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Zdirekt! 01-2018

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Titelthema<br />

Titelthema<br />

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iGZ-Interview mit Karin Maag, gesundheitspolitische Sprecherin (CDU)<br />

„Freiräume, Flexibilität<br />

und Unabhängigkeit“<br />

Im Bundestagswahlkampf war die Personalsituation<br />

im Gesundheitswesen ein großes Thema.<br />

Die Bundeskanzlerin versprach in der „Wahlarena“,<br />

eine neue Bundesregierung unter ihrer Führung<br />

werde gerade in der Pflege für Besserung<br />

sorgen. Karin Maag ist die neue gesundheitspolitische<br />

Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.<br />

Mit ihr sprach Dr. Benjamin Teutmeyer, iGZ-<br />

Hauptstadtbüro, über den Koalitionsvertrag und<br />

die Vorhaben der neuen Koalition.<br />

Z direkt!: Im Gesundheitswesen ist Personalnot seit<br />

langer Zeit ein drängendes Problem. Was sind aus Ihrer<br />

Sicht die Gründe hierfür? Ist die Arbeit im Gesundheitswesen<br />

unattraktiv?<br />

Maag: Die Dienstleistung rund um den Menschen<br />

kann sehr erfüllend und eine attraktive berufliche<br />

Perspektive sein. Personalknappheit, belastende Fälle,<br />

Zeitnot, Nachtdienste oder teilweise auch schlechte<br />

Bezahlung sind aber der Freude am Beruf abträglich.<br />

Einer der Gründe ist sicher die von den in den Gesundheitsberufen<br />

Tätigen selbst zu finanzierende Ausbildung.<br />

Wenn sich junge Menschen Gedanken über<br />

ihre Berufswahl machen und die Gesundheitsberufe<br />

mit Berufen in dualer Ausbildung konkurrieren, verliert<br />

sicher der Gesundheitsberuf. Deshalb haben wir<br />

zum Beispiel die Ausbildung in der Pflege kostenfrei<br />

für die künftigen Fachkräfte gestellt, jetzt sind die<br />

weiteren Gesundheitsberufe dran.<br />

Z direkt!: Der Ärztemangel auf dem Land und die<br />

Situation in der Pflege waren auch im Bundestagswahlkampf<br />

viel beachtete Themen. Welche Verbesserungen<br />

wird es in dieser Legislaturperiode geben?<br />

Maag: Die eben angesprochenen Arbeitsbedingungen<br />

und die Bezahlung in der Kranken- und Altenpflege<br />

wollen wir mit Sofortmaßnahmen verbessern, aber<br />

auch ganz grundsätzlich einige Weichen neu stellen,<br />

damit sich etwas ändert.<br />

Ganz besonders wichtig ist es mir, auf die Wertschätzung<br />

der Pflege hinzuweisen, die wir deutlich machen<br />

wollen. Unsere Offensive für mehr Pflegepersonal<br />

im Krankenhausbereich werden wir mit Nachdruck<br />

durchsetzen: Neben einer vollständigen Refinanzierung<br />

von Tarifsteigerungen soll es künftig eine separate<br />

Pflegepersonalkostenvergütung geben. Das schafft<br />

nicht nur mehr Transparenz für alle, sondern verdeutlicht<br />

auch die Wertschätzung für unser Pflegepersonal.<br />

Wir kommen endlich weg von der Betrachtung<br />

der Pflege als reiner Kostenfaktor hin zur Betrachtung<br />

von Pflege als Teil der Wertschöpfungskette, wie sie<br />

im Hinblick auf die ärztlichen Berufe im Krankenhaus<br />

seit langem selbstverständlich ist.<br />

Im Koalitionsvertrag haben wir ein umfangreiches<br />

Maßnahmenpaket, die „Konzertierte Aktion Pflege“<br />

vereinbart. Diese Aktion soll in der Altenpflege unter<br />

anderem eine Ausbildungsoffensive, Anreize für eine<br />

bessere Rückkehr von Teil- in Vollzeit, ein Wiedereinstiegsprogramm,<br />

eine bessere Gesundheitsvorsorge<br />

für die Beschäftigten sowie eine Weiterqualifizierung<br />

von Pflegehelfern zu Pflegefachkräften beinhalten.<br />

Der Ärztemangel ist natürlich auch ein Problem, das<br />

immer mehr auf uns zukommt. Wir haben vor allem<br />

die Schwierigkeit, die jungen Frauen und Männer, die<br />

Medizin studiert haben, in die ärztliche Versorgung<br />

zu bekommen. Deshalb wollen wir den Masterplan<br />

Medizinstudium 2020 insbesondere mit Blick auf die<br />

Neuregelung des Studienzugangs, die Stärkung der<br />

Allgemeinmedizin sowie die Landarztquote zügig<br />

umsetzen. Auf dem Land und in strukturschwachen<br />

Gebieten wollen wir es leichter machen, sich als Ärztin<br />

oder Arzt niederzulassen. Ganz persönlich war<br />

mir wichtig, den jungen Ärzten zu signalisieren, dass<br />

wir weiterhin mit dem Nebeneinander von GKV und<br />

PKV für Planungssicherheit sorgen wollen. Wer heute<br />

plant, sich als Arzt oder Ärztin niederzulassen, kann<br />

auch künftig mit einer auskömmlichen Finanzierung<br />

rechnen. Deshalb haben wir einer Einheitsversicherung<br />

eine Absage erteilt.<br />

Z direkt!: Ist es aus Ihrer Sicht notwendig, mehr<br />

Prozesse und Details im Pflegewesen zu regeln, oder<br />

reicht die Vorgabe verpflichtender Standards?<br />

Maag: Wir haben als<br />

Gesundheitspolitiker in<br />

erster Linie die Verantwortung,<br />

die Rahmenbedingungen<br />

zu regeln.<br />

Wo es Missstände gibt,<br />

müssen aber manchmal<br />

auch konkrete Vorgaben<br />

gemacht werden.<br />

Z direkt!: Viele Pflegekräfte<br />

sind in letzter<br />

Zeit zu Zeitarbeitsunternehmen<br />

gewechselt,<br />

weil sie dort bessere<br />

Arbeitsbedingungen<br />

vorfinden. Lässt sich das<br />

mit dem Vorurteil einer<br />

prekären Branche Zeitarbeit<br />

noch vereinbaren?<br />

Ist die Attraktivität<br />

der Zeitarbeit in diesem<br />

Segment ein Indiz für die zunehmende Notwendigkeit<br />

flexibler Beschäftigungsformen?<br />

Karin Maag, gesundheitspolitische Sprecherin<br />

der CDU/CSU-Bundestagsfraktion<br />

Maag: Zeitarbeit ermöglicht Arbeitnehmern Freiräume,<br />

Flexibilität und Unabhängigkeit. Für Langzeitarbeitslose<br />

und geringer Qualifizierte ist Zeitarbeit eine<br />

Brücke in den Arbeitsmarkt und den Unternehmen<br />

hilft sie bei der Bewältigung von Auftragsspitzen.<br />

Deshalb sehe ich die Zeitarbeit als ein ergänzendes<br />

sinnvolles Instrument der Arbeitsmarktpolitik und einen<br />

wichtigen Bestandteil einer flexiblen Arbeitswelt.<br />

Allerdings mache ich mir auch Sorgen wenn ich sehe<br />

und höre, dass immer mehr Ärzte und Pflegepersonal<br />

zum Beispiel nicht mehr im Krankenhaus angestellt<br />

sind, sondern bei Zeitarbeitsunternehmen. Damit<br />

bleiben beispielsweise immer mehr Nachtdienste an<br />

immer weniger Krankenhauspersonal hängen, Operationen<br />

in nicht mehr eingespielten Teams erfordern<br />

zum Beispiel vermehrt logistischen Aufwand und die<br />

Vergütung ist unterschiedlich. Das heißt mit der Ausweitung<br />

der Zeitarbeit laufen wir Gefahr, die Versorgung<br />

im Krankenhaus mit fest angestelltem Personal<br />

nicht mehr aufrechterhalten zu können. Im Koalitionsvertrag<br />

haben wir festgelegt, dass wir das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz<br />

im Jahr 2020 evaluieren<br />

lassen wollen. Danach<br />

werden wir sehen, ob<br />

wir Veränderungen benötigen.<br />

Z direkt!: Wie können<br />

die Qualitätsstandards<br />

im Gesundheitswesen<br />

erhalten und<br />

verbessert und zugleich<br />

das Bedürfnis nach Flexibilität<br />

der Beschäftigten<br />

befriedigt werden?<br />

Maag: Ich meine, die<br />

Zeitarbeit ist gut und<br />

wichtig zur Bewältigung<br />

von Engpässen.<br />

So verstanden sind<br />

Qualität und Flexibilität<br />

auch meiner Ansicht<br />

nach keine Gegensätze.<br />

Unser klares Ziel ist es, im ambulanten wie im stationären<br />

Versorgungsbereich, aber auch in der Pflege,<br />

unsere Qualitätsoffensive der letzten Jahre fortzusetzen.<br />

Z direkt!: Wie wird die Situation im Gesundheitswesen<br />

am Ende der Legislaturperiode aussehen?<br />

Maag: Wir werden natürlich alles daran setzen, dass<br />

die ärztliche und pflegerische Versorgung für alle<br />

Menschen gestärkt wird. Die Arbeitsbedingungen<br />

und die Bezahlung für die im Gesundheitswesen Tätigen<br />

wollen wir verbessern. Außerdem muss alles im<br />

finanziellen Rahmen bleiben, denn schließlich bin ich<br />

dafür als Gesundheitspolitikerin den Beitragszahlern<br />

gegenüber verantwortlich.<br />

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