DMG-informiert 6/2017
Spannende und bewegende Missionsberichte aus aller Welt. Unsere Mitarbeiter sind rund um den Globus im Einsatz, damit Menschen Gott begegnen. Thema dieser Ausgabe: Überraschend anders
Spannende und bewegende Missionsberichte aus aller Welt. Unsere Mitarbeiter sind rund um den Globus im Einsatz, damit Menschen Gott begegnen. Thema dieser Ausgabe: Überraschend anders
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AFRIKA<br />
ÄTHIOPIEN<br />
Mareike Weber<br />
Gelbe Hoffnungsträger<br />
Mareike Weber schult<br />
junge Äthiopier in Sachen<br />
Kreativität<br />
Eigentlich halte ich mich für eine Optimistin.<br />
Diese Einstellung ist im oft<br />
grausamen äthiopischen Alltag vonnöten.<br />
In letzter Zeit jedoch passieren fortlaufend<br />
so furchtbare Dinge, dass selbst ich<br />
nicht mehr weiß, wie mir und unserem<br />
Team geschieht: Ärger mit Behörden und<br />
Korruption, die angedrohte Enteignung<br />
unseres Geländes, wochenlang kein Tropfen<br />
Wasser in den Leitungen. Wir müssen<br />
blutige Kämpfe verfeindeter Volksgruppen<br />
mitansehen, tödliche Verkehrsunfälle<br />
und schweigend Kindesmisshandlungen<br />
auf offener Straße hinnehmen, weil ein<br />
Eingreifen für Helfer übel enden beziehungsweise<br />
die Situation des Kindes noch<br />
verschlimmern könnte.<br />
Taucht man in den afrikanischen Alltag<br />
ein, kommt man unweigerlich mit Elend,<br />
Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit in<br />
Berührung. Plötzlich verstehe ich all die<br />
resignierten Gesichter in den Straßen<br />
Addis Abebas. Vielleicht bin ich ja mit<br />
meiner Überzeugung, hier etwas ausrichten<br />
zu können, doch nur eine „unverbesserliche<br />
Idealistin“? Der Schmerz über<br />
das viele Leid raubt mir die Zuversicht.<br />
Bitter stelle ich fest, dass ich in all dem<br />
Staub, der Leere und Enttäuschung keine<br />
Hoffnung mehr entdecke: Wer kann<br />
Afrika retten? All unsere Bemühungen<br />
erscheinen so schwach. Und ich frage<br />
mich, warum Jesus augenscheinlich<br />
nichts tut.Plötzlich – im wahrsten Sinne<br />
des Wortes „unverhofft“ – erscheint<br />
ein Lichtblick im hoffnungslosen Grau:<br />
Der Feiertag Meskel (Kreuz). Die ganze<br />
Großstadt bereitet sich vor. Was ist los?<br />
Kollegen erklären es mir. Dieser Feiertag<br />
erinnert daran, wie die Königin von Saba<br />
das Kreuz von Jesus aus Jerusalem nach<br />
Äthiopien gebracht haben soll. „Aber<br />
die Königin von Saba lebte doch Jahrhunderte<br />
vor Jesus?“, frage<br />
ich verwirrt. „Achso“,<br />
meinen die äthiopischen<br />
Kollegen schulterzuckend.<br />
Dann war es<br />
wohl irgendeine andere<br />
Königin; egal. Jedenfalls<br />
liege nach orthodoxem<br />
Glauben das Kreuz in Äthiopien vergraben.<br />
Das ganze Land feiert, singt, zündet<br />
Lagerfeuer an und teilt sein Essen.<br />
Der Meskel-Tag kommt. Ich kann es<br />
nicht fassen, selbst die Natur feiert mit:<br />
Das ganze Land ist wie verwandelt, in<br />
ein Meer von gelben Blumen getaucht!<br />
Kein Grau mehr – nur noch gelb, wohin<br />
das Auge schaut. Auf den Straßen singen<br />
Menschen, die gestern noch resigniert<br />
auf ihre Probleme geschaut haben, befreit<br />
vom Kreuz: „Unser Heil, unsere Freiheit,<br />
alles ist vollbracht durch das Kreuz.“ Ihre<br />
Der Meskel-Tag kommt.<br />
Ich kann es nicht fassen,<br />
selbst die Natur feiert mit:<br />
Das ganze Land ist ein<br />
Meer von gelben Blumen!<br />
Armut ist plötzlich nicht mehr das Ende,<br />
das Kreuz wird zum Indikator des Sieges.<br />
Ein Tag der Gemeinschaft, des Dankens<br />
und Teilens.<br />
Das Schwenken eines Blumenstraußes<br />
zeigt den hartgesottenen Optimisten,<br />
also kaufe ich von einem Straßenmädchen<br />
für 50 Cent einen großen Strauß. Die<br />
Blumen bedeuten plötzlich so viel mehr<br />
als nur bunte Dekoration. Sie zeigen,<br />
dass sich unser Land trotz des Elends<br />
nicht aufgegeben hat.<br />
Dass die Menschen<br />
sich daran erinnern,<br />
die Hoffnung auf das<br />
Richtige zu setzen; aufs<br />
Kreuz.<br />
Vielleicht kommt<br />
Jesus ja gar nicht so,<br />
wie ich ihn erwarte, mit Millionen von<br />
Euros, fließend Wasser und reibungsloser<br />
Politik. Vielleicht kommt er ja leise, in<br />
Form von Millionen kleiner, gelber Blumen,<br />
verbunden mit Hoffnung auf seine<br />
alles heilende Liebe. Plötzlich verstehe<br />
ich, dass viele Äthiopier die Befreiung in<br />
Jesus verstanden haben. Sie erinnern sich<br />
gegenseitig daran. Nicht, um sich von<br />
Elend und Leid abzulenken, sondern um<br />
es wieder in die richtige Perspektive zu<br />
rücken: „Unser Heil, unsere Freiheit, alles<br />
ist vollbracht durch das Kreuz.“<br />
12 <strong>DMG</strong>-<strong>informiert</strong> | 6 | <strong>2017</strong>