MTD_DDG_2018_05
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4 News & Fakten<br />
diabeteszeitung · 3. Jahrgang · Nr. 5 · 30. Mai <strong>2018</strong><br />
Adipositas-OPs in<br />
Deutschland selten<br />
MANNHEIM. Nach fast 15 Jahren<br />
Praxiserfahrung ist klar,<br />
dass extrem übergewichtige<br />
Patienten von Magenbypass<br />
oder -verkleinerung nachhaltig<br />
profitieren können. Dennoch<br />
zeigen Krankenkassen in<br />
Deutschland große Zurückhaltung<br />
bei der Kostenübernahme,<br />
so Professor Dr. Dieter<br />
Birk, Krankenhaus Bietigheim-Vaihingen,<br />
auf dem Kongress<br />
der DGK – hierzulande<br />
werden jährlich bis zu 30-mal<br />
weniger OPs durchgeführt als<br />
in einigen Nachbarländern.<br />
Darum fordert er mehr Aufklärungsarbeit<br />
durch Mediziner<br />
und die Gesundheitspolitik. dz<br />
DGK-Pressemitteilung<br />
Geschäftsbericht<br />
der <strong>DDG</strong> ist da<br />
BERLIN. Der neue <strong>DDG</strong> Geschäftsbericht<br />
2017 ist ab sofort<br />
verfügbar. <strong>DDG</strong> Mitglieder<br />
erhalten diesen automatisch<br />
per Postzustellung. Aber auch<br />
für alle anderen Interessierten<br />
ist dieser zugänglich: Der Bericht<br />
kann als Printprodukt in<br />
der <strong>DDG</strong> Geschäftsstelle bestellt<br />
werden (info@ddg.info,<br />
Telefon: 030 3 11 69 37 0 25).<br />
Außerdem steht er online als<br />
Download und als ePaper bereit:<br />
www.deutsche-diabetesgesellschaft.de/ueberuns/geschaeftsbericht.html<br />
Ozon hoch, Blutzucker niedrig<br />
Analyse von DPV-Registerdaten zeigt<br />
inverse Korrelation bei jugendlichen Typ-1-Diabetespatienten<br />
ULM. Man würde es nicht erwarten, aber eine jetzt veröffentlichte<br />
großangelegte Studie bestätigt erste Hinweise: Eine hohe<br />
Ozonbelastung geht bei Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes mit<br />
niedrigeren HbA 1c -Werten einher.<br />
Beim Typ-2-Diabetes ist eine<br />
hohe Schadstoffbelastung der<br />
Atemluft sowohl mit einer<br />
höheren Erkrankungsinzidenz als<br />
auch mit einer schlechteren Stoffwechselkontrolle<br />
verbunden. Das<br />
haben frühere Studien ergeben. Zum<br />
Typ-1-Diabetes lagen in dieser Hinsicht<br />
bislang kaum belastbare Daten<br />
vor. Deshalb hat eine deutsche<br />
Forschergruppe um Dr. Stefanie<br />
Lanzinger von der Universität<br />
Ulm, Projektpartner des DZD, die<br />
Daten von mehr als 37 000 jugendlichen<br />
Typ-1-Diabetespatienten auf<br />
mögliche Zusammenhänge zwischen<br />
der Langzeitexposition gegenüber<br />
Schadstoffen in der Atemluft und<br />
der Stoffwechseleinstellung untersucht.<br />
Als Schadstoffe berücksichtigt<br />
wurden Feinstaubpartikel, Stickstoffdioxid<br />
sowie Ozon, erfasst vom<br />
Umweltbundesamt. Die Qualität der<br />
Stoffwechselkontrolle wurde anhand<br />
des HbA 1c -Werts und der täglichen<br />
Insulindosis beurteilt.<br />
Ein riesiger Datenpool<br />
wurde ausgewertet<br />
»Zusammenhang<br />
erwies sich<br />
als konsistent«<br />
Die Daten stammen aus der Diabetes-Patienten-Verlaufsdokumentation<br />
(DPV), einer bevölkerungsbasierten<br />
Kohortenstudie, an der<br />
Zentren in Deutschland und dem<br />
europäischen Ausland teilnehmen.<br />
Diese übermitteln regelmäßig die<br />
anonymisierten Daten ihrer Patienten<br />
an das DPV-Zentrum der<br />
Uni Ulm, wo die Daten mit unterschiedlichen<br />
Fragestellungen analysiert<br />
werden. Der jetzt vorgelegten<br />
Analyse liegen die Patientendaten<br />
aus 344 deutschen, über das gesamte<br />
Bundesgebiet verteilten Zentren<br />
zugrunde, wobei ein mehrjähriger<br />
Zeitraum von 2009 bis 2014 erfasst<br />
wurde.<br />
Die Auswertung ergab einen einzigen<br />
signifikanten Zusammenhang:<br />
Es besteht eine inverse Korrelation<br />
zwischen der kumulativen Ozonbelastung<br />
und der Qualität der Stoffwechselkontrolle.<br />
Im Klartext heißt<br />
das: Je mehr Ozon die Jugendlichen<br />
abbekommen hatten, desto niedriger<br />
waren ihre HbA 1c -Werte. Dieser Zusammenhang<br />
erwies sich auch nach<br />
umfangreichen Sensitivitätsanalysen<br />
als konsistent.<br />
Ein therapeutischer Ozon-Effekt<br />
bei Diabetes?<br />
Ein überraschendes Ergebnis und<br />
doch wieder so überraschend nicht,<br />
denn bereits eine kleinere Studie,<br />
basierend auf dem DDZ-Register<br />
des Deutschen Diabetes-Zentrums<br />
in Düsseldorf, hatte bei knapp 800<br />
jugendlichen Typ-1-Diabetespatienten<br />
zu einem analogen Ergebnis<br />
geführt. Allerdings hatten sich die<br />
Daten dieser Studie als nicht robust<br />
erwiesen. Bestätigt wird die Vermutung<br />
des positiven Einflusses einer<br />
hohen kumulativen Ozonbelastung<br />
auf das HbA 1c auch durch eine chinesische<br />
Typ-2-Diabetes-Studie. Allerdings<br />
waren die Ergebnisse nicht<br />
signifikant.<br />
Tierexperimentelle Daten stützen<br />
die inverse Korrelation zwischen<br />
Ozon und HbA 1c ebenfalls: Am<br />
Rattenmodell für Diabetes mellitus<br />
konnte gezeigt werden, dass Ozon<br />
den HbA 1c -Wert reduziert. Ob sich<br />
dadurch tatsächlich ein therapeutisches<br />
Potenzial von Ozon bei Diabetes<br />
ableiten lässt, gilt es jedoch<br />
noch zu klären. Als mögliche Wirkmechanismen<br />
werden ein Anstieg<br />
der Insulinsensitivität und eine<br />
Abnahme von oxidativem Stress<br />
diskutiert.<br />
Abgesehen vom Ozoneffekt führte<br />
die DPV-Studie zu keinen signifikanten<br />
Ergebnissen. Die Langzeitexposition<br />
weder gegenüber Feinstaub<br />
noch gegenüber Stickstoffdioxid ließ<br />
eine Korrelation zum HbA 1c erkennen.<br />
Auch mit Blick auf die tägliche<br />
Insulindosis und etwaige Zusammenhänge<br />
mit luftbelastenden Stoffen<br />
verlief die Studie negativ.<br />
Ulrike Viegener<br />
Lanzinger S. et al.: Diabetologia <strong>2018</strong><br />
https://doi.org/10.1007/s00125-018-4580-8<br />
Die aktuellen<br />
Studienergebnisse<br />
stellen Ozon in<br />
ein neues Licht.<br />
Foto: iStock/FrankRamspott<br />
VDBD-Kuratorium<br />
neu besetzt<br />
BERLIN. In einer konstituierenden<br />
Sitzung am 19. April<br />
wurde das Kuratorium der<br />
Akademie des Verbandes der<br />
Diabetes-Beratungs- und<br />
Schulungsberufe (VDBD) neu<br />
gewählt. Vorsitzender für die<br />
nächsten drei Jahre ist <strong>DDG</strong><br />
Präsident Professor Dr. Dirk<br />
Müller-Wieland. „Ich freue<br />
mich darauf, der VDBD Akademie<br />
beratend zur Seite zu<br />
stehen“, so der neu gewählte<br />
Vorsitzende. Diabetesfachkräfte<br />
nehmen regelmäßig an Fortund<br />
Weiterbildungsangeboten<br />
der VDBD Akademie teil. Das<br />
Kuratorium berät dabei die<br />
Akademieleitung zu inhaltlichen<br />
Fragen.<br />
hue<br />
KOMMENTAR<br />
Für den in der Studie beobachteten<br />
Effekt gibt es unterschiedliche Erklärungsansätze:<br />
Zum einen könnten unsere<br />
Ergebnisse den in früheren Studien<br />
bereits gezeigten Zusammenhang zwischen<br />
vermehrter körperlicher Aktivität<br />
und niedrigen HbA 1c -Werten widerspiegeln.<br />
Das wurde beispielsweise in<br />
einer schwedischen Studie mit Kindern<br />
und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes<br />
beobachtet. Zum anderen könnte auch<br />
eine durch Sonnenexposition hervorgerufene, höhere<br />
Vitamin D-Konzentration eine Rolle spielen, da ein inverser<br />
Zusammenhang zwischen Vitamin D und HbA 1c<br />
bei Menschen mit Typ-1-Diabetes beobachtet wurde.<br />
»Es gibt unterschiedliche Erklärungsansätze«<br />
Kommentar von der Erstautorin Dr. Stefanie Lanzinger<br />
Dr. Stefanie<br />
Lanzinger<br />
Universität Ulm<br />
Foto: zVg<br />
Eine weitere Möglichzeit zur Erklärung<br />
der Ergebnisse wäre eine milde Hämolyse<br />
aufgrund von einem Anstieg der<br />
kumulativen Ozonkonzentration.<br />
Auch Feinstaub und NO 2<br />
spielen für das HbA 1c eine Rolle<br />
Ein therapeutisches Potenzial bei Ozon<br />
alleine sehen wir aber nicht. Zwar gibt<br />
es Tiermodelle, die auf einen therapeutischen<br />
Einfluss von Ozon hinweisen, allerdings<br />
ist die Evidenz hier sehr gering<br />
und bezieht sich nur auf einzelne Studien.<br />
Mit unseren Ergebnissen können<br />
wir nur auf einen möglichen Zusammenhang zwischen<br />
Ozon und der Stoffwechseleinstellung bei Menschen<br />
mit Typ-1-Diabetes hinweisen, allerdings können wir<br />
nichts zur Kausalität dieses Zusammenhangs sagen.<br />
Und auch wenn unsere Studie keinen Zusammenhang<br />
zwischen Feinstaub bzw. NO 2 und HbA 1c bei Kindern<br />
und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes gezeigt hat, vermuten<br />
wir dennoch, dass es diesen geben könnte. Im<br />
Gegensatz zu unserer Studie zeigte zum Beispiel eine<br />
Untersuchung mit Typ-2-Diabetes patienten aus dem<br />
DPV-Register erhöhte HbA 1c -Werte in Zusammenhang<br />
mit einem Anstieg der Feinstaubkonzentration. Ähnliche<br />
Ergebnisse lieferte auch eine Studie aus Israel.<br />
Regionale Unterschiede können<br />
Differenzen verursachen<br />
Dass die Ergebnisse verschieden ausfallen, kann an Unterschieden<br />
in der Studienpopulation, individuellen<br />
Anfälligkeiten der Diabetespatienten, der Methodik der<br />
Auswertung sowie an Unterschieden in den Quellen<br />
und der Luftschadstoffzusammensetzung liegen. Regionale<br />
Differenzen können ebenfalls eine Rolle spielen.