heimspiel - FC Aarau
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GERRY FREI<br />
INTERVIEW<br />
Gespräch mit <strong>FC</strong>A-Cheftrainer Ryszard<br />
Komornicki (Fortsetzung von Seite 7)<br />
heit einschleicht ist menschlich. Das passiert<br />
bei jeder Mannschaft und kommt<br />
vor allem auch unbewusst, gerade dann,<br />
wenn es gut läuft und es niemand erwartet.<br />
Ich weiss, wie schnell es im Fussball<br />
gehen kann, das macht mich auch unruhig.<br />
Aber mein Ziel ist es immer, das<br />
Maximum herauszuholen, unabhängig von<br />
Budget, Trainingsmöglichkeiten und anderen<br />
Faktoren, die ich nicht beeinflussen<br />
kann.<br />
Hast du eigentlich gewusst, dass von den<br />
Trainern der Axpo Super League nur Christian<br />
Gross länger beim gleichen Club im<br />
Amt ist?<br />
Komornicki: Nein, das überrascht mich.<br />
Damit bestätigt sich nur meine Aussage,<br />
dass Fussball ein sehr schnelllebiges Tagesgeschäft<br />
ist und man kaum langfristig<br />
planen kann.<br />
Wie beurteilst du die kontroverse Ausgangslage,<br />
dass ein Club langfristig planen<br />
muss, der Trainer jedoch auf kurzfristigen<br />
Erfolg angewiesen ist?<br />
Komornicki: Das ist natürlich ein Dilemma,<br />
obwohl unser Präsident und unser Sportchef<br />
auch schon betont haben, dass sie<br />
am liebsten zehn weitere Jahre mit mir<br />
zusammenarbeiten würden. Aber ich weiss<br />
genau, dass bei einer länger andauernden<br />
Misserfolgs-Serie auch meine Person infrage<br />
gestellt würde. Trotzdem versuche ich<br />
hier etwas aufzubauen und arbeite auch<br />
sehr eng mit den Juniorentrainern zusammen.<br />
Meine Idee ist es, eine gemeinsame<br />
Philosophie zu entwickeln. Trotzdem ist es<br />
ein sehr seltsames Gefühl, etwas für die<br />
Zukunft zu machen, obwohl man gar nicht<br />
weiss, ob man in dieser Zukunft überhaupt<br />
noch hier ist. Ich möchte aber festhalten,<br />
dass ich sehr gerne beim <strong>FC</strong> <strong>Aarau</strong> arbeite.<br />
Ich bin nun seit bald 20 Jahren in der<br />
Schweiz, und mehr als die Hälfte dieser<br />
Zeit in irgendeiner Funktion beim <strong>FC</strong> <strong>Aarau</strong><br />
tätig. Der Verein ist mir sehr wichtig;<br />
mein Herz war immer hier. Es ist nicht<br />
mein Ziel, möglichst viel Geld zu verdienen,<br />
sondern bei einem Club zu arbeiten,<br />
wo es mir Spass macht und ich mich<br />
wohl fühle. Ich bin hier vielleicht mehr<br />
gefordert, als ich es anderswo wäre, aber<br />
das ist gut so. Und ich glaube, dass ich<br />
in den letzten anderthalb Jahren bewiesen<br />
habe, dass ich fähig bin, diesen Anforderungen<br />
gerecht zu werden.<br />
Es macht den Anschein, du seist 24 Stunden<br />
für den Fussball im Einsatz. Bleibt dir<br />
überhaupt noch Zeit für andere Hobbys?<br />
Komornicki: Das stimmt. Fussball ist meine<br />
Leidenschaft, ich habe den Kopf eigentlich<br />
immer beim Fussball. Wenn ich einmal<br />
frei habe und entspannen könnte,<br />
kommt es nicht selten vor, dass ich krank<br />
werde. Andere Hobbys haben bei mir kaum<br />
Platz, höchstens ab und zu ein wenig<br />
fernsehen. Ich habe eine schöne Wohnung<br />
und eine tolle Familie, die mich grossartig<br />
unterstützt. Besonders geniesse ich die<br />
stille Unterstützung daheim. Ich lege Wert<br />
darauf, dass wir nicht gross über Fussball<br />
sprechen, sondern uns über andere Dinge<br />
unterhalten können. Ansonsten bin ich viel<br />
unterwegs; ich beobachte Spiele von Gegnern,<br />
habe Termine wahrzunehmen. Ich bin<br />
einer, der gerne alles selber macht und die<br />
Verantwortung nicht delegieren will. Ich bin<br />
in <strong>Aarau</strong> Cheftrainer mit allen Konsequenzen;<br />
darum will ich auch die wichtigen<br />
Entscheide selber fällen. Wir haben ein<br />
grossartiges Team mit Jeff Saibene, Nedzad<br />
Kuruzovic, Reto Jäggi, Michael Gut<br />
und Ewald Isaak. Wir ergänzen uns ideal<br />
und arbeiten sehr gut zusammen. Aber am<br />
Ende trage ich die Verantwortung, und die<br />
will ich nicht abschieben. Ich bin ein Löwe<br />
(als Sternzeichen), der sich nicht gerne<br />
unterordnet und etwas stur ist. Zwar versuche<br />
ich immer hinzuzulernen, aber ich<br />
diskutiere nichts, was in meiner Verantwortung<br />
liegt. Wenn es nicht läuft, werde<br />
ich den Kopf hinhalten müssen, das ist so<br />
im Fussball. Dass dies möglichst lange<br />
nicht der Fall ist, dafür tue ich alles, was<br />
mir möglich ist.<br />
Zum Schluss dieses Gesprächs noch ein<br />
kurzer Ausblick: Was dürfen wir vom <strong>FC</strong><br />
<strong>Aarau</strong> im Frühling 2009 erwarten?<br />
Komornicki: Was vom <strong>FC</strong> <strong>Aarau</strong> erwartet<br />
werden darf, kann ich nicht sagen, da<br />
lasse ich mich selber gerne überraschen.<br />
Vieles hängt vom Start ab; wenn uns der<br />
Wiedereinstieg in die Meisterschaft gelingt,<br />
ist vieles möglich. Wir müssen auf dem<br />
Boden bleiben: Ein achter Platz ist für den<br />
<strong>FC</strong> <strong>Aarau</strong> ein realistisches Ziel; ein fünfter<br />
Rang ist ein Erfolg. Ich bin überzeugt, dass<br />
wir mit einer guten Vorbereitung den Hunger<br />
auf Siege neu wecken können und so<br />
die Grundlage für einen tollen Fussball-<br />
Frühling legen können. Für mich ist auch<br />
klar, dass wir uns möglichst in jeder Reihe<br />
verstärken müssen. Ich setze zwar auf<br />
Kontinuität und will nicht dauernd die<br />
Mannschaft durcheinander wirbeln, aber<br />
einige Ergänzungen sind für die Gruppendynamik<br />
wichtig. Wir haben jetzt gesehen,<br />
dass dem Kader die Breite fehlt. Wenn<br />
wichtige Spieler verletzt oder gesperrt<br />
sind, können sie kaum gleichwertig ersetzt<br />
werden.<br />
Interview: Daniel Angelini und Marcel Petermann<br />
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