WOBA.Log - Mai 2018
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<strong>WOBA</strong>.<strong>Log</strong><br />
Wohnen & Leben<br />
9<br />
WALTRAUD UND HERMANN GÜNTHERODT:<br />
Mehr als<br />
ein halbes Jahrhundert<br />
in der Rungestraße 45<br />
Im Juli 1963 sind Waltraud und Hermann Güntherodt<br />
in ihre neue Oranienburger Wohnung in<br />
die Sachsenhausener Straße 23 E, inzwischen<br />
Rungestraße 45, eingezogen. Das ist bald 55<br />
Jahre her. Bis heute leben sie in dem letzten<br />
Aufgang des denkmalgeschützten Gebäudes.<br />
Die Kinder sind längst ausgezogen, Enkel und<br />
Urenkel wurden geboren. „Diese Wohnung ist<br />
ein Stück unserer Familiengeschichte geworden“,<br />
ist sich das Paar einig.<br />
Die Güntherodts waren noch keine 30 Jahre alt,<br />
als sie ihre Zwei-Zimmer-Wohnung in der damaligen<br />
Rudolf-Breitscheid-Straße gegen die fast<br />
100 Quadratmeter große Vier-Raum-Wohnung<br />
mit Balkon und Garten in der Rungestraße 45<br />
tauschten. Sie haben sechs Kinder – fünf Söhne<br />
und eine Tochter. „Als unser jüngster Sohn kam,<br />
da lebten wir schon in unserem neuen Heim“, erinnert<br />
sich Waltraud Günterodt. Ehemann Hermann<br />
arbeitete als Kranfahrer im Oranienburger<br />
Chemiewerk. „Die Wohnung gehörte zum Betrieb“,<br />
sagt er.<br />
Obwohl sich das neue Domizil beim Einzug nicht<br />
gerade von seiner besten Seite zeigte – „die<br />
Fassade war grau und dreckig, alles erinnerte<br />
an einen alten Stall“ – war die Familie glücklich.<br />
„Innen war alles topp. Die Lage war auch okay.“<br />
So konnten die Kinder nicht nur im Garten, sondern<br />
auch an der nur gut hundert Meter entfernt<br />
liegenden Havel spielen, „damals die reine Wild-<br />
Foto aus dem Jahr 2010<br />
nis“. Kindergarten, Schule, Einkaufsmöglichkeiten,<br />
Kino, Behörden - alles war zu Fuß zu erreichen.<br />
Dies schätzen die Güntherodts bis heute.<br />
„Es war und ist wirklich ein wunderbares Wohnen.“<br />
Zu DDR-Zeiten sei zudem der Zusammenhalt<br />
unter den Mietern des Hauses sehr groß<br />
gewesen. „Wir haben öfter gemeinsam gefeiert<br />
oder gegrillt.“<br />
Getrübt wurde die Wohnidylle vom nahe gelegenen<br />
Chemiewerk. Der Rauch aus den Schornsteinen<br />
verbreitete unangenehme Gerüche,<br />
bei Havarien sollen sogar Schwefeldämpfe<br />
entwichen sein. Die Güntherodts sprechen von<br />
gelb-rötlichen Wolken, die fürchterlich stanken.<br />
Ihr Glück: Weil sie so nahe am Chemiewerk<br />
wohnten, zogen diese Wolken meist über<br />
ihr Haus hinweg. Als die Chemiefabrik in den<br />
1970er-Jahren geschlossen wurde, konnten sie<br />
endlich aufatmen.<br />
Es sollte noch drei Jahrzehnte dauern, bis ihr<br />
Haus saniert wurde. Die gelbe Klinkerfassade<br />
wurde gereinigt, es wurden Fenster und Türen<br />
ausgetauscht, Elektroleitungen und Heizungen<br />
erneuert. Die Güntherodts übernahmen<br />
viele Arbeiten in Eigenregie. „Wir haben es uns<br />
sehr schön gemacht“, freuen sie sich. Das alles<br />
passierte vor der Landesgartenschau, wo<br />
der Bereich rund um das Schloss neu gestaltet<br />
und aufgewertet wurde: Der Sandweg vor dem<br />
Haus wurde asphaltiert und Zufahrt zum neuen<br />
Schlosshafen. Über die Havel wurde eine Fußgänger-<br />
und Radfahrerbrücke gebaut.<br />
Im November 2016 feierten die Güntherodts<br />
ihre Diamantene Hochzeit, und fast die ganze<br />
Familie kam: Alle sechs Kinder, alle acht Enkel<br />
und alle acht Urenkel. Mit seinem Leben ist das<br />
Paar hochzufrieden. „Wir hatten immer Arbeit,<br />
eine tolle Wohnung und angenehme Nachbarn.“<br />
Mittlerweile haben sie Zimmer an die Nachbarn<br />
abgegeben. „Seit die Kinder aus dem Haus<br />
sind, brauchen wir nicht mehr so viel Platz.“ Ihre<br />
zwei Zimmer, Bad, Küche und Garten halten die<br />
rüstigen, über 80 Jahre alten Rentner selbst in<br />
Schuss. Sie können den Haushalt weiterhin allein<br />
führen, brauchen lediglich ein wenig länger.<br />
„Wir wünschen uns, dass wir noch einige Jahre<br />
so weiterleben können.“