Wer mit<br />
öffentlichen Verkehrsmitteln anreist,<br />
ist allein von Zürich aus gut sechs Stunden<br />
unterwegs. So husch-husch gelangt man nicht<br />
auf diese Alp. Doch darin steckt viel Gutes:<br />
weil der zum Geniessen fähige Mensch bereits<br />
die Anreise über die Albula- und Bernina-<br />
Bergstrecke als Trumpfkarten dieser Alp<br />
wahrnimmt.<br />
Nun, diese Bergstrecke, von Thusis bis Tirano<br />
(122 km), mit ihren 196 Brücken und 55<br />
Tunneln ist derart sensationell, dass man<br />
als Passagier nur selten in einem leeren Zug<br />
sitzt – zumal die Linie mittlerweile auch als<br />
UNESCO-Weltkulturdenkmal gilt.<br />
Entsprechend oft und ausgiebig wird sie denn<br />
auch besungen; eine frühe Hymne auf die vor<br />
107 Jahren eingeweihte Bernina-Bergstrecke<br />
(ab Pontresina) lässt der Autor Hans Schmid<br />
in seinem 1923 veröffentlichten Buch „Bündnerfahrten“<br />
verlauten; dort heisst es: „Auf der<br />
Fahrt von Alp Grüm nach Poschiavo hinunter<br />
kann man nicht links oder rechts sitzen, man<br />
muss Spielraum haben und bald links, bald<br />
rechts zum Fenster hinausschauen können (…).<br />
In zwei Sätzen stürzt sich die Bahn von Alp<br />
Grüm nach Poschiavo und mit einer technischen<br />
Verwegenheit sondergleichen haben die<br />
Ingenieure das Tracé an den wilden Berghang<br />
hingeschmissen. Der technische Spuk mit dem<br />
Kirchlein in Wassen an der Gotthardlinie, die<br />
Kehren in Dazio grande im Tessin und die<br />
Schleifen der Albulabahn zwischen Bergün und<br />
Preda sind ein Kinderspiel gegen das Satanswerk<br />
der Ingenieure auf der Südrampe des<br />
Berninapasses“.<br />
Direkt über dem Abgrund:<br />
die Kirche von San Romerio<br />
GR; zu sehen von hoch oben<br />
und von weit unten.<br />
3 | <strong>2017</strong><br />
<strong>Naturfreund</strong> 19