Rundbrief der Emmausgemeinschaft - Ausgabe 04|17
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durch, wenn er berichtet, dass es sehr<br />
wohl Anfechtungen gab: „Das war, wie<br />
in Comics manchmal dargestellt, wo Engelchen<br />
und Teufelchen abwechselnd auf<br />
einen einreden und je<strong>der</strong> den Sieg davontragen<br />
möchte. Heute weiß ich, dass<br />
ich mich auf jemanden stützen kann, <strong>der</strong><br />
stärker ist als das Verlangen nach Alkohol.<br />
Mir graust inzwischen, wenn ich ihn<br />
nur rieche.“<br />
Ja, richtig zornig sei er, <strong>der</strong> jahrzehntelang<br />
Abhängige, geworden, wenn in seiner<br />
Nähe jemand getrunken habe: „Am liebsten<br />
hätte ich <strong>der</strong> Person das Glas o<strong>der</strong><br />
die Flasche aus <strong>der</strong> Hand geschleu<strong>der</strong>t.<br />
Unlängst ist mir beim Billa ein ehemaliger<br />
Saufkumpan begegnet. Als er mich gefragt<br />
hat, wie es mir gehe, habe ich bloß<br />
geantwortet, dass ich Christ geworden<br />
sei. Da hat er geschaut, ‚echt jetzt?‘, gefragt<br />
und war dann still. Wir haben uns<br />
verabschiedet und das war‘s.“<br />
Glaubensfreude, wie sie meist nur jenen<br />
zu eigen ist, die zuvor das absolute Gegenteil<br />
davon erfahren mussten, leuchtet<br />
in den Augen von Herbert auf, wenn<br />
er von seiner neugewonnenen Freiheit<br />
spricht: „Ich glaube, Gott klopft bei jedem<br />
Menschen so zwei-, dreimal im Leben an<br />
die Tür und möchte eingelassen werden.<br />
Ich habe wohl erst nach dem allerletzten<br />
Klopfen geöffnet.“<br />
Spricht‘s und lacht dabei, wissend, dass<br />
sein zweites Leben vor allem Geschenk<br />
ist.<br />
Kurt Neumeyr (*1975) ist<br />
Religionspädagoge, AHS-Lehrer und<br />
freiwilliger Helfer bei Emmaus St. Pölten.<br />
Veröffentlichung von Kurzgeschichten<br />
und Unterrichtsbehelfen.<br />
Mit-Mensch<br />
Gastgeschichte | 7<br />
von Karl Rottenschlager<br />
Mach`s wie Gott –<br />
werde Mensch!<br />
Jesu Botschaft „Liebt einan<strong>der</strong>,<br />
so wie ich euch<br />
geliebt habe“ fasziniert<br />
die Menschen bis heute.<br />
Nelson Mandela, Martin<br />
Luther King, Erwin Kräutler, Mutter Teresa<br />
und Ruth Pfau haben den Traum, den<br />
Gott mit <strong>der</strong> Menschheitsfamilie träumt,<br />
verwirklicht. Doch auch jede/r von uns ist<br />
ein kleiner Baustein für eine geeinte Welt.<br />
Dem obdachlosen Emanuel mussten aufgrund<br />
von Erfrierungen beide Füße unterhalb<br />
des Knies amputiert werden. Die<br />
Folge: 14 Jahre in Pflegeheimen – für ihn<br />
ein „verpfuschtes“ Leben. Doch Emanuel<br />
resigniert nicht. Er bittet um Aufnahme<br />
bei Emmaus, macht eine Entwöhnungskur<br />
und arbeitet anschließend sechs Jahre<br />
in <strong>der</strong> Emmaus-Tischlerei. Emanuel blüht<br />
richtig auf. Aus dem „Pflegefall“ wird ein<br />
lebensfroher Mensch und zuverlässiger<br />
Arbeitskollege, <strong>der</strong> Wertschätzung erfährt<br />
und geliebt wird. Emanuel findet<br />
Familienanschluss und seelische Wunden<br />
heilen – endlich angstfrei und in Würde<br />
leben! Ehrenamtliche Emmaus-Mitarbeiterinnen<br />
begleiten Emanuel bis zuletzt.<br />
Kurz vor seinem Tod durfte ich Emanuel<br />
noch für alles danken, was er für Emmaus<br />
getan hat. Bei dem Satz von Mutter Teresa<br />
„Wir müssen keine Angst haben<br />
– Sterben ist immer Heimgang“ lag ein<br />
sanftes Lächeln auf seinem Gesicht. Vor<br />
wenigen Wochen ist Emanuel versöhnt<br />
heimgegangen zu Gott.<br />
Foto: Böswart