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E INLEITUNG 27<br />
Annahmen, sich nicht auf die Definition gemeinsamer Ziele beschränkt. Die<br />
Vielzahl ausgesprochener Empfehlungen verringert deren Wirkung, da weiche<br />
Koordinierung immer auch auf die öffentliche Wahrnehmbarkeit in den Mitgliedstaaten<br />
angewiesen ist, die jedoch unter »Berichtsüberflutung« leidet.<br />
Den Abschluss bildet das siebte Kapitel, in dem auf Grundlage der Differenzmethode<br />
gefragt wird, welche Entwicklung zur asymmetrischen Vergemeinschaftung<br />
der EU-Wirtschaftspolitik geführt hat. In diesem Kapitel wird<br />
die Entstehung der verschiedenen wirtschaftspolitischen Koordinierungsverfahren<br />
in der Europäischen Union nachgezeichnet, um zu zeigen, dass nur in<br />
der Geldpolitik eine günstige Machtkonstellation und konvergierende Ideen zusammenfielen.<br />
In der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik konnten sich die<br />
beteiligten Regierungen lediglich auf die Einrichtung unverbindlicher Verfahren<br />
einigen, ohne in den Zielen eine Übereinkunft zu erreichen. Das so entstandene<br />
Muster aus Vergemeinschaftung und nationaler Zuständigkeit ist nicht ohne Widersprüche.<br />
Es folgt einer politischen Logik, nicht funktionaler Notwendigkeit.<br />
Die einzelnen Kapitel bauen auf unterschiedlichem Material auf. Empirisches<br />
Kernstück des Buches ist das fünfte Kapitel, in dem die heutige Anwendung<br />
der Verfahren verglichen wird. Dass die Verfahren über die nur grobe<br />
Kennzeichnung als »OECD-technique« hinaus tatsächlich Formen des gleichen<br />
Politikinstruments sind, wird nachgewiesen, indem bestehende Unterschiede als<br />
unterschiedliche Ausprägungen gemeinsamer Merkmale eingeordnet werden.<br />
Der Begriff »multilaterale Überwachung« kennzeichnet alle vier Verfahren. Die<br />
sechs konkreten Merkmale, die dem abstrakten Begriff zugeordnet werden, ziehen<br />
eine klare Trennlinie zu anderen Politikinstrumenten, wie beispielsweise zur<br />
Gemeinschaftsmethode.<br />
Im fünften Kapitel wird der Ablauf der OECD Economic Surveys, der Artikel-<br />
IV-Konsultationen des IWF sowie der Grundzüge der Wirtschaftspolitik und<br />
der Europäischen Beschäftigungsstrategie dargestellt. Diese detaillierte Rekonstruktion<br />
wurde anhand von dreißig Experteninterviews vorgenommen, die<br />
zwischen Oktober 2002 und September 2003 durchgeführt wurden. Ziel der<br />
leitfadengestützten Interviews 9 war die genaue Kenntnis des Ablaufs multilateraler<br />
Überwachung, der sich aus offiziellen Dokumenten nicht erschließen ließ.<br />
Für alle vier Verfahren wurden sowohl Vertreter der internationalen Organisationen<br />
als auch deren deutsche Ansprechpartner in Ministerien und bei der Bundesbank<br />
befragt. Damit wurde ein Großteil der an den einzelnen Verfahrensschritten<br />
beteiligten Experten erfasst. 10<br />
9 Zu leitfadengestützten Interviews siehe Meuser/Nagel (1991) sowie Leech (2002).<br />
10 Die Mitarbeiter der internationalen Organisationen wurden zum typischen Ablauf der Verfahren<br />
befragt. Da sie in der Regel für mehr als ein Land zuständig waren, konnte ausgeschlossen<br />
werden, dass ihre Beschreibung ausschließlich deutsche Besonderheiten widerspiegeln.