KGW 2018 DAS Magazin, final
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Interview mit Günter Kessler<br />
„Zum Ausgleich spiele ich Golf“<br />
Sie haben mit Spielern wie Martin<br />
Kaymer oder Marcel Siem schon in frühen<br />
Jahren zusammengearbeitet und<br />
diese Talente zu Profis geformt. Wie<br />
lange dauert es, bis Sie ein Talent erkennen?<br />
Die Frage ist immer, was ist ein Talent?<br />
Das oft beschworene Golfer-Gen<br />
gibt es nicht. Es gibt Menschen die sich<br />
gut bewegen oder weniger gut bewegen<br />
können. Sie können sehen, ob er oder sie<br />
gute Motorik hat, die vielleicht auf den<br />
Golfsport anwendbar ist. Es gab viele<br />
Spielerinnen und Spieler in dieser Zeit,<br />
die koordinativ sicher keine Weltmeister<br />
waren, aber dennoch sehr gute Golfspieler<br />
geworden sind. Der Wille und die Geduld<br />
aller ist der Schlüssel. Geduld<br />
schlägt Talent. Durch bestimmte Aufgabenstellungen<br />
finden Sie relativ schnell<br />
heraus, ob jemand geduldig und willig<br />
ist.<br />
Wie viele Stunden pro Tag beschäftigen<br />
Sie sich in der Regel mit Golf?<br />
Das weiß ich nicht. Auf jeden Fall den<br />
größten Teil des Tages.<br />
48 49<br />
Günter Kessler zählt zweifelsfrei zu den<br />
bedeutendsten Trainern im Golfsport in<br />
Deutschland. Der Diplom-Golflehrer<br />
hat aus Talenten wie Martin Kaymer,<br />
Marcel Siem oder Caroline Masson erfolgreiche<br />
Profis geformt. Seit 1996 unterrichtet<br />
der PGA-Professional, DGV-<br />
Stützpunkttrainer und Leistungs-Coach<br />
an der Hummelbachaue, wo er ein<br />
achtköpfiges Trainerteam leitet. Im Vorfeld<br />
der Kölner Golfwoche spricht der<br />
von der Zeitung „Die Welt“ einmal als<br />
„sympathischer Tiefstapler“ beschriebene<br />
Kessler über den Golfstandort Rheinland,<br />
Talentförderung und eigene Wünsche.<br />
Herr Kessler, in diesem Jahr ist die Golfanlage<br />
Hummelbachaue in Neuss erstmals<br />
Teil der Kölner Golfwoche. Sie<br />
sind hier seit 1996 als Trainer aktiv.<br />
Bitte beschreiben Sie doch einmal die<br />
Anlage.<br />
Die Anlage ist eine Herausforderung<br />
für jede Spielstärke. Auf diesem Platz<br />
geht es nicht nur um Länge, sondern<br />
auch um Genauigkeit. Durch gute Taktik<br />
wird es kein Problem sein, diesen Platz<br />
zu meistern.<br />
Mit Martin Kaymer, Marcel Siem,<br />
Maximilian Kieffer, Caroline Masson<br />
oder Sandra Gal kommen gleich mehrere<br />
der besten deutschen Golfer aus<br />
dem Rheinland. Auch was Quantität<br />
und Qualität der Platzanlagen angeht,<br />
gehört die Region zu den attraktivsten<br />
Standorten Deutschlands. Sehen Sie<br />
das genauso?<br />
Das ist sicherlich so. Wir haben im<br />
Rheinland eine hohe Dichte an qualitativ<br />
hochwertigen Golfanlagen. Durch die<br />
hohe Bevölkerungsdichte sind die meisten<br />
auch entsprechend gut ausgelastet,<br />
einige Clubs in den Randgebieten würden<br />
sich aber auch über ein bisschen Zuwachs<br />
freuen.<br />
Wie erklären Sie sich die relativ hohe<br />
Talentdichte im Rheinland?<br />
Wir haben viele junge Spielerinnen<br />
und Spieler die sich vorgenommen haben,<br />
Golf als Leistungssport zu betreiben.<br />
Wir haben Eltern, Trainer und Clubs, die<br />
diesen Weg der jungen Athletinnen und<br />
Athleten begleiten und unterstützen.<br />
Möglicherweise ist durch eine vorherrschende<br />
Konkurrenz auch der Ansporn<br />
der Trainer größer, die Jugendlichen in<br />
ihrem Club besser auszubilden.<br />
Also belebt Konkurrenz das Geschäft?<br />
Konkurrenz hilft. Es spornt vielleicht<br />
den einen oder anderen Trainer mehr an.<br />
Natürlich braucht es eine gewisse Zeit,<br />
um einen jungen Menschen nach vorne<br />
zu bringen. Sie haben eine Strecke von<br />
etwa zehn Jahren, die sie durchhalten<br />
müssen, inklusive aller Fremdeinwirkungen.<br />
Das ist ein Geduldsspiel für<br />
Spielerin oder Spieler, Eltern und Trainer.<br />
In unserer Zunft ist es ein großer<br />
Nachteil, dass die meisten Trainer nicht<br />
so lange vor Ort sind, um einen Spieler<br />
ausbilden zu können. Die Trainerfluktuation<br />
ist dabei ebenso ein Problem, wie<br />
die Einteilung der Talente in Jahrgänge.<br />
So bekommen die Talente alle zwei Jahre<br />
einen neuen Trainer. Das ist aus meiner<br />
Sicht nicht ideal, um talentierte Jugendliche<br />
nach vorne zu bringen. Sie haben<br />
gerade Vertrauen zu ihrem Trainer aufgebaut,<br />
da kommt schon wieder ein anderer.<br />
Vielleicht sollte diese Methode bei<br />
solch einer komplexen Sportart hinterfragt<br />
werden.<br />
Wie können noch mehr Talente in die<br />
Spitze, sprich in die Nationalkader<br />
oder auf die Tour gelangen?<br />
Seit einigen Jahren werden immer<br />
gleiche oder ähnliche Dinge versucht um<br />
mehr erfolgreiche Golferinnen und Golfer<br />
zu bekommen. Mit dem Ergebnis, es<br />
werden einfach nicht mehr. Warum baut<br />
man es nicht so auf, dass die Top-Trainer<br />
schon in ganz jungen Jahren mit den<br />
vielversprechenden Talenten arbeiten<br />
und bei ihrer Arbeit entsprechend von<br />
Trainern, die dieses Niveau noch nicht<br />
erreicht haben, unterstützt werden. Das<br />
hat den doppelten Vorteil, dass sowohl<br />
Spieler als auch Trainer lernen. Ich glaube,<br />
bei den Jüngsten mit den besten Trainern<br />
zu starten, kann ein richtiger Weg<br />
zur optimalen Ausbildung von Talenten<br />
sein.<br />
Also eine Umkehr des aktuellen Förderansatzes?<br />
Ja. Die besten Trainer des Clubs gehen<br />
an die Kleinen, binden aber die anderen<br />
Trainer mit ein, die so ebenfalls ausgebildet<br />
werden. Aber um das unmissverständlich<br />
zu sagen: Wenn zehn Trainer<br />
an einem Spieler herumwerkeln, ist das<br />
fatal. Es kommt im deutschen Golf vor,<br />
dass bis zu zehn Trainer involviert sind!<br />
Aber wenn die alle ihre Ideen auf eine<br />
Spielerin oder einen Spieler einprasseln<br />
lassen, dann können Sie sich denken,<br />
was dabei herauskommt.<br />
Getreu dem Motto, viele Köche verderben<br />
den Brei.<br />
Wenn Sie so wollen, dann sind das alles<br />
Sterneköche in ihrer Kategorie, aber<br />
auch jeder Sternekoch hat seine eigene<br />
Handschrift und da kann man so viele<br />
Absprachen machen, wie man will: Jeder<br />
Trainer hat seinen grundlegenden Weg<br />
und den verändert er, wenn überhaupt,<br />
nur minimal. Der junge Mensch muss<br />
sich ja nicht nur mit den Trainern auseinandersetzen,<br />
dazu kommen noch die<br />
Physiotherapeuten, Psychologen und<br />
dann kommt noch der Club, der den<br />
Großteil der Ausbildung des Spielers bezahlt<br />
und natürlich auch seine Ansprüche<br />
an den Spieler hat, was den Spielplan<br />
betrifft. Diese muss der junge<br />
Mensch alle unter einen Hut bringen,<br />
hinzu kommen Schule und Privatleben.<br />
Ein wenig Talent gehört also sicher<br />
dazu. Und der Rest …<br />
…ist pure Arbeit. Pure Arbeit heißt allerdings<br />
nicht, dass man dabei keinen<br />
Spaß haben darf. Das kann man sehr gut<br />
miteinander verknüpfen.<br />
Sie haben einmal gesagt: „Können<br />
kommt von Sachkenntnis“. Ist dies ein<br />
Bereich, der oftmals unterschätzt wird?<br />
Da ist aus meiner Sicht noch das<br />
Meiste herauszuholen. Sich bewusst zu<br />
machen, was passiert bei einem Schlag<br />
eigentlich mit mir und meinem Körper,<br />
diese Frage stellen sich aus meiner Erfahrung<br />
nur die wenigsten Golferinnen<br />
und Golfer. Jeder Golfer ist ja ein Unikat.<br />
Hier sehe ich ein großes Defizit, dass das<br />
nicht bekannt ist und zu wenig über Zusammenhänge<br />
aufgeklärt werden.<br />
Gibt es einen Ausgleich, den Sie für<br />
sich entdeckt haben?<br />
Golf spielen (lacht). Ich spiele sehr<br />
gerne privat, mit angenehmen und lieben<br />
Menschen. Ich spiele aber auch gerne alleine,<br />
lasse den Blick nach rechts und<br />
links schweifen und genieße die Natur.<br />
Wo spielen Sie gerne privat?<br />
Auf Plätzen, die gut gepflegt sind. Da<br />
haben wir in unserer Region eine schön<br />
große Auswahl.<br />
Sie haben im vergangenen Jahr Ihren<br />
60. Geburtstag gefeiert. Haben Sie einen<br />
golferischen Wunsch, den Sie sich<br />
gerne noch erfüllen würden?<br />
Nein. Meinen Golfwunsch aus dem<br />
Jahre 1984 habe ich mir bereits erfüllt.<br />
Damals war ich das erste Mal als Zuschauer<br />
beim Masters in Augusta. Mein<br />
damaliger Wunsch war, mit einem Spieler<br />
hierhin zurückzukehren. Es hat zwar<br />
eine gewisse Zeit gedauert, aber dieser<br />
Wunsch wurde mir durch Martin Kaymer<br />
erfüllt.<br />
Zum Abschluss: Haben Sie einen Experten-Tipp<br />
für die Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer der 14. Kölner Golfwoche?<br />
Wenn man am Spieltag auf den Platz<br />
geht, sollte man eher mehr Zeit auf dem<br />
Putting-Green verbringen. Vor dem Spiel<br />
zudem unbedingt die Information einholen,<br />
ob das Putting-Green in etwa identisch<br />
ist mit dem was wir auf dem Golfplatz<br />
vorfinden. Dann wird es leichter<br />
mit der Umstellung auf unterschiedliche<br />
Plätze.