Rundbrief der Emmausgemeinschaft - Ausgabe 04|17
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10 | Thema<br />
Von Mensch zu Mensch<br />
Wie Vertrauen wächst<br />
Wir Menschen haben Angst. Wahrscheinlich spätestens ab den Schrecknissen <strong>der</strong><br />
eigenen Geburt. Das eint uns. Und von diesem Tag an brauchen wir menschliche<br />
Nähe. Das min<strong>der</strong>t den Schrecken. Denn dies waren in aller Regel auch die ersten<br />
Erfahrungen nach <strong>der</strong> eigenen Geburt: in den Arm genommen, berührt und festgehalten<br />
zu werden.<br />
von Walter Steindl<br />
Bis heute macht uns so viel Angst:<br />
Neues, Lautes, Großes … die Zukunft<br />
mit allem Unbekannten sowieso.<br />
Alle Menschen sehnen sich lebenslang<br />
nach Geborgenheit, Sorgen- und Angstfreiheit.<br />
Und Religion soll – ganz allgemein<br />
gesprochen – die Grundangst<br />
bannen und das Vertrauen<br />
stärken. Sie soll helfen, die uns innewohnende<br />
Kooperationsbereitschaft, die<br />
Grund-Ethik, zu entfalten. Sonst ist Religion<br />
unbrauchbar für das gedeihliche<br />
Zusammenleben.<br />
Also gilt: „Gute“ Religion ermuntert ihre<br />
Anhänger, vertrauenswürdig zu werden.<br />
Denn als Getröstete können sie nun<br />
selbst in <strong>der</strong> eigenen Umgebung angstmin<strong>der</strong>nd<br />
agieren.<br />
Uns Menschen eint also auch die Bereitschaft<br />
zur Zusammenarbeit. Nur muss<br />
diese angstbefreit sein und aktiviert<br />
werden.<br />
Was früher die Religionen leisteten,<br />
besorgt jetzt weitgehend <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ne<br />
Staat mit seinen Institutionen. Wir<br />
vertrauen den Gerichten, <strong>der</strong> Zukunftsvorsorge,<br />
dem Gesundheitssystem,<br />
den „Experten“ und sogar noch den<br />
Banken, die unser Geld verwalten, was<br />
zumindest erstaunlich ist. Vertrauen<br />
dämpft unsere Zukunftsangst – o<strong>der</strong><br />
sollte dies tun.<br />
Hier gibt es für unsere demokratische<br />
Gesellschaft ein Problem, das „Böckenförde-Theorem“<br />
genannt wird. Es<br />
zeichnet die paradoxale Situation des<br />
freiheitlichen, säkularisierten Staates:<br />
Einerseits kann dieser nur bestehen,<br />
wenn „sich die Freiheit, die er seinen<br />
Foto: Ildar Sagdejev/wikipedia.com