heimspiel - FC Aarau
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INTERVIEW<br />
Ryszard Komornicki: «Die Mannschaft hat ein grosses Kompliment verdient»<br />
Koko, im Vorjahr wunderten sich alle ob der<br />
hervorragenden Klassierung des <strong>FC</strong> <strong>Aarau</strong>.<br />
Hättest du dir vor Saisonbeginn erträumen<br />
lassen, dass sich die Mannschaft auch in<br />
dieser Spielzeit in der oberen Tabellenhälfte<br />
etablieren kann?<br />
Ryszard Komornicki: Eigentlich träume ich<br />
nie von sportlichen Erfolgen, denn Fussball<br />
ist ein Tagesgeschäft. Nach all den<br />
Abgängen, die wir im Sommer zu verzeichnen<br />
hatten, und den wenigen Zuzügen<br />
durfte man nicht zu viel erwarten. Dass<br />
sich einige Spieler derart positiv entwickelt<br />
haben, konnte ich nicht vorhersehen.<br />
Trotzdem ist unser Kader sehr schmal, und<br />
neue Spieler, die nicht die ganze Vorbereitung<br />
mitgemacht haben, sind immer<br />
schwierig zu integrieren. Am Anfang lief<br />
es zudem optimal, wir hatten eine Mannschaft,<br />
die sehr gut harmonierte. Aber es<br />
wäre vermessen gewesen, wenn ich vor der<br />
Saison gesagt hätte, wir werden Fünfter.<br />
Welches waren aus deiner Sicht die Erfolgsfaktoren,<br />
dass der <strong>FC</strong> <strong>Aarau</strong> zu Beginn<br />
der Meisterschaft so stark aufspielte?<br />
Komornicki: Wir hatten eine ausgezeichnete<br />
Vorbereitung im Sommer. Die Spieler<br />
haben zusammengepasst, es herrschte eine<br />
gute Gruppendynamik, eine Loyalität unter<br />
allen Beteiligten, die Atmosphäre war<br />
wirklich hervorragend. Dazu kam, dass<br />
sich Spieler, die in der letzten Saison nur<br />
wenig eingesetzt wurden, gut entwickelten<br />
und begannen, Verantwortung zu übernehmen.<br />
So haben wir zwar nicht immer<br />
gut gespielt, aber alle waren solidarisch<br />
und haben sich für die Mannschaft eingesetzt.<br />
In den letzten Wochen lief es schliesslich<br />
nicht mehr so gut. Wann gab es erste Anzeichen<br />
dafür, dass der Höhenflug etwas<br />
abgebremst würde?<br />
Komornicki: Ich war eigentlich überrascht,<br />
wie lange unser Höhenflug anhielt. Jede<br />
Mannschaft hat im Verlaufe einer Saison<br />
bessere und weniger gute Phasen. Und<br />
das Tief fängt immer irgendwo an; bei uns<br />
war dies in St. Gallen der Fall. Zuerst hatte<br />
ich gar nicht realisiert, was da alles passiert<br />
war, denn unter dem enormen Zeitdruck<br />
kam ich nicht gross zum Überlegen.<br />
Im Nachhinein betrachtet war es aber ein<br />
Horror, was da geschah. Ich habe immer<br />
Respekt vor unerwarteten Ereignissen, die<br />
ich nicht beeinflussen kann. Das erste solche<br />
Ereignis war bestimmt die Verletzung<br />
von Jonas Elmer. Wie wichtig er für die<br />
Mannschaft ist, hat man erst gesehen, als<br />
er gefehlt hat. Am Anfang der Saison<br />
machte sich eine Euphorie breit, alles lief<br />
toll, wir wurden mit Komplimenten überschüttet.<br />
Das stärkt natürlich das Selbstvertrauen,<br />
doch daraus kann schnell Überheblichkeit<br />
entstehen. Man muss immer<br />
auf dem Boden bleiben, aber ich weiss,<br />
wie schwierig das ist. Eine solche Entwicklung<br />
darf nicht unterschätzt werden, denn<br />
durch die Erfolge sind auch die Erwartungen<br />
gestiegen. Plötzlich bekunden andere<br />
Clubs Interesse an unseren Spielern, und<br />
die Konzentration auf das Wesentliche,<br />
den Erfolg mit der Mannschaft, leidet. Die<br />
Versuchung, für sich selber statt für die<br />
Gruppe zu spielen, wird immer grösser. In<br />
solchen Situationen ist der Trainer gefordert;<br />
er muss reagieren und korrigierend<br />
eingreifen. Man darf nicht vergessen, dass<br />
der <strong>FC</strong> <strong>Aarau</strong> trotz seiner Erfolge halt für<br />
viele Spieler nicht sehr attraktiv ist. Wer<br />
ein Angebot eines grösseren und ambitionierteren<br />
Clubs erhält, ist schnell weg –<br />
oder andere, die wir gerne bei uns sähen,<br />
kommen gar nicht erst nach <strong>Aarau</strong>. Ich<br />
möchte aber betonen, dass die Mannschaft<br />
ein ganz grosses Kompliment verdient hat<br />
für die Leistungen, die sie während der<br />
letzten Monate gezeigt hat. Trotzdem ist<br />
noch nichts gewonnen; wir haben uns<br />
lediglich durch unsere Leistungen eine<br />
gute Ausgangslage für die zweite Phase<br />
der Meisterschaft erarbeitet. Ich halte<br />
es da mit GC-Trainer Hanspeter Latour,<br />
der immer sagt: «Die Tabelle ist erst nach<br />
36 Runden interessant.» Vorher schaue ich<br />
immer von Spiel zu Spiel.<br />
Beim <strong>FC</strong> <strong>Aarau</strong> gilt der Ligaerhalt bereits<br />
als respektabler Erfolg. Besteht da nicht<br />
die Gefahr, dass die Spieler zu schnell<br />
zufrieden sind und nicht um jeden Preis<br />
mehr erreichen wollen?<br />
Komornicki: Es ist natürlich unrealistisch<br />
zu erwarten, dass wir besser als zum<br />
Beispiel der <strong>FC</strong> Basel abschneiden. Wir<br />
müssen schon auf dem Boden bleiben.<br />
Aber dass sich bei den Erfolgen, wie wir<br />
sie hatten, eine gewisse Selbstzufrieden-<br />
MARCEL PETERMANN<br />
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