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Neue Szene 2017-12

Stadtmagazin für Augsburg

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ZOOM<br />

31<br />

Ich bin Augsburg geboren und aufgewachsen, dann während meiner<br />

Schulzeit mit meinen Eltern nach Stadtbergen gezogen. Ich habe mein<br />

Abitur am Holbein Gymnasium gemacht und bin dann zum Studium<br />

der Politikwissenschaften zuerst nach München und später nach Berlin<br />

gegangen. 2006 bin ich, zunächst temporär<br />

geplant, zurück nach Augsburg gekommen,<br />

daraus ist aber etwas Dauerhaftes geworden.<br />

Sie haben mit Ihrer Frau Tatjana drei Kinder.<br />

Wie lebt die Familie Wurm?<br />

Total normal. Wir haben lange im Antonsviertel<br />

und dann am Dom gelebt. Aktuell wohnen<br />

wir im Neubaugebiet in Göggingen.<br />

Aus dem Antonsviertel wegen des Modular-<br />

Lärms weggezogen?<br />

Nein (lacht). Da gab es noch kein Modular.<br />

Außerdem kann es auch im Neubaugebiet in<br />

Göggingen schon mal laut werden, zum Beispiel wenn der FCA spielt.<br />

Ich verstehe auch, wenn Leute sich beschweren, denen es zu laut ist. Es ist<br />

ja auch wirklich so, dass man mit ansteigendem Alter lärmempfindlicher<br />

wird. Am Ende muss halt alles soweit im Rahmen bleiben, dass gegenseitiges<br />

Verständnis herrscht und keiner auf die Barrikaden geht. Weder die<br />

einen, die der Lärm stört, noch die anderen, die feiern wollen.<br />

Was war denn ihr beruflicher Plan in jungen Jahren? Ich habe gelesen,<br />

der diplomatische Dienst hätte sie interessiert?<br />

Das hätte ich tatsächlich auch toll gefunden, vielleicht fehlt mir dafür<br />

aber manchmal das diplomatische Geschick (lacht). Nein, ich hatte damals<br />

eine Zusage, für die Friedrich-Ebert-Stiftung nach Costa Rica zu gehen.<br />

Aber dann kam der Job als Geschäftsführer der SPD-Stadtratsfraktion bis<br />

zur Kommunalwahl 2008. Das war nicht verkehrt, um nach dem Studium<br />

Erfahrungen in der Politpraxis zu sammeln.<br />

Wann reift in einem jungen Menschen die Lust, etwas in der Politik<br />

bewegen zu wollen?<br />

Entweder man ist Idealist oder Profilneurotiker. Wahrscheinlich<br />

braucht man von beidem etwas. Außerdem komme ich aus einer seit<br />

Generationen sozialdemokratisch geprägten Familie und da bekommt<br />

man die Politik fast mit der Muttermilch mit. Ich saß schon mit zwölf<br />

Jahren an Wahltagen gebannt vor dem Fernseher und war unzufrieden<br />

mit dem Wahlausgang. Und wenn ich sehe, was meine Großeltern und<br />

auch meine Eltern gearbeitet haben und welche Chancen unsere Generation<br />

bekommen hat, weil es möglich war, Abitur machen zu können, da<br />

war mir klar, es braucht eine Politik für die Menschen, deren Weg nicht<br />

privilegiert und vorgezeichnet ist.<br />

Jahrzehnte lang war unsere Stadt fest in sozialdemokratischer Hand.<br />

Fehlte der SPD in der Zeit nach Hans Breuer und Paul Wengert nicht<br />

ein charismatischer Führungskopf? Wann sehen wir Sie in der Rolle<br />

des OB-Kandidaten der SPD?<br />

Im Moment beschäftige ich mich nicht mit dieser Frage. Meine Frau<br />

und ich haben drei kleine Kinder und ich bin voll ausgelastet. Job und<br />

Karriere sind vergänglich, was aber bleibt, ist die Familie. Mir macht mein<br />

Beruf als Ordnungs- und Sportreferent in der Tat Spaß und ich bin fest<br />

davon überzeugt, dass wir gemeinsam noch viel mehr erreichen können.<br />

Im Vergleich mit anderen Städten haben wir übrigens auch schon<br />

viel erreicht. Wir stehen in ganz vielen Bereichen sehr gut da und man<br />

wünscht sich, dass die Leute das auch wahrnehmen.<br />

Die SPD ist sicher in einer ihrer größten Krisen aller Zeiten. Bundesweit<br />

wurde reagiert, man ist nicht mehr bereit, in einer Regierung<br />

den Sündenbock abzugeben. Steckt die hiesige SPD in einer<br />

„Man hört von mir<br />

immer die Wahrheit. Das<br />

gefällt nicht jedem, aber<br />

alles andere hilft nicht<br />

weiter!“<br />

ähnlichen Situation?<br />

Was parteipolitisch richtig sein mag, ist noch lange nicht gut für die<br />

jeweilige Stadt oder das Land. Eine SPD in Regierungsverantwortung<br />

wird immer dazu führen, dass bestimmte Gesellschaftsschichten davon<br />

profitieren. Die Problematik hat aber auf Bundesebene<br />

auch mit der CDU zu tun, weil die<br />

Unterscheidungsmerkmale einfach sehr gering<br />

geworden sind. Die CDU hat sich in den letzten<br />

zehn Jahren stark sozialdemokratisiert. Hier in<br />

Augsburg ist es anders, es gibt unterschiedliche<br />

Sichtweisen zwischen SPD und CSU, an denen<br />

man sich reiben kann, wie ja auch das Thema<br />

Oberhausen gezeigt hat. Ich empfinde die Augsburger<br />

SPD nicht in der Rolle des Sündenbocks.<br />

Die Zusammenarbeit mit den Partnern CSU<br />

und Grüne ist überwiegend gut, was dann am<br />

Ende auch wieder gut für die Stadt ist. Ob das<br />

auf alle Zeiten in dieser Konstellation so bleiben<br />

muss, ist eine ganz andere Frage.<br />

Zuletzt erschien eine Statistik bezüglich der Taschendiebstähle in<br />

deutschen Städten. In dieser Liga sind wir ganz weit hinten, gelten<br />

also als sichere Stadt. Was zeichnet die Sicherheit und Ordnung in<br />

Augsburg darüber hinaus besonders aus.<br />

Das Entscheidende ist, dass wir objektiv sicher sind. Die angezeigten<br />

Straftaten werden zu einem sehr hohen Prozentsatz aufgeklärt. Das sind<br />

die offiziellen Zahlen einer Kriminalstatistik. Der inoffizielle Teil ist für<br />

uns als Kommune wichtig. Wie fühlen sich die Leute. Fühlen sie sich<br />

sicher, wenn sie durch Augsburg laufen. Egal zu welcher Tages- und Nachtzeit.<br />

Wir versuchen im Ordnungsamt, mit Präsenz und Regeln dafür zu<br />

sorgen, dass ein Zusammenleben funktioniert. Wir versuchen aber auch,<br />

die Leute dazu zu bewegen, sich selbst für ihre Gegend verantwortlich<br />

zu zeigen. Ein Identitätsgefühl zum Ausdruck zu bringen, sich in seinem<br />

Stadtteil zu engagieren, Spielplatzpate zu werden, im Rahmen eines Quartiermanagements<br />

bei einem Sportplatzfest mitzuhelfen. Je mehr die Leute<br />

in ihrem Wohnumfeld aktiv sind, desto besser lernen sie sich kennen. Das<br />

trägt dazu bei, sich wohl und sicher zu fühlen.<br />

Wie sehen Sie die aktuelle Situation am Königsplatz?<br />

Das ist ebenfalls ein Bereich, an dem wir handeln müssen und dies<br />

auch tun. Die Polizei muss präsent sein und ist das auch. Was am Kö fehlt,<br />

ist ein Grund, dorthin zu gehen. Nicht nur drüber zu laufen. Der Platz<br />

muss durch inhaltliche Bespielung erlebbar werden, sodass man sich<br />

gerne dort aufhält. Daran arbeiten wir.<br />

Ich habe Sie in der WWK Arena schon in einem schwarz gelben Trikot<br />

gesehen und finde das sehr viel würdevoller, hier keine „FCA-<br />

Show“ abzuziehen und ehrlich zu sein. Woher kommt die BVB-Affinität<br />

und wie steht’s mit der Liebe zum hiesigen Club?<br />

Meine Kinder wissen, dass es für Papa nur zwei Vereine gibt. Ich bin<br />

schon sehr lange Dortmund-Anhänger, aber es ist ja klar, dass mein Herz<br />

auch für den FCA schlägt. Als ich 14 war, gab es in der Bundesliga noch<br />

keinen FCA und wie der BVB damals gespielt hat und das bis heute tut,<br />

hat mir eben gefallen. Aber ich muss nicht den Clown machen, um allen<br />

Leuten zu gefallen. Aber glauben Sie mir, das härteste Spiel ist es trotzdem,<br />

wenn der BVB gegen den FCA spielt. Daran wird sich auch nichts<br />

ändern.<br />

Welchen Job macht Dirk Alexander Wurm im Jahr 2027?<br />

Keine Ahnung. Wenn ich überlege, dass ich mit 25 Jahren Entwicklungshilfe<br />

in Costa Rica leisten wollte und sehe, was heute ist, dann kann<br />

man schon sagen, dass man viele Pläne entwerfen kann, es aber am Ende<br />

dann doch meist anders kommt.

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