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soziologie heute Februar 2015

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Lange vor der Tat durchlaufen die<br />

späteren Täter typische Stadien. „Es<br />

ist ein Prozess, der sich über Jahre<br />

hinzieht“, sagt Paulus. Kritik oder<br />

Ablehnung werden als schwere persönliche<br />

Niederlage empfunden, die<br />

Umwelt nimmt immer bedrohlichere<br />

Züge an, die Sichtweise der Welt<br />

verdunkelt sich zunehmend, der Täter<br />

durchläuft Phasen des Grübelns.<br />

„Auf Frust- und Trauerphasen folgen<br />

depressive Zustände. Irgendwann<br />

schlägt Trauer in Ärger, dann in Wut<br />

um, die sich zunehmend steigert und<br />

denen er nichts entgegenzusetzen<br />

hat, weil Handlungsalternativen für<br />

ihn fehlen“, sagt Paulus.<br />

Geiseln als Friedens<br />

zur Praxis der Geiselstellung im Römischen Reich<br />

von Sebastian Mense, Universität Kassel<br />

Geiselnahmen gehören zu den heimtückischsten Methoden moderner<br />

Terroristen. In der Antike und bis in die Neuzeit hingegen konnten<br />

Geiseln auch eine friedenssichernde Funktion haben. Ein Projekt unter<br />

Leitung des Kasseler Althistorikers Prof. Dr. Kai Ruffi ng beleuchtet<br />

nun die Praxis der Geiselstellung im Römischen Reich – und welch<br />

hohen Status die Geiseln dabei oft hatten.<br />

Die Täter kündigen oder deuten ihre<br />

Taten an, meist innerhalb einer bestimmten<br />

Gruppe. „Diese Äußerungen,<br />

so genannte Leakings, werden<br />

dann aber fatalerweise nicht ernst<br />

genommen. Wer etwa im Internet<br />

oder sozialen Netzwerken Andeutungen<br />

auf Amokläufe fi ndet, typische<br />

Sätze sind etwa `Von mir werdet ihr<br />

noch hören. Meine Trauer schlägt in<br />

Wut um`, sollte umgehend die Polizei<br />

informieren, die den Fall überprüft.<br />

Lieber einmal zu viel warnen, als die<br />

Chance zu verpassen, den Amoklauf<br />

zu verhindern“, sagt Paulus.<br />

Kontakt:<br />

Dr. Christoph Paulus<br />

E-Mail: cpaulus@mx.uni-saarland.de<br />

Im Gegensatz zu Geiselnahme oder zur<br />

Kriegsgefangenschaft, die es natürlich<br />

ebenso gab, war die sogenannte Geiselstellung<br />

in der Antike eher eine Ingewahrsamnahme.<br />

Diese Geiseln dienten<br />

den Mächten der Antike dazu, Verträge<br />

mit anderen Mächten abzusichern –<br />

insbesondere Friedensverträge. „Auch<br />

und gerade die Römer haben häufi g verschiedene<br />

Formen von Friedensvereinbarungen<br />

durch Geiseln abgesichert“,<br />

berichtet Prof. Dr. Kai Ruffi ng, Leiter des<br />

Fachgebietes Alte Geschichte an der<br />

Universität Kassel. „Das konnte einen<br />

wechselseitigen Austausch von Geiseln<br />

bedeuten, oder die Römer nahmen einseitig<br />

Geiseln, um fremde Mächte von<br />

Angriffen abzuhalten. In jedem Fall war<br />

dies weit vor Entwicklung des Völkerrechts<br />

ein Weg, um Sicherheit und Frieden<br />

zu festigen.“ Anders als bei der willkürlichen<br />

Geiselnahme, wie wir sie noch<br />

<strong>heute</strong> kennen, handelte es sich bei den<br />

gestellten Geiseln der Antike zumeist<br />

um Angehörige höherer Schichten und<br />

sie hatten oft eher den Status von gut<br />

zu behandelnden Gästen – allerdings<br />

mit Bewegungseinschränkungen. Ein<br />

prominentes Beispiel ist der spätere<br />

Seleukiden-König Demetrios I. Soter.<br />

Er wurde 178 v. Chr. von seinem Vater<br />

als Geisel nach Rom geschickt, um den<br />

Frieden von Apameia zu garantieren.<br />

Im Rahmen eines Projekts wird u.a.<br />

eine Falldatenbank erstellt, die den<br />

Mittelmeerraum in der römischen Epoche<br />

abdeckt. Sie dient als Grundlage<br />

für ein Internet-basiertes Historisch-<br />

Geographisches Informationssystem,<br />

das weitere Untersuchungen erleichtern<br />

soll. Die Forschungen sind als<br />

Teilprojekt einbettet in den DFG-Sonderforschungsbereich<br />

„Dynamiken der<br />

Sicherheit“ der Universitäten Marburg<br />

und Gießen. Ruffi ng (47) wechselte<br />

Zum Kontrast:<br />

eine andere Art der Geiselnahme: Gefangennahme<br />

von Richard Löwenherz<br />

in Erdberg bei Wien.<br />

Ausschnitt aus einer Seite des Liber<br />

ad honorem Augusti sive de rebus<br />

Siculis des Petrus de Ebulo (fol.<br />

129 recto), ca. 1196 - wikimedia<br />

commons<br />

42 <strong>soziologie</strong> <strong>heute</strong> <strong>Februar</strong> <strong>2015</strong>

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