AgentNews 1:2018
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geändert wurde . Hierin würde wieder<br />
eine schikanöse und damit sittenwidrige<br />
Rechtsausübung liegen, welche keinen<br />
Entfall des Ausgleichsanspruches zur<br />
Konsequenz haben kann.<br />
Nun gilt es zu erörtern, welcher Natur<br />
die Vorteile sein müssen bzw. können,<br />
welche der Unternehmer aus den aufgebauten<br />
Geschäftsbeziehungen über das<br />
Vertragsverhältnis hinaus zieht bzw. ziehen<br />
können muss. Ohne das es für den<br />
Ausgleichsanspruch schädlich ist können<br />
diese durchaus anderer Natur sein,<br />
als während dem aufrechten Vertragsverhältnis.<br />
Wolf-Georg Schärf | Rechtsanwalt<br />
Einbringung Kundenstock<br />
Nach der derzeit geltenden Rechtssprechung<br />
ist beispielsweise der vollständige<br />
Entfall einer Ausgleichszahlung bei einer<br />
Reorganisation des Händlernetzes durch<br />
die Importeurin unter dem Gesichtspunkt<br />
des § 879 (Sittenwidrigkeit) unzulässig<br />
. Werden beispielsweise die vom<br />
Handelsvertreter aufgebauten Geschäftsverbindungen<br />
nunmehr durch Vertragshändler<br />
beliefert, so verbleibt dennoch<br />
ein Vorteil aus eben diesen Geschäftsverbindungen<br />
beim Unternehmer, auch<br />
wenn diese nur mittelbar sind.<br />
Ebensowenig wirkt sich eine Änderung<br />
der Rechtsform auf den Ausgleichsanspruch<br />
des Handelsvertreters aus, dies<br />
beispielsweise, wenn der vormals als<br />
Einzelunternehmer tätige Unternehmer<br />
eine juristische Person gründet und in<br />
diese den aufgebauten Kundenstock in<br />
Form einer Sacheinlage einbringt. Auch<br />
eine Veräusserung oder Verpachtung des<br />
Betriebes ändert nichts am Bestehen des<br />
Ausgleichsanspruches gegenüber dem<br />
Unternehmer. In beiden Fällen zieht<br />
der Unternehmer einen Vorteil aus den<br />
übertragenen Geschäftsverbindungen<br />
- beim ersten Beispiel: die Zuwendung<br />
von (mehr) Gesellschaftsrechten; beim<br />
zweiten Beispiel: einen erhöhten Erlös<br />
aus der Veräusserung / Verpachtung.<br />
Erfolgreiches Abwerben<br />
Eine konkurrierende Tätigkeit des Handelsvertreters<br />
nach Beendigung des<br />
Vertragsverhältnisses kann sich auf den<br />
zustehenden Ausgleichsanspruch problematisch<br />
auswirken. Auch wenn hierdurch<br />
der Ausgleichsanspruch nicht dem<br />
Grunde nach betroffen ist, so kann durch<br />
ein gezieltes und erfolgreiches Abwerben<br />
von vormals vermittelten Kunden<br />
die Situation entstehen, dass tatsächlich<br />
kein Kundenstock überlassen wird, aus<br />
dem künftig erhebliche Vorteile gezogen<br />
werden können; jedenfalls vermindern<br />
sich hierdurch die zu erwartenden, erheblichen<br />
Vorteile und kann sich dies<br />
im Rahmen einer abschliessenden Billigkeitsabwägung<br />
negativ auf den Ausgleichsanspruch<br />
des Handelsvertreters<br />
aus wirken.<br />
Bei Beurteilung Ihres Ausgleichsanspruches<br />
sind daher vermeintliche Betriebseinschränkungen<br />
und Umstrukturierun-<br />
gen kritisch zu bewerten, da sie zumeist<br />
keine Auswirkung auf den Ausgleichsanspruch<br />
an sich haben; dies schon gar<br />
nicht wenn sie nur dazu dienen sollen<br />
diesen zu vermindern oder gar vollständig<br />
zum Erlöschen zu Bringen. Bei<br />
Aufnahme eine neuen Tätigkeit sollten<br />
Sie beachten, dass das erfolgreiche Abwerben<br />
von vormals vermittelten bzw.<br />
ausgebauten Kunden dem Ausgleichsanspruch<br />
schaden könnte, vor allem wenn<br />
sie im selben Geschäftsfeld wie zuvor<br />
einer Vermittlungstätigkeit im Sinne des<br />
Handelsvertretergesetzes nachgehen.<br />
Dies kann aber nicht soweit gehen, dass<br />
sie ihrer angestammten Tätigkeit nicht<br />
mehr nachgehen können, da dies einem<br />
Berufsverbot gleichkommen würde,<br />
welches das Handelsvertretergesetz ausschliesst.<br />
THINKSTOCK, CHAPTER2<br />
Zu beachten ist, dass das Gesetz<br />
betreffend der zu erwartenden<br />
Vorteile für die Handelsvertreter<br />
auch eine qualitative Bedingung<br />
bzw. Voraussetzung normiert.<br />
Karl Weisz | Obmann