Ikonen der Kriegs- und Krisenfotografie - Mediaculture online
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reagiert haben, um sie später als Propaganda zu entlarven. Interessanter ist vielmehr die<br />
Frage, inwiefern eigene Deutungsmuster <strong>der</strong> Redaktionen - ideologisch motivierte Frames<br />
- die Berichterstattung visuell wie verbal bestimmen. Freelancer, die für Fotoreportagen<br />
monate-, teilweise jahrelang im Ausland recherchiert haben, beklagen häufig, dass in den<br />
Heimatredaktionen nur die Aufnahmen ausgewählt werden, die in die eigene<br />
Vorstellungswelt passen (vgl. BANKS 1994). Diese Deutungsmuster sind auf zwei Ebenen<br />
identifizierbar - auf ikonografischer <strong>und</strong> weltanschaulicher Ebene. Neben diesen<br />
kulturabhängigen Einflussfaktoren spielt auch die Bildästhetik für die Konstituierung von<br />
<strong>Ikonen</strong> eine entscheidende Rolle.<br />
5.1 Weltanschauung: kulturelle Einordnung von Bil<strong>der</strong>n<br />
Fotos galten lange Zeit als Abbild von Realität. Diese Annahme lässt sich auch nicht<br />
durch jede noch so vehement vertretene konstruktivistische F<strong>und</strong>amentalkritik völlig<br />
auflösen. Unser Glauben an die Realitätsabbildung wird vor allem dadurch unterstützt,<br />
dass Fotografien unseren Wahrnehmungsprozess simulieren: Realität ist für uns das, was<br />
wir wahrnehmen. So lässt sich auch erklären, dass die Fotokamera als Simulator unserer<br />
Wahrnehmung, <strong>der</strong> Realität par excellence, gilt. Diese Wahrnehmung ist jedoch bei einer<br />
Reihe von Bildikonen kulturell <strong>und</strong> weltanschaulich präfiguriert.<br />
In einer Analyse <strong>der</strong> Bildberichterstattung über die offiziellen Gedenkfeiern anlässlich des<br />
50. Jahrestages des <strong>Kriegs</strong>endes 1995 stellte Klaus Naumann fest, dass die Bil<strong>der</strong> des<br />
zerstörten Deutschland, die sogenannte ,Trümmerfotografie‘, aber auch Aufnahmen von<br />
deutschen Vertriebenen aus den besetzten Gebieten <strong>der</strong> Roten Armee <strong>und</strong> Fotos von<br />
<strong>Kriegs</strong>heimkehrern dominierten (vgl. NAUMANN 1998). Diese Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Deutschen in <strong>der</strong><br />
Erinnerungskultur beziehen sich selbstreflexiv auf die eigene Nation als Opfer, die den<br />
Krieg <strong>und</strong> die Täter verschwinden lassen. Die vom Hamburger Institut für Sozialforschung<br />
initiierte Wehrmachtausstellung, die zunächst in 32 Stationen von 1995 bis 1999 zu sehen<br />
war, zerstörte den Mythos <strong>der</strong> ,sauberen Wehrmacht‘. Der gesellschaftliche Diskurs, <strong>der</strong><br />
sich an den Thesen <strong>der</strong> Ausstellung entzündete, wurde auch in den Medien ausgetragen<br />
(vgl. GRITTMANN/PATER 2000).<br />
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