GURU_0718_komplett
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
SPORT UND FITNESS<br />
Foto: D. Wiechmann.<br />
Die neuen alten Farben von Borussia<br />
Mönchengladbach sind schwarz-grün. Bei<br />
einigen Fans müsste derzeit eine weitere<br />
Couleur hinzukommen: Rot! Das kommt<br />
in der Tradition des Fußball-Bundesligisten<br />
nicht vor. Doch durch die WM in Russland<br />
hat sich das geändert. Yann Sommer,<br />
seines Zeichens Torhüter der Schweizer<br />
Nationalmannschaft und im Hauptberuf<br />
Goalie der Borussia, ist nach seinem<br />
bravourösen Auftritt der Nati beim 1:1<br />
gegen den Favoriten Brasilien von allen<br />
Seiten gefeiert worden.<br />
Der Sommer hat nicht nur Freunde<br />
Schwarz-grün und Rot<br />
Das müsste einigen Zeitgenossen am Niederrhein<br />
die Schamröte ins Gesicht getrieben haben.<br />
Denn jener Sommer wurde noch im April<br />
nach einem Heimspielsieg in der Bundesliga<br />
gegen Hertha BSC von einem Fan angemacht.<br />
Der Höhepunkt einer unseligen Entwicklung,<br />
die dazu führte, dass der 29-jährige Schweizer<br />
gar überlegte, sich nicht mehr vor den Fans sein<br />
Aufwärmprogramm zu absolvieren. „Yann wird<br />
schon beim Warmmachen von einer kleinen<br />
Gruppe am Zaun mit unappetitlichen Ausdrücken<br />
beschimpft. Erstmalig ist das Januar gegen<br />
Augsburg passiert. Yann kriegt das natürlich mit<br />
und hat schon überlegt, sich auf der anderen<br />
Seite warmzumachen. Das tut ihm nicht gut“,<br />
sagte damals Trainer Dieter Hecking.<br />
„Natürlich prallt das nicht einfach so an einem<br />
ab. Natürlich haben die Fans das Recht, Kritik<br />
zu äußern. Aber nicht auf diese Weise“, klagte<br />
Sommer nach dem Hertha-Spiel. Vier Jahre<br />
steht er mittlerweile im Kasten der Gladbacher.<br />
Verlässlich, solide, intelligent - aber natürlich<br />
wie jeder andere Torhüter auf der Welt - und<br />
auch bei der WM nicht anders - nicht unbehelligt<br />
von Formschwächen. Doch Sommer blieb<br />
Yann Sommer.<br />
immer cool. Und diese Abgeklärtheit zeigte<br />
sich auch jetzt nach dem Teilerfolg gegen Brasilien.<br />
„Wir haben es wirklich gut gemacht. Generell<br />
ließen uns die Brasilianer nicht viel Zeit<br />
zum Durchschnaufen“, meinte Sommer. „Die<br />
Reife einer Mannschaft zeigt sich aber auch darin,<br />
dass eine Mannschaft das wegstecken kann<br />
und diese kritische Phase überwindet.“<br />
Die Reife eines Torhüters zeigt sich vor allem<br />
darin, die Nerven unter Kontrolle zu behalten.<br />
Das kann Sommer perfekt, auch nach Patzern.<br />
Und diese Qualität, Nervosität nach einem individuellen<br />
Fehler nicht hochkommen zu lassen,<br />
liegt offensichtlich in seiner DNA. Schon<br />
vor fast vier Jahren bei seinem ersten Heimspiel<br />
im Borussia-Park legte er dieses Zeugnis<br />
ab. Bei der Generalprobe gegen Athletic Bilbao<br />
verlor Mönchengladbach mit dem Neuzugang<br />
Yann Sommer mit 1:3. Alle Gegentreffer<br />
durch Aritz Aduriz, den routinierten<br />
Bilbao-Torjäger, alle drei per Kopf nach einer<br />
Ecke. Sie wirkten wie Wiederholungen. Dafür<br />
benötigte der Stürmer nur 24 Minuten.<br />
Und vor allem beim zweiten Gegentreffer<br />
sah Sommer nicht gut aus. Aber nicht weniger<br />
sensationell wie die Entstehung: Der damals<br />
25-Jährige bewies eine Bärenruhe und<br />
reihte keine weiteren Fehler an seinen Patzer.<br />
Heute können die Fans nur hoffen, dass<br />
sein natürlicher Nervenbalsam weiterhin<br />
auch bei Hassgefahr wirkt. Etliche Top-Klubs<br />
wie der FC Liverpool oder AS Rom sollen auf<br />
die Künste des Foodbloggers und Gitarristen<br />
aufmerksam geworden sein. Trotz der ihm<br />
immer wieder vorgehaltenen „nur“ 183<br />
Zentimeter scheint Sommer für viele Beobachter<br />
ein ganz Großer seiner Zunft zu sein.<br />
Und wahrscheinlich kann er sich in Liverpool<br />
und auch in Rom ungestört und unbeschimpft<br />
vor den Fankurven warmmachen.<br />
Transfer<br />
Max Eberl<br />
Man versteht es einfach nicht! Da werden<br />
Max Eberl tausende Namen serviert, und<br />
Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor<br />
ignoriert sie einfach. Dabei sollte er<br />
dankbar sein, ist doch schließlich der<br />
Königstransfer der vergangenen Saison<br />
zum Prinzen-auf-der-Erbse-Enttäuschung<br />
mutiert: Vincenzo Grifo wechselte bereits<br />
nach einem Jahr zu 1899 Hoffenheim.<br />
Diese Entscheidung müffelt nach Flucht,<br />
nach mangelndem Durchsetzungsvermögen,<br />
was ja auch zu den überwiegend enttäuschenden<br />
Auftritten des Linksfußes passt. Der<br />
König ist tot, es lebe der Kaiser(-Transfer).<br />
Kandidaten wie Sand am Meer, darunter<br />
auch Vorschläge, als wenn Borussia sein Stadion<br />
verscherbelt hätte, um Eberls Kampfkasse<br />
zum Platzen zu bringen. Die Vorschläge<br />
entbehren einer ungeheuren Grundlage<br />
32 | guru-magazin.de