DIE VARUSSCHLACHT - Harald Rosenfeldt
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6.1. <strong>DIE</strong> AUSGRABUNGEN BEI KALKRIESE<br />
SCHLÜTER, Grabungsbericht „Römer im Onabrücker Land“, Bramsche, 1991<br />
Im Jahre 1987 wurde in der Gemarkung Kalkriese, Stadt Bramsche, Ldkr. Osnabrück, ein weitgehend<br />
zerpflügter Verwahrfund römischer Silbermünzen entdeckt. Insgesamt konnten - u.a. bei einer Nachgrabung<br />
- 162 Denare der Republik und des Augustus geborgen werden [...]. Der Fundplatz liegt in<br />
der Kalkrieser-Niewedder-Senke zwischen dem Kalkrieser Berg und dem Großen Moor am nördlichen<br />
Rand des Wiehengebirges. Die Auffindung römischer Münzen, und zwar nicht nur von Silber-, sondern<br />
auch von Goldmünzen (aurei) in diesem etwa 6 km langen und an seiner schmalsten Stelle nur etwas<br />
mehr als 1 km breiten Engpaß ist seit dem 17. Jhd. mehrfach zweifelsfrei belegt. Der Althistoriker<br />
Theodor Mommsen [...] sah in dem von ihm als „Barenau“ oder „Gegend von Venne“ bezeichneten<br />
Fundplatz den seit Jahrhunderten gesuchten Ort, an dem Varus 9 n. Chr. mit mehr als drei Legionen<br />
durch germanische Stammesverbände unter Führung des Arminius besiegt wurde.<br />
Auf der Kulturschicht mit Funden und Befunden der vorgeschichtlichen Siedlungsphase [...] wurde<br />
entlang des ehemals deutlich abgesetzten Randes der Bergzunge eine Rasensodenmauer von mindestens<br />
3 m Sohlenbreite errichtet. Ihre Vorderfront war durch senkrechte Holzpfähle versteift [...]. Die<br />
Länge der Mauer zwischen den beiden Taleinschnitten betrug [...] rund 200 m. Die römischen Funde<br />
liegen in und auf der alten Kulturschicht und dort sowohl vor als auch unmittelbar hinter, aber nicht<br />
unter der Mauer. Vor und hinter der Befestigung werden sie überlagert von den verschleiften und erodierten<br />
Resten der Holz-Erde-Mauer, einem breiten, flachen Erdwall. Dieser Befund läßt darauf<br />
schließen, daß die Gegenstände zwar nach der Errichtung, aber vor der Zerstörung der Schutzanlage<br />
verlorengegangen sind. Das Auftreten römischer Funde nicht nur unter, sondern auch in den auseinandergeflossenen<br />
Erdmassen der Rasensodenmauer deutet jedoch an, daß zumindest der Verlust<br />
dieser Stücke während des Einsturzes der Befestigung erfolgt sein muß. Darüber hinaus, wenn auch<br />
nicht so häufig, ist römisches Fundmaterial in der gesamten Hangsandzone zwischen Wall und der sie<br />
nach Norden begrenzenden Senke in dem alten A-Horizont vorhanden. Dagegen fehlen solche Funde<br />
weitgehend südlich des Walles ...<br />
Eine Durchsicht des Fundmateriales zeigt, daß unter und - seltener - im Wall die Funde nicht nur zahlreicher,<br />
sondern auch größer sind. [...] Dieser Befund läßt vermuten, daß hier eine Fundhäufung vorliegt,<br />
die erst durch die sich an die Kämpfe anschließenden Plünderungen der offen daliegenden Überreste<br />
der militärischen Ausrüstung der Römer, d.h. der auf der Hangsandfläche vor der Befestigung<br />
verlorengegangenen Stücke, verursacht worden ist. Offensichtlich sind hier nur die kleinen und in den<br />
Boden getretenen oder von Bewuchs bedeckten Funde zurückgeblieben.<br />
Die Funde belegen die Anwesenheit römischer Heereseinheiten in der Kalkrieser-Niewedder-Senke.<br />
Wie der militärische Charakter nahezu aller Stücke andeutet, läßt sich die Präsenz ziviler Gruppen<br />
oder Einrichtungen ausschließen.<br />
Die Militaria unter den Funden zeigen an, daß zumindest ein Teil dieser Truppen aus schwerer Infantrie<br />
[...] bestand. Daneben läßt sich [...] mit Schleudern bewaffnete Auxiliarinfantrie nachweisen.<br />
Weiterhin haben Kavallerieeinheiten ihre Spuren hinterlassen [...]. Schließlich deuten einige Funde auf<br />
die Anwesenheit von Teilen des Trosses [...] hin.<br />
Der [...] beträchtliche Umfang des Fundgebietes [...], ferner die große Funddichte [...] und schließlich<br />
die Zusammensetzung der Truppe machen es wahrscheinlich, daß es sich bei den [...] römischen<br />
Militäreinheiten nicht lediglich um versprengte Reste oder um ein Detachement eines größeren Verbandes<br />
gehandelt hat, sondern um eine zahlenmäßig nicht zu gering einzuschätzende Abteilung des<br />
römischen Heeres.<br />
Schon der Umfang der bislang festgestellten Befestigungsreste macht [...] die Aussage möglich, daß<br />
der Bau dieser Mauern nicht auf einer spontanen Entscheidung beruht haben kann, sondern von langer<br />
Hand vorbereitet gewesen sein muß.