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GURU_0718_komplett

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FREIZEIT UND KULTUR<br />

Programmkino<br />

Der Drache im Vorgarten<br />

...würde es eher treffen als The Lady in the<br />

Van, aber die Briten sind gern ein wenig<br />

sophisticated und euphemistisch und so<br />

heißt der Drachen dieser Geschichte auch<br />

nicht Drachen sondern Mary Shepherd oder<br />

alte Dame. Denn im vornehmen Camden<br />

Town bildet man sich ein, dass man etwas<br />

unkonventioneller denkt und handelt,<br />

schließlich war man mal richtig alternativ.<br />

Hier leben in den 1970er-Jahren überwiegend<br />

intellektuelle Alt-Linke, die es zu Geld gebracht<br />

haben. Es ist also kein Wunder, dass sich Mary<br />

Shepherd ausgerechnet diesen Londoner Stadtteil<br />

aussucht, um hier ihren Van abzustellen,<br />

den sie zwar in lustigem Gelb anpinselt, aus<br />

dem es aber trotzdem bestialisch stinkt. Immer<br />

wieder bringen die Anwohner ihr Essen und<br />

Geschenke, was die obdachlose Seniorin mit<br />

einer solch abschätzigen Undankbarkeit quittiert,<br />

dass sie aus jedem Viertel davongejagt<br />

werden würde - nur eben aus Camden Town<br />

nicht, denn man ist und bleibt ja alternativ. Als<br />

Mary von der Stadt verboten wird, ihren fahruntüchtigen<br />

Van weiterhin auf der Straße zu belassen,<br />

bietet der alleinstehende Alan Bennett ihr<br />

an, den Wagen für ein paar Tage auf seinem<br />

Grundstück abzustellen. Mary stimmt widerwillig<br />

zu, um dann für mehr als 15 Jahre in der<br />

Auffahrt des Theaterautors stehen zu bleiben -<br />

natürlich ohne ein einziges Wort des Dankes…<br />

Programmkino im BIS-Zentrum<br />

The Lady in the Van • GB 2015, R.: Nicholas<br />

Hytner, 100 Min • 11. Juli, 20.30 Uhr<br />

Powerbanks im Museum Abteiberg und in der Stadt<br />

Selbstdarstellung<br />

Fotos: Britta Thie / Senator Film und Museum Abteiberg.<br />

Avatar on Fleek, 2018.<br />

Sie selbst war immer wieder ihre<br />

eigene Hauptdarstellerin. Sie sang und<br />

schauspielte vor der Kamera, sie inszenierte<br />

Clips unterschiedlichster Art. Das war 1997<br />

und sie gerade einmal zehn Jahre alt. Aber<br />

auch sonst war niemand in ihrer Nähe<br />

sicher vor der Kamera, die sie immer mit<br />

sich herumtrug. Als es noch kein facebook,<br />

instagram und snapchat gab, erkannte das<br />

Mädchen Britta Thie bereits die Macht der<br />

Koppelung von Bild und Wort, und wurde<br />

als Frau Thie dann auch Model.<br />

Für ihre letzte Ausstellung im Museum Abteiberg<br />

2016 unter dem Titel Von den Strömen<br />

der Stadt stellte sie dieses Modelsein auf fünf<br />

Bildschirmen zur Schau. Bis Mitte Oktober<br />

lebt sie nun im Atelierhaus an der Steinmetzstraße<br />

- als 30. Stipendiatin der Josef und Hilde<br />

Wilberz-Stiftung. Powerbanks, das Projekt<br />

zum Stipendium ist eine Ausstellung, die mit<br />

verschiedenen Medien operiert: einer Fernsehserie,<br />

einer Museumsausstellung und einer<br />

Ausstellung in einem Elektro-Supermarkt.<br />

Es geht um das Mikro-Universum einer Shopping<br />

Mall, um soziale Medien und um die<br />

heutige Realität von Teenagern, die Malls und<br />

Medien nutzen, um sich darzustellen. Die<br />

Phänomene von Selbstinszenierung, -medialisierung<br />

und -fiktionalisierung werden zum<br />

Thema in einem Plot, den Thie gemeinsam<br />

mit Jugendlichen in Mönchengladbach entwirft.<br />

In mehreren Episoden wird eine Gruppe<br />

junger Erwachsener portraitiert, die sich<br />

nachmittags in Elektronik- und Fashion-Stores<br />

bei Frozen Yoghurt und Smoothies zwischen<br />

USB Sticks und Location-Tags verlieben und<br />

verlinken. Basierend auf den persönlichen<br />

Geschichten der Jugendlichen entwickelt<br />

sich die Storyline im Dialog mit der Künstlerin,<br />

den Teenagern, die sie im Minto getroffen<br />

und nach ihren Themen befragt hat, sowie<br />

professionellen Schauspieler*innen.<br />

Das Minto und das Museum Abteiberg werden<br />

bei dieser Inszenierung sprichwörtlich<br />

zum Schauplatz, als Drehort und als Ausstrahlungsort.<br />

Thies Serie wird parallel im<br />

Museum Abteiberg und auf den TV-Geräten<br />

in einem großen Elektromarkt im Minto ausgestrahlt.<br />

Während der Ausstellung werden<br />

weitere Episoden gedreht und Live-Sequenzen<br />

der Dreharbeiten im Ausstellungsraum<br />

inszeniert. Die digitale Ebene der Ausstellung<br />

ist das Online-Broadcasting. Nach der Erstausstrahlung<br />

vor Ort werden alle Episoden<br />

ein paar Tage später auf einer Streaming-Plattform<br />

online verfügbar sein. Durch die mehrschichtige<br />

Produktions- und Ausstellungsform<br />

dieser neuen Arbeit von Britta Thie<br />

findet ein Verweben von Kunst- und Nicht-<br />

Kunstorten, On- und Offline Spaces, Pre- und<br />

Reviews statt, die mit ineinander verschränkt<br />

und miteinander verkoppelt werden.<br />

Britta Thie: Powerbanks<br />

Bis 14. Oktober im Museum Abteiberg und in<br />

der Stadt.<br />

Im Rahmen ihres Stipendiats wird die Künstlerin<br />

zudem Sommerkurse für Jugendliche aus<br />

Mönchengladbach anbieten.<br />

Filmstill.<br />

Informationen zur Künstlerin: www.brittathie.tv<br />

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