MTD_DDG_2018_05
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diabeteszeitung · 3. Jahrgang · Nr. 5 · 30. Mai <strong>2018</strong><br />
News & Fakten<br />
3<br />
Gestationsdiabetes:<br />
Messgerät auf Rezept<br />
GKV-Spitzenverband reagiert auf die Einwände<br />
von Diabetologen und Frauenärzten<br />
WIESBADEN. Der GKV-Spitzenverband hat in einem Schreiben<br />
an <strong>DDG</strong>, BVND und weitere Verbände angekündigt, künftig<br />
Gestationsdiabetes als Indikation für Blutzuckermessgeräte im<br />
Hilfsmittelverzeichnis zu berücksichtigen. Zweifel an der Verordnungsfähigkeit<br />
scheinen damit ausgeräumt.<br />
Es waren Krankenkassen in Bayern,<br />
die verkündeten, sie würden<br />
eine Verordnung von Blutzuckermessgeräten<br />
zulasten der GKV<br />
bei Frauen mit Gestationsdiabetes<br />
(GDM), die durch Ernährungsumstellung<br />
behandelt werden, nicht bezahlen.<br />
Laut Beschluss des Gemeinsamen<br />
Bundesausschusses (G-BA)<br />
bestehe eine Erstattungspflicht nur<br />
bei insulinpflichtigen Diabetespatienten.<br />
Das berichtet Dr. Arthur<br />
Grünerbel, Vorsitzender der Fachkommission<br />
Diabetes in Bayern.<br />
Solange die Hersteller die Ärzte mit<br />
kostenlosen Messgeräten ausgestattet<br />
hatten, war die Abgabe an die<br />
schwangeren Patientinnen kein Thema<br />
gewesen. Als dieser Vertriebsweg<br />
aufgrund des Antikorruptionsgesetzes<br />
eingestellt wurde, kam die Frage<br />
nach der Verordnungsfähigkeit auf.<br />
Optimale Blutzuckereinstellung<br />
ist wichtig für Mutter und Kind<br />
Die Präsidenten der <strong>DDG</strong> schrieben<br />
im August 2017 den Spitzenverband<br />
der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
(GKV-Spitzenverband) wegen<br />
der Erstattung an. Nur durch Selbstmessung<br />
in der Schwangerschaft<br />
könne die Indikation zur Insulintherapie<br />
gestellt werden. Von einer<br />
optimalen Blutzucker einstellung<br />
hänge nicht nur die Gesundheit des<br />
ungeborenen Kindes maßgeblich<br />
ab, sondern auch die Vermeidung<br />
schwerer Schwangerschafts- und<br />
Geburtskomplikationen sowie eines<br />
späteren Typ-2-Diabetes der Mutter.<br />
Im Vergleich zu den relativ geringen<br />
Kosten für Messgerät und Teststreifen<br />
drohten sehr hohe Folgekosten.<br />
Den GKV-Spitzenverband beeindruckte<br />
das nicht. Er antwortete:<br />
Als man die Produktgruppe 21 des<br />
Hilfsmittelverzeichnisses (Messgeräte<br />
für Körperzustände/-funktionen)<br />
wegen des G-BA-Beschlusses zur<br />
kontinuierlichen interstitiellen Glukosemessung<br />
mit Real-Time-Messgeräten<br />
fortgeschrieben habe, seien im<br />
Stellungnahmeverfahren weder von<br />
den Spitzenorganisationen der Hersteller<br />
und Leistungserbringer noch<br />
von den Patientenorganisationen die<br />
von der <strong>DDG</strong> „angesprochene Problematik“<br />
thematisiert worden.<br />
Nennung der Indikationen<br />
ist nicht abschließend<br />
Im Februar <strong>2018</strong> legte die <strong>DDG</strong><br />
nach. Gemeinsam mit dem Bundesverband<br />
Niedergelassener Diabetologen<br />
(BVND), der Deutschen<br />
Gesellschaft für Gynäkologie und<br />
Geburtshilfe sowie dem Berufsverband<br />
der Frauenärzte wies sie den<br />
GKV-Spitzenverband erneut auf die<br />
Sinnhaftigkeit hin, Gestationsdiabetes<br />
als Indikation für die Geräteverordnung<br />
anzuerkennen: „Weder aus<br />
medizinischer noch aus gesundheitsökonomischer<br />
Sicht ist nachvollziehbar,<br />
dass Blutzuckermessgeräte bei<br />
GDM nicht erstattet werden. Wir<br />
sehen hier ein eindeutiges Gefährdungspotenzial<br />
für betroffene Mütter<br />
und ihre Kinder.“<br />
Das wirkte. Am 4. April <strong>2018</strong> schrieb<br />
der GKV-Spitzenverband, dass die im<br />
Hilfsmittelverzeichnis aufgeführten<br />
Indikationen beispielhaft genannt<br />
und somit nicht abschließend seien,<br />
sodass dort nicht aufgeführte<br />
Indikationen keinen generellen Versorgungsausschluss<br />
zur Folge haben<br />
könnten. Man werde zudem den Vorschlag,<br />
GDM als Indikation für Blutzuckermessgeräte<br />
zu nennen, bei der<br />
»Vorschlag wird<br />
aufgegriffen«<br />
Blutzuckermessung<br />
während der<br />
Schwangerschaft<br />
ist wichtig.<br />
Fotos: zVg, shutterstuck/aslysun<br />
nächsten Verzeichnisfortschreibung<br />
der Produktgruppe 21 aufgreifen.<br />
BVND-Chef Dr. Nikolaus Scheper<br />
freut diese Antwort. Er hat die Verbandsmitglieder<br />
per „Hotmail“ umgehend<br />
darüber informiert.<br />
Wird etwas dauern, bis die<br />
Sachbearbeiter informiert sind<br />
Zwar wurde kein Termin für die<br />
angekündigte Anpassung des Hilfsmittelverzeichnisses<br />
genannt, aber<br />
die verordnenden Kolleginnen und<br />
Kollegen könnten sich ab sofort auf<br />
das Schreiben berufen, sollte sich<br />
eine Krankenkasse der Erstattung<br />
widersetzen oder gar Regressforderungen<br />
stellen wollen.<br />
Dr. Grünerbel ist dagegen noch vorsichtig.<br />
Er rät Kolleginnen und Kollegen,<br />
vorerst weiterhin schwangeren<br />
Patientinnen den Kauf eines Messgeräts<br />
in einer Apotheke oder bei<br />
einem Großhändler-Diabetesshop<br />
nahezulegen. Die Kosten dafür seien<br />
überschaubar und die Teststreifen<br />
verordnungsfähig. Es werde einige<br />
Zeit dauern, bis die offizielle Information<br />
auf die Sachbearbeiterebene<br />
der Kassen durchgesickert sei. REI<br />
Pädagogen als Unterstützer qualifizieren<br />
Empfehlungen der <strong>DDG</strong> zu Weiterbildung und Schulung<br />
BERLIN. Kinder mit Diabetes mellitus<br />
Typ 1 brauchen Unterstützung bei der<br />
Umsetzung ihrer Therapie in der Schule.<br />
Davon ist die <strong>DDG</strong> überzeugt. Sie<br />
hat dafür Empfehlungen verfasst.<br />
Die Inklusion von Kindern mit<br />
Diabetes mellitus Typ 1 in der<br />
Schule gestalte sich teilweise sehr<br />
schwierig, heißt es im „Statement<br />
zur Weiterbildung bzw. Schulung<br />
von pädagogischen Fachkräften, die<br />
Kinder mit Diabetes in der Schule<br />
begleiten“. In der Regel fehle geschultes<br />
Personal und es gebe diesbezüglich<br />
keine einheitlichen Regelungen<br />
und Verantwortlichkeiten.<br />
„Fast alle pädiatrischen Diabeteszentren<br />
bieten eine aufsuchende<br />
Schulung für die Lehrer/innen und<br />
Betreuer/innen von Kindern mit<br />
Diabetes Typ 1 in Schule und Kita<br />
an“, darauf verweist Karina Boss,<br />
»Individuelle Absprachen zum Kind<br />
münden in Handlungsanweisungen«<br />
Diabetesberaterin <strong>DDG</strong> und Mitautorin<br />
des Statements. Vor Ort werde<br />
Wissen vermittelt. Mit dem Einverständnis<br />
der Erziehungsberechtigten<br />
erfolgten individuelle Absprachen<br />
zum konkret betroffenen Kind. Und<br />
in einer schriftlichen Handlungsanweisung<br />
wird festgelegt, welche Personen<br />
wann welche Therapieaufgaben<br />
übernehmen.<br />
Die Wünsche und Erfahrungen der<br />
Erziehungsberechtigten sowie die<br />
Empfehlungen der behandelnden<br />
Diabeteszentren werden eingebunden.<br />
Berücksichtigt werden ebenso<br />
zeitliche und örtliche Gegebenheiten<br />
der Schule sowie Absprachen zu<br />
Sport und Hypomanagement.<br />
Die aufsuchenden Schulungen werden<br />
bisher nicht durch Krankenkassen<br />
oder die öffentliche Hand finanziert,<br />
bedauert Boß. „Wir wünschen<br />
uns natürlich eine Vergütung für<br />
diese Leistungen. Wir halten aber<br />
solche kindspezifischen individuellen<br />
Weiterbildungen für pädagogische<br />
Fachkräfte ganz klar auch im<br />
Sinne einer gelungenen Inklusion<br />
für absolut notwendig.“ Jedes Kind<br />
habe individuelle Stärken und Fähigkeiten<br />
und müsse daher auch in<br />
individuell angepasster Weise unterstützt<br />
werden.<br />
kol<br />
Die Stellungnahme der <strong>DDG</strong> und eine<br />
Lehrerinformation der AGPD:<br />
https://bit.ly/2HQQehQ<br />
https://bit.ly/2jkzYrs