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Endocannabinoides System des Gehirns – von der Neurobiologie zur ...

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die ro l l e d e r Hi s t o n-ac e t y l i e r u n g f ü r le r n e n u n d ge d ä c H t n i s<br />

Die Rolle <strong>der</strong> Histon-Acetylierung<br />

für Lernen und Gedächtnis<br />

Steffen Benjamin Eggert Wolff und Kerry L. Tucker<br />

Zusammenfassung<br />

Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Genexpression spielen eine wichtige Rolle in <strong>der</strong> Plastizität<br />

<strong>des</strong> <strong>Gehirns</strong> und damit in seiner Fähigkeit zu lernen und Erinnerungen zu speichern.<br />

Modifikationen <strong>der</strong> Chromatinstruktur, allen voran Histon-Acetylierung, konnten<br />

dabei als entscheidende regulatorische Faktoren identifiziert werden. So nimmt das<br />

Zusammenspiel zwischen Histon-Acetyltransferasen und Histon-Deacetylasen eine<br />

zentrale Rolle in vielen kognitiven Prozessen ein. Der Übergang vom Kurz- zum Langzeitgedächtnis,<br />

die Rekonsolidierung <strong>von</strong> Erinnerungen und die Plastizität <strong>des</strong> visuellen<br />

Kortex werden genauso <strong>von</strong> <strong>der</strong> Histon-Acetylierung reguliert wie das Suchtverhalten<br />

bei chronischer Kokaingabe. All diese Phänomene beruhen auf <strong>der</strong> koordinierten Transkription<br />

spezifischer Gene, die durch die Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Chromatinstruktur gesteuert<br />

wird. Die hier zusammengestellten Ergebnisse zu <strong>der</strong> Rolle <strong>der</strong> Histon-Acetylierung in<br />

diesen Lern- und Gedächtnisvorgängen tragen zum Verständnis ihrer grundlegenden<br />

Mechanismen bei. Solche Erkenntnisse können auf lange Sicht auch Möglichkeiten für<br />

Therapien <strong>von</strong> Störungen dieser Prozesse aufzeigen.<br />

Abstract<br />

The role of histone acetylation in learning and memory<br />

Changes in gene expression play an important role in the plasticity of the brain and its<br />

capacity to learn and remember. In addition to transcription factors that bind to DNA<br />

in a sequence-specific fashion, chromatin-modifying enzymes have been identified as<br />

crucial regulators of gene transcription. The acetylation of histones and the interplay<br />

of histone acetyltransferases and deacetylases have been recently shown to play a<br />

prominent role in several cognitive processes. The transition from short to long-term<br />

memory, memory reconsolidation and the plasticity of the visual cortex, as well as the<br />

effects of chronic cocaine exposure are all regulated by histone acetylation. A flurry of<br />

recent studies has begun to identify the genes whose expression changes in response to<br />

changes in histone acetylation levels, and these findings are not only helping to un<strong>der</strong>stand<br />

the basic mechanisms of these phenomena, but they may also offer a means for<br />

therapeutic approaches in certain cognitive disor<strong>der</strong>s .<br />

Key words: histone acetylation; learning; memory; HDAC; HAT<br />

Einleitung<br />

Eine <strong>der</strong> erstaunlichsten Eigenschaften <strong>des</strong><br />

<strong>Gehirns</strong> ist seine Plastizität – und damit<br />

seine Fähigkeit zu Lernen. Die Stimulation<br />

<strong>von</strong> Neuronen ruft zunächst kurzfristige<br />

Verän<strong>der</strong>ungen in ihren Synapsen hervor<br />

– erzeugt durch die Modifikation bereits<br />

vorhandener Proteine und Strukturen.<br />

Informationen aus diesem Kurzzeitgedächtnis<br />

können auch in das sogenannte<br />

Langzeitgedächtnis übergehen, sodass sie<br />

nicht schon nach Minuten wie<strong>der</strong> verloren<br />

werden, son<strong>der</strong>n über längere Zeiträume<br />

präsent und abrufbar sind. Für solch tiefergehende<br />

dauerhaftere Plastizität bedarf<br />

es jedoch einer Synthese zusätzlicher Proteine.<br />

In einem hochgradig koordinierten<br />

Zusammenspiel <strong>der</strong> Genexpression werden<br />

die molekularen Voraussetzungen für die<br />

Modulation <strong>der</strong> Verknüpfungen zwischen<br />

den Neuronen und damit für die Plastizität<br />

<strong>des</strong> <strong>Gehirns</strong> festgelegt. Entscheidend für<br />

die Koordination dieses Prozesses ist die<br />

Regulation <strong>der</strong> Transkription. Neuere Forschungsergebnisse<br />

haben mehr und mehr<br />

dazu beigetragen, unser Bild <strong>von</strong> dieser<br />

Regulation ganz neu zu zeichnen. Nicht<br />

nur die Aktivität <strong>von</strong> Transkriptionsfaktoren<br />

und an<strong>der</strong>en Aktivierungs- o<strong>der</strong> Repressionsmolekülen<br />

spielt eine Rolle, son<strong>der</strong>n<br />

auch die Zugänglichkeit <strong>der</strong> Gene selbst.<br />

Voraussetzung für die Expression ist die<br />

sterische Erreichbarkeit <strong>der</strong> spezifischen<br />

DNA - Abschnitte für die Transkriptionsmaschinerie<br />

und für weitere Regulatoren.<br />

Entscheidend für die Zugänglichkeit und<br />

somit für die Transkription ist daher die<br />

Struktur <strong>des</strong> Chromatins.<br />

Abb. 1: Histon-Modifikationen. Kovalente<br />

Modifikationen <strong>der</strong> aminoterminalen Histonfortsätze<br />

spielen eine wichtige Rolle in vielen<br />

zellulären Prozessen. Sie können sowohl<br />

die Struktur <strong>des</strong> Chromatins beeinflussen<br />

und dadurch die Zugänglichkeit <strong>der</strong> DNA regulieren,<br />

als auch Nicht-Histon-Proteine an<br />

die DNA rekrutieren. Acht unterschiedliche<br />

Typen <strong>von</strong> Histon-Modifikationen sind bekannt:<br />

Acetylierung (Ac), Phosphorylierung<br />

(PO 4 ), Methylierung (Me), Deiminierung<br />

(DeI), ADP-Ribosylierung (ADPR), Prolin-<br />

Isomerisierung (PI), Ubiquitinierung (Ub)<br />

und Sumoylierung (Sumo).<br />

Das Chromatin ist <strong>der</strong> Komplex, den die<br />

DNA mit den Histonen und einigen an<strong>der</strong>en<br />

Proteinen bildet, und <strong>der</strong> eine effiziente Verpackung<br />

<strong>der</strong> DNA im beschränkten Raum<br />

<strong>des</strong> Zellkerns ermöglicht. Daneben ist aber<br />

vor allem die Rolle <strong>des</strong> Chromatins in <strong>der</strong><br />

transkriptionellen Regulation <strong>von</strong> großem<br />

Interesse. In den letzten Jahren sind daher<br />

gerade Modifikationen <strong>der</strong> Histonproteine<br />

ins Blickfeld <strong>der</strong> Forschung gerückt, da<br />

diese die Zugänglichkeit <strong>der</strong> DNA durch<br />

eine Auflockerung o<strong>der</strong> Erhöhung <strong>der</strong><br />

Packungsdichte beeinflussen können. Die<br />

vier Kernhistone H2A, H2B, H3 und H4,<br />

die das Oktamer, die Grundeinheit <strong>des</strong><br />

Chromatins, um die die DNA gewunden ist,<br />

bilden, haben charakteristische aminoterminale<br />

Fortsätze, die reich an Lysinresten<br />

sind. Diese Reste können durch Bindung<br />

<strong>von</strong> ein, zwei o<strong>der</strong> gar drei Methylgruppen<br />

o<strong>der</strong> einer Acetylgruppe modifiziert werden.<br />

Eine große Zahl weiterer kovalenter<br />

Modifikationen <strong>der</strong> Fortsätze <strong>der</strong> Kernhistone<br />

ist bekannt, wie die Addition <strong>von</strong><br />

Phosphatgruppen o<strong>der</strong> kleiner Proteine<br />

wie Ubiquitin und SUMO (Kouzari<strong>des</strong><br />

2007) (Abbildung 1). Am besten erforscht<br />

ist neben <strong>der</strong> sehr stabilen Methylierung vor<br />

allem die Acetylierung <strong>der</strong> Histone. Diese<br />

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