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Gerd_Dengler_WOW_02

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W O W<br />

Wiesbach observiert die Welt<br />

des Eies<br />

Heft 2<br />

Juli 2015<br />

Quint Edition


W O W<br />

Wiesbach observiert die Welt<br />

des Eies<br />

Ob nun Henne oder Ei / zuerst dagewesen sei / geht am eitlen Gockel voll vorbei<br />

„... es mutet in der Tat ein wenig österlich an, aber aufgrund des April-haften Wetters (hier schüttet es schon<br />

wieder) und Deiner subversiven Ader passt es durchaus.“ Florian D., Hauptstadtkorrespondent <strong>WOW</strong><br />

<strong>WOW</strong><br />

Warum im Juli Eier Thema sind<br />

weiß außer mir vielleicht ein Kind<br />

Der Leser mag nun spekulieren<br />

muss aber weder resignieren<br />

noch muss er die Geduld verlieren<br />

Wie meist – wie jeder von uns weiß –<br />

hat große Kunst erst ihren Preis<br />

wenn ihr Geheimnis niemand kennt<br />

So ist schon lange hier der Trend<br />

Zeigt erst der Markt sein Interesse<br />

folgt mit Elogen auch die Presse<br />

das Publikum gar nichts begreift<br />

ist große Kunst herangereift<br />

<strong>WOW</strong><br />

<strong>WOW</strong><br />

© Quint Edition<br />

gerd-dengler.com<br />

Juli 2015 Heft 2<br />

Mitarbeit:<br />

Georg Flegel,<br />

René Magritte,<br />

William Hogarth,<br />

Peter Carl Fabergé,<br />

Constantin Brancusi<br />

Repros: Christoph Vohler,<br />

Stevie Casino & net<br />

Korrespondenz:<br />

A., F., & K. <strong>Dengler</strong>, T. Polt<br />

Druck: Gunter Wenzel<br />

Bilder & Reime:<br />

<strong>Gerd</strong> <strong>Dengler</strong><br />

<strong>WOW</strong><br />

Am Frühstückstisch ein weiches Ei<br />

Pfeffer, Salz sind auch dabei<br />

So kann der Juli gut beginnen:<br />

Schauen wie die andren spinnen<br />

Heft 2 Juli 2015<br />

Quint Edition


Die Salmonella Typhimurium<br />

schwimmt gern im rohen Ei herum<br />

<strong>WOW</strong><br />

Ministerin der CSU<br />

mahnt Bevölkerung zur Ruh’<br />

Drei Herzen wohnen - ach -<br />

in meiner Brusr<br />

Lust - Liebe - Frust<br />

Bayern<br />

Ist auch Ulrike jung und blond<br />

deshalb noch lang nicht hinterm Mond<br />

In Bayern laufen Hühner frei<br />

von klein auf – schon als als Spiegelei<br />

ei Ei EI<br />

<strong>WOW</strong><br />

Ende Juni 2015<br />

Die Herzen wohnen - ach -<br />

in meinem Stamm<br />

groß - schwarz - klamm<br />

<strong>WOW</strong>


Die Braunelle<br />

legt auf die Schnelle<br />

nochmal zwei Eier in ihr Nest<br />

denn mit Brunello war’s ein Fest<br />

Statt die vielen Mücken wegzufangen<br />

fröhnt sie schon wieder dem Verlangen<br />

das der Vögel Art:<br />

ständig wird gepaart<br />

Anfang Juli ist’s so heiß<br />

dass auch der Orthograph nicht weiß<br />

ob der Genetiv des Eies<br />

(gesprochen gleicht er dem des Eis’)<br />

bei solcher Hitze darauf weist<br />

dass er gerne wird verspeist<br />

Fürst Pücklers Art zu komponieren<br />

könnte schließlich suggerieren<br />

dass gewisse Farben harmonieren<br />

man könnte es ja ausprobieren<br />

black white und red zu kombinieren<br />

Kann man es als Erfolg verbuchen:<br />

Friede Freude Eierkuchen<br />

Sind die Jungen ausgekrochen<br />

bin ich längst schon ganz zerstochen<br />

hab alle Mücken tot gequetscht<br />

Braunelle, so, das hast du jetzt!<br />

4.Juli<br />

Hoch Annalie, 40° C


Georg Flegel, Imbiss mit Spiegeleiern, um 1600<br />

Von Georg Flegel kann man lernen<br />

mehr als von Köchen mit drei Sternen<br />

was das Spiegelei betrifft<br />

(vergessen wir den Zeichenstift)<br />

Mir ist’s vor Jahren schon gelungen<br />

Hier das Rezept für Schlemmerzungen:<br />

Mit Butter angebraten von zwei Seiten<br />

muss man die Dinger zubereiten<br />

Dazu eine Semmel auf den Tisch<br />

natürlich knusprig resch und frisch<br />

Ganz wichtig ist dazu der Wein<br />

ein herber Weißer muss es sein<br />

Optisch-olfaktorische Finesse<br />

(keineswegs als Petitesse):<br />

Die rote Nelke in der Vase<br />

harmoniert zum Wein im Glase<br />

(Gilt für Gaumen Auge Nase)<br />

Auf Georg Flegel einen Toast<br />

Lieber Georg dreimal Prost!<br />

Jahresausstellung – Akademie<br />

ein Spektakel wie noch nie<br />

Viel Event und installiert<br />

alle Grenzen ausprobiert<br />

Videoten allenthalben<br />

viel Gerät aus Baumarktalben<br />

Sogar der Pinsel kommt zu Ehren<br />

um Objektkunst zu vermehren<br />

Endlich sind vorbei die Qualen<br />

um ein schlichtes Bild zu malen<br />

René Magritte, La Clairvoyance, 1936<br />

Auch wenn René den Kopf verdreht<br />

sieht man doch gleich worum es geht:<br />

Er malt hier streng nach der Natur<br />

(was das betrifft da ist er stur)<br />

Ornithologisch ganz perfekt<br />

begreift er was im Ei drin steckt<br />

Malt ab was erst die Zukunft bringt<br />

man hört fast wie der Vogel singt<br />

Mich persönlich stört hier nur<br />

Magrittes gelackte Haarfrisur<br />

Hat auch den dunklen Anzug an<br />

woran ich klar erkennen kann<br />

René geht heute abends aus<br />

(Gattin Georgette ist nicht zuhaus)<br />

Ich lad ihn ein zu einem Bier<br />

wie ich ihn kenne werden’s vier<br />

18. - 26.07.15


Auch im heissen Sommerloch<br />

schlagen Wogen meterhoch:<br />

Eine Genderdiskussion<br />

dreht sich um verlornen Sohn –<br />

Kann es nicht die Tochter sein<br />

die erlitt die große Pein?<br />

Die Bibel wäre machohaft<br />

weil sie nur Männerbilder schafft<br />

Insbesonders um zu melden:<br />

große Taten sind von Helden<br />

Die berühmte Lisa Sinn<br />

große Filmemacherin<br />

hat nun einen Film gedreht<br />

In dem es eben darum geht<br />

wie ein armes Töchterlein<br />

endlich findet wieder heim<br />

Der geile Titel dieses Streifens<br />

beendete die Zeit des Keifens:<br />

Daughter Mother just combined<br />

Da hat sogar das Huhn geweint<br />

Tagungen als Marathon<br />

Und das seit vielen Jahren schon<br />

Es geht um Griechen – nein um Geld<br />

denn das allein regiert die Welt<br />

Der Tsipras hat ein rotes Ei<br />

in Brüssel als Geschenk dabei<br />

Der Schäuble aber mag kein Rot<br />

es herrsche absolutes Rotverbot<br />

Da fährt der Tsipras wieder heim<br />

rührt schwarze Farbe an mit Leim<br />

Mit der wird er das Ei bemalen<br />

bis kohlschwarz sind die Schalen<br />

Das Schwarz gefällt dem Schäuble sehr<br />

er fordert aber davon mehr<br />

Auch innerlich soll Schwärze herrschen<br />

Europa trage Schwarz im Herzen<br />

So wird verhandelt bis zum Morgen<br />

Es verdichten sich die Sorgen<br />

EU wird erst den Griechen borgen<br />

wenn wirklich alle schwarz geworden


Man kann in Tempeln zu Athen<br />

noch manch faule Eier sehn<br />

Die meisten sind schon in der Schweiz<br />

die hat für Euros großen Reiz<br />

Griechen-Götter haben Villen<br />

lassen nachts auf Jachten grillen<br />

Der arme Grieche aber denkt<br />

den Göttern hat es Gott geschenkt<br />

Ich gebe keine Eier her<br />

Ich klaue lieber noch viel mehr<br />

Jeder der Gott Eier stahl<br />

erlitt dafür einst Höllenqual<br />

Das gilt in alle Ewigkeit<br />

Lieber Grieche – tut mir leid


Ehrentumba von<br />

Seyfried Schweppermann<br />

in Kastl<br />

Radierung von<br />

William Hogarth, 1752<br />

„Jedem Mann ein Ei,<br />

und dem braven Schweppermann zwei“<br />

Probleme sind zum Lösen da<br />

wie es schon Kolumbus sah<br />

William Hogarth hat’s radiert<br />

der freche Hund hat spioniert<br />

Ein Familienbild mit Rahmen<br />

darauf zu sehen sind zwei Damen<br />

Ich heiße Magdalena Ei<br />

bin die Dame Nummer zwei<br />

Unser Vater Star hat uns belogen<br />

ist nämlich flugs davongeflogen<br />

Mutter sitzt am Stiel und hütet<br />

statt dass sie ihre Eier brütet<br />

Meine Brüder haben’s schwer<br />

schwitzen in der Pfanne sehr<br />

Schade um das schöne Bild<br />

das als museumswürdig gilt<br />

Ich ahne schon die Katastrophe<br />

weil die Schale diese doofe<br />

mich wie Stahlbeton einengt<br />

wohl niemand an die Magda denkt<br />

Komm ich aus dem Ei nicht raus<br />

ist’s mit Bildbetrachtung aus


Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes<br />

(KultgSchG)<br />

Ist ein weiches Frühstücksei<br />

national und einwandfrei<br />

Ist es Bestandteil der Kultur<br />

oder nur ein Stück Natur<br />

Frau Grütters die Ministerin<br />

weist dringend auf das Erbe hin<br />

das national und kulturell<br />

pekuniär und das ganz schnell<br />

verscherbelt werden kann<br />

Wo bliebe unser Reibach dann<br />

§<br />

Fabergé verziert und schmückt<br />

Manches Ei ist wohl geglückt<br />

Brancusi hatte es begriffen<br />

einen Marmorblock geschliffen<br />

Dem großen Vorbild der Natur<br />

ist er tastend auf der Spur<br />

Volkommen sind die weißen Eier<br />

(sind auch bei weitem nicht so teuer)<br />

Constantin Brancusi, Sculpture for the Blind, 1920<br />

Wir werden Gesetze novellieren<br />

um das Geschäft zu regulieren<br />

Wir sind der Staat sind die Kultur<br />

die Künstler sind die Künstler nur<br />

Wir haben schließlich die Museen<br />

sonst wäre keine Kunst zu sehen<br />

Deshalb bestimmt der Staat allein<br />

was geht raus und was kommt rein<br />

§<br />

Unsre deutschen Malerfürsten<br />

nach denen Paparazzi dürsten<br />

haben das Problem erkannt<br />

und ihre Meinung schnell bekannt<br />

Sie ließen sich nicht länger foppen<br />

der Künstler will sein Zeug verkloppen<br />

er müsste doch bescheuert sein<br />

tät er dem Staat noch Bilder leihn<br />

§<br />

Es gehe um Freiheit unsrer Kunst<br />

man pfeife auf des Staates Gunst<br />

Dabei ist allen sonnenklar<br />

was das Objekt der Streites war<br />

Es geht um Piepen Eier Kröten<br />

wer denn kassiere die Moneten<br />

§<br />

<strong>WOW</strong> bleibt neutral in diesem Streit<br />

befürchtet wohl Befangenheit<br />

Ist <strong>WOW</strong> nun Kunst oder Kultur<br />

das weiß der kluge Leser nur<br />

Doch vom Dach pfeift es der Spatz:<br />

Kunst und Kultur – ein Gegensatz<br />

§


Das Nachtgespenst ist wieder hier<br />

Was will es eigentlich von mir?<br />

Trägt auch wieder meinen Hut<br />

hab schon gesagt der steht ihm gut<br />

Sitzt unverschämt auf meinem Bett<br />

behauptet frech ich sei zu fett<br />

Beschämt schau ich auf seinen Bauch<br />

wispre ihm zu „das bist du auch“<br />

Das scheint den Geist zu amüsieren<br />

fängt an mit Eiern zu jonglieren<br />

Als ihm ei Ei zu Boden fällt<br />

hat er mich lang genug gequält<br />

Ich rufe Quinta meinen Hund<br />

sag ihr der Geist treibt es zu bunt<br />

Sie aber ignoriert uns alle Zwei<br />

und widmet sich dem Spiegelei<br />

schleckt alle auf – und eins zwei drei<br />

ist der ganze Spuk vorbei<br />

Das Gespenst ist nun zwar weg<br />

am Boden noch der Schalen Dreck<br />

Der sollte mich nicht stören<br />

Lass träumend mich betören<br />

von Orangen, weichen Lippen<br />

Da hör ich es schon leise trippeln:<br />

Auf dünnen Vogelbeinen kommt herbei<br />

schon wieder so ein Hühnerei<br />

Da bin ich lieber aufgewacht<br />

genieße Wein die ganze Nacht<br />

Bin vom Riesling ganz benommen<br />

schon wieder ist’s Gespenst gekommen...


W O W<br />

Wiesbach observierte die Welt<br />

des ewigen Eies<br />

ein Schokoei<br />

ist auch dabei<br />

Heft 2<br />

Juli 2015<br />

Quint Edition

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