Rundbrief der Emmausgemeinschaft - Ausgabe 04|17
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Portrait | 5<br />
„An<strong>der</strong>en geht‘s viel schlimmer als mir …“<br />
Das eigentlich ganz normale Leben von Astrid Mayer<br />
Im Dezember 2016 bekommt Astrid Mayer ihren Hund. Aber schon im Mai 2017<br />
stirbt dieser an einer Vergiftung. Für die langjährige Mitarbeiterin <strong>der</strong> Emmaus-Beratungsstelle<br />
Mühlweg ein Schock …<br />
von Christian Veith<br />
Astrid ist dreifache Mutter, sie hat<br />
einen Partner, ist Sozialarbeiterin,<br />
und – sie ist praktisch blind.<br />
Nur noch hell und dunkel kann sie unterscheiden,<br />
irgendwann auch das nicht<br />
mehr. Trotzdem meistert Astrid<br />
ihr Leben mit Humor und<br />
Temperament. Wesentlich<br />
dafür sind seit fast 20<br />
Jahren ihre Führhunde<br />
– ein großer Vorteil zu<br />
einem Blindenstock.<br />
Nach dem Tod ihres<br />
Führhundes fällt<br />
es Astrid schwer, mit<br />
dem Stock zu trainieren.<br />
Psychisch ist<br />
sie angeschlagen<br />
und auf <strong>der</strong> Straße<br />
fühlt sie sich nicht sicher. Zum<br />
Glück begleiten sie AssistentInnen o<strong>der</strong><br />
KollegInnen auf dem Weg von und zur<br />
Arbeit.<br />
„Ein behin<strong>der</strong>ter Mensch braucht Hilfe<br />
und Verständnis. Trotzdem will man<br />
möglichst selbständig sein“, meint Astrid.<br />
Aber: „Es gibt eine Grenze, ab <strong>der</strong> man<br />
auf Unterstützung angewiesen ist.“ Heute<br />
helfen ihr im Büro eine Assistentin und<br />
im Alltag ihr „neuer Freund“, <strong>der</strong> Führhund<br />
Topaz.<br />
Foto: Veith<br />
Zwei, die sich mögen.<br />
Astrid und ihr Führhund Topaz<br />
„Ex-Knackis haben es schwerer<br />
als Behin<strong>der</strong>te“<br />
Astrid könnte sich selbst bedauern o<strong>der</strong><br />
auch in Pension gehen. Aber ihre Arbeit<br />
tut ihr gut, und im Gespräch mit KlientInnen<br />
spürt sie, dass es an<strong>der</strong>en „gesunden“<br />
Menschen oft viel schlimmer<br />
geht als ihr. KlientInnen reden<br />
gerne mit Astrid, gerade<br />
weil sie behin<strong>der</strong>t<br />
ist und daher die Menschen<br />
versteht: „Auch<br />
Arbeitslosigkeit sollte<br />
als eine Form von Behin<strong>der</strong>ung<br />
anerkannt<br />
werden.“ Ähnlich bei<br />
Haftentlassenen: „Die<br />
Menschen haben nur<br />
für Behin<strong>der</strong>te Verständnis,<br />
aber nicht für Ex-Knackis“,<br />
denn die seien ja ‚selbst schuld‘. Im<br />
Gegensatz dazu ist Astrid dafür, Behin<strong>der</strong>ung<br />
und soziale Ausgrenzung gleich zu<br />
bewerten.<br />
„Astrid ist eine vollwertige Mitarbeiterin“,<br />
lobt ihr Chef Max Gebetsberger. „Bei Gesprächen<br />
mit KlientInnen hat sie so vieles<br />
einfach im Kopf, wofür ich immer meine<br />
Unterlagen brauche. Und – sie nimmt die<br />
Menschen einfach an<strong>der</strong>s wahr.“