01-60-Fraenkische-Nacht-Dezember-2017-Komplett
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Claus von Wagner – „Theorie der feinen Menschen“,<br />
Donnerstag 25. Januar 2<strong>01</strong>8, um 20 Uhr, Kulturboden.<br />
Weitere Infos: www.claus-von-wagner.de<br />
FN-Interview mit dem<br />
Kabarettisten Claus von Wagner<br />
„Politisches Kabarett<br />
ist so wichtig,<br />
wie man es nimmt“<br />
Er ist einer der bekanntesten politischen Kabarettisten<br />
Deutschlands. Seit drei Jahren moderiert der gebürtige<br />
Münchner die ZDF-Kabarettsendung "Die Anstalt". Er<br />
wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter<br />
der Grimme Preis und der Deutsche Fernsehpreis. Zuletzt<br />
erhielt er 2<strong>01</strong>6 den Dieter-Hildebrandt-Preis der Stadt<br />
München. Am Donnerstag 25. Januar, präsentiert Claus<br />
von Wagner sein Erfolgsprogramm „Theorie der feinen<br />
Menschen“, in dem er sich auf tragikomische Weise mit<br />
der Finanzkrise auseinandersetzt, im Kulturboden in<br />
Hallstadt. Die FN sprach mit dem 40-Jährigen über die<br />
Rolle des politischen Kabaretts in Zeiten von Comedy<br />
und die Sinnhaftigkeit von Vorhersagen.<br />
Sie haben 1997 mit der Arbeit<br />
an Ihrem ersten Kabarettprogramm<br />
begonnen. Was hat Sie<br />
als 19-Jährigen dazu bewogen,<br />
sich ausgerechnet für politisches<br />
Kabarett zu begeistern?<br />
Claus von Wagner: Dieter Hildebrandt<br />
und Josef Hader. Hildebrandts<br />
Texte waren für mein<br />
Grundverständnis von Kabarett allerdings<br />
so selbstverständlich, dass<br />
ich erst lange gebraucht habe, um<br />
zu erkennen, wie fundamental sie<br />
für mich eigentlich gewesen sind.<br />
Sie sind im wörtlichsten Sinne der<br />
Grund, auf dem ich und warum ich<br />
heute auf der Bühne stehe. Josef<br />
Hader hat mir dann später gezeigt,<br />
was auf einer Bühne noch alles<br />
möglich ist. Und Georg Schramm.<br />
Und Volker Pispers. Und...<br />
Als Kabarettist beschäftigen<br />
Sie sich mit einer Vielzahl von<br />
Themen. Ständig gibt es Neuerungen<br />
und Veränderungen. Ist<br />
es schwierig und nicht manchmal<br />
auch ermüdend, da am Ball<br />
zu bleiben?<br />
Da empfehle ich Gelassenheit.<br />
Und ein Geschichtsstudium. Dann<br />
merkt man schnell, dass sogenannte<br />
„Neuerungen“ oft keine<br />
sind, sondern nur als solche beschrieben<br />
werden. Viele Debatten<br />
werden ja nicht zum ersten<br />
Mal geführt. Lesen Sie mal die<br />
Geschichte der Debatte um die<br />
Erbschaftssteuer. Oder glauben Sie<br />
mir einfach.<br />
Der Kampf um mediale Aufmerksamkeit<br />
wird immer lauter<br />
und schriller. Selbst in der Politik.<br />
Wie kann sich politisches<br />
Kabarett in dieser Krawall-Kakophonie<br />
behaupten? Und will<br />
es das?<br />
Wir haben für uns bei der Anstalt<br />
einen Weg gefunden, um Aufmerksamkeit<br />
zu erreichen; wir machen<br />
einfach keinen Krawall. Wir beschäftigen<br />
uns (ganz old school)<br />
eingehender mit EINEM Thema.<br />
Themen-Hopping führt meiner<br />
Ansicht nach tatsächlich zu Ermüdung,<br />
zu einem Gefühl der Überforderung<br />
und einem Akzeptieren<br />
der Ausweglosigkeit. Aber Strukturen<br />
von Problemen offen zu legen,<br />
hilft, zu erkennen: diese Strukturen<br />
sind menschengemacht. D.h. sie<br />
können verändert werden.<br />
Politisches Kabarett hat eine<br />
lange Tradition in Deutschland.<br />
Wie wichtig ist politisches Kabarett<br />
in der heutigen Zeit und welche<br />
Funktion nimmt es dabei ein?<br />
Politisches Kabarett ist so wichtig,<br />
wie man es nimmt. Die Funktionen<br />
variieren, je nachdem, wer sie ihm<br />
zuschreibt. Will man das Kabarett<br />
abwerten, ist es nur ein „Ventil“, das<br />
den Druck aus der Gesellschaft<br />
ablässt, bevor es zu echten Veränderungen<br />
kommen kann. Mal ist es<br />
aber auch völlig wirkungslos, weil<br />
das Bestehende nur „im Spiel“ in<br />
Frage gestellt ist. Und mal ist das<br />
Kabarett ganz allein verantwortlich<br />
für die gesamte Politikverdrossenheit<br />
der Republik. Ich sehe die AN-<br />
STALT eher als Aphrodisiakum für<br />
kritisches Denken.<br />
Sie treten im Fernsehen auf<br />
und sind Gastgeber der Kabarettsendung<br />
„Die Anstalt“, zudem wirken<br />
Sie bei der „heute-show“ mit.<br />
Sie touren derzeit aber auch mit<br />
Ihrem Kabarettprogramm „Theorie<br />
der feinen Menschen“ durch<br />
die Bundesrepublik. Welche Tätigkeit<br />
ist für Sie erfüllender?<br />
Mir ist es im Grunde egal, wo die<br />
Bühne steht, auf der ich das machen<br />
kann, was ich liebe.<br />
Am 25. Januar treten Sie mit<br />
Ihrem Kabarettprogramm in<br />
Hallstadt auf. Da Sie in ganz<br />
Deutschland unterwegs sind:<br />
Unterscheidet sich der Humor<br />
der Menschen je nach Region?<br />
Lachen Menschen in Erfurt über<br />
andere Dinge als Menschen in<br />
Kiel oder München?<br />
Um es mit Eddie Izzard zu sagen:<br />
Der Humor ist im Grunde international.<br />
Es sind die Referenzen, die<br />
es versauen. Witze in Kiel über das<br />
„Schlenkerla“ werden vermutlich auf<br />
eher höfliches Schweigen treffen...<br />
Was schätzen Sie an Ihrer Tätigkeit<br />
als politischer Kabarettist<br />
am meisten?<br />
Die Freiheit mir öffentlich Gedanken<br />
über die Welt machen<br />
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