Rundbrief der Emmausgemeinschaft - Ausgabe 04|17
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Arbeit | Wohnung | Hoffnung<br />
<strong>Rundbrief</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Emmausgemeinschaft</strong><br />
St. Pölten<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>04|17</strong><br />
Von Mensch<br />
zu Mensch<br />
Wie Vertrauen wächst<br />
Willst mich pflanzen?<br />
Gemüseernte im Winter –<br />
ohne Heizung<br />
Hilfe für Täter<br />
Der Maßnahmenvollzug<br />
„An<strong>der</strong>en geht‘s<br />
schlimmer als mir“<br />
Emmaus-Mitarbeiterin<br />
Astrid Mayer
Kontaktdaten <strong>der</strong><br />
<strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten<br />
Verwaltung & Geschäftsführung<br />
Herzogenburger Str. 48-50, 3100 St. Pölten<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 0<br />
info@emmaus.at<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
0676 / 88 6 44 - 346<br />
oea@emmaus.at<br />
Zivildienst<br />
0676 / 88 6 44 - 293<br />
zivildienst@emmaus.at<br />
Dienstleistungen<br />
Ortweingasse 2-8, 3107 Viehofen<br />
Exkursionen & Besuche<br />
0676 / 88 6 44 - 636<br />
oea@emmaus.at<br />
Beratungsstelle Mühlweg<br />
0676 / 88 6 44 - 578<br />
bbe@emmaus.at<br />
Altwarenhandel & Transporte<br />
Möbelverkauf: Mi, 15–18 Uhr,<br />
jeden 1. Samstag im Monat beim Flohmarkt, 9–14 Uhr<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 520<br />
Falls unbesetzt, bitte aufs Band sprechen<br />
E-Mail: altwaren@emmaus.at<br />
Sanierung<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 283<br />
E-Mail: sanierung@emmaus.at<br />
Gartenpflege<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 279<br />
E-Mail: info@emmaus.at<br />
Kunstwerkstatt<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 574<br />
E-Mail: kunst@emmaus.at<br />
KunstHandWerk-Verkauf<br />
Ortweingasse 2, 3107 Viehofen<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 770<br />
E-Mail: verkauf@emmaus.at<br />
Achtung! Der KunstHandWerk-Verkauf ist bis auf weiteres wegen<br />
Renovierungsmaßnahmen geschlossen!<br />
Verkauf nur nach telefonischer Vereinbarung!<br />
Offenlegung und Impressum<br />
lt. §25 Mediengesetz<br />
Medieninhaber,<br />
Herausgeber und Verleger:<br />
<strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten -<br />
Verein zur Integration sozial benachteiligter<br />
Personen, 3100 St. Pölten, Herzogenburger<br />
Straße 48, ZVR: 248337422<br />
Für den Inhalt verantwortlich:<br />
Mag. Karl Langer<br />
Redaktion:<br />
Mag. Christian Veith<br />
Jutta Strobl<br />
Layout: Matthias Böswart<br />
LeserInnen-Service<br />
und Adressän<strong>der</strong>ungen:<br />
Jutta Stobl<br />
Tel.: 0676 / 88 6 44 - 636<br />
E-Mail: jutta.strobl@emmaus.at<br />
Herstellung:<br />
Druckerei Janetschek GmbH,<br />
3860 Heidenreichstein<br />
Die <strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten ist<br />
zu 100 Prozent Eigentümer <strong>der</strong> vierteljährlich<br />
erscheinenden periodischen<br />
Druckschrift „Emmaus-<strong>Rundbrief</strong>“.<br />
Weiters ist die <strong>Emmausgemeinschaft</strong><br />
St. Pölten Eigentümer und Betreiber <strong>der</strong><br />
Homepage www.emmaus.at.<br />
Geschäftsführung<br />
<strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten,<br />
Herzogenburger Straße 48,<br />
3100 St. Pölten:<br />
Mag. Karl Langer<br />
Roland Hammerschmid<br />
Peter Hirsch<br />
Verein:<br />
Obmann DI Franz Angerer, 1. Obmann-Stv.<br />
DI Benno Scheiblauer, 2.<br />
Obmann-Stv. Ilse Baier, Schriftführerin<br />
Gertrud Wallenböck, Kassierin Johanna<br />
Pfaffenbichler<br />
Rechnungs- und Wirtschaftsprüfer:<br />
Höchtl & Partner Wirtschaftsprüfung<br />
GmbH, Mariazeller Str. 150, 3100 St.<br />
Pölten<br />
Blattlinie: Der „Emmaus-<strong>Rundbrief</strong>“<br />
dient <strong>der</strong> Berichterstattung über die<br />
aktuelle Entwicklung <strong>der</strong> Einrichtungen<br />
<strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten<br />
und zur umfassenden Information für<br />
FreundInnen und För<strong>der</strong>er des Vereins.<br />
Coverfoto:<br />
elenabsl/shutterstock.com<br />
www.emmaus.at
Vorwort | 3<br />
Liebe FreundInnen<br />
und För<strong>der</strong>er <strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong>!<br />
… weil du DU bist …<br />
Vor 25 Jahren wurde in Österreich das<br />
erste stationäre Hospiz St. Raphael im<br />
Wiener Spital „Zum göttlichen Heiland“<br />
eröffnet – <strong>der</strong> Höhepunkt eines langen<br />
Weges, den viele freiwillig engagierte<br />
Männer und Frauen mitgetragen hatten,<br />
um in Österreich eine menschenwürdige<br />
Sterbekultur zu ermöglichen.<br />
Als Begrün<strong>der</strong>in <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Hospizbewegung<br />
in Europa gilt die Britin Cicely<br />
Saun<strong>der</strong>s (1918–2005). Einer<br />
ihrer Leitsätze wurde<br />
zur Inspiration für viele Lk 2,10<br />
Hospizgruppen im Land:<br />
„Du bist wichtig, weil du DU bist. Du bist<br />
bis zum letzten Augenblick deines Lebens<br />
wichtig und wir werden alles tun,<br />
damit du nicht nur in Frieden sterben,<br />
son<strong>der</strong>n auch leben kannst bis zuletzt.“<br />
Internationale Aufmerksamkeit erregte<br />
heuer die Eröffnung des österreichweit<br />
ersten Hospizes für Obdachlose im VinziDorf<br />
in Graz. Dazu führte die Erfahrung,<br />
dass sich auch obdachlose Menschen ein<br />
würdevolles Leben bis zum letzten Augenblick<br />
und einen begleiteten Abschied<br />
im Kreis von Vertrauten und Freunden<br />
wünschen.<br />
Auch bei Emmaus versuchen wir den<br />
Kontakt zu ehemaligen Gästen zu wahren<br />
und sie – wenn gewünscht – am<br />
Lebensende zu begleiten. Meistens geschieht<br />
das ehrenamtlich. Sterben Gäste<br />
bzw. ehemalige Gäste, sorgen wir – wenn<br />
notwendig – für ein würdiges Begräbnis.<br />
Nicht wenige haben niemanden, <strong>der</strong> sich<br />
Foto: Kogler<br />
„Fürchtet euch nicht“<br />
um diese „letzten Dinge“<br />
kümmert. MitarbeiterInnen<br />
und Gäste nehmen am Begräbnis<br />
teil. Den Rahmen für Dank und Abschied<br />
bildet das Totenmahl. Je<strong>der</strong> verstorbene<br />
Gast wird in unserer Friedhofskapelle am<br />
Stadtfriedhof von St. Pölten verewigt.<br />
Emmaus steht für Weggemeinschaft von<br />
Menschen, die neue Hoffnung schöpfen.<br />
Diese Weggemeinschaft bewährt sich<br />
auch am Ende des Lebens.<br />
An dieser Stelle ein<br />
großes Danke an alle Freiwilligen, die sich<br />
immer wie<strong>der</strong> für unsere Gäste einsetzen!<br />
Sicher, für das Sterben gibt es kein Rezept.<br />
Die religiöse Dimension – vor allem<br />
<strong>der</strong> Auferstehungsglaube – verblasst in<br />
unserer Gesellschaft. Doch die Angst vor<br />
<strong>der</strong> eigenen Endlichkeit ist geblieben.<br />
Ich wünsche mir eine lebensbejahende,<br />
helfende und solidarische Gesellschaft.<br />
Denn niemand soll sich den Tod wünschen<br />
aus <strong>der</strong> Angst heraus, an<strong>der</strong>en zur<br />
Last zu fallen o<strong>der</strong> einsam leiden zu müssen.<br />
Du bist wichtig, weil Du DU bist!<br />
Karl Langer<br />
Geschäftsführer<br />
<strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten
08<br />
06<br />
16<br />
12<br />
19<br />
Inhalt<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>04|17</strong><br />
05<br />
06<br />
07<br />
08<br />
10<br />
„An<strong>der</strong>n geht‘s<br />
schlimmer als mir ...“<br />
Astrid Mayer ist dreifache<br />
Mutter, hat einen Partner,<br />
einen Job und – sie ist blind.<br />
Gastgeschichte:<br />
Wer zuletzt klopft ...<br />
Koks und Alkohol zerstören<br />
das Leben von Herbert. Bis<br />
er eine entscheidende Entdeckung<br />
macht ...<br />
Mit-Mensch<br />
Die Kolumne von Emmaus<br />
St. Pölten Grün<strong>der</strong> Charly<br />
Rottenschlager<br />
Hilfe für Täter<br />
Fürsorge und Therapie werden<br />
im Maßnahmenvollzug<br />
groß geschrieben.<br />
Von Mensch<br />
zu Mensch<br />
Wie Vertrauen wächst<br />
12<br />
Aus nach 27 Jahren<br />
Emmaus-Mitarbeiterin<br />
Susanne Gruber wechselt in<br />
den Ruhestand und damit<br />
ihren Arbeitgeber ...<br />
13 Bildmeditation<br />
14<br />
16<br />
17<br />
Emmaus-Werkstätten<br />
Handgefertigtes für die<br />
dunkle Jahreszeit<br />
Tagesstätte Viehofen<br />
Projekt&Design<br />
Die Emmaus Arbeitstherapie<br />
beschreitet neue Wege<br />
für ein besseres Leben<br />
„Gottes Liebe ohne<br />
Nächstenliebe wird<br />
zur Farce“<br />
Mario Bratek, Novize bei<br />
den „Oblaten des hl. Franz<br />
von Sales“, über sein Praktikum<br />
bei Emmaus<br />
19<br />
20<br />
21<br />
Willst mich pflanzen?<br />
In <strong>der</strong> Emmaus CityFarm wird<br />
Gemüse auch im Winter geerntet<br />
– ohne Heizung!<br />
Würdevoll im Einklang<br />
mit <strong>der</strong> Natur<br />
Am 16. September wurde <strong>der</strong><br />
Antlashof offiziell eröffnet.<br />
Davon hat je<strong>der</strong> was<br />
Am 11. Oktober öffnete <strong>der</strong><br />
neue SOMA St. Pölten offiziell<br />
seine Pforten.<br />
22 Buchtipps<br />
23<br />
24<br />
Nachrufe<br />
Dr. Gisela Frühwald<br />
Prof. Hans Ströbitzer<br />
Wollust<br />
Mützen, Schals, Decken ... –<br />
die „Strickrunde Dorfstetten“<br />
spendet Wärmendes für Emmaus.
Portrait | 5<br />
„An<strong>der</strong>en geht‘s viel schlimmer als mir …“<br />
Das eigentlich ganz normale Leben von Astrid Mayer<br />
Im Dezember 2016 bekommt Astrid Mayer ihren Hund. Aber schon im Mai 2017<br />
stirbt dieser an einer Vergiftung. Für die langjährige Mitarbeiterin <strong>der</strong> Emmaus-Beratungsstelle<br />
Mühlweg ein Schock …<br />
von Christian Veith<br />
Astrid ist dreifache Mutter, sie hat<br />
einen Partner, ist Sozialarbeiterin,<br />
und – sie ist praktisch blind.<br />
Nur noch hell und dunkel kann sie unterscheiden,<br />
irgendwann auch das nicht<br />
mehr. Trotzdem meistert Astrid<br />
ihr Leben mit Humor und<br />
Temperament. Wesentlich<br />
dafür sind seit fast 20<br />
Jahren ihre Führhunde<br />
– ein großer Vorteil zu<br />
einem Blindenstock.<br />
Nach dem Tod ihres<br />
Führhundes fällt<br />
es Astrid schwer, mit<br />
dem Stock zu trainieren.<br />
Psychisch ist<br />
sie angeschlagen<br />
und auf <strong>der</strong> Straße<br />
fühlt sie sich nicht sicher. Zum<br />
Glück begleiten sie AssistentInnen o<strong>der</strong><br />
KollegInnen auf dem Weg von und zur<br />
Arbeit.<br />
„Ein behin<strong>der</strong>ter Mensch braucht Hilfe<br />
und Verständnis. Trotzdem will man<br />
möglichst selbständig sein“, meint Astrid.<br />
Aber: „Es gibt eine Grenze, ab <strong>der</strong> man<br />
auf Unterstützung angewiesen ist.“ Heute<br />
helfen ihr im Büro eine Assistentin und<br />
im Alltag ihr „neuer Freund“, <strong>der</strong> Führhund<br />
Topaz.<br />
Foto: Veith<br />
Zwei, die sich mögen.<br />
Astrid und ihr Führhund Topaz<br />
„Ex-Knackis haben es schwerer<br />
als Behin<strong>der</strong>te“<br />
Astrid könnte sich selbst bedauern o<strong>der</strong><br />
auch in Pension gehen. Aber ihre Arbeit<br />
tut ihr gut, und im Gespräch mit KlientInnen<br />
spürt sie, dass es an<strong>der</strong>en „gesunden“<br />
Menschen oft viel schlimmer<br />
geht als ihr. KlientInnen reden<br />
gerne mit Astrid, gerade<br />
weil sie behin<strong>der</strong>t<br />
ist und daher die Menschen<br />
versteht: „Auch<br />
Arbeitslosigkeit sollte<br />
als eine Form von Behin<strong>der</strong>ung<br />
anerkannt<br />
werden.“ Ähnlich bei<br />
Haftentlassenen: „Die<br />
Menschen haben nur<br />
für Behin<strong>der</strong>te Verständnis,<br />
aber nicht für Ex-Knackis“,<br />
denn die seien ja ‚selbst schuld‘. Im<br />
Gegensatz dazu ist Astrid dafür, Behin<strong>der</strong>ung<br />
und soziale Ausgrenzung gleich zu<br />
bewerten.<br />
„Astrid ist eine vollwertige Mitarbeiterin“,<br />
lobt ihr Chef Max Gebetsberger. „Bei Gesprächen<br />
mit KlientInnen hat sie so vieles<br />
einfach im Kopf, wofür ich immer meine<br />
Unterlagen brauche. Und – sie nimmt die<br />
Menschen einfach an<strong>der</strong>s wahr.“
6 | Gastgeschichte<br />
Wer zuletzt klopft …<br />
Der kräftige Mann mir gegenüber ist an beiden Ober- und Unterarmen stark tätowiert.<br />
Einer vom Typ „Türsteher“ – jemand, dem man nicht unbedingt nachts im<br />
Dunklen begegnen muss.<br />
von Kurt Neumeyr<br />
Herbert, so heißt <strong>der</strong> 37-jährige, erzählt<br />
mir, dass er seit über einem<br />
Jahr Christ sei. Da mir das auf Anhieb<br />
nichts Beson<strong>der</strong>es zu sein scheint,<br />
frage ich nach: „Und vorher?“<br />
Die Geschichte, die mir Herbert anschließend<br />
erzählt, ließe sich als über zwei<br />
Jahrzehnte währende „Alkohol- und Drogenhölle“<br />
betiteln.<br />
„So an die zwanzig Flaschen Bier habe ich<br />
täglich konsumiert und zwischendurch<br />
auch Koks genommen. Meine Beziehung<br />
zu Lisa wäre fast daran zerbrochen. Dass<br />
mir die Ärzte noch drei Jahre gegeben<br />
haben, wenn ich diesen Lebensstil weiterführe,<br />
hat mich nachdenklich gemacht.<br />
Entwöhnungsprogramme, Suchtberatungen<br />
und <strong>der</strong>gleichen stellten sich bei mir<br />
allerdings stets als wirkungslos heraus.<br />
Umso mehr hat sich die Frage nach dem<br />
Sinn meines Lebens aufgedrängt, letztlich<br />
die Frage nach Gott.“<br />
Der sogar während seiner Fabriksarbeit<br />
an einer Maschine unter Alkoholeinfluss<br />
stehende Mann beginnt in <strong>der</strong> Bibel zu<br />
lesen. Ein Glück ist, dass seine Freundin<br />
Lisa, die später seine Frau wird, sein ungewöhnliches<br />
Hobby teilt. Beide beschließen,<br />
in einer Kirche heimisch zu werden.<br />
Eine völlig neue Erfahrung für beide, die<br />
einen Gottesdienst das letzte Mal vermutlich<br />
in Kindheitstagen besucht haben.<br />
Herbert und Lisa beginnen, Kirchengemeinden<br />
in ihrer Umgebung abzuklappern.<br />
Schließlich werden sie fündig: in<br />
einer kleinen, überschaubaren Kirchengemeinde,<br />
die sich für Neue offen zeigt.<br />
„Beim ersten Gottesdienstbesuch dort ist<br />
mir schlagartig klar geworden: Hier bleibe<br />
ich! Das war am Sonntag, dem 9. März<br />
2014. Seit diesem Morgen habe ich auch<br />
keinen Schluck Alk mehr getrunken.“<br />
Stattdessen vertieft sich Herbert immer<br />
mehr in die Schriften <strong>der</strong> Bibel – für ihn<br />
Lebenselixier und Wort Gottes.<br />
„Auch wenn es verrückt klingt: Manchmal<br />
stehe ich nachts auf, aber nicht um wie<br />
früher zu trinken, son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Schrift<br />
zu lesen.“<br />
Engelchen und Teufelchen<br />
Dass <strong>der</strong> völlige Verzicht auf Alkohol anfangs<br />
keine „g‘mahte Wiesn“ war, klingt<br />
Foto: HieroGraphic/shutterstock.com
durch, wenn er berichtet, dass es sehr<br />
wohl Anfechtungen gab: „Das war, wie<br />
in Comics manchmal dargestellt, wo Engelchen<br />
und Teufelchen abwechselnd auf<br />
einen einreden und je<strong>der</strong> den Sieg davontragen<br />
möchte. Heute weiß ich, dass<br />
ich mich auf jemanden stützen kann, <strong>der</strong><br />
stärker ist als das Verlangen nach Alkohol.<br />
Mir graust inzwischen, wenn ich ihn<br />
nur rieche.“<br />
Ja, richtig zornig sei er, <strong>der</strong> jahrzehntelang<br />
Abhängige, geworden, wenn in seiner<br />
Nähe jemand getrunken habe: „Am liebsten<br />
hätte ich <strong>der</strong> Person das Glas o<strong>der</strong><br />
die Flasche aus <strong>der</strong> Hand geschleu<strong>der</strong>t.<br />
Unlängst ist mir beim Billa ein ehemaliger<br />
Saufkumpan begegnet. Als er mich gefragt<br />
hat, wie es mir gehe, habe ich bloß<br />
geantwortet, dass ich Christ geworden<br />
sei. Da hat er geschaut, ‚echt jetzt?‘, gefragt<br />
und war dann still. Wir haben uns<br />
verabschiedet und das war‘s.“<br />
Glaubensfreude, wie sie meist nur jenen<br />
zu eigen ist, die zuvor das absolute Gegenteil<br />
davon erfahren mussten, leuchtet<br />
in den Augen von Herbert auf, wenn<br />
er von seiner neugewonnenen Freiheit<br />
spricht: „Ich glaube, Gott klopft bei jedem<br />
Menschen so zwei-, dreimal im Leben an<br />
die Tür und möchte eingelassen werden.<br />
Ich habe wohl erst nach dem allerletzten<br />
Klopfen geöffnet.“<br />
Spricht‘s und lacht dabei, wissend, dass<br />
sein zweites Leben vor allem Geschenk<br />
ist.<br />
Kurt Neumeyr (*1975) ist<br />
Religionspädagoge, AHS-Lehrer und<br />
freiwilliger Helfer bei Emmaus St. Pölten.<br />
Veröffentlichung von Kurzgeschichten<br />
und Unterrichtsbehelfen.<br />
Mit-Mensch<br />
Gastgeschichte | 7<br />
von Karl Rottenschlager<br />
Mach`s wie Gott –<br />
werde Mensch!<br />
Jesu Botschaft „Liebt einan<strong>der</strong>,<br />
so wie ich euch<br />
geliebt habe“ fasziniert<br />
die Menschen bis heute.<br />
Nelson Mandela, Martin<br />
Luther King, Erwin Kräutler, Mutter Teresa<br />
und Ruth Pfau haben den Traum, den<br />
Gott mit <strong>der</strong> Menschheitsfamilie träumt,<br />
verwirklicht. Doch auch jede/r von uns ist<br />
ein kleiner Baustein für eine geeinte Welt.<br />
Dem obdachlosen Emanuel mussten aufgrund<br />
von Erfrierungen beide Füße unterhalb<br />
des Knies amputiert werden. Die<br />
Folge: 14 Jahre in Pflegeheimen – für ihn<br />
ein „verpfuschtes“ Leben. Doch Emanuel<br />
resigniert nicht. Er bittet um Aufnahme<br />
bei Emmaus, macht eine Entwöhnungskur<br />
und arbeitet anschließend sechs Jahre<br />
in <strong>der</strong> Emmaus-Tischlerei. Emanuel blüht<br />
richtig auf. Aus dem „Pflegefall“ wird ein<br />
lebensfroher Mensch und zuverlässiger<br />
Arbeitskollege, <strong>der</strong> Wertschätzung erfährt<br />
und geliebt wird. Emanuel findet<br />
Familienanschluss und seelische Wunden<br />
heilen – endlich angstfrei und in Würde<br />
leben! Ehrenamtliche Emmaus-Mitarbeiterinnen<br />
begleiten Emanuel bis zuletzt.<br />
Kurz vor seinem Tod durfte ich Emanuel<br />
noch für alles danken, was er für Emmaus<br />
getan hat. Bei dem Satz von Mutter Teresa<br />
„Wir müssen keine Angst haben<br />
– Sterben ist immer Heimgang“ lag ein<br />
sanftes Lächeln auf seinem Gesicht. Vor<br />
wenigen Wochen ist Emanuel versöhnt<br />
heimgegangen zu Gott.<br />
Foto: Böswart
8 | Thema<br />
Hilfe für Täter<br />
Der Maßnahmenvollzug<br />
Für die vorbeugende Unterbringung geistig abnormer Rechtsbrecher wurde mit<br />
<strong>der</strong> Strafrechtsreform 1975 <strong>der</strong> Maßnahmenvollzug eingeführt – als zweite Spur<br />
neben dem Schuldstrafrecht.<br />
von Florian Engel<br />
Nach § 21 Abs. 1 StGB werden die<br />
zurechnungsunfähigen, nach § 21<br />
Abs. 2 StGB die zurechnungsfähigen<br />
Rechtsbrecher eingewiesen. Die Zahl<br />
<strong>der</strong> im Maßnahmenvollzug angehaltenen<br />
Personen hat in den letzten Jahren<br />
erheblich zugenommen. Derzeit befindet<br />
sich etwa je<strong>der</strong> zehnte <strong>der</strong> knapp 9 000<br />
Insassen im Maßnahmenvollzug.<br />
Die Fakten:<br />
<br />
Menschen mit schweren Persönlichkeits-<br />
und Verhaltensstörungen stellen<br />
mit über 80% die Mehrheit im Maßnahmenvollzug<br />
gemäß § 21 Abs. 2 StGB dar.<br />
Rund 50% <strong>der</strong> Untergebrachten werden<br />
wegen eines Sexualdeliktes eingewiesen.<br />
<br />
Die Maßnahmenunterbringung wird<br />
zugleich mit dem Ausspruch einer Freiheitsstrafe<br />
zeitlich unbefristet angeordnet.<br />
Der Freiheitsentzug kann die Freiheitsstrafe<br />
überdauern, wobei das Gericht<br />
jährlich überprüft, ob <strong>der</strong> Untergebrachte<br />
noch immer gefährlich ist, o<strong>der</strong> er unter<br />
Bestimmung einer Probezeit entlassen<br />
werden kann.<br />
Die Unterbringung in einer Anstalt für<br />
geistig abnorme Rechtsbrecher ist für zurechnungsfähige<br />
Täter vorgesehen, die<br />
unter dem Einfluss einer geistigen o<strong>der</strong><br />
seelischen Abartigkeit gehandelt haben.<br />
Sie soll die Insassen davon abhalten, weitere<br />
strafbare Handlungen mit schweren<br />
Folgen zu begehen UND ihren Zustand<br />
soweit bessern, dass keine strafbaren<br />
Handlungen mehr zu erwarten sind. Die<br />
Beson<strong>der</strong>heit des Maßnahmenvollzugs<br />
ist also <strong>der</strong> gleichzeitige Auftrag zur Sicherung<br />
und Betreuung <strong>der</strong> Inhaftierten.<br />
Der gesetzliche Auftrag an den Maßnahmenvollzug<br />
ist die psychiatrische,<br />
psychotherapeutische und erzieherische<br />
Betreuung. Dadurch soll die Kriminalprognose<br />
verbessert werden. Denn wenn <strong>der</strong><br />
Insasse weniger gefährlich ist, wird auch<br />
die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls<br />
geringer. Behandelt werden die Insassen<br />
mit kriminaltherapeutischen Verfahren.<br />
Dazu gehören die Behandlung mit Psychopharmaka<br />
sowie Psycho- und Verhaltenstherapie.<br />
Fürsorge für Inhaftierte –<br />
Sicherheit für die Gesellschaft<br />
Ziel <strong>der</strong> Betreuung und Rehabilitation<br />
dieser Menschen ist die Sicherheit <strong>der</strong><br />
Gesellschaft. Dafür heißt es Verantwortung<br />
zu übernehmen, genauso wie für die<br />
Fürsorge <strong>der</strong> Insassen („So viel Sicherheit<br />
wie nötig, so viel Behandlung wie möglich“).<br />
Normalerweise gibt es im Maßnahmenvollzug<br />
keinen exakten Abschluss <strong>der</strong>
Thema | 9<br />
Therapien. Daher sollen die Insassen nach<br />
<strong>der</strong> bedingten Entlassung in forensische<br />
Nachbetreuung – also in Einrichtungen<br />
für psychisch kranke Straftäter – überwiesen<br />
werden. Sie ist ein Grundpfeiler<br />
<strong>der</strong> Rückfallvorsorge. Wenn <strong>der</strong> Maßnahmenvollzug<br />
funktionieren soll, braucht es<br />
diese Nachbetreuungseinrichtungen.<br />
In den letzten Jahren wurde <strong>der</strong> Maßnahmenvollzug<br />
stark kritisiert. Es war die<br />
Reaktion auf einen öffentlich diskutierten<br />
Fall <strong>der</strong> Vernachlässigung eines Untergebrachten.<br />
Nicht zuletzt deswegen setzte<br />
<strong>der</strong> Justizminister eine Gruppe Expertinnen<br />
und Experten ein, die inzwischen<br />
zahlreiche Empfehlungen<br />
erarbeitet hat.<br />
Kernstück dieser Empfehlungen<br />
ist ein eigenes<br />
Gesetz für den<br />
Maßnahmenvollzug.<br />
Dieses soll den Vollzug<br />
inklusive Rechtsstellung<br />
<strong>der</strong> Insassen verbessern.<br />
Darauf aufbauend<br />
sind eigenständige forensisch-therapeutische<br />
Zentren geplant, die<br />
einerseits Betreuung<br />
bieten und an<strong>der</strong>erseits<br />
nach außen hin optimal<br />
gesichert sind. Der sozialtherapeutische<br />
Ansatz<br />
soll verstärkt und <strong>der</strong><br />
Abstand zum allgemeinen<br />
Strafvollzug garantiert<br />
werden. Geplant ist<br />
mit dem neuen Gesetz<br />
auch, den ambulanten<br />
Vollzug auszubauen.<br />
Außerdem soll es dann<br />
möglich sein, Personen mit einer elektronischen<br />
Fußfessel zu entlassen.<br />
Der Entwurf für ein Maßnahmenvollzugsgesetz<br />
wurde im Sommer 2017 veröffentlicht<br />
und zur Diskussion gestellt. „Der<br />
Handlungsbedarf für diese Reform ist<br />
entsprechend groß“, beschreibt <strong>der</strong> Justizminister<br />
die aktuellen Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />
Florian Engel ist Mitarbeiter im Bundesministerium<br />
für Justiz in <strong>der</strong> Abteilung für<br />
Vollzug und Betreuung im Strafvollzug<br />
und ehemaliger Emmaus-Zivildiener.<br />
Foto: bibiphoto/shutterstock.com
10 | Thema<br />
Von Mensch zu Mensch<br />
Wie Vertrauen wächst<br />
Wir Menschen haben Angst. Wahrscheinlich spätestens ab den Schrecknissen <strong>der</strong><br />
eigenen Geburt. Das eint uns. Und von diesem Tag an brauchen wir menschliche<br />
Nähe. Das min<strong>der</strong>t den Schrecken. Denn dies waren in aller Regel auch die ersten<br />
Erfahrungen nach <strong>der</strong> eigenen Geburt: in den Arm genommen, berührt und festgehalten<br />
zu werden.<br />
von Walter Steindl<br />
Bis heute macht uns so viel Angst:<br />
Neues, Lautes, Großes … die Zukunft<br />
mit allem Unbekannten sowieso.<br />
Alle Menschen sehnen sich lebenslang<br />
nach Geborgenheit, Sorgen- und Angstfreiheit.<br />
Und Religion soll – ganz allgemein<br />
gesprochen – die Grundangst<br />
bannen und das Vertrauen<br />
stärken. Sie soll helfen, die uns innewohnende<br />
Kooperationsbereitschaft, die<br />
Grund-Ethik, zu entfalten. Sonst ist Religion<br />
unbrauchbar für das gedeihliche<br />
Zusammenleben.<br />
Also gilt: „Gute“ Religion ermuntert ihre<br />
Anhänger, vertrauenswürdig zu werden.<br />
Denn als Getröstete können sie nun<br />
selbst in <strong>der</strong> eigenen Umgebung angstmin<strong>der</strong>nd<br />
agieren.<br />
Uns Menschen eint also auch die Bereitschaft<br />
zur Zusammenarbeit. Nur muss<br />
diese angstbefreit sein und aktiviert<br />
werden.<br />
Was früher die Religionen leisteten,<br />
besorgt jetzt weitgehend <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ne<br />
Staat mit seinen Institutionen. Wir<br />
vertrauen den Gerichten, <strong>der</strong> Zukunftsvorsorge,<br />
dem Gesundheitssystem,<br />
den „Experten“ und sogar noch den<br />
Banken, die unser Geld verwalten, was<br />
zumindest erstaunlich ist. Vertrauen<br />
dämpft unsere Zukunftsangst – o<strong>der</strong><br />
sollte dies tun.<br />
Hier gibt es für unsere demokratische<br />
Gesellschaft ein Problem, das „Böckenförde-Theorem“<br />
genannt wird. Es<br />
zeichnet die paradoxale Situation des<br />
freiheitlichen, säkularisierten Staates:<br />
Einerseits kann dieser nur bestehen,<br />
wenn „sich die Freiheit, die er seinen<br />
Foto: Ildar Sagdejev/wikipedia.com
Thema | 11<br />
Bürgern gewährt, von innen her, aus <strong>der</strong><br />
moralischen Substanz des einzelnen und<br />
<strong>der</strong> Homogenität <strong>der</strong> Gesellschaft, reguliert.“<br />
An<strong>der</strong>erseits kann er diese Regulierung<br />
aus eigener Kraft nicht garantieren,<br />
ohne zugleich seinen freiheitlichen Anspruch<br />
aufzugeben und Zwang auszuüben.<br />
Vielleicht ist das nicht weiter schlimm.<br />
Denn die allermeisten Menschen verstehen<br />
ohnehin intuitiv, dass sie geben sollten,<br />
was sie sich von an<strong>der</strong>en wünschen.<br />
Die „Goldene Regel“ kennen folglich alle<br />
Hochreligionen.<br />
Warum tut das dann nicht jede/r?<br />
Meines Erachtens liegt es am Vertrauen.<br />
Verbreitet ist nämlich die Sorge, dass –<br />
selbst wenn ich mich an Regeln halte –<br />
an<strong>der</strong>e genau das nicht tun. „Man müsste<br />
einfach allen Menschen vertrauen können<br />
…“ – bis dahin sorge ich sicherheitshalber<br />
dafür, dass ich stets leicht im Vorteil bin.<br />
Genau das erleben alle Menschen annähernd<br />
gleich: ein Schwanken zwischen<br />
Vertrauen und Misstrauen, ein Ringen um<br />
Vertrauenswürdigkeit.<br />
„You are entering a neighbourhood<br />
watchzone“ – „Sie betreten eine Zone, in<br />
<strong>der</strong> Nachbarn aufeinan<strong>der</strong> aufpassen“,<br />
war an <strong>der</strong> Nebenstraße zum Haus meiner<br />
Schwiegereltern in Oklahoma City/<br />
USA zu lesen. Als Warnung für alle, die<br />
Böses im Schilde führen. – Ein schönes<br />
Beispiel für eine funktionierende Zivilgesellschaft.<br />
Ja, Menschen vertrauen einan<strong>der</strong> gerne<br />
und mit schönen Resultaten. Vor allem<br />
dort, wo hohe soziale Kontrolle ausgeübt<br />
wird, wo man einan<strong>der</strong> kennt und am Leben<br />
<strong>der</strong> Nachbarn Anteil nimmt. Anonymität<br />
hingegen zerstört die Bereitschaft <strong>der</strong><br />
Menschen zu Einfühlung und Kooperation.<br />
Auch Reichtum scheint zu isolieren und<br />
Angst zu för<strong>der</strong>n. Reiche bauen eher<br />
hohe Mauern und statten ihre Anwesen<br />
mit Kameras aus. Sie verlassen sich nicht<br />
auf aufmerksame Nachbarn, fürchten geradezu<br />
<strong>der</strong>en Neid.<br />
Könnte unser relativer Reichtum vielleicht<br />
mit ein Grund sein für die Zunahme depressiver<br />
Erkrankungen in den letzten<br />
Jahrzehnten?<br />
Wir sind voller Angst und voller Sehnsucht<br />
nach Geborgenheit und ringen um<br />
Vertrauen. Hier sind „Begegnungszonen“<br />
hilfreich: Gemeinsam pflanzen, tanzen,<br />
kochen, mit Kin<strong>der</strong>n spielen, lachen, freiwillige<br />
Arbeit leisten … und bei Streit das<br />
Gemeinsame suchen.<br />
Unlängst im Großraumabteil eines überfüllten<br />
Schnellzugs – eine einzige multikulturelle<br />
Begegnungszone. Ein junger<br />
Mann mit „offensichtlichem Migrationshintergrund“<br />
bemerkt den älteren Mitbürger,<br />
erhebt sich sofort und überlässt<br />
ihm seinen Platz. Die teils studentisch<br />
aussehenden, in ihre Smartphones und<br />
Tabletts vertieften „offensichtlichen ÖsterreicherInnen“<br />
hingegen bleiben sitzen.<br />
Es war keine Frage, wer in dem Waggon<br />
am ehesten etwas für den Zusammenhalt<br />
<strong>der</strong> Gemeinschaft geleistet und somit einem<br />
geglückten Mensch-Sein entsprochen<br />
hatte.<br />
Genau darum geht es! Um die kleinen<br />
Dinge, die in Summe das gute Leben ausmachen.<br />
Walter Steindl leitet das<br />
Emmaus-Wohnheim am Kalvarienberg<br />
in St. Pölten.
12 | Portrait<br />
Aus nach 27 Jahren<br />
Mit 60 wechselt Susanne Gruber ihren Arbeitgeber<br />
von Christian Veith<br />
Nach 27 Jahren Emmaus hat Susanne<br />
Gruber ihren 60. Geburtstag genützt<br />
und ist Ende Oktober in den – wie es<br />
immer heißt – „wohlverdienten“ Ruhestand<br />
getreten. Wohlverdient mit Sicherheit, aber<br />
ob von Ruhestand die Rede sein kann bei<br />
zwei süß-unschuldigen Enkerln im Kin<strong>der</strong>gartenalter?<br />
De Facto heißt das wohl eher<br />
„Arbeitgeberwechsel“ …<br />
Mit einer kleinen Feier im Saftbeisl des<br />
Wohnheims Herzogenburger Straße<br />
wurde Susanne ehrenvoll verabschiedet.<br />
Zugegen war eine illustre Schar (ehemaliger)<br />
Gäste sowie Kolleginnen und Kollegen<br />
aus verschiedenen Emmaus-Einrichtungen.<br />
Mitgebracht hatte Susanne ihre<br />
beiden Töchter nebst Enkerln und ein<br />
kulinarisches Großaufgebot, für dessen<br />
Präsentation <strong>der</strong> Fitnessraum des Männerwohnheims<br />
herhalten musste.<br />
Foto: Böswart<br />
Susannes Emmaus-Stationen waren <strong>der</strong><br />
Kalvarienberg und danach das Wohnheim<br />
in <strong>der</strong> Herzogenburger Straße –<br />
nichts als Männer also hüben und drüben<br />
… Dass sie nach Jahren am Kalvarienberg<br />
einfach von <strong>der</strong> Herzogenburger Straße<br />
„abgeworben“ wurde, schmerzt die<br />
„Bergler“ offensichtlich noch heute ... Ja,<br />
ja, man soll die hausinterne Konkurrenz<br />
auch in einem Sozialunternehmen nie unterschätzen<br />
…<br />
Begonnen hat Susanne übrigens ohne<br />
einschlägige Ausbildung (damals noch<br />
möglich) als Köchin und erwarb dann berufsbegleitend<br />
sämtliche Weihen <strong>der</strong> höheren<br />
Sozialarbeit quasi nebenbei. Nicht<br />
erst während <strong>der</strong> Feier wurde schnell klar,<br />
dass Susanne nicht nur den Respekt „ihrer“<br />
Wohnheim-Männer erworben, son<strong>der</strong>n<br />
auch ihre Herzen erobert hatte.<br />
Eines ist sicher, liebe Susanne, Emmäuse<br />
und Gäste werden deine ruhige, aufmerksame,<br />
herzliche und bescheidene Art sehr<br />
vermissen. (Aber insgeheim hoffen wir ja<br />
doch, dass du dich im Ruhestand fürchterlich<br />
langweilen, deine Enkerln bei einer<br />
Leihoma anbringen und irgendwann<br />
„freiwillig“ wie<strong>der</strong> zu uns zurückkehren<br />
wirst.<br />
Liebe Susanne, alles Gute und Gottes Segen<br />
für deinen neuen Lebensabschnitt,<br />
wünschen dir<br />
Deine Emmäuse<br />
Foto: Sanhajietis/shutterstock.com
O Herr,<br />
Angesichts meines großen Reichtums an Lebensweisheit<br />
scheint es bedauerlich, nicht alles nützen zu können,<br />
aber du weißt, Herr,<br />
dass ich schließlich doch ein paar Freunde behalten möchte.<br />
Bewahre mich<br />
vor <strong>der</strong> Aufzählung endloser Einzelheiten<br />
und hilf mir,<br />
die Dinge auf den Punkt zu bringen.<br />
Lehre mich zu schweigen<br />
über meine Krankheiten und Beschwerden.<br />
Sie nehmen zu –<br />
und die Lust, sie zu beschreiben,<br />
wächst von Jahr zu Jahr.<br />
Ich wage es nicht, um so viel Gnade zu bitten,<br />
dass ich die Erzählungen an<strong>der</strong>er über ihre Schmerzen<br />
mit Freuden anhöre,<br />
aber hilf mir,<br />
diese mit Geduld zu ertragen.<br />
Gebet einer Ordensfrau<br />
aus dem 17. Jahrhun<strong>der</strong>t (Teil 2)
14 | Betriebe Viehofen<br />
Handgefertigtes<br />
aus den Emmaus-Werkstätten<br />
für die dunkle Jahreszeit<br />
Es weihnachtet sehr …<br />
Die Wachskerze mit dem schlichten weihnachtlichen Motiv<br />
bringt Stimmung ins Wohnzimmer. Ideal auch als kleines<br />
Geschenk o<strong>der</strong> Mitbringsel.<br />
Preis: 6,60 Euro<br />
O du fröhliche …<br />
Ganz neu ist die Emmaus Weihnachtskrippe!<br />
Sie ist schlicht und gleichzeitig elegant.<br />
Unter dem Stalldach mit dem<br />
Stern von Bethlehem<br />
finden Maria, Josef<br />
und das Jesuskind<br />
in <strong>der</strong> Krippe<br />
Platz.<br />
Preis: 25 Euro
Betriebe Viehofen | 15<br />
Herzerwärmend<br />
Ebenfalls neu ist unser Brennholzstän<strong>der</strong><br />
in Herzform. Aus Holz gefertigt,<br />
strahlt er Gemütlichkeit und Wärme<br />
aus. So befindet sich das Feuerholz<br />
stets griffbereit neben Ihrem Kamin.<br />
Preis: 25 Euro<br />
Erhältlich beim St. Pöltner Adventmarkt am<br />
Rathausplatz. Der Brennholzstän<strong>der</strong> kann<br />
nicht verschickt werden!<br />
Achtung!<br />
Aufgrund baulicher Maßnahmen ist <strong>der</strong> KunstHandWerk-Verkauf in Viehofen bis auf<br />
weiteres geschlossen! Emmaus Kunsthandwerk können Sie jedoch je<strong>der</strong>zeit im Emmaus<br />
Online-Shop – shop.emmaus.at – sehen und erwerben.<br />
Die nächsten Verkaufstermine:<br />
23.11.–23.12. Rathausplatz St. Pölten<br />
Öffnungszeiten:<br />
Mo-Do 15–20 Uhr<br />
Fr 13–20 Uhr<br />
Sa 11–20 Uhr<br />
Feiert./So 13–20 Uhr<br />
01./02.12. Adventmarkt „So schmeckt NÖ“ – Palais Nie<strong>der</strong>österreich/Wien<br />
08.12. Emmaus Adventmarkt in Viehofen<br />
08.–10.12. Adventmarkt Böheimkirchen<br />
15.–17.12. Adventmarkt Schallaburg<br />
Fotos: Emmaus; Grafik: Designed by Freepik
16 | Emmaus<br />
Neue Wege für ein besseres Leben<br />
Die Tagesstätte Viehofen Projekt&Design<br />
Oftmals sind es arbeitstherapeutische Maßnahmen, die am Beginn <strong>der</strong> rehabilitativen<br />
Versorgungskette zur Reintegration von Menschen in beruflicher wie auch<br />
psychosozialer Hinsicht stehen.<br />
von Hubert Pilgram<br />
Chronologie<br />
2007: Start <strong>der</strong> Arbeitstherapie Viehofen<br />
mit wenigen Betreuungsplätzen und einer<br />
Mitarbeiterin in den Räumlichkeiten<br />
<strong>der</strong> Emmaus-Tischlerei<br />
2008–2013: Stetige Aufstockung von Betreuungsplätzen<br />
und MitarbeiterInnen<br />
sowie Ausweitung <strong>der</strong> Räumlichkeiten. In<br />
die historische Kuppelhalle kommt eine<br />
Textilgruppe mit 9 Tagesstättenplätzen<br />
hinein. Ein geräumiges Gästezentrum<br />
entsteht.<br />
2013–2016: Die Keramik- und die Kreativgruppe<br />
mit 17 Tagesstättenplätzen entstehen.<br />
Arbeit und Struktur, Selbstwert, Vitalität<br />
und Standhaftigkeit in unserer<br />
Gesellschaft sind Bedürfnisse, die<br />
nicht selbstverständlich sind, aber grundlegend<br />
notwendig. In <strong>der</strong> Arbeitstherapie<br />
erleben wir bei vielen Menschen das<br />
Fehlen dieser Umstände, ausgelöst durch<br />
seelisch/psychische o<strong>der</strong> körperliche Verletzungen.<br />
In diesen Defiziten begleiten<br />
wir unsere Gäste und erarbeiten mit ihnen<br />
gemeinsam neue Wege im sozialen wie im<br />
beruflichen Kontext. So entsteht Vertrauen,<br />
und es wird möglich, miteinan<strong>der</strong> zu kommunizieren<br />
– Voraussetzung für eine nachhaltige<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Lebenslagen<br />
<strong>der</strong> TeilnehmerInnen. Eine wichtige Rolle<br />
dabei spielt die Expertise des Betreuungspersonals<br />
und die Vernetzung nach außen.<br />
2017: Derzeit werden 38 KlientInnen in<br />
4 Werkgruppen von 11 hauptamtlichen<br />
MitarbeiterInnen begleitet und betreut.<br />
Dazu kommen 4 Zivildiener. Alle Emmaus-Tagesstätten<br />
gemeinsam verfügen<br />
an verschiedenen Standorten <strong>der</strong>zeit<br />
über 123 Tagesstättenplätze.<br />
Hubert Pilgram arbeitet seit 2008 bei Emmaus<br />
in <strong>der</strong> Arbeitstherapie. Seit 2014 ist<br />
er Bereichsleiter <strong>der</strong> Tagesstätte Viehofen<br />
Projekt&Design.<br />
Foto: Böswart
Emmaus | 17<br />
„Gottesliebe ohne Nächstenliebe wird zur Farce …“<br />
Mario Bratek, Novize bei den „Oblaten des hl. Franz von Sales“,<br />
über sein Praktikum bei Emmaus<br />
Im April 2017 haben Novizen aus ganz Österreich eine Woche in St. Pölten verbracht.<br />
In dieser Woche besuchte uns Karl Rottenschlager und stellte Emmaus vor.<br />
Ich war beson<strong>der</strong>s<br />
berührt, als<br />
Herr Rottenschlager<br />
über<br />
Seelsorge im<br />
Gefängnis<br />
sprach, wie<br />
er versucht<br />
hatte, allen<br />
Gefangenen mit Liebe zu begegnen: „Die<br />
Liebe Gottes verwirft niemanden, son<strong>der</strong>n<br />
gibt je<strong>der</strong> Person die Möglichkeit<br />
und Kraft, wie<strong>der</strong> aufzustehen und weiterzugehen.“<br />
Das sei <strong>der</strong> erste Impuls für<br />
die Gründung von Emmaus St. Pölten gewesen.<br />
Mein Beweggrund für das einmonatige<br />
Praktikum bei Emmaus war vor allem die<br />
Liebe zu den Menschen. Ich möchte speziell<br />
für diejenigen da sein, die Hilfe, Hoffnung<br />
und Liebe suchen.<br />
Die zentrale Botschaft Jesu lautet: „Was<br />
ihr den geringsten meiner Geschwister<br />
tut o<strong>der</strong> verweigert, tut o<strong>der</strong> verweigert<br />
ihr mir“ (Mt. 25). Ohne praktizierte Nächstenliebe<br />
wird Gottesliebe also zur Farce.<br />
Christlich-humanistisches<br />
Menschenbild<br />
Dieser Monat bei Emmaus hat mir noch<br />
mehr bestätigt, dass je<strong>der</strong> Mensch auf<br />
seine Weise beson<strong>der</strong>s ist. Vor allem in<br />
<strong>der</strong> Arbeit von Emmaus-BetreuerInnen<br />
mit Gästen habe ich gesehen, wie wichtig<br />
es ist, Menschen zu mögen und eine<br />
Vertrauensbasis zu ihnen herzustellen.<br />
Das ist die Voraussetzung für erfolgreiches<br />
Arbeiten mit Menschen. Auch wurden<br />
kritische Situationen deeskaliert bzw.<br />
diesen vorgebeugt.<br />
Um den Menschen zu verstehen ist es<br />
notwendig, seine Hintergründe miteinzubeziehen<br />
und sein gesamtes Umfeld mit<br />
all seinen bisherigen Erlebnissen und Erfahrungen<br />
zu sehen.<br />
Emmaus ist ein Ort des Friedens und <strong>der</strong><br />
Wärme, wo sich jede/r wie zu Hause fühlt.<br />
Alle im Emmaus-Team kommunizieren<br />
aufmerksam mit den Gästen, voller Geduld<br />
und Wärme. Zu je<strong>der</strong> Zeit besteht<br />
Bereitschaft für Gespräche.<br />
Jesus sagt: „Wir sollen barmherzig sein<br />
wie unser Vater im Himmel“ (Lk. 6,36).<br />
Dazu braucht es konkrete Gesten, Handlungen<br />
und Taten. Genau diese „Werke<br />
<strong>der</strong> Barmherzigkeit“ habe ich bei Emmaus<br />
gefunden.<br />
Beson<strong>der</strong>s bedanke ich mich bei Hubert,<br />
Andrea und dem ganzen Team von Projekt&Design<br />
für das tolle und abwechslungsreiche<br />
Praktikum. Emmaus und das<br />
ganze Team bleiben ein wichtiger Teil von<br />
mir!<br />
Foto: Veith
18 | Emmaus<br />
Infonachmittag für Emmaus-Freiwillige<br />
Unter dem Motto „Anpacken und aufhelfen“<br />
fand ein Infonachmittag für neue freiwillige MitarbeiterInnen<br />
statt. Eine Dame und vier Herren<br />
unterstützen seit kurzem das Verkaufsteam,<br />
das Wohnheim Kalvarienberg, das Wohnheim<br />
Herzogenburger Straße und den Altwarenhandel.<br />
Es gab Wissenswertes zur Geschichte von<br />
Emmaus, die verschiedenen Einrichtungen und<br />
Angebote und über die Zielgruppen zu hören.<br />
Außerdem bot <strong>der</strong> Nachmittag den neuen<br />
Freiwilligen die gute Gelegenheit, sich auch<br />
gleich untereinan<strong>der</strong> kennenzulernen und miteinan<strong>der</strong><br />
auszu tauschen. Willkommen in <strong>der</strong><br />
großen Emmausfamilie!<br />
V.l.n.r.: Atef Zakhel*, Gerti Wallenböck,<br />
Michaela Madl*, Gerhard Eichinger*,<br />
Karl Langer, Walter Steindl, Burkhard<br />
Poschwatta*, Franz Deimel, Rudolf<br />
Bernoth*<br />
(* die „Neuen“) Foto: Strobl<br />
Möchten Sie freiwillig bei Emmaus mitarbeiten?<br />
Egal ob Sie wöchentlich nur eine halbe Stunde Zeit haben o<strong>der</strong> einen Vormittag pro<br />
Woche o<strong>der</strong> Monat. Alles ist möglich! Wir bieten Ihnen dazu ganz unterschiedliche<br />
Möglichkeiten <strong>der</strong> Mitarbeit.<br />
Aktuell gibt es Bedarf an MitarbeiterInnen für die Verkaufsbazare, die Brotabholung,<br />
an KöchInnen für die CityFarm und für BegleiterInnen unserer Gäste zu Ämtern und<br />
bei Ausflügen.<br />
Näheres Informationen: Jutta Strobl, 0676 / 88 6 44 - 636, jutta.strobl@emmaus.at<br />
Foto: tai11/shutterstock.com
Emmaus | 19<br />
CityFarm – Gemüseernte im Winter<br />
Erstmals bin ich im Jahr 2008 in meiner Auszeit in Neuseeland auf den Amerikaner<br />
Eliot Coleman gestoßen. Er baut im relativ kalten US-Bundestaat Maine Gemüse im<br />
Gewächshaus an – im Winter und ohne Heizung …<br />
von Hans Kogler<br />
Fotos: Kogler<br />
Einige Jahre später sah ich diese Idee<br />
am Zinsenhof – <strong>der</strong> Außenstelle <strong>der</strong><br />
Gartenbauschule Schönbrunn – verwirklicht.<br />
Vor fast zwei Jahren war dann<br />
<strong>der</strong> alte Folientunnel <strong>der</strong> CityFarm endgültig<br />
kaputt, und wir errichteten nach<br />
diesen Kriterien ein mo<strong>der</strong>nes fahrbares<br />
Gewächshaus. Es bedeckt eine Fläche von<br />
300 m 2 , steht auf Schienen und kann von<br />
einem Traktor zu drei Positionen verschoben<br />
werden.<br />
Wie ist Gemüseanbau und -ernte im Winter<br />
ohne Heizung möglich?<br />
Im September säen wir frostharte Salate<br />
wie Vogerl- und Asiasalate sowie Spinat,<br />
Radieschen, Winterzwiebel etc. an. Im<br />
Herbst wachsen die Kulturen noch gut<br />
an, unser Rollhaus wird dann im Oktober<br />
vor Frostbeginn darüber geschoben. Im<br />
Winter gefrieren diese frostverträglichen<br />
Kulturen nachts, tagsüber steigt die Temperatur<br />
durch die Sonneneinstrahlung<br />
zumeist stark an. Die Salate tauen unbeschadet<br />
auf und werden geerntet. So ist<br />
nicht nur für Vitamine gesorgt, son<strong>der</strong>n<br />
auch für genügend Winterarbeit in <strong>der</strong><br />
vegetationsarmen Zeit.<br />
Im zeitigen Frühjahr werden dann frühe<br />
Kopfsalatsorten und Kohlrabi vorgezogen<br />
und bereits im März ausgepflanzt.<br />
Das Rollhaus wird über diese Fläche verschoben.<br />
Durch den Schutz und die damit<br />
verbundene Sammlung <strong>der</strong> Sonneneinstrahlung<br />
sind die ersten Salate bereits<br />
ab April reif.<br />
Am dritten Standort des Rollhauses kommen<br />
ab Mai die ebenfalls von uns vorgezogenen<br />
Sommerkulturen wie Paradeiser,<br />
Paprika, Pfefferoni, Melanzani, Gurken<br />
etc. in die Erde. Das Gewächshaus wird<br />
erneut verschoben und bleibt hier solange<br />
stehen, bis wie<strong>der</strong> die Winterkulturen<br />
eine geschützte Umgebung brauchen –<br />
<strong>der</strong> Kreislauf beginnt von vorne.<br />
Durch das Versetzen des Rollhauses im<br />
Jahresverlauf entsteht eine Fruchtfolge.<br />
Dieser Fruchtwechsel und natürliche Bewässerung<br />
auf <strong>der</strong> gerade nicht genutzten<br />
Fläche sorgen für ein gesün<strong>der</strong>es<br />
Wachstum <strong>der</strong> Kulturpflanzen.<br />
So versorgt das Team <strong>der</strong> CityFarm die<br />
eigene Betriebsküche fast das ganze Jahr<br />
und wenn größere Erntemengen anfallen<br />
auch an<strong>der</strong>e Emmaus-Betriebsküchen.<br />
Hans Kogler ist Bereichsleiterstellvertreter<br />
<strong>der</strong> Emmaus CityFarm.
20 | Antlas<br />
Würdevoll leben im Einklang mit <strong>der</strong> Natur<br />
Antlashof in Hofstetten-Grünau offiziell eröffnet<br />
Seit Dezember 2016 finden psychisch kranke Menschen ab 15 Jahren am Antlashof<br />
in Hofstetten-Grünau professionelle Hilfe. Am Samstag, dem 16. September, fand<br />
die offizielle Eröffnung <strong>der</strong> Einrichtung statt.<br />
Seit Generationen befindet sich <strong>der</strong><br />
Antlashof in Hofstetten-Grünau im<br />
Familienbesitz. Schließlich übernahm<br />
<strong>der</strong> heutige Antlas-Geschäftsführer<br />
Roland Hammerschmid den Bauernhof<br />
seiner Familie. Als ausgebildeter Sozialpädagoge<br />
mit langjähriger Berufserfahrung<br />
im Sozialbereich wusste er über Engpässe<br />
Bescheid und wollte Abhilfe schaffen.<br />
„Vor ungefähr vier Jahren zeigte sich<br />
immer häufiger <strong>der</strong> Bedarf nach kleinen<br />
Einrichtungen für psychisch Kranke jeden<br />
Alters, und ich begann über mögliche<br />
Lösungsvorschläge nachzudenken“, erinnert<br />
sich Roland. Auf dem elterlichen Hof<br />
entstand ein Zubau, <strong>der</strong> seit Dezember<br />
2016 Heimat von bis zu zwölf Menschen<br />
mit psychischen Beeinträchtigungen ist.<br />
Roland: „Durch die Einbindung in landwirtschaftliche<br />
Tätigkeiten sollen unsere<br />
Gäste die Kreisläufe <strong>der</strong> Natur miterleben<br />
und spüren. So werden Zusammenhänge<br />
sichtbar und die Natur kann zusätzlich<br />
zur gesundheitlichen Stabilisierung beitragen.“<br />
Green Care-Zertifizierung<br />
Gleichzeitig mit <strong>der</strong> Eröffnung wurde auch<br />
die bestandene Zertifizierung als „Green<br />
Care – wo Menschen aufblühen“-Betrieb<br />
bekanntgegeben. Die Zertifizierung betrifft<br />
die Bereiche „Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
am Hof“, „Tagesstruktur am<br />
Antlas-GF Roland Hammerschmid und Soziallandesrätin<br />
Barbara Schwarz.<br />
Foto: Antlas<br />
Bauernhof“ und „Wohnen am Bauernhof“.<br />
Die Bewohnerinnen und Bewohner können<br />
am Antlashof in <strong>der</strong> Landwirtschaft<br />
in allen Bereichen mitarbeiten.<br />
„Gerade Menschen mit psychischer Beeinträchtigung<br />
brauchen qualitativ hochwertige<br />
Hilfe in einem Umfeld, in dem sie<br />
sich wohlfühlen können und gleichzeitig<br />
beste Betreuung finden“, sagte Robert<br />
Fitzthum, Obmann des Vereins Green<br />
Care Österreich. Von Seiten <strong>der</strong> Landesregierung<br />
nahm Landesrätin Barbara<br />
Schwarz an den Eröffnungsfeierlichkeiten<br />
teil. „Hier am Antlashof finden die Anwesenden<br />
professionelle Betreuung vor und<br />
können ein würdevolles Leben im Einklang<br />
mit <strong>der</strong> Natur erleben. Zwei wertvolle<br />
Kriterien auf dem Weg in die psychische<br />
Stabilität und eine selbstbestimmte<br />
Lebensweise.“
SOMA | 21<br />
Davon hat je<strong>der</strong> was<br />
SOMA St. Pölten feierlich eröffnet<br />
Am 11. Oktober fand die offizielle Eröffnung des St. Pöltner SOMA (=Sozialmarkt)<br />
in <strong>der</strong> Eybnerstraße 13 statt. Dieser SOMA ist zugleich <strong>der</strong> größte und am stärksten<br />
frequentierte von SAM NÖ.<br />
Beim Fest anwesend waren VertreterInnen<br />
<strong>der</strong> För<strong>der</strong>geber AMS und<br />
Land NÖ - Mag. Karl Fakler für das<br />
AMS, Soziallandesrätin Barbara Schwarz<br />
für das Land NÖ. Ferner <strong>der</strong> St. Pöltner<br />
Bürgermeister Mag. Matthias Stadler und<br />
sein Stellvertreter Ing. Franz Gunacker.<br />
Als Überraschungsgast kam Bundesministerin<br />
Dr. in Sonja Hammerschmid.<br />
Im neuen Sozialmarkt stehen 600 m² für<br />
den Verkauf von Lebensmitteln sowie<br />
für den Second Hand Bereich zur Verfügung,<br />
<strong>der</strong> nun für alle zugänglich ist. Auf<br />
zusätzlichen 400 m² sind auch Küche,<br />
Kaffeehausbereich sowie Lager- und Büroflächen<br />
untergebracht. Mo, Di, Do und<br />
Fr wird ein Mittagsmenü angeboten.<br />
Mo<strong>der</strong>atorin Sabine Petzl leitete engagiert<br />
und schwungvoll durch den Nachmittag,<br />
während Pfarrer Herbert Reisinger<br />
am Schluss den Markt segnete. Für<br />
die musikalische Umrahmung sorgten<br />
Mario Malidus, Josie Gilits sowie <strong>der</strong><br />
Yunichor. Die schmackhaften Gerichte für<br />
das Fest wurden allesamt mit Zutaten aus<br />
den SOMA-Regalen hergestellt.<br />
Lebens-Mittel<br />
Das Kerngeschäft von SAM NÖ (=Sozialer<br />
Arbeitsmarkt Beschäftigungs GmbH) besteht<br />
aus zwei Bereichen: Einerseits werden<br />
voll verzehrtaugliche und somit wertvolle<br />
Lebensmittel vor <strong>der</strong> Vernichtung<br />
Süße Genüsse. Zutaten aus den SOMA-Regalen<br />
bürgen für Qualität.<br />
Foto: Veith<br />
bewahrt, in dem Menschen mit wenig<br />
Geld diese kaufen können. An<strong>der</strong>erseits<br />
schafft das Unternehmen Beschäftigung<br />
für langzeitarbeitslose Personen auf ihrem<br />
Weg in den ersten Arbeitsmarkt.<br />
2016 stellten Handel und Industrie über<br />
615 000 kg Lebensmittel und Produkte<br />
des täglichen Bedarfs SOMA St. Pölten<br />
zur Verfügung. 2016 nahmen über<br />
47 500 KundInnen (=182 KundInnen pro<br />
Tag) das Angebot in Anspruch. In den<br />
letzten 13 Jahren konnten über 4 600<br />
PassbesitzerInnen günstig einkaufen.<br />
Öffnungszeiten:<br />
MO, DI, DO | 10:00-15:00<br />
MI | geschlossen<br />
FR | 10:00-18:00<br />
SA | 10:00-13:00
22 | Buchtipps<br />
Gefangen in Nordkorea. Wie ich im Straflager Gott erlebte<br />
von Kenneth Bae<br />
Brunnen 2017, 384 Seiten, 15,- Euro<br />
Kenneth Bae, geboren in Seoul/Südkorea, lebt in den USA und arbeitet<br />
als Pastor. Bei einer Nordkorea-Reise wird er verhaftet, weil<br />
er missionieren will. Das Urteil: 15 Jahre Arbeitslager. Die US-Regierung<br />
versucht ihn herauszuholen, doch mehrfach scheitert die<br />
Übergabe in letzter Minute. In den 735 Tagen seiner Haft lernt Bae<br />
auf eine ganz neue Art zu glauben. Schließlich wird er sogar zum<br />
Missionar für seine Wächter. Ein überwältigendes Zeugnis, das Mut<br />
macht.<br />
Islam in <strong>der</strong> Krise.<br />
Eine Weltreligion zwischen Radikalisierung und stillem Rückzug<br />
von Michael Blume<br />
Patmos Verlag 2017, 192 Seiten, 19,- Euro<br />
Kaum noch Nachrichten ohne den Islam: Berichte über islamistischen<br />
Terrorismus, die Entwicklung von Parallelgesellschaften in<br />
Europa, die Angst vor Überfremdung u.v.a.m. sind Teil beinahe täglicher<br />
Berichterstattung. Es entsteht <strong>der</strong> Eindruck, dass <strong>der</strong> Islam<br />
selbstbewusst expandiert. Der Religionswissenschaftler Michael<br />
Blume erklärt das Szenario aus einer überraschenden Perspektive:<br />
als Symptom einer tiefen Krise des Islam. Blume geht dem unterschiedlichen<br />
Verständnis von Religion und Staat in christlich und<br />
islamisch geprägten Gesellschaften auf den Grund. Er zeigt die<br />
massiven Säkularisierungsprozesse auch unter Muslimen auf und<br />
benennt die innerislamischen Gründe, die die einstige Hochkultur<br />
in Krisen und Kriege stürzen ließ.<br />
Blume legt mit „Islam in <strong>der</strong> Krise“ ein Buch vor, das vielen gängigen Deutungsmustern<br />
wi<strong>der</strong>spricht. Er schreibt herrlich unaufgeregt, nachvollziehbar, wissenschaftlich<br />
fundiert und geprägt von seinem persönlichen Erleben.<br />
Wer ein Buch über den Islam lesen möchte, das völlig neue Perspektiven eröffnet und<br />
das nicht nur verständlich geschrieben, son<strong>der</strong>n auch herausfor<strong>der</strong>nd, respektvoll<br />
und augenöffnend ist, dem sei dieses Werk empfohlen.<br />
Foto: Cisco Ripac/pixelio.de
Nachruf | 23<br />
Dr. Gisela Frühwald (1926–2017)<br />
Am 5. Oktober 2017 verstarb Frau Primaria Dr. Gisela Frühwald<br />
im 92. Lebensjahr. Sie war die Mutter von Dr. Stefan Frühwald,<br />
<strong>der</strong> viele Jahre als Psychiater bei Emmaus und bei <strong>der</strong> Caritas<br />
arbeitete.<br />
Gisela Frühwald war zunächst Ärztin für Allgemeinmedizin im KH<br />
St. Pölten, die letzten 21 Jahre (1970-1991) ihres Berufslebens leitete<br />
sie dort die Radiologische Abteilung. Damit war sie eine <strong>der</strong><br />
ersten Frauen in Österreich in einer <strong>der</strong>artigen Leitungsfunktion.<br />
Gisela Frühwald hatte einen starken Glauben. Trotz vieler Schicksalsschläge zweifelte<br />
sie auch nur eine Sekunde an Gott. Nie ließ sie sich unterkriegen und war immer<br />
dankbar für alles Positive im Leben. Sie hatte nicht nur ein offenes Ohr für ihre Familie,<br />
son<strong>der</strong>n auch für Freunde, Bekannte und viele Fremde. Sie alle unterstützte sie mit<br />
Taten und Gaben.<br />
Ihre Familie, Freunde und auch Emmaus verlieren mit ihr einen Menschen, <strong>der</strong> vielen<br />
ein Vorbild war und heute noch ist.<br />
Prof. Hans Ströbitzer (1930–2017)<br />
Am 14. Oktober 2017 ist Professor Hans Ströbitzer plötzlich und<br />
unerwartet im 88. Lebensjahr verstorben. Hans Ströbitzer war<br />
Emmaus Zeit seines Lebens zutiefst verbunden. Bereits 1979 (drei<br />
Jahre bevor Emmaus startete) leitete er eine Podiumsdiskussion<br />
in Oberwölbling. Dort sollte ein geplantes Wohnprojekt für Obdachlose<br />
und Haftentlassene vorgestellt werden. Der Info-Abend<br />
endete in einem Tumult und mit einem Pfeifkonzert. Nach 20<br />
Minuten musste Hans Ströbitzer, <strong>der</strong> damals Chefredakteur <strong>der</strong><br />
NÖN war, die Diskussion abbrechen. Doch Chefredakteur Ströbitzer<br />
unterstützte auch weiterhin konsequentest die Anliegen<br />
von Emmaus.<br />
Über die Dompfarre St. Pölten und die NÖN hat Prof. Ströbitzer Emmaus bis zuletzt<br />
mit Interesse begleitet. Die <strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten gedenkt eines Emmaus-Freundes<br />
und großzügigen För<strong>der</strong>ers.<br />
Fotos: zVg
Österreichische Post AG<br />
Sponsoring-Post<br />
Benachrichtigungspostamt<br />
3101 St. Pölten<br />
GZ 02Z033980 S<br />
Wollust<br />
Die „Strickrunde Dorfstetten“ hat wie<strong>der</strong> die Nadeln geschwungen<br />
Drei Damen hoch ist sie – die Abordnung<br />
<strong>der</strong> „Strickrunde Dorfstetten“.<br />
Seit zwei Jahren pünktlich zu<br />
Herbstbeginn beehrt sie die <strong>Emmausgemeinschaft</strong>,<br />
im Gepäck einen großen<br />
Karton an liebevoll handgestrickten und<br />
wärmenden Utensilien für die kalte Jahreszeit:<br />
Mützen, Schals, Decken, Socken,<br />
Hauben, Fäustlinge …<br />
(Be)strickende Damen. V.l.n.r.: Rosemarie<br />
Kamleitner, Martina Gattinger, Heidi Höbart<br />
Foto: Veith<br />
Die 10 Damen <strong>der</strong> Strickrunde haben<br />
ihre Arbeit 2015 aus Lust an <strong>der</strong> Freud<br />
aufgenommen. Von Oktober bis Advent<br />
und von Neujahr bis zur Karwoche wird<br />
einmal pro Woche gemeinsam gestrickt<br />
und sicher auch das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />
dabei ausgetauscht. So soll es sein! Und<br />
die Emmäuse freuen sich wie jedes Jahr<br />
sehr darüber – vielen herzlichen Dank!<br />
Mit finanzieller Unterstützung von<br />
Sparkasse NÖ Mitte-West, IBAN: AT84 2025 6000 0003 8570 | BIC: SPSPAT21<br />
Raiba St. Pölten, IBAN: AT96 3258 5000 0112 9360 | BIC: RLNWATWWOBG<br />
Spenden an die <strong>Emmausgemeinschaft</strong> sind steuerlich absetzbar!<br />
Die Registriernummer <strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong> St. Pölten lautet: SO 1120.