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<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong><br />
1<br />
Et – und, <strong>auch</strong>…<br />
Stillschweigende Dialoge<br />
in St. Sebald und St. Egidien
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<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong><br />
Et – und, <strong>auch</strong>…<br />
Stillschweigende Dialoge<br />
in St. Sebald und St. Egidien
<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong><br />
Et – und, <strong>auch</strong>…<br />
Stillschweigende Dialoge<br />
in St. Sebald und St. Egidien<br />
mit Texten von<br />
Willi Stöhr<br />
fotografiert von<br />
Martin Frischauf
Et – und, <strong>auch</strong>…<br />
Stillschweigende Dialoge<br />
in St. Sebald und St. Egidien<br />
Silent dialogues in the St. Sebaldus and<br />
St. Egidien churches<br />
Zwei Jahre vor dem 500. Reformationsjubiläum laden<br />
zwei traditionsreiche Kirchen Nürnbergs zu stillschweigenden<br />
Dialogen ein: Skulpturen von <strong>Dietrich</strong><br />
<strong>Klinge</strong> sind im hochgotischen Hallenchor von St.<br />
Sebald sowie im barocken Chorraum von St. Egidien<br />
zu sehen. Beide Kirchen wurden in den letzten<br />
Kriegstagen zerbombt: In St. Sebald verbrannten<br />
Chorgestühl, Kanzel und Orgel. In St. Egidien wurde<br />
die barocke Malerei und Stuckatur zerstört. Trotz ihrer<br />
Verletztheit strahlen beide Kirchen heute wieder<br />
Schönheit aus.<br />
Schönheit und Verletztheit – diese Worte charakterisieren<br />
<strong>auch</strong> die Skulpturen von <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>. In<br />
Bronze gegossen, weisen sie Strukturen von Holz<br />
auf, zuweilen heil und schön, dann wieder verletzt<br />
oder verbrannt. Man kann sich ihnen nicht entziehen.<br />
Denn sie gehen Beziehungen ein zum barocken<br />
oder gotischen Kirchenraum. Und natürlich <strong>auch</strong> zu<br />
Betrachtern, die plötzlich mitten drin sind: Mitten<br />
in der Kunst. Mitten im Leben. Mitten in Kirche und<br />
Welt. So kommt es zu stillschweigenden Dialogen: Et<br />
– und, <strong>auch</strong>...<br />
<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s Werk gelingt etwas ganz außergewöhnliches.<br />
Es ist interpretationsoffen: Seine<br />
Bronzen nehmen Menschen auf unmittelbare Weise<br />
hinein in einen größeren säkular-religiösen Zusammenhang.<br />
Sie sind Deutungsangebote, die frei lassen<br />
und Freiheit gewähren. Bezüge zu biblischen<br />
Kontexten können wahrgenommen werden, müssen<br />
aber nicht: Wer Augen hat zu sehen, der sehe!<br />
Two years before the 500th anniversary of the Reformation,<br />
two of Nuremberg’s historic churches have<br />
extended an invitation to silent dialogues: sculptures<br />
by <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> are being shown in the High<br />
Gothic choir of St. Sebaldus and in the Baroque presbytery<br />
of St. Egidien. Both churches were severely<br />
damaged by bombing in the final days of the Second<br />
World War. In St. Sebaldus, the choir stalls, pulpit<br />
and organ were destroyed by fire. In St. Egidien, the<br />
Baroque paintings and stucco work were destroyed.<br />
Today, despite the damage, both churches have been<br />
restored to resplendent beauty.<br />
Beauty and damage – these words also characterise<br />
<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>’s sculptures. Cast in bronze, they<br />
display the structures of wood – at times whole and<br />
beautiful and then again damaged or burnt. It is impossible<br />
to escape them, for they enter into a relationship<br />
with the Baroque or Gothic churches housing<br />
them – and, of course, with the viewers who suddenly<br />
find themselves within their midst: In the midst of<br />
art. In the midst of life. In the midst of the church<br />
and the world. And thus the silent dialogues begin:<br />
Et – und, <strong>auch</strong>...<br />
<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>’s work achieves something quite<br />
unusual. It leaves itself open to interpretation: his<br />
bronzes draw the viewer very directly into a wider<br />
secular-religious context. They are offers which allow<br />
the viewer freedom to interpret them. References to<br />
biblical contexts can, but need not, be perceived: He<br />
who has eyes to see, let him see!<br />
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St. Sebald<br />
Im Ostchor von St. Sebald kommt es zu stillschweigenden<br />
Dialogen zwischen <strong>Klinge</strong>s Metamorph, der<br />
Kreuzigungsgruppe von Veit Stoß, seinem Huhau,<br />
und dem Sebaldusgrab von Peter Vischer. Die mittelalterlichen<br />
Kunstwerke zeigen Bilder des Todes:<br />
Jesus am Kreuz, Opfer brutaler Gewalt. Ihm gegenüber<br />
der heilige Sebald, dessen Gebeine nach einem<br />
erfüllten Leben im kunstvollen Schrein ruhen. Doch<br />
tot bleib tot. Oder doch nicht?<br />
In the east choir of the St. Sebaldus church silent<br />
dialogues take place between <strong>Klinge</strong>’s Metamorph,<br />
the Crucifixion Group by Veit Stoß,<br />
<strong>Klinge</strong>’s Huhau and the Grave of Sebaldus by<br />
Peter Vischer. The medieval works of art show<br />
images of death: Jesus on the Cross, a victim<br />
of brutal violence. Opposite him, Saint Sebaldus,<br />
whose body was laid to rest in an elaborate<br />
shrine at the end of a fulfilled life. But dead is<br />
dead. Or is it not?<br />
Huhau<br />
11<br />
Ein Mensch mit fein ausgearbeitetem Gesicht. Augen<br />
und Mund geschlossen, in sich gekehrt. Sein<br />
Körper wie ein rechteckiger Block. Gesprungenes<br />
Holz, sichtbare Spuren der Kettensäge, die Bewegungen<br />
der Arme aufnehmen. Doch die Hände sind<br />
lose, scheinen ihn gegen Äußeres abzuschließen.<br />
Sein Körper ruht auf zwei Stämmen. So wird er zum<br />
Knieenden. Ob er zusammengesackt oder hingekniet<br />
ist, vor dem, was er sieht, bleibt offen. Offen<br />
wie seine großen lauschenden Ohren: Huhau. Who?<br />
How? Wer? Wie? Fragen derer, die zurückbleiben angesichts<br />
der Rätsel des Todes: Wer ist der? Der, den<br />
ich kenne? Oder längst ein anderer? Gewaltsam getötet<br />
wie Jesus? Oder alt und lebenssatt gestorben<br />
wie Sebaldus?<br />
A human figure with a finely executed face. The eyes<br />
and mouth are closed, withdrawn. The body is like<br />
a rectangular block. Cracked wood, visible traces of<br />
the chainsaw suggesting the movements of the arms.<br />
Yet the hands are detached, apparently shielding the<br />
body from the outside world. The torso rests on two<br />
trunks, giving the figure a kneeling aspect. Whether<br />
the figure has fallen to this kneeling position or<br />
knelt down at the sight of something remains open.<br />
The large ears, listening, are open too: Huhau. Hu?<br />
Hau? Who? How? The questions of those who remain<br />
behind, confronted by the mystery of death: Who is<br />
that? The person I knew? Or someone else entirely?<br />
Violently killed, like Jesus? Or dying of old age after a<br />
full life, like Sebaldus?<br />
Huhau,<br />
2013, Bronze,<br />
H. 210 cm, Ex. 1/6
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Metamorph-Seraph-<br />
Katalyt,<br />
2010, Bronze,<br />
102 × 170 × 200 cm, Ex. 2/6<br />
Huhau,<br />
2013, Bronze,<br />
H. 210 cm, Ex. 1/6<br />
Metamorph-Seraph-<br />
Katalyt,<br />
2010, Bronze,<br />
102 × 170 × 200 cm, Ex. 2/6
Metamorph<br />
16<br />
Eine Gestalt mit wissendem Gesicht. Sie scheint das<br />
Geheimnis des Lebens und des Todes zu bergen,<br />
ohne es preiszugeben. Doch indem sie da ist – einfach<br />
daliegt am Boden – mit ausgebreiteten Flügeln,<br />
wird sie zum Symbol dafür, dass hinter dem Sichtbaren<br />
Unsichtbares, Unbegreifliches ist. Man kann<br />
nicht fassen, was fassungslos macht. Nur ahnen,<br />
fühlen, glauben. Oder eben nichts von alledem.<br />
Metamorph steht für Wandel, für Veränderung. Ein<br />
Platzhalter, der Fragen offen hält: Er fliegt nicht weg,<br />
erhebt sich nicht in den Himmel. Sondern er bleibt<br />
am steinernen Boden der Tatsachen, der Erde treu:<br />
Offen für die allzu Sicheren. Für Zweifelnde und Trauernde.<br />
Und für Glaubende, die hoffen, dass ihrem<br />
Unglauben geholfen werde.<br />
A figure with a knowing face. Seemingly holding the<br />
secret of life and death, without revealing it. But by<br />
being there – simply lying on the floor – with wings<br />
spread out, it comes to symbolise the fact that behind<br />
what is visible there is something invisible and unknowable.<br />
One cannot comprehend what is beyond<br />
comprehension – only guess, feel, believe. Or indeed<br />
none of these. Metamorph stands for change, for<br />
transformation. A placeholder that leaves the questions<br />
open – that does not fly away, does not rise to<br />
heaven. Instead it remains on the stone floor – earthbound:<br />
open for the all-too self-assured. For doubters<br />
and mourners. And for believers who hope that they<br />
can be helped in their disbelief.<br />
Die Wunde<br />
Da ist eine Gestalt, deren Blick ins Leere schaut.<br />
Oder schaut sie in die Ferne? Die Augenhöhlen wirken<br />
leer. Der Kopf nur teilweise herausgearbeitet,<br />
halb Stamm, halb Gesicht. Ihr Körper gleicht einem<br />
geschleiften Felsblock. Oder einem grob behauenem<br />
Stamm. Er scheint sich nur schwer aufrecht halten<br />
zu können. Im ihrem Leib klafft eine offene Wunde.<br />
Kann sich die Gestalt nur deswegen halten, weil sie<br />
gestützt wird? Oder muss sie sich selber stützen?<br />
Sie steht neben dem alten Sakramentshaus:<br />
„Für dich!“ Hebt man den Blick, sieht man<br />
durch den gesamten Ostchor hinüber zum<br />
Verkündigungsengel, der zu Maria spricht:<br />
„Du wirst schwanger werden und einen Sohn<br />
gebären!“.<br />
A figure is standing there, looking into emptiness.<br />
Or is it looking into the distance? The eye sockets<br />
seem empty. The head is only partly detailed – half<br />
tree trunk, half face. The body looks like a piece of<br />
polished rock. Or a roughly hewn tree trunk. The<br />
figure seems to have difficulty in remaining upright.<br />
There is a gaping wound in its side. Is the<br />
figure only able to remain upright because it is supported?<br />
Or does it have to support itself? It stands<br />
beside the old tabernacle: “For You!” If one looks<br />
up, one can see across the entire east choir towards<br />
the Angel of Annunciation who is telling Mary:<br />
You will conceive and give birth to a son!
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Der eine scheint zu durchblicken, was der andere<br />
noch nicht sieht: Schwanger werden heißt, neues<br />
Leben schaffen.<br />
Aber das geht nur mit Wunden, Blut, Schweiß, Tränen<br />
und Schmerz. Ein Durchblick – auf Leben und<br />
Tod!<br />
One of them seems to perceive what the other does<br />
not yet see: conceiving a child means creating new life.<br />
But it is not possible without wounds, blood, sweat,<br />
tears and pain. A perception – of life and death!<br />
Die Wunde,<br />
2014, Bronze,<br />
H. 163 cm, Ex. 1/6<br />
Metamorph-Seraph-<br />
Katalyt,<br />
2010, Bronze,<br />
102 × 170 × 200 cm, Ex. 2/6
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St. Egidien<br />
Eine Barock-Kirche, die wirkt wie ein white cube. Keine<br />
prächtigen Putten aus Gips. Keine pastellfarbenen<br />
Wandmalereien mit Blick in den Himmel. Stattdessen:<br />
Alles weiß und leer. Doch im Chorraum hinter<br />
dem Altar stehen drei Skulpturen: Pietà a Lepp und<br />
Pietà II, sowie eRBe 12. Sie lassen den mächtigen<br />
Lebensbaum-Kruzifixus im wahrsten Sinne des Wortes<br />
hinter sich. So als wollten sie offenlegen, was sich<br />
A Baroque church that looks like a white cube. No<br />
showy plaster cherubs. No pastel-coloured murals<br />
pointing heavenwards. Instead: everything is white<br />
and bare. However, behind the altar in the choir there<br />
are three sculptures: Pietà a Lepp, Pietà II and ErBe<br />
12. They literally leave the mighty tree-of-life crucifix<br />
behind them. As if they want to reveal what is hidden<br />
behind and above and below its story.<br />
hinter und über und unter seiner Geschichte noch<br />
alles verbirgt.<br />
Pietà a Lepp<br />
Eine Frau mit großen nackten Brüsten. Keine keusche<br />
Maria mittelalterlicher Kunst. Wie andere hat<br />
sie empfangen, geboren und genährt. Das Leben<br />
gab ihr kräftige Arme und Beine. Sie ist es gewohnt,<br />
zuzupacken. Doch jetzt nicht mehr. Ein männlicher<br />
Torso liegt in ihrem Schoß: Kopf und Arme abgetrennt,<br />
keine Füße mehr, nur noch Beinstümpfe.<br />
A woman with large naked breasts. Not the chaste<br />
Virgin of medieval art. Like others, she has conceived,<br />
borne and nurtured children. Life has given her strong<br />
arms and legs. She is used to getting down to work.<br />
But not anymore. A man’s torso lies across her lap:<br />
the head and arms severed, the feet lost, only stumps<br />
for legs. His body flayed, mutilated, burnt. Thus she<br />
Pietà a Lepp,<br />
2013, Bronze,<br />
H. 189 cm, Ex. 1/3<br />
Pietà II,<br />
2013, Bronze,<br />
143 × 80 × 74 cm, Ex. 3/6<br />
eRBe 12,<br />
2012, Bronze,<br />
H. 197 cm, Ex. 1/6<br />
27<br />
Sein Körper zerschunden, verletzt, verbrannt. So<br />
embodies the suffering of mothers who have lost their<br />
verkörpert sie das Leid der Mütter, die ihre Söhne<br />
sons, like Mary. Or like women who have lost their<br />
verlieren, wie Maria. Oder wie Frauen ihre Männer<br />
men in countless wars. In Christian art, this motif<br />
in unzähligen Kriegen. Die christliche Kunst nennt<br />
is called Pietà: the pitying one who takes her dead<br />
sie Pietà: die Fromme, weil sie ihren toten Sohn<br />
son back into her lap. Perhaps her head is so small<br />
wieder zurücknimmt in ihren Schoß. Vielleicht ist<br />
because she is trying to come to terms with the sit-<br />
ihr Kopf hier deswegen so klein, um sich damit ab-<br />
uation. It is as if her head has withdrawn from the<br />
zufinden. So, als hätte er sich zurückgezogen vom<br />
powerful body that wants to scream out in grief and<br />
mächtigen Leib, der Trauer und Wut über die Mörder<br />
anger at the murderers. Pietà a Lepp reminds us not<br />
herausschreien möchte. Pietà a Lepp erinnert nicht<br />
only of the Mother of Jesus, but also of the mothers<br />
nur an die Mutter Jesu. Sondern <strong>auch</strong> an die Mütter<br />
of Aleppo, despairing at the violent deaths of their<br />
von Aleppo, die am gewaltsamen Tod ihrer Söhne<br />
sons.<br />
verzweifeln.
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Pietà II<br />
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Da ist etwas verrutscht. Oder gespalten. Und doch<br />
scheint es unauflöslich zusammenzugehören. Getrennt<br />
und doch verbunden. Zerteilt und doch aneinander<br />
gewiesen. Zwei Gestalten, gespalten aus einem<br />
Stück. So wurde diese Skulptur geschaffen: Mutter<br />
und Sohn, einst eins im Mutterleib, dann abgenabelt,<br />
getrennt. Doch <strong>auch</strong> wenn sich Bindungen lockern,<br />
Verbindungen bleiben – bis der Tod sie scheidet und<br />
darüber hinaus. Diese Innigkeit wird hier wahr: Zwei<br />
Körper, zwei Gesichter, aneinander geschmiegt. Der<br />
eine hoch aufgereckt, ein gebrochener Arm, aber Blick<br />
und Mund unversehrt zum Himmel erhoben. Der andere<br />
sterbend nach unten verrutscht, seine Gestalt in<br />
sich zusammengesackt, tödlich verletzt an Seele und<br />
Leib. Nur sein großes Ohr scheint noch zu horchen.<br />
Um zu lauschen, ob da einer ist, dem es die Sprache<br />
nicht verschlägt, weil es heißt: Stark wie der Tod ist<br />
die Liebe.<br />
Something has slipped here. Or it may have been<br />
split. And yet it seems to belong together indissolubly.<br />
Separated and yet connected. Divided and yet<br />
dependent on each other. Two figures, cleft from<br />
one piece. This is how this sculpture was conceived:<br />
Mother and son, once one in the mother’s body, then<br />
separated. Yet even if the bonds are loosened, the ties<br />
remain – until parted by death, and beyond. This intimacy<br />
comes true here: two bodies, two faces, clinging<br />
to each other. One stands upright, with one arm broken,<br />
but with eyes and mouth unscathed and raised<br />
towards the heavens. The other, dying, has slipped to<br />
the ground, slumped together, mortally wounded in<br />
body and soul. Only his large ear still seems to hear,<br />
listening if anyone is there whose words do not fail<br />
them, for it is said: Love is as strong as death.<br />
eRBe 12<br />
Ein Mensch. Aufrecht sitzend. Fast schon majestätisch.<br />
Sei Körper ebenmäßig und stark. Brust und<br />
B<strong>auch</strong> ästhetisch geformt. Doch es fehlen die Arme.<br />
Nur die Hände sind da. Wie nachträglich hingelegt.<br />
Auf den Schoß. Es scheint, als sei ihm etwas aus<br />
den Händen geschlagen worden. Doch er hält still.<br />
Er lässt sich davon weder irritieren, noch aus der<br />
Ruhe bringen. Sein Blick geht hinein in den Raum.<br />
Ein Auge offen, das andere zusammengekniffen. Als<br />
wollte er sie nicht verschließen, sondern im Gegenteil,<br />
schärfer sehen: Leben und Sterben, Liebe und<br />
Tod, Verletzung und Heilung, Gott und Welt. Er ist<br />
der Erbe, hat alles ererbt, wird es weiter vererben.<br />
A man. Sitting upright. Almost majestically. His<br />
body well-proportioned and strong. Chest and stomach<br />
aesthetically shaped. But the arms are missing.<br />
Only the hands are there. As if placed there retrospectively.<br />
In his lap. Something appears to have been<br />
knocked out of his hands. Yet he keeps still. He does<br />
not allow himself to be unsettled or disquieted. He<br />
is looking into the space ahead. One eye is open, the<br />
other tightly closed. It is as if he wants not to close<br />
them, but, on the contrary, to see more clearly: life and<br />
dying, love and death, injury and healing, God and the<br />
world. He is the heir; he has inherited everything; he<br />
will leave it to his heirs. As all have done before him.
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Wie alle vor ihm. Und wie alle nach ihm. Einer<br />
kommt. Der andere geht. Seit Jahrtausenden. Durch<br />
alle Zeiten hindurch. Die Fragen bleiben: Wo komme<br />
ich her? Wo gehe ich hin? Gibt es einen Gott? Was ist<br />
der Sinn? Wie lebe ich recht?<br />
And as all will do after him. One comes. The other<br />
goes. Over the millennia. Throughout all time.<br />
The questions remain: Where do I come from?<br />
Where am I going? Does God exist? What does it<br />
mean? How do I live rightly?<br />
Pietà a Lepp,<br />
2013, Bronze,<br />
H. 189 cm, Ex. 1/3<br />
Pietà II,<br />
2013, Bronze,<br />
143 × 80 × 74 cm, Ex. 3/6<br />
Willi Stöhr<br />
Leiter der evangelischen stadtakademie nürnberg<br />
und Pfarrer von St. Sebald<br />
Willi Stöhr<br />
Director of the Lutheran City Academy of Nuremberg<br />
and pastor of St. Sebaldus Church.
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eRBe 12, (Detail)<br />
2012, Bronze,<br />
H. 197 cm, Ex. 1/6<br />
Pietà II,<br />
2013, Bronze,<br />
143 × 80 × 74 cm, Ex. 3/6<br />
eRBe 12,<br />
2012, Bronze,<br />
H. 197 cm, Ex. 1/6
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Biografie<br />
Biography<br />
1954 geboren in / born in Heiligenstadt/Eichsfeld<br />
1973-1980 Studium der Freien Grafik / studies of Graphic Arts, Staatliche Akademie der<br />
Bildenden Künste Stuttgart (Peter Grau, Gunther Böhmer, Rudolf Schoofs)<br />
1980-1984 Studium der Bildhauerei / studies of Sculpture, Staatliche Akademie der<br />
Bildenden Künste Stuttgart (Herbert Baumann, Alfred Hrdlicka)<br />
1994 Felix-Hollenberg-Preis für Radierung<br />
Lebt und arbeitet in / lives and works in Weidelbach, Mittelfranken.<br />
Einzelausstellungen<br />
Solo exhibitions<br />
2015 · Skulpturenmeile Ansbach · Bode Galerie, Nürnberg · Skulpturen in St.Sebald und St.Egidien,Nürnberg · 2014 · Galerie im Venet-Haus,<br />
Neu Ulm · Projectspace Daegu, Bode Galerie, Daegu, Südkorea · Zamek Slavkov - Austerlitz, Tschechien · Angela Berney Fine Arts, Basel,<br />
Schweiz · Kreuzgang des Basler Münsters, Basel · Kulturzentrum Englische Kirche Bad Homburg v.d.H., Magistrat der Stadt Bad Homburg<br />
und Galerie Scheffel · Städt. Galerie Tuttlingen · 2013 · Ateliergalerie Oberländer, Augsburg · Galerie Schloß Mochental mit Christopher<br />
Lehmpfuhl · Kloster Eberbach, Blickachsen 9 · Bode Galerie, Nürnberg · 2012 · Sebastianskapelle Ulm · 2011 · Ga lerie Schloß<br />
Mochental · Mochental bei Ehingen/Donau · Städtische Galerie Tettnang mit Raimund Wäschle · 2010 · Jardins du Manoir d‘Eyringnac,<br />
Perigord, Frankreich · Château de Biron, Perigord, Frankreich · Galerie Terminus, München mit Eckhard Kremers · Es Baluard Museu d‘Art<br />
Modern i Contemporani de Palma, Palma de Mallorca, Spanien · 2009 · Ateliergalerie Oberländer, Augsburg · Galerie Schrade, Schloß<br />
Mochental · Neue Galerie Landshut, mit Michael Jochum · 2008 · Die Galerie, Frankfurt/Main · Musei della Maremma, Provincia di<br />
Grosseto, Italien · Galerie Terminus, München · 2007 · Galerie Orangerie-Reinz, Köln · Galerie Bäumler, Regensburg · Ateliergalerie<br />
Oberländer, Augsburg · Galerieverein Leonberg, mit Michael Storz · Galerie von Braunbehrens, München 2006 · Die Galerie, Frankfurt/<br />
Main, mit Eckhard Kremers · 2005 · Museum Küppersmühle Sammlung Grothe, Duisburg · Galerie Orangerie-Reinz, Köln · Frederik Meijer<br />
Gardens & Sculpture Park, Grand Rapids, Michigan · Gertsev Gallery, Moskau, mit Christina Roederer · Worthington Gallery, Chicago ·<br />
Galerie Schloß Mochental, Art Karlsruhe · Galerie Brusberg Berlin, Berlin · 2004 · Galerie von Braunbehrens, München · Donna Tribby<br />
Fine Art, West Palm Beach · 2003 · Galerie Schloß Mochental · Galerie Weise, Chemnitz · Stadtkirche Darmstadt · Galerie Schrade, Karlsruhe<br />
· Galerie Orangerie-Reinz, Köln, mit Christina Roederer · 2002 · DRK Kliniken Westend Berlin, mit Rolf Szymanski · Galerie Bäumler,<br />
Regensburg · Galerie von Braunbehrens, München · Kunst Mammern, Schweiz, mit Burkhard Held · Kamp’s Galerie, Keitum, Sylt ·<br />
Galería Joanna Kunstmann, Palma de Mallorca, Spanien · Art Selection Gilg, Zürich · 2001 · Galerie Orangerie-Reinz, Art Cologne ·<br />
Morat-Institut für Kunst und Kunstwissenschaft, Freiburg i.Br. · Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd · Galerie im Prediger, Schwäbisch<br />
Gmünd · Galerie Schloß Mochental · Galerie Titan, Frankfurt am Main · Wessenberg Galerie, Konstanz, mit Alexej von Jawlensky · Ateliergalerie<br />
Oberländer, Augsburg, mit Ulrike Kirbach · 2000 · Stiftung für Bildhauerei, Berlin · Galerie von Braunbehrens, München · Galerie<br />
Orangerie-Reinz, Köln · Galerie Bäumler, Regensburg · 1999 · Sammlung Dahlström, Weinheim · Galerie Titan, Frankfurt am Main ·<br />
Galerie Orangerie-Reinz, Köln · 1998 · Galerie von Braunbehrens, Art Cologne · Galerie von Braunbehrens, München · Galerie Kerkhoff, Verl ·<br />
Ateliergalerie Oberländer, Augsburg · Kilianskirche Heilbronn · 1997 · Galerie Fahlbusch, Mannheim · Mannheimer Kunstverein · Sebastianskapelle<br />
Ulm · 1996 · Galerie von Braunbehrens, München · Kulturzentrum Templin, mit Werner Liebmann · IG-Metall Galerie, Frankfurt am Main ·<br />
Galerie Brusberg Berlin, Berlin, mit Werner Liebmann ·1995 · Städtische Museen Heilbronn · Galerie im Heppächer, Esslingen · 1994 ·<br />
Galerie von Braunbehrens, München · Städtische Galerie Albstadt · Galerie Brusberg Berlin, Berlin · 1993 · Ateliergalerie Oberländer,<br />
Augsburg · 1992 · Sammlung Dahlström, Weinheim · Galerie im Heppächer, Esslingen · Galerie Brusberg Berlin, Berlin · 1990 · Galerie im<br />
Heppächer, Esslingen · Galerie Fahlbusch, Mannheim · 1989 · Ateliergemeinschaft Wilhelmstraße 16 e.V., Stuttgart<br />
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Impressum<br />
Imprint<br />
Diese Broschüre erscheint anlässlich der Ausstellung <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s in St. Sebald und St. Egidien<br />
in Nürnberg vom 20.März - 31.Juli 2015.<br />
This brochure is published on the occasion of <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>’s exhibition at St. Sebald<br />
and St. Egidien in Nurenberg (March 20 - Juli 31, 2015)<br />
Willi Stöhr ist evangelischer Theologe, leitet seit 2005 die Evangelische Stadtakademie Nürnberg<br />
und ist als Pfarrer zugleich Prediger an St. Sebald. Vorher arbeitete er an der Evangelischen Akademie<br />
Tutzing und war Persönlicher Referent des Landesbischofs der Evangelisch-Lutherischen Kirche<br />
in Bayern.<br />
Martin Frischauf, geboren 1954 in Stuttgart. Ausbildung zum Lithograf bei der Kunstanstalt<br />
Schuler, Stuttgart. Meisterprüfung an der Johannes Gutenberg Schule in Stuttgart. Lehrtätigkeit<br />
an der Johannes Gutenberg Schule. Nach verschiedenen Tätigkeiten in der Medienbranche 1989<br />
Gründung der Firma Schwabenrepro.<br />
© 2015<br />
Freshup! publishing & Autoren / authors Bode Galerie & Edition, Evangelische Stadtakademie Nürnberg<br />
Text / Essay<br />
Willi Stöhr, Nürnberg<br />
Übersetzungen / Translations<br />
Alan Ross, Xchange Services Fürth<br />
Fotografie / Photography<br />
Martin Frischauf, Stuttgart<br />
Typografie, Gestaltung, Repro / Typography, design, lithography<br />
Rica Bock, Martin Frischauf, Stefanie Hofer, <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong><br />
Druck / Printing<br />
Wenng Druck GmbH, Dinkelsbühl<br />
ISBN 978-3-944526-45-4<br />
Die Ausstellung ist in Kooperation mit der Bode Galerie entstanden /<br />
Bode Galerie is cooperationpartner of the exhibition<br />
Besonderer Dank für die freundliche Unterstützung gilt / Special thanks for the kind support to<br />
Reformationsdekade<br />
Evangelische Bank eG
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