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Z direkt!<br />
Titelthema<br />
Titelthema<br />
Z direkt!<br />
iGZ-Interview mit Karin Maag, gesundheitspolitische Sprecherin (CDU)<br />
„Freiräume, Flexibilität<br />
und Unabhängigkeit“<br />
Im Bundestagswahlkampf war die Personalsituation<br />
im Gesundheitswesen ein großes Thema.<br />
Die Bundeskanzlerin versprach in der „Wahlarena“,<br />
eine neue Bundesregierung unter ihrer Führung<br />
werde gerade in der Pflege für Besserung<br />
sorgen. Karin Maag ist die neue gesundheitspolitische<br />
Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.<br />
Mit ihr sprach Dr. Benjamin Teutmeyer, iGZ-<br />
Hauptstadtbüro, über den Koalitionsvertrag und<br />
die Vorhaben der neuen Koalition.<br />
Z direkt!: Im Gesundheitswesen ist Personalnot seit<br />
langer Zeit ein drängendes Problem. Was sind aus Ihrer<br />
Sicht die Gründe hierfür? Ist die Arbeit im Gesundheitswesen<br />
unattraktiv?<br />
Maag: Die Dienstleistung rund um den Menschen<br />
kann sehr erfüllend und eine attraktive berufliche<br />
Perspektive sein. Personalknappheit, belastende Fälle,<br />
Zeitnot, Nachtdienste oder teilweise auch schlechte<br />
Bezahlung sind aber der Freude am Beruf abträglich.<br />
Einer der Gründe ist sicher die von den in den Gesundheitsberufen<br />
Tätigen selbst zu finanzierende Ausbildung.<br />
Wenn sich junge Menschen Gedanken über<br />
ihre Berufswahl machen und die Gesundheitsberufe<br />
mit Berufen in dualer Ausbildung konkurrieren, verliert<br />
sicher der Gesundheitsberuf. Deshalb haben wir<br />
zum Beispiel die Ausbildung in der Pflege kostenfrei<br />
für die künftigen Fachkräfte gestellt, jetzt sind die<br />
weiteren Gesundheitsberufe dran.<br />
Z direkt!: Der Ärztemangel auf dem Land und die<br />
Situation in der Pflege waren auch im Bundestagswahlkampf<br />
viel beachtete Themen. Welche Verbesserungen<br />
wird es in dieser Legislaturperiode geben?<br />
Maag: Die eben angesprochenen Arbeitsbedingungen<br />
und die Bezahlung in der Kranken- und Altenpflege<br />
wollen wir mit Sofortmaßnahmen verbessern, aber<br />
auch ganz grundsätzlich einige Weichen neu stellen,<br />
damit sich etwas ändert.<br />
Ganz besonders wichtig ist es mir, auf die Wertschätzung<br />
der Pflege hinzuweisen, die wir deutlich machen<br />
wollen. Unsere Offensive für mehr Pflegepersonal<br />
im Krankenhausbereich werden wir mit Nachdruck<br />
durchsetzen: Neben einer vollständigen Refinanzierung<br />
von Tarifsteigerungen soll es künftig eine separate<br />
Pflegepersonalkostenvergütung geben. Das schafft<br />
nicht nur mehr Transparenz für alle, sondern verdeutlicht<br />
auch die Wertschätzung für unser Pflegepersonal.<br />
Wir kommen endlich weg von der Betrachtung<br />
der Pflege als reiner Kostenfaktor hin zur Betrachtung<br />
von Pflege als Teil der Wertschöpfungskette, wie sie<br />
im Hinblick auf die ärztlichen Berufe im Krankenhaus<br />
seit langem selbstverständlich ist.<br />
Im Koalitionsvertrag haben wir ein umfangreiches<br />
Maßnahmenpaket, die „Konzertierte Aktion Pflege“<br />
vereinbart. Diese Aktion soll in der Altenpflege unter<br />
anderem eine Ausbildungsoffensive, Anreize für eine<br />
bessere Rückkehr von Teil- in Vollzeit, ein Wiedereinstiegsprogramm,<br />
eine bessere Gesundheitsvorsorge<br />
für die Beschäftigten sowie eine Weiterqualifizierung<br />
von Pflegehelfern zu Pflegefachkräften beinhalten.<br />
Der Ärztemangel ist natürlich auch ein Problem, das<br />
immer mehr auf uns zukommt. Wir haben vor allem<br />
die Schwierigkeit, die jungen Frauen und Männer, die<br />
Medizin studiert haben, in die ärztliche Versorgung<br />
zu bekommen. Deshalb wollen wir den Masterplan<br />
Medizinstudium 2020 insbesondere mit Blick auf die<br />
Neuregelung des Studienzugangs, die Stärkung der<br />
Allgemeinmedizin sowie die Landarztquote zügig<br />
umsetzen. Auf dem Land und in strukturschwachen<br />
Gebieten wollen wir es leichter machen, sich als Ärztin<br />
oder Arzt niederzulassen. Ganz persönlich war<br />
mir wichtig, den jungen Ärzten zu signalisieren, dass<br />
wir weiterhin mit dem Nebeneinander von GKV und<br />
PKV für Planungssicherheit sorgen wollen. Wer heute<br />
plant, sich als Arzt oder Ärztin niederzulassen, kann<br />
auch künftig mit einer auskömmlichen Finanzierung<br />
rechnen. Deshalb haben wir einer Einheitsversicherung<br />
eine Absage erteilt.<br />
Z direkt!: Ist es aus Ihrer Sicht notwendig, mehr<br />
Prozesse und Details im Pflegewesen zu regeln, oder<br />
reicht die Vorgabe verpflichtender Standards?<br />
Maag: Wir haben als<br />
Gesundheitspolitiker in<br />
erster Linie die Verantwortung,<br />
die Rahmenbedingungen<br />
zu regeln.<br />
Wo es Missstände gibt,<br />
müssen aber manchmal<br />
auch konkrete Vorgaben<br />
gemacht werden.<br />
Z direkt!: Viele Pflegekräfte<br />
sind in letzter<br />
Zeit zu Zeitarbeitsunternehmen<br />
gewechselt,<br />
weil sie dort bessere<br />
Arbeitsbedingungen<br />
vorfinden. Lässt sich das<br />
mit dem Vorurteil einer<br />
prekären Branche Zeitarbeit<br />
noch vereinbaren?<br />
Ist die Attraktivität<br />
der Zeitarbeit in diesem<br />
Segment ein Indiz für die zunehmende Notwendigkeit<br />
flexibler Beschäftigungsformen?<br />
Karin Maag, gesundheitspolitische Sprecherin<br />
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion<br />
Maag: Zeitarbeit ermöglicht Arbeitnehmern Freiräume,<br />
Flexibilität und Unabhängigkeit. Für Langzeitarbeitslose<br />
und geringer Qualifizierte ist Zeitarbeit eine<br />
Brücke in den Arbeitsmarkt und den Unternehmen<br />
hilft sie bei der Bewältigung von Auftragsspitzen.<br />
Deshalb sehe ich die Zeitarbeit als ein ergänzendes<br />
sinnvolles Instrument der Arbeitsmarktpolitik und einen<br />
wichtigen Bestandteil einer flexiblen Arbeitswelt.<br />
Allerdings mache ich mir auch Sorgen wenn ich sehe<br />
und höre, dass immer mehr Ärzte und Pflegepersonal<br />
zum Beispiel nicht mehr im Krankenhaus angestellt<br />
sind, sondern bei Zeitarbeitsunternehmen. Damit<br />
bleiben beispielsweise immer mehr Nachtdienste an<br />
immer weniger Krankenhauspersonal hängen, Operationen<br />
in nicht mehr eingespielten Teams erfordern<br />
zum Beispiel vermehrt logistischen Aufwand und die<br />
Vergütung ist unterschiedlich. Das heißt mit der Ausweitung<br />
der Zeitarbeit laufen wir Gefahr, die Versorgung<br />
im Krankenhaus mit fest angestelltem Personal<br />
nicht mehr aufrechterhalten zu können. Im Koalitionsvertrag<br />
haben wir festgelegt, dass wir das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz<br />
im Jahr 2020 evaluieren<br />
lassen wollen. Danach<br />
werden wir sehen, ob<br />
wir Veränderungen benötigen.<br />
Z direkt!: Wie können<br />
die Qualitätsstandards<br />
im Gesundheitswesen<br />
erhalten und<br />
verbessert und zugleich<br />
das Bedürfnis nach Flexibilität<br />
der Beschäftigten<br />
befriedigt werden?<br />
Maag: Ich meine, die<br />
Zeitarbeit ist gut und<br />
wichtig zur Bewältigung<br />
von Engpässen.<br />
So verstanden sind<br />
Qualität und Flexibilität<br />
auch meiner Ansicht<br />
nach keine Gegensätze.<br />
Unser klares Ziel ist es, im ambulanten wie im stationären<br />
Versorgungsbereich, aber auch in der Pflege,<br />
unsere Qualitätsoffensive der letzten Jahre fortzusetzen.<br />
Z direkt!: Wie wird die Situation im Gesundheitswesen<br />
am Ende der Legislaturperiode aussehen?<br />
Maag: Wir werden natürlich alles daran setzen, dass<br />
die ärztliche und pflegerische Versorgung für alle<br />
Menschen gestärkt wird. Die Arbeitsbedingungen<br />
und die Bezahlung für die im Gesundheitswesen Tätigen<br />
wollen wir verbessern. Außerdem muss alles im<br />
finanziellen Rahmen bleiben, denn schließlich bin ich<br />
dafür als Gesundheitspolitikerin den Beitragszahlern<br />
gegenüber verantwortlich.<br />
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