Bad Füssinger Gespräche - Bayern
Bad Füssinger Gespräche - Bayern
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Bayerische Staatskanzlei<br />
Rede des Bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer anlässlich<br />
der <strong>Bad</strong> <strong>Füssinger</strong> <strong>Gespräche</strong> am 30. November 2012 um 17.00 Uhr in<br />
<strong>Bad</strong> Füssing<br />
Manuskriptfassung: Es gilt das gesprochene Wort.<br />
- Anrede -<br />
Ich freue mich sehr, heute bei Ihnen in <strong>Bad</strong> Füssing zu sein. <strong>Bad</strong> Füssing<br />
ist ein herrlicher Kurort, ein Eldorado für Körper, Seele und Geist. Hier im<br />
Johannesbad wird Gesundheit ganzheitlich angepackt – in Kuren, in<br />
Anwendungen und in Diskussionen!<br />
Sehr geehrter Herr Zwick,<br />
ich danke Ihnen für die Einladung zu den „<strong>Bad</strong> <strong>Füssinger</strong> <strong>Gespräche</strong>n“. Mit<br />
den „<strong>Bad</strong> <strong>Füssinger</strong> <strong>Gespräche</strong>n“ greifen Sie Zukunftsfragen auf, die den<br />
Menschen unter den Nägeln brennen.<br />
Das Thema Gesundheit ist für uns Deutsche ein solcher Dauerbrenner.<br />
Gesundheit ist unser höchstes Gut. Und Gesundheit ist ein Megathema,<br />
gerade bei uns in <strong>Bayern</strong>.<br />
Gesund und vital bleiben bis ins hohe Alter – das wünschen wir uns alle.<br />
Aber dafür müssen wir auch aktiv werden!<br />
Ausgewogene Ernährung, Bewegung, etwas mehr Ruhe im hektischen<br />
Alltag, Früherkennung und Vorsorge – wir alle können durch einen<br />
bewussten Lebenswandel manches tun, um möglichst lange gesund zu<br />
bleiben.<br />
Gesundheitsprävention hilft, viele Zivilisationskrankheiten zu vermeiden.<br />
Unsere Heilbäder übernehmen eine wichtige Rolle bei der Vorsorge und<br />
beim Gesundheitserhalt. Und sie haben großen Zulauf: Die Gästezahlen<br />
und Übernachtungen in unseren bayerischen Luftkurorten und Heilbädern<br />
haben im ersten Halbjahr 2012 deutlich zugelegt. Das sind über 2 Mio.<br />
Gäste in den ersten sechs Monaten des Jahres. Die Menschen lieben<br />
unsere bayerischen Kurorte und Heilbäder. Die Menschen setzen ihr<br />
Vertrauen in den Gesundheitsstandort <strong>Bayern</strong>!<br />
Die Bayerische Staatsregierung stärkt dieses Vertrauen.<br />
- Deshalb unterstützen wir unsere Kurorte und Heilbäder bis 2014 mit<br />
insgesamt 10 Mio. Euro. Wir wollen die medizinische Qualität vor Ort<br />
weiter steigern und neue Konzepte bei Früherkennung, Prävention und<br />
Rehabilitation fördern.
- Wir reden mit den Kassen, damit wir auch im Bereich der GKV<br />
gemeinsam die Rahmenbedingungen für das Kur- und Heilbäderwesen<br />
verbessern.<br />
- Wir fördern die Vernetzung von Heilbädern und Gesundheitswirtschaft.<br />
Wir werden in Zukunft Medizintechnik, Biotechnologie, Pharmaindustrie,<br />
Gesundheitstourismus und Forschung und Entwicklung noch stärker<br />
verzahnen.<br />
- Mit dem Qualitätswettbewerb „Gesundheitsregionen <strong>Bayern</strong>“ verleihen<br />
wir Regionen mit attraktiven Konzepten und Aktivitäten ein Gütesiegel.<br />
<strong>Bad</strong> Füssing ist in der Gesundheitsregion „Passauer Land“<br />
selbstverständlich mit dabei!<br />
<strong>Bayern</strong> ist ein Gesundheitsstandort mit Zukunft! Mit rund 100.000<br />
Arbeitsplätzen und 3,7 Mrd. Euro Wertschöpfung leisten unsere Kurorte<br />
und Heilbäder einen bedeutenden Beitrag für eine vitale<br />
Gesundheitswirtschaft im Freistaat. Das soll auch in Zukunft so bleiben.<br />
Deshalb werden wir den Gesundheitsstandort <strong>Bayern</strong> weiter stärken.<br />
- Anrede -<br />
Ein gesundes, gutes und selbstbestimmtes Leben bis ins hohe Alter – dazu<br />
gehört auch eine zuverlässige finanzielle Absicherung.<br />
Viele Menschen beschäftigt die Frage, ob die eigene Rente später für ein<br />
gutes Leben reichen wird.<br />
Auch Seniorinnen und Senioren, die ihren Ruhestand heute genießen,<br />
machen sich Sorgen: Viele ältere Menschen bezweifeln, dass ihre Kinder<br />
und Enkel im Alter ausreichend abgesichert sind.<br />
Rentenpolitik lässt niemanden kalt.<br />
Rentenfragen sind Vertrauensfragen.<br />
Rentenpolitik ist Zukunftspolitik.<br />
I. RENTENSYSTEM MIT ERFOLGSBILANZ<br />
Bei allen Reformen und manchen Problemen möchte ich eines klar sagen:<br />
Unser deutsches Rentensystem ist eine der großartigsten Leistungen der<br />
Nachkriegszeit.<br />
1957, in der Ära Adenauer, war es die junge Generation der Aufbaujahre,<br />
die mit den Älteren den Generationenvertrag schloss. Die jungen<br />
Menschen der Wirtschaftswunderzeit haben Verantwortung übernommen.<br />
Sie haben die Älteren, die Rentner, teilhaben lassen an Aufschwung und<br />
Wohlstand. Heute erwartet diese Aufbaugeneration zu Recht Solidarität von<br />
den Jungen.<br />
Dieser Generationenvertrag ist nach wie vor ein starkes Bündnis. Das soll<br />
auch in Zukunft so bleiben.
Unser deutsches Rentensystem steht für den Zusammenhalt in unserer<br />
Gesellschaft. Gerade im internationalen Vergleich ist die Versorgung älterer<br />
Menschen bei uns vorbildlich.<br />
Das Geheimnis des Erfolges liegt in der Kombination. Solidarität,<br />
verbunden mit Leistung und Parität – das ist das Erfolgsrezept unseres<br />
Rentensystems.<br />
Wer am Arbeitsplatz und in der Familie für sich und die Gesellschaft etwas<br />
leistet, der sorgt durch die Rentenbeiträge vor. Getragen wird diese<br />
Versorgung nicht einseitig – sondern gemeinsam von Arbeitgeber und<br />
Arbeitnehmer in gleichberechtigter Sozialpartnerschaft.<br />
An diesen bewährten Grundsätzen unseres Rentensystems halten wir fest.<br />
Gleichzeitig wollen und müssen wir die richtigen Weichen stellen, damit wir<br />
die Erfolgsbilanz unseres Rentensystems auch in Zukunft fortschreiben<br />
können.<br />
Fest steht für mich: Wer sich in unserem Land engagiert und lebenslang<br />
gearbeitet hat, muss im Alter auch ein gesichertes Einkommen haben. Das<br />
ist eine Frage der Gerechtigkeit!<br />
Leider geistert der demografische Wandel oft als Schreckgespenst durch<br />
die Medien. Lassen wir uns von solcher Panikmache nicht verunsichern!<br />
Packen wir lieber an!<br />
Tatsache ist: Unsere Bevölkerung wird immer älter.<br />
Aber nur weil sich unsere Gesellschaft verändert, ist das keine<br />
Verschlechterung – im Gegenteil. Der demografische Wandel birgt vielmehr<br />
eine Fülle an Chancen:<br />
- Noch nie waren die Aussichten so gut wie heute, auch nach dem<br />
Renteneintrittsalter gesund, aktiv und mobil zu bleiben.<br />
- Noch nie haben so viele Generationen gleichzeitig gelebt wie heute.<br />
Kinder erleben in der Regel alle vier Großeltern und nicht selten auch<br />
die Urgroßeltern.<br />
- Die jungen Alten sind agil, surfen im Internet, helfen bei der<br />
Kinderbetreuung und haben Spaß am Verreisen. Diesen Trend bestätigt<br />
auch die aktuelle Studie des Allensbach-Instituts. Die Lebenswelten der<br />
Generationen nähern sich an. Das schafft Verständnis und Vertrauen.<br />
- Auch für die Wirtschaft sind ältere Arbeitnehmer eine wertvolle<br />
Ressource. Ihr Expertenwissen und ihre jahrzehntelange<br />
Lebenserfahrung sind von unschätzbarem Wert.<br />
Das wissen auch unsere Unternehmerinnen und Unternehmer. In <strong>Bayern</strong><br />
ist die Arbeitslosigkeit der über 50-Jährigen mit 4,5 Prozent vergleichsweise<br />
niedrig. Aber hier müssen wir noch besser werden. Die Generation 50plus<br />
hat enormes Potenzial.
II. ARBEITSMARKTPOLITIK ALS SOZIALPOLITIK<br />
Auch bei der Rente der Zukunft liegt es an uns, vorhandene Potenziale<br />
noch stärker zu fördern.<br />
Wir setzen auf den Dreiklang aus staatlichen, betrieblichen und privaten<br />
Maßnahmen.<br />
Für uns in <strong>Bayern</strong> gilt: Die beste und nachhaltigste Rentenpolitik ist ein<br />
sicherer Arbeitsplatz.<br />
Noch nie gab es im Freistaat so viele sozialversicherungspflichtige<br />
Beschäftigte. Wir haben in <strong>Bayern</strong> mit einer Arbeitslosigkeit von 3,4 Prozent<br />
praktisch Vollbeschäftigung.<br />
Wir haben in den letzten Jahren im engen Schulterschluss mit unseren<br />
bayerischen Unternehmerinnen und Unternehmern Hunderttausende neuer<br />
Arbeitsplätze geschaffen – überall im Land!<br />
Jugendarbeitslosigkeit ist in <strong>Bayern</strong> praktisch nicht vorhanden – ganz<br />
anders als im Rest Europas! In Italien ist ein Drittel der jungen Menschen<br />
arbeitslos. In Spanien stehen sogar 50 Prozent aller jungen Frauen und<br />
Männer auf der Straße!<br />
Bei uns dagegen kann jeder junge Mensch etwas aus seinen Fähigkeiten<br />
machen. Wir brauchen jeden: Erfahrene, Junge, Frauen, Männer,<br />
Facharbeiter, Akademiker, Handwerker, Dienstleister, Arbeitnehmer,<br />
Selbstständige – jeder ist wertvoll. Jeder hat in <strong>Bayern</strong> eine berufliche<br />
Zukunft.<br />
Wir alle wissen:<br />
Wer einen sicheren Arbeitsplatz hat, schaut hoffnungsvoll in die Zukunft.<br />
Wer eine attraktive und solide Arbeit hat, schiebt seinen Kinderwunsch<br />
nicht auf und entscheidet sich leichter für eine Familie.<br />
Junge Eltern bringen Kinder und Arbeit gern unter einen Hut - wenn die<br />
Arbeit familienfreundlich ist. Das heißt z. B.: individuelle Angebote zur<br />
Kinderbetreuung oder Karrierechancen auch für Teilzeitkräfte. Gerade hoch<br />
qualifizierte junge Mütter gehen dann gern wieder ins Büro oder Geschäft<br />
und setzen sich für Familie und Beruf ein. Dieses Potenzial müssen wir<br />
stärken – und zwar Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam!<br />
Wer sieht, dass sich die eigene Leistung lohnt, kann eher<br />
eigenverantwortlich vorsorgen und in eine private Rentenversicherung<br />
einzahlen. Das müssen wir fördern – gerade auch bei Menschen mit eher<br />
schmalen Lohnzetteln. Private Vorsorge ist unverzichtbar.<br />
Auch die betriebliche Altersversorgung ist ein starker Pfeiler in unserem<br />
Rentensystem. Hier appelliere ich an die Wirtschaft: Unterstützen Sie das<br />
Verantwortungsbewusstsein Ihrer Arbeitnehmer mit einer betrieblichen<br />
Altersversorgung!
Wer ein Leben lang arbeitet und vorsorgt, der muss im Alter besser<br />
dastehen, als jemand, der das nicht tut. Dafür werde ich mich immer<br />
einsetzen!<br />
III. GERECHTIGKEIT FÜR LEBENSLEISTUNG<br />
Die heutigen Rentnerinnen und Rentner haben mit ihrem Fleiß, ihrem<br />
Einsatz und ihrer Sparsamkeit <strong>Bayern</strong>s Weg vom Agrarstaat zum High<br />
Tech-Standort geebnet.<br />
Diese Menschen haben Anspruch auf ein gutes Auskommen im Alter. Das<br />
ist eine Frage der Gerechtigkeit.<br />
Die Lebensleistung der Bürgerinnen und Bürger honorieren und zugleich<br />
die Gefahr der Altersarmut minimieren – darauf kommt es mir an!<br />
Ich bin froh, dass in <strong>Bayern</strong> nur wenige ältere Menschen auf<br />
Grundsicherung angewiesen sind. Die Quote derjenigen, die im Alter<br />
Grundsicherung brauchen, liegt mit 2,1 Prozent deutlich unter dem<br />
Bundesdurchschnitt.<br />
Die Renten in <strong>Bayern</strong> steigen, vor allem wegen der guten Löhne und<br />
Gehälter.<br />
Dieser Trend ist erfreulich. Trotzdem müssen wir – gerade bei den Renten<br />
– noch für mehr Gerechtigkeit sorgen, vor allem bei der unentgeltlich<br />
erbrachten Familienarbeit.<br />
Uns in <strong>Bayern</strong> geht es nicht nur um die Leistung in der Arbeitswelt, sondern<br />
um die Lebensleistung.<br />
Wer Kinder großgezogen hat, hat unserer Gesellschaft einen enormen<br />
Dienst erwiesen – nicht zuletzt als Leistung für das Rentensystem. Diese<br />
Leistung ist im Moment in der Rente zu gering bewertet. Die Rente muss<br />
ein Spiegel der gesamten Lebensleistung sein.<br />
Deshalb wollen wir die Bewertung der Kindererziehung im<br />
Generationenverlauf angleichen.<br />
Für vor 1992 geborene Kinder bekommen Mütter bislang nur ein<br />
Kindererziehungsjahr in der Rente, während für später geborene Kinder<br />
drei Kindererziehungsjahre gutgeschrieben werden. Das ist ungerecht. Das<br />
muss sich ändern.<br />
Wir wollen, dass die Zeiten für Kindererziehung stärker für die Rente<br />
angerechnet werden – egal, wann die Kinder geboren wurden.<br />
Diese Gleichstellung ist kein Geschenk an verdiente Mütter, sondern<br />
schlicht und einfach gerecht.<br />
Genauso ist es bei der häuslichen Pflege. Wir wollen die Anerkennung von<br />
Pflegezeiten bei der Rente im Gleichklang mit Kindererziehungszeiten. Bei<br />
der Pflege von Angehörigen sind es wieder meistens die Frauen, die<br />
Übermenschliches leisten. Töchter, Schwiegertöchter und Ehefrauen, die<br />
ihre Verwandten und Partner aufopferungsvollgepflegt haben, verdienen
unseren Respekt und unsere Anerkennung. Das muss sich auch in der<br />
Rente niederschlagen!<br />
Erfolg ist, wenn es den Menschen gut geht.<br />
Bei uns in <strong>Bayern</strong> geht es den Menschen gut, weil alle bereit sind,<br />
Verantwortung zu übernehmen - für sich selbst, für die Familie und für die<br />
Gesellschaft.<br />
Ob daheim, bei der Arbeit oder im öffentlichen Leben, ob in der Familie, in<br />
der Wirtschaft oder in der Politik: Jeder leistet seinen Beitrag. <strong>Bayern</strong>s<br />
Stärke sind seine Menschen.<br />
- Anrede -<br />
Lassen Sie uns weiterhin erfolgreich für die Gesundheit und die<br />
Absicherung der Menschen in <strong>Bayern</strong> arbeiten. Setzen wir uns gemeinsam<br />
für eine erfolgreiche Zukunft ein - für alle Menschen in <strong>Bayern</strong>, für die<br />
älteren genauso wie für die jungen.<br />
Ich freue mich auf eine anregende Diskussion mit Ihnen. Herzlichen Dank!