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Weihnachtsgeschichte 2017

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Vater abends nach Hause kam, hob er Yara in die Luft, so hoch, dass Mama rief, pass auf!<br />

Es gab kein Geflüster vor dem Fernseher, das die Kinder nicht hören durften, nie musste<br />

Mama den schwarzen Niqab tragen, aus dem nur ihre dunklen, traurigen Augen<br />

hervorschauten.<br />

Damaskus, 2010, vor der Umayyad Moschee und der Ruine des Jupiter Tempels<br />

Als die Lichter des Bahnhofs zu sehen waren, rannte sie fast, so erleichtert war sie,<br />

ihn zu sehen. Sie zitterte jetzt, ob vor Kälte oder Angst, wusste sie nicht. Neben ihr tauchte<br />

plötzlich ein Mann mit einem Hund auf, so nah, dass sie seinen Geruch wahrnahm, einen<br />

Geruch wie von dem Mann, der sie auf den Lastwagen gehoben und dabei unter ihr Kleid<br />

gefasst hatte. Sie erstarrte – doch weder Mann noch Hund nahmen Notiz von ihr. Kaum<br />

waren sie hinter der nächsten Straßenecke verschwunden, stürzte Yara auf den Bahnhof<br />

zu.<br />

Vor dem Eingang standen zwei Polizisten und rauchten, im Inneren der Halle war<br />

bis auf einen Mann vom Reinigungspersonal, der lustlos seinen Wagen über die Fliesen<br />

schob, niemand zu sehen. Yara betrachtete die Abfahrtspläne, doch die Züge Richtung<br />

Süden fuhren nur bis München, Stuttgart, Prag. Sie hatte sich die Karte von Europa, die in<br />

ihrem Klassenzimmer hing, schon oft angesehen und wusste genau, wo die sogenannte<br />

Balkanroute verlief. Von Prag müsste sie weiter nach Wien und Budapest, dann Belgrad,<br />

Sofia, Istanbul. Sie wusste, inzwischen gab es Zäune, die Balkanroute, so hatte es in der<br />

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